Freigeisterhaus Foren-Übersicht
 FAQFAQ   SuchenSuchen   MitgliederlisteMitgliederliste   NutzungsbedingungenNutzungsbedingungen   BenutzergruppenBenutzergruppen   LinksLinks   RegistrierenRegistrieren 
 ProfilProfil   Einloggen, um private Nachrichten zu lesenEinloggen, um private Nachrichten zu lesen   LoginLogin 

Weshalb ist die Schulwissenschaft so innovationsfeindlich und irrtumsanfällig?
Gehe zu Seite Zurück  1, 2, 3 ... 10, 11, 12, 13  Weiter
 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen   Drucker freundliche Ansicht    Freigeisterhaus Foren-Übersicht -> Wissenschaft und Technik
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
Halligstorch
Skeptischer Schwärmer



Anmeldungsdatum: 02.02.2006
Beiträge: 1210

Beitrag(#453032) Verfasst am: 15.04.2006, 21:43    Titel: Antworten mit Zitat

gavagai hat folgendes geschrieben:


Das ändert doch aber wenig daran, dass diese Impact-Theorien in den Lehrbüchern angekommen sind. Ich nehme mal an, dass wie so oft, die Veränderungen weder alleine aufgrund von Meteoriten noch alleine aufgrund von allmählichen Veränderungen zustande kamen. Wenn man Meteoriten berücksichtigt muss man ja nicht den umgekehrten Fehler begehen und allmähliche Klimaveränderungen aus dem Auge verlieren.


Hallo gavagai,

Ich kann nur wiederholen, was ich Dir bereits geschrieben habe und kann nur noch - falls dies Deine Meinung nicht beeinflusst hat - an Deinem Verstand zweifeln:

Zitat:
So ganz kann ich Deine Beiträge auch nicht schätzen oder genauer gesagt einschätzen. Ist es nicht etwa zu naiv gedacht, wenn Du der Schulwissenschaft zu gute halten willst, dass in ihren einschlägigen Lehrbüchern schon Anfang der 1980er Jahre (vorsichtige) Hinweise auf die möglicherweise verheerenden Auswirkungen von Impakten enthalten waren?

Diese Hinweise können doch nur als zaghafte Ansätze interpretiert werden, eine 150 Jahre anhaltende wissenschaftliche Schande zu beenden, nämlich die grundlos-verbohrte Bevorzugung aktualistischer und die ebenso grundlos-verbohrte fast völlige Ignorierung katastrophistischer Ursachen für erdgeschichtliche Phänomene.

Mit Innovationsfreundlichkeit hat das nichts aber auch gar nichts zu tun!!!


gavagai hat folgendes geschrieben:
Ich nehme mal an, dass wie so oft, die Veränderungen weder alleine aufgrund von Meteoriten noch alleine aufgrund von allmählichen Veränderungen zustande kamen. Wenn man Meteoriten berücksichtigt muss man ja nicht den umgekehrten Fehler begehen und allmähliche Klimaveränderungen aus dem Auge verlieren.[/


Die Wahrheit mag zwar sprichwörtlich in der Mitte liegen. Ich glaube aber, dass dies der Erdgeschichte ziemlich egal ist. Im übrigen, wie sollte man auch den über 150 Jahre lang sorgsam gepflegten und hofierten Allmählichismus, plötzlich völlig aus den Augen verlieren. Das käme ja einem Wunder gleich!

Gruß

Halligstorch
_________________
»Monotheisten, Fundamentalisten, Kreationisten sind nur dann gefährlich, wenn sie sich von der Intoleranz heutiger Atheisten anstecken lassen und wie diese Atheisten auf eine einzige Wahrheit für alle bestehen.«
Richard Rorty, amerikanischer Philosoph

http://www.kritische-naturgeschichte.de
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Halligstorch
Skeptischer Schwärmer



Anmeldungsdatum: 02.02.2006
Beiträge: 1210

Beitrag(#453037) Verfasst am: 15.04.2006, 21:50    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Halligstorch hat folgendes geschrieben:
Da Du mir als glücklicher Familienvater erscheinst, rätsele ich derzeit noch über den Hintergrund.


"... freedom from psychoanalysis is a basic courtesy"


Hallo El Schwalmo,

solange 'die Psychoanalyse' nicht dazu genutzt wird, Personen in der Öffentlichkeit fertig zu machen, wie es z. B. vor einigen Jahren im Spiegel üblich war, trifft Dein Einwand nicht zu.

Zudem möchte ich Dich nicht als Zombie behandeln, obwohl Du Dich vor dem Hintergrund Deiner außergewöhnlichen Literaturkenntnis, meinst so aufführen zu können.

Gruß

Halligstorch
_________________
»Monotheisten, Fundamentalisten, Kreationisten sind nur dann gefährlich, wenn sie sich von der Intoleranz heutiger Atheisten anstecken lassen und wie diese Atheisten auf eine einzige Wahrheit für alle bestehen.«
Richard Rorty, amerikanischer Philosoph

http://www.kritische-naturgeschichte.de
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Kramer
postvisuell



Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#453049) Verfasst am: 15.04.2006, 22:27    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Es ging um die _Selektionstheorie_, die wesentliche mechanismische Theorie Darwins. Und die wird auch heute noch vertreten, genauer, sie war lange Jahre der Standard. Und auch heute noch passen Katastrophen dazu nicht besonders ins Bild.


Warum eigentlich nicht? Soange die Katastrophen lokal begrenzt sind, sind sie doch auch nur Selektionsfaktoren.

aber keine, an die man sich anpassen kann.


Ja, an die Katastrophe kann man sich nicht anpassen, aber doch an die Folgen, an die veränderten Umweltbedingungen.
_________________
Dieser Beitrag verwendet Cookies, um Dein Surferlebnis zu verbessern.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#453056) Verfasst am: 15.04.2006, 22:43    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Es ging um die _Selektionstheorie_, die wesentliche mechanismische Theorie Darwins. Und die wird auch heute noch vertreten, genauer, sie war lange Jahre der Standard. Und auch heute noch passen Katastrophen dazu nicht besonders ins Bild.


Warum eigentlich nicht? Soange die Katastrophen lokal begrenzt sind, sind sie doch auch nur Selektionsfaktoren.

aber keine, an die man sich anpassen kann.


Ja, an die Katastrophe kann man sich nicht anpassen, aber doch an die Folgen, an die veränderten Umweltbedingungen.

klar. Aber, streng genommen, eigentlich auch nicht. Denn diese 'veränderten Umweltbedingungen' sind genauso singulär wie die vorhergehende Katastrophe. Rainer Zufall entscheidet, wer die besten Chancen hat. Gould hat mal ein interessantes Beispiel (IIRC Diatomeen oder andere Algen, ich kann, falls es Dich interessiert, die Stelle herauskramen) gebracht, spontan würden mir auch Säuger einfallen.

Es kann dann durchaus der Fall 'die Letzten werden die Ersten sein' auftreten: Einnischung in Bereiche, in die man durch die besser Angepassten auskonkurriert wurde, erweist sich ex post factu als Präadaptation. Ist das aber eine Anpassung (tm)?
_________________
Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)

Der Christengott ist immens schwach!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Halligstorch
Skeptischer Schwärmer



Anmeldungsdatum: 02.02.2006
Beiträge: 1210

Beitrag(#460079) Verfasst am: 26.04.2006, 10:26    Titel: Antworten mit Zitat

Anlässlich einer Anfrage von gavagai nach einem 26 Millionen Jahre-Rhythmus des Massensterbens habe ich mir den Luxus erlaubt, mir bei amazon (second hand) für 80 Cent das Buch "Der Schwarze Stern – Wie die Saurier starben. Der Streit um die Nemesis-Hypothese" von Raup David M. (1990) zu kaufen. Ich sage es vorweg, der Kauf hat sich gelohnt, nicht weil ich ein Anhänger der Nemisis-Hypothese bin (im Gegenteil!), sondern weil der Raup ein ehrlicher u. selbstreflektierter Mensch ist, der sich nicht scheut, auch noch seine 'miesestens' Vorurteile in wissenschaftlichen Diskussionen (wenn er sie denn im Nachhinein als solche erkannt hat) quasi als intellektuelles u. menschliches Lehrstück für andere Wissenschaftler zu veröffentlichen.

Ich darf eine Passage des Nachwortes zitieren, das mir besonders gut gefallen hat, weil es mein Anliegen u. meine Probleme hier im Forum auf den Punkt bringt:

Zitat:
»Und was haben uns die letzten vier Jahre [vor 1989, HS] über die ›Bewegungsform der Wissenschaft‹ gelehrt? Nach wie vor ist es in der Wissenschaftswelt Usus, in Stellungnahmen zum Thema Massenaussterben bestimmte Voreingenommenheiten mit einfließen zu lassen – wobei es allerdings schwierig ist, den Anteil derartiger Voreingenommenheiten am Inhalt der Aussage in jedem Einzelfall exakt zu bestimmen. Wenn ein Geologe oder ein Paläontologe, die Argumente für einen Meteoriteneinschlag oder die Periodizität des Aussterbens zerpflückt, so weiß man in der Regel nie genau, ob seine Einwände leidenschaftsloser und stichhaltiger Überlegung entspringen oder ob sie lediglich die Rationalisierung einer – möglicherweise unbewussten – affektiven Reaktion auf einen Gedanken darstellen, den man insofern als Frechheit empfindet, als er allem widerspricht, was man im Lauf seines Lebens mit viel Mühe gelernt hat.«


Mit diesem Zitat sind wie bereits bemerkt, meine Anliegen in diesem Thread u. meine Probleme mit den Statements der Poster gut umschrieben:

Bei den Shadaik’s, viators u. Co. ist die Sache noch einfach zu entscheiden, die haben keinen nennenswerten sachlichen Hintergrund u. können daher nur mehr oder weniger unbewusst "affektiv rationalisierend" reagieren, wobei es da allerdings nicht viel zu rationalisieren gibt...

Bei Bynaus u. Co. ist die Geschichte schon schwieriger zu entscheiden. Entspringt deren Skeptizismus gegen jede nennenswerte wissenschaftliche Innovation »leidenschaftsloser stichhaltiger Überlegung« oder handelt es sich bei ihrem Skeptizismus lediglich um die »Rationalisierung – einer möglicherweise - unbewussten affektiven Reaktion«?

Das ist wohl nur im Einzelfall zu entscheiden, wenn ich allerdings sehe, wie offen u. kritiklos Bynaus jeder noch so dummen Idee gegenübersteht, die nur irgendwie die Umsetzung seiner Star Trek-Visionen wahrscheinlicher macht, tendiere ich bei ihm auf mehrheitlich »unbewusst-affektiv« gesteuerte Reaktionen.

Und dies macht mir noch mal deutlich, wie unsinnig u. nutzlos es ist, hier im Forum zu diskutieren, es sei denn aus Spaß an der Sache oder am Formulieren.

Gruß

Halligstorch

PS: Um meine heftige Kritik an der Wissenschaftszunft besteht nun darin, dass ihre Strukturen der massenhaften "Rationalisierung – von möglicherweise - unbewussten affektiven Reaktionen" gegen innovative Theorien Vorschub leisten.
_________________
»Monotheisten, Fundamentalisten, Kreationisten sind nur dann gefährlich, wenn sie sich von der Intoleranz heutiger Atheisten anstecken lassen und wie diese Atheisten auf eine einzige Wahrheit für alle bestehen.«
Richard Rorty, amerikanischer Philosoph

http://www.kritische-naturgeschichte.de
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Bynaus
Stellar veranlagt



Anmeldungsdatum: 03.11.2003
Beiträge: 1888
Wohnort: Hinwil, CH, Erde

Beitrag(#460107) Verfasst am: 26.04.2006, 11:04    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Bei Bynaus u. Co. ist die Geschichte schon schwieriger zu entscheiden. Entspringt deren Skeptizismus gegen jede nennenswerte wissenschaftliche Innovation »leidenschaftsloser stichhaltiger Überlegung« oder handelt es sich bei ihrem Skeptizismus lediglich um die »Rationalisierung – einer möglicherweise - unbewussten affektiven Reaktion«?


Willst du wirklich eine Antwort darauf? Sie wird dir vermutlich nicht gefallen.

Mein "Skeptizismus" kommt aus der Tatsache, dass sich die meisten - auf den ersten Blick vielversprechenden - Ideen nach genauerem Hinsehen als falsch erweisen. Interessant, aber leider falsch. Es ist natürlich keinesfalls ausgeschlossen, dass einige dieser Ideen mit der Zeit an Substanz gewinnen und sich schliesslich "durchsetzen" - das ist immer wieder geschehen und wird immer wieder geschehen (was hier oft vergessen geht: in den allermeisten Fällen kamen solchen neuen, erfolgreichen Ideen aus der Wissenschaft heraus).

Es ist also völlig berechtigt, vorerst mal skeptisch zu sein und genauer nachzufragen.

Das hat nichts mit einer "affektiven Reaktion" zu tun. Ich bin mir völlig darüber im Klaren, dass sich das Wissen stetig weiterentwickelt, und ehrlich gesagt, ist es mir völlig egal, wenn ich etwas, was ich "mühsam gelernt" (?) habe, "umlernen" muss. Der Fokus auf "lernen" ist ohnehin ungeschickt, denn wenn ich meine Meinung zu einem Thema ausdrücke, gebe ich keineswegs wieder, was ich "gelernt" habe, sondern das, was ich aufgrund der vorliegenden Faktenlage dazu denke.

Mir ist schon klar, dass Leute wie du, Halligstorch, mich auf einen tumben Studenten (der nur das "wiedergibt", was er gelernt hat) reduzieren möchten, weil das der bequemste Weg ist, eine entgegenlaufende Meinung zu diskreditieren. Damit wirst du aber letztlich nie Erfolg haben.

Zitat:
Das ist wohl nur im Einzelfall zu entscheiden, wenn ich allerdings sehe, wie offen u. kritiklos Bynaus jeder noch so dummen Idee gegenübersteht, die nur irgendwie die Umsetzung seiner Star Trek-Visionen wahrscheinlicher macht, tendiere ich bei ihm auf mehrheitlich »unbewusst-affektiv« gesteuerte Reaktionen.


Darüber kann ich nur lachen. Du kennst mich offenbar überhaupt nicht.

Zeig mir ein Posting, in dem ich "kritiklos einer dummen Idee" gegenüberstehe, die die Umsetzung einer "Star Trek Vision" möglich macht.

Zitat:
PS: Um meine heftige Kritik an der Wissenschaftszunft besteht nun darin, dass ihre Strukturen der massenhaften "Rationalisierung – von möglicherweise - unbewussten affektiven Reaktionen" gegen innovative Theorien Vorschub leisten.


Welche Änderungen würdest du denn an den Strukturen vornehmen?
_________________
http://www.planeten.ch - Acht und mehr Planeten
http://www.final-frontier.ch - Kommentare vom Rand des Universums
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#460108) Verfasst am: 26.04.2006, 11:05    Titel: Antworten mit Zitat

Halligstorch hat folgendes geschrieben:
[ ... ] weil der Raup ein ehrlicher u. selbstreflektierter Mensch ist, der sich nicht scheut, auch noch seine 'miesestens' Vorurteile in wissenschaftlichen Diskussionen (wenn er sie denn im Nachhinein als solche erkannt hat) quasi als intellektuelles u. menschliches Lehrstück für andere Wissenschaftler zu veröffentlichen.

vielleicht noch was zu Raup: es gab mal eine Konferenz über ID, an der neben Johnson auch Gould und Raup teilnahmen. Während Menschen wie Gould ständig versuchten, die fachliche Kompetenz des Juristen Johnson anzugreifen, hat Raup explizit gesagt (später, in einem Interview mit Woodward, sinngemäß aber auch öffentlich auf der Konferenz):

Raup hat folgendes geschrieben:
Phil Johnson’s work is very good scholarship and, of course, this has been widely denied. He cannot be faulted; he did his homework and he understands 99 percent of evolutionary biology.


Ein paar Hinweise hier oder, sehr ausführlich, in

Woodward, T. (2004) 'Doubts About Darwin: A History of Intelligent Design' , Baker Books

Woodward ist ein missionarisch veranlagter Theologe, seine Geschichte des ID ist daher sehr einseitig, man muss viel 'zwischen den Zeilen' lesen. Aber dann ist es eine hervorragende Quelle.

Raup hingegen ist Naturalist. Aber mit den Eigenschaften, die Halligstorch gelobt hat und die man leider eher selten findet, weil üblicherweise eine 'zero-concession strategy' verfolgt wird. Dembski hat sich Gedanken darüber gemacht, wie man das ausnutzen könnte. Lohnt sich wirklich zu lesen, ist in

Dembski, W. (2006) 'Dealing with the Backlash Against Intelligent Design' in: Dembski, W.; (ed.) 'Darwin's Nemesis. Philipp Johnson and the Intelligent Design Movement' Leicester, Inter-Varsity Press S. 81-104

abgedruckt, eine etwas ältere Version findet man hier.
_________________
Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)

Der Christengott ist immens schwach!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Halligstorch
Skeptischer Schwärmer



Anmeldungsdatum: 02.02.2006
Beiträge: 1210

Beitrag(#460224) Verfasst am: 26.04.2006, 14:15    Titel: Antworten mit Zitat

@ El Schwalmo: Vielen Dank für die diversen weiterführenden Hinweise.

Ergänzend darf ich nochmal aus dem Nemesis-Buch von Raup zitieren u. kommentieren:

»Ein aufschlussreiches Beispiel ist wohl das Gutachten über die Erstfassung des Manuskriptes von Alvarez u. Mitarbeiter, das ich 1980 für ›Science‹ schrieb. Alles wesentliche darüber habe ich bereits in Kapitel 4 gesagt. Indes, wenn ich dieses Gutachten aus heutiger Sicht betracht, stellte ich fest, daß ich damals Sachen beanstandete, die ich heute äußerstenfalls als unscheinbare Formfehler beurteilen würde. Obgleich die Vorstellung von einem Meteoriteneinschlag als Ursache des Aussterbens in mir als Prädisposition bereits vorhanden gewesen sein muß, meckerte in einer Manier drauflos, die wohl ein klassisches Beispiel von reaktionärer Haltung abgeben dürfte. Würde mir heute – veranlasst vielleicht durch die Entdeckung einer Iridiumanomalie an irgendeiner an Stelle der geologischen Urkunde [Überlieferung, HS] – das ›gleiche‹ Manuskript noch mal vorgelegt, so würde ich, da bin ich ziemlich sicher, das meiste, was ich damals kritisierte anstandslos durchgehen lassen – denn heute ›glaube‹ ich an einschlagende massereiche Himmelskörper und daran, daß sie ihre Signatur mit Iridium in die Urkunde hineinschreiben«.

Was Raup uns hier sagen will, bedeutet doch übersetzt auch, dass man - wenn man ersteinmal in den konservativen Wissenschaftsapparat eingebunden ist - sogar in mehr oder weniger "reaktionärer Haltung" gegen die eigenen (kreativen) 'lebensweltlichen Gelüste' (="Prädisposition") argumentiert, um innovative und gut begründete Theorien zu bemäkeln ("unscheinbare Formfehler") oder gar niederzumachen.

Das sollte uns hier zu denken geben.

Gruß

Halligstorch
_________________
»Monotheisten, Fundamentalisten, Kreationisten sind nur dann gefährlich, wenn sie sich von der Intoleranz heutiger Atheisten anstecken lassen und wie diese Atheisten auf eine einzige Wahrheit für alle bestehen.«
Richard Rorty, amerikanischer Philosoph

http://www.kritische-naturgeschichte.de
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
dreisam
registrierter User



Anmeldungsdatum: 07.04.2006
Beiträge: 20

Beitrag(#460390) Verfasst am: 26.04.2006, 18:41    Titel: Neugieriges OT Antworten mit Zitat

Obwohl es die augenblickliche Linie des Threads verlässt:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Wenn Du [gavagai] Dich über Kontroversen innerhalb der Evolutionstheorie informieren möchtest, musst Du andere Arbeiten zu Rate ziehen. ... Darwins Theorie war genuin funktionalistisch. Du scheinst keine der vielen [!] strukturalistischen Evolutionstheorien zu kennen. Wenn Du Dich wirklich informieren möchtest, kann ich Dir gerne sehr viel Literatur nennen.
Nachdem gavagai selbst ja nicht von dem Angebot Gebrauch gemacht hat - könntest Du vielleicht trotzdem ein bisschen Literatur nennen?
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



Anmeldungsdatum: 23.01.2004
Beiträge: 5471
Wohnort: Tief im Süden

Beitrag(#460399) Verfasst am: 26.04.2006, 18:51    Titel: Antworten mit Zitat

Halligstorch hat folgendes geschrieben:
Was Raup uns hier sagen will, bedeutet doch übersetzt auch, dass man - wenn man ersteinmal in den konservativen Wissenschaftsapparat eingebunden ist - sogar in mehr oder weniger "reaktionärer Haltung" gegen die eigenen (kreativen) 'lebensweltlichen Gelüste' (="Prädisposition") argumentiert, um innovative und gut begründete Theorien zu bemäkeln ("unscheinbare Formfehler") oder gar niederzumachen.

Das sollte uns hier zu denken geben.


Eine konkurrierende Theorie zu bemäkeln, bedeutet nicht automatisch, in eine reaktionäre Haltung zurückzufallen, solange gute, rationale Gründe für die Kritik an den vermeintlich "innovativen" Theorien sprechen. Reaktionär wird eine Position erst, wenn der "Mehrwert" einer Theorie - entgegen aller Evidenzen - beharrlich geleugnet wird, um auf Biegen und Brechen an einer weltanschaulichen Agenda festzuhalten.

Im Übrigen bin ich der Meinung, daß Raup und beispielsweise Dawkins zwei extreme Pole innerhalb des naturalistischen Lagers repräsentieren, zwischen denen es genügend Raum für differenziertere Meinungen gibt. Während man Dawkins sicher zu Recht vorwerfen kann, eine "zero-concession-strategy" zu verfolgen, habe ich bei Raup eher den Eindruck, daß er zu viel herschenkt, weil er die intellektuellen Spannungen gerne überbrückt haben möchte. Einem Juristen, wie Johnson zu attestieren, er habe 99% der Evolutionsbiologie verstanden, während innerhalb der Evolutionsbiologie die Kontroverse tobt, weil selbst ausgewiesene Fachbiologen bestenfalls einen Bruchteil des Spektrums abdecken, scheint mir jedenfalls reichlich daneben gegriffen zu sein.

IMAO ist dieses Arrangieren auf der intellektuellen Ebene eine schiefe Angelegenheit. Wenn die Evolutionsgegner aus eigener Überzeugung keine brauchbaren Argumente liefern, sollte man nicht davor zurückschrecken, seinen Standpunkt darzulegen. Dies gilt sowohl auf der Fakten- als auch auf der Metaebene.
_________________
"Science is a candle in the dark." - Carl Sagan

www.evobioblog.de
www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#460443) Verfasst am: 26.04.2006, 19:51    Titel: Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
[ ... ] weil er die intellektuellen Spannungen gerne überbrückt haben möchte. Einem Juristen, wie Johnson zu attestieren, er habe 99% der Evolutionsbiologie verstanden, während innerhalb der Evolutionsbiologie die Kontroverse tobt, weil selbst ausgewiesene Fachbiologen bestenfalls einen Bruchteil des Spektrums abdecken, scheint mir jedenfalls reichlich daneben gegriffen zu sein.

das Problem ist, dass man Theorien _verstehen_ kann, auch wenn eine Kontroverse tobt. Das heißt in etwa 'seine Hausaufgaben gemacht zu haben'. Man kann welche ablehnen, selbst wenn man keine bessere hat.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
IMAO ist dieses Arrangieren auf der intellektuellen Ebene eine schiefe Angelegenheit. Wenn die Evolutionsgegner aus eigener Überzeugung keine brauchbaren Argumente liefern, sollte man nicht davor zurückschrecken, seinen Standpunkt darzulegen. Dies gilt sowohl auf der Fakten- als auch auf der Metaebene.

Genau. Und diesen Standpunkt kann man verstehen _und_ ablehnen. Selbst wenn die Ablehnung auf einer kruden Metaphysik oder auch nur auf religiösen Bedürfnissen basiert, kann man doch begründet anderer Meinung sein als Naturalisten. Selbst wenn die positive Apologetik keinen Pfifferlig wert ist, kann die negative doch zutreffend sein.

Was man dadurch hergibt, indem man das einräumt, kann ich nicht nachvollziehen.
_________________
Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)

Der Christengott ist immens schwach!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Novalis
Schöngeist



Anmeldungsdatum: 17.10.2005
Beiträge: 86

Beitrag(#460448) Verfasst am: 26.04.2006, 19:55    Titel: Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:


IMAO ist dieses Arrangieren auf der intellektuellen Ebene eine schiefe Angelegenheit. Wenn die Evolutionsgegner aus eigener Überzeugung keine brauchbaren Argumente liefern, sollte man nicht davor zurückschrecken, seinen Standpunkt darzulegen. Dies gilt sowohl auf der Fakten- als auch auf der Metaebene.


Hallo Darwin Upheaval,

das interessiert mich jetzt wirklich, was meinst Du mit Metaebene?

Gruß, Novalis
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#460478) Verfasst am: 26.04.2006, 20:23    Titel: Re: Neugieriges OT Antworten mit Zitat

dreisam hat folgendes geschrieben:
Obwohl es die augenblickliche Linie des Threads verlässt:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Wenn Du [gavagai] Dich über Kontroversen innerhalb der Evolutionstheorie informieren möchtest, musst Du andere Arbeiten zu Rate ziehen. ... Darwins Theorie war genuin funktionalistisch. Du scheinst keine der vielen [!] strukturalistischen Evolutionstheorien zu kennen. Wenn Du Dich wirklich informieren möchtest, kann ich Dir gerne sehr viel Literatur nennen.
Nachdem gavagai selbst ja nicht von dem Angebot Gebrauch gemacht hat - könntest Du vielleicht trotzdem ein bisschen Literatur nennen?

im Prinzip kannst Du bei den Saltationisten anfangen, also de Vries, Bateson, Schindewolf, Goldschmidt, dann kannst Du alle Positionen einbeziehen, die die 'Allmacht der Selektion' (diese Formulierung stammt von Weismann) anzweifeln, eben indem sie die Isotropie der Variation infrage stellen. Ob das nun Vertreter von systemtheoretischen Ansätzen, EvoDevo, Holisten oder auch 'Platonisten' im weitesten Sinne oder wer weiß was sind, alle eint eins: die Ablehnung des funktionalistischen Ansatzes.

Wenn Du einen groben Überblick haben möchtest, wäre vielleicht

Wuketits, F.M. (1988) 'Evolutionstheorien. Historische Voraussetzungen, Positionen, Kritik' Darmstadt, Wissenschaftlich Buchgesellschaft

ein guter Einstieg. Auch in

Mayr, E. (1984) 'Die Entwicklung der biologischen Gedankenwelt' , Berlin; Heidelberg; New York; Tokyo, Springer

findet man viele Anregungen.

Einen moderneren Überblick bietet

Gould, S.J. (2002) 'The Structure Of Evolutionary Theory' Cambridge, Mass; London, Belknap

Ansonsten gibt es natürlich noch viele Arbeiten von Vertretern einzelner Auffassungen, beispielsweise

Goldschmidt, R.B. (1940) 'The Material Basis of Evolution' New Haven, Yale University Press

Schindewolf, O.H. (1950) 'Grundfragen der Paläontologie. Geologische Zeitmessung, Organische Stammesentwicklung, Biologische Systematik' Stuttgart, Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung

Riedl, R. (1975) 'Die Ordnung des Lebendigen' Berlin; Hamburg, Parey

Denton, M. (1998) 'Nature's Destiny: How the Laws of Biology Reveal Purpose in the Universe' New York, Free Press

West-Eberhard, M.J. (2003) 'Developmental Plasticity and Evolution' Oxford; mult., Oxford University Press
_________________
Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)

Der Christengott ist immens schwach!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



Anmeldungsdatum: 23.01.2004
Beiträge: 5471
Wohnort: Tief im Süden

Beitrag(#460488) Verfasst am: 26.04.2006, 20:34    Titel: Antworten mit Zitat

Novalis hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:


IMAO ist dieses Arrangieren auf der intellektuellen Ebene eine schiefe Angelegenheit. Wenn die Evolutionsgegner aus eigener Überzeugung keine brauchbaren Argumente liefern, sollte man nicht davor zurückschrecken, seinen Standpunkt darzulegen. Dies gilt sowohl auf der Fakten- als auch auf der Metaebene.


Hallo Darwin Upheaval,

das interessiert mich jetzt wirklich, was meinst Du mit Metaebene?


Die Ebene der Wissenschaftsphilosophie. Damit ein sinnvoller bzw. wissenschaftlicher Diskurs zustandekommen kann, bedarf es der Anerkennung gewisser Rationalitätsstandards. Diese erkennen die Kreationisten aber nur bedingt an, so daß viele Biologen (eigentlich die meisten, die ich kenne) eine Debatte mit ihnen weder für sinnvoll noch für erstrebenswert halten.

Die spannende Frage ist jetzt, inwieweit auf der Basis einer inkohärenten Wissenschaftsphilosophie eine wissenschaftliche Evolutionskritik betrieben werden kann. Natürlich kann man auf der Ebene der Beschreibung versuchen, einen Konsens herbeiführen - 80% der in Junker/Scherer präsentierten Daten dürften völlig unstrittig sein. Daß z.B. die Evolutionstheorie Erklärungslücken hat, daß der Fossilbefund lückenhaft ist, daß es keine eindeutigen Kladogramme und keine Evolutionsbeweise usw. gibt, ist auch unter Evolutionsbiologen Konsens. Der Hinweis auf solche Sachverhalte hat folglich nichts mit "Evolutionkritik" (sensu stricto) zu tun, denn erst wenn Interpretationen, Folgerungen, Wertungen ins Spiel kommen, wird der Hinweis aussagekäftig, und die Kritik gleitet ins Metaphysische ab. "Neutrale" Faktenaussagen kann es sowieso nicht geben; jede Beobachtung wird im Lichte einer bestimmten Theorie interpretiert, und jede Aussage ist in einen theoretischen Rahmen eingebunden. Folglich kann es keine wissenschaftliche Evolutionskritik geben, da der metatheoretische Rahmen der Evolutionsgegner mit den philosophischen Prinzipien der Naturwissenschaften kollidiert.
_________________
"Science is a candle in the dark." - Carl Sagan

www.evobioblog.de
www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



Anmeldungsdatum: 23.01.2004
Beiträge: 5471
Wohnort: Tief im Süden

Beitrag(#460507) Verfasst am: 26.04.2006, 20:51    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn die Ablehnung auf einer kruden Metaphysik oder auch nur auf religiösen Bedürfnissen basiert, kann man doch begründet anderer Meinung sein als Naturalisten.


Religiöse Bedürfnisse sind als Begründung grundsätzlich unzureichend. Jemand der sagt: "Die Bibel hat recht, folglich ist die phylogenetische Systematik auf Sand gebaut", hat keine begründet andere Meinung als die Naturalisten - selbst dann nicht, wenn er auf "Lücken" im System, Stammbaumprobleme usw. verweist.
_________________
"Science is a candle in the dark." - Carl Sagan

www.evobioblog.de
www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#460515) Verfasst am: 26.04.2006, 21:02    Titel: Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Damit ein sinnvoller bzw. wissenschaftlicher Diskurs

die Frage ist, ob ein _sinnvoller_ Diskurs nur 'wissenschaftlich' sein kann. Das bringt uns auf die Deutungsebene.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
zustandekommen kann, bedarf es der Anerkennung gewisser Rationalitätsstandards. Diese erkennen die Kreationisten aber nur bedingt an,

Soweit ich sehe, lehnen Kreationisten diese Standards explizit ab. Sie wollen eine _andere_ Wissenschaft.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
so daß viele Biologen (eigentlich die meisten, die ich kenne) eine Debatte mit ihnen weder für sinnvoll noch für erstrebenswert halten.

Das ist die fast zwingende Konsequenz. Auf der Meta-Ebene sind Fragen nicht mehr im strengen Sinn entscheidbar. Ein Evolutionsgegner kann problemlos den _methodischen_ Naturalismus anerkennen (das wäre eine pragmatische, eventuell auch erkenntnistheoretische Frage), aber supranaturalistische Eingrffe für möglich halten (letztendlich eine ontologische Frage). Hier haben wir die Nase vorn: wir können eine Methodologie vorweisen, die funktioniert, unsere Ontologie harmoniert mit der Methode. Wenn jemand aber aus anderen Gründen an einen Schöpfer glauben möchte, kann man ihn kaum mit Argumenten davon abhalten.

Daneben gibt es die Fakten-Ebene. Das Problem ist, dass es hier viele offene Fragen und Dispute auch in der Fachwelt gibt. Schwer zu sagen, was passieren würde, falls in der Öffentlichkeit eine Diskussion über Evolutions_mechanismen_ entbrennen würde. Genauer: wenn die Dispute, die sich in der Fachwelt abspielen, öffentlich dargestellt würden. Dann könnte genau das passieren, was sich Evolutionsgegner wünschen: Otto Normalverbraucher könnte sich fragen, warum man eigentlich so sicher ist, dass man schon versteht, wie eine Evolution naturalistisch ablaufen kann.

Letztendlich gibt es eine Art Konsens in der Wissenschaft, dass das 'gilt', was zurzeit am wahrscheinlichsten ist. Auf die Antwort: 'wie ist eigentlich ... entstanden' erhält man dann die Antwort: 'nach derzeitigem Wissen ...'. In das 'derzeitige Wissen' ist der Naturalismus eingepreist, man erhält auf jeden Fall eine naturalistische Antwort. Und nun kommen Menschen der anderen Seite daher, die fragen: 'wie würde es eigentlich aussehen, falls man einen Stand der Wissenschaft annimmt, der nicht mehr dem Naturalismus verpflichtet ist?'. Und spätestens dann wird es extrem spannend.

Gut möglich, dass man dieses Fass besser zu lassen sollte. Es könnte sich wirklich herausstellen, dass die beste Strategie darin besteht, mit Evolutionsgegnern (Kreationisten sind eine eher unbedeutende Untermenge dieser Gruppe, die Obermenge wären Supranaturalisten) nicht zu diskutieren. Und fallls man es doch tut, sollte man sich sehr genau überlegen, welche Argumente man einsetzt.
_________________
Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)

Der Christengott ist immens schwach!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#460522) Verfasst am: 26.04.2006, 21:11    Titel: Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn die Ablehnung auf einer kruden Metaphysik oder auch nur auf religiösen Bedürfnissen basiert, kann man doch begründet anderer Meinung sein als Naturalisten.

Religiöse Bedürfnisse sind als Begründung grundsätzlich unzureichend.

natürlich. Darunter fällt auch das Bedürfnis nach keinem Gott.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Jemand der sagt: "Die Bibel hat recht, folglich ist die phylogenetische Systematik auf Sand gebaut", hat keine begründet andere Meinung als die Naturalisten

Klar. Man sollte aber die stärkere Position betrachten: 'die vorgelegten Befunde lassen uns davon ausgehen, dass eine phylogenetische Systematik die Realität widerspiegelt, aber die naturalistischen Mechanismen leisten nicht aufzeigbar das, was zur Entstehung der Organismen, die in diesen Stammbaum eingebaut werden können.' Dann sind wir in etwa dort, wo Schönborn steht: 'Evolution' im Sinne von Deszendenz wird anerkannt, aber die _Mechanismen_ werden abgelehnt. Dafür braucht man keine Bibel. Schlimmer noch: man muss sich nur die bisher vorgeschlagenen Mechanismen anschauen.

Du kennst doch

Kirschner, M.; Gerhart, J.C. (2005) 'The Plausibility of Life' New Haven, Yale University Press

Die gehen davon aus, dass vor ihrer Theorie die Entstehung von Neuheiten nicht bekannt war. Du weißt sicher auch, wie die von Wort und Wissen das als Wasser auf ihre Mühlen leiten.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
- selbst dann nicht, wenn er auf "Lücken" im System, Stammbaumprobleme usw. verweist.

Und ID geht sogar, wie oben beschrieben, noch weiter: die erkennen den Stammbaum _an_, fordern aber einen Designer ein (der werkelt üblicherweise angeblich an den Stellen, an denen in Stammbäumen gestrichelte Linien zu finden sind). Diese Position ist nicht ganz taufrisch, unter Paläontologen war das schon vor dem zweiten Weltkrieg fast Standard.
_________________
Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)

Der Christengott ist immens schwach!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



Anmeldungsdatum: 23.01.2004
Beiträge: 5471
Wohnort: Tief im Süden

Beitrag(#460527) Verfasst am: 26.04.2006, 21:19    Titel: Re: Neugieriges OT Antworten mit Zitat

dreisam hat folgendes geschrieben:
Obwohl es die augenblickliche Linie des Threads verlässt:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Wenn Du [gavagai] Dich über Kontroversen innerhalb der Evolutionstheorie informieren möchtest, musst Du andere Arbeiten zu Rate ziehen. ... Darwins Theorie war genuin funktionalistisch. Du scheinst keine der vielen [!] strukturalistischen Evolutionstheorien zu kennen. Wenn Du Dich wirklich informieren möchtest, kann ich Dir gerne sehr viel Literatur nennen.
Nachdem gavagai selbst ja nicht von dem Angebot Gebrauch gemacht hat - könntest Du vielleicht trotzdem ein bisschen Literatur nennen?


Interessanterweise gibt es Menschen, die behaupten, daß Darwins Theorie durchaus strukturalistisch (d.h. für ontogenetische Entwicklungsprinzipien offen) war ("Altdarwinismus"), und sich erst durch den von Wallace strikt vertretenen "Selektionismus" zum "Vulgärdarwinismus" wandelte. Interessant ist in diesem Zusammenhang z.B.:


Levit, G.S.; Hoßfeld, U. (2006): The forgotten "Old-Darwinian" Synthesis: The Evolutionary Theorie of Ludwig H. Plate (1862-1937). NTM 14, 9-25.

Riedl, R. (2003): Riedls Kulturgeschichte der Evolutionstheorie. Die Helden, ihre Irrungen und Einsichten. Springer, Berlin.


Auch die Frage, inwieweit die STE rein "funktionalistisch" ist, scheint durchaus kontrovers diskutiert zu werden. Einige Biologen weisen darauf hin, daß strukturalistische Ansätze in die STE eingepreist seien. So schreibt z.B. Charlesworth zum Stichwort "Entwicklungszwänge" (constraints):

Zitat:
the synthesis's founders were well aware of the fact that mutational effects are not unconstrained. For example, in 1947 H. J. Muller wrote that "the organism cannot be considered as infinitely plastic, and certainly not as equally plastic in all directions, since the directions which the effects of mutations can take are, of course, conditioned by the entire developmental and physiological systems arising from the action of all the other genes already present



Auch die Vertreter systemtheoretischer Ansätze und EvoDevo scheinen ihre Theorien tendentiell eher als Erweiterung der STE, denn als einen konkurrierenden Ansatz zu sehen. So schreibt z.B. Wuketits:

Zitat:
Es ist nochmals zu betonen, daß die Systemtheorie der Evolution kein Konkurrenzunternehmen zur Synthetischen Theorie ist (...) Daher stehen die Synthetische Theorie und die Systemtheorie der Evolution keineswegs im Widerspruch zueinander (siehe auch den kritischen Kommentar von Wagner 1983 zu Regelmanns Arbeit). Vielmehr standen einer ersten Formulierung der Systemtheorie der Evolution (bei Riedl 1975) die Erkenntnisse beider, der Synthetischen Theorie und der allgemeinen Systemtheorie zur Verfügung.



Wuketits, F.M. (1988): Evolutionstheorien. Historische Voraussetzungen, Positionen, Kritik. Dimensionen der modernen Biologie, Bd. 7. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 152.
_________________
"Science is a candle in the dark." - Carl Sagan

www.evobioblog.de
www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Halligstorch
Skeptischer Schwärmer



Anmeldungsdatum: 02.02.2006
Beiträge: 1210

Beitrag(#460532) Verfasst am: 26.04.2006, 21:24    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
im Prinzip kannst Du [dreisam, Hs]bei den Saltationisten anfangen, also de Vries, Bateson, Schindewolf, Goldschmidt, dann kannst Du alle Positionen einbeziehen, die die 'Allmacht der Selektion' (diese Formulierung stammt von Weismann) anzweifeln, eben indem sie die Isotropie der Variation infrage stellen. Ob das nun Vertreter von systemtheoretischen Ansätzen, EvoDevo, Holisten oder auch 'Platonisten' im weitesten Sinne oder wer weiß was sind, alle eint eins: die Ablehnung des funktionalistischen Ansatzes.

Wenn Du einen groben Überblick haben möchtest, wäre vielleicht

Wuketits, F.M. (1988) 'Evolutionstheorien. Historische Voraussetzungen, Positionen, Kritik' Darmstadt, Wissenschaftlich Buchgesellschaft

ein guter Einstieg. Auch in

Mayr, E. (1984) 'Die Entwicklung der biologischen Gedankenwelt' , Berlin; Heidelberg; New York; Tokyo, Springer

findet man viele Anregungen.

Einen moderneren Überblick bietet

Gould, S.J. (2002) 'The Structure Of Evolutionary Theory' Cambridge, Mass; London, Belknap

Ansonsten gibt es natürlich noch viele Arbeiten von Vertretern einzelner Auffassungen, beispielsweise

Goldschmidt, R.B. (1940) 'The Material Basis of Evolution' New Haven, Yale University Press

Schindewolf, O.H. (1950) 'Grundfragen der Paläontologie. Geologische Zeitmessung, Organische Stammesentwicklung, Biologische Systematik' Stuttgart, Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung

Riedl, R. (1975) 'Die Ordnung des Lebendigen' Berlin; Hamburg, Parey

Denton, M. (1998) 'Nature's Destiny: How the Laws of Biology Reveal Purpose in the Universe' New York, Free Press

West-Eberhard, M.J. (2003) 'Developmental Plasticity and Evolution' Oxford; mult., Oxford University Press


Oh El Schwalmo,

ich musss mal gerade den 'armen' dreisam in Schutz nehmen. Der hatte nämlich nur eine harmlose Anfrage gestartet und dann von Dir diese Tirade (mir fällt das 100-prozentig passende Wort nicht ein) an Literaturhinweisen. Und dies alles ohne 'strukturierende' Erläuterung.

Dreisam ist wirklich der einzige, der es noch im Internetzeitalter schafft, äußerst bedächtig zu formulieren - als seien die Postings mit Kutschen u. Schiffen unterwegs. Oder anders formuliert, selbst bei dem elektronischen Teil seines Schriftverkehrs habe ich manchmal den Eindruck, die Elektronen seien maximal im Zeitlupentempo unterwegs.

Ist es nicht etwas bedauernswert, dass Du auf solche (zweifellos legitimen) Befindlichkeiten so wenig oder sogar keine Rücksicht nimmst?

Gruß

Halligstorch
_________________
»Monotheisten, Fundamentalisten, Kreationisten sind nur dann gefährlich, wenn sie sich von der Intoleranz heutiger Atheisten anstecken lassen und wie diese Atheisten auf eine einzige Wahrheit für alle bestehen.«
Richard Rorty, amerikanischer Philosoph

http://www.kritische-naturgeschichte.de
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Halligstorch
Skeptischer Schwärmer



Anmeldungsdatum: 02.02.2006
Beiträge: 1210

Beitrag(#460544) Verfasst am: 26.04.2006, 21:47    Titel: Re: Neugieriges OT Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
dreisam hat folgendes geschrieben:
Obwohl es die augenblickliche Linie des Threads verlässt:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Wenn Du [gavagai] Dich über Kontroversen innerhalb der Evolutionstheorie informieren möchtest, musst Du andere Arbeiten zu Rate ziehen. ... Darwins Theorie war genuin funktionalistisch. Du scheinst keine der vielen [!] strukturalistischen Evolutionstheorien zu kennen. Wenn Du Dich wirklich informieren möchtest, kann ich Dir gerne sehr viel Literatur nennen.
Nachdem gavagai selbst ja nicht von dem Angebot Gebrauch gemacht hat - könntest Du vielleicht trotzdem ein bisschen Literatur nennen?


Interessanterweise gibt es Menschen, die behaupten, daß Darwins Theorie durchaus strukturalistisch (d.h. für ontogenetische Entwicklungsprinzipien offen) war ("Altdarwinismus"), und sich erst durch den von Wallace strikt vertretenen "Selektionismus" zum "Vulgärdarwinismus" wandelte. Interessant ist in diesem Zusammenhang z.B.:


Levit, G.S.; Hoßfeld, U. (2006): The forgotten "Old-Darwinian" Synthesis: The Evolutionary Theorie of Ludwig H. Plate (1862-1937). NTM 14, 9-25.

Riedl, R. (2003): Riedls Kulturgeschichte der Evolutionstheorie. Die Helden, ihre Irrungen und Einsichten. Springer, Berlin.


Auch die Frage, inwieweit die STE rein "funktionalistisch" ist, scheint durchaus kontrovers diskutiert zu werden. Einige Biologen weisen darauf hin, daß strukturalistische Ansätze in die STE eingepreist seien. So schreibt z.B. Charlesworth zum Stichwort "Entwicklungszwänge" (constraints):

Zitat:
the synthesis's founders were well aware of the fact that mutational effects are not unconstrained. For example, in 1947 H. J. Muller wrote that "the organism cannot be considered as infinitely plastic, and certainly not as equally plastic in all directions, since the directions which the effects of mutations can take are, of course, conditioned by the entire developmental and physiological systems arising from the action of all the other genes already present



Auch die Vertreter systemtheoretischer Ansätze und EvoDevo scheinen ihre Theorien tendentiell eher als Erweiterung der STE, denn als einen konkurrierenden Ansatz zu sehen. So schreibt z.B. Wuketits:

Zitat:
Es ist nochmals zu betonen, daß die Systemtheorie der Evolution kein Konkurrenzunternehmen zur Synthetischen Theorie ist (...) Daher stehen die Synthetische Theorie und die Systemtheorie der Evolution keineswegs im Widerspruch zueinander (siehe auch den kritischen Kommentar von Wagner 1983 zu Regelmanns Arbeit). Vielmehr standen einer ersten Formulierung der Systemtheorie der Evolution (bei Riedl 1975) die Erkenntnisse beider, der Synthetischen Theorie und der allgemeinen Systemtheorie zur Verfügung.



Wuketits, F.M. (1988): Evolutionstheorien. Historische Voraussetzungen, Positionen, Kritik. Dimensionen der modernen Biologie, Bd. 7. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 152.


Kaum treffen sich El Schwalmo u. Darwin Upheaval hier im Forum geht der vermutlich - niemand außer ihnen - interessierende erbittert-verbitterte 'evolutionäre' Infight (oder auch STE-Schwachsinn) wieder los. Auf Darwin Upheaval's interessantes Eingangsstatement komme ich noch zurück.

Gruß

Halligstorch
_________________
»Monotheisten, Fundamentalisten, Kreationisten sind nur dann gefährlich, wenn sie sich von der Intoleranz heutiger Atheisten anstecken lassen und wie diese Atheisten auf eine einzige Wahrheit für alle bestehen.«
Richard Rorty, amerikanischer Philosoph

http://www.kritische-naturgeschichte.de
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#460547) Verfasst am: 26.04.2006, 21:50    Titel: Antworten mit Zitat

Halligstorch hat folgendes geschrieben:
ich musss mal gerade den 'armen' dreisam in Schutz nehmen. Der hatte nämlich nur eine harmlose Anfrage gestartet und dann von Dir diese Tirade (mir fällt das 100-prozentig passende Wort nicht ein) an Literaturhinweisen. Und dies alles ohne 'strukturierende' Erläuterung.

ich warte mal ab, was dreisam schreibt.

Halligstorch hat folgendes geschrieben:
Dreisam ist wirklich der einzige, der es noch im Internetzeitalter schafft, äußerst bedächtig zu formulieren -

Ja. Beispielsweise Anfragen an Dich, auf die er keine Antwort bekommt.
_________________
Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)

Der Christengott ist immens schwach!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#460549) Verfasst am: 26.04.2006, 21:53    Titel: Re: Neugieriges OT Antworten mit Zitat

Halligstorch hat folgendes geschrieben:
vermutlich - niemand außer ihnen - interessierende

was Dich dazu verführt, das alles noch einmal zu kopieren, damit jeder nicht Interessierte das noch einmal lesen kann.
_________________
Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)

Der Christengott ist immens schwach!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



Anmeldungsdatum: 23.01.2004
Beiträge: 5471
Wohnort: Tief im Süden

Beitrag(#460558) Verfasst am: 26.04.2006, 21:59    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn die Ablehnung auf einer kruden Metaphysik oder auch nur auf religiösen Bedürfnissen basiert, kann man doch begründet anderer Meinung sein als Naturalisten.

Religiöse Bedürfnisse sind als Begründung grundsätzlich unzureichend.

natürlich. Darunter fällt auch das Bedürfnis nach keinem Gott.


Du scheinst Dich der Argumentationsstruktur der Evolutionsgegner anzunähern: kein Bedürfnis nach Gott bedeutet nicht Bedürfnis nach keinem Gott. Die Wissenschaft ist zwar Gott los, aber nicht gottlos zwinkern


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Jemand der sagt: "Die Bibel hat recht, folglich ist die phylogenetische Systematik auf Sand gebaut", hat keine begründet andere Meinung als die Naturalisten

Klar. Man sollte aber die stärkere Position betrachten: 'die vorgelegten Befunde lassen uns davon ausgehen, dass eine phylogenetische Systematik die Realität widerspiegelt, aber die naturalistischen Mechanismen leisten nicht aufzeigbar das, was zur Entstehung der Organismen, die in diesen Stammbaum eingebaut werden können.' Dann sind wir in etwa dort, wo Schönborn steht: 'Evolution' im Sinne von Deszendenz wird anerkannt, aber die _Mechanismen_ werden abgelehnt. Dafür braucht man keine Bibel. Schlimmer noch: man muss sich nur die bisher vorgeschlagenen Mechanismen anschauen.


In diesem Punkt wird's aber bereits wieder hoch wissenschaftstheoretisch: Was bedeutet "aufzeigbar"? Inwieweit sind Erklärungen auf der Basis der bisher bekannten Mechanismen hinreichend? Impliziert eine unvollständige Kausalerklärung das Fehlen einer Erklärung? Lassen sich aufgrund fehlender Detailerklärungen allgemeine Theorien zu Fall bringen? Oder: Ist es wissenschaftlich berechtigt, auf der Basis einer unvollständigen Erklärung eine Theorie begründet in Zweifel zu ziehen? Welche Folgen hätte dies in anderen Wissenschaftsbereichen usw.?

Der Punkt ist doch schlicht der: Evolutionsbiologen bestreiten gar nicht, daß die Erklärungen der ET unvollständig sind. Sie lehnen nur die Forderungen der Evolutionsgegner ab, das Fehlen von Detailerklärungen oder mechanismische Ansätze, die nicht (im empiristischen Sinne) "aufzeigbar" sind, durch ein nicht näher spezifizierbares ID oder eine Schöpfung zu ersetzen, die nichts erklärt. Wie Du es auch drehst und wendest: Evolutionskritik ist nicht ohne metaphysischen Klimbim zu haben. Andernfalls handelt es sich um eine wissenschaftsinterne Auseinandersetzung im Rahmen evolutionsbiologischer Forschungsprogramme.


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Kirschner, M.; Gerhart, J.C. (2005) 'The Plausibility of Life' New Haven, Yale University Press

Die gehen davon aus, dass vor ihrer Theorie die Entstehung von Neuheiten nicht bekannt war. Du weißt sicher auch, wie die von Wort und Wissen das als Wasser auf ihre Mühlen leiten.


Das Beispiel ist gut geeignet, um meinen Punkt zu verdeutlichen: Kirschner & Gerhart vertreten eine heterodoxe Auffassung im Rahmen der Evolutionsforschung und machen progressive Vorschläge zur Lösung mechanismischer Fragestellungen. Junker baut das Polyvalenz-Konzept in das GT-Modell ein und komplimentiert die offenen Fragen der ET in eine geheimnisvoll Übernatur hinaus.


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
- selbst dann nicht, wenn er auf "Lücken" im System, Stammbaumprobleme usw. verweist.

Und ID geht sogar, wie oben beschrieben, noch weiter: die erkennen den Stammbaum _an_, fordern aber einen Designer ein (der werkelt üblicherweise angeblich an den Stellen, an denen in Stammbäumen gestrichelte Linien zu finden sind). Diese Position ist nicht ganz taufrisch, unter Paläontologen war das schon vor dem zweiten Weltkrieg fast Standard.


Das ist aber nicht ID im Sinne von Lönnig, Demski & Co. (am ehesten noch die Auffassung von Behe.) , die ja die Faktizität von Makroevolution generell bestreiten.
_________________
"Science is a candle in the dark." - Carl Sagan

www.evobioblog.de
www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Novalis
Schöngeist



Anmeldungsdatum: 17.10.2005
Beiträge: 86

Beitrag(#460562) Verfasst am: 26.04.2006, 22:12    Titel: Antworten mit Zitat

@Darwin Upheaval

starker Tobak. Ich werde baldmöglichst differenziert darauf eingehen.

Spontan fällt mir gerade ein, wie wohl Kreationisten erklären, wieso
wir das Licht bspw. aus dem Andromedanebel sehen, welches bekann-
termaßen fast zwei Millionen Jahre unterwegs war.

Gruß, Novalis
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
dreisam
registrierter User



Anmeldungsdatum: 07.04.2006
Beiträge: 20

Beitrag(#460566) Verfasst am: 26.04.2006, 22:16    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
warte mal ab, was dreisam schreibt.

Die Literaturliste ist prima. Niveau, Kommentierung und Umfang scheinen mir durchaus zielgruppenspezifisch gelungen.
Vielen Dank an Dich, El Schwalmo und selbstverständlich auch (für die Ergänzungen und Ausführungen) an Dich, Darwin Upheaval!

Halligstorch hat folgendes geschrieben:
Dreisam ist wirklich der einzige, der es noch im Internetzeitalter schafft, äußerst bedächtig zu formulieren.

Vielleicht bilde ich mir auch nur ein, den kommunikationsrelevanten Sinn hinter Vorschau-Funktion und Delete-Taste entdeckt zu haben? Außerdem muss ich wohl vorleben, was ich einem gewissen Bösen Kumpel in einem anderen Forum nahegelegt habe:

dreisam hat folgendes geschrieben:
A. Vor der Antwort eine Nacht schlafen.
B. Prinzipiell niemals Polemik, Ironie oder Pöbelei erwidern, bzw. derlei absichtlich überhören.
C. Streng beim Threadthema bleiben.

Gehe außerdem immer davon aus, dass Du von Deinen Diskussionsgegnern etwas Wertvolles lernen könntest. Da habe ich schon echte Überraschungen erlebt. Man muss sie ja nicht gleich mit zum Angeln nehmen. Smilie
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Halligstorch
Skeptischer Schwärmer



Anmeldungsdatum: 02.02.2006
Beiträge: 1210

Beitrag(#460581) Verfasst am: 26.04.2006, 22:37    Titel: Antworten mit Zitat

dreisam hat folgendes geschrieben:
A. Vor der Antwort eine Nacht schlafen.
B. Prinzipiell niemals Polemik, Ironie oder Pöbelei erwidern, bzw. derlei absichtlich überhören.
C. Streng beim Threadthema bleiben.

Gehe außerdem immer davon aus, dass Du von Deinen Diskussionsgegnern etwas Wertvolles lernen könntest. (...)


Hallo dreisam,

El Schwalmo u. Darwin Upheaval haben wie erwartet (u. zwischenzeitlich schon fast 'sphexisch') reagiert, aber Du überrascht mich immer wieder:

Ich meine fast Identisches schon in einem archivierten Benimm-Buch der ehemaligen höheren Töchterschule (in der ich kurz nach Einführung der differenzierten Oberstufe mein Abitur machen durfte) gelesen zu haben.

dreisam hat folgendes geschrieben:
Niveau, Kommentierung und Umfang scheinen mir durchaus zielgruppenspezifisch gelungen


Dreisam! Sei ehrlich u. gib zu, dass Du das aus einer Deiner Bewertungen für eine Schülerhausarbeit abgekupfert hast.

Gruß

Halligstorch
_________________
»Monotheisten, Fundamentalisten, Kreationisten sind nur dann gefährlich, wenn sie sich von der Intoleranz heutiger Atheisten anstecken lassen und wie diese Atheisten auf eine einzige Wahrheit für alle bestehen.«
Richard Rorty, amerikanischer Philosoph

http://www.kritische-naturgeschichte.de
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Novalis
Schöngeist



Anmeldungsdatum: 17.10.2005
Beiträge: 86

Beitrag(#460583) Verfasst am: 26.04.2006, 22:41    Titel: Antworten mit Zitat

HS hat folgendes geschrieben:
Dreisam ist wirklich der einzige, der es noch im Internetzeitalter schafft, äußerst bedächtig zu formulieren - als seien die Postings mit Kutschen u. Schiffen unterwegs. Oder anders formuliert, selbst bei dem elektronischen Teil seines Schriftverkehrs habe ich manchmal den Eindruck, die Elektronen seien maximal im Zeitlupentempo unterwegs.


Ich habs dreimal gelesen und immer noch nicht verstanden.
postings mit schiffen und kutschen und dann der elektronische teil (waren die postings positronisch
oder was?) und dann Elektronen im Zeitlupentempo? dürften noch schnell genug sein ?!

isser Dir zu langsam - äh na ja, man muss auch nicht alles verstehen.

Gruß, Novalis
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Novalis
Schöngeist



Anmeldungsdatum: 17.10.2005
Beiträge: 86

Beitrag(#460600) Verfasst am: 26.04.2006, 22:57    Titel: Antworten mit Zitat

Halligstorch hat folgendes geschrieben:
dreisam hat folgendes geschrieben:
A. Vor der Antwort eine Nacht schlafen.
B. Prinzipiell niemals Polemik, Ironie oder Pöbelei erwidern, bzw. derlei absichtlich überhören.
C. Streng beim Threadthema bleiben.

Gehe außerdem immer davon aus, dass Du von Deinen Diskussionsgegnern etwas Wertvolles lernen könntest. (...)


Hallo dreisam,

El Schwalmo u. Darwin Upheaval haben wie erwartet (u. zwischenzeitlich schon fast 'sphexisch') reagiert, aber Du überrascht mich immer wieder:

Ich meine fast Identisches schon in einem archivierten Benimm-Buch der ehemaligen höheren Töchterschule (in der ich kurz nach Einführung der differenzierten Oberstufe mein Abitur machen durfte) gelesen zu haben.


dreisam hat folgendes geschrieben:
Niveau, Kommentierung und Umfang scheinen mir durchaus zielgruppenspezifisch gelungen


Dreisam! Sei ehrlich u. gib zu, dass Du das aus einer Deiner Bewertungen für eine Schülerhausarbeit abgekupfert hast.


Reiss Dich doch mal zusammen HS - echt. Mit den Augen rollen Vielleicht ist der Mensch nur höflich.
Lass das doch einfach mal so stehen.

Gruß, Novalis
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
dreisam
registrierter User



Anmeldungsdatum: 07.04.2006
Beiträge: 20

Beitrag(#460627) Verfasst am: 26.04.2006, 23:31    Titel: Erläuterung Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Damit ein sinnvoller bzw. wissenschaftlicher Diskurs zustandekommen kann, bedarf es der Anerkennung gewisser Rationalitätsstandards.

Vielleicht kann ich hier ein Beispiel bringen.

Naturwissenschaft basiert auf zwei Postulaten, dem Realitätspostulat und dem Strukturpostulat. Ich wüsste irgendwann einmal gern, wer die Postulate das erste Mal explizit formuliert hat. Ich selbst habe von ihnen eigentlich erst eher zufällig in der Einleitung von PENZLIN: Tierphysiologie gelesen.

Realitätspostulat
Es gibt Etwas, das durch Experimente, Messungen, Zählungen, Beobachtungen und Objektuntersuchungen erforscht werden kann. Dieses Etwas nennt sich naturwissenschaftliche (empirische) Realität.

Strukturpostulat
Die Gegebenheiten der naturwissenschaftlichen Realität folgen der Kausalität. Sie sind Verkettungen von Ursache und Wirkung.

Wenn ich das jetzt so lese, fällt mir etwas auf: Beide Postulate fordern gewisse Eigenschaften von der Wirklichkeit. Sie fordern implizit aber auch noch gewisse Eigenschaften von der menschlichen Auffassungsgabe.

Realitätspostulat - Zusatz
Der Mensch ist in der Lage, die naturwissenschaftliche (empirische) Realität zu erfassen.

Strukturpostulat - Zusatz
Der Mensch ist in der Lage, Kausalität zu erfassen.

Mir scheint, dass gerade das Strukturpostulat von Kreationisten - zumindest immer dann, wenn es ihnen nützlich scheint - angegriffen wird:
Kausalität beschreibt ja die Abfolge von Ursache und Wirkung. Das Strukturpostulat fordert also ein Vorher - Nachher, das in der naturwissenschaftlichen Realität (siehe Realitätspostulat) vom Menschen (siehe Strukturpostulat - Zusatz) zutreffend/richtig erkannt werden kann.

Hier möchte ich das Beispiel bringen, das ich erst heute morgen an meinen SchülerInnen (Klasse 5, 10 Jahre) beobachtet habe. Die SchülerInnen sollten die Stadien der Amphibienentwicklung nachvollziehen. Dazu hatte ich Overheadfolienschnipsel vorbereitet, die von einer Schülerin auf dem Overheadprojektor in eine Reihenfolge gebracht werden sollten, die ihr sinnvoll erschien.

Die Abbildungen auf den Folienschnipseln stammten aus der Datei kaulquappe-frosch-abb-serie-ws.pdf, die im Zip-Paket auf folgender Seite zum download bereit steht: http://www.rete-mirabile.net/biologie/79/entwicklung-kaulquappe-frosch

Selbstverständlich wurde die richtige Reihenfolge ohne große Schwierigkeiten gefunden. Nachdem es auch von den übrigen SchülerInnen keine Beanstandungen gab, bohrte ich kurz nach.
Frage: "Woher wusstest Du, dass dies wahrscheinlich die richtige Reihenfolge ist?"
Antwort: "Na, das ist doch ganz klar. Am Anfang kommt das Ei und am Schluss sitzt der Frosch und dazwischen muss die Kaulquappe halt immer mehr Beine bekommen und der Schwanz muss weg."

Ich vermute, dass hier eine große Stärke in der Naturwissenschaft liegt. Ihre Aussagen erscheinen uns richtig, weil die beiden Postulate, auf denen sie aufbaut, von uns schon in frühester Kindheit ausprobiert und als zutreffend angenommen werden. Nach PIAGET beginnen wir mit der Ergründung der beiden Postulate noch während der Sensomotorischen Phase mit 4 bis 8 Lebensmonaten: http://de.wikipedia.org/wiki/Jean_Piaget#Detaillierte_Entwicklungsstadien

Deshalb vermute ich auch, dass die Schülerin meine Frage für ziemlich dumm hielt. Verlegen

Das Strukturpostulat arbeitet natürlich auch, wenn wir evolutive Entwicklungsreihen anhand von Fossilienfunden zu rekonstruieren versuchen. Es ist auch die Basis der Homologiekriterien.

Unter http://www.genesisnet.info/schoepfung_evolution/i42841.php kann man nun lesen, dass zwischen den Begriffen "Mosaikformen" und "Zwischenformen" unterschieden werden sollte. Ersteres beschreibt einfach ein fossilisiertes Merkmalsmosaik, letzteres impliziert bereits eine Deutung (ein Link zwischen zwei Lebensformgruppen).

Meiner Meinung nach steht hinter diesem peniblen Unterscheidungsversuch (auch), dass die menschlich subjektiv naheliegende Interpretation - eben auf der Basis des seit frühester Kindheit verinnerlichten Strukturpostulats - in Frage gestellt wird.

An dieser Stelle könnte also keine inhaltliche, naturwissenschaftlich-basierte Evolutionstheoriekritik zu lesen sein. Sondern weit darüber hinausgehend eben der Grundlagen (die beiden Postulate) aller naturwissenschaftlichen Forschung angegriffen werden. Es könnte sich demnach um eine Meta-Kritik handeln.

Darauf kann inhaltlich-naturwissenschaftlich aber nicht erwidert werden, weil ohne gemeinsame erkenntnistheoretische Basis die gemeinsame Grundlage einer Diskussion fehlt.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#460645) Verfasst am: 26.04.2006, 23:43    Titel: Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn die Ablehnung auf einer kruden Metaphysik oder auch nur auf religiösen Bedürfnissen basiert, kann man doch begründet anderer Meinung sein als Naturalisten.

Religiöse Bedürfnisse sind als Begründung grundsätzlich unzureichend.

natürlich. Darunter fällt auch das Bedürfnis nach keinem Gott.

Du scheinst Dich der Argumentationsstruktur der Evolutionsgegner anzunähern: kein Bedürfnis nach Gott bedeutet nicht Bedürfnis nach keinem Gott.

was könnte ich wohl mit 'fällt _auch_ das Bedürfnis' gemeint haben?

Hint: wenn jemand nur durch Darwin ein 'intellectually fulfilled atheist' sein kann, liefert er eine Steilvorlage.

[ ... ]

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Der Punkt ist doch schlicht der: Evolutionsbiologen bestreiten gar nicht, daß die Erklärungen der ET unvollständig sind. Sie lehnen nur die Forderungen der Evolutionsgegner ab, das Fehlen von Detailerklärungen oder mechanismische Ansätze, die nicht (im empiristischen Sinne) "aufzeigbar" sind, durch ein nicht näher spezifizierbares ID oder eine Schöpfung zu ersetzen, die nichts erklärt.

Exakt. Aber das war nicht der Punkt.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Wie Du es auch drehst und wendest: Evolutionskritik ist nicht ohne metaphysischen Klimbim zu haben. Andernfalls handelt es sich um eine wissenschaftsinterne Auseinandersetzung im Rahmen evolutionsbiologischer Forschungsprogramme.

Wobei man Naturalismus auch als 'metaphysischen Klimbim' bezeichnen könnte. Die Frage ist, ob man 'Wissenschaft' nur _innerparadigmatisch_ betreiben kann, oder ob man unter _Aufgabe_ des Naturalismus 'business as usual' betreiben kann. In unseren Augen macht das keinen Sinn, andere sehen kein Argument gegen einen Designer.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Kirschner, M.; Gerhart, J.C. (2005) 'The Plausibility of Life' New Haven, Yale University Press

Die gehen davon aus, dass vor ihrer Theorie die Entstehung von Neuheiten nicht bekannt war. Du weißt sicher auch, wie die von Wort und Wissen das als Wasser auf ihre Mühlen leiten.


Das Beispiel ist gut geeignet, um meinen Punkt zu verdeutlichen: Kirschner & Gerhart vertreten eine heterodoxe Auffassung im Rahmen der Evolutionsforschung und machen progressive Vorschläge zur Lösung mechanismischer Fragestellungen.

Junkers Punkt war, dass eingeräumt wird, dass es noch keine hinreichende Erklärung für die naturalistische Entstehung von Neuheiten gab. Nur darauf wollte ich hinaus.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Junker baut das Polyvalenz-Konzept in das GT-Modell ein und komplimentiert die offenen Fragen der ET in eine geheimnisvoll Übernatur hinaus.

Yepp. Das war die wie üblich insuffizente _positive_ Apologetik. Mein Punkt war die _negative_.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
- selbst dann nicht, wenn er auf "Lücken" im System, Stammbaumprobleme usw. verweist.

Und ID geht sogar, wie oben beschrieben, noch weiter: die erkennen den Stammbaum _an_, fordern aber einen Designer ein (der werkelt üblicherweise angeblich an den Stellen, an denen in Stammbäumen gestrichelte Linien zu finden sind). Diese Position ist nicht ganz taufrisch, unter Paläontologen war das schon vor dem zweiten Weltkrieg fast Standard.

Das ist aber nicht ID im Sinne von Lönnig, Demski & Co. (am ehesten noch die Auffassung von Behe.) , die ja die Faktizität von Makroevolution generell bestreiten.

Durch eine Lektüre der Arbeiten der genannten Autoren sollte sich diese Frage leicht klären lassen. Man kann aber durchaus 'Makroevolution' im Sinne von 'transspezifische Evolution' anerkennen, ohne 'Makroevolution' im Sinne von 'naturalistische Erklärung der Entstehung evolutiver Neuheiten' anzuerkennen. Dann bist Du wieder bei Schönborn: Deszendenz ja, Selektionstheorie nein. Und hast das Problem, dass Dir alle Argumente für Evolution als historische Tatsache oder Deszendenz gar nichts nützen, weil Deine Gegner nur verwundert sagen: 'das erkennen wir doch an, das ist nicht der Punkt'. Und spätestens dann merkst Du, dass es keinen Sinn macht, Kreationismus und ID in einen Topf zu rühren. Selbst wenn sich die deutschen Kreationisten als ID-ler präsentieren.
_________________
Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)

Der Christengott ist immens schwach!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen   Drucker freundliche Ansicht    Freigeisterhaus Foren-Übersicht -> Wissenschaft und Technik Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde
Gehe zu Seite Zurück  1, 2, 3 ... 10, 11, 12, 13  Weiter
Seite 11 von 13

 
Gehe zu:  
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.



Impressum & Datenschutz


Powered by phpBB © 2001, 2005 phpBB Group