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Erime registrierter User
Anmeldungsdatum: 30.01.2006 Beiträge: 207
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(#441632) Verfasst am: 31.03.2006, 01:39 Titel: Richard Dawkins als Philosoph |
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Der 30. Jahrestag des Erscheinens des Buches "Das egoistische Gen" von Richard Dawkins ist jüngst in England gefeiert worden ( http://www.edge.org/documents/archive/edge178.html#dawkins ). Zu diesem Anlaß erschien auch ein neuer Sammelband, unter anderem mit einem Beitrag des Philosophen Daniel C. Dennett, benannt " 'Das egoistische Gen' als philosophischer Essay". Der Anfang dieses Beitrages von Dennett ist sehr hübsch: "Wahrscheinlich läuft es den meisten Wissenschaftlern kalt den Rücken herunter bei der Aussicht darauf, daß eine ihrer Arbeiten als eine philosophische Abhandlung beschrieben würde: 'Du weißt wirklich wie Du einem Kerl Schmerzen zufügen kannst. Warum sagst Du nicht einfach, daß Du mit meiner Theorie nicht einverstanden bist, anstatt mich zu beleidigen?' "
Richard Dawkins nun antwortet darauf: "Nun, ein Denkansatz, so meine ich, in dem ich philosophisch bin, ist dieser: obwohl ich sehr interessiert daran bin, wie das Leben IST, so bin ich doch ebenso fasziniert von der Frage: 'Gibt es Aspekte des Lebens, die genau so sein MÜSSEN?' (...)
Nun, wenn man seine Wissenschaft schmalspurig an der Evidenz ausrichtet, würde man etwas nach der Art des folgenden sagen: 'Da man niemals Leben auf einem anderen Planeten als unserem gesehen hat, wie kann man möglicherweise irgendetwas darüber sagen, wie Leben universell sein könnte, auf anderen Planeten?' Oberflächlich klingt dies wie ein vernünftiger Einwand. Aber auf der anderen Seite muß es sicherlich EINIGE Dinge geben, von denen uns die Theorie sagt, daß sie so sein müssen. Und es kann nicht richtig sein, alles, was wir nicht mit unseren eigenen Augen sehen können, auszuschließen. (...)
Immer wenn ich einen Biochemiker treffe, ist die erste Frage, die ich ihm stelle: Würden Sie mir bitte eine alternative Biochemie entwerfen? (...)"
Ich habe hier die Ausführungen von Dawkins stark gekürzt. Die von ihm hier diskutierten Fragen sind jedenfalls genau jene Fragen, die Simon Conway Morris in seinem Buch "Life's Solution" noch viel ausführlicher und gründlicher behandelt hat.
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Halligstorch Skeptischer Schwärmer
Anmeldungsdatum: 02.02.2006 Beiträge: 1210
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(#442726) Verfasst am: 01.04.2006, 14:37 Titel: |
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Erime hat folgendes geschrieben: | 'Gibt es Aspekte des Lebens, die genau so sein MÜSSEN?' (...) |
Hallo Erime,
äußerst interessanter Thread, den Du hier aufgemacht hast! Ich befürchte, es reagiert keiner, weil eine vernünftige Reaktion zumindest die Lektüre Deines Links voraussetzt. Auch ich tue ich damit etwas schwer, weil ich gerade mehr an Impakten bzw. deren Wahrscheinlichkeit interessiert bin.
Man könnte die Frage natürlich so beantworten: Wenn das Leben geschöpft ist, könnte es einmalig sein, weil 'der Schöpfer' eine unerklärliche Vorliebe für den Planeten Erde hat oder es kann überall völlig anders sein, weil 'der Schöpfer' einen Faible für Freilandexperimente hat.
Wenn das Leben nicht geschöpft ist, würde ich mal behaupten, dass es überall so wie auf der Erde messy, d. h. unsauber ist, also das Gegenteil von dem, was man in dem klinisch sauberen und sterilen Raumschiff "Enterprise" als Vison geboten bekommt.
D. h. ins 'unreine' gesprochen: Es gibt keine klaren Grenzen zwischen 'Arten' oder immer mal wieder so komische Konstrukte wie Schnabeltiere, die man eigentlich nicht so richtig zuordnen kann. Und es wird Parasitismus und Symbiosen geben.
Wenn dieser Beitrag nicht so stark nach der derzeitigen Diskussion um Evolution contra Schöpfung und unserer irdischen Biochemie riechen würde, könnte man ihn fast als gelungen bezeichnen...
Gruß
Halligstorch
_________________ »Monotheisten, Fundamentalisten, Kreationisten sind nur dann gefährlich, wenn sie sich von der Intoleranz heutiger Atheisten anstecken lassen und wie diese Atheisten auf eine einzige Wahrheit für alle bestehen.«
Richard Rorty, amerikanischer Philosoph
http://www.kritische-naturgeschichte.de
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#442728) Verfasst am: 01.04.2006, 14:42 Titel: |
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Ich denke ganz klar, dass sich einige Ansätze Dawkins mehr als philosophische denn als biologische Konzepte eignen, aber es stellt sich ohnehin die Frage, warum wissenschaftliche Konzepte nicht philosophisch sein wollten.
Grade "Das egoistische Gen", aber auch die Memetik sehe ich hier als Musterbeispiele für einen mehr philosophierenden denn forschenden Wissenschaftler (was nicht so negativ gemeint ist, wie es vielleicht klingt).
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Erime registrierter User
Anmeldungsdatum: 30.01.2006 Beiträge: 207
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(#442781) Verfasst am: 01.04.2006, 16:29 Titel: |
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Ja, ich merke grade: Das Aufmachen eines neuen Threads ist vielleicht missverstaendlich, denn man glaubt: da haette was "zur Diskussion" gestellt werden sollen.
Vielleicht haette ich die neuen Informationen einfach in einen alten Thread hinein tun sollen, zum Beispiel dem zum Conway Morris.
- Ich meine halt so: Wenn einem neue Informationen uebermittelt werden, muss man das ja nicht immer gleich als eine Aufforderung empfinden, dass jetzt und sofort dazu ein Kommentar wuenschenswert waere.
Es muss meiner Meinung nach nicht gleich ueber alles sofort geredet werden. Vielleicht hat der eine oder andere die Information aufgenommen und kommt in drei Wochen, drei Monaten oder drei Jahren in anderen Zusammenhaengen darauf zurueck, weil er merkt, dass diese Information in anderen Zusammenhaengen neuen Sinn macht ... - So zum Beispiel?
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#442854) Verfasst am: 01.04.2006, 20:09 Titel: |
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Diskussion ist nunmal das grundlegende Wesen sowohl von Diskussionsforen wie auch des Wissenschaftsbetriebes.
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Halligstorch Skeptischer Schwärmer
Anmeldungsdatum: 02.02.2006 Beiträge: 1210
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(#442906) Verfasst am: 01.04.2006, 21:18 Titel: |
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Shadaik hat folgendes geschrieben: | Diskussion ist nunmal das grundlegende Wesen sowohl von Diskussionsforen wie auch des Wissenschaftsbetriebes.  |
Klingt irgendwie plausibel.
_________________ »Monotheisten, Fundamentalisten, Kreationisten sind nur dann gefährlich, wenn sie sich von der Intoleranz heutiger Atheisten anstecken lassen und wie diese Atheisten auf eine einzige Wahrheit für alle bestehen.«
Richard Rorty, amerikanischer Philosoph
http://www.kritische-naturgeschichte.de
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Erime registrierter User
Anmeldungsdatum: 30.01.2006 Beiträge: 207
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(#443065) Verfasst am: 02.04.2006, 01:14 Titel: |
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Shadaik hat folgendes geschrieben: | Diskussion ist nunmal das grundlegende Wesen sowohl von Diskussionsforen wie auch des Wissenschaftsbetriebes.  |
Vollkommen einverstanden. Aber ZU viel Diskussion toetet sich auch selbst, bzw. den Wissenschaftsbetrieb. Man muss immer erst einmal "Diskussionsbedarf" und "Diskussionsstoff" sich "ansammeln" lassen, damit sinnvoller Austausch moeglich wird.
Ich glaube, man sollte sich ein bischen frei machen von dem Zwang, ueber alles und jedes disktuieren zu muessen. Sich gegenseitig sinnvolle "Informationsbrocken" zuwerfen, nachdem man aus frueheren Diskussionen so einigermassen einordnen kann, in welche Zusammenhaenge der "Werfende" die Brocken gestellt sehen moechte, koennte da oft viel sinnvoller sein.
Vielleicht auch mal als Anregung ueberhaupt an die Moderatoren vom Freigeisterhaus. Vielleicht sollte man schwerpunktmaessige blosse Nachrichten-Uebermittlung irgendwie optisch klarer trennen koennen von Beitraegen, die ausdruecklich Diskussion "provozieren" wollen (ich selbst jedenfalls will das immer weniger ...).
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alfons Bär
Anmeldungsdatum: 24.04.2005 Beiträge: 1167
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(#447145) Verfasst am: 07.04.2006, 20:53 Titel: |
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Nun, im "Egoistischen Gen" gibt es eine Reihe von Ansätzen, die zu philosophischen Problemen führen. Da ist nicht nur die von Dawkins genannte Frage "Gibt es Aspekte des Lebens, die genau so sein müssen?"
Mich fasziniert zum Beispiel die Frage, ob Individualität, wie wir sie als Gefühl der eigenen Einmaligkeit verstehen, mehr sein kann als nur der Überlebensmechanismus einer Vielheit von Genen. Wenn Dawkins sagt "Ich persönlich ziehe es vor, mir den Körper als eine Kolonie von Genen vorzustellen (...) und dann fortfährt: "Subjektiv empfinde ich mich als Einheit, nicht als Kolonie. Das ist zu erwarten. Die Selektion hat Gene begünstigt, die mit anderen zusammenarbeiten" (Seite 91) - dann stellt sich schon die Frage, welcher Anteil der gefühlten Individualität eines Menschen nur Ergrebnis einer Überlebensstrategie eines gut kooperierenden Genhaufens ist.
Dawkins wischt das Problem, kaum dass er es angesprochen hat, wieder fort. Aber ich halte es schon ein Thema, das zu philosophischem Nachdenken anregt.
Alfons
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