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Bischof Wolfgang Huber und der Rechtsstaat

 
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#456332) Verfasst am: 20.04.2006, 22:26    Titel: Bischof Wolfgang Huber und der Rechtsstaat Antworten mit Zitat

taz hat folgendes geschrieben:
Huber glaubt an Gemeinschaftstat

Bischof Wolfgang Huber hat den Mord an der Deutschtürkin Hatun Sürücü als "ein kollektives Verbrechen einer ganzen Familie" angeprangert. Das Wort "Ehrenmord" nehme er in diesem Zusammenhang "nicht einmal in Anführungszeichen in den Mund", sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in einem Zeitungsinterview. [...] Das individuelle Strafrecht antworte nur sehr unzureichend auf ein kollektives Verbrechen. [...] Die beiden Brüder treffe in jedem Fall eine moralische Schuld, sagte Huber: "Dass sie an dieser Tat beteiligt waren, steht für mich fest."

Kleine Anmerkung: die taz ist hier meiner Meinung nach nicht präzise, denn das Interview gab Huber nicht einer Zeitung, sondern der BILD.

Für diese Aussagen hat Huber, meiner Meinung nach völlig zu Recht, in der Presse ziemlich einen auf den Deckel bekommen. Beispiel:

Berliner Zeitung - Kommentar "Lauter Brandredner" hat folgendes geschrieben:
[...] Ein Gericht hat gesprochen, den Täter nach Maßgabe des geltenden Rechts schwer bestraft, die mitangeklagten Brüder aber freigesprochen aus Mangel an Beweismitteln. Damit ist zunächst getan, was der Staat tun kann. Was kneift die talking heads des Landes so sehr? Es war ein schreckliches Verbrechen, zweifellos. Der Charakter der Hinrichtung, den Ayhan Sürücü seiner Tat gab, empört in seiner moralischen Überhebung.

[...]

Es ist der bellende Ton, die Bereitschaft zur bösen Unterstellung, die beunruhigen muss. Der Berliner Landesbischof Huber, von der Bild-Zeitung befragt, ob er an die Unschuld der freigesprochenen Brüder glaube, antwortete: "Nein, eine moralische Schuld trifft sie in jedem Fall. Dass sie an dieser Tat beteiligt waren, steht für mich fest." Was kann das heißen? Was weiß Huber, was das Gericht nicht wusste? Er weiß vermutlich nichts, nicht mehr als jeder von uns. Aber er hat eine Meinung: "In dem Fall muss man ... annehmen, dass es sich um ein kollektives Verbrechen einer ganzen Familie handelt." Warum muss man das annehmen? Offenbar, weil der Türke/Muslim/Orientale so ist. Nicht auszuschließen, dass der Fall Sürücü sich zugetragen hat, wie von Huber unterstellt. Aber aus einem Verdacht eine Gewissheit zu machen, weil die Verdächtigen Fremde sind, das ist schändlich.

[...]

Der Mord an Hatun Sürücü war grässlich. Doch nicht weit dahinter in der Grässlichkeit kommen die Brandreden derer, die auf einen einzelnen Mord mit der Aufkündigung des inneren Friedens drohen.
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Hatuey
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Anmeldungsdatum: 26.02.2004
Beiträge: 2821

Beitrag(#456478) Verfasst am: 21.04.2006, 06:17    Titel: Antworten mit Zitat

Bischof Huber liegt mit dieser Meinung richtig, man darf sagen, die ganze Familie habe den Mord in Auftrag gegeben und den jüngsten Sohn als Henker ausgewählt. Wir leben zwar in einem Rechtsstaat, aber solche Machenschaften sind genauso untragbar, wie Aktivitäten von Neonazis.
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#456480) Verfasst am: 21.04.2006, 06:29    Titel: Antworten mit Zitat

Ich glaube auch nicht, dass die Brüder unschuldig waren. Und diese Meinung kann ich äußern. Ich bin nämlich kein Gericht. Abgesehen davon müssen sich Gerichte als gesellschaftliche Institutionen gefallen lassen, dass sich Bürger über ihre Arbeit Gedanken machen und unterhalten.
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Heike J
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 26284

Beitrag(#456501) Verfasst am: 21.04.2006, 09:08    Titel: Antworten mit Zitat

Da die BILD-Zeitung regelmäßig Zitate nach ihrem Belieben verfälscht und fälscht, ist es müßig, über diese Zitate Hubers überhaupt zu diskutieren.
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matthias
Gefährder



Anmeldungsdatum: 10.05.2005
Beiträge: 1386
Wohnort: Rechts der Böhme

Beitrag(#456502) Verfasst am: 21.04.2006, 09:12    Titel: Antworten mit Zitat

Heike Jackler hat folgendes geschrieben:
Da die BILD-Zeitung regelmäßig Zitate nach ihrem Belieben verfälscht und fälscht, ist es müßig, über diese Zitate Hubers überhaupt zu diskutieren.

Stimmt. Ein Zitat von mir haben die auch schon mal verfälscht. zynisches Grinsen Mit den Augen rollen Lachen
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#456561) Verfasst am: 21.04.2006, 11:44    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Ich glaube auch nicht, dass die Brüder unschuldig waren. Und diese Meinung kann ich äußern. Ich bin nämlich kein Gericht.

1. Du bist nicht Bischof Huber, sprich, Du bist keine Person des öffentlichen Lebens. Ich habe keine Lust, Dir den Unterschied zu erklären, ich denke, Du weißt das selber.
2. Es wäre schön, wenn Du Deine Meinung begründen könntest. Ansonsten ist es nämlich ein reiner Glaube.
3. Wenn es reiner Glaube ist, der nicht durch Fakten fundiert ist, dann kann ich auch glauben, dass Wygotsky ein Kinderschänder ist. Und diese Meinung kann ich äußern, oder?

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Abgesehen davon müssen sich Gerichte als gesellschaftliche Institutionen gefallen lassen, dass sich Bürger über ihre Arbeit Gedanken machen und unterhalten.

Darum geht es hier aber gar nicht. Strohmann.

Frank hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Berliner Zeitung - Es ist der bellende Ton, die Bereitschaft zur bösen Unterstellung, die beunruhigen muss.

Hach Gottchen, jetzt kommen die politisch korrekten Bedenkenträger auf den Plan.

Dieses intellektuell fundierte und schlagkräftige Argument beeindruckt mich immer wieder über alle Maßen. Echt toll, Hut ab.

Heike Jackler hat folgendes geschrieben:
Da die BILD-Zeitung regelmäßig Zitate nach ihrem Belieben verfälscht und fälscht, ist es müßig, über diese Zitate Hubers überhaupt zu diskutieren.

Stimmt, die BILD-"Zeitung" verfälscht oft Zitate. In diesem Falle ist es so, dass die Äußerungen durchaus ein großes Medienecho hervorgerufen haben. Falls die Zitate falsch sind, werden wir es daher bestimmt bald erfahren.
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Heike J
registrierter User



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 26284

Beitrag(#456565) Verfasst am: 21.04.2006, 11:54    Titel: Antworten mit Zitat

Es ist zumindest in den anderen Zeitungen verkürzt wiedergegeben worden. Ich weiß nicht, wie es in der Bild stand. Hier der entsprechende Ausschnitt des Gesprächs:

Zitat:
"Nein, eine moralische Schuld trifft sie in jedem Fall. Daß sie an dieser Tat beteiligt waren, steht für mich fest. Aber ich habe Respekt gegenüber der Justiz, die eindeutige Beweise braucht. Jetzt ist Revision eingelegt worden, man muß sehen, ob das Verfahren neu aufgerollt wird."
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matthias
Gefährder



Anmeldungsdatum: 10.05.2005
Beiträge: 1386
Wohnort: Rechts der Böhme

Beitrag(#456579) Verfasst am: 21.04.2006, 12:12    Titel: Antworten mit Zitat

Danke, Heike, für die Vervollständigung des Zitats.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Ich glaube auch nicht, dass die Brüder unschuldig waren. Und diese Meinung kann ich äußern. Ich bin nämlich kein Gericht.

1. Du bist nicht Bischof Huber, sprich, Du bist keine Person des öffentlichen Lebens. Ich habe keine Lust, Dir den Unterschied zu erklären, ich denke, Du weißt das selber.

Dann erkläre es bitte mir, insbesondere, wie sich das auf das Recht, seine persönliche Meinung zu äußern, auswirkt.

Ich gebe außerdem zu bedenken, daß jeder Mensch verschiedene Rollen einnehmen kann, auch Bischof Huber, der sich nicht nur auf die Rolle der öffentlichen Person reduzieren lassen muß.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
2. Es wäre schön, wenn Du Deine Meinung begründen könntest. Ansonsten ist es nämlich ein reiner Glaube.

Nicht nur aus erkenntnistheoretischer Sicht dürfte es schwierig sein, alles zu begründen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
3. Wenn es reiner Glaube ist, der nicht durch Fakten fundiert ist, dann kann ich auch glauben, dass Wygotsky ein Kinderschänder ist. Und diese Meinung kann ich äußern, oder?

Ich fände es besser, wenn wir uns über Theorien über Fakten unterhielten. Ich halte das auch im Hinblick auf die Beurteilung von Gerichtsverfahren für sinnvoller.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Abgesehen davon müssen sich Gerichte als gesellschaftliche Institutionen gefallen lassen, dass sich Bürger über ihre Arbeit Gedanken machen und unterhalten.

Darum geht es hier aber gar nicht. Strohmann.

ME geht es auch darum. Warum willst Du das Thema unnötig einengen?
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AgentProvocateur
registrierter User



Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#456637) Verfasst am: 21.04.2006, 13:24    Titel: Antworten mit Zitat

matthias hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Ich glaube auch nicht, dass die Brüder unschuldig waren. Und diese Meinung kann ich äußern. Ich bin nämlich kein Gericht.
1. Du bist nicht Bischof Huber, sprich, Du bist keine Person des öffentlichen Lebens. Ich habe keine Lust, Dir den Unterschied zu erklären, ich denke, Du weißt das selber.

Dann erkläre es bitte mir, insbesondere, wie sich das auf das Recht, seine persönliche Meinung zu äußern, auswirkt.

Von Personen des öffentlichen Lebens erwartet man eine gewisse Vernünftigkeit und diese Person hat eine gewisse Vorbildfunktion. Besonders in diesem Fall, in dem die Person ein hoher Würdenträger einer der großen Kirchen ist, welche ja von sich eine besondere moralische Integrität behaupten.

Beispiel: nehmen wir an, der (fiktive) Maurer Silvio K. aus Berlin-Pankow würde in der BILD sagen: "Sexualtätern muss man die Eier abschneiden!", dann würde man das zur Kenntnis nehmen, nicht besonders begeistert natürlich, aber so etwas gibt es eben leider. Würde aber die Bundeskanzlerin Angela M. denselben Ausspruch in der BILD tätigen, dann würde man das anders bewerten, oder?

matthias hat folgendes geschrieben:
Ich gebe außerdem zu bedenken, daß jeder Mensch verschiedene Rollen einnehmen kann, auch Bischof Huber, der sich nicht nur auf die Rolle der öffentlichen Person reduzieren lassen muß.

Wenn Bischof Huber in der BILD ein Interview gibt und dort über Politik und Gesellschaft redet, dann tut er das als Privatmann? Das ist nicht Dein Ernst, oder? Huber ist ein Privatmann, wenn er abends in der Kneipe vor seinen Freunden seine Meinung kundtut. Das sei ihm auch zugestanden.

matthias hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
2. Es wäre schön, wenn Du Deine Meinung begründen könntest. Ansonsten ist es nämlich ein reiner Glaube.

Nicht nur aus erkenntnistheoretischer Sicht dürfte es schwierig sein, alles zu begründen.

Ich habe nicht gefordert, alles zu begründen, oder? Was willst Du jetzt damit sagen? Man kann nicht alles begründen, deswegen brauchen wir gar nix zu begründen?

matthias hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
3. Wenn es reiner Glaube ist, der nicht durch Fakten fundiert ist, dann kann ich auch glauben, dass Wygotsky ein Kinderschänder ist. Und diese Meinung kann ich äußern, oder?

Ich fände es besser, wenn wir uns über Theorien über Fakten unterhielten. Ich halte das auch im Hinblick auf die Beurteilung von Gerichtsverfahren für sinnvoller.

"Theorien über Fakten"? Keine Ahnung, was Du meinst.

matthias hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Abgesehen davon müssen sich Gerichte als gesellschaftliche Institutionen gefallen lassen, dass sich Bürger über ihre Arbeit Gedanken machen und unterhalten.
Darum geht es hier aber gar nicht. Strohmann.
ME geht es auch darum. Warum willst Du das Thema unnötig einengen?

Weder hat Huber das Gericht kritisiert, noch hat er gesagt, dass man das tun soll oder nicht tun darf. Ich auch nicht. Gerichte und Gerichtsverfahren und das Strafrecht darf und soll man kritisieren. Nur fände ich es schön, wenn man für diese Kritik auch Argumente hätte und sich nicht auf einen diffusen, nicht hinterfragbaren Glauben beruft ("ich glaube, der Bürger XY ist eine dumme Sau und ein übler Verbrecher").

Nehmen wir doch einfach mal ein anderes Beispiel. Gregor Gysi wurde vor Gericht von dem Verdacht, ein IM zu sein, freigesprochen. Darf nun eine Person des öffentlichen Lebens, zum Beispiel Schäuble, in einem Interview sagen: "er ist zwar freigesprochen, aber ich glaube trotzdem, dass er ein übler Stasi-Agent war."? Ich denke nicht.
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Nordseekrabbe
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Beiträge: 31152
Wohnort: Dresden

Beitrag(#456643) Verfasst am: 21.04.2006, 13:30    Titel: Antworten mit Zitat

Heike Jackler hat folgendes geschrieben:
Da die BILD-Zeitung regelmäßig Zitate nach ihrem Belieben verfälscht und fälscht, ist es müßig, über diese Zitate Hubers überhaupt zu diskutieren.


Jupps, die Methoden der BILD-Zeitung sind sowas von perfide. Ich kann nicht mehr nachvollziehen, dass ein solches Schundblatt mit platten Etiketten überhaupt noch Leser findet. Böse
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Nordseekrabbe
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 31152
Wohnort: Dresden

Beitrag(#456645) Verfasst am: 21.04.2006, 13:31    Titel: Antworten mit Zitat

matthias hat folgendes geschrieben:
Heike Jackler hat folgendes geschrieben:
Da die BILD-Zeitung regelmäßig Zitate nach ihrem Belieben verfälscht und fälscht, ist es müßig, über diese Zitate Hubers überhaupt zu diskutieren.

Stimmt. Ein Zitat von mir haben die auch schon mal verfälscht. zynisches Grinsen Mit den Augen rollen Lachen


Welches bzw. um was ging es denn? Frage
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Anmeldungsdatum: 03.08.2004
Beiträge: 27897
Wohnort: Hamburg

Beitrag(#456677) Verfasst am: 21.04.2006, 14:31    Titel: Antworten mit Zitat

Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:

Jupps, die Methoden der BILD-Zeitung sind sowas von perfide. Ich kann nicht mehr nachvollziehen, dass ein solches Schundblatt mit platten Etiketten überhaupt noch Leser findet. Böse


Das richtige Wor lautet Betrachter.

Die BILD liest man nicht, man betrachtet sie! freakteach
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matthias
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Anmeldungsdatum: 10.05.2005
Beiträge: 1386
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Beitrag(#456678) Verfasst am: 21.04.2006, 14:41    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Von Personen des öffentlichen Lebens erwartet man eine gewisse Vernünftigkeit und diese Person hat eine gewisse Vorbildfunktion. Besonders in diesem Fall, in dem die Person ein hoher Würdenträger einer der großen Kirchen ist, welche ja von sich eine besondere moralische Integrität behaupten.

Dieser allgemeinen Aussage kann ich voll und ganz zustimmen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Beispiel: nehmen wir an, der (fiktive) Maurer Silvio K. aus Berlin-Pankow würde in der BILD sagen: "Sexualtätern muss man die Eier abschneiden!", dann würde man das zur Kenntnis nehmen, nicht besonders begeistert natürlich, aber so etwas gibt es eben leider. Würde aber die Bundeskanzlerin Angela M. denselben Ausspruch in der BILD tätigen, dann würde man das anders bewerten, oder?

Ich nehme an, wir beide sind uns einig, daß dies kein adäquates Beispiel für den angegriffenen Sachverhalt ist. Das andere weiter unten finde ich hierfür besser geeignet.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
Ich gebe außerdem zu bedenken, daß jeder Mensch verschiedene Rollen einnehmen kann, auch Bischof Huber, der sich nicht nur auf die Rolle der öffentlichen Person reduzieren lassen muß.

Wenn Bischof Huber in der BILD ein Interview gibt und dort über Politik und Gesellschaft redet, dann tut er das als Privatmann? Das ist nicht Dein Ernst, oder? Huber ist ein Privatmann, wenn er abends in der Kneipe vor seinen Freunden seine Meinung kundtut. Das sei ihm auch zugestanden.

Bischof Huber sagt: "… steht für mich fest …". Diese rein subjektive Einschätzung hat Huber expressiv verbis als solche kenntlich gemacht, so daß man ihm nicht unterstellen sollte, er wolle hier normieren, wofür er nicht kompetent sei. Das wird im Vollzitat noch deutlicher.

Im Ergebnis hat Huber also teils entgegen seinen sonstigen Gewohnheiten nicht auf eine allgemein hinzunehmende Akzeptanz abgestellt — was dieses spezielle Zitat angeht. Ich finde, das ist sein gutes Recht. Er kann auch in der Öffentlichkeit seine ganz persönliche Meinung sagen — was sonst sagt er?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
2. Es wäre schön, wenn Du Deine Meinung begründen könntest. Ansonsten ist es nämlich ein reiner Glaube.

Nicht nur aus erkenntnistheoretischer Sicht dürfte es schwierig sein, alles zu begründen.

Ich habe nicht gefordert, alles zu begründen, oder? Was willst Du jetzt damit sagen? Man kann nicht alles begründen, deswegen brauchen wir gar nix zu begründen?

Nein, natürlich nicht. Erstens wollte ich nur andeuten, daß selbst nach einer Kette von Begründungen noch Unbegründetes bleibt, zweitens, daß von vornherein Teile einer Meinung einer nachvollziehbaren Begründung für andere unzugänglich sein können.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
3. Wenn es reiner Glaube ist, der nicht durch Fakten fundiert ist, dann kann ich auch glauben, dass Wygotsky ein Kinderschänder ist. Und diese Meinung kann ich äußern, oder?

Ich fände es besser, wenn wir uns über Theorien über Fakten unterhielten. Ich halte das auch im Hinblick auf die Beurteilung von Gerichtsverfahren für sinnvoller.

"Theorien über Fakten"? Keine Ahnung, was Du meinst.

Ich meine damit vor allem, daß das Gericht erst herausfinden muß, was es als Faktum werten kann und was nicht. Naturgemäß gibt es gerade vor Gericht sehr unterschiedliche Auffassungen, also Theorien, und letztens Endes muß der Richter nach bestimmten Kriterien entscheiden, welche Theorie zu bevorzugen sei. Natürlich hängt hier vieles vom Grad der Offenkundigkeit ab, doch als Theorie ist ja zunächst zulässig, was noch nicht falsifiziert ist.

Im vorliegenden Fall hat das Gericht die behaupete Mitschuld der schließlich Freigesprochenen ja auch nicht falsifiziert, so daß konkurrierende Auffassungen zur Entscheidung des Gerichtes, die nicht offenkundig falsch, widersinnig oder anderweitig indiskutabel sind, mE auch in der Öffentlichkeit vertreten werden können, solange dieser Standpunkt auch als solcher gekennzeichnet wird.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Abgesehen davon müssen sich Gerichte als gesellschaftliche Institutionen gefallen lassen, dass sich Bürger über ihre Arbeit Gedanken machen und unterhalten.
Darum geht es hier aber gar nicht. Strohmann.
ME geht es auch darum. Warum willst Du das Thema unnötig einengen?

Weder hat Huber das Gericht kritisiert, noch hat er gesagt, dass man das tun soll oder nicht tun darf. Ich auch nicht. Gerichte und Gerichtsverfahren und das Strafrecht darf und soll man kritisieren. Nur fände ich es schön, wenn man für diese Kritik auch Argumente hätte und sich nicht auf einen diffusen, nicht hinterfragbaren Glauben beruft ("ich glaube, der Bürger XY ist eine dumme Sau und ein übler Verbrecher").

Bischof Huber hat sich eindeutig zur Rolle der Justiz geäußert:
Zitat:
Aber ich habe Respekt gegenüber der Justiz, die eindeutige Beweise braucht. Jetzt ist Revision eingelegt worden, man muß sehen, ob das Verfahren neu aufgerollt wird.

Nichts anderes hat Wygotsky gesagt: daß man sich über die Arbeit der Gerichte Gedanken machen kann und unterhält. Außerdem hat er nur von "sich gefallen lassen" gesprochen. Daß die Unterhaltung eine Kritik gebiert, ist ja nur eine mögliche Folge davon.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nehmen wir doch einfach mal ein anderes Beispiel. Gregor Gysi wurde vor Gericht von dem Verdacht, ein IM zu sein, freigesprochen. Darf nun eine Person des öffentlichen Lebens, zum Beispiel Schäuble, in einem Interview sagen: "er ist zwar freigesprochen, aber ich glaube trotzdem, dass er ein übler Stasi-Agent war."? Ich denke nicht.

Ich denke, er darf es. Der Staatsanwalt, der vorher möglicherweise auf die Schuld von Gysi plädiert hat, muß seinen Standpunkt mE auch weiterhin vertreten können, solange das als eigene Meinung klar gemacht wird. Gerichtsurteile sind überdies prinzipiell fehlbar, warum sollte also eine anderslautende Meinung grundsätzlich unerwünscht sein? Überzeugungen kann man nicht verordnen, das hielte ich meinem Verständnis eines Rechtsstaates auch nicht für dienlich. Solange Schäuble Gysi nicht einen Stasi-Agenten nennt (ohne sich auf neue Beweise oder Indizien zu berufen) oder Handlungen ausführt, die ein Nichtanerkennen des Urteils vermuten lassen, habe ich zunächst keine Probleme mit dieser Haltung.

Apropos Schäuble: Da war mal was mit 100.000 DM. Er wurde dafür nie formell zur Rechenschaft gezogen und ist heute wieder Bundesinnenminister. Darf Gregor Gysi trotzdem glauben, daß sich Schäuble damals inkorrekt, vielleicht sogar strafbar verhalten hat?

Matthias
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matthias
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Beitrag(#456683) Verfasst am: 21.04.2006, 14:51    Titel: Antworten mit Zitat

Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
Heike Jackler hat folgendes geschrieben:
Da die BILD-Zeitung regelmäßig Zitate nach ihrem Belieben verfälscht und fälscht, ist es müßig, über diese Zitate Hubers überhaupt zu diskutieren.

Stimmt. Ein Zitat von mir haben die auch schon mal verfälscht. zynisches Grinsen Mit den Augen rollen Lachen

Welches bzw. um was ging es denn? Frage

Da lief mal ein schlecht frisierter und rasierter Typ von der BILD auf dem Campus rum und hat O-Töne zum Thema "Studiengebühren" gesammelt. Ich habe mich dann bereit erklärt, schon wissend, daß er für das genannte Periodikum arbeitete.

Meine Meinung war sinngemäß folgende: "Man darf über alle Modelle diskutieren, soll das Thema Studiengebühren also nicht a priori verwerfen. Allerdings sollte kein Modell umgesetzt werden, das zur Folge hätte, daß bestimmte Personengruppen von der Aufnahme eines Studiums praktisch abgehalten würden."

In der BILD stand dann neben einem Foto von mir sinngemäß: "Studenten können ruhig was Eigenes zum Studium beitragen. Aber 500 € [darum ging es damals] sind zuviel."
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Wohnort: Berlin

Beitrag(#456700) Verfasst am: 21.04.2006, 15:52    Titel: Antworten mit Zitat

matthias hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Beispiel: nehmen wir an, der (fiktive) Maurer Silvio K. aus Berlin-Pankow würde in der BILD sagen: "Sexualtätern muss man die Eier abschneiden!", dann würde man das zur Kenntnis nehmen, nicht besonders begeistert natürlich, aber so etwas gibt es eben leider. Würde aber die Bundeskanzlerin Angela M. denselben Ausspruch in der BILD tätigen, dann würde man das anders bewerten, oder?

Ich nehme an, wir beide sind uns einig, daß dies kein adäquates Beispiel für den angegriffenen Sachverhalt ist. Das andere weiter unten finde ich hierfür besser geeignet.

Du hast mich gefragt, was der Unterschied einer Aussage einer Person des öffentlichen Lebens und einer Aussage eines "Mannes von der Straße" sei. Dafür war das Beispiel gedacht, nicht dafür, den hier eigentlich diskutierten Sachverhalt abzubilden.

matthias hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
Ich gebe außerdem zu bedenken, daß jeder Mensch verschiedene Rollen einnehmen kann, auch Bischof Huber, der sich nicht nur auf die Rolle der öffentlichen Person reduzieren lassen muß.

Wenn Bischof Huber in der BILD ein Interview gibt und dort über Politik und Gesellschaft redet, dann tut er das als Privatmann? Das ist nicht Dein Ernst, oder? Huber ist ein Privatmann, wenn er abends in der Kneipe vor seinen Freunden seine Meinung kundtut. Das sei ihm auch zugestanden.

Bischof Huber sagt: "… steht für mich fest …". Diese rein subjektive Einschätzung hat Huber expressiv verbis als solche kenntlich gemacht, so daß man ihm nicht unterstellen sollte, er wolle hier normieren, wofür er nicht kompetent sei. Das wird im Vollzitat noch deutlicher.

Das Interview gibt es hier. Da es BILD ist, wissen wir nicht, ob es buchstäblich wiedergegeben ist. Aber wir müssen erst einmal davon ausgehen.

Deine Unterscheidung zwischen subjektiver und objektiver Einschätzung empfinde ich als Haarspalterei. Eine Einschätzung ist immer subjektiv, so what. Ich darf Dich nicht ohne gute Gründe als verdammenswerten Triebtäter bezeichnen, dabei macht es IMHO keinen Unterschied, ob ich sage: "Du bist ein Triebtäter" oder ob ich sage: "Es steht für mich fest, dass Du ein Triebtäter bist".

matthias hat folgendes geschrieben:
Im Ergebnis hat Huber also teils entgegen seinen sonstigen Gewohnheiten nicht auf eine allgemein hinzunehmende Akzeptanz abgestellt — was dieses spezielle Zitat angeht. Ich finde, das ist sein gutes Recht. Er kann auch in der Öffentlichkeit seine ganz persönliche Meinung sagen — was sonst sagt er?

Er verurteilt Leute moralisch, ohne dafür gute Gründe zu nennen. Das ist meiner Meinung nach nicht zulässig.

Matthias hat folgendes geschrieben:
Im vorliegenden Fall hat das Gericht die behaupete Mitschuld der schließlich Freigesprochenen ja auch nicht falsifiziert, so daß konkurrierende Auffassungen zur Entscheidung des Gerichtes, die nicht offenkundig falsch, widersinnig oder anderweitig indiskutabel sind, mE auch in der Öffentlichkeit vertreten werden können, solange dieser Standpunkt auch als solcher gekennzeichnet wird.

Das bedeutet, im Zweifel gegen den Angeklagten? Die Angeklagten müssen ihre Unschuld zweifelsfrei beweisen und solange sie das nicht getan haben, darf man ihnen einfach alles unterstellen, einfach so? Das kann ja wohl nicht sein.

Matthias hat folgendes geschrieben:
Bischof Huber hat sich eindeutig zur Rolle der Justiz geäußert:
Zitat:
Aber ich habe Respekt gegenüber der Justiz, die eindeutige Beweise braucht. Jetzt ist Revision eingelegt worden, man muß sehen, ob das Verfahren neu aufgerollt wird.

Nichts anderes hat Wygotsky gesagt: daß man sich über die Arbeit der Gerichte Gedanken machen kann und unterhält. Außerdem hat er nur von "sich gefallen lassen" gesprochen. Daß die Unterhaltung eine Kritik gebiert, ist ja nur eine mögliche Folge davon.

Hm, ich verstehe nicht ganz, worauf Du hinauswillst. Klar kann man Gerichte und Gerichtsurteile kritisieren. Man darf aber nicht Leute aufgrund eines reinen Bauchgefühls moralisch verurteilen.


Huber hat übrigens folgendes zur Rolle der Justiz gesagt:

Huber laut BILD hat folgendes geschrieben:
In dem Fall muß man zusätzlich annehmen, daß es sich um ein kollektives Verbrechen einer ganzen Familie handelt. Darauf antwortet unser individuelles Strafrecht nur sehr unzureichend.

"Man muss annehmen". Warum muss man annehmen? Er weiß es nicht, er behauptet es einfach. Und "unzureichend" bedeutet, dass er etwas geändert sehen will. Allerdings sagt er nicht, was, das bleibt der Interpretation des Lesers überlassen.

Matthias hat folgendes geschrieben:
Solange Schäuble Gysi nicht einen Stasi-Agenten nennt (ohne sich auf neue Beweise oder Indizien zu berufen) oder Handlungen ausführt, die ein Nichtanerkennen des Urteils vermuten lassen, habe ich zunächst keine Probleme mit dieser Haltung.

Bist Du Jurist? Mir als Nicht-Juristen will dieser feine Unterschied nicht einleuchten. Für mich bleibt es üble Nachrede, egal, ob jemand es als seine persönliche Meinung darstellt oder der Aussage einen Anstrich von Objektivität gibt.

Matthias hat folgendes geschrieben:
Apropos Schäuble: Da war mal was mit 100.000 DM. Er wurde dafür nie formell zur Rechenschaft gezogen und ist heute wieder Bundesinnenminister. Darf Gregor Gysi trotzdem glauben, daß sich Schäuble damals inkorrekt, vielleicht sogar strafbar verhalten hat?

Es geht hier nicht darum, was jemand glaubt oder nicht glaubt. Jeder soll doch glauben, was er will. Es geht vielmehr darum, ob man über jemanden den moralischen Stab brechen darf oder ihm gar eine verabscheuungswürdige verbrecherische Gesinnung unterstellen darf, ohne das schlüssig begründen zu können.
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11433

Beitrag(#456726) Verfasst am: 21.04.2006, 16:42    Titel: Antworten mit Zitat

Ehrenmorde, bei denen ein möglichst jüngeres, da weniger von langjährigen Strafen bedrohtes, Mitglied der Familie, welche ein störendes bzw zur Schande gewordenes Element zu beseitigen gedenkt, als Mörder auserkoren werden, sind nichts neues.
Besonders in Europa wo in diesen Angelegenheiten nicht so schnell ein Auge zugedrückt wird wie zB in bestimmten Gebieten der Türkei oder div. islamischen Diktaturen.
Es ist anzunehmen das es in diesem Fall ebenso abgelaufen ist.

Wie aber kann man nun der Anstifter, die dann die selbe Strafe wie den Mörder treffen würde, habhaft werden?

Alles in allem eine beängstigende Entwicklung.
Da hier nicht ungestraft eine ungehorsame Frau getötet werden darf, setzt man eben Minderjährige unter druck und stiftet sie zum Mord an.

Kann die hiesige Justiz dessen Herr werden?
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matthias
Gefährder



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Beitrag(#456738) Verfasst am: 21.04.2006, 17:05    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Beispiel: nehmen wir an, der (fiktive) Maurer Silvio K. aus Berlin-Pankow würde in der BILD sagen: "Sexualtätern muss man die Eier abschneiden!", dann würde man das zur Kenntnis nehmen, nicht besonders begeistert natürlich, aber so etwas gibt es eben leider. Würde aber die Bundeskanzlerin Angela M. denselben Ausspruch in der BILD tätigen, dann würde man das anders bewerten, oder?

Ich nehme an, wir beide sind uns einig, daß dies kein adäquates Beispiel für den angegriffenen Sachverhalt ist. Das andere weiter unten finde ich hierfür besser geeignet.

Du hast mich gefragt, was der Unterschied einer Aussage einer Person des öffentlichen Lebens und einer Aussage eines "Mannes von der Straße" sei. Dafür war das Beispiel gedacht, nicht dafür, den hier eigentlich diskutierten Sachverhalt abzubilden.

Konzediert.

Allerdings will ich hinzufügen: Wenn statt Angela Merkel Gotthilf Fischer oder Ulrich Wickert so was fordern würde, wäre das noch etwas anderes, weil die Bundeskanzlerin über Mittel verfügt, ihrer Meinung auch Taten folgen zu lassen. Und darauf käme es eben auch an.

Hier ging es z. B. um eine nachträgliche Wertung. Selbst wenn nicht ganz klar erkennbar was, was sich Bischof Huber für das Strafrecht vorstellen mag, so hat er zumindest keine besonderen Maßnahmen gefordert. Das sollte man ihm redlicherweise auch nicht unterstellen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Deine Unterscheidung zwischen subjektiver und objektiver Einschätzung empfinde ich als Haarspalterei. Eine Einschätzung ist immer subjektiv, so what. Ich darf Dich nicht ohne gute Gründe als verdammenswerten Triebtäter bezeichnen, dabei macht es IMHO keinen Unterschied, ob ich sage: "Du bist ein Triebtäter" oder ob ich sage: "Es steht für mich fest, dass Du ein Triebtäter bist".

Nun, die Grenzen sind fließend, mE kommt es auch auf die Motive an, die jemand hegt, und ob die erhobenen Behauptungen nicht offenkundigen Tatsachen(aussagen) zuwiderlaufen.

Sollte der Fall eingetreten sein, daß Du mir etwas unterstelltest, gehe ich augenblicklich davon aus, daß es dafür Gründe geben könnte; ansonsten schreibe ich solchen irrealen Betrachtungen keinen weiteren Erklärungswert zu (weil Du Dich ja auch anders verhalten könntest).

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
Im Ergebnis hat Huber also teils entgegen seinen sonstigen Gewohnheiten nicht auf eine allgemein hinzunehmende Akzeptanz abgestellt — was dieses spezielle Zitat angeht. Ich finde, das ist sein gutes Recht. Er kann auch in der Öffentlichkeit seine ganz persönliche Meinung sagen — was sonst sagt er?

Er verurteilt Leute moralisch, ohne dafür gute Gründe zu nennen. Das ist meiner Meinung nach nicht zulässig.

Zunächst wiederholt er eine These, die sinngemäß auch die Staatsanwaltschaft als Arbeitsgrundlage hatte (also nicht per se verwerflich ist) und die sicherlich auch das Gericht zu prüfen hatte.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Matthias hat folgendes geschrieben:
Im vorliegenden Fall hat das Gericht die behaupete Mitschuld der schließlich Freigesprochenen ja auch nicht falsifiziert, so daß konkurrierende Auffassungen zur Entscheidung des Gerichtes, die nicht offenkundig falsch, widersinnig oder anderweitig indiskutabel sind, mE auch in der Öffentlichkeit vertreten werden können, solange dieser Standpunkt auch als solcher gekennzeichnet wird.

Das bedeutet, im Zweifel gegen den Angeklagten? Die Angeklagten müssen ihre Unschuld zweifelsfrei beweisen und solange sie das nicht getan haben, darf man ihnen einfach alles unterstellen, einfach so? Das kann ja wohl nicht sein.

Nein, es geht hier nicht um "in dubio contra reum", sondern um die Bewertung einer richterlichen Entscheidung, die mMn auch immer möglich sein muß.

Wie ich auch betont habe, dürfen abweichende Theorien nicht offenkundig falsch, widersinnig oder anderweitig indiskutabel sein. Das schließt insbesondere auch inkonsistente oder verleumderische Unterstellungen mit ein.

Um auf einen Einzelfall einzugehen, und zwar den Fall "Weimar". Hier gab es in den Prozessen gegen die Angeklagte Monika Böttcher jeweils völlig entgegengesetzte richterliche Entscheidungen: Verurteilung wegen Mord - Freispruch - Verurteilung wegen Mord.

Hat jetzt jemand, der die Angeklagte nach dem zweiten tatrichterlichen Urteil dennoch für schuldig (auch moralisch) hielt, unredlich oder verwerflich gehandelt?


AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Klar kann man Gerichte und Gerichtsurteile kritisieren. Man darf aber nicht Leute aufgrund eines reinen Bauchgefühls moralisch verurteilen.

Ein reines Bauchgefühl vermag ich hier nicht zu erkennen. Ich halte noch mal fest: Die Anklage lautete auf gemeinschaftlichen Mord, sicher auch so von der Staatsanwaltschaft bis zuletzt vertreten. Man darf allein schon deshalb vermuten, daß es Momente gab, die diesen Verdacht stützten. Hier im speziellen Fall wurde nach dem Urteil auch Kritik daran laut, daß Hinweise (Aussagen), der Familienvater habe das spätere Mordopfer sexuell mißbraucht, nicht nachdrücklich verfolgt wurden.

Unter diesen gegebenen Umständen halte ich Hubers Äußerungen für voll hinnehmbar. Wenn wir günstigerweise unterstellen, die BILD habe seine Ausführungen nicht vollständig wiedergegeben, dann hielte ich sogar umgekehrt die Meinung, Huber habe hier bewußt und ohne triftigen Anlaß Personen pauschal verurteilt, für unangemessen. (In dubio pro reo. zwinkern)


AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Huber hat übrigens folgendes zur Rolle der Justiz gesagt:

Huber laut BILD hat folgendes geschrieben:
In dem Fall muß man zusätzlich annehmen, daß es sich um ein kollektives Verbrechen einer ganzen Familie handelt. Darauf antwortet unser individuelles Strafrecht nur sehr unzureichend.

"Man muss annehmen". Warum muss man annehmen? Er weiß es nicht, er behauptet es einfach. Und "unzureichend" bedeutet, dass er etwas geändert sehen will. Allerdings sagt er nicht, was, das bleibt der Interpretation des Lesers überlassen.

Wie gesagt: Es gab Verdachtsmomente. Ob Hubers "Man muß annehmen …" nur Floskelcharakter hatte oder überhaupt sinngemäß richtig abgedruckt wurde, steht ohnehin auf einem anderen Blatt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Matthias hat folgendes geschrieben:
Solange Schäuble Gysi nicht einen Stasi-Agenten nennt (ohne sich auf neue Beweise oder Indizien zu berufen) oder Handlungen ausführt, die ein Nichtanerkennen des Urteils vermuten lassen, habe ich zunächst keine Probleme mit dieser Haltung.

Bist Du Jurist? Mir als Nicht-Juristen will dieser feine Unterschied nicht einleuchten. Für mich bleibt es üble Nachrede, egal, ob jemand es als seine persönliche Meinung darstellt oder der Aussage einen Anstrich von Objektivität gibt.

Behauptungen einer Faktizität und persönliche Mutmaßungen darüber (als solche gekennzeichnet!) kann man mE durchaus unterscheiden. Ich verweise wiederum auf die fließenden Grenzen und die dahintersteheneden Motive.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Matthias hat folgendes geschrieben:
Apropos Schäuble: Da war mal was mit 100.000 DM. Er wurde dafür nie formell zur Rechenschaft gezogen und ist heute wieder Bundesinnenminister. Darf Gregor Gysi trotzdem glauben, daß sich Schäuble damals inkorrekt, vielleicht sogar strafbar verhalten hat?

Es geht hier nicht darum, was jemand glaubt oder nicht glaubt. Jeder soll doch glauben, was er will. Es geht vielmehr darum, ob man über jemanden den moralischen Stab brechen darf oder ihm gar eine verabscheuungswürdige verbrecherische Gesinnung unterstellen darf, ohne das schlüssig begründen zu können.

Grundsätzlich einverstanden.

Im vorliegenden Fall: Hat Bischof Huber das hier wirklich getan?
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AgentProvocateur
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Beitrag(#456773) Verfasst am: 21.04.2006, 18:01    Titel: Antworten mit Zitat

matthias hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Du hast mich gefragt, was der Unterschied einer Aussage einer Person des öffentlichen Lebens und einer Aussage eines "Mannes von der Straße" sei. Dafür war das Beispiel gedacht, nicht dafür, den hier eigentlich diskutierten Sachverhalt abzubilden.

Konzediert.

Allerdings will ich hinzufügen: Wenn statt Angela Merkel Gotthilf Fischer oder Ulrich Wickert so was fordern würde, wäre das noch etwas anderes, weil die Bundeskanzlerin über Mittel verfügt, ihrer Meinung auch Taten folgen zu lassen. Und darauf käme es eben auch an.

Stimmt, es kommt nicht alleine darauf an, dass es eine Person des öffentlichen Lebens ist, es kommt zusätzlich noch darauf an, ob diese Person sich zu denjenigen Sachgebieten äußert, zu denen sie eine besondere Affinität hat. Wenn sich also Gotthilf Fischer zu Politik äußert, könnte man das durchaus als private und irrelevante Äußerung einordnen.

Wenn sich aber ein hoher Kirchenvertreter in einem veröffentlichten Interview zu Fragen der Moral äußert, dann sind diese Äußerungen mMn eben von öffentlichem Interesse und nicht mehr als rein privat einzustufen.

matthias hat folgendes geschrieben:
Hier ging es z. B. um eine nachträgliche Wertung. Selbst wenn nicht ganz klar erkennbar was, was sich Bischof Huber für das Strafrecht vorstellen mag, so hat er zumindest keine besonderen Maßnahmen gefordert. Das sollte man ihm redlicherweise auch nicht unterstellen.

Ich wollte ihm nichts unterstellen. Dieses Beispiel hat explizit nichts mit ihm oder irgendwelchen Forderungen von ihm zu tun.

matthias hat folgendes geschrieben:
Wie ich auch betont habe, dürfen abweichende Theorien nicht offenkundig falsch, widersinnig oder anderweitig indiskutabel sein. Das schließt insbesondere auch inkonsistente oder verleumderische Unterstellungen mit ein.

Um auf einen Einzelfall einzugehen, und zwar den Fall "Weimar". Hier gab es in den Prozessen gegen die Angeklagte Monika Böttcher jeweils völlig entgegengesetzte richterliche Entscheidungen: Verurteilung wegen Mord - Freispruch - Verurteilung wegen Mord.

Hat jetzt jemand, der die Angeklagte nach dem zweiten tatrichterlichen Urteil dennoch für schuldig (auch moralisch) hielt, unredlich oder verwerflich gehandelt?

Es geht doch nicht darum, was jemand glaubt. Ich dachte, wir hätten das geklärt. Es geht darum, dass ein Vertreter einer Instanz, die für sich reklamiert, die Moral mit Löffeln gefressen zu haben, öffentlich ein vernichtendes moralisches Urteil spricht, ohne es jedoch für nötig zu befinden, dies näher begründen zu müssen.

matthias hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Klar kann man Gerichte und Gerichtsurteile kritisieren. Man darf aber nicht Leute aufgrund eines reinen Bauchgefühls moralisch verurteilen.
Ein reines Bauchgefühl vermag ich hier nicht zu erkennen. Ich halte noch mal fest: Die Anklage lautete auf gemeinschaftlichen Mord, sicher auch so von der Staatsanwaltschaft bis zuletzt vertreten. Man darf allein schon deshalb vermuten, daß es Momente gab, die diesen Verdacht stützten. Hier im speziellen Fall wurde nach dem Urteil auch Kritik daran laut, daß Hinweise (Aussagen), der Familienvater habe das spätere Mordopfer sexuell mißbraucht, nicht nachdrücklich verfolgt wurden.

Deine Argumentation ist mir immer noch etwas schleierhaft. Es spielt keine Rolle, wie die Anklage lautet. Wichtig ist nur das Urteil. Es gibt sehr viele Leute, die schuldlos angeklagt wurden, deswegen kann alleine der Umstand einer Anklage keine Verleumdung rechtfertigen.

Vermuten darf man viel, wenn der Tag lang ist; die Frage ist aber, ob man seine Stellung als Bischof dazu verwenden darf, in diesem Falle öffentlich den Stab zu brechen.

matthias hat folgendes geschrieben:
Unter diesen gegebenen Umständen halte ich Hubers Äußerungen für voll hinnehmbar.

Ich nicht.

matthias hat folgendes geschrieben:
Wenn wir günstigerweise unterstellen, die BILD habe seine Ausführungen nicht vollständig wiedergegeben, dann hielte ich sogar umgekehrt die Meinung, Huber habe hier bewußt und ohne triftigen Anlaß Personen pauschal verurteilt, für unangemessen. (In dubio pro reo. zwinkern)

Wenn sich morgen oder übermorgen herausstellt, dass die Aussagen von Huber ganz anders waren, dann nehme ich alles zurück. Ich habe aber bisher noch keine Gegendarstellung von ihm gefunden. Ich nehme stark an, dass eine solche nicht lange auf sich warten ließe, falls das Interview tatsächlich gefälscht wäre. Das Medienecho dazu war nicht zu überhören und sollte auch bis zur EKD vorgedrungen sein.

matthias hat folgendes geschrieben:
Wie gesagt: Es gab Verdachtsmomente. Ob Hubers "Man muß annehmen …" nur Floskelcharakter hatte oder überhaupt sinngemäß richtig abgedruckt wurde, steht ohnehin auf einem anderen Blatt.

Du bist echt lustig. Hier ist es vielleicht nur "Floskelcharakter", oben hast Du aus zwei kleinen Worten eine vollständige Entschuldigung konstruiert.

matthias hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es geht hier nicht darum, was jemand glaubt oder nicht glaubt. Jeder soll doch glauben, was er will. Es geht vielmehr darum, ob man über jemanden den moralischen Stab brechen darf oder ihm gar eine verabscheuungswürdige verbrecherische Gesinnung unterstellen darf, ohne das schlüssig begründen zu können.

Grundsätzlich einverstanden.

Im vorliegenden Fall: Hat Bischof Huber das hier wirklich getan?


Dazu noch ein Zitat:

Huber in BILD hat folgendes geschrieben:
BILD: Darf diese Familie, in deren Mitte ein "Ehrenmord" geplant und durchgeführt wurde, das Kind des Opfers aufziehen?

Der Bischof: [...] der Gedanke, daß erst die Mutter ums Leben gebracht wird und daß dann die Angehörigen das Sorgerecht beanspruchen, ist ein derartiger Zynismus, daß mir die Worte fehlen.


Ja, das hat er getan. Und er hat es nicht etwa als seine rein persönliche Meinung dargestellt, deswegen können wir uns die weitere Diskussion über die angebliche Subjektivität seiner Aussagen sparen. Er widerspricht hier nicht nur nicht der Unterstellung, die bereits in der Interview-Frage steckt; im Gegenteil, mit seiner Antwort akzeptiert er sie völlig und setzt sie damit als gegeben.
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