Endzeit-Theologie und Nahost-Krise

[beachbernie]

Derzeit treibt der christliche Fundamentalismus in den USA aehnlich skurile und letztlich genauso gefaehrliche Blueten wie sein Zwillingsbruder, der islamische Fundamentalismus, im arabischen Raum.

Eine besonders bedenklich Entwicklung, die direkt und indirekt die Entwicklung im Nahen Osten beeinflusst ist hierbei die sogenannte Endzeit-Theologie, zu der ein sehr intessanter Beitrag heute in der Sendung “Reporter” auf BBC-world zu sehen war.
Die Endzeit-Theologie, die z.B. von der Cornerstone Church vertreten oder vom Fernsehprediger Jack van Impe seit Jahrzehnten gepredigt wird, nimmt die Bibel woertlich, insbesondere die Apokalypse des Johannesevangeliums.
Danach ist unsere Welt ziemlich genau 6000 Jahre alt und ihr Ende nahe. Anhand von Bibelstellen wird nicht nur das Alter der Welt “bewiesen”, sondern auch, dass die Erfuellung biblischer Prophezeiungen unmittelbar bevorsteht. Es steht geschrieben, dass sich zuerst die Kinder Israels wieder um Jerusalem zusammenfinden werden und danach die Entscheidungsschlacht Armagedon dem juengsten Gericht vorausgehen wird. Dabei wird der Messias zum zweiten Mal erscheinen und fuer die naechsten 1000 Jahre die Welt regieren (Man erspare mir bitte die entsprechenden Bibelzitate zu zitieren).

Eine biblische Prophezeiung ist mit der Gruendung des Staates Israels scheinbar bereits eingetreten und auch Armagedon scheint sich bereits abzuzeichnen. Jedenfalls interpretieren Endzeit-Prediger die Vorgaenge im Nahen Osten in diese Richtung.
Hier wird’s nun bedenklich, vor allem weil von der Endzeit-Theologie beeinflusste christlich-fundamentalistische Kreise derzeit recht grossen Einfluss auf die US-Politik besitzen. Manche trauen Endzeit-Theologen mittlerweile sogar mehr Einfluss auf das Weisse Haus zu als der notorisch einflussreichen juedischen Lobby in den USA!
Dies hat natuerlich Folgen! Wer die Schlacht um Armagedon fuer unvermeidlich (da in der Bibel prophezeit) sowie fuer eigentlich sogar wuenschenswert (ohne Armageddon keine Wiederkehr des Messias!!!) haelt, von dem sollte man sich nicht allzuviel positiven Einfluss auf den Nahen Osten im Sinne einer vernuenftigen Friedenspolitik versprechen. Dementsprechend sieht auch der Einfluss der teils sehr spendenkraeftigen Endzeit-Kirchen auf den Nahen Osten aus. So fliessen nicht unbetraechtliche Geldmittel aus Kollekten in den USA direkt in israelische Siedlungen auf der Westbank. Schliesslich wird die Unterstuetzung Israels als biblisches Gebot begriffen, das im Zweifelsfall sogar Vorrang vor den eigenen Interessen der USA geniesst! Letztlich bedeutet in diesem Denksystem die Verweigerung der Unterstuetzung Israels nichts anderes als sich den biblischen Prophezeiungen und damit Gottes erklaertem Willen in den Weg zu stellen und damit auch der Wiederkehr Jesus Christus!

Ich weiss das ganze Zeugs klingt ziemlich abstrus und ist es letztlich auch. Da diese Kreise allerdings zur Zeit einen groesseren Einfluss auf die US-Politik besitzen als jemals zuvor, sollte man nicht unterschaetzen, welchen Schaden dieses abstrusse Denken in der aktuellen Politik anrichten kann. Insbesondere die “Friedensdiplomatie” der derzeitigen US-Regierung in Gestalt von Condi Rice muss man mit extremer Vorsicht geniessen! Viele republikanische Waehler glauben den Mist und Bush wird es sich wohl kaum leisten koennen deren Unterstuetzung bei den bald faelligen Wahlen zu Senat und Repraesentantenhaus zu verlieren, will er nicht als “lame duck” in die letzten 2 Jahre seiner Amtszeit gehen. Also bleibt ihm kaum was anderes uebrig als auf Gedeih und Verderb die israelische Aggressionspolitik zu unterstuetzen, wie brutal und verbrecherisch sie auch sein mag!

Was also will Condi wirklich? Eine Friedensloesung fuer den nahen Osten oder Armagedon nicht im Wege stehen? Vor allem was darf sie wollen oder muss sie vielleicht sogar was ganz anderes wollen?
Letzte Nacht hiess es noch in einer Eilmeldung, dass Condi Rice inzwischen auch einen sofortigen und bedingslosen Waffenstillstand aller beteiligten Kriegsparteien fordern wuerde. Inzwischen klingt das schon wieder ganz anders. Armagedon ante Portas?

Gruss, Bernie
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