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Jesus – realer Mensch oder fromme Legende?
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Flat
ich war's nicht



Anmeldungsdatum: 17.06.2008
Beiträge: 614

Beitrag(#2283670) Verfasst am: 08.07.2022, 11:24    Titel: Antworten mit Zitat

luc hat folgendes geschrieben:
Es kann sein, dass Jesus existiert hat aber das ist ziemlich irrelevant. Was man aus seinem eventuellen Leben gefaselt, was man auf diesem Typ projiziert hat, wie man phantasiert hat, ist schon interessanter. Er hat für viele als Symbolfigur seinen Zweck erfüllt. Ob die Menschheit für eine vernünftige Entwicklung jemals von dem Narrativ profitiert hat, und ob die Sache positive Konsequenzen hatte, ist eine andere Geschichte.


Man weiß halt nicht, wie die Alternative verlaufen wäre.

Sicherlich in diesen Zeiten nicht atheistisch.
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Alchemist
registrierter User



Anmeldungsdatum: 03.08.2004
Beiträge: 27888
Wohnort: Hamburg

Beitrag(#2283671) Verfasst am: 08.07.2022, 11:29    Titel: Antworten mit Zitat

Flat hat folgendes geschrieben:
Alchemist hat folgendes geschrieben:

Also meiner bescheidenen Meinung nach halte ich diese Variante für die Wahrscheinlichste, dass im Laufe der Jahrhunderte Geschichten von mehreren Personen sich zu einer verschmolzen haben.



Ich denke nicht, dass es Geschichten mehrerer Personen waren.

Das Christentum hatte insbesondere anfangs zu begründen, warum Jesus der erwartete Messias war. Was insbesondere deshalb schwer war, weil er von den 7 Merkmalen des Messias nur 1,5 erfüllte. Man suchte sich also anderes aus dem Tanach und schrieb ihm das dann zu (oder genauer: Dachte sich das aus). So kommt es eben z.B. zur Jungfrauengeburt (die für das Messias-sein völlig unerheblich ist), zu merkwürdigen Stammbäumen oder eben Zaubertricks.

Was soll denn von anderen Personen gekommen sein? Das Wasserlaufen, das Tote aufwecken?

Letztlich kennen wir das Phänomen auch heute: es gibt einen Menschen, den seine Anhänger besonders verehren. Nach seinem Tod oder gar noch zu Lebzeiten erfindet man dann immer mehr Wundertaten. So fliegt dann eben Bhagwan mal um die Häuser oder Joseph Smith hatte magische Kräfte. Aber diesen liegt immer eine reale Person zugrunde (die mit der späteren Legende aber oft nur wenig gemeinsam hat)


Ich finde nicht, dass das zwingend ist. Ich denke da z.B. an König Artus in England, dessen Geschichte auch ohne reale Person exisitierte und weiter gegeben wurde.

Flat hat folgendes geschrieben:
Was soll denn von anderen Personen gekommen sein? Das Wasserlaufen, das Tote aufwecken?

Ja, wieso denn nicht?
"Habt ihr gehört? Drüben in Kanaan soll es nen Typen geben, der über Wasser laufen kann!"
"und ich hab gehört, dass es in Bethlemen einen gab, der einen Blinden geheilt hat!"

Geschichten, Gerüchte etc. werden mündlich weitergegeben und verändert, angepasst, umgedichtet.
Und gerade in der Zeit vor 2000 Jahren gilt das noch mehr als heutzutage
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Alchemist
registrierter User



Anmeldungsdatum: 03.08.2004
Beiträge: 27888
Wohnort: Hamburg

Beitrag(#2283672) Verfasst am: 08.07.2022, 11:31    Titel: Antworten mit Zitat

Flat hat folgendes geschrieben:
luc hat folgendes geschrieben:
Es kann sein, dass Jesus existiert hat aber das ist ziemlich irrelevant. Was man aus seinem eventuellen Leben gefaselt, was man auf diesem Typ projiziert hat, wie man phantasiert hat, ist schon interessanter. Er hat für viele als Symbolfigur seinen Zweck erfüllt. Ob die Menschheit für eine vernünftige Entwicklung jemals von dem Narrativ profitiert hat, und ob die Sache positive Konsequenzen hatte, ist eine andere Geschichte.


Man weiß halt nicht, wie die Alternative verlaufen wäre.

Sicherlich in diesen Zeiten nicht atheistisch.


Darauf können wir uns einigen zwinkern
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AlexJ
Supermarktoverlord



Anmeldungsdatum: 11.04.2008
Beiträge: 2344
Wohnort: Köln

Beitrag(#2283674) Verfasst am: 08.07.2022, 11:47    Titel: Antworten mit Zitat

Flat hat folgendes geschrieben:
AlexJ hat folgendes geschrieben:

Wenn denn jemand das Argument gebracht hätte, dass es Jesus nicht gegeben hat, in welchem Werk, das bis heute überdauert hat, hätte man denn davon erfahren können/müssen?

nun, es sind ja Schriften aus der Zeit erhalten. Nimm mal die Paulusbriefe (ja ich weiß, sind nicht alle von Paulus, aber doch aus der Zeit und erhalten).



Du hast das Problem nicht verstanden. Welche Argumente gegen das Christentum sind den in den Paulusbriefen festgehalten? Wie sieht es denn bei den anderen Werken aus der Zeit aus?

Das Problem ist, dass in den Werken, die wir aus der Zeit haben, eben kaum die Argumente der Gegner des Christentums vorkommen. Das beste, was wir haben, sind Behauptungen in christlichen Werken bezüglich dessen, was ihre Gegner argumentiert haben sollen. Diese christlichen Behauptungen bilden weder eine vollständige Abbildung der Gegenargumente, noch eine besonders ehrliche.
Sonst haben wir nur die Kaffeesatzleserei, dass man aus den erfundenen Geschichten der Christen über Jesus versucht Rückschlüsse auf mögliche Argumente gegen das Christentum zu ziehen, da diese Geschichten oft einen theologischen Kern haben, welche Gegenargumente entkräften sollen.

Die Behauptung das man also heute wissen kann welche Argumente tatsächlich gegen das frühe Christentum benutzt wurden und welche nicht ist schlicht Unsinn.

Flat hat folgendes geschrieben:

Wenn es kreisrunde Wellen in einem See gibt, ist in der Mitte was reingefallen, auch wenn Du es nicht mehr siehst.


Selbst wenn das Wahr wäre, sagt uns das nicht was hereingefallen ist. Der Geschichtenerzähler, der die erste Geschichte über Jesus nur erfindet, kann ebenso kreisrunde Wellen als Basis für das Christentum schlagen wie eine echte Person Jesus.

Notiz, ich bin in der Frage Agnostiker. Ich halte es zwar für wahrscheinlicher bzw. besser belegt, dass es eine Person Jesus gab, der hingerichtet wurde und dessen Bewunderer später das Christentum gründeten, kann aber sehen, wie man zu dem anderen Schluss kommt.
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Flat
ich war's nicht



Anmeldungsdatum: 17.06.2008
Beiträge: 614

Beitrag(#2283678) Verfasst am: 08.07.2022, 12:11    Titel: Antworten mit Zitat

Alchemist hat folgendes geschrieben:


Ich finde nicht, dass das zwingend ist. Ich denke da z.B. an König Artus in England, dessen Geschichte auch ohne reale Person exisitierte und weiter gegeben wurde.

Flat hat folgendes geschrieben:
Was soll denn von anderen Personen gekommen sein? Das Wasserlaufen, das Tote aufwecken?

Ja, wieso denn nicht?
"Habt ihr gehört? Drüben in Kanaan soll es nen Typen geben, der über Wasser laufen kann!"
"und ich hab gehört, dass es in Bethlemen einen gab, der einen Blinden geheilt hat!"

Geschichten, Gerüchte etc. werden mündlich weitergegeben und verändert, angepasst, umgedichtet.
Und gerade in der Zeit vor 2000 Jahren gilt das noch mehr als heutzutage


Also Arthus passt nicht als Vergleich. Zunächst ist bei ihm auch unklar, ob ihm eine reale Person zugrunde lag. Und dann waren zwischen den geschilderten Geschehnissen und der Entstehung der Sage 500-600 Jahre.

Bei Jesus sind das so ca. 30-50 Jahre, sprich da waren noch Zeitzeugen am Leben.


Und warum etwas von anderen Personen klauen?

"He, Jesus läuft über das Wasser"

Und dann kommt bestimmt so ein Neunmalkluger und sagt, dass die Christen das von Herbert Meier aus Jerusalem geklaut haben, und außerdem läuft der schneller über das Wasser.

Die christliche Sekte damals war ja umstritten und musste sich sicherlich Kritik anhören.

Ich kann mir da eher vorstellen, dass man sich aus anderen religiösen Strömungen bedient hat (hat man später ja noch oft gemacht, z.B. mit Weihnachten), zumal die christliche Gestalt des Messias ja eben nicht der jüdischen entsprach.
Dieses ganze 'Gott sein des Messias' ist ja unjüdisch wie nur sonst was. Das entspricht wohl eher den römischen Kulten, die ja gern Menschen vergöttert haben.
Aber als Missionierungsgrundlage war das dann schon zu gebrauchen.
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ich war's nicht



Anmeldungsdatum: 17.06.2008
Beiträge: 614

Beitrag(#2283679) Verfasst am: 08.07.2022, 12:21    Titel: Antworten mit Zitat

AlexJ hat folgendes geschrieben:


Die Behauptung das man also heute wissen kann welche Argumente tatsächlich gegen das frühe Christentum benutzt wurden und welche nicht ist schlicht Unsinn.



Ich denke, das kann man schon.

1.) haben wir die von Dir genannten christlichen Schriften.
2.) Wissen wir ziemlich genau über die Glaubensvorstellungen des Judentums und die Messiasvorstellung dieser Zeit Bescheid. Wir kennen auch die Vorstellungen der verschiedenen jüdischen Strömungen.

Da Jesus diesen Messiasvorstellungen nicht entsprach, das Christentum aber anfangs ein Teil des Judentums war, liegt es auf der Hand, dass man ihnen genau das um die Ohren geknallt hat. Vielleicht aber noch nicht zu Jesus Lebzeiten, denn ob er sich selbst als Messias gesehen hat, wissen wir nicht. Veilleicht sah er sich auch nur als Rabbi/Lehrer. Das Rabbinerwesen war ja gerade am entstehen.

Wobei das wohl gar nicht mal so heftig gewesen sein wird, denn das Christentum hatte ja innerhalb des Judentums damals keine große Bedeutung. Die haben sich eher an den Römern abgearbeitet. Oder an den größeren innerjüdischen Konflikten der verschiedenen Gruppen.
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Flat
ich war's nicht



Anmeldungsdatum: 17.06.2008
Beiträge: 614

Beitrag(#2283680) Verfasst am: 08.07.2022, 12:24    Titel: Antworten mit Zitat

AlexJ hat folgendes geschrieben:


Notiz, ich bin in der Frage Agnostiker. Ich halte es zwar für wahrscheinlicher bzw. besser belegt, dass es eine Person Jesus gab, der hingerichtet wurde und dessen Bewunderer später das Christentum gründeten, kann aber sehen, wie man zu dem anderen Schluss kommt.


Neben den Wahrscheinlichkeiten sollte man auch immer mal einen Blick auf die Motivlage der Spekulierenden werfen.

Das Christentum hat sicherlich das Motiv, dass alles möglichst historisch irgendwie so sein sollte, wie es in den Evangelien steht.

Der Atheismus oder allgemein alle Gegner des Christentums (Islam und Judentum mal ausgenommen, bei beiden Gruppen ist es etwas komplizierter) haben ein Interesse daran, dass möglichst alles Lüge ist.




btw: Wobei: Letztlich kann das ja Nichtchristen auch völlig schnuppe sein, ob es Jesus real gab oder nicht.
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zelig
Kultürlich



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Beiträge: 25404

Beitrag(#2283681) Verfasst am: 08.07.2022, 12:34    Titel: Antworten mit Zitat

Warum "Gegner"?
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ich war's nicht



Anmeldungsdatum: 17.06.2008
Beiträge: 614

Beitrag(#2283682) Verfasst am: 08.07.2022, 12:38    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Warum "Gegner"?


Weil Menschen, denen das Christentum egal ist, kein derartiges Motiv haben. Oder Menschen, die sich ihm gegenüber als neutral definieren.

Deshalb die Einschränkung auf 'Gegner'.
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luc
registrierter User



Anmeldungsdatum: 15.04.2010
Beiträge: 2599
Wohnort: Nice. Paris. Köln

Beitrag(#2283687) Verfasst am: 08.07.2022, 13:07    Titel: Antworten mit Zitat

Flat hat folgendes geschrieben:
luc hat folgendes geschrieben:
Es kann sein, dass Jesus existiert hat aber das ist ziemlich irrelevant. Was man aus seinem eventuellen Leben gefaselt, was man auf diesem Typ projiziert hat, wie man phantasiert hat, ist schon interessanter. Er hat für viele als Symbolfigur seinen Zweck erfüllt. Ob die Menschheit für eine vernünftige Entwicklung jemals von dem Narrativ profitiert hat, und ob die Sache positive Konsequenzen hatte, ist eine andere Geschichte.


Man weiß halt nicht, wie die Alternative verlaufen wäre.

Sicherlich in diesen Zeiten nicht atheistisch.


Natürlich weiß man das nicht. Aber wenn eine Religion als Grundprinzip die Erbsünde definiert und wenn sie einen gekreuzigten Mann als Idol propagiert, kann man schon festhalten, dass nichts Gutes daraus kommt. Gewalt ist vorprogrammiert.
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Flat
ich war's nicht



Anmeldungsdatum: 17.06.2008
Beiträge: 614

Beitrag(#2283690) Verfasst am: 08.07.2022, 13:29    Titel: Antworten mit Zitat

luc hat folgendes geschrieben:


Natürlich weiß man das nicht. Aber wenn eine Religion als Grundprinzip die Erbsünde definiert und wenn sie einen gekreuzigten Mann als Idol propagiert, kann man schon festhalten, dass nichts Gutes daraus kommt. Gewalt ist vorprogrammiert.


Gewalt ergibt sich weder aus der Erbsünde noch aus der Kreuzigung.

Die Grundbotschaften des Evangeliums mit Nächstenliebe und Feindesliebe waren ja nun wirklich nicht schlecht. Wenn man bedenkt, dass das ja unter römischer Gewaltherrschaft gesagt wurde, finde ich das schon äußerst bemerkenswert.

Die Kreuzigung hatte ja nicht die Aussage, dass jetzt möglichst viele andere Menschen gekreuzigt werden sollen und die Erbsünde hat nicht die Aussage, jetzt mordend durch die Gegend zu ziehen.

Die 180 Grad-Wende kommt doch eigentlich erst durch die Verweltlichung, also so ab ca. dem Konzil von Nicäa, wo das Christentum Staatsreligion wurde.


Ich denke, irgendwie ist es da austauschbar: Der Herrscher sucht eine vereinigende Religion und alle anderen werden unterdrückt oder gemeuchelt. Und die Grundbotschaften interessieren nicht mehr.
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tillich (epigonal)
hat Spaß



Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 21789

Beitrag(#2283694) Verfasst am: 08.07.2022, 13:40    Titel: Antworten mit Zitat

luc hat folgendes geschrieben:
Natürlich weiß man das nicht. Aber wenn eine Religion als Grundprinzip die Erbsünde definiert und wenn sie einen gekreuzigten Mann als Idol propagiert, kann man schon festhalten, dass nichts Gutes daraus kommt. Gewalt ist vorprogrammiert.

Ach. Mist.
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"YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."

(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Wolf359
registrierter User



Anmeldungsdatum: 31.01.2013
Beiträge: 1482

Beitrag(#2283695) Verfasst am: 08.07.2022, 13:42    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
luc hat folgendes geschrieben:
Natürlich weiß man das nicht. Aber wenn eine Religion als Grundprinzip die Erbsünde definiert und wenn sie einen gekreuzigten Mann als Idol propagiert, kann man schon festhalten, dass nichts Gutes daraus kommt. Gewalt ist vorprogrammiert.

Ach. Mist.

Endlich mal eine sinnvolle Antwort von dir. Lachen
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zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25404

Beitrag(#2283698) Verfasst am: 08.07.2022, 13:50    Titel: Antworten mit Zitat

Früher gab es wenigstens noch Religionskritik.
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Wolf359
registrierter User



Anmeldungsdatum: 31.01.2013
Beiträge: 1482

Beitrag(#2283700) Verfasst am: 08.07.2022, 13:56    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Früher gab es wenigstens noch Religionskritik.

Schreib das in den Thread "Früher war alles besser". Lachen
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Wilson
zwischen gaga und dada



Anmeldungsdatum: 04.02.2008
Beiträge: 20175
Wohnort: Swift Tuttle

Beitrag(#2283704) Verfasst am: 08.07.2022, 16:15    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Früher gab es wenigstens noch Religionskritik.


Spott reicht vollkommen bzw ist einzig vernünftig
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"als ob"
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sehr gut
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Anmeldungsdatum: 05.08.2007
Beiträge: 14852

Beitrag(#2283710) Verfasst am: 08.07.2022, 17:53    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Die Geschichte eines charismatischen Wanderpredigers, der für den Messias gehalten und daraufhin von den Autoritäten verurteilt und beseitigt wird,

Bibel(Luk23) :
Zitat:
 Pilatus wollte Jesus freilassen und redete der Menge zu.
Aber sie schrien noch lauter: "Ans Kreuz mit ihm! Kreuzige ihn!"

Von wem wurde der "für den Messias gehalten"?
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AlexJ
Supermarktoverlord



Anmeldungsdatum: 11.04.2008
Beiträge: 2344
Wohnort: Köln

Beitrag(#2283712) Verfasst am: 08.07.2022, 18:17    Titel: Antworten mit Zitat

Flat hat folgendes geschrieben:
AlexJ hat folgendes geschrieben:


Die Behauptung das man also heute wissen kann welche Argumente tatsächlich gegen das frühe Christentum benutzt wurden und welche nicht ist schlicht Unsinn.



Ich denke, das kann man schon.

1.) haben wir die von Dir genannten christlichen Schriften.
2.) Wissen wir ziemlich genau über die Glaubensvorstellungen des Judentums und die Messiasvorstellung dieser Zeit Bescheid. Wir kennen auch die Vorstellungen der verschiedenen jüdischen Strömungen.

Da Jesus diesen Messiasvorstellungen nicht entsprach, das Christentum aber anfangs ein Teil des Judentums war, liegt es auf der Hand, dass man ihnen genau das um die Ohren geknallt hat. Vielleicht aber noch nicht zu Jesus Lebzeiten, denn ob er sich selbst als Messias gesehen hat, wissen wir nicht. Veilleicht sah er sich auch nur als Rabbi/Lehrer. Das Rabbinerwesen war ja gerade am entstehen.

Wobei das wohl gar nicht mal so heftig gewesen sein wird, denn das Christentum hatte ja innerhalb des Judentums damals keine große Bedeutung. Die haben sich eher an den Römern abgearbeitet. Oder an den größeren innerjüdischen Konflikten der verschiedenen Gruppen.


Mit Deiner Methode kann man mögliche Argumente, die wahrscheinlich gebracht wurden erraten, aber nicht bestimmen/wissen welche Argumente tatsächlich auch benutzt wurden und noch weniger welche möglichen Argumente nicht gebracht wurden.

Flat hat folgendes geschrieben:

Also Arthus passt nicht als Vergleich. Zunächst ist bei ihm auch unklar, ob ihm eine reale Person zugrunde lag. Und dann waren zwischen den geschilderten Geschehnissen und der Entstehung der Sage 500-600 Jahre.

Bei Jesus sind das so ca. 30-50 Jahre, sprich da waren noch Zeitzeugen am Leben.


Wenn Jesus komplett fiktiv war, kann die Geschichte viel älter sein. Tatsächlich geht das sogar, wenn Jesus eine reale historische Person zugrundegelegt ist. Die Angaben über die Zeit seiner Geburt sind schlicht Müll. Für die Zeit seines Lebens und Todes wird es zwar deutlich besser, in der Hinsicht das sie nicht mehr offensichtlich Müll sind, aber nicht in der Hinsicht das sie nicht mehr Müll sein können.
Pontius Pilatus kann hier ähnlich wie Herodes einfach ein bekannter Name gewesen sein, welche der Autor des Markus Evangeliums (oder seine Quelle) für seine Version der Geschichte ausgesucht hat.


Zeitzeugen sind keine gute Argumentation.
Die christlichen Texte, die überdauert haben, wurden dort geschrieben und zuerst verbreitet, wo es fast sicher keine Zeugen der Geschichte gab.
Selbst wenn es Zeitzeugen gegeben hätte, die widersprochen haben, läuft es auf Aussage gegen Aussage hinaus.
Da viele der Geschichten über Jesus auch noch die Form von Märchen/Moral Geschichten haben, steht die Frage im Raum, ob die ersten Generationen von Hörer/Leser solcher Geschichten nicht genau wussten, dass es sich um erfunden/angedichtet Geschichten handelt und damit überhaupt keine Probleme hatten. Erst spätere Generationen haben die Märchen dann für wahr gehalten.
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Tarvoc
would prefer not to.



Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44125

Beitrag(#2283718) Verfasst am: 08.07.2022, 20:15    Titel: Antworten mit Zitat

Flat hat folgendes geschrieben:
Meinst Du, es gab keine Urgemeinde?

Ich meine, es gab nicht die eine Gemeinde, die sich zweifelsfrei als die christliche Urgemeinde identifizieren ließe. Überhaupt hatte zu dieser Zeit wirklich noch niemand einen Begriff von 'Christentum' als religiöser Bewegung, geschweige denn als eigener Religion. Es handelte sich nicht um christliche Gemeinden, sondern um jüdische, von denen sich einige insbesondere außerhalb des "Heiligen Landes" sozusagen als Abwehrreaktion auf die Repressalien und Stigmatisierungen durch Rom schrittweise Nichtjuden gegenüber öffneten, und zwar oft in Berufung auf charismatische Führer- und Erlöserfiguren. Diese verschiedenen Gemeinden standen natürlich auch im regen Austausch miteinander und bildeten über die Jahrzehnte hinweg gemeinsame Überzeugungen und Traditionen aus, die oft auch ihre prekäre Situation als oftmals arme und marginalisierte Exilgemeinden wiederspiegelten (das Abendmahl als Potlach-artige Veranstaltung mit sowohl gemeinschaftsstiftender als auch "sozialpolitischer" Funktion, etc.). Die Suche nach der einen christlichen Urgemeinde setzt bereits einen nachträglichen Blick auf das Geschehen voraus. Könnte man die unglaubliche Anzahl und Vielfalt der jüdischen Strömungen und Gemeinden der damaligen Zeit direkt befragen, hätte sich mit Sicherheit keine dieser Gemeinden als die christliche Urgemeinde identifizieren können. Die Frage wäre noch nicht mal verstanden worden. Schon das griechische "Christós" wurde erst später populär, die damals gängige Bezeichnung war "Maschiach" - aber als ur-messianisch hätten sich diese Gemeinden wohl alle bezeichnet! Überhaupt ist es m. E. von religionsgeschichtlich allergrößter Wichtigkeit, sich diese Gemeinden nicht als "christlich", sondern eben als jüdisch-messianisch vorzustellen. Alles andere projiziert ein historisch sehr viel später entstandenes Verständnis auf diese Gemeinden, das sie noch nicht hatten, noch nicht haben konnten und das ihrem tatsächlichen Selbstverständnis nahezu mit Sicherheit völlig fremd gewesen wäre.

Flat hat folgendes geschrieben:
Die Bibel gab es damals eh noch nicht. Es gab ca. 80 Evangelien und diverse Briefe (die teilweise konkreten Personen zugeordnet werden können, teilweise einer Gruppe und teilweise weiß man nicht, wer sie geschrieben hat).

Was meinst du denn mit "damals"? Zu der Zeit, als Jakobus der Ältere gewirkt haben soll, nämlich etwa in der ersten Hälfte der Vierzigerjahre n. Chr. oder ca. zehn bis fünfzehn Jahre nach Jesu angeblichem Todesjahr, gab es ganz sicher noch keine achtzig Evangelien. Die ersten Evangelien entstanden erst Jahrzehnte später. Anfangs wurde praktisch alles rein mündlich tradiert.

Flat hat folgendes geschrieben:
Sorry, aber die Wahrscheinlichkeit eines konkreten Auslösers ist sehr viel größer als das totale Ausdenken. Zumal es eben in dieser Zeit keinen Mangel an anderen Auslösern gegeben hätte.

Eben. Der Punkt ist gerade der, dass es unmöglich ist, den einen Auslöser zu identifizieren, weil es viel zu viele Auslöser gleichzeitig gibt. Es gab nicht einen Jesus, weil es wahrscheinlich Dutzende, wenn nicht Hunderte solcher Gestalten gab, die alle durch charismatische Führung, Gemeinschaftsgründung und Martyrium Einfluss auf die Entwicklung der religiösen Strömungen und Bewegungen innerhalb der jüdischen Gemeinden nahmen, die erst viel viel später eine eigene Religion "das Christentum" werden sollten. Wie willst du da den einen herausfiltern, der der "wahre" Jesus war? Das ist nicht nur aufgrund mangelnder historischer Evidenz unmöglich, sondern wäre von Anfang an epistemologische Willkür.

Flat hat folgendes geschrieben:
Ist da nicht vielmehr der atheistische Wunsch dahinter, das Christentum möglichst weitgehend zu diffamieren?

Nein. Wenn eine Religion schon dadurch vergeht, dass sie sich über ihre wirklichen historischen Ursprünge verständigt, dann hat sie sich vor dem Gerichtshof des Geistes schon dadurch ohnehin als ihres Weiterbestehens unwürdig erwiesen. Dass das auf das Christentum zutrifft, ist aber keibeswegs im Voraus ausgemacht. Ich bin da sogar skeptisch. (Feuerbachianisch gesagt: Das Wesen des Christentums ist ein philosophisches. Der Christus des heutigen Christentums ist zuallererst eine Idee des Wesens des Menschen.)

Flat hat folgendes geschrieben:
Warum der Wunsch, hier noch etwas -wahrscheinlich Falsches- dazu zu fügen?

Was wird denn hier -hinzugefügt-? Doch eher wird etwas -entfernt-...?
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Anmeldungsdatum: 17.06.2008
Beiträge: 614

Beitrag(#2283826) Verfasst am: 11.07.2022, 14:46    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:

Was meinst du denn mit "damals"? Zu der Zeit, als Jakobus der Ältere gewirkt haben soll, nämlich etwa in der ersten Hälfte der Vierzigerjahre n. Chr. oder ca. zehn bis fünfzehn Jahre nach Jesu angeblichem Todesjahr, gab es ganz sicher noch keine achtzig Evangelien. Die ersten Evangelien entstanden erst Jahrzehnte später. Anfangs wurde praktisch alles rein mündlich tradiert.



Letztlich ist da viel Spekulation auf allen Seiten.

Z.B. wissen wir von vielen dieser Evangelien so gut wie nichts, es könnten also durchaus ältere dabei gewesen sein.
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Anmeldungsdatum: 17.06.2008
Beiträge: 614

Beitrag(#2283827) Verfasst am: 11.07.2022, 14:53    Titel: Antworten mit Zitat

AlexJ hat folgendes geschrieben:

Pontius Pilatus kann hier ähnlich wie Herodes einfach ein bekannter Name gewesen sein, welche der Autor des Markus Evangeliums (oder seine Quelle) für seine Version der Geschichte ausgesucht hat.


Pilatus ist mit einiger Sicherheit wirklich nur ausgedacht. Weil wir geschichtlich über ihn im Gegensatz zu den meisten anderen biblischen Personen wirklich einiges wissen. Und das widerspricht der biblischen Schilderung.

- Er war ein Schlächter, der sich schnell nach Amtsantritt mit einem Massenmord eingeführt hat
- Er wurde wegen seiner besonderen Grausamkeit vom Senat letztlich abberufen (und das, wo die Römer nun wirklich nicht als Zimperlich galten

Und wir wissen, wie Stadthalter in der Regel berufen wurden. Das waren machtbewusste Männer, die dort auch ein gewisses Vermögen erwerben sollten.

All das lässt sich mit dem in der Bibel beschriebenen zögerlichen Weichei Pilatus schwerlich zusammen bringen.


Aber darum geht es ja auch nicht. Hier diskutiert ja keiner mit verbalinspirierender Sicht mit (eigentlich überraschend, gibt es doch davon recht viele unter Atheisten, fast so viele wie bei Evangelikalen)

Es geht darum, wie die Wahrscheinlichkeit ist, dass Jesus nur ausgedacht war als dem Mythos zugrundeliegende Figur.

Die hier vorgebrachten Einwände kann man nicht gänzlich von der Hand weisen, ich halte sie dennoch nicht für wahrscheinlich.
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Beiträge: 21789

Beitrag(#2283836) Verfasst am: 11.07.2022, 22:01    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ich meine, es gab nicht die eine Gemeinde, die sich zweifelsfrei als die christliche Urgemeinde identifizieren ließe. Überhaupt hatte zu dieser Zeit wirklich noch niemand einen Begriff von 'Christentum' als religiöser Bewegung, geschweige denn als eigener Religion. Es handelte sich nicht um christliche Gemeinden, sondern um jüdische, von denen sich einige insbesondere außerhalb des "Heiligen Landes" sozusagen als Abwehrreaktion auf die Repressalien und Stigmatisierungen durch Rom schrittweise Nichtjuden gegenüber öffneten, und zwar oft in Berufung auf charismatische Führer- und Erlöserfiguren.

Also in den Paulusbriefen als den ältesten Teilen des NT ist m.E. ein klarer Bezug auf die Jerusalemer Gemeinde als ursprünglicher Gemeinde der Jesus-Anhänger erkennbar, gerade weil es da noch Augenzeugen des Geschehens um Jesus gegeben habe. Ebenso ist es für Paulus zentral, dass der Christus eine bestimmte, historische Figur gewesen sei.

Recht hast du natürlich damit, ...
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Überhaupt ist es m. E. von religionsgeschichtlich allergrößter Wichtigkeit, sich diese Gemeinden nicht als "christlich", sondern eben als jüdisch-messianisch vorzustellen. Alles andere projiziert ein historisch sehr viel später entstandenes Verständnis auf diese Gemeinden, das sie noch nicht hatten, noch nicht haben konnten und das ihrem tatsächlichen Selbstverständnis nahezu mit Sicherheit völlig fremd gewesen wäre.

... dass diese Gruppen sich ursprünglich nicht als eigene Religion aufgefasst haben, sondern als Anhänger des einen Gottes, wie er im Judentum verehrt wurde; nur eben mit dem Sonderglauben, dass der Messias schon da gewesen sei und die messianische Zeit schon angebrochen sei. Die klare Trennung in zwei Religionen fand erst später statt.

Dass diese Gruppen offen für Nichtjuden waren, war auch nicht neu - in dieser Zeit hatte das Judentum offenbar eine gewisse Attraktivität, sodass es sowohl formelle Übertritte ins Judentum gab ("Proselyten") als auch Leute, die ohne formellen Übertritt zum Umfeld der Synagoge gehörten ("Gottesfürchtige"). Neu war lediglich, dass in diesen Gruppen der formelle Übertritt (mit Beschneidung, Einhaltung aller jüdischen Gesetze und allem Pipapo) für überflüssig gehalten wurde, weil in der messianischen Zeit sowieso alle Völker zum jüdischen Gott kommen würden - und diese Zeit hätte schließlich schon begonnen.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Schon das griechische "Christós" wurde erst später populär, die damals gängige Bezeichnung war "Maschiach" - aber als ur-messianisch hätten sich diese Gemeinden wohl alle bezeichnet!

Auch da muss ich fragen: Wie kommst du darauf? "Maschiach" ist das hebräische Wort, das im Griechischen mit dem davon abgeleiteten Fremdwort "Messias" wiedergegeben werden kann, m.W. häufiger aber als "christós" sachgemäß übersetzt wird (beide Wörter leiten sich mW von einem Verb für "salben" ab und bedeuten "der Gesalbte"). Und das ist eben keine "christliche" Idee, sondern wird zB schon in der Septuaginta (ein griechische Übersetzung der Hebräischen Bibel) so gemacht, und die ist zum allergrößten Teil bis 100 vor Christus im Diasporajudentum entstanden.
Wo z.B. in 1Sam24,7 in der Lutherübersetzung "Gesalbter" steht, steht in der Hebräischen Bibel "Maschiach" und in der Septuaginta "christós". Das Wort konnten die griechischsprachigen Jesusanhänger also schlicht aus der Tradition des griechischsprachigen Judentums übernehmen und auf die Person anwenden, die die aramäischsprachigen Jesusanhänger wohl "Maschiach" nannten.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Der Punkt ist gerade der, dass es unmöglich ist, den einen Auslöser zu identifizieren, weil es viel zu viele Auslöser gleichzeitig gibt. Es gab nicht einen Jesus, weil es wahrscheinlich Dutzende, wenn nicht Hunderte solcher Gestalten gab, die alle durch charismatische Führung, Gemeinschaftsgründung und Martyrium Einfluss auf die Entwicklung der religiösen Strömungen und Bewegungen innerhalb der jüdischen Gemeinden nahmen, die erst viel viel später eine eigene Religion "das Christentum" werden sollten. Wie willst du da den einen herausfiltern, der der "wahre" Jesus war? Das ist nicht nur aufgrund mangelnder historischer Evidenz unmöglich, sondern wäre von Anfang an epistemologische Willkür.

Und das ist mein drittes "Wie kommst du darauf?". Es mag natürlich mehrere Personen gegeben haben, die sich als Messias verstanden haben oder von anderen so genannt wurden. Aber gleich "Dutzende" oder gar "Hunderte", auf die nicht nur Gemeinschaftsgründungen zurückgehen würden, die später im Christentum aufgegangen wären, und die ebenfalls ein Martyrium erlitten hätten? Obwohl es gerade in den Texten, die wir haben, wesentlich ist, dass mit "Christus" eine ganz bestimmte Person gemeint ist, und obwohl das Martyrium zum ursprünglichen Messiasgedankenb gerade nicht passte?

Gehen diese Ideen auf eine bestimmte Lektüre zurück, die ich nicht kenne? Würde mich interessieren.
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Beitrag(#2283837) Verfasst am: 11.07.2022, 23:32    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Also in den Paulusbriefen als den ältesten Teilen des NT ist m.E. ein klarer Bezug auf die Jerusalemer Gemeinde als ursprünglicher Gemeinde der Jesus-Anhänger erkennbar, gerade weil es da noch Augenzeugen des Geschehens um Jesus gegeben habe. Ebenso ist es für Paulus zentral, dass der Christus eine bestimmte, historische Figur gewesen sei.

Ja sicher. Die Frage war aber doch, ob das irgendwas mit der tatsächlichen historischen Realität der Entstehung und Entwicklung dieser Gruppen und Bewegungen zu tun hat, und wenn ja was genau. Selbst wenn man den Paulusbriefen Historizität zuschreiben will, gibt Paulus damit ja auch nur seine eigene sehr begrenzte Sichtweise wieder.

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Und das ist eben keine "christliche" Idee, sondern wird zB schon in der Septuaginta (ein griechische Übersetzung der Hebräischen Bibel) so gemacht, und die ist zum allergrößten Teil bis 100 vor Christus im Diasporajudentum entstanden.

Hm. Wusste ich nicht, dass das so früh schon verbreitet war. Nun gut. Ich ziehe diesen Punkt zurück.

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Es mag natürlich mehrere Personen gegeben haben, die sich als Messias verstanden haben oder von anderen so genannt wurden. Aber gleich "Dutzende" oder gar "Hunderte", auf die nicht nur Gemeinschaftsgründungen zurückgehen würden, die später im Christentum aufgegangen wären, und die ebenfalls ein Martyrium erlitten hätten? Obwohl es gerade in den Texten, die wir haben, wesentlich ist, dass mit "Christus" eine ganz bestimmte Person gemeint ist, und obwohl das Martyrium zum ursprünglichen Messiasgedankenb gerade nicht passte?

Das war eine rhetorische Übertreibung, um den Punkt klar zu machen. Mein Punkt war, dass niemand genau weiß, wie viele Personen, die damals als Messiasse auftraten, dafür hingerichtet wurden. Das Martyrium passt übrigens zwar vielleicht nicht zum "ursprünglichen Messiasgedanken", durchaus aber zum Akt des Auftretens als Messias, weil allein das unter der römischen Besatzungsmacht bereits Verfolgung und Hinrichtung zur Folge haben konnte. (Die Anklage der Römer gegen Jesus in der Bibel lautet ja auch, sich zum Messias und König der Juden aufschwingen zu wollen.)
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Beitrag(#2283844) Verfasst am: 12.07.2022, 08:45    Titel: Antworten mit Zitat

Zum nichtjüdischen Umfeld der jüdischen Gemeinden: Das nennt sich Bnei Noach und das gab es wohl die meiste Zeit im Judentum (übrigens auch noch heute). Das Judentum missioniert ja nicht und hat es auch selten in seiner Geschichte getan, weil zum Erlösen nach jüdischem Glaube es nicht nötig ist, zum Judentum überzutreten. Das geht für Nichtjuden auch einfacher. Bnei Noach ist keine Religionsgemeinschaft (obwohl heutzutage einige dran arbeiten, dass es das werden könnte, was dem Grundgedanken aber völlig widerspricht) sondern eine individuelle Lebens- und Glaubenseinstellung.

Das theologische Problem hier ist aber, dass eine der seltenen Zeiten, wo das Judentum doch mal missioniert hat, wohl die Zeit um und nach Jesus ist. Da wird es also eine gewisse Konkurrenz der jüdischen Juden und der christlichen Juden gegeben haben.

Messias/Gesalbter ist übrigens eh nicht auf eine Person beschränkt. König David gilt beispielsweise auch als Messias. Nur wurde zu Jesus Zeiten ein spezieller Messias erwartet, mit dem auch eine Befreiung von den Römern verbunden war. Also ist es schon wahrscheinlich, dass die Römer nicht gerade freundlich auf Messiasse reagierten.

Übrigens glaubt z.B. heute ein Teil der jüdischen Chabbad-Bewegung, dass der 1994 verstorbene Menachem Mendel Schneerson ein Messias ist.
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Tarvoc
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Beitrag(#2283854) Verfasst am: 12.07.2022, 11:24    Titel: Antworten mit Zitat

Flat hat folgendes geschrieben:
Da wird es also eine gewisse Konkurrenz der jüdischen Juden und der christlichen Juden gegeben haben.

Ich glaube nicht, dass man da überhaupt eine scharfe Grenze ziehen kann. Keiner der Beteiligten sah sich damals als "christlicher" oder "nichtchristlicher" Jude, sondern eben ganz einfach als Jude mit bestimmten Überzeugungen.
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Beitrag(#2283865) Verfasst am: 12.07.2022, 19:07    Titel: Antworten mit Zitat

Flat hat folgendes geschrieben:

Messias/Gesalbter ist übrigens eh nicht auf eine Person beschränkt. König David gilt beispielsweise auch als Messias. Nur wurde zu Jesus Zeiten ein spezieller Messias erwartet, mit dem auch eine Befreiung von den Römern verbunden war. Also ist es schon wahrscheinlich, dass die Römer nicht gerade freundlich auf Messiasse reagierten.

Der Jesus stand zwar für Regierung und Herrschaft, aber eben eine an die nicht so viele 'glaubten', eine Regierung von Innen, Herrschaft des Spirits*. Wer kein 'weltliches' Schwert ankündigt dürfte von den Römern weniger mit unfreundlichem "reagieren" rechnen müssen.



(ich vermeide im deutschen den vieldeutigen Begriff "Geist")
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Beitrag(#2283875) Verfasst am: 12.07.2022, 22:15    Titel: Antworten mit Zitat

sehr gut hat folgendes geschrieben:
Flat hat folgendes geschrieben:

Messias/Gesalbter ist übrigens eh nicht auf eine Person beschränkt. König David gilt beispielsweise auch als Messias. Nur wurde zu Jesus Zeiten ein spezieller Messias erwartet, mit dem auch eine Befreiung von den Römern verbunden war. Also ist es schon wahrscheinlich, dass die Römer nicht gerade freundlich auf Messiasse reagierten.

Der Jesus stand zwar für Regierung und Herrschaft, aber eben eine an die nicht so viele 'glaubten', eine Regierung von Innen, Herrschaft des Spirits*. Wer kein 'weltliches' Schwert ankündigt dürfte von den Römern weniger mit unfreundlichem "reagieren" rechnen müssen.



(ich vermeide im deutschen den vieldeutigen Begriff "Geist")


Weil das Wort spirit ja völlig eindeutig ist... Mit den Augen rollen
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Beitrag(#2283883) Verfasst am: 13.07.2022, 08:35    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:

Ich glaube nicht, dass man da überhaupt eine scharfe Grenze ziehen kann. Keiner der Beteiligten sah sich damals als "christlicher" oder "nichtchristlicher" Jude, sondern eben ganz einfach als Jude mit bestimmten Überzeugungen.


Sobald eine Gemeinschaft Nichtjuden aufgenommen hat als vollwertige Mitglieder, dürfte das schon eine klare Grenze gewesen sein.

Ansonsten stimme ich Dir zu, da wird viel normal nebeneinander gewesen sein.

Dennoch spricht das nicht gegen die Konkurrenz durch Mission dieser Gruppen und daraus erwachsender Rivalitäten. Das hat man ja heute auch innerjüdisch mit der Chabad-Bewegung, die ja auch innerjüdisch missioniert, was nicht überall im Judentum gut ankommt.
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Beitrag(#2283884) Verfasst am: 13.07.2022, 08:38    Titel: Antworten mit Zitat

sehr gut hat folgendes geschrieben:

Der Jesus stand zwar für Regierung und Herrschaft, aber eben eine an die nicht so viele 'glaubten', eine Regierung von Innen, Herrschaft des Spirits*. Wer kein 'weltliches' Schwert ankündigt dürfte von den Römern weniger mit unfreundlichem "reagieren" rechnen müssen.


Nur wenn die Römer auch so fein differenzieren. Und was man heute z.B. über Pilatus weiß, war das nicht gerade seine Stärke. Die Römer interessiere so etwas wohl auch kaum.
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Tarvoc
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Beitrag(#2283890) Verfasst am: 13.07.2022, 11:00    Titel: Antworten mit Zitat

Alchemist hat folgendes geschrieben:
sehr gut hat folgendes geschrieben:
Flat hat folgendes geschrieben:

Messias/Gesalbter ist übrigens eh nicht auf eine Person beschränkt. König David gilt beispielsweise auch als Messias. Nur wurde zu Jesus Zeiten ein spezieller Messias erwartet, mit dem auch eine Befreiung von den Römern verbunden war. Also ist es schon wahrscheinlich, dass die Römer nicht gerade freundlich auf Messiasse reagierten.

Der Jesus stand zwar für Regierung und Herrschaft, aber eben eine an die nicht so viele 'glaubten', eine Regierung von Innen, Herrschaft des Spirits*. Wer kein 'weltliches' Schwert ankündigt dürfte von den Römern weniger mit unfreundlichem "reagieren" rechnen müssen.

Weil das Wort spirit ja völlig eindeutig ist... Mit den Augen rollen

Jesus hat ganz bestimmt das englische Wort "spirit" verwendet. sehr gut redet ganz bestimmt nicht einfach mal wieder Bullshit. freakteach
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