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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16338
Wohnort: Arena of Air
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(#153045) Verfasst am: 19.07.2004, 22:26 Titel: Toten-Gedanken |
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Liebe Häusler,
seit letzter Woche hat sich an meiner Familie etwas geändert. Anfang letzter Woche wurde meine 84jährige, bettlägerige Großmutter wegen "unspezifischen Unwohlseins" ins Krankenhaus eingeliefert, wo eine vergleichsweise unproblematische Harnwegsentzündung festgestellt wurde. Sie war auch da vergleichsweise agil, hat mit dem Personal geflachst und ist dann trotzdem unerwarteterweise am Sonntag morgen während des Gesprächs - quasi mitten im Satz - mit der Krankenschwester, die sie waschen sollte, gestorben.
Ich habe jetzt natürlich tausend Fragen und Gedanken, wobei es wahrscheinlich auf keine von ihnen eine befriedigende Antwort geben wird.
(1) Meine Großmutter war christlich, mein Großvater zumindest Zweifler (man hofft ja manchmal doch, daß es wenigstens etwas Übersinnliches gibt, wenn schon nicht Jahwe). Sie ist quasi "wie ausgeknipst" gestorben, er aber hat sich drei Monate lang mit seinem Krebs gequält, die Chemotherapie hat ihm quasi die letzte Lebensqualität geraubt. Wenn ich an meinen Kaninchenzwerg zurückdenke, dann hat der gekämpft, hat sich heftig gegen den Tod gewehrt (jedenfalls war die Einstreu großflächig verteilt), wohl auch, weil er ja nicht wußte, was dahinter kommt. Sie hingegen scheint auch ruhig geblieben zu sein, weil sie ja der Meinung war, zu wissen, was käme.
Alle interpretieren das dann verschieden: stirbt ein Christ schmerzlos, dann heißt das "Gottes Gnade". Stirbt ein Nichtchrist schmerzlos, dann heißt es, "jetzt kommt erst das Dicke". Stirbt ein Nichtchrist unter Schmerzen, dann stelle das eine Läuterung dar. Stirbt ein Christ unter Schmerzen, dann heißt es vielleicht, "Gott liebt die, die er straft", oder, wie bei Hiob, "er will, daß wir ihm unsere Liebe zu ihm beweisen".
(2) Ich bin natürlich ein bißchen erschüttert, da man Menschen, egal wie alt sie sind, ja quasi "for granted" nimmt, so als ob es nach der halben Stunde, die man ihrer Konstitution gemäß vor ein paar Wochen mit ihr geredet hat, noch viele halbe Stunden gäbe. Aber ich bin nicht so emotional wie bei meinem Opa Ende '96.
Hängt das mit meinem Alter zusammen, oder damit, daß sich meine Weltanschauung seit damals verändert hat, oder mit dem "männlichem Selbstbild" (wobei ich ja ansonsten durchaus meine Gefühle zeige)?
Oder damit, daß der Abschied von meiner Großmutter im Unterschied zu meinem Opa, der in meiner Wahrnehmung ja nur drei Monate lang wirklich "akut" krank war (wobei der Krebs, als man ihn erst festgestellt hatte, ja auch schon nicht mehr zu behandeln war, und man es trotzdem getan hat, weil er ja gerne älter als 73 geworden wäre), sieben Jahre gedauert hat, so daß vielleicht schon alles gesagt wurde?
Oder mit einer gewissen emotionalen Distanz, weil sie ja ein bißchen ein Besen war? Im Vergleich zu meinem Opa habe ich sie eigentlich als relativ hart in Erinnerung: im dritten oder vierten Schuljahr hatte man als Kind ja Aufklärungsunterricht, und man gibt piepsend ja die lustigen Worte, die man da gelernt hat, wieder. Da war ich wohl für eine Woche auf Urlaub bei ihnen. Sie hat sich also sehr darüber ereifert, bis zum Ende meines Besuches, und hinterher noch meinen Eltern unter die Nase gerieben, daß sie mich dazu anhalten sollten, diese Worte in dem Alter für mich zu behalten. Ansonsten war sie natürlich auch frustriert über ihre hilflose Lage: kaum im Altenheim angekommen (das erste: sie wollte dann in ihre Stadt zurück, was bloß leidliche 6000 DM Abstand gekostet hat), hat sie dann schonmal einen Teller mit Erbsensuppe umgekippt, mich eine Memme genannt, ...
Oder kommt erst alles heraus, weil ich im Moment selbst genug zu tun habe (durfte mir heute z.B. ein Vortragsthema für meine PG aussuchen)? Jedenfalls ist sie bis Mittwoch morgen beim Bestattungsinstitut in einem Themenraum namens "Stil" (die Möbel gefallen mir gar nicht so gut) aufgebahrt. Wir saßen 1 3/4 Stunden dort drin und haben geredet, so eigentlich dreimal solange wie zu Lebzeiten. Ich weiß nicht, ob es klug war, mich breitschlagen zu lassen, sie mir tatsächlich anzusehen, und ob es mich verfolgt. (Ich habe mir meinen Opa nicht angesehen, und trotzdem heftiger geheult.)
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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Nordseekrabbe linker Autist
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 31152
Wohnort: Dresden
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(#153053) Verfasst am: 19.07.2004, 22:42 Titel: Re: Toten-Gedanken |
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Critic hat folgendes geschrieben: | Liebe Häusler,
seit letzter Woche hat sich an meiner Familie etwas geändert. Anfang letzter Woche wurde meine 84jährige, bettlägerige Großmutter wegen "unspezifischen Unwohlseins" ins Krankenhaus eingeliefert, wo eine vergleichsweise unproblematische Harnwegsentzündung festgestellt wurde. Sie war auch da vergleichsweise agil, hat mit dem Personal geflachst und ist dann trotzdem unerwarteterweise am Sonntag morgen während des Gesprächs - quasi mitten im Satz - mit der Krankenschwester, die sie waschen sollte, gestorben. |
Critic, ich möchte Dir erstmal mein Beileid aussprechen. Es tut mir sehr leid.
Critic hat folgendes geschrieben: |
Ich habe jetzt natürlich tausend Fragen und Gedanken, wobei es wahrscheinlich auf keine von ihnen eine befriedigende Antwort geben wird.
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Kann ich nachvollziehen.
Critic hat folgendes geschrieben: |
(1) Meine Großmutter war christlich, mein Großvater zumindest Zweifler (man hofft ja manchmal doch, daß es wenigstens etwas Übersinnliches gibt, wenn schon nicht Jahwe). Sie ist quasi "wie ausgeknipst" gestorben, er aber hat sich drei Monate lang mit seinem Krebs gequält, die Chemotherapie hat ihm quasi die letzte Lebensqualität geraubt. |
Es liegt in der Natur der Sache, dass Todesprozesse, bzw. Krankheiten, die tödlich verlaufen, unterschiedlich ablaufen.
Wobei mich das, was Du da sagst, wieder auch daran erinnert, dass meine Mutter sich derzeit wieder einer Chemotherapie unterziehen muss.
Critic hat folgendes geschrieben: |
Wenn ich an meinen Kaninchenzwerg zurückdenke, dann hat der gekämpft, hat sich heftig gegen den Tod gewehrt (jedenfalls war die Einstreu großflächig verteilt), wohl auch, weil er ja nicht wußte, was dahinter kommt. Sie hingegen scheint auch ruhig geblieben zu sein, weil sie ja der Meinung war, zu wissen, was käme.
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Auch ein Christ kann nicht letztendliche Gewissheit haben. Ich denke, es wird so gewesen sein, dass sie gehofft hat, zu wissen, was nach dem Tode kommt.
Critic hat folgendes geschrieben: |
Aber ich bin nicht so emotional wie bei meinem Opa Ende '96.
Hängt das mit meinem Alter zusammen, oder damit, daß sich meine Weltanschauung seit damals verändert hat, oder mit dem "männlichem Selbstbild" (wobei ich ja ansonsten durchaus meine Gefühle zeige)?
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Ich denke, Trauer läuft immer unterschiedlich ab (kommt ja auch auf das Verhältnis an, was man zu dem Verstorbenen hatte). Und ausserdem ist es noch recht früh, bzw. das Ableben ist noch nicht allzulange her. Gut möglich also, dass die Trauer noch irgendwann kommt.
Critic hat folgendes geschrieben: |
Oder damit, daß der Abschied von meiner Großmutter im Unterschied zu meinem Opa, der in meiner Wahrnehmung ja nur drei Monate lang wirklich "akut" krank war (wobei der Krebs, als man ihn erst festgestellt hatte, ja auch schon nicht mehr zu behandeln war, und man es trotzdem getan hat, weil er ja gerne älter als 73 geworden wäre), sieben Jahre gedauert hat, so daß vielleicht schon alles gesagt wurde?
Oder mit einer gewissen emotionalen Distanz, weil sie ja ein bißchen ein Besen war? Im Vergleich zu meinem Opa habe ich sie eigentlich als relativ hart in Erinnerung: im dritten oder vierten Schuljahr hatte man als Kind ja Aufklärungsunterricht, und man gibt piepsend ja die lustigen Worte, die man da gelernt hat, wieder. Da war ich wohl für eine Woche auf Urlaub bei ihnen. Sie hat sich also sehr darüber ereifert, bis zum Ende meines Besuches, und hinterher noch meinen Eltern unter die Nase gerieben, daß sie mich dazu anhalten sollten, diese Worte in dem Alter für mich zu behalten. Ansonsten war sie natürlich auch frustriert über ihre hilflose Lage: kaum im Altenheim angekommen (das erste: sie wollte dann in ihre Stadt zurück, was bloß leidliche 6000 DM Abstand gekostet hat), hat sie dann schonmal einen Teller mit Erbsensuppe umgekippt, mich eine Memme genannt, ...
Oder kommt erst alles heraus, weil ich im Moment selbst genug zu tun habe (durfte mir heute z.B. ein Vortragsthema für meine PG aussuchen)? Jedenfalls ist sie bis Mittwoch morgen beim Bestattungsinstitut in einem Themenraum namens "Stil" (die Möbel gefallen mir gar nicht so gut) aufgebahrt. Wir saßen 1 3/4 Stunden dort drin und haben geredet, so eigentlich dreimal solange wie zu Lebzeiten. Ich weiß nicht, ob es klug war, mich breitschlagen zu lassen, sie mir tatsächlich anzusehen, und ob es mich verfolgt. (Ich habe mir meinen Opa nicht angesehen, und trotzdem heftiger geheult.) |
Das, was Du beschreibst, denke ich, könnte alles gut möglich sein. Wichtig finde ich, dass ihr die Zeit hattet bzw. Euch nahmt, so lange von ihr Euch zu verabschieden. Ich denke, für die Trauer ist es u. U. wichtig, sich persönlich am aufgebahrten Sarg von dem Verstorbenen zu verabschieden.
_________________ Autismus macht kein Urlaub.
"Seid unbequem. Seid Sand, nicht Öl im Getriebe der Welt." (Günter Eich)
"Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir für die Welt wünschst." (Mahatma Gandhi)
"Soldaten sind Mörder." (Kurt Tucholsky)
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16338
Wohnort: Arena of Air
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(#153062) Verfasst am: 19.07.2004, 23:19 Titel: |
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"Eben noch auf Armeslänge, nun schon 750 Jahre entfernt..." Am schlimmsten ist es irgendwie, wenn man an sich selbst denkt: "Wer begleitet mich auf meinem letzten Weg, hält meine Hand oder mich in seinen Armen, wer wehrt sich mit Zähnen und Klauen dagegen, daß man mir die Hände faltet, [wer jagt den Pfaffen weg , ] und wer trägt meine Knochen auf ihrem letzten Weg?"
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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annox Grim Reaper
Anmeldungsdatum: 30.05.2004 Beiträge: 5800
Wohnort: Berlin
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(#153069) Verfasst am: 19.07.2004, 23:45 Titel: |
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Critic hat folgendes geschrieben: | "Eben noch auf Armeslänge, nun schon 750 Jahre entfernt..." Am schlimmsten ist es irgendwie, wenn man an sich selbst denkt: "Wer begleitet mich auf meinem letzten Weg, hält meine Hand oder mich in seinen Armen, wer wehrt sich mit Zähnen und Klauen dagegen, daß man mir die Hände faltet, [wer jagt den Pfaffen weg , ] und wer trägt meine Knochen auf ihrem letzten Weg?" |
Als mein Grossvater starb war ich wuetend auf ihn, weil er mich einfach so zurueckliess.
Waehrend der Gedenkveranstaltung, die ausgerechnet in einer Kapelle stattfand, musste ich mich muehsam zusammenreissen um nicht aufzupringen, dem Pinguin seinen Zettel wegzunehmen und das elende Kreuz von der Wand zu reissen...
_________________ Ich bin jenes Pferd, das unter der Peitsche der Kutscher den Wagen voller Gesindel hinter sich her ziehen muss.
[Sadegh Hedayat]
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Hannibal Freiheitskämpfer
Anmeldungsdatum: 07.11.2003 Beiträge: 5062
Wohnort: Wien
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(#153094) Verfasst am: 20.07.2004, 01:56 Titel: |
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Also meine Theorie, was nach dem Tod sein könnte, ist nicht ganz so einfach:
Meine und die mir an nahesten liegende Theorie(ich glaube nicht an sie und ich bin auch nicht felsenfest davon überzeugt, aber sie liegt mir halt aus vielen rationallen Gründen sehr nahe) basiert auf der folgenden Frage:
Wenn du schon einmal entstanden bist, warum sollst du dann nicht noch einmal entstehen?
Der Tod muss wohl ein völlig neutrales Gefühl sein. Man empfindet keine Langweile, weil das Bewusstsein bei Null liegen dürfte.
Die Natur hätte jedenfalls keinen Grund, einem Toten "Langweile" als einziges Gefühl zu überlassen. Logischerweise kann es daher nicht langweilig sein.
Ich nehme auch an, dass das Universum keinen Anfang und kein Ende, sondern einen in gewisserweise wiederhollenden Zyklus hat, wobei natürlich jeder Zyklus auch sehr viel anders ablaufen kann, was aber an dem Kreislauf nichts ändert.
Wenn es einen Zyklus gibt, dann entstehen auf all den Planeten, all den Galaxien dauernd neue Lebewesen. Allein auf der Erde entstehen innerhalb einer Minute so viele Lebewesen(wenn man auch Mikroorganismen dazuzählt), dass man ihre Zahl kaum ausdrücken kann. Und es gibt mit höchster Wahrscheinlichkeit noch extram viele andere Planeten mit Lebewesen, die sich laufend vermehren.
Wenn wir aber jetzt keine Minute, sondern zb. eine, zwei, oder fünf Milliarden von Jahren nehmen, dann kommen so viele neue Lebewesen "auf die Welt" und warum solltest dann nicht auch du dabei sein?
Es kann natürlich auch sein, dass die Interwalle zwischen den Leben größer sind, als zwischen den Urknallen, die vielleicht auch regelmässig erfolgen, doch diese Bedeuten meiner Theorie nach nur Neuentstehungen von Teilen des Universums.
Jetzt stellt man sich mal vor, 10 Milliarden Jahre lang tot zu sein.
Wie lange kommt das einem dann vor, wenn man tot ist? Ich nehme an, dass es so ist, als ob für ihn keine Zeit verstrichen worden wäre, so dass er es gar nicht merkt, jemals tot gewesen zu sein und ein neues Leben beginnt. Vielleicht als einfaches Bakterium, oder als ein hochentwickeltes Allien, wer weis... vielleicht werden Männer im nächsten Leben Frauen sein, oder umgekehrt.
Soviel zu meiner Theorie...
Es kann sich in der Zukunft vielleicht noch herrausstellen, dass die Angst vor dem ewigen Nichts nach dem Tod genauso lächerlich ist, wie die Angst der Menschen im Mittelalter, von der "Erdscheibe" zu fallen.
_________________ Meinungsfreiheit ausnahmslos für alle! Auch für Nazis!
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Nergal dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11433
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(#153113) Verfasst am: 20.07.2004, 04:16 Titel: |
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Kossuth, was hast du geraucht?
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Hannibal Freiheitskämpfer
Anmeldungsdatum: 07.11.2003 Beiträge: 5062
Wohnort: Wien
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(#153119) Verfasst am: 20.07.2004, 06:46 Titel: |
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Nix. Ich habe nur mein tägliches Bier gesoffen:
I´m lovin it!
_________________ Meinungsfreiheit ausnahmslos für alle! Auch für Nazis!
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Nergal dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11433
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(#153121) Verfasst am: 20.07.2004, 06:58 Titel: |
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Öhm... wenn du bereits von Almdudler high wirst dann würde ich so Sachen wie Bier erst garnicht anfassen
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nickchanger auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 07.06.2004 Beiträge: 1753
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(#153128) Verfasst am: 20.07.2004, 07:38 Titel: |
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ich glaub ja critic hat den thread etwas ernster gemeint als ihr mit eurem bier-streit.....
@critic:
meine oma war extrem christlich. ist sogar in einen nonnenbetkreis gegangen und die pinguine sind dauernd bei ihr rumgeschwirrt.
sie ist an bauspeicheldrüsenkrebs gestorben oder besser gesagt daran, dass sie ja weder suppe noch wasser bei sich behalten konnte. und sie ist unter schmerzen gestorben. ohne grosse angst, dass stimmt schon. hat sich ja sogar am vorletzten tag noch gewünscht, dass mein vater und ich zu jesus finden sollten (was die pinguine uns dann noch bis zur beerdigung dauernd mitteilten ). das ist hart
aber auf jeden fall war ihr gott in den letzten wochen definitiv nicht gut zu ihr (und vorher würde ich es auch bestenfalls als mittelmässig bezeichnen).
ich kann verstehen, dass man sich allerlei gedanken macht, bin mir aber sicher, dass du am ende dein weltbild behalten wirst. und ich weiss, dass ich auch ohne gott nicht mehr angst vorm tod hab als andere...
_________________ RKK, Mafiosi, Kinderschänder, Hetzer, Massenmörder
-
den Zusammenhang kennt jeder hier, drum bleibt er unausgesprochen!
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Eifellady Weiße Haifelbestie
Anmeldungsdatum: 19.11.2003 Beiträge: 14403
Wohnort: Wildnis der Eifel
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(#153140) Verfasst am: 20.07.2004, 08:25 Titel: |
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Hermann Hesse:
Stufen
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
_________________ Mein Account bei Facebook
Säkulare Sozialdemokrat_innen
Facebookgruppe der Säkularen Sozialdemokrat_innen
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Hannibal Freiheitskämpfer
Anmeldungsdatum: 07.11.2003 Beiträge: 5062
Wohnort: Wien
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(#153169) Verfasst am: 20.07.2004, 09:35 Titel: |
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nickchanger hat folgendes geschrieben: | ich glaub ja critic hat den thread etwas ernster gemeint als ihr mit eurem bier-streit..... |
Mensch, ärgere dich nicht.
Ich habe meine völlig ernst gemeinte Theorie hier beschrieben, als Antwort auf Critics Beitrag.
Und dann werde ich plötzlich gefragt, was ich geraucht habe... Also wundere dich nicht, wenn ich dann auf mein Almdudler zurrückkomme. Almdudler ist ein gutes Säftchen - ein Bier für echt harte Leute. Ich gehe mir gleich eins kaufen.
_________________ Meinungsfreiheit ausnahmslos für alle! Auch für Nazis!
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Eifellady Weiße Haifelbestie
Anmeldungsdatum: 19.11.2003 Beiträge: 14403
Wohnort: Wildnis der Eifel
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(#153179) Verfasst am: 20.07.2004, 09:43 Titel: |
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Kossuth hat folgendes geschrieben: | nickchanger hat folgendes geschrieben: | ich glaub ja critic hat den thread etwas ernster gemeint als ihr mit eurem bier-streit..... |
Mensch, ärgere dich nicht.
Ich habe meine völlig ernst gemeinte Theorie hier beschrieben, als Antwort auf Critics Beitrag.
Und dann werde ich plötzlich gefragt, was ich geraucht habe... Also wundere dich nicht, wenn ich dann auf mein Almdudler zurrückkomme. Almdudler ist ein gutes Säftchen - ein Bier für echt harte Leute. Ich gehe mir gleich eins kaufen.  |
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Säkulare Sozialdemokrat_innen
Facebookgruppe der Säkularen Sozialdemokrat_innen
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Schmerzlos auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 02.08.2003 Beiträge: 4554
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(#153376) Verfasst am: 20.07.2004, 15:51 Titel: |
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SUTTA-NIPÁTA, Lehr-Dichtungen
III:8. Der Dorn (Salla-Sutta)
592
Und so auch Klage, Sehnsucht, Trübsal, die ihm kommen.
Der Sucher nach dem eigenen Glück, er möge ausziehn eigenen Dorn.
593
Wer ausgezogen hat den Dorn, wird, ledig so, den Geistesfrieden finden.
Wer allen Kummer von sich abgetan, der Kummerfreie wird erlöst.
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16338
Wohnort: Arena of Air
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(#153518) Verfasst am: 20.07.2004, 22:25 Titel: |
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Svantevit hat folgendes geschrieben: | Als mein Grossvater starb war ich wuetend auf ihn, weil er mich einfach so zurueckliess.
Waehrend der Gedenkveranstaltung, die ausgerechnet in einer Kapelle stattfand, musste ich mich muehsam zusammenreissen um nicht aufzupringen, dem Pinguin seinen Zettel wegzunehmen und das elende Kreuz von der Wand zu reissen... |
Meine Großmutter hat noch einen Tag vor Opas Tod meiner Mutter damit gedroht, sie achtkantig rauszuwerfen. Man ist im Streit auseinandergangen, nicht mit ihm, damals wohl aber mit ihr. (Er hat trotz Darm- und Leberkrebs nicht gejammert. Vor dem Krebs hatte man von ihm nichtmal gekannt, daß er sich ins Bett gelegt hätte, weil ihm unwohl gewesen wäre.) Sie hat sich wohl hilflos gefühlt, hat sich gedacht: "Was mache ich, wenn er jetzt stirbt?" Es war also schon von Glück zu sagen, daß mein Vater zu ihr gefahren ist, als sie nachts völlig aufgelöst angerufen hat, daß es zu Ende geht. (Er wollte uns das nicht zumuten.)
Wir waren ja so schlechte Kinder und Enkel: Als sie dann ein halbes Jahr später das erste Mal ins Krankenhaus mußte, hat sie dann dem Personal Räuberpistolen erzählt, daß sie ja schon drei Tage lang nichts zu essen gekriegt hätte, und als man ihr dann was gebracht hatte, hat sie, kaum daß die Schwester das Zimmer verlassen hatte, dann gleich gefrotzelt, eigentlich habe sie ja gar keinen Hunger. Wir waren schon böse, daß wir sie, die in etwa soviel gewogen hat wie wir alle drei zusammen, nach ihrem Schlaganfall drei Monate später ins Altersheim eingeliefert hatten. Man hat sich mit ihr immer wieder verzankt, aber später ist sie zahmer geworden, und man ist nicht im Streit mit ihr auseinandergegangen.
Ich war damals natürlich frustriert. Er wollte wohl auch älter werden als 73. Und der Gipfel war wohl die reichlich "lohnenswerte" "Trauerfeier" in dem Saal für 100 Personen, neben uns und dem Orgelspieler dann nur noch meine andere Großmutter kam. Damals hat die eine oder der andere Bekannte meines Opas ja noch gelebt, zumindest seine "Sandkastenfreundin" und die Bekannte, die in letzter Zeit dann schonmal einkaufen gegangen war, hat dann gemeckert, daß man sie nicht eingeladen hätte. Der Verstorbene wollte allerdings in aller Stille, ohne Trauergerede, beerdigt werden. Einmal noch Feuer unter dem Hintern, und dann von seiner Tochter durchgeschüttelt werden... Hinterher gab's dann Kartoffelsuppe.
Er hat sich aber verabschiedet, zumindest mag man das meinen. Ein paar Monate nach seinem Tod habe ich von ihm geträumt: Wir saßen im Wohnzimmer in der Wohnung, die wir in Realität schon leergeräumt hatten. Dann kam er rein, und wir hatten in dem Moment die richtigen Gefühle. Ich hatte vorher, zumindest erinnere ich nicht, nie in Farbe geträumt. Diesmal schon. Ich wollte nicht aufwachen, als wir uns zum letzten Mal so in den Armen lagen. Und trotzdem trieb es mich dazu. Danach habe ich auch so das letzte Mal geheult. Sagen wir so: Ein paar motivierende Worte fehlen hin und wieder doch. Aber man hat es vielleicht im groben und ganzen "verarbeitet" (was immer das ist).
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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Kunigunde Seltsam
Anmeldungsdatum: 10.08.2003 Beiträge: 655
Wohnort: zu Hause
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(#163054) Verfasst am: 07.08.2004, 19:35 Titel: |
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Nun ist vor 2 Wochen auch meine Mutter gestorben. Sie hatte ein Lymphom. Die Todesursache war aber die Chemotherapie, die sozusagen das Immunsystem plattgemacht hat und es so zu einem septischem Schock kam.
Dabei war im Mai noch die Rede, dass der Tumor verschwunden sei. Es war die letzteChemo und ich kann es immer noch nicht fassen, weil es eben noch so viel Hoffung auf Heilung gab.
Das Internet hat mir ein bißchen geholfen vor allem das Forum vom INKA-Net (für Krebspatienten), ein Trauerforum (zwar von der kath. Kirche, aber die User sind weltanschaulich relativ neutral), weil die mir zeigten, das es noch viele Meschen gibt, denen es so scheiße geht und auch das FGH mit den Usern, die doch so wohltuend "normale" Probleme haben, daß ich auf dem Teppich bleibe.
Doch was mich aber sehr ärgert und hier ansprechen will, war die Trauerfeier, eine christliche. Ich habe meine Schwester gebeten, dem Pfaffen beizubringen, daß er auf die anwesenden Atheisten Rücksicht nehmen soll (Ich konnte an dem Gespräch nicht teilnehmen). Ein Vaterunser und zwei Lieder und vielleicht einige Erwähnungen Gottes hätte ich ja noch toleriert, aber was der Typ daraus gemacht hat spottet jeder Beschreibung. Ich wollte keine kirchliche Feier und somit wäre doch ein Kompromiss angezeigt gewesen.
Als der Typ von Englein, die über Jerusalem schweben oder ähnlichen Quatsch gelabert hat, wäre ich am liebsten rausgegangen. Und dann sagte er auch noch so was wie "wir sind alle Christen". NEIN ICH NICHT!!! Meinem Vater zuliebe (auch Atheist) bin ich es nicht. Ich hätte mir meinen Diskman mitnehmen sollen und meine Trauer im Hören von Metallica ausleben sollen. Das hätte mit mehr gebracht. Jedenfalls habe ich wedr gebetet oder sogetan (Ich habe aufrecht dagesessen und die Hände weit auseinander auf die Vorderbank gelegt und nicht gesungen oder so getan, niemand kann mich zu8 religiösen Ritualen zwingen, was würde denn der Pfaffe in einer Moschee tun? Bestimmt nicht seinen Arsch nach Westen in die Höhe recken)
So habe ich zu meiner Trauer auch noch diese Wut.
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Nordseekrabbe linker Autist
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 31152
Wohnort: Dresden
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(#163109) Verfasst am: 07.08.2004, 21:39 Titel: |
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Cirsium hat folgendes geschrieben: | Nun ist vor 2 Wochen auch meine Mutter gestorben. Sie hatte ein Lymphom. Die Todesursache war aber die Chemotherapie, die sozusagen das Immunsystem plattgemacht hat und es so zu einem septischem Schock kam. |
Das tut mir sehr leid für Dich. Ich möchte Dir auf diesem Wege mein herzliches Beileid aussprechen.
cirsium hat folgendes geschrieben: |
Dabei war im Mai noch die Rede, dass der Tumor verschwunden sei. Es war die letzteChemo und ich kann es immer noch nicht fassen, weil es eben noch so viel Hoffung auf Heilung gab.
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Das wird bestimmt auch noch lange dauern.
Cirsium hat folgendes geschrieben: |
Doch was mich aber sehr ärgert und hier ansprechen will, war die Trauerfeier, eine christliche. Ich habe meine Schwester gebeten, dem Pfaffen beizubringen, daß er auf die anwesenden Atheisten Rücksicht nehmen soll (Ich konnte an dem Gespräch nicht teilnehmen). Ein Vaterunser und zwei Lieder und vielleicht einige Erwähnungen Gottes hätte ich ja noch toleriert, aber was der Typ daraus gemacht hat spottet jeder Beschreibung. Ich wollte keine kirchliche Feier und somit wäre doch ein Kompromiss angezeigt gewesen.
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War deine Mutter denn Christin (Ev. oder Kath.)?
Cirsium hat folgendes geschrieben: |
Als der Typ von Englein, die über Jerusalem schweben oder ähnlichen Quatsch gelabert hat, wäre ich am liebsten rausgegangen. Und dann sagte er auch noch so was wie "wir sind alle Christen". NEIN ICH NICHT!!! Meinem Vater zuliebe (auch Atheist) bin ich es nicht. |
Nur Deinem Vater zuliebe? Oder bist Du nicht auch aufgrund eigener Überzeugung zum Atheismus gelangt?
Cirsium hat folgendes geschrieben: |
So habe ich zu meiner Trauer auch noch diese Wut. |
Kann ich verstehen. Ist es Dir vielleicht möglich, Deine Wut in irgendeiner Form dem Pfaffen gegenüber (in einem Protestbrief oder Mail oder Telefon oder persönliches Gespräch) zukommen zu lassen? Dann hast Du deine Wut wenigstens rausgelassen und ich denke, dass wäre sehr wichtig.
_________________ Autismus macht kein Urlaub.
"Seid unbequem. Seid Sand, nicht Öl im Getriebe der Welt." (Günter Eich)
"Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir für die Welt wünschst." (Mahatma Gandhi)
"Soldaten sind Mörder." (Kurt Tucholsky)
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16338
Wohnort: Arena of Air
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(#163155) Verfasst am: 08.08.2004, 01:04 Titel: |
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Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben: | Cirsium hat folgendes geschrieben: | Nun ist vor 2 Wochen auch meine Mutter gestorben. Sie hatte ein Lymphom. Die Todesursache war aber die Chemotherapie, die sozusagen das Immunsystem plattgemacht hat und es so zu einem septischem Schock kam. |
Das tut mir sehr leid für Dich. Ich möchte Dir auf diesem Wege mein herzliches Beileid aussprechen. |
Ich möchte mich wohl anschließen.
Cirsium hat folgendes geschrieben: |
Doch was mich aber sehr ärgert und hier ansprechen will, war die Trauerfeier, eine christliche. Ich habe meine Schwester gebeten, dem Pfaffen beizubringen, daß er auf die anwesenden Atheisten Rücksicht nehmen soll (Ich konnte an dem Gespräch nicht teilnehmen). Ein Vaterunser und zwei Lieder und vielleicht einige Erwähnungen Gottes hätte ich ja noch toleriert, aber was der Typ daraus gemacht hat spottet jeder Beschreibung. Ich wollte keine kirchliche Feier und somit wäre doch ein Kompromiss angezeigt gewesen.
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Wir haben (Urnenbeisetzung war letzten Freitag, also am 6.) auch nicht "gefeiert", niemanden zusätzlich dazu eingeladen, nicht das Altenheim, nicht die letzten beiden Bekannten, die meine Oma wohl noch so hatte (eine davon ist an die 90), und ihr letztes lebendes "Geschwist", die jüngste Schwester (77) hätte es wohl auch nicht verkraftet. Was mir auffiel: die Bestatterin hat zunächst am Grab einen kleinen Monolog gehalten, der durchaus unproblematisch war: "Wir legen sie nun zurück in die Erde, den Ursprung und das Ziel allen Lebens." Allerdings um dann zu einem Gebet anzusetzen, über den "Gott der Anfänge". Ich konnte ja schlecht opponieren, zumal meine Oma ja daran geglaubt hat. Aber ich konnte damit nix anfangen, weil Gebete für mich Autosuggestionen sind. Das hat irgendwie die Stimmung ein wenig beschädigt.
Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben: |
Cirsium hat folgendes geschrieben: |
So habe ich zu meiner Trauer auch noch diese Wut. |
Kann ich verstehen. Ist es Dir vielleicht möglich, Deine Wut in irgendeiner Form dem Pfaffen gegenüber (in einem Protestbrief oder Mail oder Telefon oder persönliches Gespräch) zukommen zu lassen? Dann hast Du deine Wut wenigstens rausgelassen und ich denke, dass wäre sehr wichtig. |
Es ist noch eine ganz andere Art von Gedanken: wem kann man noch Dinge vorwerfen? Damals, als es bei meinem Opa ans Sterben ging, hat Oma am Tag vorher nochmal angerufen und gefragt, ob ich den Opa sprechen wollte. In dem Moment konnte ich tatsächlich nicht antworten, hatte ich doch gerade erst realisiert, daß ich ihn bald verlieren würde. Sie hat dann gesagt: "Nein? Dann ist gut, auf Wiedersehen." So in der Art. Im Hintergrund war er zu hören, natürlich nicht vollständig klar, wegen des Morphiums. Aber ich hatte eben das Gefühl, um irgendetwas betrogen worden zu sein.
Mein Kaninchenzwerg war noch warm, als ich nach Hause kam und ihn tot gefunden habe.
Jetzt wieder. Am Samstag vorher waren meine Eltern noch hingefahren, auf Krankenbesuch. Oma war guter Dinge, daß sie in der Woche wieder ins Altenheim zurückfahren würde, aber irgendwie hatten sie mir - der ich für die Uni zu tun hatte, und mich wieder auf ein volles Programm "gefreut" habe - ausgeredet, mitzufahren, weil ja dann in ein paar Tagen... Tja. Es hatte sich dann erledigt, und der nächste Besuch war in dem Raum, in dem sie aufgebahrt lag. Ich weiß jetzt immer noch nicht, wie ich denken soll. Ich sollte doch langsam meinen Willen durchsetzen, all das heute zu machen, von dem ich nicht weiß, ob ich das morgen immer noch tun kann.
Ansonsten komme ich mir dann wieder zu hart vor. Ich habe mich noch vor ein paar Wochen darüber ereifert, daß in meiner Nähe ein Frauchen davon erzählt hatte, ihr Opa sei gestorben und "heute war die Beerdigung", und hihi. Dabei habe ich selbst eigentlich nur am Todestag und einen Tag später in dem Raum geheult, nicht mal bei der Beerdigung richtig.
(Man sollte ja nicht "für die Leute" heulen oder beten. Man überlege aber, wenn es sowas wie ein Jenseits gibt - was ja auch ohne die Existenz eines Gottes möglich sein könnte -, was die Frau sich jetzt denken würde... Da schwirrt irgendwo der Geist seines Kaninchens rum, und erzählt ihr, daß der Kritiker um den Zwerg zwei ganze Tage Rotz und Wasser geheult hat, und um seine Oma auch nicht viel länger. Und dann sieht sie das Chaos in seinem "großen Zimmer" [haha]. Beste Voraussetzungen, paranoid zu werden. )
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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Kunigunde Seltsam
Anmeldungsdatum: 10.08.2003 Beiträge: 655
Wohnort: zu Hause
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(#163833) Verfasst am: 09.08.2004, 21:57 Titel: |
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@ Nordseekrabbe
Meine Mutter war wohl noch Kirchensteuerzahlerin, aber sonst nichts weiter. Ich habe mich einmal darüber mit ihr unterhalten und da kam raus, daß sie die Kirche nicht mag. Ich kenne meine Eltern nicht als Christen, ich wurde nicht getauft usw.
Aber bei einer Trauerfeier ist doch eher wichtig, was die Hinterbliebenen glauben oder eben nicht.
Bei meinem Opa war noch ein anderer Pfarrer, ein ganz junger. Der hat das ganz gut gemacht. Den hat man aber weggeekelt, weil er zu liberal war
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Ekkard registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.08.2004 Beiträge: 14
Wohnort: overath
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(#163844) Verfasst am: 09.08.2004, 22:50 Titel: |
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Hallo ihr, die ihr Trauer empfindet und Abschied nehmen musstet:
Was stört euch an christlich geprägten Begräbnissen und Trauerreden? Ist es nicht eher so, dass hier latent weltanschauliche Kämpfe unter der Oberfläche bürgerlichen Wohlverhaltens toben? Siehe:
Cirsium hat folgendes geschrieben: | Ich habe meine Schwester gebeten, dem Pfaffen beizubringen, daß er auf die anwesenden Atheisten Rücksicht nehmen soll (Ich konnte an dem Gespräch nicht teilnehmen). Ein Vaterunser und zwei Lieder und vielleicht einige Erwähnungen Gottes hätte ich ja noch toleriert, aber was der Typ daraus gemacht hat spottet jeder Beschreibung. Ich wollte keine kirchliche Feier ... |
Ich bin Christ und mich würde die Grabrede eines Atheisten höchstens interessieren. Gewiss würde es einem Atheisten kaum unterlaufen, alle als Christen zu vereinnahmen. Aber die Umkehrung habe ich bei anderer Gelegenheit auch schon gehört: ”Wir sind alle erst einmal kleine Atheisten, bis man uns umerzieht” (schmeichelhaft ausgedrückt). Na und? Kann man innerhalb der Familien und Dorf- oder Stadtgemeinschaften in einer solchen Situation nicht soviel Toleranz aufbringen in Fragen, die letztlich nur subjektiv zu beantworten sind?
Cirsium hat folgendes geschrieben: | Als der Typ von Englein, die über Jerusalem schweben oder ähnlichen Quatsch gelabert hat, wäre ich am liebsten rausgegangen .... niemand kann mich zu religiösen Ritualen zwingen, | Sei sicher, dass solche Trauerreden oder -feiern auch eingefleischten Christen zum Hals heraus fallen. Wie wär’s für die Zukunft, die Feier detailliert zu besprechen?
Cirsium hat folgendes geschrieben: | So habe ich zu meiner Trauer auch noch diese Wut. |
Ja, verstehe ich, weil ich das v.g. “Gelabere” ganz genau so wenig mag. Aber deine Wut muss sich auch gegen jene Umstände richten, als du an dem entscheidenden Gespräch nicht hast teilnehmen können.
_________________ Mit freundlichem Gruß
Ekkard
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Die Realität ist mystischer als jeder Mythos
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Nordseekrabbe linker Autist
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 31152
Wohnort: Dresden
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(#163854) Verfasst am: 09.08.2004, 23:09 Titel: |
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Cirsium hat folgendes geschrieben: |
Aber bei einer Trauerfeier ist doch eher wichtig, was die Hinterbliebenen glauben oder eben nicht. |
Natürlich.
_________________ Autismus macht kein Urlaub.
"Seid unbequem. Seid Sand, nicht Öl im Getriebe der Welt." (Günter Eich)
"Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir für die Welt wünschst." (Mahatma Gandhi)
"Soldaten sind Mörder." (Kurt Tucholsky)
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Ekkard registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.08.2004 Beiträge: 14
Wohnort: overath
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(#163855) Verfasst am: 09.08.2004, 23:16 Titel: |
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Hallo Kossuth,
Du hast sicher recht, wenn du den Zustand “tot-Sein” zeitlos betrachtest. Für mich steckt dahinter eine Dimension jenseits von Zeit. Dadurch, dass du einmal gelebt hast, bist du Teilnehmer am Spiel des Lebens in allen Dimensionen - gleichgültig ob es drei mit Zeit sind oder wie viele auch immer.
Kossuth hat folgendes geschrieben: | Wenn du schon einmal entstanden bist, warum sollst du dann nicht noch einmal entstehen? | Das ist richtig. Andererseits ist diese Ansicht nicht tröstlich, oder erlösend. Du musst bedenken, die meisten Leben sind schier unerträglich, weil lieblos, gewalttätig und karg. Wieder zu erstehen in solcher Situation ist eher Strafe für zeitweiliges Wohlergehen als ein beruhigender Ausblick.
Kossuth hat folgendes geschrieben: | Wenn wir aber jetzt keine Minute, sondern zb. eine, zwei, oder fünf Milliarden von Jahren nehmen, dann kommen so viele neue Lebewesen "auf die Welt" und warum solltest dann nicht auch du dabei sein? | Du solltest einmal Tipler “Die Physik der Unsterblichkeit” lesen. Der Mann ist unter Wissenschaftlern sehr umstritten. Aber seine Thesen haben Hand und Fuß. Die Bedeutung für den eigenen Mythos muss jeder für sich selbst ausmachen!
Kossuth hat folgendes geschrieben: | Es kann sich in der Zukunft vielleicht noch herrausstellen, dass die Angst vor dem ewigen Nichts nach dem Tod genauso lächerlich ist, wie die Angst der Menschen im Mittelalter, von der "Erdscheibe" zu fallen. | Richtig. Ich denke, Menschen, die sich mit diesen Fragen auseinander gesetzt haben, kommen alle zu demselben Schluss. Ich persönlich habe keine Angst vor dem tot-Sein, gleichwohl aber vor den Übeln des letzten Lebensabschnitts. Und damit bin ich noch keineswegs fertig. (Siehe die Sache mit der Chemotherapie).
_________________ Mit freundlichem Gruß
Ekkard
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Die Realität ist mystischer als jeder Mythos
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#163858) Verfasst am: 09.08.2004, 23:20 Titel: |
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Cirsium hat folgendes geschrieben: | Aber bei einer Trauerfeier ist doch eher wichtig, was die Hinterbliebenen glauben oder eben nicht |
Ich halte für wichtig, was der Verstorbene wollte.
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Nav Gast
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(#163859) Verfasst am: 09.08.2004, 23:23 Titel: |
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Ekkard hat folgendes geschrieben: |
Ich bin Christ und mich würde die Grabrede eines Atheisten höchstens interessieren. Gewiss würde es einem Atheisten kaum unterlaufen, alle als Christen zu vereinnahmen. Aber die Umkehrung habe ich bei anderer Gelegenheit auch schon gehört: ”Wir sind alle erst einmal kleine Atheisten, bis man uns umerzieht” (schmeichelhaft ausgedrückt). Na und? Kann man innerhalb der Familien und Dorf- oder Stadtgemeinschaften in einer solchen Situation nicht soviel Toleranz aufbringen in Fragen, die letztlich nur subjektiv zu beantworten sind?
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Interessant, diese Frage von einem Christen zu hören.
Ich selbst habe schon vor langer Zeit in meinem familiären Umfeld klargemacht, daß ich im Falle meines Ablebens eine streng nichtreligiöse Beisetzung wünsche - aber ich möchte auch nach dem Tod noch nützlich sein.
So wissen alle, die mich kennen, daß ich möchte, daß alle meine Organe für Transplantationszwecke verwendet werden sollen (sofern möglich) - wo das nicht geht, hat sich bitte die Wissenschaft dieser anzunehmen (bevorzugt in Sachen Krebs- aber auch Gehirnforschung).
Der Rest ist einfach einzuäschern.
Ich möchte auf keinen Fall, daß sich das Pfaffengesindel auch noch eine goldene Nase an der Ausrichtung einer vielleicht noch nach Keuschheit stinkenden, katholischen Begräbnisfeierlichkeit verdient oder daß die Leute an jenem Tag vielleicht noch El Navigatore in einem häßlichen Sarg mit einem noch viel häßlicherem Grabstein drüber, dem schon der Flair modrigen Totenkultes anhängt, den Würmern überlassen, wo seine Biomasse doch viel mehr zu leisten in der Lage wäre.
Nein, hier kann niemand Toleranz von mir verlangen - wozu auch? Wer hat denn einen Schaden, wenn man mir irgendwann (ich hoffe, der Moment liegt noch in weiter Ferne!) diesen Wunsch erfüllt?
Weil man nicht einen Leichenschmaus abhalten kann?
Unsinn!
Wer hält sie davon ab, sich von meinem Tod daran erinnert zu fühlen, daß es eine Lust ist, zu leben?
Gerade darauf würde ich bestehen - wenn ich mal nicht mehr bin, dann sollen meine Lieben (die 3 Familien, denen ich mich zugehörig fühle, aber auch meine Freunde und meine engsten Vertrauten!) ein Faß aufmachen, Schweinenackenkotelettes in Honigmarinade futtern, die eine oder andere Tüte kreisen lassen und das Positive sehen.
Ich war dann mal da, habe meinen Teil beigetragen, habe das eine oder andere vielleicht sogar positive ausrichten können... und das wars schon.
Nach dem nächsten Sonnenaufgang hat Mutter Erde vielleicht einen Sohn weniger, aber wenn es nicht nur negative Gefühle sind, die ich hinterlasse, sondern auch Erinnerungen positiver Natur, dann lebe ich weiter.
Aber niemals würde ich wollen, daß ich begraben werde. Oder vielleicht jemand mein ganzes beleidigt, indem er an meinem Grab betet - auch der Verzicht auf diese besonders kaltblütige Form der Beleidigung eines aufrechten und wahrhaftigen Rationalisten ist zweifellos ein Zeichen von der Akzeptanz des Begriffs "Würde".
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Ekkard registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.08.2004 Beiträge: 14
Wohnort: overath
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(#163875) Verfasst am: 09.08.2004, 23:41 Titel: |
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Nav hat folgendes geschrieben: | Ich möchte auf keinen Fall, daß sich das Pfaffengesindel auch noch eine goldene Nase an der Ausrichtung einer vielleicht noch nach Keuschheit stinkenden, katholischen Begräbnisfeierlichkeit verdient | Sag, wann lebst du - das "Pfaffengesindel" verdient überhaupt nichts an Trauerfeiern. Im Gegenteil, die Seelsorger sind froh um jedes Begräbnis, das sie nicht gestalten müssen. Sie tun's nur, weil die Leute das wollen.
Nav hat folgendes geschrieben: | Nein, hier kann niemand Toleranz von mir verlangen | Es ging um das Aushalten einer Trauerfeier, die von der Schwester bestellt worden ist, und dem Bruder wider den Strich ging.
Nav hat folgendes geschrieben: | Wer hat denn einen Schaden, wenn man mir irgendwann (ich hoffe, der Moment liegt noch in weiter Ferne!) diesen Wunsch erfüllt?
...Wer hält sie davon ab, sich von meinem Tod daran erinnert zu fühlen, daß es eine Lust ist, zu leben? | Ich glaube, du verwechselst hier etwas. Das ist doch der Sinn aller Trauer-Nachfeiern! Der Tote hat doch weder im positiven noch im negativen Sinne etwas von den Zeremonien. Deshalb schrieb ich ja: Richte deine Wut auf die Umstände, das entscheidende Gespräch nicht mitbestimmt zu haben. Es geht allein um die Lebenden, sie sollen fröhlich sein und das Leben genießen. Wut ist in diesem Zusammenhang ein höchst unangebrachtes Gefühl.
Nav hat folgendes geschrieben: | Gerade darauf würde ich bestehen - wenn ich mal nicht mehr bin, dann sollen meine Lieben ...auch meine Freunde und meine engsten Vertrauten ... ein Faß aufmachen,... | Na, dann sind wir uns wenigstens im Prinzip einig. Es lebe der Pragmatismus!
_________________ Mit freundlichem Gruß
Ekkard
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Die Realität ist mystischer als jeder Mythos
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magnusfe MASTERMISSIONATOR OF THEOLOGIK
Anmeldungsdatum: 03.08.2004 Beiträge: 3944
Wohnort: dunkler Ort :
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(#165359) Verfasst am: 13.08.2004, 20:12 Titel: Todesfurcht ... |
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... und alle die befreite, welche durch Todesfurcht das ganze Leben hindurch der Knechtschaft unterworfen waren ... (Bibelzitat)
-> das Christentum befreit von der Todesfurcht steht wörtlich in der Bibel
Beerdigungen waren für den Gründer des Christentums irrelevant ...
Matthäus 8,22: Folge
du mir nach, und lass die Toten ihre Toten begraben
Daran sieht man, dass man sobald jemand gestorben ist man nicht mehr viel Pampam darum machen soll sondern sich immer um die Lebenden kümmern soll - ist ja eigentlich auch logisch
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44647
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(#165360) Verfasst am: 13.08.2004, 20:15 Titel: |
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Klar, lasst die Toten einfach auf der Straße liegen, damit sie tausende verschiedener Krankheiten anziehen und noch mehr Menschen töten. Ist doch egal, die Toten sind ja sowieso nicht wichtig...
Sag' mal, wo wird man eigentlich so wie du?
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16338
Wohnort: Arena of Air
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(#165435) Verfasst am: 13.08.2004, 23:04 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Klar, lasst die Toten einfach auf der Straße liegen, damit sie tausende verschiedener Krankheiten anziehen und noch mehr Menschen töten. Ist doch egal, die Toten sind ja sowieso nicht wichtig...
Sag' mal, wo wird man eigentlich so wie du? |
Na, die Christen haben der Legende ("Katakomben") nach ihre Toten ja schon begraben, aber wahrscheinlich nicht mit großem Brimborium, wie das so römischer Brauch war.
Im übrigen möchte ich aber nötigen, den Thread über die Gedanken am bzw. ans Grab nicht zur üblichen Diskussion über die Inhumanität der Bibel ausarten zu lassen.
Da sagte meine Mutter dann: "Wir hätten doch mehr tun können." Und mir entfuhr es dann: "Wie denn, Klageweiber?" Man ist doch etwas aufgekratzt. "Nein, vielleicht hätte sie mal 'ne Currywurst gewollt." - "Wenn sie gewollt hätte, dann hätte sie's ja sagen können. Sie hat ja auch gesagt, wenn sie Obst mitgebracht haben wollte..." - "Du bist aber kalt." Sucht man nicht sogar nach Unterlassungssünden? Kann man sich etwas vorwerfen? Anderen Besuch hat man z.B. im Altenheim nur selten gesehen. (Jetzt fange ich schon wieder an: das einzige Altenheim am Ort ist ein gut-katholisches Heim...)
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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