Freigeisterhaus Foren-Übersicht
 FAQFAQ   SuchenSuchen   MitgliederlisteMitgliederliste   NutzungsbedingungenNutzungsbedingungen   BenutzergruppenBenutzergruppen   LinksLinks   RegistrierenRegistrieren 
 ProfilProfil   Einloggen, um private Nachrichten zu lesenEinloggen, um private Nachrichten zu lesen   LoginLogin 

Urknall und der Erklärungsbedarf
Gehe zu Seite Zurück  1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10  Weiter
 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen   Drucker freundliche Ansicht    Freigeisterhaus Foren-Übersicht -> Wissenschaft und Technik
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#72045) Verfasst am: 07.01.2004, 21:58    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Ilja,

Ilja hat folgendes geschrieben:

Schön dass du schon von Popper gehört hast. Leider scheinst du seine Einstellung zur Metaphysik nicht zu kennen. Er ist nämlich nach Selbstbeschreibung ein klassischer Metaphysiker.


PFMJI, kennst Du Dich mit Popper aus? Ich habe neulich irgendwo gelesen, dass der 'frühe' Popper davon ausging, dass man sich mit seiner Methode 'der Wahrheit' annähern könnte. Der 'späte' Popper soll davon abgekommen sein.

Hast Du schon davon gehört? Hast Du vielleicht Belegstellen?

Grüßle

Thomas
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
step
registriert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#72060) Verfasst am: 07.01.2004, 22:20    Titel: Antworten mit Zitat

Schmerzlos hat folgendes geschrieben:
Zitat:
"absolute Wahrheit" und "objektive Realität" sind aber mE nicht notwendig, solange man nicht Philosophie oder Theologie betreiben will.
- Viele Begriffe sind philosophisch auch nicht zwangsläufig notwendig.
Das ist richtig, ich sollte exakter schreiben "solange man nicht bestimmte Philosophie ... ".
Schmerzlos hat folgendes geschrieben:
Übrigens ist es nicht sehr schlüssig Philo. und Theologie in eine Kiste zu schmeissen.
Gemessen an der Naturwissenschaft schon.
Schmerzlos hat folgendes geschrieben:
Irgendwie glaube ich auch nicht, dass z.B. Philo. etwas ist, dass man betreiben muß... Lachen
Was sonst tut denn der Philosoph, wenn nicht Philosophie betreiben? OK, vielleicht Taxi fahren.
Schmerzlos hat folgendes geschrieben:
Das klingt bei Dir wie Hexerei. Lachen
Ich sehe es eher als Kunst, Gedankenakrobatik, Spiel, immerhin nicht so arrogant-aufdringlich wie Theologie ...

gruß/step
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
frajo
dauerhaft gesperrt



Anmeldungsdatum: 25.08.2003
Beiträge: 11440

Beitrag(#72156) Verfasst am: 08.01.2004, 05:48    Titel: Antworten mit Zitat

Ilja hat folgendes geschrieben:
Schön dass du schon von Popper gehört hast.

unschön, daß selbst jemand wie du, der soviel wissen vorzuweisen hat, immer noch nicht auf schläge unter die gürtellinie verzichten kann.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ilja
registrierter User



Anmeldungsdatum: 12.12.2003
Beiträge: 332

Beitrag(#72197) Verfasst am: 08.01.2004, 10:33    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Hi Ilja,

Ilja hat folgendes geschrieben:

Schön dass du schon von Popper gehört hast. Leider scheinst du seine Einstellung zur Metaphysik nicht zu kennen. Er ist nämlich nach Selbstbeschreibung ein klassischer Metaphysiker.


PFMJI, kennst Du Dich mit Popper aus? Ich habe neulich irgendwo gelesen, dass der 'frühe' Popper davon ausging, dass man sich mit seiner Methode 'der Wahrheit' annähern könnte. Der 'späte' Popper soll davon abgekommen sein.

Hast Du schon davon gehört? Hast Du vielleicht Belegstellen?

Augenblicklich liegen meine potentiellen Belegstellen in Umzugskisten. Also erstmal nur Gedächtnis. Zur Annäherung an die Wahrheit würde ich in der Logik der Forschung suchen, gelesen habe ich dazu einiges. Von einem späteren Abgehen ist mir nichts explizit bekannt. Ich habe allerdings von Popper keineswegs alles gelesen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#72237) Verfasst am: 08.01.2004, 11:21    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Ilja,

Ilja hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Hi Ilja,

Ilja hat folgendes geschrieben:

Schön dass du schon von Popper gehört hast. Leider scheinst du seine Einstellung zur Metaphysik nicht zu kennen. Er ist nämlich nach Selbstbeschreibung ein klassischer Metaphysiker.


PFMJI, kennst Du Dich mit Popper aus? Ich habe neulich irgendwo gelesen, dass der 'frühe' Popper davon ausging, dass man sich mit seiner Methode 'der Wahrheit' annähern könnte. Der 'späte' Popper soll davon abgekommen sein.

Hast Du schon davon gehört? Hast Du vielleicht Belegstellen?

Augenblicklich liegen meine potentiellen Belegstellen in Umzugskisten. Also erstmal nur Gedächtnis. Zur Annäherung an die Wahrheit würde ich in der Logik der Forschung suchen, gelesen habe ich dazu einiges. Von einem späteren Abgehen ist mir nichts explizit bekannt. Ich habe allerdings von Popper keineswegs alles gelesen.


danke für Deine Antwort.

Dass Popper die Annäherung an 'die Wahrheit', zumindest in frühen Arbeiten, explizit vertreten hat, scheint mir unstrittig zu sein. Mir ging es konkret darum, ob und warum er davon abging.

Ist natürlich eine Art Paradigmen-Wechsel: im ersten Fall gibt es 'das Sein', das sich uns zumindest so 'entbirgt', dass es Fragen negativ beantwortet. In diesem Weltbild 'gibt' es Naturgesetze, die wir nur finden müssen. Letztendlich schimmert hier die alte 'adaequatio-These' durch.

Im anderen Fall 'ist' das 'Sein' einfach, wir _konstruieren_ uns ein Theoriennetz und _beschreiben_ das 'Sein' so, als gäbe es Naturgesetze. Im zweiten Fall wäre nie garantiert, dass eine 'passende' Theorie auch 'stimmen' muss, während das im ersten Fall so gesehen wird. Im zweiten Fall kann man so weit gehen, auf den Begriff von 'Wahrheit' im oben geschilderten Sinn zu verzichten, weil wir nur zu Konstrukten in der Lage sind, die wir an nichts messen können.

Hätte sein können, dass Du das zufällig parat gehabt hast.

Grüßle

Thomas
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ilja
registrierter User



Anmeldungsdatum: 12.12.2003
Beiträge: 332

Beitrag(#72249) Verfasst am: 08.01.2004, 11:37    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Ilja hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ilja hat folgendes geschrieben:
Es geht um die Realismus-Frage, nicht um Determinismus.
Könnte Deine Betonung des Realismus ideologisch motiviert sein?
Man könnte es böswilligerweise so nennen. Detaillierter kannst du in gr-qc/0001101 im entsprechenden Kapitel nachlesen.

Habs kurz überflogen, ja, so in etwa hatte ich mir das vorgestellt, den Realismus als präferierte Raumzeitrichtung und die wissenschaftliche Revolution nach Kuhn.

Von Kuhns Wissenschaftsphilosophie halte ich übrigens nichts, aber seine Beschreibung der Wissenschaft war schon hochinteressant.

Dass du dir das so vorgestellt hast, Realismus als präferierte Raumzeitrichtung, finde ich interessant. Es war nämlich eines der für mich verblüffendsten Resultate: Dass man eigentlich nur eine philosophische Annahme über Realismus machen muss, um daraus die Existenz einer präferierten Raumzeitrichtung herzuleiten.
Zitat:

Positiv überrascht bin ich von Deiner Fachkenntnis. Eine spontane Frage (wie gesagt, ich habs nicht im Detail studiert): Müßte Dein Ansatz nicht bereits falsifiziert sein, z.B. mithilfe schwerer quantenmechanischer Objekte wie etwa Neutronensterne? Anders gesagt, mußt Du nicht, um Deine Theorie zu retten, eine Vielzahl von Effekten als Eigenschaften des Äthers postulieren, auch bei QM-Messungen usw.?

Es gibt in dem Bereich nichts, was die ART falsifiziert, und die Zusatzterme schlagen, wenn man sie genügend klein wählt, erst ganz nah am Ereignishorizont zu. Insofern reichen Neutronensterne kaum. Beobachtungen von schwarzen Löchern müssen schon her, und die können sicherlich obere Grenzen für meine Zusatzterme liefern.

Ansonsten, was meinst du damit dass ein Neutronenstern ein schweres quantenmechanisches Objekt sei? Die werden AFAIK durch klassische (thermodynamische) Näherungen beschrieben, nicht anders als Sonne und Erde auch. (Ok, Fermiverteilung mag da eine Rolle spielen.)

Die Materiefelder selbst werden ja durch die Theorie noch nicht beschrieben. Da bin ich am Arbeiten (hep-th/0209167, hep-lat/0311009). Diese Ansätze beschreiben noch nicht die elektroschwache Wechselwirkung und sind in diesem Sinne falsch weil unvollständig.

Zur Quantisierung sagt die Theorie zunächst erstmal wenig: Das Quantisierungsschema ist kanonisch, analog zur Quantisierung gewöhnlicher Materie.
Zitat:
Naja, im nächsten Urlaub lese ichs vielleicht mal genauer, auch die rejections. Eigentlich müßte ich erstmal einige zitierte papers lesen, da ich kein wirklicher GR-Experte bin. Es reicht veilleicht noch zum Verständnis Deines papers, aber ich kann nicht o.w. beurteilen, was davon neu oder schon widerlegt ist.

Ilja hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wenn ich ein Phänomen erklären möchte, z.B. das Doppelspaltexperiment, so bevorzuge ich das Modell, welches die besseren Voraussagen macht.
Das sowieso. Es geht bei hidden variables aber um Theorien, die dieselben Voraussagen machen wie die QM.

Nach meiner Ansicht beschreibt die QM ein Multiversum (das ist also für mich eine sehr naheliegende Interpretation), was unserer normalen Erfahrung (die durch schnelle makroskopische Dekohärenz geprägt ist) widerspricht. Ich sehe nicht, wo man hier verborgene Variablen annehmen müsste.

Wie geschrieben, meiner Meinung nach muss man aus philosophischen (methodologischen) Gründen den Realismus, so wie er von EPR und Bell verstanden wurde, annehmen. Eine Theorie mit verborgenen Variablen ist einfach eine die dem Realismus-Kriterium genügt, MWI genügt ihm hingegen nicht.

Zur normalen vs. unnormalen Erfahrung kann ich nur sagen, dass der Realismus alleine genommen nicht durch Erfahrung widerlegt werden kann. Es dürfte für jede Erfahrung eine realistische Theorie existieren, die damit kompatibel ist. Die Bohmsche Mechanik ist so eine Variante. Wenn man gar keine realistische Theorie als Alternative hat, kann man ja darüber nachdenken ob die Abschaffung der Realismusforderung was bringt. Nur haben wir das Problem inzwischen gelöst, somit spricht nichts mehr für eine Abschaffung des Realismus.

Ich habe übrigens vor, die Begründung des Realismus noch zu verbessern. Die Idee ist folgende: Man nehme die Wahrscheinlichkeitstheorie als "Logik der Wissenschaft" nach
http://omega.math.albany.edu:8008/JaynesBook.html
Dann überspringe man die Schwelle zwischen seinem Axiomensystem und dem von Kolmogorov (Diskussion in App. A). Die Idee ist, wenn man keine Menge elementarer Präpositionen hat, dann konstruiert man sich einfach eine, nämlich die Menge, deren Elemente maximale Mengen zueinander kompatibler Präpositionen sind. (Der Trick ist, AFAIU, als Forcing-Methode in der Mengenlehre berühmt.) Und Kolmogorov ist eigentlich fast schon alles, was man bei EPR-Bell braucht.
Zitat:

Nochwas zur Falsifikation, was ich hier auch schonmal gepostet habe: Eine solche müßte ja irgendwie mit Zustandsüberlagerungen arbeiten, also wenigstens indirekte Schlüsse auf das Verhalten anderer "Universen" zulassen. Für mich wäre bspw. die Realisierung eines Quanten-Shor-Algorithmus oder generell ein Quantencomputer so ein Experiment, denn wie sollte man in der klassischen QM erklären, wo und wann wesentliche Teile der (immer gleichen) Lösung berechnet werden?

Also wenn man nicht die methodologische Forderung des Realismus akzeptiert, kann man von der QM gar keine Erklärung verlangen. Die Frage, wo die Lösung berechnet wird, wird ja dann einfach als "nicht wissenschaftlich" abgelehnt. Das Funktionieren eines Quantencomputers ist ja eindeutig eine Voraussage der QM. Akzeptiert man Realismus in der EPR-Bell-Variante, dann passt MWI nicht hinein.
Zitat:
Ilja hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Theorien sind Vorschriften zur Simulation und Vorhersage von Wahrnehmbarem.
Mir fehlt in dieser Darstellung der Bezug zur Realität.

Das mag Dir so gehen, aber wir haben nun mal nichts außer unserer Simulationsfähigkeit und unseren Wahrnehmungen.
Ilja hat folgendes geschrieben:
Lass mich raten: Das ist gezielt und du willst eine Version der Wissenschaftstheorie die ganz ohne Begriffe wie objektive Realität und Wahrheit auskommt?

So in etwa. Zur Sprachvereinfachung können wir aber den Begriff "Realität" dennoch verwenden, wenn wir uns über seine Beschränkung klar sind.

Die wäre? BTW, wenn du mit "Simulation" eine Realisierung auf einer abstrakten Turing-Maschine meinst, bist du sicherlich an den Rahmen des klassischen Realismus gebunden.
Zitat:
"absolute Wahrheit" und "objektive Realität" sind aber mE nicht notwendig, solange man nicht Philosophie oder Theologie betreiben will.

Sicherlich kann man auch ohne diese Begriffe überleben, von Notwendigkeit zu sprechen wäre also zuviel. Aber die Begriffe sind (richtig angewendet) durchaus nützlich.
Zitat:

Ilja hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ilja hat folgendes geschrieben:
Weswegen es kein Argument ist, die These "es gibt eine objektive Wirklichkeit" abzulehnen weil sie nur eine Hypothese ist.
Sie wäre überhaupt erst eine Theorie, wenn sie falsifizierbare Voraussagen machen würde. Meiner Kenntnis nach ist es widersprüchlich, über eine "objektive Realität an sich" überhaupt zu reden.
Eine Theorie ist sie auch so, nur keine empirische Theorie (sondern eine rein metaphysische). Was aber kein Problem ist, denn im Zusammenhang mit anderen Theorien (die für sich genommen auch metaphysisch sein könnten) können daraus durchaus falsifizierbare Voraussagen rauskommen. Die ART ist übrigens in demselben Sinn rein metaphysisch. Man braucht Annahmen über die sonstige Materie um aus ihr falsifizierbare Voraussagen zu gewinnen.

Das ist richtig. Die ART macht aber (unter der ohne Zuhilfenahme anderer Theorien in der Tat metaphysischen) Annahme von Massen falsifizierbare Aussagen. Die These "es gibt eine objektive Wirklichkeit" dagegen macht auch in Verbindung mit anderen Theorien keine falsifizierbaren Aussagen, die jene Theorien nicht auch alleine machen würden. Oder?

Doch. Bells Theorem: Realismus + Einstein-Kausalität = Bellsche Ungleichung. Einstein-Kausalität alleine ergibt dies nicht. Die Bellsche Ungleichung ist nicht nur falsifizierbar sondern real falsifiziert.
Zitat:

Ilja hat folgendes geschrieben:
... eine These von Quine, die bei ihm etwas übertrieben wurde, Poppers Version ist da etwas zurechtgestutzt. Die These lautet, dass nicht einzelne Theorien sondern ganze Gruppen von Theorien, in Quines Extremversion das Gesamtgebäude der Wissenschaft einschließlich des Alltagswissens, durch Beobachtung falsifiziert werden kann. Das Problem ist, dass man, um eine Beobachtung als Falsifizierung zu interpretieren, Mengen von Annahmen über die Messapparaturen braucht, die ihrerseits wieder Mengen von Theorien brauchen usw.

Hmm, sehr philosophisch ... ja, letztlich kann man derzeit die "Orthogonalität" der wiss. Methode zu ihren Ergebnissen tatsächlich nicht beweisen. Aber die Methode funktioniert offensichtlich für bestimmte Zwecke ganz gut.

Daran zweifle weder ich noch Popper. Im Gegenteil, was ich gerade so faszinierend an Popper fand, ist, dass wir die absolute Sicherheit, die wir offensichtlich nicht kriegen können, auch gar nicht brauchen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ilja
registrierter User



Anmeldungsdatum: 12.12.2003
Beiträge: 332

Beitrag(#72251) Verfasst am: 08.01.2004, 11:38    Titel: Antworten mit Zitat

frajo hat folgendes geschrieben:
Ilja hat folgendes geschrieben:
Schön dass du schon von Popper gehört hast.

unschön, daß selbst jemand wie du, der soviel wissen vorzuweisen hat, immer noch nicht auf schläge unter die gürtellinie verzichten kann.


Akzeptiert. Bitte um Entschuldigung.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ilja
registrierter User



Anmeldungsdatum: 12.12.2003
Beiträge: 332

Beitrag(#72272) Verfasst am: 08.01.2004, 12:16    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Zitat:
PFMJI, kennst Du Dich mit Popper aus? Ich habe neulich irgendwo gelesen, dass der 'frühe' Popper davon ausging, dass man sich mit seiner Methode 'der Wahrheit' annähern könnte. Der 'späte' Popper soll davon abgekommen sein.

Hast Du schon davon gehört? Hast Du vielleicht Belegstellen?

Augenblicklich liegen meine potentiellen Belegstellen in Umzugskisten. Also erstmal nur Gedächtnis. Zur Annäherung an die Wahrheit würde ich in der Logik der Forschung suchen, gelesen habe ich dazu einiges. Von einem späteren Abgehen ist mir nichts explizit bekannt. Ich habe allerdings von Popper keineswegs alles gelesen.


danke für Deine Antwort.

Dass Popper die Annäherung an 'die Wahrheit', zumindest in frühen Arbeiten, explizit vertreten hat, scheint mir unstrittig zu sein. Mir ging es konkret darum, ob und warum er davon abging.

Ist natürlich eine Art Paradigmen-Wechsel: im ersten Fall gibt es 'das Sein', das sich uns zumindest so 'entbirgt', dass es Fragen negativ beantwortet. In diesem Weltbild 'gibt' es Naturgesetze, die wir nur finden müssen. Letztendlich schimmert hier die alte 'adaequatio-These' durch.

Im anderen Fall 'ist' das 'Sein' einfach, wir _konstruieren_ uns ein Theoriennetz und _beschreiben_ das 'Sein' so, als gäbe es Naturgesetze. Im zweiten Fall wäre nie garantiert, dass eine 'passende' Theorie auch 'stimmen' muss, während das im ersten Fall so gesehen wird. Im zweiten Fall kann man so weit gehen, auf den Begriff von 'Wahrheit' im oben geschilderten Sinn zu verzichten, weil wir nur zu Konstrukten in der Lage sind, die wir an nichts messen können.

Die zweite Position würde ich Konstruktivismus nennen, und in die Richtung fällt Popper auf keinen Fall. Das Einzige, was ich für möglich halte, ist, dass er irgendwelche der Formalisierungsversuche zur Wahrheitsannäherung aus der "Logik der Forschung" später nicht weiter verfolgt hat.

Ansonsten habe ich doch schon ein Buch gefunden (den Rest werde ich auch bald finden). Dort schreibt er zumindest 1986, in einem Sammelband von 1994, also wohl spät genug, "Theorien können wahr oder falsch sein". Zum Konstruktivisten ist er also garantiert nicht konvertiert.


Zuletzt bearbeitet von Ilja am 09.01.2004, 05:34, insgesamt einmal bearbeitet
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#72281) Verfasst am: 08.01.2004, 12:45    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Ilja,

Ilja hat folgendes geschrieben:

Die zweite Position würde ich Konstruktivismus nennen, und in die Richtung fällt Popper auf keinen Fall.


das sehe ich nicht ganz so. Ich denke da an die EE, die Popper ja auch zu einem ihrer 'Heiligen' ausgerufen hat. 'Konstruktivismus' (im Sinne von: wir argumentieren nur in _Konstrukten_, also A erkennt B als C, ein 'Abgleich' von C an B ist nicht möglich, selbst wenn wir B 'hätten', wüssten wir es nicht) ist IMAO okay, solange er nicht radikal (im Sinne von Konstruktion des _Seins_ und nicht des _Bilds_ desselben) ist.

Ilja hat folgendes geschrieben:
Das Einzige, was ich für möglich halte, ist, dass er irgendwelche der Formalisierungsversuche zur Wahrheitsannäherung aus der "Logik der Forschung" später nicht weiter verfolgt hat.


Hmmm, das würde Sinn machen. Vielleicht war das gemeint und ich habe es falsch interpretiert.

Ilja hat folgendes geschrieben:
Ansonsten habe ich doch schon ein Buch gefunden (den Rest werde ich auch bald finden). Dort schreibt er zumindest 1986, in einem Sammelband von 1994, also wohl spät genug, "Theorien können wahr oder falsch sein". Zum Konstruktivisten ist er also garantiert nicht konvertiert.


Das sehe ich nicht als Widerspruch. Das Problem bei Konstrukten besteht nicht darin, dass sie nicht 'wahr' sein können, sondern zu entscheiden, _ob_ sie es sind. Das Problem ist doch, dass uns die 'Natur' sozusagen nur 'negativ' antwortet. Theorien sind daher üblicherweise nur 'zeitkernig' gültig. Niemand weiß, ob man nicht irgendwann Befunde haben wird, die auch die beste Theorie zum Einsturz bringen. Mir wäre beispielsweise kein Argument bekannt, warum sich nicht morgen irgendeine Natur'konstante' ändern sollte, aber auch keins dafür. Als _Heuristik_ ist Aktualismus aber sicher das Beste, was wir bisher gefunden haben.

Grüßle

Thomas
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ilja
registrierter User



Anmeldungsdatum: 12.12.2003
Beiträge: 332

Beitrag(#72639) Verfasst am: 09.01.2004, 05:32    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Hi Ilja,

Ilja hat folgendes geschrieben:

Die zweite Position würde ich Konstruktivismus nennen, und in die Richtung fällt Popper auf keinen Fall.


das sehe ich nicht ganz so. Ich denke da an die EE, die Popper ja auch zu einem ihrer 'Heiligen' ausgerufen hat.

Der Begriff Evolutionäre Erkenntnistheorie wird von Popper selbst verwendet. Mein obiges Zitat stammte aus einem Artikel der "Die erkenntnistheoretische Position der evolutionären Erkenntnistheorie" heißt. BTW, ich sehe gerade ein noch klareres Zitat: "Die Idee der Annäherung an die Wahrheit ist m. M. nach eine der wichtigsten Ideen der Wissenschaftstheorie", Wissenschaftslehre in entwicklungstheoretischer und in logischer Sicht, 1972, im selben Sammelband 1994
Zitat:
'Konstruktivismus' ist IMAO okay, solange er nicht radikal (im Sinne von Konstruktion des _Seins_ und nicht des _Bilds_ desselben) ist.

Ok, das was ich hier ablehnen wollte heißt wohl auch "radikaler Konstruktivismus".
Zitat:


Ilja hat folgendes geschrieben:
Das Einzige, was ich für möglich halte, ist, dass er irgendwelche der Formalisierungsversuche zur Wahrheitsannäherung aus der "Logik der Forschung" später nicht weiter verfolgt hat.


Hmmm, das würde Sinn machen. Vielleicht war das gemeint und ich habe es falsch interpretiert.

Vielleicht war es einfach bloß Quatsch. Zumindest ist in der Philosophenbranche viel Quatsch über Popper im Umlauf.
Zitat:
Das Problem bei Konstrukten besteht nicht darin, dass sie nicht 'wahr' sein können, sondern zu entscheiden, _ob_ sie es sind. Das Problem ist doch, dass uns die 'Natur' sozusagen nur 'negativ' antwortet.

Konstrukte sind Theorien auch bei Popper, aber die philosophische Richtung die sich Konstruktivismus nennt vertritt schon einige extremere Thesen. Ich gebe zu, ich bin nicht informiert, was die Unterschiede zwischen Konstruktivismus und radikalem Konstruktivismus sind. Zum klassischen Realismus Popperscher Bauart gehören aber wohl beide nicht.
Zitat:

Theorien sind daher üblicherweise nur 'zeitkernig' gültig. Niemand weiß, ob man nicht irgendwann Befunde haben wird, die auch die beste Theorie zum Einsturz bringen.

D.h. wir sind nicht sicher, ob eine Theorie gültig ist, selbst wenn sie gültig ist. Dies gilt übrigens auch innerhalb deines "Zeitkerns".
Zitat:

Mir wäre beispielsweise kein Argument bekannt, warum sich nicht morgen irgendeine Natur'konstante' ändern sollte, aber auch keins dafür.

Ockhams Rasiermesser ist schon ein Argument.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#72674) Verfasst am: 09.01.2004, 12:13    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Ilja,

vielleicht eins vorweg. Das letzte Mal, dass ich mich intensiver mit Popper befasste, liegt über 10 Jahre zurück. Leider habe ich lange Zeit viel zu wenig gelesen, weil ich viel zu lange an irgendwelchen PCs saß.

Ilja hat folgendes geschrieben:

Der Begriff Evolutionäre Erkenntnistheorie wird von Popper selbst verwendet. Mein obiges Zitat stammte aus einem Artikel der "Die erkenntnistheoretische Position der evolutionären Erkenntnistheorie" heißt. BTW, ich sehe gerade ein noch klareres Zitat: "Die Idee der Annäherung an die Wahrheit ist m. M. nach eine der wichtigsten Ideen der Wissenschaftstheorie", Wissenschaftslehre in entwicklungstheoretischer und in logischer Sicht, 1972, im selben Sammelband 1994


Das sehe ich auch so. Das Problem ist aber, wie man das interpretiert. Natürlich ist die Annahme, dass es eine 'Wahrheit' gibt, der wir uns annähern, die vermutlich beste Heuristik, die man verfolgen kann. So gesehen ist die Aussage vollkommen in Ordnung. Die Frage ist aber, wie man überhaupt merkt, dass man sich der Wahrheit annähert, bevor man sie gefunden hat. Man kann nur Aussagen auf der Basis von Theorien formulieren, die man dann testet. Aber die Tests erfolgen nicht an einer Wahrheit (die gilt es ja erst zu finden), sondern anhand von Daten, die auf der Basis einer Theorie erhalten werden. Ändert sich eine Theorie (beispielsweise die, nach der Messgeräte konstruiert werden), ändern sich eventuell auch die Daten und eine Falsifizierung ist keine mehr.

Ilja hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
'Konstruktivismus' ist IMAO okay, solange er nicht radikal (im Sinne von Konstruktion des _Seins_ und nicht des _Bilds_ desselben) ist.

Ok, das was ich hier ablehnen wollte heißt wohl auch "radikaler Konstruktivismus".


Genau. Ich denke dabei an Ansätze wie die von von Foerster, von Glasersfeld, evtl. auch Maturana etc. Schmidt hat ein interessantes Buch darüber geschrieben (IIRC 'Der Diskurs des radikalen Konstruktivismus'). Letztendlich ist das aber Solipsismus, anders benamst. Der Knackpunkt ist, ob man sich die 'Wirk'lichkeit (radikaler Konstruktivismus) oder das Bild derselben (Konstruktivismus) konstruiert.

Ilja hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Ilja hat folgendes geschrieben:
Das Einzige, was ich für möglich halte, ist, dass er irgendwelche der Formalisierungsversuche zur Wahrheitsannäherung aus der "Logik der Forschung" später nicht weiter verfolgt hat.


Hmmm, das würde Sinn machen. Vielleicht war das gemeint und ich habe es falsch interpretiert.

Vielleicht war es einfach bloß Quatsch. Zumindest ist in der Philosophenbranche viel Quatsch über Popper im Umlauf.


Ich glaube nicht, dass das Quatsch war. Die Frage ist wirklich interessant. Vollmer demonstriert das anhand einer graphischen Darstellung der Werte, die für das mechanische Wärmeäquivalent zwischen 1841 und 1919 angegeben wurden und zitiert dann Lichtenberg "die Wahrheit ist die Asymptote der Forschung". Das Problem, das dahinter steckt, ist, ob das wirklich die 'Wahrheit' ist (beispielsweise in dem Sinn, dass dem 'mechanischen Wärmeäquivalent etwas real Seiendes zugrunde liegt, oder ob es auch möglich wäre, eine alternative Theorie zu konstruieren, in der diese Konstante gar nicht vorkommt), oder ob wir nur ein konsistentes Modell aus einer Reihe möglicher Konkurrenten (die wir eventuell gar nicht kennen) konstruiert haben.

Ilja hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Das Problem bei Konstrukten besteht nicht darin, dass sie nicht 'wahr' sein können, sondern zu entscheiden, _ob_ sie es sind. Das Problem ist doch, dass uns die 'Natur' sozusagen nur 'negativ' antwortet.

Konstrukte sind Theorien auch bei Popper, aber die philosophische Richtung die sich Konstruktivismus nennt vertritt schon einige extremere Thesen. Ich gebe zu, ich bin nicht informiert, was die Unterschiede zwischen Konstruktivismus und radikalem Konstruktivismus sind. Zum klassischen Realismus Popperscher Bauart gehören aber wohl beide nicht.


Ich bin vermutlich zu wenig über 'klassichen Realismus' informiert. Ich habe aber kein Problem damit, den hypothetischen Realismus als Variante des (nicht radikalen) Konstruktivismus zu sehen.

Ilja hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Theorien sind daher üblicherweise nur 'zeitkernig' gültig. Niemand weiß, ob man nicht irgendwann Befunde haben wird, die auch die beste Theorie zum Einsturz bringen.

D.h. wir sind nicht sicher, ob eine Theorie gültig ist, selbst wenn sie gültig ist. Dies gilt übrigens auch innerhalb deines "Zeitkerns".


Selbstverständlich. Mein Punkt ist, dass wir in diesem Kontext den Begriff 'Wahrheit' gar nicht brauchen. Zu jedem Zeitpunkt der Wissenschaftsgeschichte gibt es einen Kanon von anerkannten Gültigkeiten. Wenn man sich entscheiden muss, ist es immer eine gute Heuristik, diese Gültigkeiten anzuerkennen, selbst wenn man nicht weiß, ob sie 'wahr' sind.

Ilja hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Mir wäre beispielsweise kein Argument bekannt, warum sich nicht morgen irgendeine Natur'konstante' ändern sollte, aber auch keins dafür.

Ockhams Rasiermesser ist schon ein Argument.


Es ist eine ganz hervorragende Heuristik. Man sollte es nur nicht mit einer Epistemologie verwechseln.

BTW, wenn Du die Antwort auf die folgende Frage findest, kannst Du einen Menschen glücklich machen (der allerdings schon das Web und viele viele Bücher zur Klärung dieser Frage durchgeflöht hat). Angeblich heißt dieser Satz 'Occamsches Rasiermesser', weil damit ein Bart abgeschnitten wurde. Weißt Du, ob das der von Platon oder der von Aristoteles war? Genauer, welches Detail? Der Mensch, mit dem ich das klären wollte, sagte, man fände für beide Alternativen Argumente und Belegstellen. Hast Du vielleicht zufällig irgendwo irgendwas darüber gelesen?

Grüßle

Thomas
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
step
registriert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#72970) Verfasst am: 09.01.2004, 21:36    Titel: Antworten mit Zitat

Diskussion über MWI (auch mit DD), Q-Lokalität, EPR und viele links auf entsprechende papers für die, die's interessiert:

http://groups.yahoo.com/group/Fabric-of-Reality/messages

gruß/step
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
narziss
auf Wunsch deaktiviert



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 21939

Beitrag(#72996) Verfasst am: 09.01.2004, 22:24    Titel: Antworten mit Zitat

Multiversumsgläubige werden als religiös hingestellt. Geschockt

naja aber bei der Sache sind auch atheistische Physiker gläubig. Verlegen
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
step
registriert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#73036) Verfasst am: 09.01.2004, 23:21    Titel: Antworten mit Zitat

narziss hat folgendes geschrieben:
Multiversumsgläubige werden als religiös hingestellt. Geschockt

naja aber bei der Sache sind auch atheistische Physiker gläubig. Verlegen
Es wird aber auch einfach und gut begründet, warum es eben nicht religiös ist (wohl aber letztlich wieder nur ein Modell).

Ich werde mich mal ne Zeitlang etwas zurückziehen, um mich mehr über Lokalität usw. zu informieren. Ich habe das bisher hauptsächlich von der QM und MWI aus betrachtet und war zufrieden, daß die MWI u.a. die Lokalität zu retten scheint, also das EPR-"Paradoxon" löst, während die Kop. Interpretation inkonsistent ist (etwa so wie in Alan's posting von heute).

Mit einigen Problemen insbesondere im Zusammenhang mit der Verbindung von QM und ART habe ich mich aber bisher nicht wirklich beschäftigt, wie mir u.a. durch Ilja's posting klargeworden ist. Dies ist keine triviale Angelegenheit ...

gruß/step
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ilja
registrierter User



Anmeldungsdatum: 12.12.2003
Beiträge: 332

Beitrag(#73871) Verfasst am: 12.01.2004, 02:57    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Natürlich ist die Annahme, dass es eine 'Wahrheit' gibt, der wir uns annähern, die vermutlich beste Heuristik, die man verfolgen kann. So gesehen ist die Aussage vollkommen in Ordnung. Die Frage ist aber, wie man überhaupt merkt, dass man sich der Wahrheit annähert, bevor man sie gefunden hat.

Man merkt es nicht unbedingt. Höchstens nach dem pragmatischen Prinzip, dass man genügend oft genügend erfolgreiche Voraussagen macht. Wenn das so ist, kann man ja nicht ganz falsch liegen.
Zitat:
Man kann nur Aussagen auf der Basis von Theorien formulieren, die man dann testet. Aber die Tests erfolgen nicht an einer Wahrheit (die gilt es ja erst zu finden), sondern anhand von Daten, die auf der Basis einer Theorie erhalten werden. Ändert sich eine Theorie (beispielsweise die, nach der Messgeräte konstruiert werden), ändern sich eventuell auch die Daten und eine Falsifizierung ist keine mehr.

Klar, sowas passiert manchmal.
Zitat:
Ilja hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
'Konstruktivismus' ist IMAO okay, solange er nicht radikal (im Sinne von Konstruktion des _Seins_ und nicht des _Bilds_ desselben) ist.

Ok, das was ich hier ablehnen wollte heißt wohl auch "radikaler Konstruktivismus".


Genau. Ich denke dabei an Ansätze wie die von von Foerster, von Glasersfeld, evtl. auch Maturana etc. Schmidt hat ein interessantes Buch darüber geschrieben (IIRC 'Der Diskurs des radikalen Konstruktivismus'). Letztendlich ist das aber Solipsismus, anders benamst. Der Knackpunkt ist, ob man sich die 'Wirk'lichkeit (radikaler Konstruktivismus) oder das Bild derselben (Konstruktivismus) konstruiert.

Einverstanden.
Zitat:

Das Problem, das dahinter steckt, ist, ob das wirklich die 'Wahrheit' ist (beispielsweise in dem Sinn, dass dem 'mechanischen Wärmeäquivalent etwas real Seiendes zugrunde liegt, oder ob es auch möglich wäre, eine alternative Theorie zu konstruieren, in der diese Konstante gar nicht vorkommt), oder ob wir nur ein konsistentes Modell aus einer Reihe möglicher Konkurrenten (die wir eventuell gar nicht kennen) konstruiert haben.

Die letzte Möglichkeit wird auf dem fundamentalsten Level wohl immer offen bleiben.
Zitat:

Ich bin vermutlich zu wenig über 'klassichen Realismus' informiert. Ich habe aber kein Problem damit, den hypothetischen Realismus als Variante des (nicht radikalen) Konstruktivismus zu sehen.

Ich sehe den Realismus als extrem eng definiert - das was Bell im Beweis der Bellschen Ungleichung außer der Einstein-Kausalität noch voraussetzen musste.
Zitat:

Ilja hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Theorien sind daher üblicherweise nur 'zeitkernig' gültig. Niemand weiß, ob man nicht irgendwann Befunde haben wird, die auch die beste Theorie zum Einsturz bringen.

D.h. wir sind nicht sicher, ob eine Theorie gültig ist, selbst wenn sie gültig ist. Dies gilt übrigens auch innerhalb deines "Zeitkerns".

Selbstverständlich. Mein Punkt ist, dass wir in diesem Kontext den Begriff 'Wahrheit' gar nicht brauchen. Zu jedem Zeitpunkt der Wissenschaftsgeschichte gibt es einen Kanon von anerkannten Gültigkeiten. Wenn man sich entscheiden muss, ist es immer eine gute Heuristik, diese Gültigkeiten anzuerkennen, selbst wenn man nicht weiß, ob sie 'wahr' sind.

Auf den Wahrheitsbegriff verzichten kann man aber nur in solch eng begrenzten Fragestellungen. Und diese Heuristik begründen kann man nur über den Wahrheitsbegriff: Die Heuristik ist dadurch plausibel, dass man bei Befolgen der wissenschaftlichen Methode einen Fortschritt im Sinne der Annäherung an die Wahrheit erwarten kann.
Zitat:
Ilja hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Mir wäre beispielsweise kein Argument bekannt, warum sich nicht morgen irgendeine Natur'konstante' ändern sollte, aber auch keins dafür.

Ockhams Rasiermesser ist schon ein Argument.

Es ist eine ganz hervorragende Heuristik. Man sollte es nur nicht mit einer Epistemologie verwechseln.

Nunja, teilweise kann man das Rasiermesser ja aus Poppers Kriterium heraus ableiten: Theorien mit weniger freien Parametern können mit weniger Messungen falsifiziert werden und sind deshalb vorzuziehen.

Mir scheint aber, dass Einfachheit auch ein unabhängiger Wert ist.
Zitat:

BTW, wenn Du die Antwort auf die folgende Frage findest, kannst Du einen Menschen glücklich machen

Leider nicht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Alzi
registrierter User



Anmeldungsdatum: 22.07.2003
Beiträge: 2760
Wohnort: Oberfranken

Beitrag(#73913) Verfasst am: 12.01.2004, 08:06    Titel: Antworten mit Zitat

Ilja hat folgendes geschrieben:
Alzi hat folgendes geschrieben:
Selbst Karl Popper ging noch von einer objektiven "Wirklichkeit" aus, der man sich in immer weiter verbesserten Modellen Schritt für Schritt beliebig genau annähern könne. Wenn das nicht Metaphysik in Reinkultur ist ...

Schön dass du schon von Popper gehört hast. Leider scheinst du seine Einstellung zur Metaphysik nicht zu kennen. Er ist nämlich nach Selbstbeschreibung ein klassischer Metaphysiker.


Gegen Metaphysiker ist nichts einzuwenden, aber es wird mE problematisch, wenn eines der beiden Hauptkriterien einer Wissenschaftstheorie die "Annäherung" an einen Begriff aus der Metaphysik darstellt.

Genau so hätte er (pointiert dargestellt) behaupten können, die Modelle (Theorien) würden sich immer weiter "Gott" oder dem "Schnitzpix" annähern.

Zitat:
Einstein hat sich mehrfach darüber aufgeregt, dass man seine Kritik an der QM viel zu verkürzt sieht, wenn man sie auf "Gott würfelt nicht" reduziert. Es ging ihm um den Realismus, nicht um Kausalität/Determinismus vs. Zufall.


Genau das habe ich ja in obigem Zusammenhang als (wissenschaftlich) unzulässig/fragwürdig kritisiert: Einstein hat das (beschreibende) Modell der QM metaphysisch ausgelegt und er war eines meiner Beispiele für das Verhalten (zu) vieler Wissenschaftler, beschreibende Modelle (über ihren beschreibenden Charakter hinaus) zu interpretieren.


Zitat:
Ich sehe bei der Physik eine erhebliche Lücke in der Kenntnis der Wissenschaftstheorie (a la Popper, die Konkurrenz dazu ist IMHO nicht ernstzunehmen).


Ja, leider stand die Wissenschaftstheorie zu meiner Studienzeit nicht auf dem Vorlesungsplan bei den Naturwissenschaften, und das hat sich wohl seitdem nicht grundlegend geändert.

Daraus resultiert in meinen Augen auch die (unbegründete) Arroganz mancher Nat.Wiss., weil sie in dem Glauben leben, daß ihre Modelle die einzige Möglichkeit seien, die Beobachtungen zu beschreiben.
Kommt dazu noch die oben erwähnte metaphysische "Interpretationswut", dann erhält man den typischen "Scheuklappenwissenschaftler", dessen Blick durch seine eigenen Modelle verstellt ist.


Ilja hat folgendes geschrieben:
Alzi hat folgendes geschrieben:
Der Physiker spricht auch heute noch gerne von sog. "Naturgesetzen", als gäbe es in der Natur irgendwelche Gesetzte, die es nur zu entdecken gelte, und selbst der Laie macht sich über Ansichten lustig, wenn sie anscheinend nicht mit diesen "Gesetzen" in Einklang stehen.

Es gibt schon Naturgesetze, die es zu entdecken gilt.


Du wünschst es Dir - eine metaphysische Annahme - aber die Welt kann genau so gut regellos sein (ich halte das sogar für wesentlich plausibler).
_________________
Wer heilt hat recht!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Alzi
registrierter User



Anmeldungsdatum: 22.07.2003
Beiträge: 2760
Wohnort: Oberfranken

Beitrag(#73924) Verfasst am: 12.01.2004, 08:59    Titel: Antworten mit Zitat

Ilja hat folgendes geschrieben:
Alzi hat folgendes geschrieben:
Spock hat folgendes geschrieben:
Alzi hat folgendes geschrieben:
Erkläre, warum ein bestimmtes Atom zu einem bestimmten Zeitpunkt radioaktiv zerfällt.
kann niemand, aber was hat das mit den Theorien zu tun?


Ein Beispiel, daß Theorien beschreiben und nicht erklären warum.

Schlechtes Beispiel.


Im Gegenteil, für meine Argumentation ein sehr gutes Beispiel. Cool


Zitat:
Es gibt nämlich ähnliche beantwortbare Warum-Fragen:

Erkläre warum ein Stab bei einer bestimmten Belastung bricht.



Warum denn?
Er bricht, weil er bricht. Man kann hinreichend genau beschreiben, unter welcher Belastung er bricht, und diese Werte wurden heuristisch für ein bestimmtes Material bestimmt.
Warum bricht ein Porzellanstab? Warum bricht ein Glasstab bei Raumtemperatur, aber bei einer Temperaturerhöhung um 800 K nicht mehr? Obwohl kein Phasenübergang stattfindet?
Hätte eine "Erklärung" dieses Verhalten bei hohen Temperaturen voraussagen können, wenn man die Eigenschaften von Glas bisher nur bei Raumtemperatur gekannt hätte?
Das Brechen "fester" Stäbe hatte man ja bereits vorher in die Modelle hineingesteckt, da muß man sich dann nicht wundern, wenn es hinterher wieder heraus kommt - man sagt dann, die Modelle würden das Brechen erklären.


Zitat:
Erkläre warum sich gewisse Stoffe bei Temperaturerhöhung ausdehnen.


Und andere Stoffe ziehen sich bei Erwärmung zusammen.
Auch dieses Verhalten hat man erst Stoffklasse für Stoffklasse in die Modelle hineinstecken müssen ... und es gibt immer noch Überraschungen.
Supraflüssiges Helium - man hat dieses Verhalten eben nicht aus den Eigenschaften des Heliums bei Raumtemperatur hergeleitet, sondern die Modelle erst entsprechend angepaßt, nachdem der Effekt beobachtet wurde.

Zitat:
Erkläre warum für viele Gase angenähert der aus der Theorie der idealen Gase bekannte Zusammenhang zwischen Volumen, Druck und Temperatur gilt.


Kein einziges Gas verhält sich nach der Theorie für ideale Gase.
In allen Fällen gibt es meßbare Abweichungen. Die entsprechenden "Konstanten" in den Formeln wurden vorher durch Experiment ermittelt, man hat also auch hier die Beobachtungen vorher "verwurstet", um sie hinterher bestätigen zu können.

"Entropie" eine aus dem Hut gezauberte Variable.

Zitat:
Trotzdem darfst du jetzt erklären, warum die Lichtgeschwindigkeit im Wasser um den Faktor 1.3 langsamer ist (nein, du brauchst nur zu akzeptieren dass dies auf dem heutigen Stand der Wissenschaft möglich ist).


Genau so gut hätte Licht im Wasser auch schneller oder gleich schnell sein können.
Die Modelle wurden eben dergestalt gewählt, daß dieses Verhalten berücksichtigt wird. Man kann aber nicht von "Erklärungen warum" sprechen, sondern davon, daß genau das Verhalten befriedigend beschrieben wird, welches man vorher in die Modelle hineingesteckt hat.


Zitat:
Nach Popper ist Metaphysik untrennbarer Bestandteil physikalischer Theorien. Sein Abgrenzungskriterium trennt nur rein metaphysische Theorien von empirischen Theorien. Die empirischen Theorien enthalten aber keineswegs nur falsifizierbare Aussagen. Es sind lediglich falsifizierbare Aussagen aus den metaphysischen Aussagen und Randbedingungen herleitbar.


Das Gespenst metaphysischer Interpretation läßt die Naturwissenschaftler anscheinend nicht so leicht los - ein Modell beschreibt Beobachtungen, und wenn die Beschreibungen nicht mehr befriedigen, dann wird es verändert, oder ein neues Modell gebastelt.
Oft werden lieb gewonnene Modelle über Gebühr lange beibehalten.
_________________
Wer heilt hat recht!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Alzi
registrierter User



Anmeldungsdatum: 22.07.2003
Beiträge: 2760
Wohnort: Oberfranken

Beitrag(#73937) Verfasst am: 12.01.2004, 09:49    Titel: Antworten mit Zitat

Ilja hat folgendes geschrieben:
Mir fehlt in dieser Darstellung der Bezug zur Realität. Lass mich raten: Das ist gezielt und du willst eine Version der Wissenschaftstheorie die ganz ohne Begriffe wie objektive Realität und Wahrheit auskommt?


"Objektive Realität" ist mE ein Begriff aus der Metaphysik. Man benötigt ihn nicht für eine Wissenschaftstheorie, und er würde Ockhams Rasiermesser kaum überleben.


Ilja hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Ilja hat folgendes geschrieben:
Weswegen es kein Argument ist, die These "es gibt eine objektive Wirklichkeit" abzulehnen weil sie nur eine Hypothese ist.
Sie wäre überhaupt erst eine Theorie, wenn sie falsifizierbare Voraussagen machen würde. Meiner Kenntnis nach ist es widersprüchlich, über eine "objektive Realität an sich" überhaupt zu reden.

Eine Theorie ist sie auch so, nur keine empirische Theorie (sondern eine rein metaphysische).


In meinen Augen ist die Annahme einer objektiven Realität keine Theorie, sondern eine (metaphysische) Existenzaussage, in etwa vergleichbar mit der Existenzannahme eines allmächtigen, allwissenden, ... Wesens.


Ilja hat folgendes geschrieben:
[Holismus]... Nein, eine These von Quine, die bei ihm etwas übertrieben wurde, Poppers Version ist da etwas zurechtgestutzt. Die These lautet, dass nicht einzelne Theorien sondern ganze Gruppen von Theorien, in Quines Extremversion das Gesamtgebäude der Wissenschaft einschließlich des Alltagswissens, durch Beobachtung falsifiziert werden kann.


Solange Modelle bestimmte Beobachtungen beschreiben, sind sie für diesen speziellen Bereich nicht zu "widerlegen", sondern man kann sie nur durch genauere Modelle oder Modelle mit größerem Definitionsbereich ersetzen.

Erst wenn sich diese Beobachtungen selbst verändern, ist man gezwungen, ein wenig nachzudenken.

"Worst case"-Annahme: die Sonne würde von der Erde aus gesehen plötzlich tagelang still stehen. Das hätte wohl keine Auswirkungen auf die Modelle der Thermodynamik, sondern es wäre lediglich die Erhaltung des Drehimpulses verletzt. Würde dabei noch der Abstand Erde - Sonne als unverändert gemessen, dann müßte man wohl zusätzlich über die ART nachdenken, aber "U=RxI" würde weiterhin gelten.
_________________
Wer heilt hat recht!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
step
registriert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#73957) Verfasst am: 12.01.2004, 10:31    Titel: Antworten mit Zitat

Hi,

bezüglich des üblichen philosophischen Verständnisses von "objektiver Realität" sehe ich es wie Alzi, es ist eine rein metaphysische Annahme und wird für die Verbesserung von Voraussagen mittels Theorien nicht benötigt.

Manche Physiker versuchen, den Begriff Realität zu operationalisieren. Er wird dann für etwas ganz konktetes benutzt,z.B. die Annahme, daß bestimmte Teilchen bestimmte Eigenschaften "immer haben" ("lokaler Realismus"). Nach meinem Verständnis ist das sinnvoll (z.B. um hidden variables bzw. die Lokalität der QM zu widerlegen). Aber philosophisch gesehen geht es auch dabei wieder nicht wirklich um eine "objektive Realität".

gruß/step
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Alzi
registrierter User



Anmeldungsdatum: 22.07.2003
Beiträge: 2760
Wohnort: Oberfranken

Beitrag(#73960) Verfasst am: 12.01.2004, 10:37    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Dass Popper die Annäherung an 'die Wahrheit', zumindest in frühen Arbeiten, explizit vertreten hat, scheint mir unstrittig zu sein. Mir ging es konkret darum, ob und warum er davon abging.


1984 (Penn, Buckinghamshire) erwähnt Popper in einem Vorwort zur 4. Auflage von "Objektive Erkenntnis" die "Wahrheitsnähe", außerdem schreibt er:
"Die Wahrheit ist objektiv und absolut: Das ist die Idee, die Alfred Tarski gegen den Relativismus verteidigt hat. Aber wir können nie ganz sicher sein, daß wir die Wahrheit, die wir suchen, gefunden haben. Wir dürfen die Wahrheit nicht mit der Sicherheit, mit ihrem sicheren Besitz verwechseln. Die absolute Wahrheit wird manchmal erreicht; die Sicherheit nie: Die Suche nach Sicherheit ist verfehlt; aber wir können unsere Theorien immer strenger prüfen."
(Hervorhebung im Original)
Es ist mE unwahrscheinlich, daß er diese Auffassung in den letzten 10 Lebensjahren revidiert hat.
_________________
Wer heilt hat recht!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#73970) Verfasst am: 12.01.2004, 10:51    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Alzi,

Alzi hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Dass Popper die Annäherung an 'die Wahrheit', zumindest in frühen Arbeiten, explizit vertreten hat, scheint mir unstrittig zu sein. Mir ging es konkret darum, ob und warum er davon abging.


1984 (Penn, Buckinghamshire) erwähnt Popper in einem Vorwort zur 4. Auflage von "Objektive Erkenntnis" die "Wahrheitsnähe", außerdem schreibt er:
"Die Wahrheit ist objektiv und absolut: Das ist die Idee, die Alfred Tarski gegen den Relativismus verteidigt hat. Aber wir können nie ganz sicher sein, daß wir die Wahrheit, die wir suchen, gefunden haben. Wir dürfen die Wahrheit nicht mit der Sicherheit, mit ihrem sicheren Besitz verwechseln. Die absolute Wahrheit wird manchmal erreicht; die Sicherheit nie: Die Suche nach Sicherheit ist verfehlt; aber wir können unsere Theorien immer strenger prüfen."
(Hervorhebung im Original)
Es ist mE unwahrscheinlich, daß er diese Auffassung in den letzten 10 Lebensjahren revidiert hat.


danke für das Zitat.

Ich fürchte, dass man das, wonach ich gefragt habe, gar nicht so einfach klären kann. Klar, Popper bezieht sich explizit auf Tarski (Popper spracht IIRC immer von dem Mond aus grünem Käse).

Dass es, unter Annahme einer an sich seienden, unabhängig von uns existierenden Welt ('hypothetischer Realismus') im oben angedeuteten Sinne 'wahre' Erkenntnis gibt, ist trivial (letztendlich die 'adaequatio'-These im Sinne einer strukturellen Isomorphie).

Die Frage, um die es mir ging, ist nun, ob man, wenn man diese 'Wahrheit' gefunden hat, weiß, dass man sie gefunden hat. Popper differenziert in dem von Dir angegebenen Zitat 'Wahrheit' und 'Sicherheit'. In meinen Augen ist das der Versuch, den Pelz zu waschen, aber nicht nass zu machen: Popper hat erkannt, dass er aus irgendwelchen Gründen den _Begriff_ der Wahrheit braucht, dass er die 'Wahrheit' in dem genannten Sinn aber nicht aufzeigbar besitzen kann und scheut sich, das explizit zuzugeben, weil dann schon der Begriff 'Wahrheit' entbehrlich wird.

Grüßle

Thomas
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#73973) Verfasst am: 12.01.2004, 10:54    Titel: Antworten mit Zitat

Hi step,

[ ... ]

step hat folgendes geschrieben:
Aber philosophisch gesehen geht es auch dabei wieder nicht wirklich um eine "objektive Realität".


ich vermute, dass durch dieses Posting in etwa deutlich wird, warum wir sehr lange sehr intensiv aneinander vorbeigeredet haben. Du scheinst mir den Standpunkt des Physikers, ich den des Philosophen vertreten zu haben.

Grüßle

Thomas
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#73978) Verfasst am: 12.01.2004, 11:05    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Alzi,

Alzi hat folgendes geschrieben:

Ja, leider stand die Wissenschaftstheorie zu meiner Studienzeit nicht auf dem Vorlesungsplan bei den Naturwissenschaften, und das hat sich wohl seitdem nicht grundlegend geändert.


mich wundert das überhaupt nicht. Wissenschaftstheorie ist für den Wissenschaftler in etwa das, was die Grammatik für einen Muttersprachler bedeutet: solange alles funktioniert, braucht man sie nicht.

Ich habe lange genug in der Grundlagenforschung gearbeitet, um beurteilen zu können, dass die üblichen Wissenschaftler, wenn sie hören, was Wissenschaftstheoretiker so treiben, nur vewundert den Kopf schütteln und wieder ins Labor zurückgehen und so weiterforschen, wie sie es durch 'learning by doing' beigebracht bekommen haben. Etwas ärgerlich werden sie, wenn die Wissenschaftstheoretiker sogar meinen, irgendwelche normativen Aussagen machen zu dürfen. Auch bei intensivem Studium der Primärliteratur wird man, zumindest in dem Gebiet, das ich überblicke, kaum Arbeiten finden, in denen ein Forscher versuchte, seine Theorie zu falsifizieren. Üblicherweise macht man genau das Gegenteil, was ja nach Popper eigentlich gar nicht funktionieren kann.

AFAIK entstand das, was wir heute 'Wissenschaftstheorie' nennen, um die Jahrhundertwende, als die Physiker mit Systemen in Kontakt kamen, für die die üblichen intuitiven Denkstrukturen nicht mehr ausreichten. Das ist in etwa mit dem zu vergleichen, falls Muttersprachler bemerken, dass sie sich nicht mehr verstehen und merken, dass eine Grammatik im Sinne von Kommunikationsregeln doch einen Sinn hat.

Ein Problem zieht sich aber seit der Entstehung der modernen Wissenschaftstheorie durch die Geschichte: die meisten Wissenschaftstheoretiker kommen aus der Ecke der theoretischen Physiker. Und deren Denke führt in gewaltige Probleme, wenn man damit an die Biologie herangeht. Ernst Mayr, der, falls es ihm nicht schlecher geht als derzeit, in diesem Jahr 100 wird, hat sich sehr intensiv, zu seinem Leidwesen ohne Resonanz bei den Wissenschaftstheoretikern, mit dieser Frage befasst. Äußerst interessant ist, wie er es beinahe schaffte, Pauli zu erkären, was 'Populationsdenken' ist. Ich sehe keine Chance, zu verstehen, wie Evolution funktioniert, wenn man nicht verinnerlicht hat, dass Populationen aus Individuen bestehen, die vollkommen anders aufgebaut sind als beispielsweise die Moleküle eines Gases.

Grüßle

Thomas
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Alzi
registrierter User



Anmeldungsdatum: 22.07.2003
Beiträge: 2760
Wohnort: Oberfranken

Beitrag(#73980) Verfasst am: 12.01.2004, 11:08    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Die Frage, um die es mir ging, ist nun, ob man, wenn man diese 'Wahrheit' gefunden hat, weiß, dass man sie gefunden hat. Popper differenziert in dem von Dir angegebenen Zitat 'Wahrheit' und 'Sicherheit'. In meinen Augen ist das der Versuch, den Pelz zu waschen, aber nicht nass zu machen: Popper hat erkannt, dass er aus irgendwelchen Gründen den _Begriff_ der Wahrheit braucht, dass er die 'Wahrheit' in dem genannten Sinn aber nicht aufzeigbar besitzen kann und scheut sich, das explizit zuzugeben, weil dann schon der Begriff 'Wahrheit' entbehrlich wird.


Popper meint, daß wir nicht erkennen können, ob und wann wir die "Wahrheit" gefunden haben.
Wir können sie zufällig finden, können es aber nicht wissen.
Um zu wissen, daß wir die "Wahrheit" (der Begriff geht mir schwer aus der Tastatur, aber es ist ja für einen "guten Zweck") gefunden haben, müßten wir sicher wissen, daß es keine Beobachtungen/Experimente geben kann, durch die unser Modell "widerlegt" wird.

Da das aber nie der Fall sein kann (Newtons Mechanik war sogar einige Jahrhunderte lang unwiderlegt), können wir auch nie wissen, ob wir diese "Wahrheit" (pffff) gefunden haben.
_________________
Wer heilt hat recht!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ilja
registrierter User



Anmeldungsdatum: 12.12.2003
Beiträge: 332

Beitrag(#73992) Verfasst am: 12.01.2004, 11:37    Titel: Antworten mit Zitat

Alzi hat folgendes geschrieben:
Ilja hat folgendes geschrieben:
Alzi hat folgendes geschrieben:
Selbst Karl Popper ging noch von einer objektiven "Wirklichkeit" aus, der man sich in immer weiter verbesserten Modellen Schritt für Schritt beliebig genau annähern könne. Wenn das nicht Metaphysik in Reinkultur ist ...

Schön dass du schon von Popper gehört hast. Leider scheinst du seine Einstellung zur Metaphysik nicht zu kennen. Er ist nämlich nach Selbstbeschreibung ein klassischer Metaphysiker.


Gegen Metaphysiker ist nichts einzuwenden, aber es wird mE problematisch, wenn eines der beiden Hauptkriterien einer Wissenschaftstheorie die "Annäherung" an einen Begriff aus der Metaphysik darstellt.

Was wäre daran verwunderlich? Willst du die richtige wissenschaftliche Methode empirisch herausfinden?
Zitat:

Genau so hätte er (pointiert dargestellt) behaupten können, die Modelle (Theorien) würden sich immer weiter "Gott" oder dem "Schnitzpix" annähern.

Wahrheit ist ein praktischer Wert. Eine wahre Theorie macht keine falschen Voraussagen. Deswegen ist es eine gute Idee, nach wahren Theorien zu suchen.
Zitat:


Zitat:
Einstein hat sich mehrfach darüber aufgeregt, dass man seine Kritik an der QM viel zu verkürzt sieht, wenn man sie auf "Gott würfelt nicht" reduziert. Es ging ihm um den Realismus, nicht um Kausalität/Determinismus vs. Zufall.


Genau das habe ich ja in obigem Zusammenhang als (wissenschaftlich) unzulässig/fragwürdig kritisiert: Einstein hat das (beschreibende) Modell der QM metaphysisch ausgelegt und er war eines meiner Beispiele für das Verhalten (zu) vieler Wissenschaftler, beschreibende Modelle (über ihren beschreibenden Charakter hinaus) zu interpretieren.

Es ist aber keineswegs wissenschaftlich fragwürdig. Fragwürdig ist hingegen, Bohr zu folgen. Einsteins EPR-Paper hat zu hochinteressanten Resultaten geführt (Bells Ungleichung und deren empirische Falsifizierung), Bohr Herangehen ist hingegen steril.
Zitat:
Zitat:
Ich sehe bei der Physik eine erhebliche Lücke in der Kenntnis der Wissenschaftstheorie (a la Popper, die Konkurrenz dazu ist IMHO nicht ernstzunehmen).

Ja, leider stand die Wissenschaftstheorie zu meiner Studienzeit nicht auf dem Vorlesungsplan bei den Naturwissenschaften, und das hat sich wohl seitdem nicht grundlegend geändert.

Daraus resultiert in meinen Augen auch die (unbegründete) Arroganz mancher Nat.Wiss., weil sie in dem Glauben leben, daß ihre Modelle die einzige Möglichkeit seien, die Beobachtungen zu beschreiben.
Kommt dazu noch die oben erwähnte metaphysische "Interpretationswut", dann erhält man den typischen "Scheuklappenwissenschaftler", dessen Blick durch seine eigenen Modelle verstellt ist.

Die Interpretationswut ist kein Problem. Problematisch ist eher die Ignoranz anderer Interpretationsmöglichkeiten.
Zitat:

Ilja hat folgendes geschrieben:
Alzi hat folgendes geschrieben:
Der Physiker spricht auch heute noch gerne von sog. "Naturgesetzen", als gäbe es in der Natur irgendwelche Gesetzte, die es nur zu entdecken gelte, und selbst der Laie macht sich über Ansichten lustig, wenn sie anscheinend nicht mit diesen "Gesetzen" in Einklang stehen.

Es gibt schon Naturgesetze, die es zu entdecken gilt.

Du wünschst es Dir - eine metaphysische Annahme - aber die Welt kann genau so gut regellos sein (ich halte das sogar für wesentlich plausibler).

Ich glaube es, und habe ganz gute Gründe dafür. In einer regellosen Welt würden kaum solche komplexen Gebilde wie Menschen entstehen können.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ilja
registrierter User



Anmeldungsdatum: 12.12.2003
Beiträge: 332

Beitrag(#73996) Verfasst am: 12.01.2004, 12:00    Titel: Antworten mit Zitat

Alzi hat folgendes geschrieben:
Ilja hat folgendes geschrieben:
Es gibt nämlich ähnliche beantwortbare Warum-Fragen:

Erkläre warum ein Stab bei einer bestimmten Belastung bricht.


Warum denn?
Er bricht, weil er bricht. Man kann hinreichend genau beschreiben, unter welcher Belastung er bricht, und diese Werte wurden heuristisch für ein bestimmtes Material bestimmt.

Richtig. Nur kann man die Werte im Prinzip auch aus der fundamentalen Theorie heraus berechnen. Und wo man das nicht kann, sieht man ein Problem:
Zitat:

Warum bricht ein Porzellanstab? Warum bricht ein Glasstab bei Raumtemperatur, aber bei einer Temperaturerhöhung um 800 K nicht mehr? Obwohl kein Phasenübergang stattfindet?

Siehst du, dies ist eine interessante Beschreibung eines wissenschaftlichen Problems. Gerade aus dieser Problembeschreibung geht hervor, dass analoge Probleme gelöst bzw. zumindest als prinzipiell lösbar angesehen werden (die bei denen der Phasenübergang die Änderung der Eigenschaften erklärt).
Zitat:

Hätte eine "Erklärung" dieses Verhalten bei hohen Temperaturen voraussagen können, wenn man die Eigenschaften von Glas bisher nur bei Raumtemperatur gekannt hätte?

Eine richtige Erklärung muss genau dies bringen.
Zitat:

Das Brechen "fester" Stäbe hatte man ja bereits vorher in die Modelle hineingesteckt, da muß man sich dann nicht wundern, wenn es hinterher wieder heraus kommt - man sagt dann, die Modelle würden das Brechen erklären.

Du sprichst hier von einfachen phenomenologischen Modellen. Die erklären in der Tat nicht viel. Das behauptet auch niemand.
Zitat:
Zitat:
Erkläre warum sich gewisse Stoffe bei Temperaturerhöhung ausdehnen.

Und andere Stoffe ziehen sich bei Erwärmung zusammen.
Auch dieses Verhalten hat man erst Stoffklasse für Stoffklasse in die Modelle hineinstecken müssen ... und es gibt immer noch Überraschungen.

Nein. Es gibt eine große Klasse von Stoffen die sich bei Erwärmen ausdehnen, und dies sind vor allem erstmal hinreichend einfache. Für die gibt es einfache Modelle und die sagen ein Ausdehnen voraus.
Zitat:

Supraflüssiges Helium - man hat dieses Verhalten eben nicht aus den Eigenschaften des Heliums bei Raumtemperatur hergeleitet, sondern die Modelle erst entsprechend angepaßt, nachdem der Effekt beobachtet wurde.

Zitat:
Erkläre warum für viele Gase angenähert der aus der Theorie der idealen Gase bekannte Zusammenhang zwischen Volumen, Druck und Temperatur gilt.


Kein einziges Gas verhält sich nach der Theorie für ideale Gase.
In allen Fällen gibt es meßbare Abweichungen. Die entsprechenden "Konstanten" in den Formeln wurden vorher durch Experiment ermittelt, man hat also auch hier die Beobachtungen vorher "verwurstet", um sie hinterher bestätigen zu können.

Die Abweichungen sind klein im Vergleich zum Haupteffekt. Und die Zahl der freien Parameter ist gering. Und auch wenn gewisse Größen zuerst experimentell gemessen wurden, besagt dies nicht, dass sie heute nicht aus fundamentalen Daten berechnet werden können.
Zitat:

"Entropie" eine aus dem Hut gezauberte Variable.
Zitat:
Trotzdem darfst du jetzt erklären, warum die Lichtgeschwindigkeit im Wasser um den Faktor 1.3 langsamer ist (nein, du brauchst nur zu akzeptieren dass dies auf dem heutigen Stand der Wissenschaft möglich ist).

Genau so gut hätte Licht im Wasser auch schneller oder gleich schnell sein können.

Nein. Wenn du ein Material findest, in dem sich Licht schneller bewegt als im Vakuum, wäre dies eine Revolution in der Physik.
Zitat:

Die Modelle wurden eben dergestalt gewählt, daß dieses Verhalten berücksichtigt wird. Man kann aber nicht von "Erklärungen warum" sprechen, sondern davon, daß genau das Verhalten befriedigend beschrieben wird, welches man vorher in die Modelle hineingesteckt hat.

Dies ist angemessene Kritik phenomenologischer Theorien - also von Theorien, die nicht den Anspruch stellen zu erklären, sondern nur den zu beschreiben. Die kinetische Gastheorie hat andere Ansprüche.
Zitat:
Zitat:
Nach Popper ist Metaphysik untrennbarer Bestandteil physikalischer Theorien. Sein Abgrenzungskriterium trennt nur rein metaphysische Theorien von empirischen Theorien. Die empirischen Theorien enthalten aber keineswegs nur falsifizierbare Aussagen. Es sind lediglich falsifizierbare Aussagen aus den metaphysischen Aussagen und Randbedingungen herleitbar.


Das Gespenst metaphysischer Interpretation läßt die Naturwissenschaftler anscheinend nicht so leicht los - ein Modell beschreibt Beobachtungen, und wenn die Beschreibungen nicht mehr befriedigen, dann wird es verändert, oder ein neues Modell gebastelt.
Oft werden lieb gewonnene Modelle über Gebühr lange beibehalten.

Gegen diese Beschreibung habe ich nichts. Die Modelle bestehen aber nicht aus Aussagen über experimentell nachprüfbare Fakten. Die werden lediglich daraus hergeleitet.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ilja
registrierter User



Anmeldungsdatum: 12.12.2003
Beiträge: 332

Beitrag(#74001) Verfasst am: 12.01.2004, 12:06    Titel: Antworten mit Zitat

Alzi hat folgendes geschrieben:
Ilja hat folgendes geschrieben:
du willst eine Version der Wissenschaftstheorie die ganz ohne Begriffe wie objektive Realität und Wahrheit auskommt?


"Objektive Realität" ist mE ein Begriff aus der Metaphysik. Man benötigt ihn nicht für eine Wissenschaftstheorie, und er würde Ockhams Rasiermesser kaum überleben.

Wissenschaftstheorie ist ziemlich reine Metaphysik. Oder was genau sollte bei der Aufstellung von Regeln, wie man wissenschaftlich arbeitet, empirisch sein?
Zitat:
Ilja hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Ilja hat folgendes geschrieben:
Weswegen es kein Argument ist, die These "es gibt eine objektive Wirklichkeit" abzulehnen weil sie nur eine Hypothese ist.
Sie wäre überhaupt erst eine Theorie, wenn sie falsifizierbare Voraussagen machen würde. Meiner Kenntnis nach ist es widersprüchlich, über eine "objektive Realität an sich" überhaupt zu reden.

Eine Theorie ist sie auch so, nur keine empirische Theorie (sondern eine rein metaphysische).


In meinen Augen ist die Annahme einer objektiven Realität keine Theorie, sondern eine (metaphysische) Existenzaussage, in etwa vergleichbar mit der Existenzannahme eines allmächtigen, allwissenden, ... Wesens.

Vergleichen kann man natürlich vieles. In diesem Kontext bringt dir der Vergleich allerdings nichts. Ich bin ein Mensch, mit Kopf und Beinen, vergleichbar mit Hitler. Ja und?
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
step
registriert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#74004) Verfasst am: 12.01.2004, 12:10    Titel: Antworten mit Zitat

@Ilja:

Du schreibst "Was wäre daran verwunderlich? Willst du die richtige wissenschaftliche Methode empirisch herausfinden?"

Wenn man statt "die richtige" "die relative Nützlichkeit der" einsetzt, wieso nicht? Ist das nicht das einzige, was wir tun können? Offensichtlich hängt ja die Effizienz der Methode auch von uns und der Welt ab, also scheint sie auch empirisch zugänglich zu sein.

Ansonsten aber durchaus Zustimmung, insbesondere bei der Unterscheidung zwischen Theorie und Beschreibung.
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
bernstein
registrierter User



Anmeldungsdatum: 24.08.2003
Beiträge: 134

Beitrag(#74251) Verfasst am: 12.01.2004, 21:14    Titel: Antworten mit Zitat

Schmerzlos hat folgendes geschrieben:


- Wissenschaftlich sind wir bereits irgendwo bei 11 Dimensionen...

Ja, die Wissenschaft hat einiges zu bieten! Lachen
_________________

Von den Materialisten wurden die Naturwissenschaften zur einzig rationalen Basis jeglicher Weltanschauung er- und zum innerweltlichen Erlösungsmittel verklärt.
Nun hat die Wissenschaftsgläubigkeit in unserer Gesellschaft fetischistische Züge ( Anbeten ) angenommen. zwinkern
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Nav
Gast






Beitrag(#74258) Verfasst am: 12.01.2004, 21:24    Titel: Antworten mit Zitat

bernstein hat folgendes geschrieben:
Schmerzlos hat folgendes geschrieben:


- Wissenschaftlich sind wir bereits irgendwo bei 11 Dimensionen...

Ja, die Wissenschaft hat einiges zu bieten! Lachen


Stimmt. Z.B. CD - Player, Computer, Mikrowellenherd, Impfungen gegen Krankheiten, Analvibratoren, etc...

Wo liegt bitteschön Dein verdammtes Problem? Am Kopf kratzen

Welche "Errungenschaften" hat die Esoterik vorzuweisen? Geschockt
Nach oben
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen   Drucker freundliche Ansicht    Freigeisterhaus Foren-Übersicht -> Wissenschaft und Technik Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde
Gehe zu Seite Zurück  1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10  Weiter
Seite 9 von 10

 
Gehe zu:  
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.



Impressum & Datenschutz


Powered by phpBB © 2001, 2005 phpBB Group