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Warum Gott kein moralisches Vorbild ist und Werte keinen Gott brauchen
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pariparo
Bright & HyperAtheist



Anmeldungsdatum: 22.06.2007
Beiträge: 2378
Wohnort: Berlin

Beitrag(#886977) Verfasst am: 17.12.2007, 16:35    Titel: Warum Gott kein moralisches Vorbild ist und Werte keinen Gott brauchen Antworten mit Zitat

Alan Posener schreibt dazu in Welt Online:

Zitat:
Werte entwickeln sich mit dem Fortschritt der Gesellschaft. Wer das Alte Testament aufmerksam liest, wird erkennen, dass die Menschen oft viel weiter waren, als ihr Gott, der nicht nur für Mord die Todesstrafe verlangt, sondern auch für Verfluchung der Eltern, für Ehebruch und Arbeit am Sabbat.

Keine Aussage des Religionskritikers Richard Dawkins hat mehr Empörung ausgelöst als seine Bemerkung, dieser Gott sei „eine der unangenehmsten Gestalten der Weltliteratur“. Dabei übersehen die Dawkins-Kritiker, dass von Literatur die Rede ist. Betrachtet man die Bibel nicht als Heilige Schrift, sondern als fiktionalen Text, so wie wir inzwischen die blutrünstigen Sagen der Griechen und Germanen betrachten, so fällt es schwer, Dawkins nicht zuzustimmen.

Alle Menschen, in allen Kulturen, haben ähnliche Vorstellungen davon, was Recht und Unrecht, gerecht und ungerecht ist. Sogar Menschenaffen scheinen eine Art Moral zu haben. Das ist nicht verwunderlich. Als soziale Tiere sind wir auf Werte wie Altruismus – Was du nicht willst, das man dir tu, das füge keinem anderen zu – angewiesen. Wären wir nicht genetisch vorprogrammiert, uns sozial zu verhalten, wir wären längst ausgestorben. Die menschliche Moral kommt vor der Religion. Werte brauchen keinen Gott.


Artikel

kath.net über Posener...
_________________
Glaubst du noch oder denkst du schon?
Ich bin selbst gegenüber allen bekannten Religionen Dissident, und ich hoffe, dass jede Art religiöser Gläubigkeit ausstirbt. (B.Russell)

muede
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Celsus-2006
Unpapst



Anmeldungsdatum: 26.07.2006
Beiträge: 1617
Wohnort: Süddeutschland

Beitrag(#886983) Verfasst am: 17.12.2007, 16:55    Titel: Antworten mit Zitat

Dass Religion aus Ethik erwächst und nicht umgekehrt, hat schon Kant postuliert, wie ich gerade in seiner Biografie lese. Dafür hat er auch ordentlich Ärger bekommen.
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sehr gut
dauerhaft gesperrt



Anmeldungsdatum: 05.08.2007
Beiträge: 14852

Beitrag(#887019) Verfasst am: 17.12.2007, 18:46    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Werte entwickeln sich mit dem Fortschritt der Gesellschaft. Wer das Alte Testament aufmerksam liest, wird erkennen, dass die Menschen oft viel weiter waren, als ihr Gott, der nicht nur für Mord die Todesstrafe verlangt, sondern auch für Verfluchung der Eltern, für Ehebruch und Arbeit am Sabbat.


"Wer das Alte Testament aufmerksam liest" der weiss das die Israeliten Sklaven war. Sie hatten Dinge zu tun die ihrem Leben(>Werte) widersprach.
Da kam dann einer der ihnen ein Land versprach wo es sich gut leben lässt, dieses Leben(>Werte) lag in der Hand dieses einem, dieser gab Werte vor (kann man annehmen oder lassen) durch die man in dieses Land kommt.

Jetzt kann man diese gemeinsamen "Werte" kritisieren, der Sabbat z.B. ist der Rythmus dem alle unterliegen(Gott wie Volk), 1 gemeinsame Schwingung. Man könnte anderes als gemeinsamen Rythmus nehmen als diesen 6:1-Rythmus, um zusammen leben zu können ist sowas aber wichtig - Leute die auf einer Tanzfläche gleichzeitig Walzer/Foxtrott/Tango... tanzen werden sich auf die Füsse treten, die scheinen auch andere Schwingungen(i.d.F. Musik) wahrzunehmen.

Wenn dieser gemeinsame Rythmus wichtig ist dann wird entsprechend der Wichtigkeit gehandelt und geahndet. Wer in unserer Gesellschaft "aus der Reihe tanzt" der muß auch damit rechnen das er bestraft wird, aus Sichtweise anderer Völker teilweise wegen Lächerlichkeiten, aber der Gesetzgeber sieht darin einen Sinn.
Gerechterweise müsste man also den biblischen Gott(i.d.F. der Gesetzgeber) fragen wieso er bestimmte Strafen nutzte, ansonsten sagt man das man mehr Überblick hat wie dieser Gesetzgeber.
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hehehe
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Anmeldungsdatum: 26.07.2006
Beiträge: 674

Beitrag(#887065) Verfasst am: 17.12.2007, 19:36    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Wären wir nicht genetisch vorprogrammiert, uns sozial zu verhalten, wir wären längst ausgestorben.


Wo war diese angebliche genetische Programmierung eigentlich im letzten Jahrhundert? Die muss da irgendwie geschlafen haben, oder wie sonst ist erklärbar, dass sich hundert Millionen Menschen gegenseitig massakriert und abgeschlachtet haben. Und standen wir während des kalten Krieges nicht knapp am Rand der (selbst verursachten) Auslöschung?

Der Vergleich mit dem Tierreich hinkt, denn bei Tieren sorgt tatsächlich ein genetisch programmierter Instinkt für soziales Verhalten. Der Mensch dagegen hat die Freiheit, sich sozial zu verhalten oder nicht.
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DeHerg
nun schon länger Ranglos



Anmeldungsdatum: 28.04.2007
Beiträge: 6525
Wohnort: Rostock

Beitrag(#887112) Verfasst am: 17.12.2007, 20:23    Titel: Antworten mit Zitat

hehehe hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Wären wir nicht genetisch vorprogrammiert, uns sozial zu verhalten, wir wären längst ausgestorben.


Wo war diese angebliche genetische Programmierung eigentlich im letzten Jahrhundert? Die muss da irgendwie geschlafen haben, oder wie sonst ist erklärbar, dass sich hundert Millionen Menschen gegenseitig massakriert und abgeschlachtet haben. Und standen wir während des kalten Krieges nicht knapp am Rand der (selbst verursachten) Auslöschung?

Der Vergleich mit dem Tierreich hinkt, denn bei Tieren sorgt tatsächlich ein genetisch programmierter Instinkt für soziales Verhalten. Der Mensch dagegen hat die Freiheit, sich sozial zu verhalten oder nicht.
klar kann ein Mensch(in gewissem Ramen) gegen seinen genetisch programmierten Instinkt handeln.Ein Krieg ist auch ein massives zuwiederhandeln gegen den eigenen Selbsterhaltungstrieb.

Das ändert aber nichts an der Aussage das Ethisches handeln schon vor der Religion vorhanden war.
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Haare spalten ist was für Grobmotoriker

"Leistung muss sich wieder lohnen"<--purer Sozialismus
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Henry Kane
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Anmeldungsdatum: 16.05.2007
Beiträge: 176

Beitrag(#887488) Verfasst am: 18.12.2007, 11:47    Titel: Antworten mit Zitat

Da dürfte auch die Trennung zwischen Stammeszugehörigen und Stammesfremden eine wichtige Rolle spielen. Gruppenbildung und die notfalls gewaltsame Sicherung der Gruppe scheint ja auch zu alttestamentarischen Zeiten schon vorhanden gewesen zu sein, zumindest konnte man diesen Trieb wunnebar ausnutzen um die abzuschlachten, die irgendwie anders waren. Praktischerweise ekam man dabei dann auch gleich ihre Besitztümer.
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Wenn man bedenkt, dass man mit dem Strom auch ein Waffeleisen betreiben könnte...
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44650

Beitrag(#887494) Verfasst am: 18.12.2007, 12:03    Titel: Antworten mit Zitat

Es gibt keine "moralischen Vorbilder" und es kann keine geben. Cool zynisches Grinsen
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"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Zumsel
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Anmeldungsdatum: 08.03.2005
Beiträge: 4667

Beitrag(#887497) Verfasst am: 18.12.2007, 12:11    Titel: Antworten mit Zitat

DeHerg hat folgendes geschrieben:
klar kann ein Mensch(in gewissem Ramen) gegen seinen genetisch programmierten Instinkt handeln.Ein Krieg ist auch ein massives zuwiederhandeln gegen den eigenen Selbsterhaltungstrieb.

Das ändert aber nichts an der Aussage das Ethisches handeln schon vor der Religion vorhanden war.


Mit der Metapher "genetische Programmierung" werden wohl die wenigsten Gläubigen ein Problem haben. Denn wo eine Programmierung, da auch ein Programmierer. Auch deine Behauptung, bestimmte Handlungen (etwa Krieg) stellten einen Verstoß gegen die wahre Natur (Bestimmung) des Menschen dar, würden die meisten Theologen wohl sofort unterschreiben.

Religion muss in diesem Zusammenhang kulturell gefasst werden. Die Frage kann doch nicht ernsthaft lauten, ob es biologische Ursachen dafür gibt, dass ein Mensch ist wie er ist. Sondern unter welchen Voraussetzungen welche Instinkte wie gelebt werden. Und da gibt es zwischen den Kulturen gravierende Unterschiede.
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Johnnyboy
Stück Scheiße



Anmeldungsdatum: 26.06.2005
Beiträge: 2562
Wohnort: Babylon

Beitrag(#887523) Verfasst am: 18.12.2007, 12:50    Titel: Antworten mit Zitat

hehehe hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Wären wir nicht genetisch vorprogrammiert, uns sozial zu verhalten, wir wären längst ausgestorben.


Wo war diese angebliche genetische Programmierung eigentlich im letzten Jahrhundert? Die muss da irgendwie geschlafen haben, oder wie sonst ist erklärbar, dass sich hundert Millionen Menschen gegenseitig massakriert und abgeschlachtet haben. Und standen wir während des kalten Krieges nicht knapp am Rand der (selbst verursachten) Auslöschung?

Der Vergleich mit dem Tierreich hinkt, denn bei Tieren sorgt tatsächlich ein genetisch programmierter Instinkt für soziales Verhalten. Der Mensch dagegen hat die Freiheit, sich sozial zu verhalten oder nicht.


Menschen haben zu allen Zeiten massakriet und getötet, nur eben mit primitiveren Waffen. Die frommen Mörder in der Bartholomäus-Nacht waren in ihrer Grausamkeit den Stalisten wohl ebenbürtig, nur fehlten damals einfach die Mittel. Der Punkt ist, dass Menschlichkeit keinen Gott braucht, der lohnt oder straft, denn jede Handlung die durch ein solches Prinzip beinflusst werden würde, wäre im Kern egoistisch.
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"Das Leben des Starken erfüllt seinen Sinn, das des Schwachen seinen Zweck".
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Zarathustrafreund
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Anmeldungsdatum: 18.06.2007
Beiträge: 528

Beitrag(#887538) Verfasst am: 18.12.2007, 13:04    Titel: Gott wird es euch allen heimzahlen... Antworten mit Zitat

@Johnnyboy

"Der Punkt ist, dass Menschlichkeit keinen Gott braucht, der lohnt oder straft, denn jede Handlung die durch ein solches Prinzip beinflusst werden würde, wäre im Kern egoistisch."

Da muss man Angst noch in die Gleichung nehmen, Gottes Herrschaft ist auf Angst aufgebaut, vor dem Tod, vor einem Gericht, vor Feinden, Kinderlosigkeit...

Unsere Angst braucht Gott, Gott braucht unsere Angst, ohne Gottesfurcht hätte man also andere Ängste.
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DeHerg
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Anmeldungsdatum: 28.04.2007
Beiträge: 6525
Wohnort: Rostock

Beitrag(#887553) Verfasst am: 18.12.2007, 13:24    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:

Mit der Metapher "genetische Programmierung" werden wohl die wenigsten Gläubigen ein Problem haben. Denn wo eine Programmierung, da auch ein Programmierer.
durch DNS vorgegeben("programiert").
an einen willentlichen Programmierer würdest du dort nur über den Kreationismus rankommen
Zumsel hat folgendes geschrieben:

Auch deine Behauptung, bestimmte Handlungen (etwa Krieg) stellten einen Verstoß gegen die wahre Natur (Bestimmung) des Menschen dar, würden die meisten Theologen wohl sofort unterschreiben.
ein "massives zuwiederhandeln gegen den eigenen Selbsterhaltungstrieb" ist ein Handeln gegen einen Instinkt nicht gegen eine Bestimmung (auch hier müsste man erst den Kreationismus beweisen um daraus eine Bestimmung zu machen)
Zitat:
Religion muss in diesem Zusammenhang kulturell gefasst werden. Die Frage kann doch nicht ernsthaft lauten, ob es biologische Ursachen dafür gibt, dass ein Mensch ist wie er ist. Sondern unter welchen Voraussetzungen welche Instinkte wie gelebt werden. Und da gibt es zwischen den Kulturen gravierende Unterschiede.
ich wollte lediglich darauf hinweisen das ethisches(besser soziales) Handeln schon vor der Religion(Kultur) da war
wie dies innerhalb eines Kulturellen Rahmens aussieht ist eine andere Frage
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Evilbert
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Anmeldungsdatum: 16.09.2003
Beiträge: 42408

Beitrag(#887564) Verfasst am: 18.12.2007, 13:47    Titel: Antworten mit Zitat

hehehe hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Wären wir nicht genetisch vorprogrammiert, uns sozial zu verhalten, wir wären längst ausgestorben.


Wo war diese angebliche genetische Programmierung eigentlich im letzten Jahrhundert? Die muss da irgendwie geschlafen haben, oder wie sonst ist erklärbar, dass sich hundert Millionen Menschen gegenseitig massakriert und abgeschlachtet haben. ?


Mittels Ideologien wie eben auch den Religionen lässt sich den Menschen einreden, dass solche Handlungsweisen eben sehr wohl sozial seien.

Wenn andere soziale Gruppen oder Bewohner anderer Gegenden durch solche Ideologien entmenschlicht werden nd sie als Minderheit hingestellt werden, die das Überleben der menschlichen Mehrheit nachhaltig bedrohen, dann gelingt es beispielsweise eben, dass Handlungen geschiehen, die das Gegenteil von dem bewirken, was der Täter eigentlich im Kern will.

Ich erinere da zudem auch noch daran, dass man bei den Hexenverbrennungen meinte, den Opfern selbst noch etwas Gutes zu tun, weil das Feuer sie ja von ihren vermeintlichen Sünden reinigen würde.
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Ieldra
Außerirdischer Techno-Magier



Anmeldungsdatum: 12.12.2007
Beiträge: 156

Beitrag(#887579) Verfasst am: 18.12.2007, 14:17    Titel: Antworten mit Zitat

hehehe hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Wären wir nicht genetisch vorprogrammiert, uns sozial zu verhalten, wir wären längst ausgestorben.

Wo war diese angebliche genetische Programmierung eigentlich im letzten Jahrhundert? Die muss da irgendwie geschlafen haben, oder wie sonst ist erklärbar, dass sich hundert Millionen Menschen gegenseitig massakriert und abgeschlachtet haben. Und standen wir während des kalten Krieges nicht knapp am Rand der (selbst verursachten) Auslöschung?

Genetisch veranlagtes Sozialverhalten enthält auch die Kategorien "Gruppenloyalität" und "Respekt vor Autoritäten" (man mag es verabscheuen, aber wir Menschen sind für hierarchisches Gruppenverhalten veranlagt). Die Exzesse der Nazis beispielsweise lassen sich sehr gut erklären durch eine Überbetonung dieser Kategorien zu Lasten der Anderen.
Dass die Kategorien dieses Sozialverhaltens, d.h. auch der damit zusammenhängenden moralischen Urteile, genetisch veranlagt sind, während die Inhalte durch kulturelle Prozesse geprägt werden, zeigen neuere Untersuchungen (siehe etwa hier, darin vor allem die Artikel aus 2006 oder später). Interessant in diesem Zusammenhang sind auch die Untersuchungen von Marc Hauser, der m.E. etwas zu weit geht mit seinen Hypothesen.
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Zumsel
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Anmeldungsdatum: 08.03.2005
Beiträge: 4667

Beitrag(#888347) Verfasst am: 19.12.2007, 11:04    Titel: Antworten mit Zitat

DeHerg hat folgendes geschrieben:
durch DNS vorgegeben("programiert").
an einen willentlichen Programmierer würdest du dort nur über den Kreationismus rankommen


Es geht doch nicht um ontologische Begründungen.

DeHerg hat folgendes geschrieben:
ein "massives zuwiederhandeln gegen den eigenen Selbsterhaltungstrieb" ist ein Handeln gegen einen Instinkt...


Ja, gegen EINEN Instinkt. Das heißt aber nicht, dass kriegerische Völker ihren Instinkten zuwider handeln. Möglicherweise sind andere Instinkte einfach nur stärker ausgeprägt. Natürlich gibt es genetische Voraussetzungen für bestimmtes Verhalten. Daraus kann man aber nicht folgern, dass alles, was wir heute als "moralisch" bewerten der Natur des Menschen entspricht und alles was wir als "unmoralisch" empfinden eine Abkehr von dieser Natur sei. Das hast du zwar nicht gesagt, aber man könnte deine Aussage dahingehend verstehen. Dahert mein Einwand.

DeHerg hat folgendes geschrieben:
...nicht gegen eine Bestimmung (auch hier müsste man erst den Kreationismus beweisen um daraus eine Bestimmung zu machen)


Einer "Bestimmung" kommt es dann sehr nahe, wenn man eben das eigene moralische Empfinden kurzerhand zum Maßstab dafür erhebt, welches Verhalten der Natur des Menschen am adäquatesten sei.

DeHerg hat folgendes geschrieben:
ich wollte lediglich darauf hinweisen das ethisches(besser soziales) Handeln schon vor der Religion(Kultur) da war
wie dies innerhalb eines Kulturellen Rahmens aussieht ist eine andere Frage


Genau das ist meiner Meinung nach aber die entscheidende Frage. Denn Moral ist ein kultureller Begriff, kein biologischer.
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Botschafter Kosh
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Anmeldungsdatum: 26.11.2007
Beiträge: 3972

Beitrag(#888364) Verfasst am: 19.12.2007, 11:22    Titel: Antworten mit Zitat

Ieldra hat folgendes geschrieben:
hehehe hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Wären wir nicht genetisch vorprogrammiert, uns sozial zu verhalten, wir wären längst ausgestorben.

Wo war diese angebliche genetische Programmierung eigentlich im letzten Jahrhundert? Die muss da irgendwie geschlafen haben, oder wie sonst ist erklärbar, dass sich hundert Millionen Menschen gegenseitig massakriert und abgeschlachtet haben. Und standen wir während des kalten Krieges nicht knapp am Rand der (selbst verursachten) Auslöschung?

Genetisch veranlagtes Sozialverhalten enthält auch die Kategorien "Gruppenloyalität" und "Respekt vor Autoritäten" (man mag es verabscheuen, aber wir Menschen sind für hierarchisches Gruppenverhalten veranlagt). Die Exzesse der Nazis beispielsweise lassen sich sehr gut erklären durch eine Überbetonung dieser Kategorien zu Lasten der Anderen.
Dass die Kategorien dieses Sozialverhaltens, d.h. auch der damit zusammenhängenden moralischen Urteile, genetisch veranlagt sind, während die Inhalte durch kulturelle Prozesse geprägt werden, zeigen neuere Untersuchungen (siehe etwa hier, darin vor allem die Artikel aus 2006 oder später). Interessant in diesem Zusammenhang sind auch die Untersuchungen von Marc Hauser, der m.E. etwas zu weit geht mit seinen Hypothesen.


Nur wenn man das richtige Menschenbild besitzt, kann man problematische Schieflagen rechtzeitig erkennen und gegensteuern.
Wenn man , wie alle Religionen, ein Fantasiebild benutzt gibt es automatisch einen Irrläufer.

mfg kosh
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Evilbert
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Anmeldungsdatum: 16.09.2003
Beiträge: 42408

Beitrag(#888544) Verfasst am: 19.12.2007, 14:03    Titel: Antworten mit Zitat

Botschafter Kosh hat folgendes geschrieben:

Nur wenn man das richtige Menschenbild besitzt, kann man problematische Schieflagen rechtzeitig erkennen und gegensteuern.


Also nie, denn niemand besitzt "das richtige Menschenbild".
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Ieldra
Außerirdischer Techno-Magier



Anmeldungsdatum: 12.12.2007
Beiträge: 156

Beitrag(#888775) Verfasst am: 19.12.2007, 17:20    Titel: Antworten mit Zitat

Botschafter Kosh hat folgendes geschrieben:
Ieldra hat folgendes geschrieben:
hehehe hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Wären wir nicht genetisch vorprogrammiert, uns sozial zu verhalten, wir wären längst ausgestorben.

Wo war diese angebliche genetische Programmierung eigentlich im letzten Jahrhundert? Die muss da irgendwie geschlafen haben, oder wie sonst ist erklärbar, dass sich hundert Millionen Menschen gegenseitig massakriert und abgeschlachtet haben. Und standen wir während des kalten Krieges nicht knapp am Rand der (selbst verursachten) Auslöschung?

Genetisch veranlagtes Sozialverhalten enthält auch die Kategorien "Gruppenloyalität" und "Respekt vor Autoritäten" (man mag es verabscheuen, aber wir Menschen sind für hierarchisches Gruppenverhalten veranlagt). Die Exzesse der Nazis beispielsweise lassen sich sehr gut erklären durch eine Überbetonung dieser Kategorien zu Lasten der Anderen.
Dass die Kategorien dieses Sozialverhaltens, d.h. auch der damit zusammenhängenden moralischen Urteile, genetisch veranlagt sind, während die Inhalte durch kulturelle Prozesse geprägt werden, zeigen neuere Untersuchungen (siehe etwa hier, darin vor allem die Artikel aus 2006 oder später). Interessant in diesem Zusammenhang sind auch die Untersuchungen von Marc Hauser, der m.E. etwas zu weit geht mit seinen Hypothesen.


Nur wenn man das richtige Menschenbild besitzt, kann man problematische Schieflagen rechtzeitig erkennen und gegensteuern.
Wenn man , wie alle Religionen, ein Fantasiebild benutzt gibt es automatisch einen Irrläufer.
mfg kosh

Der Ausdruck "das richtige Menschenbild" klingt mir zu sehr nach Ideologie - als ob jemand, irgendeine Gruppe, darüber ein exklusive Wissen hätte. Aber es ist insoweit richtig, dass man verstehen muss, warum Menschen manche Dinge tun und glauben und andere nicht, bevor man korrigierend eingreifen kann.
Hier mal zwei interessante Aspekte: Nach den oben zitierten Untersuchungen kann man davon ausgehen, dass die Entscheidung, vernünftigen Schlussfolgerungen den Vorzug vor dem Glauben zu geben, selbst keine Vernunftentscheidung ist. Deshalb hat Überzeugungsarbeit nur dann Erfolg, wenn sie denen, die man überzeugen will, gleichzeitig die emotionale Sicherheit vermitteln kann, durch den Verlust des Glaubens in keiner Weise bedroht zu sein.
Dieser Artikel (wo die Autoren stehen, ist egal - der Inhalt ist interessant) und dieser Artikel stellen einen Zusammenhang her zwischen Religion und bestimmten sozialen Missständen, was darauf hindeutet, dass man, wenn man Religion zurückdrängen will, kaum etwas Besseres tun kann, als den Wohlstand und dessen gerechte Verteilung in der Bevölkerung zu fördern und eine breit verfügbare Gesundheitsversorgung sicherzustellen.
Das alles mag nicht neu sein - ich bin wahrscheinlich nicht der einzige, der so etwas schon seit längerem vermutet - aber es jetzt wissenschaftlich bestätigt zu sehen, zeigt, dass man diese Dinge tatsächlich analysieren kann. Das ist ein großer Fortschritt gegenüber der Situation von vor 20 Jahren. Früher konnte die Wissenschaft der Religion nur entgegentreten, indem sie ihre Glaubensinhalte falsifizierte. Heute kann sie sie selbst (weg-)erklären. Mr. Green Naja...vielleicht noch nicht ganz.
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Uriziel
Herpiderpi



Anmeldungsdatum: 22.12.2007
Beiträge: 1728

Beitrag(#893313) Verfasst am: 26.12.2007, 13:36    Titel: Antworten mit Zitat

Moralische Vorbilder haben meistens die eine oder andere Leiche im Keller zwinkern
Und das moralische Werte keinen Gott brauchen, wissen wir auch alle zwinkern

Ich weis ziemlich gut, was gut und was böse ist, finde ich. Ich brauche kein übergestelltes, überirdisches Wesen, um das zu erkennen ;3
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44650

Beitrag(#893354) Verfasst am: 26.12.2007, 14:18    Titel: Antworten mit Zitat

Botschafter Kosh hat folgendes geschrieben:
Nur wenn man das richtige Menschenbild besitzt

"Menschenbilder" erzeugen, was sie abbilden.
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"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44650

Beitrag(#893375) Verfasst am: 26.12.2007, 14:53    Titel: Antworten mit Zitat

Es ist im Christentum strukturunmöglich, Gott als Vorbild zu betrachten, völlig unabhängig davon, was er tut oder lässt. Gott als Vorbild zu betrachten würde bedeuten, sein zu wollen wie Gott. Glaubt man dem Buch Genesis, war das die erste Ursünde des Menschen. Gleichzeitig besteht für den Christen ebenfalls die Notwendigkeit, Gott als moralgebend, ergo als moralisches Vorbild zu etablieren. Gott kann jedoch, qua Gott jeder Moralität enthoben (denn er setzt erst das, was Moralität genannt wird), a priori nicht moralisches Vorbild sein, andernfalls er der Moral unterworfen wäre, ergo nicht als ihr Begründer fungieren könne. Gott muss also in der Logik des Christentums gleichzeitig moralisch (und sogar wesenshaft moralisch, d.h. die Verkörperung der Moralität) und außermoralisch sein. Als Mensch wird man damit in eine "damned-if-you-do-and-damned-if-you-don't" - Situation gebracht. Erkenne ich Gott als oberste moralische Instanz innerhalb des Moralzusammenhangs an, dann unterwerfe ich Gott einer über ihm stehenden Moral. Betrachte ich hingegen Gott als außerhalb der von ihm begründeten Moral stehend, dann untergrabe ich den Anspruch dieser Moral auf Göttlichkeit bzw. auf (nicht-zufällige) Gottgegebenheit. Mit anderen Worten: Ich kann nicht gleichzeitig der gottgegebenen Moral folgen und ihre Gottgegebenheit anerkennen, ohne dass beides miteinander zum Widerspruch führt. Man könnte fast von einer Doppelbindung sprechen. Innerhalb der Logik des Christentums kann es aus diesem Dilemma letztendlich keinen Ausweg geben. Auch die angebliche Erlösung durch Jesu' Kreuzestod liefert keinen Ausweg, sondern nur eine Verschiebung des Problems.
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- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Skeptiker
"I can't breathe!"



Anmeldungsdatum: 14.01.2005
Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville

Beitrag(#893432) Verfasst am: 26.12.2007, 16:07    Titel: Ausweg aus dem Dilemma Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Es ist im Christentum strukturunmöglich, Gott als Vorbild zu betrachten, völlig unabhängig davon, was er tut oder lässt. Gott als Vorbild zu betrachten würde bedeuten, sein zu wollen wie Gott. Glaubt man dem Buch Genesis, war das die erste Ursünde des Menschen. Gleichzeitig besteht für den Christen ebenfalls die Notwendigkeit, Gott als moralgebend, ergo als moralisches Vorbild zu etablieren. Gott kann jedoch, qua Gott jeder Moralität enthoben (denn er setzt erst das, was Moralität genannt wird), a priori nicht moralisches Vorbild sein, andernfalls er der Moral unterworfen wäre, ergo nicht als ihr Begründer fungieren könne. Gott muss also in der Logik des Christentums gleichzeitig moralisch (und sogar wesenshaft moralisch, d.h. die Verkörperung der Moralität) und außermoralisch sein. Als Mensch wird man damit in eine "damned-if-you-do-and-damned-if-you-don't" - Situation gebracht. Erkenne ich Gott als oberste moralische Instanz innerhalb des Moralzusammenhangs an, dann unterwerfe ich Gott einer über ihm stehenden Moral. Betrachte ich hingegen Gott als außerhalb der von ihm begründeten Moral stehend, dann untergrabe ich den Anspruch dieser Moral auf Göttlichkeit bzw. auf (nicht-zufällige) Gottgegebenheit. Mit anderen Worten: Ich kann nicht gleichzeitig der gottgegebenen Moral folgen und ihre Gottgegebenheit anerkennen, ohne dass beides miteinander zum Widerspruch führt. Man könnte fast von einer Doppelbindung sprechen. Innerhalb der Logik des Christentums kann es aus diesem Dilemma letztendlich keinen Ausweg geben. Auch die angebliche Erlösung durch Jesu' Kreuzestod liefert keinen Ausweg, sondern nur eine Verschiebung des Problems.


Tja nun, wenn der Boss von seinen Untertanen verlangt, immer schön der Regeln einzuhalten, aber selber macht, was er will, dann gibt es dafür einen passenden Ausdruck, nämlich den der Doppelmoral.

Aber das Dilemma lässt sich lösen, indem man Moral als variabel betrachtet. Was gestern richtig war, könnte demnach heute falsch und trotzdem moralisch geblieben sein.

Oder auch je nach Situation: Was in der Situation A unmoralisch ist, kann in Situation B moralisch sein, wobei es stets die selbe Handlung sein kann.

Insofern ist Moral durchaus denkmöglich und auch praktisch umzusetzen.

Wenn man aus der Sicht religiöser Menschen einen großen Boss kreiert, so sind dessen Wege ja auch oft unergründlich, was dann solche Fragen wie "Wie kann Gott nur so etwas zulassen" auflöst. Denn wenn Gott halt einfach überschlau ist, dann muss es keine Willkür sein, wenn er heute "du sollst nicht töten!" und morgen Massenmord predigt.

Und in der Tat: So ähnlich gehen auch Religionsfanatiker mit dem Thema Moral um. Stets ist alles irgendwie durch eine höhere Weisheit gerechtfertigt. Der Mensch ist nur zu blöd, das zu verstehen.

Genau so ist es allerdings, wenn irgend welche "Übermenschen" in ihrer Willkür heilig gesprochen werden.

Und die Pointe in dieser Führer-Geführte-Geschichte ist die, das Moral und Amoral identisch werden, weil es immer einen gibt, der aktuell bestimmt, was Moral ist, egal ob "Gott" oder "der Führer".

Der echte Ausweg aus diesem Dilemma ist eine Moral, die sich an den umfassend verstandenen Menschenrechten orientiert, also nicht an dem, was Schäuble oder Bush darunter verstehen.

Eine solche Orientierung muss aber sofort die gesellschaftlichen Verhältnisse in den Blick nehmen und fragen, inwiefern die bestehenden bürgerlichen Institutionen sich vor den Menschenrechten legitimieren können. Und dies können sie in der Tat nicht.

Deshalb ist die Frage nach moralischen=menschenrechtlichen Verhältnissen in den Raum geworfen. Denn was ist Moral ohne ihre materielle/gesellschaftliche Grundlage? - Nichts als ein Luftschloß, nichts als Religion und "Gott" ...-!

Skeptiker
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Beitrag(#893434) Verfasst am: 26.12.2007, 16:10    Titel: Antworten mit Zitat

hehehe hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Wären wir nicht genetisch vorprogrammiert, uns sozial zu verhalten, wir wären längst ausgestorben.


Wo war diese angebliche genetische Programmierung eigentlich im letzten Jahrhundert? Die muss da irgendwie geschlafen haben, oder wie sonst ist erklärbar, dass sich hundert Millionen Menschen gegenseitig massakriert und abgeschlachtet haben. Und standen wir während des kalten Krieges nicht knapp am Rand der (selbst verursachten) Auslöschung?

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http://hpd-online.de/node/2498
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Tarvoc
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Beitrag(#893460) Verfasst am: 26.12.2007, 17:04    Titel: Re: Ausweg aus dem Dilemma Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Tja nun, wenn der Boss von seinen Untertanen verlangt, immer schön der Regeln einzuhalten, aber selber macht, was er will, dann gibt es dafür einen passenden Ausdruck, nämlich den der Doppelmoral.

So sehr ich mit dem, was du weiter unten in deinem Beitrag über die Menschenrechte sagst, einverstanden bin, muss ich doch der Vermutung Ausdruck geben, dass du das Dilemma des Christentums, von dem ich spreche, nur verkürzt wiedergibst. Es ist nicht einfach so, dass das Christentum einen Gewaltherrscher propagiert, der uns eine Moral vorsetzt und selbst einfach nur tut was er will. Sondern es ist für das Christentum notwendig, dass die gottgegebenen moralischen Kategorien (oder sonst irgendwelche, aber eigentlich müssen es diese sein) irgendwie selbst auf den von ihm behaupteten Gott anwendbar sind: Gott muss allgütig sein, sonst funktioniert das Christentum nicht. Andererseits darf der fehlbare Mensch aber diese moralischen Kategorien nicht auf Gott anwenden, da er bereits damit Zweifel an der Allgüte Gottes üben würde. Innerhalb des Christentums sind die moralischen Kategorien auf Gott also gleichzeitig anwendbar und nicht anwendbar: Nur Gott kann entscheiden, ob Gottes Wille moralisch ist oder nicht. Das Christentum streicht den Menschen aus dem Diskurs und muss aber gleichzeitig suggerieren, dass der einzelne Mensch (und das heißt immer, der einzelne Gläubige, und das heißt immer, der einzelne vollkommene Gläubige) das für Gott einzig Wichtige ist. Es ist auch nicht so, dass der einzelne Gott unterworfene Mensch einfach nur die Gebote Gottes befolgen müsste, während Gott selbst, wie du sagst, "macht was er will", und schon ist alles in Ordnung. Da Gott der einzige ist, der über Gott urteilen kann, haben wir hier eben wirklich eine "damned-if-you-do-and-damned-if-you-don't" - Situation. Das heißt, egal was der Mensch tut, er ist letztlich immer in der durch diese Theologie konstruierten Doppelbindung gefangen und damit vor Gott moralisch verdammt.
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Hornochse
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Beitrag(#893543) Verfasst am: 26.12.2007, 19:12    Titel: Antworten mit Zitat

Begriffe wie Allgüte werden ja, seitens der Gläubigen, durchaus mit guten Gewissen auf Gott selbst angewandt - denn es gibt ja noch eine andere Kraft, die für das verantwortlich gemacht werden kann, was den Gott zugeschriebenen Eigenschaften nicht entspricht: Den Teufel.
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Larsen
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Beitrag(#893562) Verfasst am: 26.12.2007, 19:25    Titel: Antworten mit Zitat

Da ist mir die Sicht Epikurs auf die Götter sympathischer. Seine Götter sind zwar auch Vorbilder in sachen Vollkommenheit, aber sie sind keine Richter.
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Tarvoc
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Beitrag(#893563) Verfasst am: 26.12.2007, 19:27    Titel: Antworten mit Zitat

Hornochse hat folgendes geschrieben:
Begriffe wie Allgüte werden ja, seitens der Gläubigen, durchaus mit guten Gewissen auf Gott selbst angewandt - denn es gibt ja noch eine andere Kraft, die für das verantwortlich gemacht werden kann, was den Gott zugeschriebenen Eigenschaften nicht entspricht: Den Teufel.

Der Teufel ändert an dem von mir skizzierten Dilemma auch nichts.
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Hornochse
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Beitrag(#893614) Verfasst am: 26.12.2007, 20:04    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Hornochse hat folgendes geschrieben:
Begriffe wie Allgüte werden ja, seitens der Gläubigen, durchaus mit guten Gewissen auf Gott selbst angewandt - denn es gibt ja noch eine andere Kraft, die für das verantwortlich gemacht werden kann, was den Gott zugeschriebenen Eigenschaften nicht entspricht: Den Teufel.

Der Teufel ändert an dem von mir skizzierten Dilemma auch nichts.


Er macht es aber einfacher, es nicht wahrzunehmen.
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- Niklas Luhmann -
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Skeptiker
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Beitrag(#894987) Verfasst am: 28.12.2007, 14:45    Titel: "Gott" als deregulierter Regulator Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Tja nun, wenn der Boss von seinen Untertanen verlangt, immer schön der Regeln einzuhalten, aber selber macht, was er will, dann gibt es dafür einen passenden Ausdruck, nämlich den der Doppelmoral.


So sehr ich mit dem, was du weiter unten in deinem Beitrag über die Menschenrechte sagst, einverstanden bin, muss ich doch der Vermutung Ausdruck geben, dass du das Dilemma des Christentums, von dem ich spreche, nur verkürzt wiedergibst. Es ist nicht einfach so, dass das Christentum einen Gewaltherrscher propagiert, der uns eine Moral vorsetzt und selbst einfach nur tut was er will. Sondern es ist für das Christentum notwendig, dass die gottgegebenen moralischen Kategorien (oder sonst irgendwelche, aber eigentlich müssen es diese sein) irgendwie selbst auf den von ihm behaupteten Gott anwendbar sind: Gott muss allgütig sein, sonst funktioniert das Christentum nicht.


Das meine ich nicht. Und aus der Sicht eines Christen ist es auch alles sehr unterschiedlich interpretierbar.

Die Fallunterscheidung, dass "Gott" entweder innerhalb oder außerhalb der Moral stehe und dazwischen gebe es nichts, ist aus meiner Sicht zu einfach.

Denn selbst wenn ein "Gott" an irgend eine Moral gebunden ist, so kann diese seine Moral durchaus eine andere Moral sein, als jene, die er für die Menschen vorsieht.

Oder die Moral für die Menschen kann eine Teil-/Untermenge der "göttlichen" Moral sein und zusätzlich eine pädagogisch/menschengerechte Übersetzung der selben.

Insofern ist also die Unterwerfung des Menschen unter die für ihn vorgesehene Moral nicht unbedingt damit verbunden, diese Unterwerfung auch von "Gott" fordern können zu müssen.

Dazu kommen noch ein paar zusätzliche Variablen zum Modell hinzu, etwa der Wille a) des Menschen/der Menschen und b) des "Gottes"/der "Götter".

Wenn das Verhältnis zwischen dem jeweiligen Wollen und der Moral auch noch mal untersucht wird, wird's kompliziert.

Aber auch hier läuft es auf unterschiedliche Mächtigkeiten hinaus, so dass letzten Endes nur mehr oder weniger die Rangfolge zwischen unterschiedlichen Wesenheiten übrig bliebe.

Auch so kann man Theologie betreiben und gleichzeitig "Gott" von der Moral des Menschen befreien.

Nachdem dies geschehen ist, kann man anfangen von einer "übermenschlichen" Moral zu sprechen - natürlich nicht für die gewöhnlichen menschlichen Wesen, versteht sich.

Im Ergebnis hätte man unterschiedliche Arten von Moral nebeneinander ohne in philosophische Widersprüche zu geraten.

Aber all dies zerrt von den Voraussetzungen, die gemacht werden.

Und diese Voraussetzungen haben mit der Realität nichts zu tun, sondern sind lediglich begriffliche Konstrukte.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Andererseits darf der fehlbare Mensch aber diese moralischen Kategorien nicht auf Gott anwenden, da er bereits damit Zweifel an der Allgüte Gottes üben würde. Innerhalb des Christentums sind die moralischen Kategorien auf Gott also gleichzeitig anwendbar und nicht anwendbar: Nur Gott kann entscheiden, ob Gottes Wille moralisch ist oder nicht. Das Christentum streicht den Menschen aus dem Diskurs und muss aber gleichzeitig suggerieren, dass der einzelne Mensch (und das heißt immer, der einzelne Gläubige, und das heißt immer, der einzelne vollkommene Gläubige) das für Gott einzig Wichtige ist. Es ist auch nicht so, dass der einzelne Gott unterworfene Mensch einfach nur die Gebote Gottes befolgen müsste, während Gott selbst, wie du sagst, "macht was er will", und schon ist alles in Ordnung. Da Gott der einzige ist, der über Gott urteilen kann, haben wir hier eben wirklich eine "damned-if-you-do-and-damned-if-you-don't" - Situation. Das heißt, egal was der Mensch tut, er ist letztlich immer in der durch diese Theologie konstruierten Doppelbindung gefangen und damit vor Gott moralisch verdammt.


Da aber "Gott" eine höhere/unbegreifbare Moral haben müsste, wäre er wie gesagt nicht kontrollierbar, weil nicht verstehbar. Der Mensch, der "Gott" ja gar nicht anders kennt, denn als Konstrukt und Vorstellung, kann nur das kritisieren, was er nachvollziehen kann. Da "Gottes" Wege unergründlich sind, bleibt dem Menschen nur der Glaube an diese Überlegenheit und damit Unterordnung oder aber Skepsis an ein solch überirdisches Wesen. Daraus kann dann unterschiedliches folgen.

Aber es gibt noch einen anderen interessanten Aspekt dieser Gedankenspiele.

Nehmen wir mal an, "Gott" bewegt sich entweder innerhalb oder außerhalb der Naturgesetze/Naturkonstanten.

Im ersten Fall ist er selber Teil der Natur und im zweiten Fall ist er auf den ersten Blick allmächtig und kein Teil der Natur.

Wobei auch hier die Frage bleibt, ob es nicht noch "höhere" Naturgesetze gibt, die wiederum die Unterwerfung von "Gott" unter diese Gesetze bestimmen.

Ansonsten wäre "Gott" völlig undeterminiert und es wäre zu überlegen, wie dann seine Gedanken, sein Willen und seine Handlungen zustande kämen und welchen Grund diese hätten.

Das begründete und regelhafte Verhalten, was man von der Natur und den von dieser abgeleiteten komplexeren Systemen kennt, und was uns erst die Möglichkeit des Verstehens dieser Vorgänge eröffnet, ist bei "Gott" entweder prinzipiell auch vorhanden oder prinzipiell nicht vorhanden unabhängig von der Frage, ob die Regeln den Menschen nachvollziehbar sind.

---------

Ob also moralische Regeln oder Naturgesetze - "Gott" gilt den Christen als der a-priori-Multi-Regelmacher, als die einzige unabhängige Variable, welche deshalb auch nicht berechenbar ist.

Allgemeiner gesprochen wird hier doch allen Ernstes von Menschen verlangt, dass sie "ihre Sach' auf nichts gründen", wie Maxe Stirner einmal sagte.

Deshalb muss man die Ursachen der Christentum-Spinnerei und dessen Kritik - und nur darum geht es - woanders suchen als in theologischen Erwägungen oder der Erkenntnistheorie. Nahe liegender sind da Psychologie, Ökonomie und Soziale Verhältnisse.

Dort hin sowie in den Bereich der Naturwissenschaften gehören auch die Diskussionen über Moral- und Kausalitätsfragen. Der Rest ist Märchenstunde ...-

Skeptiker
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Tarvoc
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Beitrag(#895050) Verfasst am: 28.12.2007, 16:22    Titel: Re: "Gott" als deregulierter Regulator Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Denn selbst wenn ein "Gott" an irgend eine Moral gebunden ist, so kann diese seine Moral durchaus eine andere Moral sein, als jene, die er für die Menschen vorsieht.

Aber selbst dann kann Gott nicht "allgütig" genannt werden. Wo sollte denn dieser Begriff herkommen? Aus dieser "anderen, höheren Moral" jedenfalls nicht, da diese dem Menschen ja nicht zugänglich sein soll (anderenfalls wäre deine "Übersetzung" in die dem Menschen gegebene Moral unnötig). Und da haben wir dann wieder genau jenen Fall, den ich skizziert habe: dass man nämlich in der Situation ist, Gott gleichzeitig die Erfüllung eines moralischen Standards zugestehen zu müsen und diesen Standard nicht auf Gott anwenden zu dürfen (bzw. zu "können"). Es ist genau jene Doppelbindung beziehungsweise jene "damned-if-you-do-and-damned-if-you-don't" Situation, die ich oben skizziert habe. Zumindest in dieser Hinsicht ist also der Fall, dass Gott eine "andere" Moral hat als die, die er den Menschen gibt, je nach Ausarbeitung entweder nur ein Spezialfall des außermoralischen Gottes oder des innermoralischen Gottes und nicht, wie du es darstellst, ein von diesen beiden Fällen verschiedener eigener Fall.
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HiobHolbach
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Beitrag(#902573) Verfasst am: 06.01.2008, 18:33    Titel: Leserbrief in der heutigen WAMS Antworten mit Zitat

Leserbrief zu zwei Leserbriefen zum o.a. Artikel von Alan Posener:

Unter der Überschrift „Verbrechen im Namen Gottes“ erschien heute in der WAMS ein Leserbrief von Werner Hammerschmidt (Pinneberg). Unter Bezug auf vorausgegangene Leserbriefe nennt er die Inquisition nicht „fehlgeleitet“, sondern systemimmanent. In ähnlicher Weise geht er kurz auf Kreuzzüge, Pogrome, Luther und Calvin ein und schließt dann wie folgt:

„Das alte Testament auf Eschatologie und Verheißung zu verkürzen blendet die ethische Problematik aus. Der Gott, der zum Beispiel in Mose und Josua Anweisungen zu Plünderung, Vergewaltigung, Völkermord gibt, ist weder moralisches Wesen noch „gütiger Vatergott“; der ist frommer Selbstbetrug.“
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Bibel- und Kirchenkritik: www.reimbibel.de
Kritik an § 217 StGB (Verbot der professionellen Suizidhilfe): www.reimbibel.de/217.htm
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