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Evolution und Wissenschaftstheorie
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#66810) Verfasst am: 22.12.2003, 10:31    Titel: Evolution und Wissenschaftstheorie Antworten mit Zitat

Threadteilung von diesem Thema: http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?t=2179



Hi Narziss,

narziss hat folgendes geschrieben:
Dass es in dieser Welt nix göttliches gibt kriegt man schnell mit wennman aufmerksam genug ist. Und für die Entstehung der Welt braucht man keinen Gott. Außerdem kann man die Aussagen der Bibel biologisch und historisch überprüfen und fidnet nix wahres mehr dran.


mir geht immer auf den Wecker, wenn so undifferenziert 'argumentiert' wird. Natürlich brauchst Du keinen Gott für die Erklärung der Welt. Aber wenn Du meinst, die Naturwissenschaft _erklärt_ die Welt, dann hast Du wesentliche Essentials nicht verstanden. Naturwissenschaften beantworten 'Wie-Fragen', die Evolutionsbiologie eventuell noch 'Wozu-Fragen', aber wenn Du 'Warum' fragst, bist Du nicht mehr bei den Naturwissenschaften.

Du kannst auch gelegentlich fragen, was vor dem Urknall war.

Viele Aussagen der Bibel kann man prüfen, und die stimmen. Vor allem, wenn es um _historische_ Ereignisse geht.

Wenn Du behauptest, dass Du die Ergebnisse der Naturwissenschaften _prüfen_ kannst, stelle ich Dir ein paar Fragen. Dann wirst Du schnell merken, wie sehr Du auch dort glauben musst.

Grüßle

Thomas


Zuletzt bearbeitet von El Schwalmo am 22.12.2003, 10:57, insgesamt einmal bearbeitet
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#66818) Verfasst am: 22.12.2003, 11:12    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Naturwissenschaften beantworten 'Wie-Fragen', die Evolutionsbiologie eventuell noch 'Wozu-Fragen', aber wenn Du 'Warum' fragst, bist Du nicht mehr bei den Naturwissenschaften
"Warum?" Fragen kann man nicht beantworten, sie sind letztlich immer "Wie?"-Fragen. Daß man dennoch "Warum?" fragt, liegt daran, daß der Mensch dazu neigt, einen - womöglich intentionalien - Urgrund für alles zu brauchen. Leute, die "Warum?" für eine wesentliche Fragestellung halten, würde ich - etwas provozierend - als geistige Kreationisten bezeichnen, so wie einige hier vielleicht Leute, die konsequenterweise nur "Wie?" fragen, als naive Realisten ansehen.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Warum brauchst Du andere Menschen zum 'Aufmunitionieren'?
Du kannst es nicht lassen ...
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Ich muss mir immer ins Fäustchen lachen, wenn HighEnd-Kreationisten Menschen zerlegen, die ... dann jämmerlich auf die Schnauze fallen ...
Ach-so-dumme Menschen zerlegen, da könnte man glatt zum Kreationisten werden ...
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#66822) Verfasst am: 22.12.2003, 11:20    Titel: Antworten mit Zitat

Hi step,

step hat folgendes geschrieben:


[ ... ]


Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Ich muss mir immer ins Fäustchen lachen, wenn HighEnd-Kreationisten Menschen zerlegen, die ... dann jämmerlich auf die Schnauze fallen ...
Ach-so-dumme Menschen zerlegen, da könnte man glatt zum Kreationisten werden ...


genau das ist die Gefahr, die ich sehe. Und deshab polemisiere ich dagegen.

Ich kenne Menschen, die als platte Materialisten begonnen haben, keine Schnitte gegen Kreationisten machten und nun selber welche sind.

Grüßle

Thomas
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frajo
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Anmeldungsdatum: 25.08.2003
Beiträge: 11440

Beitrag(#66932) Verfasst am: 22.12.2003, 14:00    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Hi Narziss,

narziss hat folgendes geschrieben:
Dass es in dieser Welt nix göttliches gibt kriegt man schnell mit wennman aufmerksam genug ist. Und für die Entstehung der Welt braucht man keinen Gott. Außerdem kann man die Aussagen der Bibel biologisch und historisch überprüfen und fidnet nix wahres mehr dran.


mir geht immer auf den Wecker, wenn so undifferenziert 'argumentiert' wird. Natürlich brauchst Du keinen Gott für die Erklärung der Welt. Aber wenn Du meinst, die Naturwissenschaft _erklärt_ die Welt, dann hast Du wesentliche Essentials nicht verstanden. Naturwissenschaften beantworten 'Wie-Fragen', die Evolutionsbiologie eventuell noch 'Wozu-Fragen',

[1]
die erkundung der evolution ist mehr als als ein teilgebiet der biologie. sie ist ein teilgebiet der angewandten stochastik.
[2]
wenn du meinst, die evolutionswissenschaft frage eventuell nach dem "wozu", dann hast du wesentliches (gibt es "unwesentliche essentials"?) nicht verstanden.
"wozu"-fragen sind fragen aus einer christlichen (nicht: abenländischen), also einschränkenden, perspektive. wenn überhaupt ,
dann ist das ziel der evolution die evolution.
m.a.w. der weg ist das ziel.
m.a.w. das, was die griechen als streben nach vollkommenheit begriffen und in der figur des sisyphos personalisiert symbolisierten.

Zitat:
aber wenn Du 'Warum' fragst, bist Du nicht mehr bei den Naturwissenschaften.

auch die frage nach dem "wozu" transzendiert bereits die naturwissenschaften.

Zitat:
Du kannst auch gelegentlich fragen, was vor dem Urknall war.

das ist keine naturwissenschaftliche frage. genausowenig wie die frage, was sich auf der rückseite eines möbiusbands befindet.
allerdings ist die frage nur allzu berechtigt, ob wir uns mit einem modell zufriedengeben können, dessen sämtliche parameter unter dem zeitumkehr-operator divergieren.

Zitat:
Viele Aussagen der Bibel kann man prüfen, und die stimmen. Vor allem, wenn es um _historische_ Ereignisse geht.

Wenn Du behauptest, dass Du die Ergebnisse der Naturwissenschaften _prüfen_ kannst, stelle ich Dir ein paar Fragen. Dann wirst Du schnell merken, wie sehr Du auch dort glauben musst.


das ist wort-akrobatik.
was du als naturwissenschaftliches "glauben" bezeichnest, ist nicht dasselbe wie das, was wir unter einem religiösen/weltanschaulichen "glauben" verstehen.
im einen fall handelt es sich um eine einstellung, die - wenn wir aufklären/verstehen wollen statt vernebeln - besser mit "akzeptieren von falsifizierbaren modellen" beschrieben wird;
im andern um eine einstellung, die mit dem begriff "glauben" an sich schon hinreichend deutlich beschrieben ist, im interesse einer abgrenzung/präzisierung jedoch besser noch mit "akzeptanz nicht falsifizierbarer aussagen" zu umschreiben wäre.
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Beiträge: 4554

Beitrag(#66967) Verfasst am: 22.12.2003, 15:04    Titel: Antworten mit Zitat

frajo hat folgendes geschrieben:
[1]
die erkundung der evolution ist mehr als als ein teilgebiet der biologie. sie ist ein teilgebiet der angewandten stochastik.


- Wird aber auch gerne im Kontext mit dem Sozialdarwinismus
gebracht. Das man bei der Evolution kein bestimmtes Ziel
ausmachen kann spricht sich aber inzwischen langsam rum.
Es gibt Lebensformen die an ihre Umwelt so gut angepasst
sind, dass sie sich seit millionen Jahren nicht wesentlich
verändert haben.

Zitat:
[2]
wenn du meinst, die evolutionswissenschaft frage eventuell nach dem "wozu", dann hast du wesentliches (gibt es "unwesentliche essentials"?) nicht verstanden.


- Natürlich fragt alle Wissenschaft nach den Hintergründen.
Scheuklappen sind aber allseits beliebt.

Zitat:
"wozu"-fragen sind fragen aus einer christlichen (nicht: abenländischen),


- Du solltest Dich mehr mit Philosophie beschäftigen.
Wozu-fragen beziehen sich letztlich alle auf ethische
Normen/Moral/Verhältnisse/Beziehungen/etc.
Camus nannte dann auch das einzige
philosophische Problem den "Selbstmord".

Zitat:
also einschränkenden, perspektive. wenn überhaupt ,
dann ist das ziel der evolution die evolution.


- Das Dogma der Evolution hat sich bereits eingeschliffen.
Ebenso wie sog. Naturgesetze ist das menschliche
Erfindung. Sehr praktisch übrigens so eine
Vorstellungswelt.

Zitat:
m.a.w. der weg ist das ziel.


- Zen-Buddhismus, Konfuzianismus, Kafka....

Zitat:
m.a.w. das, was die griechen als streben nach vollkommenheit begriffen


- Erinnert mich sogar ein wenig an die fernöstl. Philo.
Aber letztlich gibt es nichts zu erstreben.

Zitat:
und in der figur des sisyphos personalisiert symbolisierten.


- Die Parallele gibt es zum Beispiel zum Theravada-Buddhismus. zwinkern
(Allerdings haben die sich den STEIN sehr viel genauer angeschaut Lachen )

Zitat:
aber wenn Du 'Warum' fragst, bist Du nicht mehr bei den Naturwissenschaften.


- Und was ist an einer Musik begriffen, wenn alles was
errechnet und in Formeln gepackt worden ist, berechnet ist ? Lachen

Zitat:
auch die frage nach dem "wozu" transzendiert bereits die naturwissenschaften.


- Abteilung "Weltformel"...

Zitat:
Zitat:
Du kannst auch gelegentlich fragen, was vor dem Urknall war.

das ist keine naturwissenschaftliche frage.


- Klar ist sie das. Man nennt sowas dann Theorie.
Es gibt errechnete "Modelle" für ein vor dem Urknall.
Meinetwegen Multiversum, Zyklisches Universum, Blubberblasen Universum, Parallelwelten, etc. - auch nicht besser als die UrknallTHEORIE.

zwinkern
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step
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Beitrag(#66974) Verfasst am: 22.12.2003, 15:19    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Thomas,

Mit "Wie?" meine ich nicht eine bloße Aufzählung der beobachteten Phänomene, sondern die Angabe von Simulationsregeln ("Naturgesetzen"). Unter den "Warum?" Fragen verstand ich in meinem Beitrag das kausale Warum, ich habe also behauptet, daß die Naturwissenschaft über dieses "Wie?" hinaus eigentlich keine genuin kausale Fragestellung habe. Auf diese Weise bleibt sie ("heuristisch", wie Du sagen würdest) frei von Annahmen über Kausalität, Intention usw.

Dein Beispiel (mit einem eher personal-intentionalen "Warum?") gehört letztlich für mich auch dazu, beinhaltet aber zwei weitere Aspekte:

(1) Variante 2 (der bewußte Anlaß) ist eine emergente Formulierung von Variante 1 (neurophysikalisch), ähnlich wie auch die Biologie sich mit emergenten, aber letztlich physikalischen Phänomenen beschäftigt. Oft macht es im Zusammenhang mit komplexen Phänomenen Sinn, das zu tun, da für ein Ergebnis mit der gewünschten Genauigkeit keine atomistische Simulation nötig (oder sogar nicht möglich) ist.

(2) In Deinem Beispiel kommt eine bewußte Person hinzu (ich), die bei einer (nach meiner Überzeugung) deterministischen Handlung nachträglich eine passende Intention assoziiert.

gruß/step
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step
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Beitrag(#66976) Verfasst am: 22.12.2003, 15:26    Titel: Antworten mit Zitat

schmerzlos hat folgendes geschrieben:
Und was ist an einer Musik begriffen, wenn alles was errechnet und in Formeln gepackt worden ist, berechnet ist ?
Kommt drauf an, was du mit "begreifen" meinst. Um die Musik als Ganzes zu genießen, muß (sollte) man sie nicht reduzieren.
schmerzlos hat folgendes geschrieben:
frajo hat folgendes geschrieben:
auch die frage nach dem "wozu" transzendiert bereits die naturwissenschaften.
Abteilung "Weltformel"...
Unabhängig von der Frage, ob eine "Weltformel" gefunden werden kann oder nicht, so wäre sie sicherlich keine Antwort auf eine "wozu?"-Frage.

gruß/step
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#66981) Verfasst am: 22.12.2003, 15:29    Titel: Antworten mit Zitat

Hi frajo,

wenn Du gerne einen gepflegten FlameWar starten möchtest, lass es mich wissen. Das machen wir dann besser per PM, um den Rest der Leser nicht zu belästigen.

frajo hat folgendes geschrieben:

[1]
die erkundung der evolution ist mehr als als ein teilgebiet der biologie. sie ist ein teilgebiet der angewandten stochastik.


Nur interessehalber: sagt Dir 'beanbag-genetics' etwas? Kannst Du mit der Kritik an der Verwechslung von 'bookkeeping' mit Mechanismen etwas anfangen?

frajo hat folgendes geschrieben:

[2]
wenn du meinst, die evolutionswissenschaft frage eventuell nach dem "wozu", dann hast du wesentliches (gibt es "unwesentliche essentials"?) nicht verstanden.


Kennst Du

Mayr, E. (2001) 'What Evolution is' New York, Basic Books

frajo hat folgendes geschrieben:
"wozu"-fragen sind fragen aus einer christlichen (nicht: abenländischen), also einschränkenden, perspektive. wenn überhaupt ,
dann ist das ziel der evolution die evolution.
m.a.w. der weg ist das ziel.
m.a.w. das, was die griechen als streben nach vollkommenheit begriffen und in der figur des sisyphos personalisiert symbolisierten.


Ich fürchte, wir sollten uns erst einmal darauf einigen, was wir gerne unter 'Evolution' verstehen würden. Meine Site habe ich Dir schon genannt, dort kannst Du Dich über meinen Standpunkt informieren. Wir können gerne darüber diskutieren.

frajo hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
aber wenn Du 'Warum' fragst, bist Du nicht mehr bei den Naturwissenschaften.

auch die frage nach dem "wozu" transzendiert bereits die naturwissenschaften.


Stimmt, wenn man Wissenschaftstheorie bei den Physikern gelernt hat. Vielleicht wäre ganz sinnvoll,

Mayr, E. (1998) 'This is Biology. The Science of the Living World. Sixth Printing' Cambridge, Mass; London, Belknap

als Basis für eine Diskussion zu nehmen? Mayr stellt dort sehr anschaulich dar, warum die Denke der Physiker nicht dazu geeignet ist, Evolution zu verstehen. Ich kann Dir die relevanten Seiten gerne scannen und mailen. Wir können können dann konkret darüber diskutieren.

frajo hat folgendes geschrieben:
Thomas hat folgendes geschrieben:
Du kannst auch gelegentlich fragen, was vor dem Urknall war.

das ist keine naturwissenschaftliche frage. genausowenig wie die frage, was sich auf der rückseite eines möbiusbands befindet.


Schön, dass wir uns da einig sind. Darf ich noch einen Schritt weiter fragen: sind alle Fragen, die nicht naturwissenschaftlich sind, unzulässig?

frajo hat folgendes geschrieben:

allerdings ist die frage nur allzu berechtigt, ob wir uns mit einem modell zufriedengeben können, dessen sämtliche parameter unter dem zeitumkehr-operator divergieren.


Das ist wieder ein anderer Thread. Ich hoffe, dass Du nicht Heuristik mit Epistemologie verwechselst.

frajo hat folgendes geschrieben:

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Viele Aussagen der Bibel kann man prüfen, und die stimmen. Vor allem, wenn es um _historische_ Ereignisse geht.

Wenn Du behauptest, dass Du die Ergebnisse der Naturwissenschaften _prüfen_ kannst, stelle ich Dir ein paar Fragen. Dann wirst Du schnell merken, wie sehr Du auch dort glauben musst.


das ist wort-akrobatik.
was du als naturwissenschaftliches "glauben" bezeichnest, ist nicht dasselbe wie das, was wir unter einem religiösen/weltanschaulichen "glauben" verstehen.


Ich kenne die üblichen Etymologien von 'glauben' im religiösen Kontext. Ich meinte, dass Du nicht _nachprüfen_ kannst, ob das, was Forscher publizieren, stimmt. Du musst den Arbeiten, die Du liest, vertrauen. Das meinte ich in diesem Kontext mit 'glauben'.

frajo hat folgendes geschrieben:

im einen fall handelt es sich um eine einstellung, die - wenn wir aufklären/verstehen wollen statt vernebeln - besser mit "akzeptieren von falsifizierbaren modellen" beschrieben wird;


Darauf können wir uns einigen. Mein Einwand lag aber auf einer anderen Ebene: um die Daten, mit denen Du falsifizieren möchtest, zu erhalten, musst Du denen, die sie publizieren, _glauben_.

frajo hat folgendes geschrieben:

im andern um eine einstellung, die mit dem begriff "glauben" an sich schon hinreichend deutlich beschrieben ist, im interesse einer abgrenzung/präzisierung jedoch besser noch mit "akzeptanz nicht falsifizierbarer aussagen" zu umschreiben wäre.


Auch darauf können wir uns einigen. Aber das war nicht das, was ich behauptete.

Mir ging es darum, dass man ohne 'glauben' nicht auskommt. Und noch einen Tick weiter: wir können das 'Sein des Seienden' nur in bestimmten Aspekten erforschen. Irgendwann kommen wir an eine Grenze der falsifizierbaren Modelle in Deiner Terminologie. Die interessante Frage ist, was dann kommt. Und von diesem Standpunkt aus betrachtet sind die Zeilen, auf die sich mein Einwand bezog, schlicht und ergreifend naiv.

Grüßle

Thomas
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 7040
Wohnort: Universum

Beitrag(#66983) Verfasst am: 22.12.2003, 15:32    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

wenn Du gerne einen gepflegten FlameWar starten möchtest, lass es mich wissen. Das machen wir dann besser per PM, um den Rest der Leser nicht zu belästigen.


Schön, daß Du darauf hinweist. Dann muß ich es nämlich nicht mehr tun. zwinkern
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Anmeldungsdatum: 02.08.2003
Beiträge: 4554

Beitrag(#67005) Verfasst am: 22.12.2003, 16:14    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
schmerzlos hat folgendes geschrieben:
Und was ist an einer Musik begriffen, wenn alles was errechnet und in Formeln gepackt worden ist, berechnet ist ?
Kommt drauf an, was du mit "begreifen" meinst. Um die Musik als Ganzes zu genießen, muß (sollte) man sie nicht reduzieren.


- Vorstellungen wie gut und böse
richten sich nach unseren Empfindungen.

schmerzlos hat folgendes geschrieben:
frajo hat folgendes geschrieben:
Zitat:
auch die frage nach dem "wozu" transzendiert bereits die naturwissenschaften.
Abteilung "Weltformel"...
Unabhängig von der Frage, ob eine "Weltformel" gefunden werden kann oder nicht, so wäre sie sicherlich keine Antwort auf eine "wozu?"-Frage.

gruß/step


- Lass es mich mal mit Kafka sagen:
Du bist die Aufgabe!

Lachen
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Anmeldungsdatum: 02.08.2003
Beiträge: 4554

Beitrag(#67013) Verfasst am: 22.12.2003, 16:21    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
frajo hat folgendes geschrieben:
Thomas hat folgendes geschrieben:
Du kannst auch gelegentlich fragen, was vor dem Urknall war.

das ist keine naturwissenschaftliche frage. genausowenig wie die frage, was sich auf der rückseite eines möbiusbands befindet.


Schön, dass wir uns da einig sind. Darf ich noch einen Schritt weiter fragen: sind alle Fragen, die nicht naturwissenschaftlich sind, unzulässig?


- Es gibt Wissenschaftler die Behaupten, dass eben die Wissenschaft keine moralische Dimension hätte. Das mag sein. Allerdings gäbe es keine Wissenschaft ohne die Motivation oder den Trieb.
(Wie rational sind unsere Triebe ? Cool )

Einstein fand (z.B.) den Bau der Atombombe zumindest nicht "lustig".
Nicht mal das er es sonderlich rational, kühl - nüchtern aufgenommen
hätte. Schätze er hatte sogar ein ziemlich mieses Gefühl in der Magengegend. Gelinde gesagt................

Wissenschaftliche Forschung ohne Anwendungsgebiete,
wäre noch nicht mal kapitalistisch. Seien wir ehrlich,
selbst von Grundlagenforschung verspricht man
sich etwas....

Hinter der Wissenschaft steht die Absicht.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
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Beitrag(#67017) Verfasst am: 22.12.2003, 16:27    Titel: Antworten mit Zitat

Schmerzlos hat folgendes geschrieben:
Hinter der Wissenschaft steht die Absicht.
Und die Absicht ist - nach heutiger wissnschaftlicher Kenntnis - eine Illusion, produziert von einer komplexen physiklaischen Struktur.
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El Schwalmo
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Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#67029) Verfasst am: 22.12.2003, 17:04    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

Mit "Wie?" meine ich nicht eine bloße Aufzählung der beobachteten Phänomene, sondern die Angabe von Simulationsregeln ("Naturgesetzen").


ich vermute, dass das an der Problematik nichts ändert.

step hat folgendes geschrieben:

Unter den "Warum?" Fragen verstand ich in meinem Beitrag das kausale Warum, ich habe also behauptet, daß die Naturwissenschaft über dieses "Wie?" hinaus eigentlich keine genuin kausale Fragestellung habe. Auf diese Weise bleibt sie ("heuristisch", wie Du sagen würdest) frei von Annahmen über Kausalität, Intention usw.


Hier sind wir uns vollkommen einig, _wenn_ Du die Naturwissenschaften im Sinne der Physik definierst. In der Evolutionsbiologie sieht das IMAO etwas anders aus. Hier gibt es 'Wie-Fragen' (das sind Fragen nach den proximaten Ursachen, beispielsweise: 'Wie bewirken Sexualhormone, dass ein Embryo sekundäre Geschlechtsmerkmale ausbildet') und 'Wozu-Fragen' (das sind Fragen nach den ultimaten Ursachen, beispielsweise: 'Welchen biologischen Sinn macht es für Organismen, Sexualdimorphismen aufzuweisen?'). Antworten auf die zweiten Fragen kannst Du mit den Techniken der ersten nicht geben.

step hat folgendes geschrieben:
Dein Beispiel (mit einem eher personal-intentionalen "Warum?") gehört letztlich für mich auch dazu, beinhaltet aber zwei weitere Aspekte:

(1) Variante 2 (der bewußte Anlaß) ist eine emergente Formulierung von Variante 1 (neurophysikalisch), ähnlich wie auch die Biologie sich mit emergenten, aber letztlich physikalischen Phänomenen beschäftigt. Oft macht es im Zusammenhang mit komplexen Phänomenen Sinn, das zu tun, da für ein Ergebnis mit der gewünschten Genauigkeit keine atomistische Simulation nötig (oder sogar nicht möglich) ist.

(2) In Deinem Beispiel kommt eine bewußte Person hinzu (ich), die bei einer (nach meiner Überzeugung) deterministischen Handlung nachträglich eine passende Intention assoziiert.


Hier kommen wir ganz tief in philosophische Fahrwasser, gegen die unsere Diskussion über 'Agnostizismus' eher seicht war. Du sprichst von 'Emergenz', ich schließe aus dem Kontext, dass Du eher 'Epiphänomen' meinst. Das berührt natürlich auf der einen Seite das 'Leib-Seele-Problem', auf der anderen Seite die Reduktionismusfrage. Wir können das gerne ganz ausführlich aufdröseln, ich bin mir aber nicht sicher, ob wir das nicht besser per PM machen sollten. Das sind Fragen, auf die es IMAO keine 'richtigen' Lösungen gibt, weil man für und gegen jede Position genügend Autoren findet, hinter denen man sich verstecken kann. Ich persönlich vertrete auf der Basis einer Stufentheorie einen nicht-reduktiven Emergentismus, ich vermute, dass Du eher reduktionistisch argumentierst.

Grüßle

Thomas
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Beitrag(#67037) Verfasst am: 22.12.2003, 17:43    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Schmerzlos hat folgendes geschrieben:
Hinter der Wissenschaft steht die Absicht.
Und die Absicht ist - nach heutiger wissnschaftlicher Kenntnis - eine Illusion, produziert von einer komplexen physiklaischen Struktur.


- Wie 'sorglos - unbekümmert - unschuldig' Du doch mit dem Wort "Illusion" umgehst... zwinkern
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step
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Beitrag(#67047) Verfasst am: 22.12.2003, 18:02    Titel: Antworten mit Zitat

Schmerzlos hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Schmerzlos hat folgendes geschrieben:
Hinter der Wissenschaft steht die Absicht.
Und die Absicht ist - nach heutiger wissenschaftlicher Kenntnis - eine Illusion, produziert von einer komplexen physikalischen Struktur.
- Wie 'sorglos - unbekümmert - unschuldig' Du doch mit dem Wort "Illusion" umgehst... zwinkern
Eigentlich hatte ich kritisieren wollen, wie sorglos - unbekümmert - unschuldig' Du doch mit dem Wort "Absicht" umgehst, aber scheinbar habe ich ein heiliges Wort in unzureichender Demut verwendet ... kommt noch was?
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Anmeldungsdatum: 02.08.2003
Beiträge: 4554

Beitrag(#67051) Verfasst am: 22.12.2003, 18:11    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Schmerzlos hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Schmerzlos hat folgendes geschrieben:
Hinter der Wissenschaft steht die Absicht.
Und die Absicht ist - nach heutiger wissenschaftlicher Kenntnis - eine Illusion, produziert von einer komplexen physikalischen Struktur.
- Wie 'sorglos - unbekümmert - unschuldig' Du doch mit dem Wort "Illusion" umgehst... zwinkern
Eigentlich hatte ich kritisieren wollen, wie sorglos - unbekümmert - unschuldig' Du doch mit dem Wort "Absicht" umgehst, aber scheinbar habe ich ein heiliges Wort in unzureichender Demut verwendet ... kommt noch was?


- Absicht, Begehren, Leidenschaft, Wille, Triebe, Gier, Motivation, usf. ...

...mehr ? Cool

Scheinbare Illusionen erscheinen mir ab und zu schleierhaft,
wenn ich sie mir vorstelle.... Prost
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step
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Beitrag(#67055) Verfasst am: 22.12.2003, 18:24    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Mit "Wie?" meine ich nicht eine bloße Aufzählung der beobachteten Phänomene, sondern die Angabe von Simulationsregeln ("Naturgesetzen").
ich vermute, dass das an der Problematik nichts ändert.
Ich auch. Ich möchte nur verhindern, daß hier wieder einer (nicht Du) mit dem Vorwurf der reinen Beschreibung daherkommt.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Unter den "Warum?" Fragen verstand ich in meinem Beitrag das kausale Warum, ich habe also behauptet, daß die Naturwissenschaft über dieses "Wie?" hinaus eigentlich keine genuin kausale Fragestellung habe. Auf diese Weise bleibt sie ("heuristisch", wie Du sagen würdest) frei von Annahmen über Kausalität, Intention usw.
Hier sind wir uns vollkommen einig, _wenn_ Du die Naturwissenschaften im Sinne der Physik definierst. In der Evolutionsbiologie sieht das IMAO etwas anders aus. Hier gibt es 'Wie-Fragen' (das sind Fragen nach den proximaten Ursachen, beispielsweise: 'Wie bewirken Sexualhormone, dass ein Embryo sekundäre Geschlechtsmerkmale ausbildet') und 'Wozu-Fragen' (das sind Fragen nach den ultimaten Ursachen, beispielsweise: 'Welchen biologischen Sinn macht es für Organismen, Sexualdimorphismen aufzuweisen?'). Antworten auf die zweiten Fragen kannst Du mit den Techniken der ersten nicht geben.
Ich empfinde diese Unterscheidung letztlich als künstlich. Beispiel: Der (eher ultimate) Ausdruck "Das Verhalten A macht den evolutionsbiologischen Sinn B" ist doch weitgehend äquivalent zu der (schon viel proximateren) Formulierung "Das Pärchen Gene/Organismus, das das Verhalten A hervorbringt, zeigt eine hinreichende evolutionäre Stabilität". Der einzige Unterschied besteht für mich darin, daß man (hoffentlich nur aus praktischen Gründen!) die evolutionäre Stabilität apriori zu "Sinn" erklärt, z.B. damit man einfacher formulieren kann. Solange man die Gefahr der teleologischen Überinterpretation im Auge behält, ist dagegen nichts einzuwenden. Aber es ist eben auch nichts kategorisch anderes.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Ich persönlich vertrete auf der Basis einer Stufentheorie einen nicht-reduktiven Emergentismus, ich vermute, dass Du eher reduktionistisch argumentierst.
Vielleicht ist meine Einschätzung falsch, aber vielleicht interessiert es schon noch mehr Leute als nur mich, was genau Deine "Stufentheorie" und Dein "nicht-reduktiver Emergentismus" wesentlich aussagt.

gruß/step
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Wohnort: Germering

Beitrag(#67056) Verfasst am: 22.12.2003, 18:25    Titel: Antworten mit Zitat

Schmerzlos hat folgendes geschrieben:
.... Prost
Prost
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Beiträge: 4554

Beitrag(#67059) Verfasst am: 22.12.2003, 18:39    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Ich auch. Ich möchte nur verhindern, daß hier wieder einer (nicht Du) mit dem Vorwurf der reinen Beschreibung daherkommt.


- Es ist weniger ein Vorwurf, als eine Feststellung.
Ansonsten glaube ich nicht an "Reine Beschreibung",
dass erinnert mich an Kant's "Reine Vernunft".
(Und das ist eher ein Witz unter Philosophen)

Zitat:
Der einzige Unterschied besteht für mich darin, daß man (hoffentlich nur aus praktischen Gründen!) die evolutionäre Stabilität apriori


Lachen

Zitat:
zu "Sinn" erklärt, z.B. damit man einfacher formulieren kann.


http://de.wikipedia.org/wiki/A_priori

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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



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Beitrag(#67068) Verfasst am: 22.12.2003, 19:28    Titel: Antworten mit Zitat

Hi step,
step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:

Unter den "Warum?" Fragen verstand ich in meinem Beitrag das kausale Warum, ich habe also behauptet, daß die Naturwissenschaft über dieses "Wie?" hinaus eigentlich keine genuin kausale Fragestellung habe. Auf diese Weise bleibt sie ("heuristisch", wie Du sagen würdest) frei von Annahmen über Kausalität, Intention usw.

Hier sind wir uns vollkommen einig, _wenn_ Du die Naturwissenschaften im Sinne der Physik definierst. In der Evolutionsbiologie sieht das IMAO etwas anders aus. Hier gibt es 'Wie-Fragen' (das sind Fragen nach den proximaten Ursachen, beispielsweise: 'Wie bewirken Sexualhormone, dass ein Embryo sekundäre Geschlechtsmerkmale ausbildet') und 'Wozu-Fragen' (das sind Fragen nach den ultimaten Ursachen, beispielsweise: 'Welchen biologischen Sinn macht es für Organismen, Sexualdimorphismen aufzuweisen?'). Antworten auf die zweiten Fragen kannst Du mit den Techniken der ersten nicht geben.

Ich empfinde diese Unterscheidung letztlich als künstlich. Beispiel: Der (eher ultimate) Ausdruck "Das Verhalten A macht den evolutionsbiologischen Sinn B" ist doch weitgehend äquivalent zu der (schon viel proximateren) Formulierung "Das Pärchen Gene/Organismus, das das Verhalten A hervorbringt, zeigt eine hinreichende evolutionäre Stabilität". Der einzige Unterschied besteht für mich darin, daß man (hoffentlich nur aus praktischen Gründen!) die evolutionäre Stabilität apriori zu "Sinn" erklärt, z.B. damit man einfacher formulieren kann. Solange man die Gefahr der teleologischen Überinterpretation im Auge behält, ist dagegen nichts einzuwenden. Aber es ist eben auch nichts kategorisch anderes.


nun wäre es interessant, wie Du 'evolutionäre Stabilität' definierst. Und, vor allem, wie Du 'a priori', also _vor_ der Untersuchung, entscheiden könntest, was das ist. Und noch genauer: wie Du aus _physiologischen_ Untersuchungen zu Antworten auf diese Frage kommst. Für mich sind das einfach zwei verschiedene Ebenen.

Mein Punkt war, dass man Evolution auf verschiedenen Ebenen untersuchen kann, wobei letztlich eine Reduktion der einen auf die andere kaum möglich ist. Ich kann Dir gerne Literatur nennen, falls Dich Details interessieren.

step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Ich persönlich vertrete auf der Basis einer Stufentheorie einen nicht-reduktiven Emergentismus, ich vermute, dass Du eher reduktionistisch argumentierst.

Vielleicht ist meine Einschätzung falsch, aber vielleicht interessiert es schon noch mehr Leute als nur mich, was genau Deine "Stufentheorie" und Dein "nicht-reduktiver Emergentismus" wesentlich aussagt.


Ich gehe davon aus, dass das 'Sein' hierarchisch aufgebaut ist. Beispielsweise: Elementarteilchen, Atome, Moleküle, Makromoleküle, Zellen, Organismen, Populationen, Ökosysteme und so weiter. Jede 'weiter oben' liegende Schicht besteht aus Elementen der unteren Schichten. Auf jeder Stufe gelten Seinsgesetze, die durch die der unteren Ebenen nicht ableitbar ('emergent') sind.

Wagenschein hat das sehr hübsch ausgedrück: 'Wasser ist nicht gewinkelt und H2O ist nicht nass'. Das heißt, eine Stoffportion Wasser hat Eigenschaften, die durch die Eigenschaften eines Wassermoleküls nicht erklärbar sind. Mein Abschluss in Chemie liegt 20 Jahre zurück (kann sein, dass sich was geändert hat). Damals hat man uns erklärt, dass es keine Möglichkeit gibt, aus den Formeln, mit denen man Atome beschreibt, abzuleiten, welche Eigenschaften Stoffportionen von Verbindungen haben werden. Also beispielsweise aus den Schrödinger-Gleichungen für Wasserstoff- und Sauerstoff-Atome die Dielektrizitätskonstante von Wasser zu berechnen. Damals konnte man noch nicht einmal die _eines_ Wasser-Moleküls berechnen.

Selbst wenn unser Denken auf die organisierte Struktur unseres ZNS angewiesen ist, sehe ich nicht, wie Du beispielsweise ein Gefühl in Termen von 'Ionenströmen durch Nervenmembranen' erklären möchtest. Das ist ein uraltes Problem der Philosophen (Stichwort 'qualia'). Das Thema ist natürlich komplex, denn schon die Frage, was eigentlich auf was 'reduzierbar' ist, ist vielschichtig.

Grüßle

Thomas
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Schmerzlos
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Beitrag(#67074) Verfasst am: 22.12.2003, 19:59    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Ich gehe davon aus, dass das 'Sein' hierarchisch aufgebaut ist.


- Der Irrtum liegt bereits bei dem Wort "Sein".
Ich empfehle Sprachkritik.

Zitat:
Beispielsweise: Elementarteilchen, Atome, Moleküle, Makromoleküle, Zellen, Organismen, Populationen, Ökosysteme und so weiter. Jede 'weiter oben' liegende Schicht besteht aus Elementen der unteren Schichten. Auf jeder Stufe gelten Seinsgesetze, die durch die der unteren Ebenen nicht ableitbar ('emergent') sind.


- Man sollte die Realität nicht über das Knie der Begriffe brechen.
So wird einem die Welt zum Material...

Widerstände fällend, sägend, hackend, spaltend, schlug er eine gewaltige Schneise in den ungeordneten Urwald, analysierte, stapelte, nummerierte Zündholz, Kleinholz, Scheite, Bretter, Balken und Stämme.

Und die Nachfolgenden sind dann auf
Jahre mit der Rekonstruktion beschäftigt.

Lachen
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El Schwalmo
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Beitrag(#67075) Verfasst am: 22.12.2003, 20:03    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Schmerzlos,

Schmerzlos hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Ich gehe davon aus, dass das 'Sein' hierarchisch aufgebaut ist.


- Der Irrtum liegt bereits bei dem Wort "Sein".
Ich empfehle Sprachkritik.


wo irre ich mich?

Grüßle

Thomas
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step
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Beitrag(#67079) Verfasst am: 22.12.2003, 20:12    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich empfinde diese Unterscheidung letztlich als künstlich. Beispiel: Der (eher ultimate) Ausdruck "Das Verhalten A macht den evolutionsbiologischen Sinn B" ist doch weitgehend äquivalent zu der (schon viel proximateren) Formulierung "Das Pärchen Gene/Organismus, das das Verhalten A hervorbringt, zeigt eine hinreichende evolutionäre Stabilität". Der einzige Unterschied besteht für mich darin, daß man (hoffentlich nur aus praktischen Gründen!) die evolutionäre Stabilität apriori zu "Sinn" erklärt, z.B. damit man einfacher formulieren kann. Solange man die Gefahr der teleologischen Überinterpretation im Auge behält, ist dagegen nichts einzuwenden. Aber es ist eben auch nichts kategorisch anderes.
nun wäre es interessant, wie Du 'evolutionäre Stabilität' definierst.
Daß bei sich nicht zu stark ändernden Nischenbedingungen nach hinreichend vielen Replikationszyklen noch hinreichend ähnliches Genom vorhanden ist.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Und, vor allem, wie Du 'a priori', also _vor_ der Untersuchung, entscheiden könntest, was das ist.
Du hast die angeblich ultimate Frage ja in Kenntnis von etwas gemacht, das Du "biologischen Sinn" nennst. Das Wort "apriori" mag unglücklich gewählt sein, ich streiche es einfach. Meine Herangehensweise ist: Ich habe eine mir trivial erscheinende Annahme (nämlich daß man nach einer Evolutionszeit nur Programme wiederfindet, die in ihren Nischen hinreichend gut replizieren), und jetzt frage ich mich, ob das Auftreten eines beobachteten Merkmals die evolutionäre Stabilität gewährleistet. Falls das so ist, so schließe ich nicht, daß sich das Merkmal mit diesem Ziel entwicklet hätte, sondern ich konstatiere höchstens, daß es deshalb nicht ausstarb - was allerdings keine große Erkenntnis birgt.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Und noch genauer: wie Du aus _physiologischen_ Untersuchungen zu Antworten auf diese Frage kommst. Für mich sind das einfach zwei verschiedene Ebenen.
Das habe ich nicht behauptet. Da wäre z.B. auch noch die Spieltheorie. Hierbei modelliere ich andere Einheiten als bei Physik oder Neurologie, umf auf emergenter Eben einfache Zusammenhänge zu zeigen, die implementationsunabhängig sind - sie gelten etwa auch für Compiuterprogramme.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Ich gehe davon aus, dass das 'Sein' hierarchisch aufgebaut ist. Beispielsweise: Elementarteilchen, Atome, Moleküle, Makromoleküle, Zellen, Organismen, Populationen, Ökosysteme und so weiter. Jede 'weiter oben' liegende Schicht besteht aus Elementen der unteren Schichten. Auf jeder Stufe gelten Seinsgesetze, die durch die der unteren Ebenen nicht ableitbar ('emergent') sind.
Ah ja, dann sind wir hier grundlegend unterschiedlicher Ansicht. mE ist die bottom-up Methode rechnerisch nicht sehr effizient, aber wenn ich Dich richtig verstehe, meinst Du, daß es prinzipiell nicht gehen kann.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Wagenschein hat das sehr hübsch ausgedrück: 'Wasser ist nicht gewinkelt und H2O ist nicht nass'. Das heißt, eine Stoffportion Wasser hat Eigenschaften, die durch die Eigenschaften eines Wassermoleküls nicht erklärbar sind. Mein Abschluss in Chemie liegt 20 Jahre zurück (kann sein, dass sich was geändert hat). Damals hat man uns erklärt, dass es keine Möglichkeit gibt, aus den Formeln, mit denen man Atome beschreibt, abzuleiten, welche Eigenschaften Stoffportionen von Verbindungen haben werden. Also beispielsweise aus den Schrödinger-Gleichungen für Wasserstoff- und Sauerstoff-Atome die Dielektrizitätskonstante von Wasser zu berechnen. Damals konnte man noch nicht einmal die _eines_ Wasser-Moleküls berechnen.
Tja, das ist schon lange anders. Die ersten erfolgreichen Simulationen der DK von Wasser gab es mW in ebendiesen 80-er Jahren (aber bis das bei Chemikern emergiert ... zwinkern) mit Monte-Carlo Methoden, Genaueres müßte ich selbst erst suchen.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn unser Denken auf die organisierte Struktur unseres ZNS angewiesen ist, sehe ich nicht, wie Du beispielsweise ein Gefühl in Termen von 'Ionenströmen durch Nervenmembranen' erklären möchtest. Das ist ein uraltes Problem der Philosophen (Stichwort 'qualia'). Das Thema ist natürlich komplex, denn schon die Frage, was eigentlich auf was 'reduzierbar' ist, ist vielschichtig.
Jaja, das Qualia-(Schein?-)Problem, ein alter Bekannter.

Erklärungsansätze für Gefühle gibt es ja immerhin schon, gestützt auf empirische Daten. Aber ich weiß natürlich, daß man für sehr komplexe Systeme noch sehr am Anfang steht. Allerdings ist unser Streitpunkt ja nicht diues, sondern Deine Behauptung, es gehe prinzipiell nicht. Hast Du ein plausibles Argument dafür, daß es den Gefühlen nicht ebenso gehen sollte wie früher der Himmelsmechanik und vor 20 Jahren der Dielektrizitätskonstante von Wasser?

gruß/step
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Beitrag(#67082) Verfasst am: 22.12.2003, 20:14    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Hi Schmerzlos,

Schmerzlos hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Ich gehe davon aus, dass das 'Sein' hierarchisch aufgebaut ist.


- Der Irrtum liegt bereits bei dem Wort "Sein".
Ich empfehle Sprachkritik.


wo irre ich mich?

Grüßle

Thomas


Ein Sprachspiel á la Hegel verdeutlicht es.
(Jedenfalls hab ich es damit kapiert; Abteilung Dialektik)

Schopenhauer hat damit später wieder aufgeräumt -
nichts desto trotz ist Hegel "sprachlogisch"
anschaulich.

http://www.mxks.de/files/phil/Hegel.WissDerLogik1.html

Erstes Kapitel

Sein

A. Sein

B. Nichts

C. Werden
a. Einheit des Seins und Nichts
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Beitrag(#67086) Verfasst am: 22.12.2003, 20:18    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Jaja, das Qualia-(Schein?-)Problem, ein alter Bekannter.


- Ein Problem das häufig bei Leuten auftaucht,
die Geist und Materie für Gegensätze halten.
(Mal abgesehen von der begrifflichen Definition)

Und es verflüchtigt sich alles in Begriffe...
(Beschreibung)
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El Schwalmo
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Beitrag(#67087) Verfasst am: 22.12.2003, 20:22    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Schmerzlos,

Schmerzlos hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

wo irre ich mich?


wenn Du mit mir diskutieren willst, dann sag mir in Deinen Worten, wo mein Problem liegt. Oder soll ich Dir einfach kommentarlos Quellen angeben, auf die ich mich stütze?

Grüßle

Thomas
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Beitrag(#67099) Verfasst am: 22.12.2003, 20:38    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Hi Schmerzlos,

Schmerzlos hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

wo irre ich mich?


wenn Du mit mir diskutieren willst, dann sag mir in Deinen Worten, wo mein Problem liegt. Oder soll ich Dir einfach kommentarlos Quellen angeben, auf die ich mich stütze?
Verlegen Das hat er früher so gemacht, bis die Community ihn aufforderte, bitte nur noch Quellen anzugeben ...
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El Schwalmo
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Beitrag(#67100) Verfasst am: 22.12.2003, 20:42    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Step,

step hat folgendes geschrieben:
Thomas hat folgendes geschrieben:
nun wäre es interessant, wie Du 'evolutionäre Stabilität' definierst.
Daß bei sich nicht zu stark ändernden Nischenbedingungen nach hinreichend vielen Replikationszyklen noch hinreichend ähnliches Genom vorhanden ist.


hmmmm, da hängt alles an 'hinreichend ähnlich'. Was ist Deiner Meinung nach 'evolutionär stabiler': Latimeria oder ein Buntbarsch im Viktoria-See?

Denk' bitte 'dran, dass in einer Population meist keine zwei Organismen dasselbe Genom haben.

step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Und, vor allem, wie Du 'a priori', also _vor_ der Untersuchung, entscheiden könntest, was das ist.

Du hast die angeblich ultimate Frage ja in Kenntnis von etwas gemacht, das Du "biologischen Sinn" nennst. Das Wort "apriori" mag unglücklich gewählt sein, ich streiche es einfach. Meine Herangehensweise ist: Ich habe eine mir trivial erscheinende Annahme (nämlich daß man nach einer Evolutionszeit nur Programme wiederfindet, die in ihren Nischen hinreichend gut replizieren), und jetzt frage ich mich, ob das Auftreten eines beobachteten Merkmals die evolutionäre Stabilität gewährleistet. Falls das so ist, so schließe ich nicht, daß sich das Merkmal mit diesem Ziel entwicklet hätte, sondern ich konstatiere höchstens, daß es deshalb nicht ausstarb - was allerdings keine große Erkenntnis birgt.


Irgendwie sehe ich den Zusammenhang nicht. Ich behauptete, dass es eine Ebene gibt, Organismen zu untersuchen, beispielsweise die Physiologie ('wie wirkt ein Hormon?'). Und eine andere, den evolutionären Sinn ('welchen evolutionären Sinn hat dieses Hormon?'). Ich sehe nicht, wie Du durch Untersuchungen der einen Ebene die andere klären kannst. Was Du machst, ist noch ein Tick anders: Du _reduzierst_ Evolution auf Änderungen von Genen.

step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Und noch genauer: wie Du aus _physiologischen_ Untersuchungen zu Antworten auf diese Frage kommst. Für mich sind das einfach zwei verschiedene Ebenen.
Das habe ich nicht behauptet.


Schön, dann sind wir uns ja einig. Aber was sagst Du zu dem, was ich geschrieben habe?

step hat folgendes geschrieben:
Da wäre z.B. auch noch die Spieltheorie. Hierbei modelliere ich andere Einheiten als bei Physik oder Neurologie, umf auf emergenter Eben einfache Zusammenhänge zu zeigen, die implementationsunabhängig sind - sie gelten etwa auch für Compiuterprogramme.


Und? Das ist in etwa so, wie wenn ich einen Vorgang _beschreibe_. Hast Du dann eine Erklärung? Genauer, was weißt Du über 'Schachspielen', wenn Du einen Computer programmiert hast, der jeden Schachspieler schlägt?

step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Ich gehe davon aus, dass das 'Sein' hierarchisch aufgebaut ist. Beispielsweise: Elementarteilchen, Atome, Moleküle, Makromoleküle, Zellen, Organismen, Populationen, Ökosysteme und so weiter. Jede 'weiter oben' liegende Schicht besteht aus Elementen der unteren Schichten. Auf jeder Stufe gelten Seinsgesetze, die durch die der unteren Ebenen nicht ableitbar ('emergent') sind.

Ah ja, dann sind wir hier grundlegend unterschiedlicher Ansicht. mE ist die bottom-up Methode rechnerisch nicht sehr effizient, aber wenn ich Dich richtig verstehe, meinst Du, daß es prinzipiell nicht gehen kann.


Ja. Du darfst mir aber gerne Arbeiten nennen, in denen Menschen geschildert haben, dass sie das geschafft haben.

step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Wagenschein hat das sehr hübsch ausgedrück: 'Wasser ist nicht gewinkelt und H2O ist nicht nass'. Das heißt, eine Stoffportion Wasser hat Eigenschaften, die durch die Eigenschaften eines Wassermoleküls nicht erklärbar sind. Mein Abschluss in Chemie liegt 20 Jahre zurück (kann sein, dass sich was geändert hat). Damals hat man uns erklärt, dass es keine Möglichkeit gibt, aus den Formeln, mit denen man Atome beschreibt, abzuleiten, welche Eigenschaften Stoffportionen von Verbindungen haben werden. Also beispielsweise aus den Schrödinger-Gleichungen für Wasserstoff- und Sauerstoff-Atome die Dielektrizitätskonstante von Wasser zu berechnen. Damals konnte man noch nicht einmal die _eines_ Wasser-Moleküls berechnen.
Tja, das ist schon lange anders. Die ersten erfolgreichen Simulationen der DK von Wasser gab es mW in ebendiesen 80-er Jahren (aber bis das bei Chemikern emergiert ... :wink:)


Weißt Du, ich habe bei diesen Modellierungen das Problem, dass die meist 'ex post factu' klappen. Man weiß schon etwas, dann fummelt man so lange an den Gleichungen herum, bis das, was man gerne hätte, herauskommt.

Nur interessehalber: kannst Du mir eine Literaturquelle nennen, die die Dielektrizitätskonstante von Wasser aus Termen berechnet, in die nur die Eigenschaften von Wasserstoff- und Sauerstoffatomen eingehen?

[ ... ]

step hat folgendes geschrieben:

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn unser Denken auf die organisierte Struktur unseres ZNS angewiesen ist, sehe ich nicht, wie Du beispielsweise ein Gefühl in Termen von 'Ionenströmen durch Nervenmembranen' erklären möchtest. Das ist ein uraltes Problem der Philosophen (Stichwort 'qualia'). Das Thema ist natürlich komplex, denn schon die Frage, was eigentlich auf was 'reduzierbar' ist, ist vielschichtig.
Jaja, das Qualia-(Schein?-)Problem, ein alter Bekannter.

Erklärungsansätze für Gefühle gibt es ja immerhin schon, gestützt auf empirische Daten.


Kannst Du mir Quellen nennen?

step hat folgendes geschrieben:
Aber ich weiß natürlich, daß man für sehr komplexe Systeme noch sehr am Anfang steht. Allerdings ist unser Streitpunkt ja nicht diues, sondern Deine Behauptung, es gehe prinzipiell nicht. Hast Du ein plausibles Argument dafür, daß es den Gefühlen nicht ebenso gehen sollte wie früher der Himmelsmechanik und vor 20 Jahren der Dielektrizitätskonstante von Wasser?


Nein. Auch hier bin ich agnostisch. Ich warte, bis mir jemand das zeigt.

Ich habe aber schon die eine oder andere Blase platzen sehen. Ich habe die Anfänge der KI mitbekommen. Wäre interessant, eine Tabelle zu erstellen, was die Menschen vorhersagten und was dann eintrat. Beispielsweise, wann kein Mensch mehr im Schach gegen einen Computer gewinnt. Erinnerst Du Dich noch an den 'General Problem Solver'?

Grüßle

Thomas
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Beitrag(#67109) Verfasst am: 22.12.2003, 21:02    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Hi Schmerzlos,

Schmerzlos hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

wo irre ich mich?


wenn Du mit mir diskutieren willst, dann sag mir in Deinen Worten, wo mein Problem liegt.


- Angenommen Du müsstest die Realität ausfüllen(nur mal als Gedankenspiel), wieviel würde hineinpassen ?

Zitat:
Oder soll ich Dir einfach kommentarlos Quellen angeben, auf die ich mich stütze?


- Wenn man mit mir diskutiert, sollte schon eine gewisse Leidensfähigkeit vorhanden sein. Der gewöhnliche sprachliche Ausdruck ist arg begrenzt und durch Regeln bestimmt. Sicher finde ich Plaudereien auch ganz nett,
aber ich gehe gerne mal darüber hinaus. (Was mir schon mal übel genommen wird) Wenn man verstanden werden will, dann braucht man nur in Tautologien und Zirkelschlüssen reden/schreiben.
Z.B. ein Apfel ist ein Apfel. (Das ist das normale Alltagsverständnis)
Oder Sein ist Sein. Ich bin ich, etc.

Wenn ich die Konvention breche...oder sagen wir negiere - dann
wirds spannend: Sein ist (N/n)icht- Sein.

Zitat:
Grüßle

Thomas


- Der Link ist übrigens schnell gelesen.
Um mein Geschreibsel zumindest anteilig
nachvollziehen zu können - sehr hilfreich.

Ebenso im Bezug auf andere Philosophen.
(Z.B. Nietzsche /Abteilung Nihilismus; und die Überwindung)
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Beitrag(#67112) Verfasst am: 22.12.2003, 21:05    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Hi Schmerzlos,

Schmerzlos hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

wo irre ich mich?


wenn Du mit mir diskutieren willst, dann sag mir in Deinen Worten, wo mein Problem liegt. Oder soll ich Dir einfach kommentarlos Quellen angeben, auf die ich mich stütze?
Verlegen Das hat er früher so gemacht, bis die Community ihn aufforderte, bitte nur noch Quellen anzugeben ...


Lachen

Man kann´s nicht allen Recht machen.
Aber ich bemühe mich ja auf
entsprechende Sprachebenen
einzugehen.


Zuletzt bearbeitet von Schmerzlos am 22.12.2003, 21:16, insgesamt 2-mal bearbeitet
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