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Jolesch Freund des kleineren Übels
Anmeldungsdatum: 11.07.2004 Beiträge: 7390
Wohnort: Omicron Persei VIII
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(#373528) Verfasst am: 15.11.2005, 22:40 Titel: das Leben anderer für das (vermeintlich) höhere Wohl opfern |
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Ich hatte gestern eine biergetränkte Diskussion über das "Recht auf Widerstand": Als Beispiel dienten u.a. die Partisanen im 2. Weltkrieg. Mein Antagonist ( ) meinte, dass wenn (z.B.) durch das Erschiessen eines SS Offiziers als Rache danach 20 Geiseln umgebracht werden, macht sich der "Widerstandskämpfer" schuldig. Er darf sozusagen nur sein eigenes Leben riskieren.
Mir fällt es schwer diese Position einzuordenen, gibt es da historische Vorbilder oder eine Art ethische Strömung?
_________________ Storm by Tim Minchin
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Stefan auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 03.08.2004 Beiträge: 6217
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(#373576) Verfasst am: 15.11.2005, 23:10 Titel: |
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Kommt wohl sehr darauf an, ob der Schütze die Konsequenzen seines Handelns absehen konnte.
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#373595) Verfasst am: 15.11.2005, 23:23 Titel: |
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Dann soll der Widerstandskämpfer einfach für jede ungebrachte Geisel aus Vergeltung zwei Zivilisten umbringen. Die hat dann die SS auf dem Gewissen und man bleibt dem Gegner moralisch überlegen.
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Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause
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(#373625) Verfasst am: 15.11.2005, 23:44 Titel: |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Dann soll der Widerstandskämpfer einfach für jede ungebrachte Geisel aus Vergeltung zwei Zivilisten umbringen. Die hat dann die SS auf dem Gewissen und man bleibt dem Gegner moralisch überlegen. | Geht es darum den Gegner moralisch überlegen zu sein?
_________________ Trish:(
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#373626) Verfasst am: 15.11.2005, 23:46 Titel: |
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Ich finde es lediglich merkwürdig, dass der Widerstandskämpfer für einen Mord verantwortlich sein soll, den ein anderer begeht.
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Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause
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(#373631) Verfasst am: 15.11.2005, 23:50 Titel: |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Ich finde es lediglich merkwürdig, dass der Widerstandskämpfer für einen Mord verantwortlich sein soll, den ein anderer begeht. | Ich nicht.
Wenn er voraussehen kann, dass sein Widerstand nur zu einer Verschlimmerung der Situation beiträgt, ist er verantwortlich.
_________________ Trish:(
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Babyface Altmeister
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11519
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(#373678) Verfasst am: 16.11.2005, 00:16 Titel: |
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Verantwortung ist ein soziales Konstrukt das demjenigen, dem man sie zuweist bewusst machen soll, dass er bestimmte Konsequenzen seiner Handlungen bei der Entscheidung zu Handeln berücksichtigen sollte. Insofern bin ich der Ansicht, dass hier der Widerstandskämpfer gewisse Verantwortung trägt. Damit ist aber noch nichts darüber ausgesagt, ob er sich ethisch oder unethisch verhält.
_________________ posted by Babyface
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hacketaler Frauen ficken ist was für Schwuchteln!
Anmeldungsdatum: 10.02.2005 Beiträge: 6031
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(#373850) Verfasst am: 16.11.2005, 07:57 Titel: |
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wir hatten hier doch neulich ne ausführliche diskussion über die passagiere (widerständler) im 4. flugzeug des 11.9.
die sind also verantwortlich für den tod der restlichen passagiere eurer ansicht nach?
sehr interessantes konstrukt von verantwortung
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#373874) Verfasst am: 16.11.2005, 10:01 Titel: |
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hacketaler hat folgendes geschrieben: | wir hatten hier doch neulich ne ausführliche diskussion über die passagiere (widerständler) im 4. flugzeug des 11.9.
die sind also verantwortlich für den tod der restlichen passagiere eurer ansicht nach?
sehr interessantes konstrukt von verantwortung  |
Da besteht aber noch ein gewisser Unterschied. Die Passagiere in diesem Flugzeug wären bei erfolgreicher Durchführung der Terrorattacke onehin gestorben. Die Geiseln im Szenario von Tante_Jolesch hätten möglicherweise überlebt.
_________________ Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
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Fyodor Metalhead
Anmeldungsdatum: 13.08.2005 Beiträge: 328
Wohnort: Weinheim a.d.B.
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(#373899) Verfasst am: 16.11.2005, 10:48 Titel: |
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Ich kann einem solchen Widerstandskämpfer keinen Vorwurf machen. Er handelt ja nicht, um das Leben der Geiseln zu schützen, sondern um den Krieg schneller zu beenden, womit er unter Umständen tausenden das Leben gerettet hat. Da es in solchen Fällen keine erkennbare Kausalkette gibt, ist es schwer abzuschätzen, und was-wäre-wenn bringt einen auch nicht weiter, weil man es einfach nicht weiß. Im unmittelbaren Zeitrahmen wird der Partisane für einige Ermordungen den Grund geliefert haben. Wenn der Krieg aber nur einen Tag früher zu Ende geht, weil die Offiziere fehlen, dann hat er somit zehntausende Soldaten gerettet.
_________________ I think I'm thinking, therefore I may possibly be.
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"Ich respektiere den Glauben, aber es ist der Zweifel, dem man seine Bildung verdankt"
[Wilson Mizner]
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#374476) Verfasst am: 17.11.2005, 11:31 Titel: Re: das Leben anderer für das (vermeintlich) höhere Wohl opfern |
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Verantwortliches Handeln verhindert nicht unbedingt schuldig zu werden.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Markus Polygamer, polymorph perverser Psychopath
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 1320
Wohnort: Südhessen
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(#374481) Verfasst am: 17.11.2005, 11:45 Titel: |
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Diese Diskussion geht doch völlig am Thema vorbei.
Wenn der Widerstandskämpfer den Agressor aus Angst vor dessen Reaktion nicht bekämpft, tut er genau das, was der Agressor bezweckt, arbeitet ihm also in die Hände.
Die Aufrechnung 'Leben gegen Leben' finde ich zynisch. Da könnte man genauso weiter argumentieren, dass der Widerständler durch seine Aktion zwar einerseits das Leben von Geiseln gefährdet, gleichzeitig aber den Agressor dazu zwingt, mehr Soldaten einzusetzen, um ein Gebiet ruhig zu halten, also dazu beiträgt, dass Kräfte gebunden werden, die somit für weitere Angriffe und damit die Ausdehnung des vom Agressor kontrollierten Machtbereiches bzw. für die Verteidigung des eroberten Territoriums gegen Angriffe des Gegners nicht zur Verfügung stehen, was den Agressor schwächt und somit zu dessen Untergang beiträgt.
Jede Argumentation hat ihr Für und Wider.
Meines Erachtens gibt es durchaus eine Pflicht zum Widerstand, da ein potentieller Agressor durch den zu erwartenden hohen Blutzoll und die einzusetzenden Kräfte samt den damit verbundenen Kosten durchaus auf eine Agression verzichten wird, wenn die Kosten-Nutzen-Rechnung nicht aufgeht.
Mittel- und langfristig wird ein Agressor gegen zähen Widerstand der einheimischen Bevölkerung verlieren und sich unter hohen Kosten zurückziehen müssen.
_________________ Life is not a journey to the grave with the intention of arriving safely in a pretty and well-preserved body, but rather to skid in broadside, thoroughly used up, totally worn out, and loudly proclaiming "Wow, what a ride!"
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