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Forscher widerlegen Willensfreiheit
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Roter Ballon
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Anmeldungsdatum: 22.12.2006
Beiträge: 2631
Wohnort: München

Beitrag(#1419292) Verfasst am: 19.01.2010, 00:22    Titel: Antworten mit Zitat

zwinkern das könnte spaßig werden
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
(...) Ich bin <b>semantischer</b> - also weder ontologischer noch erkenntnistheoretischer - Konstruktivist und vor allem: <b><u>Materialist</u></b>. Das Universum schert sich einen feuchten Dreck um Begriffe, aber wir Menschen brauchen sie, um über die Welt nachzudenken und unser Wissen über sie ausbauen und teilen zu können. Das funktioniert umso besser, je präziser und stabiler die von uns hergestellten Verbindungen zwischen Begriffen und ihren Bezugsobjekten sind. In besonderem Maße angewiesen auf solche Verbindungen ist die Analytische Philosophie, denn sie bemüht sich um eine formal und inhaltlich maximal adäquate (wahre) Repräsentation der Welt. Begriffsklärungen sind dafür so unentbehrlich, wie es die Wahl geeigneter Baustoffe für die Errichtung eines Wolkenkratzers ist.


Also läufts auf eine sprachliche Rekonstruktion der Wirklichkeit hinaus, oder?


Eigentlich nicht. Sprache ist ein fiktives, und die Wirklichkeit (im Sinne von Welt/Universum) ist ein reales Objekt. Über die Grenzen ontologischer Kategorien hinweg kann weder Konstruktion noch Rekonstruktion stattfinden. Weil er genau das meint, was er aussagt, war der Begriff "Repräsentation" sehr bewußt gewählt.

Sprache ist das erste Werkzeug des Menschen,
Sprache repräsentiert nichts, es bildet ab, es erlaubt uns zu unterscheiden und als Bonus hat Sprache es erst ermöglicht sich der Dinge bewußt zu werden.
Das Subjekt das aus den Objekten hervortreten kann und sich so ICH nennt.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Dazu gibts dann wohl aber den einfachen Einwand, das Sprache - und sei sie auch noch so fein gefaßt, an der eigenen Vielfalt bricht (also quasi prismengleich).


Das läßt sich durch den Verzicht auf blumige Ausdrucksweisen im Allgemeinen und sorgfältiges Definieren im Besonderen eindämmen. Übrigens vertrete ich mit Bunge ja "nur" den korrespondenztheoretischen Begriff der approximativen Wahrheit als einem Attribut von Aussagen. Wer mehr will, findet sich sowieso umgehend in Schwafelwolken wieder.

Nur mal angenommen alles was du sagst erweist sich als Schlußstein einer Wahrheitsfindung, warum setzt sich das dann nicht durch?
Wie kann man sich einer "offengelegten" Wahrheit überhaupt widersetzen?
gescheitert an der Banalität des Alltäglichen, mein ich.
Wenn Wahrheit nun aber nur einem elitären Kreis überhaupt zugänglich ist - wem nutzt das denn?
Natürlich ist es wunderschön, wenn etwas auf den Punkt gebracht werden kann.
Aber warum zum Dübel, kann dann so wenig dauerhaft festgemacht werden.
Was sagen die Soziologen so gern: "Paradigmenwechsel"


Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
a) Ai Wei Wei meint das es im chinesischem keine Entsprechung für IDEE gibt.
In einem smalltalk mit einem bekannten darüber kamen wir zu dem Schluß, das es wohl an den Schriftzeichen liegt - da dort jedem Objekt ein Symbol zugeordnet wird -


Vom Prinzip her ist das bei uns ja nicht anders.


Seh ich anders, im asiatischen wird Symbol gegenüber Symbol gestellt. ähm Ranggleich Am Kopf kratzen
Nach westlicher Tradition ist es immer eine Art "Prädikatenlogik". ähm Subjekt -> Prädikat -> Objekt.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
es ist also qua Sprache feste Form, wohingegen die Idee über etwas erst in Form gebracht werden muß.


Mir ist nicht recht klar, worauf Du hinaus willst. Darf ich erstmal um eine möglichst genaue Definition des Begriffes "Idee" bitten?

Da wende dich bitte an Ai WeiWei, ich vermute ja nur den Knaktus in dem verwendeten Symbolsystem. (nächste Ausstellung sicher bald auch in ihrer Nähe - Katalog kaufen nicht vergessen)


Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
b) es gibt wohl keine Universalsprache auf die sich eine analytische Philosophie zurückziehen kann,
wenngleich es wohl so einen Spruch von Heidegger geben soll, worin es heißt: "richtig denken kann man nur in deutsch".


Ach ja, die braune Labertasche...

das ist nicht der Punkt, ansonsten wär ja Babelfisch ein hervoragendes Translationwerkzeug

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
c) die Translationen der Begriffe in lebendige Sprache


Was meinst Du mit "lebendige Sprache"? Hast Du Beispiele für "Translationen" von Begriffen in "lebendige Sprache"?

dem Pöbel aufs Maul geschaut - Bedeutungen ändern sich nicht nur beim Übnertrag von bspw. Anglizismmen ins deutsche: Handy, oder public viewing bspw.
sondern auch dynamisch innerhalb und entlag einer Zeitskala.
Oder spricht noch wer mittelalterlich?


Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
verändern die Betrachtung darüber, was im hinblick auf den "Freien Willen", sehr interessant ist, weil wie in diesm epischen Thread bewiesen die Vorstellung darüber, ein ewig fließender Strom neuer Interpretationen ist.


Dieser Thread beweist nur, daß Sprachsalat keine philosophischen Probleme löst - schon gar nicht solche, die selbst aus Sprachsalat erwachsen sind!

Und welche "Meisterschaft" benötigt man?
bin halt ein Amateur, na und - aber der Punkt ist: Wieso überzeugst du nicht(!)?



Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Ein "So ist es!" kann allein schon wegen der Lebendigkeit der Sprache nicht bestehen.
und das ist mMn der Grund warum die Philosophie seit ewig Themen begrifflich nie vollständig, also als "wahre" Repräsentation der Welt zu fassen vermag.


Diesen Pessimismus kann ich nicht teilen, denn im Emergentistischen Materialismus erblicke ich einen "geistigen Klarspüler", wie es ihn noch nie gegeben hat. Es wäre ihm bedeutend mehr universitäre Aufmerksamkeit zu wünschen, damit er endlich eine gewisse Breitenwirkung entfalten kann.

Einer Legende (ich glaub talmudisch) nach, kommt der jüngste Tag, sobald alle Permutationen des Namen Gottes gefunden sind.
Also ich mags ja leider bunt und wild und chaotisch.
Im übrigen sind Permutationen dann eben doch das was die DNA so unvergleichlich "anpassungsfähig" macht und da bin ich wieder beim Wandel.
Den du gerne auf ein ziel zulaufen sehen möchtest - was übrigens mMn genau das ist was die Grundidee des Monotheismus ist, am Ende findet sich alles bei Gott.
Eine moderneres zulaufen ist hier bspw. die Grand Unifying Theorie
oder scifi-sprech wohl die technologische Singularität.
Unterm strich bleibt dieselbe Idee, ein wahres Ding aus dem sich alles andere heraus exemplifizieren ließe.

Es tut mir nicht leid, wenn alle begriffliche Klarheit verwischt wird - finde das hat was poetisches.
Lol, Poesie ist die metaphysische Qualität der Idee.

Nun? hast du die Muse meinen Sprachsalat zu entwirren?
Gerade die Eindeutigkeit, die hier von dir entgegengestellt werden könnte verträgt sich mMn mit der Dynamik die Denken ausmacht.
Denken ist größtenteils unscharf - bei mir auf jeden Fall unbestritten.
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ertrage die Clowns!
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1419305) Verfasst am: 19.01.2010, 01:06    Titel: " Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Du kannst doch nicht einfach sagen, Libertarier hätten per se recht damit, was sie sagen.

Geschockt
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... wenn Du meinst, die Konzepte von Schuld und vergeltender Strafe machten nie Sinn, dann ist Deine ganze Argumentation hier mehr als merkwürdig, denn Du behauptest doch permanent diesen Zusammenhang.

Das sehe ich etwas anders: Mit einer metaphysischen und in sich unlogischen Haltung wie dem Libertarismus habe ich nichts in der Hand, um überhaupt für oder gegen diese (im Falle von "Schuld" übrigens selbst metaphysischen) Konzepte zu argumentieren.

Hm, Libertarier und harte Deterministen haben gemeinsam, dass sie Inkompatibilisten sind, d.h. sie sehen einen Gegensatz zwischen Freiheit und Determinismus. Soweit erst mal uninteressant, kommt dann nur darauf an, was man unter "Freiheit" versteht, die kann man sich irgendwie hindefinieren, (z.B. "echte" Freiheit müsse akausal oder zumindest indeterminiert sein); interessant wird es mE aber dann, wie sie dann noch eine Verbindung zu moralischer Verantwortung und / oder dem Schuldkonzept behaupten, nämlich insofern, als Determinismus diese Konzepte hinfällig erscheinen lassen würde, Indeterminismus aber nicht.

Das ist mein Punkt hier und ich möchte nochmal fragen: wieso? Wie wird das begründet?

step hat folgendes geschrieben:
Mit dem Determinismus habe ich ein konsistentes, wenn auch grobes, Modell des Entscheidenden /Handelnden, so daß ich argumentieren kann, daß diese Konzepte nutzlos (für das Modell) oder gar kontraproduktiv (z.B. für ein bestimmtes utilitaristisches Ziel) sind. Gegner könnten argumentieren, daß sie andere Ziele haben, oder daß diese Konzepte eben doch nützlich seien (z.B. zur Abschreckung oder Manipulation oder was auch immer).

Über Strafzwecktheorien zu diskutieren ist hier mE aber nicht angesagt: die Frage ist erst mal schlicht: was für einen wesentlichen Unterschied hinsichtlich dieser Konzepte gibt es zwischen einer determinierten und einer (teilweise) indeterminierten Welt, so dass man z.B. berechtigterweise sagen kann: der Determinismus schließt das Schuldkonzept aus, der Indeterminismus aber nicht?

Das würde ich gerne mal wissen wollen. Wenn es da keinen Zusammenhang gibt, die Frage "Determinismus / Indeterminismus ja / nein" keine Rolle dabei spielt, sondern es nur einfach eine Differenz in unterschiedlichen Standpunkten für eine Ethik gibt, dann hat das mit dem Thema hier nichts zu tun, dann ist das schlicht ein anderes Thema. Das wir ja auch schon woanders besprochen haben.
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Beitrag(#1419362) Verfasst am: 19.01.2010, 09:41    Titel: Re: " Antworten mit Zitat

Kleine Anmerkung am Rande:

Ich sprach nicht von Determinismus oder Nicht-Determinismus, sondern von Determinismus und Nicht-Determinismus im Zusammenspiel.

Man sollte doch mal überlegen, was es bedeutet, dass Erkenntnisse sich zufällig ausbreiten und die Möglichkeiten der Menschheit stetig steigern bzw. höher entwickeln.

Das gibt dann parziell immer wieder determinierte Folgen, aber immer wieder gebreakt durch zufällige Abbiegungen auf andere unvorhersehbare Pfade ...-

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step
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Beitrag(#1419609) Verfasst am: 19.01.2010, 19:59    Titel: Re: " Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Über Strafzwecktheorien zu diskutieren ist hier mE aber nicht angesagt ... Wenn es ... nur einfach eine Differenz in unterschiedlichen Standpunkten für eine Ethik gibt, dann hat das mit dem Thema hier nichts zu tun, dann ist das schlicht ein anderes Thema.

Hmmm ... wenn das zwei unterschiedliche Themen sind, wieso muß ich dann bei der Diskussion über den "Freien Willen" so häufig lesen, Determinismus oder die Leugnung des Freien Willens liefe auf einen Kontrollstaat hinaus? Selbst von Dir habe ich - wenn ich mich recht entsinne - schon den folgenden sehr beliebten Strohmann gelesen: "wenn alles vorherbestimmt ist, ist ja vollkommen egal, was ich mache". Der wäre ja dann nicht nur ein Strohmann, sondern ebenfalls ein ganz anderes Thema.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Du kannst doch nicht einfach sagen, Libertarier hätten per se recht damit, was sie sagen.

Geschockt
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... wenn Du meinst, die Konzepte von Schuld und vergeltender Strafe machten nie Sinn, dann ist Deine ganze Argumentation hier mehr als merkwürdig, denn Du behauptest doch permanent diesen Zusammenhang.

Das sehe ich etwas anders: Mit einer metaphysischen und in sich unlogischen Haltung wie dem Libertarismus habe ich nichts in der Hand, um überhaupt für oder gegen diese (im Falle von "Schuld" übrigens selbst metaphysischen) Konzepte zu argumentieren.

Hm, Libertarier und harte Deterministen haben gemeinsam, dass sie Inkompatibilisten sind, d.h. sie sehen einen Gegensatz zwischen Freiheit und Determinismus. Soweit erst mal uninteressant, kommt dann nur darauf an, was man unter "Freiheit" versteht, ...

Genau.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... die kann man sich irgendwie hindefinieren, (z.B. "echte" Freiheit müsse akausal oder zumindest indeterminiert sein);

Ja, oder "gerade in der Determination liege die echte Freiheit, denn wo soll sie sonst liegen".

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... interessant wird es mE aber dann, wie sie dann noch eine Verbindung zu moralischer Verantwortung und / oder dem Schuldkonzept behaupten, nämlich insofern, als Determinismus diese Konzepte hinfällig erscheinen lassen würde, Indeterminismus aber nicht. Das ist mein Punkt hier und ich möchte nochmal fragen: wieso? Wie wird das begründet?

Ich glaube, das hängt eher damit zusammen, daß man ein Modell der Welt hat, also daß diese entmystifiziert wird. Determinismus ist nur ein (wenn auch typisches) Phänomen dieser Sorte.

Ich mache mal einen Versuch, ist aber nicht völlig durchdacht, also leg nicht jedes Wort aus.

Aus meiner Sicht fällt, wie bereits mehrfach geschrieben, durch eine deterministische Erklärung der Präferenzbildung und Entscheidung, durch eine deterministische Modellierung der Welt insgesamt, jeglicher Freiraum weg, um Epiphänomenen apriori-Eigenschaften zuzuweisen. Alle Kategorien oder Konzepte, die ich fortan (aus pragmatischen Gründen) auf psychologischer, sozialer, straftheoretischer usw. Ebene verwende, muß ich - genaugenommen jedenfalls - empirisch absichern. Wenn ich also z.B. Verantwortung zuweisen will, muß ich einen deterministischen Prozeß benennen, der diese Zuweisung modelliert, und der auf empirischen Entitäten beruht.

So hatten früher vielleicht die Aussagen

1. A hat Masern.
2. A hat Verantwortung.
3. A hat Schuld.
4. A hat Willensfreiheit.

einen sehr ähnlichen "attributiven" Bedeutungskontext, aber jetzt muß man (zumindest wenn es drauf ankommt) genauer formulieren, z.B.:

1. A ist von Masernviren befallen.
2. Von A wird erwartet, daß er sich (determiniert) erwünscht verhält.
3. A hat (determiniert) präferent unerwünscht gehandelt.
4. A entscheidet (determiniert) rational.

Genaugenommen stellt sich auch noch ein Identitätsproblem (was genau ist "A"?).

Ähnlich wie bei "Freiheit" oben kann man sich natürlich darauf einigen, genau letzteres (3) "Schuld" zu nennen. Man wird dann aber sozusagen mit der Nase darauf gestoßen, daß man, will man z.B. aus (3.) eine Konsequenz ableiten, dies auf Basis der real fundierten Kategorien in (3.) begründen sollte, etwa indem man einsieht, daß A nichts für seine Präferenzen kann, sondern seine Präferenzen ist, und man daher nicht A bestrafen, sondern höchstens A ändern sollte. Man kann nicht mehr einfach sagen: "Weil A schuldig ist, muß er bestraft werden." - weil "Schuld" und "Strafe" jetzt plötzlich nicht mehr zu derselben intuitiv-metaphysischen Soße gehören. Es muß jetzt ein expliziter, rational nachvollziehbarer Begründungszusammenhang hergestellt werden.

Was genau man folgert, ist natürlich eine ethische Frage (wie Du selbst oben argumentierst) und hängt u.a. mit Wünschen und Zielen zusammen, deshalb ist das nur als Beispiel zu verstehen.

Jetzt kannst Du natürlich fragen: Und was ist beim Indeterminismus anders? In der Tat ist nicht viel anders, wenn man NUR Indeterminismus annimmt und unter diesem eine echte Zufallskomponente versteht.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1419647) Verfasst am: 19.01.2010, 21:08    Titel: Re: " Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
[...] etwa indem man einsieht, daß A nichts für seine Präferenzen kann, sondern seine Präferenzen ist, und man daher nicht A bestrafen, sondern höchstens A ändern sollte. [...]

Das ist wohl der Knackpunkt zwischen uns. Wieso kann A nichts für eine Handlung, wenn er sie willentlich und wissentlich, also absichtlich ausgeführt hat, er die dagegen sprechende Norm sehr wohl kannte, ihm das aber anscheinend egal war? Es war seine Handlung, auf seinem Mist gewachsen, er konnte überlegen, was er tun wollte, das Für und Wieder abwägen und sich daraufhin für etwas entscheiden. (Hier mal einen normalen, durchschnittlichen Menschen angenommen, der nicht unter ungewöhnlichen Zwängen stand oder einen Hirndefekt hatte, der eine solche Überlegung unterminieren könnte.)

Meiner Ansicht nach kann er dann sehr wohl etwas dafür (für seine Handlung, nicht für seine Präferenzen). Ich sehe keinen Grund dafür, wieso ich das anders sehen sollte.

Was ist ein "echtes" Dafür-Können in Deinem Sinne und inwiefern könnte ein irgendwie gearteter Indeterminismus das "Dafür-Können" irgendwie steigern, bzw. überhaupt erst gewährleisten?
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step
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Beitrag(#1419669) Verfasst am: 19.01.2010, 21:54    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
[...] etwa indem man einsieht, daß A nichts für seine Präferenzen kann, sondern seine Präferenzen ist, und man daher nicht A bestrafen, sondern höchstens A ändern sollte. [...]
Das ist wohl der Knackpunkt zwischen uns. Wieso kann A nichts für eine Handlung, ...?

Die Handlung ist durch die Präferenzen verursacht, und die können nichts für sich selber, sie sind verursacht oder notfalls im emergentistischen Sinne kontingent. Um das zu durchbrechen, hattest Du übrigens mal vorgeschlagen, die Präferenzen zum Zeitpunkt t1 "könnten etwas für" (verursachten) die Präferenzen zum Zeitpunkt t2.

Man könnte auch so sagen:

A kann nichts für seine Präferenzen, in dem Sinne, daß "er", also sein Selbst, den Präferenzen nachgeordnet ist: Die Präferenzen sind etwas Reales (haben ein NCC), die Person ist ein Sammelbegriff für diese Präferenzen, den Körper, dessen zeitliche Vorgänger usw. Fügt man also einer "Person" vergeltendes Übel zu, so verschafft man - ich übertreibe mal etwas - sich Genugtuung dadurch, daß man einen empfindsamen Körper quält, der unter anderem die verursachenden Präferenzen ausgebildet hat.

Natürlich kann man dieses "kann etwas dafür" immer irgendwie retten, etwa indem man es einfach mit der wesentlichen Rolle in der Handlungsverursachungskette identifiziert und die "Person" als "soziales Atom" betrachtet.

Ich bin mir aber gar nicht so sicher, ob das der Knackpunkt ist zwischen uns.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1419720) Verfasst am: 19.01.2010, 23:20    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
[...] etwa indem man einsieht, daß A nichts für seine Präferenzen kann, sondern seine Präferenzen ist, und man daher nicht A bestrafen, sondern höchstens A ändern sollte. [...]
Das ist wohl der Knackpunkt zwischen uns. Wieso kann A nichts für eine Handlung, ...?

Die Handlung ist durch die Präferenzen verursacht, und die können nichts für sich selber, sie sind verursacht oder notfalls im emergentistischen Sinne kontingent. Um das zu durchbrechen, hattest Du übrigens mal vorgeschlagen, die Präferenzen zum Zeitpunkt t1 "könnten etwas für" (verursachten) die Präferenzen zum Zeitpunkt t2.

Es gibt mAn Präferenzen, die man beeinflussen kann und welche, die man gar nicht oder nur sehr schwer mit Hilfe von außen beeinflussen kann. Aber die Behauptung, Präferenzen seien generell etwas Statisches, Vorgegebenes, etwas, das man selber nicht ändern könne, halte ich für falsch, ja.

Eine Handlung ist übrigens mE nicht durch Präferenzen verursacht, sondern durch eine Überlegung, eine Entscheidung, die der Handlung vorausging.

step hat folgendes geschrieben:
Man könnte auch so sagen:

A kann nichts für seine Präferenzen, in dem Sinne, daß "er", also sein Selbst, den Präferenzen nachgeordnet ist: Die Präferenzen sind etwas Reales (haben ein NCC), die Person ist ein Sammelbegriff für diese Präferenzen, den Körper, dessen zeitliche Vorgänger usw. Fügt man also einer "Person" vergeltendes Übel zu, so verschafft man - ich übertreibe mal etwas - sich Genugtuung dadurch, daß man einen empfindsamen Körper quält, der unter anderem die verursachenden Präferenzen ausgebildet hat.

Aber dann kann "man" ja auch nichts dafür, weil "man" dann nur der Ausführende seiner Präferenzen ist, ein Nichts, nur ein Zuschauer seiner Präferenzen, die unbeeinflussbar handeln.

Entweder siehst Du Menschen als selbstbestimmte Wesen an, die rationalen Argumenten zugänglich sind und darauf basierend handeln können oder Du tust es nicht. Da musst Du Dich schon mal entscheiden, entweder das eine oder das andere, aber bitte nicht mal so und mal so (für eine Normverletzung kann niemand was, aber für Rache und das Bedürfnis nach Genugtuung kann jemand was).

step hat folgendes geschrieben:
Natürlich kann man dieses "kann etwas dafür" immer irgendwie retten, etwa indem man es einfach mit der wesentlichen Rolle in der Handlungsverursachungskette identifiziert und die "Person" als "soziales Atom" betrachtet.

Es gibt mE gar keine andere gute Möglichkeit, als sich und die anderen als selbstbestimmte Wesen zu sehen und daraus ergibt sich, dass man eine Ethik / Normen aushandeln / vereinbaren muss. Diese Ethik / diese Normen ergibt sich aber nicht aus dem Urknall oder aus irgendwelchen undurchschaubaren vergangenen Umständen, sondern sie ergibt sich aus der Auseinandersetzung mit als gleichwertig angesehenen Personen.

Die einzig andere Möglichkeit wäre die, man behauptete einfach, die einzig wahre Wahrheit zu besitzen und die dann gewaltsam durchzudrücken, weil die anderen das sicher nicht einsehen werden.

step hat folgendes geschrieben:
Ich bin mir aber gar nicht so sicher, ob das der Knackpunkt ist zwischen uns.

Sondern?

Der Knackpunkt ist vielleicht, dass ich meine, dass das vorherrschende Menschenbild des selbstbestimmten Menschen, der seine Handlungen selber bestimmt und der deswegen als frei angesehen wird und dem Rechte zustehen und der Pflichten einhalten muss keine wünschenswerte Alternative hat.

Und du scheinst das irgendwie anders zu sehen, aber mir ist immer noch unklar, wie und wieso.
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step
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Beitrag(#1420159) Verfasst am: 20.01.2010, 22:10    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Der Knackpunkt ist vielleicht, dass ich meine, dass das vorherrschende Menschenbild des selbstbestimmten Menschen, der seine Handlungen selber bestimmt und der deswegen als frei angesehen wird und dem Rechte zustehen und der Pflichten einhalten muss keine wünschenswerte Alternative hat.

Ja, das kommt der Sache vielleicht schon näher. Ich würde es anders ausdrücken: Du verteidigst ein Menschenbild, weil es wünschenswert ist. Ich versuche zu einem Menschenbild zu kommen, das der Realität möglichst genau entspricht.

"dem Rechte zustehen" beispielsweise finde ich eine irreführende Formulierung.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1420240) Verfasst am: 20.01.2010, 23:21    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Der Knackpunkt ist vielleicht, dass ich meine, dass das vorherrschende Menschenbild des selbstbestimmten Menschen, der seine Handlungen selber bestimmt und der deswegen als frei angesehen wird und dem Rechte zustehen und der Pflichten einhalten muss keine wünschenswerte Alternative hat.

Ja, das kommt der Sache vielleicht schon näher. Ich würde es anders ausdrücken: Du verteidigst ein Menschenbild, weil es wünschenswert ist. Ich versuche zu einem Menschenbild zu kommen, das der Realität möglichst genau entspricht.

Ja, aber leider hast Du kein Argument dafür, inwiefern Dein Menschenbild der Realität näher käme als meines. Ich habe jedenfalls noch kein einziges gesehen. Du wechselst, wie es Dir gerade gut in den Kram passt, zwischen einem Menschenbild des für rationale Argumente empfänglichen Menschen und dem eines Menschen, der durch nicht beeinflussbare Präferenzen hilflos gesteuert wird, der nur Beobachter des für ihn unbeeinflussbaren Geschehens ist. Das ist leider nicht kohärent und daher auch wenig überzeugend.

Und was das nun mit Determinismus zu tun hat, mit dem Du doch so gerne argumentierst, kannst Du auch nicht darstellen. Inwiefern Determinismus die Kontrolle über die eigenen Handlungen behindert und und inwiefern Indeterminismus diese Kontrolle erhöhen könnte (bzw. erst gewährleisten könnte, als notwendige Voraussetzung).

step hat folgendes geschrieben:
"dem Rechte zustehen" beispielsweise finde ich eine irreführende Formulierung.

"Dem Rechte von anderen gleich gestellten, als gleichwertig angesehene Wesen wechselseitig zugestanden werden, da man sich gegenseitig für fähig hält, die vereinbarten Regeln aus eigener Einsicht, aufgrund eigener Überlegungen für sinnvoll zu erachten und deswegen einzuhalten."
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Beitrag(#1420427) Verfasst am: 21.01.2010, 11:39    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Du verteidigst ein Menschenbild, weil es wünschenswert ist. Ich versuche zu einem Menschenbild zu kommen, das der Realität möglichst genau entspricht.

Ja, aber leider hast Du kein Argument dafür, inwiefern Dein Menschenbild der Realität näher käme als meines. Ich habe jedenfalls noch kein einziges gesehen.

Diese Ansicht kann ich Dir nicht verbieten, bin aber anderer Meinung. So habe ich beispielsweise gezeigt, daß die Willensfreiheit, wie Du sie definierst (wohlabgewogene, rationale, unmanipulierte Entscheidungsfindung) im täglichen Leben kaum eine Rolle spielt, weil gerade die Entscheidungen, die uns traditionell wichtig scheinen (z.B. moralisch konformes Verhalten), deutlicher Manipulation unterliegen und stark gleichgeschaltet sind (durch Erziehung, Biologie, Empathie usw.).

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Inwiefern Determinismus die Kontrolle über die eigenen Handlungen behindert und und inwiefern Indeterminismus diese Kontrolle erhöhen könnte (bzw. erst gewährleisten könnte, als notwendige Voraussetzung).

Nagut, diesmal ein Beispiel, das ohne mikroskopische Determination auskomt, denn darauf springst Du ja nicht an. Wäre ich weniger moralisch manipuliert / determiniert, hätte ich einen zusätzlichen "moralischen Freiheitsgrad", da ich mich "willkürlicher" verhalten könnte. Ich könnte zwischen gut und böse wählen wie zwischen Aprikose und Erdbeerkonfitüre.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
"dem Rechte zustehen" beispielsweise finde ich eine irreführende Formulierung.
"Dem Rechte von anderen gleich gestellten, als gleichwertig angesehene Wesen wechselseitig zugestanden werden, da man sich gegenseitig für fähig hält, die vereinbarten Regeln aus eigener Einsicht, aufgrund eigener Überlegungen für sinnvoll zu erachten und deswegen einzuhalten."

Schon viel besser! Ich würde noch ein bißchen abspecken, um zusätzliche, begründungsbedürftige Annahmen vorerst zu vermeiden:

"Dem Rechte von anderen [] Wesen [] zugestanden werden"
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Beitrag(#1420638) Verfasst am: 21.01.2010, 21:20    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
So habe ich beispielsweise gezeigt, daß die Willensfreiheit, wie Du sie definierst (wohlabgewogene, rationale, unmanipulierte Entscheidungsfindung) im täglichen Leben kaum eine Rolle spielt, weil gerade die Entscheidungen, die uns traditionell wichtig scheinen (z.B. moralisch konformes Verhalten), deutlicher Manipulation unterliegen und stark gleichgeschaltet sind (durch Erziehung, Biologie, Empathie usw.).

Du hast gar nichts "gezeigt".

Die Willensfreiheit, die ich meine, nämlich die Fähigkeit zur eigenen Entscheidung, die man auch berechtigt als eigene Entscheidung ansehen kann, spielt auch im täglichen Leben eine Rolle. Natürlich ist es wenig relevant, ob ich mich dafür entscheide, Brötchen oder Brot zum Frühstück zu essen, daher werde ich mich nicht lange bei dieser Frage aufhalten.

Und dass es notwendigerweise Bedingungen / Umstände gibt, habe ich ja wohl noch nirgends bestritten. Ohne Umstände gibt es gar nix.

Jedoch dass man von einer Neigung zur Einhaltung von Normen auf Freiheit schließen kann, habe ich schon mehrfach bestritten. Das ist schlichter Unsinn, denn das bedeutete nun mal logischerweise, dass man aus vermehrter Neigung auf Nicht-Einhaltung von Normen, (z.B. in einem gescheiterten Staat wie Somalia), auf Freiheit, (solche, die für die Zuweisung von Verantwortung und Schuld ausschlaggebend sein soll), schließen könnte.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Inwiefern Determinismus die Kontrolle über die eigenen Handlungen behindert und und inwiefern Indeterminismus diese Kontrolle erhöhen könnte (bzw. erst gewährleisten könnte, als notwendige Voraussetzung).

Nagut, diesmal ein Beispiel, das ohne mikroskopische Determination auskomt, denn darauf springst Du ja nicht an. Wäre ich weniger moralisch manipuliert / determiniert, hätte ich einen zusätzlichen "moralischen Freiheitsgrad", da ich mich "willkürlicher" verhalten könnte. Ich könnte zwischen gut und böse wählen wie zwischen Aprikose und Erdbeerkonfitüre.

Ja, aber wo ist jetzt das Problem, (mal abgesehen davon, dass Du "manipuliert" und "determiniert" hier falsch verwendest)? Wenn Dich das so sehr stört, wenn Du meinst, das schränke Deine Freiheit zu sehr ein, dann musst Du eben dagegen angehen, und wenn das alleine nicht klappt, dann eben mit professioneller Hilfe.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
"dem Rechte zustehen" beispielsweise finde ich eine irreführende Formulierung.
"Dem Rechte von anderen gleich gestellten, als gleichwertig angesehene Wesen wechselseitig zugestanden werden, da man sich gegenseitig für fähig hält, die vereinbarten Regeln aus eigener Einsicht, aufgrund eigener Überlegungen für sinnvoll zu erachten und deswegen einzuhalten."

Schon viel besser! Ich würde noch ein bißchen abspecken, um zusätzliche, begründungsbedürftige Annahmen vorerst zu vermeiden:

"Dem Rechte von anderen [] Wesen [] zugestanden werden"

Ach, viel besser, aber so passt es Dir auch nicht?

Das ist jetzt zu sehr abgespeckt. Wesentlich dabei ist das mindestens das "wechselseitig". Wozu aber notwendigerweise auch die eigenen Überlegungen und das "sinnvoll" gehören.

Wieso und wie sonst werden denn auch Rechte zugestanden? Einfach so, wegen des Urknalls, wegen der Kausalketten, die niemand kennt?

Das ist doch mein Punkt hier. Du kannst doch nicht einfach sagen, Rechte werden halt zugestanden, weil der Urknall das eben so festgelegt hat.
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step
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Beitrag(#1420656) Verfasst am: 21.01.2010, 22:03    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... dann eben mit professioneller Hilfe.

Daß Du Dich zu solchen Ausrutschern hinreißen läst ...

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... weil gerade die Entscheidungen, die uns traditionell wichtig scheinen (z.B. moralisch konformes Verhalten), deutlicher Manipulation unterliegen und stark gleichgeschaltet sind (durch Erziehung, Biologie, Empathie usw.).
... Die Willensfreiheit, die ich meine, nämlich die Fähigkeit zur eigenen Entscheidung, die man auch berechtigt als eigene Entscheidung ansehen kann, spielt auch im täglichen Leben eine Rolle. Natürlich ist es wenig relevant, ob ich mich dafür entscheide, Brötchen oder Brot zum Frühstück zu essen, daher werde ich mich nicht lange bei dieser Frage aufhalten.

Dabei hast Du gerade da wirklich ein wenig Freiheit ... egal ob Du Dich lang oder kurz damit aufhältst.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Jedoch dass man von einer Neigung zur Einhaltung von Normen auf Freiheit schließen kann, habe ich schon mehrfach bestritten.

Erstaunlich - ich auch Smilie

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das ist schlichter Unsinn, denn das bedeutete nun mal logischerweise, dass man aus vermehrter Neigung auf Nicht-Einhaltung von Normen ... auf Freiheit schließen könnte.

Ich verstehe zwar nicht, wie das logischerweise aus obigem folgen sollte, aber in der Tat, wenn man schon moralisch bewertbarem Verhalten eine Freiheit zugesteht, dann doch da, wo man frei ist von moralischen Zwängen, also wo man nicht durch die Erwartung der Anderen gebunden ist. Ein klassischer Outlaw, wär das nix?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
..., (solche [Freiheit], die für die Zuweisung von Verantwortung und Schuld ausschlaggebend sein soll), ...

Wieso soll? Es ging doch jetzt um das realistische Menschenbild, nicht um Deine rechtspolitischen Wünsche. Realistisch betrachtet hängt die Zuweisung von Schuld vor allem davon ab, ob man "böse" war, also intentional und wissend gegen die Erwartungen der Anderen gehandelt hat.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
"dem Rechte zustehen" beispielsweise finde ich eine irreführende Formulierung.
"Dem Rechte von anderen gleich gestellten, als gleichwertig angesehene Wesen wechselseitig zugestanden werden, da man sich gegenseitig für fähig hält, die vereinbarten Regeln aus eigener Einsicht, aufgrund eigener Überlegungen für sinnvoll zu erachten und deswegen einzuhalten."

Schon viel besser! Ich würde noch ein bißchen abspecken, um zusätzliche, begründungsbedürftige Annahmen vorerst zu vermeiden:

"Dem Rechte von anderen [] Wesen [] zugestanden werden"
Ach, viel besser, aber so passt es Dir auch nicht?

Besser fand ich vor allem, daß die Rechte jetzt keine Eigenschaft des Einzelnen mehr zu sein scheinen. Was ich noch nicht so gut fand, habe ich abgespeckt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das ist jetzt zu sehr abgespeckt. Wesentlich dabei ist das mindestens das "wechselseitig". Wozu aber notwendigerweise auch die eigenen Überlegungen und das "sinnvoll" gehören. Wieso und wie sonst werden denn auch Rechte zugestanden?

Naja, Tieren zum Beispiel, obwohl es da nicht wechselseitig und auch nicht gleichberechtigt ist.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Einfach so, wegen des Urknalls, wegen der Kausalketten, die niemand kennt? Das ist doch mein Punkt hier. Du kannst doch nicht einfach sagen, Rechte werden halt zugestanden, weil der Urknall das eben so festgelegt hat.

Doch, letztlich ja: Rechte werden zugestanden, weil sich das Zugestehen von Rechten so entwickelt hat. Es ist evolutionär hinreichend stabil usw. Als rationale und ethische Wesen fragen wir natürlich auch nach dem Zweck und den Folgen, die das Zuweisen von Rechten für uns und Andere hat. Und weisen dann ggf. mehr oder eben weniger Rechte zu.
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Beitrag(#1420669) Verfasst am: 21.01.2010, 22:43    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... dann eben mit professioneller Hilfe.

Daß Du Dich zu solchen Ausrutschern hinreißen läst ...

Häh, was denn für'n Ausrutscher? Deine Behauptung, man werde durch seine Präferenzen gesteuert und man könne nichts dagegen machen, halte ich für falsch. Es ist lediglich richtig, da habe ich zugestimmt, dass man einige Präferenzen leicht ändern kann und andere sehr schwer (nur mit professioneller Hilfe eventuell) und manche vielleicht gar nicht.

Aber wieso man überhaupt Präferenzen ändern wollen sollte, die man völlig akzeptiert, die man als wesentlichen Bestandteil seiner selbst ansieht, hast Du nicht gesagt. Dein Beispiel lief aber genau darauf hinaus, da kann ich ebenso fragen: dass Du Dich zu sowas hinreißen lässt?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Die Willensfreiheit, die ich meine, nämlich die Fähigkeit zur eigenen Entscheidung, die man auch berechtigt als eigene Entscheidung ansehen kann, spielt auch im täglichen Leben eine Rolle. Natürlich ist es wenig relevant, ob ich mich dafür entscheide, Brötchen oder Brot zum Frühstück zu essen, daher werde ich mich nicht lange bei dieser Frage aufhalten.

Dabei hast Du gerade da wirklich ein wenig Freiheit ... egal ob Du Dich lang oder kurz damit aufhältst.

Ja, schon klar, dass Du das unter Freiheit verstehst. Aber was hat das mit der Zuweisung von Schuld zu tun? Das ist doch die Frage.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Jedoch dass man von einer Neigung zur Einhaltung von Normen auf Freiheit schließen kann, habe ich schon mehrfach bestritten.

Erstaunlich - ich auch Smilie

Ja, ich meinte "Unfreiheit".

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das ist schlichter Unsinn, denn das bedeutete nun mal logischerweise, dass man aus vermehrter Neigung auf Nicht-Einhaltung von Normen ... auf Freiheit schließen könnte.

Ich verstehe zwar nicht, wie das logischerweise aus obigem folgen sollte, aber in der Tat, wenn man schon moralisch bewertbarem Verhalten eine Freiheit zugesteht, dann doch da, wo man frei ist von moralischen Zwängen, also wo man nicht durch die Erwartung der Anderen gebunden ist. Ein klassischer Outlaw, wär das nix?

Wenn Einhaltung von Normen auf Unfreiheit schließen lässt, dann lässt Nicht-Einhaltung von Normen auf Freiheit schließen. Ist doch logisch, das siehst Du doch anscheinend als Gegensatz.

Und die Frage wäre dann eben: wenn jemand ein Outlaw ist, würde man ihm dann mehr Verantwortung und Schuld zuweisen, als jemandem, der Normen einhält? Wenn ja: wieso denn? Dürfte man denjenigen, der Normen einhält, dann deswegen nicht loben, aber den Outlaw verurteilen, weil er freier ist?

Und die Antwort darauf ist: nein, würde man natürlich nicht deswegen (Nichteinhaltung von Normen == freier -> verantwortlicher -> schuldiger) tun, es käme darauf an, inwiefern man die Handlungen als seine, als unter seiner Kontrolle befindlich ansehen würde. Und dasselbe gilt auch für denjenigen, der die Normen einhält, man würde nicht, nur weil jemand (oder viele, oder alle) die Normen einhält, vermuten können, dass er das unhinterfagt / manipuliert / determiniert tut.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
..., (solche [Freiheit], die für die Zuweisung von Verantwortung und Schuld ausschlaggebend sein soll), ...

Wieso soll? Es ging doch jetzt um das realistische Menschenbild, nicht um Deine rechtspolitischen Wünsche. Realistisch betrachtet hängt die Zuweisung von Schuld vor allem davon ab, ob man "böse" war, also intentional und wissend gegen die Erwartungen der Anderen gehandelt hat.

Damit hast Du genau das bestätigt, was ich gesagt habe, bzw. sagen wollte.

Schuld zuweisen tut man genau dann, wenn jemand intentional und wissentlich gegen eine Norm verstoßen hat. Ganz genau und nichts anderes, nichts mit Determinismus oder Zufall.

step hat folgendes geschrieben:
Doch, letztlich ja: Rechte werden zugestanden, weil sich das Zugestehen von Rechten so entwickelt hat. Es ist evolutionär hinreichend stabil usw. Als rationale und ethische Wesen fragen wir natürlich auch nach dem Zweck und den Folgen, die das Zuweisen von Rechten für uns und Andere hat. Und weisen dann ggf. mehr oder eben weniger Rechte zu.

Nö, Rechte werden zugestanden, weil jemand das für sinnvoll erachtet. Und dass jemand das für sinnvoll erachtet hängt selbstverständlich auch von der Evolution, Geschichte, den Umständen ab, niemand kann völlig unabhängig davon sein, sozusagen im Nichts existieren, das ist selbstverständlich.

Und dass wir Wesen sind, die nach dem Sinn fragen können, macht genau unsere Freiheit aus. Und dass wir letztlich theoretisch alle gegebene Umstände hinterfragen können. Nicht mehr und nicht weniger. Nicht Indeterminismus, ich wüsste jedenfalls nicht, inwiefern der dabei helfen könnte.

Aber Du behauptest das doch ständig. Also begründe es auch.
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step
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Beitrag(#1420766) Verfasst am: 22.01.2010, 10:58    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Aber wieso man überhaupt Präferenzen ändern wollen sollte, die man völlig akzeptiert, die man als wesentlichen Bestandteil seiner selbst ansieht, hast Du nicht gesagt.

Stimmt. Du allerdings auch nicht. Und das ist ja auch eine schwierige Frage, schließlich kann man nicht wollen, was man will, bzw. nur das. Meist wollen ja die Anderen, daß man seine Präferenzen ändert.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Die Willensfreiheit, die ich meine, nämlich die Fähigkeit zur eigenen Entscheidung, die man auch berechtigt als eigene Entscheidung ansehen kann, spielt auch im täglichen Leben eine Rolle. Natürlich ist es wenig relevant, ob ich mich dafür entscheide, Brötchen oder Brot zum Frühstück zu essen, daher werde ich mich nicht lange bei dieser Frage aufhalten.
Dabei hast Du gerade da wirklich ein wenig Freiheit ... egal ob Du Dich lang oder kurz damit aufhältst.
Ja, schon klar, dass Du das unter Freiheit verstehst. Aber was hat das mit der Zuweisung von Schuld zu tun? Das ist doch die Frage.

Nichts, würde ich sagen. Ich vertrete ja zum einen selbst kein Schuldkonzept, und beklage beim "geltenden" Schuldkonzept ja auch keineswegs, daß es etwas mit Freiheit zu tun hätte.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Jedoch dass man von einer Neigung zur Einhaltung von Normen auf Freiheit schließen kann, habe ich schon mehrfach bestritten.
Erstaunlich - ich auch Smilie
Ja, ich meinte "Unfreiheit".

In dem Fall bin ich natürlich anderer Meinung: Aus einer weitverbreiteten und überwiegenden Neigung zur Einhaltung derselben Normen kann man sehrwohl darauf schließen, daß es einen oder mehrere Mechanismen gibt, die die entsprechenden Freiheitsgrade wesentlich einschränken, insbesondere wenn man diese Mechanismen sogar kennt (Evolution, Soziobiologie, Empathie, Erziehung, evtl. auch Abschreckung und weitere).

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... wenn man schon moralisch bewertbarem Verhalten eine Freiheit zugesteht, dann doch da, wo man frei ist von moralischen Zwängen, also wo man nicht durch die Erwartung der Anderen gebunden ist. Ein klassischer Outlaw, wär das nix?
... wenn jemand ein Outlaw ist, würde man ihm dann mehr Verantwortung und Schuld zuweisen, als jemandem, der Normen einhält?

Nein, nach meinem Konzept würde man einem Outlaw natürlich weniger Verantwortung zuweisen (ihm also z.B. kein wichtiges Amt anvertrauen), weil man von ihm weniger moralisch determiniertes, mehr unerwünschtes Verhalten erwartet. Nach geltendem Schuldkonzept würde man aber gerade ihm (nachträglich) Schuld zuweisen, weil er sich absichtlich "böse" verhalten hat.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Dürfte man denjenigen, der Normen einhält, dann deswegen nicht loben, aber den Outlaw verurteilen, weil er freier ist?

In meinem Konzept kann man den Einhalter loben, weil das seine Einhaltung bestärkt. Den Outlaw kann man nicht verurteilen, höchstens kann man ihm Verantwortung wegnehmen, z.B. die Aufsicht über die staatliche Schatulle oder das Wahlrecht. Im schlimmsten Fall, also wenn er ständig Andere gefährdet, könnte man ihn unter Aufsicht stellen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und die Antwort darauf ist: nein, würde man natürlich nicht deswegen (Nichteinhaltung von Normen == freier -> verantwortlicher -> schuldiger) tun, es käme darauf an, inwiefern man die Handlungen als seine, als unter seiner Kontrolle befindlich ansehen würde.

Die Zusatzbedingung "Absicht" ist geschenkt und war auch in meinem Argument bereits eingepreist.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und dasselbe gilt auch für denjenigen, der die Normen einhält, man würde nicht, nur weil jemand (oder viele, oder alle) die Normen einhält, vermuten können, dass er das unhinterfagt / manipuliert / determiniert tut.

Ob er das hinterfragt, ändert nicht viel, wenn das Hinterfragen mittels selbst wiederum "gleichgeschalteter" Bewertungskriterien geschieht.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Realistisch betrachtet hängt die Zuweisung von Schuld vor allem davon ab, ob man "böse" war, also intentional und wissend gegen die Erwartungen der Anderen gehandelt hat.
Damit hast Du genau das bestätigt, was ich gesagt habe, bzw. sagen wollte. Schuld zuweisen tut man genau dann, wenn jemand intentional und wissentlich gegen eine Norm verstoßen hat. ...

Eben. Demnach ist es also (für das klassische Schuldkonzept) irrelevant, ob seine Entscheidung unfrei (anerzogen, determiniert ...) war. Einzige entscheidend ist, ob die Handlung seiner Präferenz entspricht und ob sie der allgemeinen Präferenz entspricht.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Und dass wir Wesen sind, die nach dem Sinn fragen können, macht genau unsere Freiheit aus. Und dass wir letztlich theoretisch alle gegebene Umstände hinterfragen können.

Also die genannten Werte (Sinn = Nutzenabwägung, Umstände hinterfragen, verstehen) in allen Ehren, aber wo da die Freiheit ist, leuchtet mir nach wie vor ncht ein. Zudem würde mich mal interessieren, wie hoch bei "Unschuldigen" und "Schuldigen" jeweils der Grad der Hinterfragung und Nutzenanalyse gewesen ist.
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Beitrag(#1421101) Verfasst am: 22.01.2010, 23:46    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Jedoch dass man von einer Neigung zur Einhaltung von Normen auf Freiheit schließen kann, habe ich schon mehrfach bestritten.

Erstaunlich - ich auch Smilie

Ja, ich meinte "Unfreiheit".

In dem Fall bin ich natürlich anderer Meinung: Aus einer weitverbreiteten und überwiegenden Neigung zur Einhaltung derselben Normen kann man sehrwohl darauf schließen, daß es einen oder mehrere Mechanismen gibt, die die entsprechenden Freiheitsgrade wesentlich einschränken, insbesondere wenn man diese Mechanismen sogar kennt (Evolution, Soziobiologie, Empathie, Erziehung, evtl. auch Abschreckung und weitere).

Eigene Überlegungen und eigene Einsicht gibt es hier in dieser Darstellung nicht, da gibt es nur Mechanismen.

Meinen oben schon oft genannten Einwand: "Wenn Einhaltung von Normen auf Unfreiheit schließen lässt, dann lässt Nicht-Einhaltung von Normen auf Freiheit schließen. Ist doch logisch, das siehst Du doch anscheinend als Gegensatz." hast Du einfach nicht beantwortet, Du behauptest statt dessen stur, Du habest etwas "gezeigt". Was aber völliger Quark ist, denn auch der Outlaw wird ja wohl Deiner Ansicht nach lediglich von den "Mechanismen" gesteuert, so wie alle, der kann auch in Deinem Sinne nicht freier sein, denn "echt" frei ist man nach Deiner Ansicht nur dann, wenn es keine Umstände gibt, die jemanden beeinflussen. Und man dürfte keine Präferenzen haben, jedenfalls keine, die von gegebenen Umständen abhängen. Also jemand, der keine Präferenzen hätte und es keine sonstigen Umstände gäbe, die sein Handeln in irgendeiner Weise beeinflussen könnten, dem also alles gleichgültig wäre und der einfach irgendwas machen würde, völlig egal, was, der wäre "echt" frei in Deinem Sinne.

Auf der einen Seite nun das Menschenbild des rationalen und ethischen Wesens, das nach dem Zweck und den Folgen seines Tuns fragen und sein Tun danach ausrichten kann, auf der anderen Seite das Menschenbild des Fähnleins im Winde, lediglich durch vorgegebene Mechanismen gesteuert. Mal so und mal so, wie's gerade passt. Das ist einfach nur inkonsequent.

Ich geb's auf, da ja auch das heutige Konzept von Schuld auf einmal nichts mehr mit Freiheit zu tun hat, dann verstehe ich eh nicht, was das dann hier zu suchen hat. Eine Freiheit, die nicht mit moralischer Verantwortung, als Teil einer sozialen Gemeinschaft, die fähig dazu ist, gemeinsam Regeln auszuhandeln, in Verbindung steht, ist für mich uninteressant. Keine Ahnung, wofür die interessant sein könnte, wie "echt" man die auch immer nennen möchte.

Keine Ahnung auch, ob Du jetzt irgendwie sagen willst, es gäbe zwei Sorten von Menschen, solche, die nach dem Zweck und den Folgen fragen können und ihre Handlungen danach ausrichten können (Du zum Beispiel) und solche (die meisten anderen), die das nicht können. Falls ja, dann sehe ich das auch anders.
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Beitrag(#1421270) Verfasst am: 23.01.2010, 11:58    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
In meinem Konzept kann man den Einhalter loben, weil das seine Einhaltung bestärkt.


Geht es um Hundedressur?

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Beitrag(#1421408) Verfasst am: 23.01.2010, 17:02    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Was aber völliger Quark ist, denn auch der Outlaw wird ja wohl Deiner Ansicht nach lediglich von den "Mechanismen" gesteuert, so wie alle, der kann auch in Deinem Sinne nicht freier sein, denn "echt" frei ist man nach Deiner Ansicht nur dann, wenn es keine Umstände gibt, die jemanden beeinflussen.

Da hast Du was verwechselt: Den Outlaw hatte ich als Beispiel dafür vorgeschlagen, daß jemand zumindest frei von einigen typischen Determinanten / Manipulationen ist.
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Beitrag(#1421486) Verfasst am: 23.01.2010, 21:12    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Was aber völliger Quark ist, denn auch der Outlaw wird ja wohl Deiner Ansicht nach lediglich von den "Mechanismen" gesteuert, so wie alle, der kann auch in Deinem Sinne nicht freier sein, denn "echt" frei ist man nach Deiner Ansicht nur dann, wenn es keine Umstände gibt, die jemanden beeinflussen.

Da hast Du was verwechselt: Den Outlaw hatte ich als Beispiel dafür vorgeschlagen, daß jemand zumindest frei von einigen typischen Determinanten / Manipulationen ist.

In Südafrika gibt es sehr viel mehr Vergewaltigungen als in Deutschland, weniger Normeinhaltung diesbezüglich. Das bedeutet für Freiheit also Deiner Ansicht nach was? Was schließt Du daraus?
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Beitrag(#1421520) Verfasst am: 23.01.2010, 22:48    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Den Outlaw hatte ich als Beispiel dafür vorgeschlagen, daß jemand zumindest frei von einigen typischen Determinanten / Manipulationen ist.
In Südafrika gibt es sehr viel mehr Vergewaltigungen als in Deutschland, weniger Normeinhaltung diesbezüglich. Das bedeutet für Freiheit also Deiner Ansicht nach was? Was schließt Du daraus?

Lassen wir zuerst Bischof Tutu, sicher ein Freier-Wille-Anhänger, sprechen:

Zitat:
Viele Südafrikaner haben ihren moralischen Kompass verloren ...

Ihnen fehlt demnach die Steuerung, sie sind nicht hinreichend in ihrer Richtung eingeschränkt.

Jetzt zu den Ursachen:

Zitat:
Die Opfer haben Angst oder keinerlei Vertrauen in ein Rechtssystem, das mit dem Problem völlig überfordert ist.

Für die Täter bedeutet das, daß sie nicht hinreichend durch Strafandrohung oder Verwahrung in ihrer Entscheidungs- und Handlungsfreiheit eingeschränkt werden.

Zitat:
Für Jewkes liegt der Schlüssel in den zerrütteten Familien, die Südafrikas Gesellschaft kennzeichnen.

Es fehlt moralisch determinierende Erziehung.

Zitat:
Weil das Leben vielen Männern oft gar keine Möglichkeit eröffnet, Erfolg und Stärke zu demonstrieren, versuchen sie, ihre Dominanz beim anderen Geschlecht durchzusetzen. Weil sie sich in der Gesellschaft ohnmächtig fühlen, unterdrücken sie Frauen, um sich wenigstens für einen Moment als der große Boss zu fühlen. Gefühle der Ohnmacht provozieren Aggressionen. ... "Du kriegst, was du willst", sagt Jewkes, "das zeigt, was für ein Kerl du bist."

In diesem Punkt haben die Vergewaltiger also mehr Handlungsfreiheit, haben ökonomische weniger Freieitsgrade, dafür sozuagen moralisch mehr. So zynisch das ist.

Zitate aus: http://www.sueddeutsche.de/panorama/278/472800/text/

Natürlich hast Du ein gar böses Beispiel gewählt, damit ich mich mehr anstrengen muß. Aber selbst in diesem Beispiel (das ja keinen klassischen selbstgewählten Outlaw beschreibt) scheint es mir insgesamt, daß es den besagten Männern an moralischer Determination mangelt und ihnen zuviele Freiheiten gelassen werden. Ich vermute auch, daß die meisten Vorschläge, das zu ändern, auf eine Freiheitseinschränkung oder Manipulation hinauslaufen, z.B.
- Verfolgung von Tätern und Gefängnis
- Strafandrohung
- moralische Einnordung (z.B. Erziehung)

Einzig bei der Verbesserung der ökonomischen Situation wäre ein neuer Freiheitsgrad da, allerdings liest man ja, daß auch Oberschichtsangehörige vergewaltigen.
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Beitrag(#1421542) Verfasst am: 23.01.2010, 23:33    Titel: Antworten mit Zitat

Was Du nur immer mit Deinem "böse" hast. Ich habe irgendein Beispiel gewählt, um Deine Behauptung ad absurdum zu führen, denn Deine Behauptung muss ja wohl überall gelten, es gibt keinen Grund, warum die ausgerechnet in Südafrika nicht gelten sollte.

Jemand, der Freiheit / Rechte von anderen für sich beansprucht, muss die auch im Gegenzug anderen gleichfalls gewähren, sonst misst er mit zweierlei Maß.

Und wer das nicht einsieht, wer keine Pflichten einhalten will, aber Rechte beansprucht, der kann das schlicht nicht begründen. Die anderen wären ja total bescheuert, wenn sie das akzeptieren würden.

So einfach ist das.

Aber: wenn jemand das nicht einsieht, folgt daraus keineswegs, dass er freier in seinen Entscheidungen ist. Und im Umkehrschluss folgt nicht, dass jemand, der das einsieht, der sich an Normen hält, weil er meint, dass ihm das letztlich selber zugute kommt, weil ihm das was nutzt, in seiner Entscheidung eingeschränkt wäre, denn jemand, der das tut, was ihm nutzt, weil es ihm nutzt, ist deswegen nicht unfrei. Sonst müsste im Umkehrschluss jemand freier sein, der das tut, was ihm nicht nutzt. Und das wäre ja wohl schlichter Bullshit.

Dein Schluss / Deine Behauptung von oben ("Aus einer weitverbreiteten und überwiegenden Neigung zur Einhaltung derselben Normen kann man sehrwohl darauf schließen, daß es einen oder mehrere Mechanismen gibt, die die entsprechenden Freiheitsgrade wesentlich einschränken, insbesondere wenn man diese Mechanismen sogar kennt (Evolution, Soziobiologie, Empathie, Erziehung, evtl. auch Abschreckung und weitere).") ist ein Fehlschluss, der gälte nur dann, wenn es keine eigene Einsicht gäbe, es nur äußere "Mechanismen" gäbe, die alles schicksalhaft und unabwendbar steuerten. Aber eigene Einsicht gibt es nun mal und auch Du appellierst laufend daran, also kannst Du sie schlecht leugnen.

Tja, und wie geht man nun mit den Vergewaltigern um? Man sagt ihnen wohl einfach, dass sie nichts dafür können, weil die Welt determiniert ist und weil dann niemand etwas kann dafür, was er tut. Ist ja auch geschehen und vorbei. Egal, Schwamm drüber. Man bittet ihn nur höflich, das nicht mehr zu tun, weil man das nicht so gut findet, dass er vergewaltigt.

Und natürlich werden sie es daraufhin weiter tun, mit offizieller Genehmigung auch, weil es einfach ihre Präferenz ist, die aus der Vergangenheit entstanden ist und Präferenzen kann man nicht ändern, wie offiziell bestätigt wurde. Die sind halt so, wie sie sind. Vergewaltigung ist auch nicht böse, passiert halt unweigerlich. Böse wäre nur, jemanden dafür zur Verantwortung zu ziehen, das geht gar nicht, wegen des Determinismusses, da kann auf einmal und plötzlich jemand etwas dafür, wenn er Rachegefühle und Genugtuung beim Leid des Vergewaltigers hat.

Was natürlich bollocks und bullshit ist, denn die Präferenz zu Vergewaltigung ist ebenso eine Präferenz wie die zu Rache und Genugtuung beim Leiden von jemandem, der einen verletzt hat. Und wenn man alles nicht ändern kann, alles nur vorgegeben ist, wir nur Ausführende unserer Präferenzen sind, wenn Selbstbestimmung und Kultur und die Ansicht, wir könnten unser Schicksal in die eigenen Hände nehmen alles nur Illusionen sind, dann gilt das eben logischerweise auch für alles. Ent- oder weder, da musst Du Dich nun entscheiden.
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Beitrag(#1421659) Verfasst am: 24.01.2010, 11:02    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Was Du nur immer mit Deinem "böse" hast. Ich habe irgendein Beispiel gewählt, ...

Nein, Du bist von einem Outlaw, der für sich beschlossen hat, geltende Gesetze nicht mehr zu beachten, übergegangen zu einem brutalen, frauenverachtenden Vergewaltiger. Aber egal, lassen wir das.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jemand, der Freiheit / Rechte von anderen für sich beansprucht, muss die auch im Gegenzug anderen gleichfalls gewähren, sonst misst er mit zweierlei Maß. Und wer das nicht einsieht, wer keine Pflichten einhalten will, aber Rechte beansprucht, der kann das schlicht nicht begründen. Die anderen wären ja total bescheuert, wenn sie das akzeptieren würden.

Kein Problem. Aber auch da geht es darum, unter welchen Bedingungen man Anderen Handlungsfreiheit zugesteht oder sie eben einschränkt, wenn man in einer Gemeinschaft lebt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Aber: wenn jemand das nicht einsieht, folgt daraus keineswegs, dass er freier in seinen Entscheidungen ist. Und im Umkehrschluss folgt nicht, dass jemand, der das einsieht, der sich an Normen hält, weil er meint, dass ihm das letztlich selber zugute kommt, weil ihm das was nutzt, in seiner Entscheidung eingeschränkt wäre, denn jemand, der das tut, was ihm nutzt, weil es ihm nutzt, ist deswegen nicht unfrei. Sonst müsste im Umkehrschluss jemand freier sein, der das tut, was ihm nicht nutzt.

Ganz schön viele Umkehrschlüsse ... das kann ich auch: Wenn also jemand nicht unfreier wird, nur indem er tut, wovon er glaubt, daß es ihm nutzt, dann wird er dadurch aber auch nicht freier. Denn sonst würde der Vergewaltiger ja dadurch freier, daß er glaubt, eine Vergewaltigung nütze ihm mehr als das Bravsein. Zum Beispiel weil er rational analysiert hat, daß die Polizei ihn doch nicht kriegt.

Ich vermute, daß es Dir unausgesprochen gar nicht so sehr um die Nutzenanalyse als solche geht, sondern um eine weitere Bedingung: sich rational mit der eigenen Gleichschaltung abzufinden.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Dein Schluss / Deine Behauptung von oben ("Aus einer weitverbreiteten und überwiegenden Neigung zur Einhaltung derselben Normen kann man sehrwohl darauf schließen, daß es einen oder mehrere Mechanismen gibt, die die entsprechenden Freiheitsgrade wesentlich einschränken, insbesondere wenn man diese Mechanismen sogar kennt (Evolution, Soziobiologie, Empathie, Erziehung, evtl. auch Abschreckung und weitere).") ist ein Fehlschluss, der gälte nur dann, wenn es keine eigene Einsicht gäbe, es nur äußere "Mechanismen" gäbe, die alles schicksalhaft und unabwendbar steuerten. Aber eigene Einsicht gibt es nun mal und auch Du appellierst laufend daran, also kannst Du sie schlecht leugnen.

Ich leugne nirgends die Einsichtsfähigkeit, aber Du begründest nicht, warum die Einsicht in das, was die Anderen wollen, "frei" ist, aber nicht die Einsicht darin, daß die Anderen nicht das Recht/die Macht haben, mir ihren Willen aufzuzwingen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Tja, und wie geht man nun mit den Vergewaltigern um? Man sagt ihnen wohl einfach, dass sie nichts dafür können, weil die Welt determiniert ist ...

Der alte Strohmann schon wieder, so ein Quatsch.
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Beitrag(#1421770) Verfasst am: 24.01.2010, 17:51    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Ganz schön viele Umkehrschlüsse ... das kann ich auch: Wenn also jemand nicht unfreier wird, nur indem er tut, wovon er glaubt, daß es ihm nutzt, dann wird er dadurch aber auch nicht freier.

Doch, wenn man nur das einzelne Individuum betrachtet, dann ist das mAn sehr wohl so, (wenn man den Fall, dass es sich dabei irrt, mal beiseite lässt). Das einzelne Individuum ist um so (handlungs-)freier, um so mehr es tun kann, was es will. Was aber in bestimmten Fällen bedeutet, dass andere Individuen dadurch (handlungs-)unfreier werden.

step hat folgendes geschrieben:
Ich vermute, daß es Dir unausgesprochen gar nicht so sehr um die Nutzenanalyse als solche geht, sondern um eine weitere Bedingung: sich rational mit der eigenen Gleichschaltung abzufinden.

Diese "Gleichschaltung" ergibt sich eben automatisch durch die "Mechanismen". Ich will nicht verhungern, also muss ich essen, (obgleich man sich selbst darüber hinwegsetzen kann, auch das ist keine absolute Determination). Und den meisten anderen geht es auch so. Insofern, als dass wir alle (die allermeisten) einen starken Überlebenstrieb haben, sind wir also biologisch "gleichgeschaltet". Und wenn ich in einer Gesellschaft leben will und soziale Kontakte wünsche, dann muss ich gewisse Regeln einhalten, von denen ich im Gegenzuge von den Anderen erwarte, dass sie sie einhalten. Und die Anderen, die das gleichfalls tun, sind dann eben auch gleichgeschaltet in Deinem Sinne.

Wo ist aber nun das Problem bei dieser Art von Gleichschaltung? Es liegt ja mE kein Wert per se darin, nur deswegen anders zu handeln als Andere, um aus denen hervorzustechen und sich dadurch "freier", weil weniger "gleichgeschaltet", zu fühlen.

Zwischen einer von Dritten erzwungenen Gleichschaltung und einer, die man selber für sich mit guten Gründen akzeptiert, sehe ich allerdings einen großen und entscheidenden Unterschied, falls Du darauf hinauswolltest.

step hat folgendes geschrieben:
Ich leugne nirgends die Einsichtsfähigkeit, aber Du begründest nicht, warum die Einsicht in das, was die Anderen wollen, "frei" ist, aber nicht die Einsicht darin, daß die Anderen nicht das Recht/die Macht haben, mir ihren Willen aufzuzwingen.

Hm, den Satz verstehe ich nicht so recht.

Handlungsfrei ist jemand mAn dann, wenn er nach seinen Gründen, seiner Entscheidung handeln kann und willensfrei, wenn er hinreichend dazu fähig ist, die Folgen seiner gewünschten Handlungen abzuwägen und seine Entscheidungen danach auszurichten.

Wenn die Anderen also das wollen, was ich auch will, dann schränkt das meine Freiheit nicht ein. Wenn aber nicht, dann natürlich schon. Nur kann eben eine allgemeine Freiheitseinschränkung meine Freiheit erhöhen, auch wenn sich das paradox anhören mag. Wenn es verboten ist, andere zu verletzen, dann ist das eine Freiheitseinschränkung, aber es erhöht dennoch mE gesamt meine Freiheit, da ich dann auch nicht von anderen verletzt werden darf.
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step
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Beitrag(#1421821) Verfasst am: 24.01.2010, 20:57    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wenn also jemand nicht unfreier wird, nur indem er tut, wovon er glaubt, daß es ihm nutzt, dann wird er dadurch aber auch nicht freier.
Doch, wenn man nur das einzelne Individuum betrachtet, dann ist das mAn sehr wohl so, (wenn man den Fall, dass es sich dabei irrt, mal beiseite lässt). Das einzelne Individuum ist um so (handlungs-)freier, um so mehr es tun kann, was es will. Was aber in bestimmten Fällen bedeutet, dass andere Individuen dadurch (handlungs-)unfreier werden.

Den letzten beiden Sätzen stimme ich zu. Für diesen Gewinn an Handlungsfreiheit reicht aber, daß man tun kann, was man will, egal ob man es einfach nur will, oder ob man meint, es sei unter Berücksichtigung der Interessen der Anderen nützlich, und es deshalb will.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich vermute, daß es Dir unausgesprochen gar nicht so sehr um die Nutzenanalyse als solche geht, sondern um eine weitere Bedingung: sich rational mit der eigenen Gleichschaltung abzufinden.

Diese "Gleichschaltung" ergibt sich eben automatisch durch die "Mechanismen". Ich will nicht verhungern, also muss ich essen, (obgleich man sich selbst darüber hinwegsetzen kann, auch das ist keine absolute Determination).

Ich würde es aber dnnoch als eine Art Determination bezeichnen, eine Art Zwang. Hätten nicht die meisten unserer Vorfahren diesem Zwang nachgegeben, gäbe es uns nicht.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... sind wir also biologisch "gleichgeschaltet". Und wenn ich in einer Gesellschaft leben will und soziale Kontakte wünsche, dann muss ich gewisse Regeln einhalten, von denen ich im Gegenzuge von den Anderen erwarte, dass sie sie einhalten. Und die Anderen, die das gleichfalls tun, sind dann eben auch gleichgeschaltet in Deinem Sinne.

Genau.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wo ist aber nun das Problem bei dieser Art von Gleichschaltung? Es liegt ja mE kein Wert per se darin, nur deswegen anders zu handeln als Andere, um aus denen hervorzustechen und sich dadurch "freier", weil weniger "gleichgeschaltet", zu fühlen.

Da gebe ich Dir absolut recht, darin liegt kein Wert per se. Es bin ja auch nicht ich, der behauptet, in Freiheit müsse ein Wert per se liegen. Auch bei der mikroskopoischen Freiheit, dem Indeterminismus, aka Zufall, hatten wir das schon ähnlich.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Zwischen einer von Dritten erzwungenen Gleichschaltung und einer, die man selber für sich mit guten Gründen akzeptiert, sehe ich allerdings einen großen und entscheidenden Unterschied, falls Du darauf hinauswolltest.

Ich denke, in den meisten Fällen wird nicht wirklich darüber reflektiert und dann akzeptiert. Und selbst in diesen wenigen Fällen leigen die "guten Gründe" oft slbst wiederum in der Gleichschaltung. Etwa bei der Angst vor Bestrafung bzw. Ausgrenzung.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich leugne nirgends die Einsichtsfähigkeit, aber Du begründest nicht, warum die Einsicht in das, was die Anderen wollen, "frei" ist, aber nicht die Einsicht darin, daß die Anderen nicht das Recht/die Macht haben, mir ihren Willen aufzuzwingen.
Hm, den Satz verstehe ich nicht so recht.

Ich drücke es anders aus: Wenn der Vergewaltiger einsieht, daß ihn wahrscheinlich niemand belangen wird und daß er nur durch die Tat den großen Macker markieren kann, weil er ansonsten eine arme Sau ist, liegt in dieser Einsicht weniger Freiheit?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Handlungsfrei ist jemand mAn dann, wenn er nach seinen Gründen, seiner Entscheidung handeln kann und willensfrei, wenn er hinreichend dazu fähig ist, die Folgen seiner gewünschten Handlungen abzuwägen und seine Entscheidungen danach auszurichten.

Demnach wäre also der Vergewaltiger in Südafrika handlungsfrei und "willensfrei". Und das ganz ohne "moralischen Kompaß" (Tutu) und fest im Griff der ökonomischen Demütigung.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Nur kann eben eine allgemeine Freiheitseinschränkung meine Freiheit erhöhen, auch wenn sich das paradox anhören mag. Wenn es verboten ist, andere zu verletzen, dann ist das eine Freiheitseinschränkung, aber es erhöht dennoch mE gesamt meine Freiheit, da ich dann auch nicht von anderen verletzt werden darf.

Abgesehen mal davon, daß es sich hier um Handlungsfreiheit handelt: Ja, eine Freiheitseinschränkung an der einen Stelle kann sich in mehr Handlungsfreiheit an anderer Stelle auswirken. So streiten ja z.B. ökonomische / politische Schulen darüber, ob der Wohlstand insgesamt eher durch Privatisierung oder durch Verstaatlichung, eher durch Nivellierung oder eher durch Anreiz wächst. Und ob dieses Mehr an Handlungsfreiheit für die Gesamtheit eher nützlich oder schädlich ist.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1421824) Verfasst am: 24.01.2010, 21:20    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wenn also jemand nicht unfreier wird, nur indem er tut, wovon er glaubt, daß es ihm nutzt, dann wird er dadurch aber auch nicht freier.
Doch, wenn man nur das einzelne Individuum betrachtet, dann ist das mAn sehr wohl so, (wenn man den Fall, dass es sich dabei irrt, mal beiseite lässt). Das einzelne Individuum ist um so (handlungs-)freier, um so mehr es tun kann, was es will. Was aber in bestimmten Fällen bedeutet, dass andere Individuen dadurch (handlungs-)unfreier werden.

Den letzten beiden Sätzen stimme ich zu. Für diesen Gewinn an Handlungsfreiheit reicht aber, daß man tun kann, was man will, egal ob man es einfach nur will, oder ob man meint, es sei unter Berücksichtigung der Interessen der Anderen nützlich, und es deshalb will.

Verstehe ich jetzt zwar nicht, warum Du meinem ersten Satz nicht zustimmen willst, aber sei's drum.

Ansonsten: genau, ich habe ja wohl nichts anderes behauptet.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Diese "Gleichschaltung" ergibt sich eben automatisch durch die "Mechanismen". Ich will nicht verhungern, also muss ich essen, (obgleich man sich selbst darüber hinwegsetzen kann, auch das ist keine absolute Determination).

Ich würde es aber dnnoch als eine Art Determination bezeichnen, eine Art Zwang. Hätten nicht die meisten unserer Vorfahren diesem Zwang nachgegeben, gäbe es uns nicht.

Wenn Du das als eine Art Zwang bezeichnen möchtest, was man ja meinetwegen tun kann, dann wird es mE aber notwendig, zwischen zweierlei Arten von Zwang zu unterscheiden: solchem, der gegen das gerichtet ist, was ich will, (oder vielleicht allgemeiner gesagt, das, was ich wollen würde, wenn ich mich selber von einem höheren Standpunkt betrachten würde) und solchem Zwang, der dem nicht entgegensteht. Das ist mE ein ganz wesentlicher Unterschied, es ist nicht alles gleichermaßen und unterschiedslos Zwang.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wo ist aber nun das Problem bei dieser Art von Gleichschaltung? Es liegt ja mE kein Wert per se darin, nur deswegen anders zu handeln als Andere, um aus denen hervorzustechen und sich dadurch "freier", weil weniger "gleichgeschaltet", zu fühlen.

Da gebe ich Dir absolut recht, darin liegt kein Wert per se. Es bin ja auch nicht ich, der behauptet, in Freiheit müsse ein Wert per se liegen. Auch bei der mikroskopoischen Freiheit, dem Indeterminismus, aka Zufall, hatten wir das schon ähnlich.

Ja, in der mikroskopischen Freiheit (aka Zufall) liegt für mich keinerlei Wert und ich werde wahrscheinlich auch nie verstehen können, wieso das für einige Leute so wichtig ist.

Jedoch Freiheit im Sinne von Selbstbestimmung ist für mich wertvoll, ziemlich sogar.

step hat folgendes geschrieben:
Ich denke, in den meisten Fällen wird nicht wirklich darüber reflektiert und dann akzeptiert. Und selbst in diesen wenigen Fällen leigen die "guten Gründe" oft slbst wiederum in der Gleichschaltung. Etwa bei der Angst vor Bestrafung bzw. Ausgrenzung.

Das sehe ich nicht so.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Handlungsfrei ist jemand mAn dann, wenn er nach seinen Gründen, seiner Entscheidung handeln kann und willensfrei, wenn er hinreichend dazu fähig ist, die Folgen seiner gewünschten Handlungen abzuwägen und seine Entscheidungen danach auszurichten.

Demnach wäre also der Vergewaltiger in Südafrika handlungsfrei und "willensfrei".

Ja, selbstverständlich, wenn er die genannten Voraussetzungen erfüllt, dann ist er das. Wann auch sonst?
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Tso Wang
Vergiß es



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Beitrag(#1421881) Verfasst am: 24.01.2010, 23:28    Titel: Babylonische Sprachverwirrung Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:
@ Tso Wang:

Vielleicht wäre die angedachte "umständliche" Variante klarer gewesen: Wir können tun, was wir wollen (z.B. spazieren gehen), oder auch tun, was wir nicht wollen (z.B. eine Steuererklärung machen).



.

Wenn Du Dich selbst nicht nur als "bewußtes Ich", sondern auch Deine unbewußten Prozesse als Dir zugehörig betrachtest, hast Du recht. Dann ist das alles möglich.

Wenn Du Dich jedoch nur als "bewußtes Ich" betrachtest, hast Du in diesem Falle unrecht, da die Willensregungen bereits unbewußt initiiert sind.

Und genau hier liegt die von mir mehrfach kritisierte "babylonische Sprachverwirrung". Wir ordnen Begriffe wie "Ich", "Selbst", "freier Wille", "Bewußtsein" etc. unterschiedlich zu und schon kommt es zum Streit.

Darüber hinaus tauscht die Wissenschaft alte philosophische und religiöse Begriffe durch neue aus oder übernimmt sie samt Sprachhoheit (wenn beispielweise früher jemand von "Bewußtsein als Schwingung" gesprochen hat, wurde er als esoterischer Esel beschimpft. Heutzutage ist das "40-Hertz-Neuronenfeuer" der Nervenzell-Ensembles ein ganz gewöhnlicher Ausdruck in den Neurowissenschaften. Da gibt's noch zahlreiche weitere Beispiele)

Zitat:
Ebenso können wir unterlassen, was wir wollen (z.B. Fleisch essen), oder auch unterlassen, was wir nicht wollen (z.B. einen langweiligen Kinofilm anschauen).


Dann bist Du bei Libets "Freiheit des Nichtwollens". Eine unbewußt initiierte Willensregung kann bewußt wieder abgebrochen werden. Recht interessant, wie Libet hier den "freien Willen" zu retten versucht - mit ebenso interessanten Konsequenzen für die jüdische und die christliche Ethik.

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Roter Ballon
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Beitrag(#1422006) Verfasst am: 25.01.2010, 10:53    Titel: Antworten mit Zitat

off topic

@ Tso Wang
hab hier im Thread AjWeiWei erwähnt,
evtl hast du ja den ethnischen Hintergrund um die Sach mit der "Idee" und der Semantik in Symbolsprachen zu erläutern ...
gerne auch pm bin ja nur neugierig, wie Nah-weit meine Vermutungen beim Schwarzen liegen.
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step
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Beitrag(#1422204) Verfasst am: 25.01.2010, 20:38    Titel: Antworten mit Zitat

nochmal @AP:

Nach Deiner Definition kann der Vergewaltiger einerseits nur dann "Schuld" auf sich laden, wenn er "freiwillig" handelt, wenn er seine Präferenzen also langfristig hinterfragt hat, wenn er sie einer rationalen Abwägung unterworfen hat usw.

Des weiteren behauptest Du, daß der wesentliche Nutzen des moralisch konformen Verhaltens sei, daß man insgesamt Freiheit gewinne, wenn man den von der Gesellschaft aufgestellten Regeln gehorche.

Aus meiner Sicht würde daraus folgen, daß man Vergewaltiger, die obiges nicht einsehen, nicht schuldig sprechen kann, während diejenigen, die es einsehen, "frei" sind, aber niemals vergewaltigen.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1422319) Verfasst am: 26.01.2010, 00:46    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Nach Deiner Definition kann der Vergewaltiger einerseits nur dann "Schuld" auf sich laden, wenn er "freiwillig" handelt, wenn er seine Präferenzen also langfristig hinterfragt hat, wenn er sie einer rationalen Abwägung unterworfen hat usw.

Freiwillig handelt er mE, wenn er weiß, was er tut, was das für den anderen bedeutet. Und das werden ja wohl die meisten wissen, niemand vergewaltigt aus Versehen und nur die Wenigsten tun das aus einem von ihnen nicht kontrollierbaren Trieb heraus. Sie wissen sehr wohl, dass das gegen den Willen des Anderen ist.

Zu einer absichtlichen Handlung gehört nicht unbedingt langfristige Hinterfragung; aktuelles Verständnis dessen, was man tut, (bzw. was man vorhat, zu tun), reicht dazu locker. Und das kann man mE jedem normalen Erwachsenen unterstellen, wenn es keine psychologischen Erkenntnisse gibt, die eine Selbststeuerung ausschließen.

step hat folgendes geschrieben:
Des weiteren behauptest Du, daß der wesentliche Nutzen des moralisch konformen Verhaltens sei, daß man insgesamt Freiheit gewinne, wenn man den von der Gesellschaft aufgestellten Regeln gehorche.

Idealerweise ja.

step hat folgendes geschrieben:
Aus meiner Sicht würde daraus folgen, daß man Vergewaltiger, die obiges nicht einsehen, nicht schuldig sprechen kann, während diejenigen, die es einsehen, "frei" sind, aber niemals vergewaltigen.

Diesen Schluss verstehe ich jedoch nicht.

Woher sollte sein Recht überhaupt kommen, nicht schuldig gesprochen, nicht belangt zu werden, wie sollte sowas aussehen und wie könnte man es begründen?

"Wer Rechte anderer nicht respektiert, hat automatisch deswegen das Recht dazu, in Ruhe gelassen zu werden und zu tun, was er will"?

Wie will er sich verteidigen?

"Ich akzeptiere die Selbstbestimmung anderer nicht, die geht mir am Arsch vorbei, aber ich erwarte dringend, dass Ihr die meinige respektiert; ich erwarte, dass Ihr mich akzeptiert, weil ich Euch nicht akzeptiere"?

Klingt reichlich absurd, mE. Und selbstwidersprüchlich.
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Karlchen
kritisch christlicher Exot ohne Artenschutz



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Beitrag(#1422330) Verfasst am: 26.01.2010, 01:22    Titel: Re: Forscher widerlegen Willensfreiheit Antworten mit Zitat

Heiner hat folgendes geschrieben:
Nun, die Überschrift ist vielleicht etwas zugespitzt formuliert, aber die neuesten Hinweise gegen einen freien Willen sind wirklich sensationell:

"Forscher haben anhand der Hirnaktivitäten sieben Sekunden vor der vermeintlich bewussten Wahl vorhergesagt, wForscher haben anhand der Hirnaktivitäten sieben Sekunden vor der vermeintlich bewussten Wahl vorhergesagt, wofür sich ein Mensch entschieden hat. vofür sich ein Mensch entschieden hat.

Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,547074,00.html"

Das traditionelle Konzept "Willensfreiheit" bröckelt...

Unabhängig davon, dass ich diese "Forchungsergebnisse" sehr stark anzweifle:
Man nehme mal an, es gäbe keine Willensfreiheit. Dann wäre jedes Handeln dadurch entschuldbar, dass man nicht dafür verantwortlich gemacht werden kann. Liege ich da falsch?
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Die derzeit einzige politisch korrekte Projektionsfläche für Respektlosigkeit und Hass in Deutschland: Das Christentum.
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Ascanius
abnorm



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Beitrag(#1422355) Verfasst am: 26.01.2010, 06:27    Titel: Antworten mit Zitat

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Sprache ist ein fiktives, und die Wirklichkeit (im Sinne von Welt/Universum) ist ein reales Objekt. Über die Grenzen ontologischer Kategorien hinweg kann weder Konstruktion noch Rekonstruktion stattfinden. Weil er genau das meint, was er aussagt, war der Begriff "Repräsentation" sehr bewußt gewählt.


Sprache ist das erste Werkzeug des Menschen,


Was soll das konkret heißen?

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Sprache repräsentiert nichts,


"Repräsentieren" bedeutet "für etwas stehen". Begriffe <b>stehen für</b> jene Objekte, die sie repräsentieren sollen.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
es bildet ab,


<u>Fotos</u> "bilden ab". Sprache kann nur <u>symbolisieren</u> (z.B. Auto, car, voiture, coche, vettura).

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
es erlaubt uns zu unterscheiden und als Bonus hat Sprache es erst ermöglicht sich der Dinge bewußt zu werden.


Natürlich geht das Repräsentationsobjekt (Bewußtgewordenes und Unterschiedenes) seiner Repräsentation (Sprache) voraus und nicht umgekehrt!

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Das Subjekt das aus den Objekten hervortreten kann und sich so ICH nennt.


Schwafelwolke?

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Übrigens vertrete ich mit Bunge ja "nur" den korrespondenztheoretischen Begriff der approximativen Wahrheit als einem Attribut von Aussagen. Wer mehr will, findet sich sowieso umgehend in Schwafelwolken wieder.


Nur mal angenommen alles was du sagst erweist sich als Schlußstein einer Wahrheitsfindung,


Wie wäre das möglich? Wer kann schon wissen, ob eine Aussage - habe sie auch noch so lange als maximal adäquat gegolten - nicht doch irgendwann korrigiert werden muß? Wie wäre der "Schlußstein einer Wahrheitsfindung" mit dem <i>korrespondenztheoretischen Begriff der approximativen Wahrheit als einem Attribut von Aussagen</i> vereinbar?

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Wie kann man sich einer "offengelegten" Wahrheit überhaupt widersetzen?


Es gibt keine "offengelegte Wahrheit", aber zum jeweiligen Zeitpunkt in wissenschaftlichen Fachkreisen als wahr geltenden Aussagen kann man sich tatsächlich nur "widersetzen", indem man die Ergebnisse neuer empirischer und/oder logischer Prüfungen vorlegt. Einfach irgendwas behaupten ist jedenfalls nicht genug.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
gescheitert an der Banalität des Alltäglichen, mein ich.


Was mag <b>das</b> nun wieder heißen?

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Wenn Wahrheit nun aber nur einem elitären Kreis überhaupt zugänglich ist - wem nutzt das denn?


Warum sollte das zu einem bestimmten Zeitpunkt am besten bestätigte Wissen nur einem "elitären Kreis" zugänglich sein? Immerhin steht die Wissenschaft jedem offen, der ausreichend Interesse dafür mitbringt.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Natürlich ist es wunderschön, wenn etwas auf den Punkt gebracht werden kann.
Aber warum zum Dübel, kann dann so wenig dauerhaft festgemacht werden.
Was sagen die Soziologen so gern: "Paradigmenwechsel"


Auch hier ist mir nicht klar, was Du eigentlich sagen willst.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
a) Ai Wei Wei meint das es im chinesischem keine Entsprechung für IDEE gibt.
In einem smalltalk mit einem bekannten darüber kamen wir zu dem Schluß, das es wohl an den Schriftzeichen liegt - da dort jedem Objekt ein Symbol zugeordnet wird -


Vom Prinzip her ist das bei uns ja nicht anders.


Seh ich anders, im asiatischen wird Symbol gegenüber Symbol gestellt. ähm Ranggleich Am Kopf kratzen
Nach westlicher Tradition ist es immer eine Art "Prädikatenlogik". ähm Subjekt -> Prädikat -> Objekt.


Du sagst es: "ähm". Ich kann nur wiederholen: Jede Sprache ist ein System aus Symbolen und ihren Verbindungen zu symbolisierten Objekten. In dieser Hinsicht besteht kein Unterschied zwischen westlichen und chinesischen Schriftzeichen.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
es ist also qua Sprache feste Form, wohingegen die Idee über etwas erst in Form gebracht werden muß.


Mir ist nicht recht klar, worauf Du hinaus willst. Darf ich erstmal um eine möglichst genaue Definition des Begriffes "Idee" bitten?


Da wende dich bitte an Ai WeiWei,


Es geht mir darum zu verstehen, was <b>Du</b> über "Objekt", "Symbol", "Form" und "Idee" aussagen willst. Auch möchte ich noch einmal daran erinnern, daß die Menschen selbst bestimmen, welche Objekte sie mit welchen Symbolen repräsentieren. Es sollte also nicht schwierig sein, einen Begriff für das fiktive Objekt "Idee" ins Chinesische einzuführen.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
b) es gibt wohl keine Universalsprache auf die sich eine analytische Philosophie zurückziehen kann,


Wozu sollte sie das überhaupt wollen? Adäquate Repräsentationen der Wirklichkeit sind in <b>allen</b> Sprachen möglich!

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
wenngleich es wohl so einen Spruch von Heidegger geben soll, worin es heißt: "richtig denken kann man nur in deutsch".


Ach ja, die braune Labertasche...


das ist nicht der Punkt, ansonsten wär ja Babelfisch ein hervoragendes Translationwerkzeug


In meiner Reaktion steckt Folgendes: Heidegger hat sich im 3. Reich "beschmutzt" und wie kein anderer (mir bekannter) Philosoph die deutsche Sprache zu einer Groteske deformiert -> braune Labertasche.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Was meinst Du mit "lebendige Sprache"? Hast Du Beispiele für "Translationen" von Begriffen in "lebendige Sprache"?


dem Pöbel aufs Maul geschaut - Bedeutungen ändern sich nicht nur beim Übnertrag von bspw. Anglizismmen ins deutsche: Handy, oder public viewing bspw.
sondern auch dynamisch innerhalb und entlag einer Zeitskala.


Ja, und? Um sie sprach- und zeitunabhängig nachvollziehbar zu halten, muß man Philosophien eben begrifflich genau explizieren.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Dieser Thread beweist nur, daß Sprachsalat keine philosophischen Probleme löst - schon gar nicht solche, die selbst aus Sprachsalat erwachsen sind!


Und welche "Meisterschaft" benötigt man?


Die (erlernbare) Fähigkeit, begrifflich auf den Punkt zu kommen!

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
bin halt ein Amateur, na und - aber der Punkt ist: Wieso überzeugst du nicht(!)?


Du meinst, wieso überzeuge ich <b>Dich</b> nicht? Ganz einfach: Du hast keine Erfahrung mit analytisch-philosophischen Vorgehensweisen und insofern auch keine Möglichkeit, deren Ergebnisse in ihrer Systemizität zu erfassen oder gar zu beurteilen. Es kostet viel Zeit, Konzentration und gute Nerven, diesen Zustand zu beheben - besonders, wenn man das bisherige Denken nahezu komplett über den Haufen werfen muß (und glaub mir: ich weiß, wovon ich rede).

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Einer Legende (ich glaub talmudisch) nach, kommt der jüngste Tag, sobald alle Permutationen des Namen Gottes gefunden sind.


Also niemals, denn der Möglichkeiten, ein Objekt begrifflich zu fassen, sind unendlich viele.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Im übrigen sind Permutationen dann eben doch das was die DNA so unvergleichlich "anpassungsfähig" macht und da bin ich wieder beim Wandel.
Den du gerne auf ein ziel zulaufen sehen möchtest - was übrigens mMn genau das ist was die Grundidee des Monotheismus ist, am Ende findet sich alles bei Gott.


Bedeutender Unterschied: Wissenschaft und Analytische Philosophie kennen kein "Ende" - schon gar keines, das mit einem unklaren Symbol für ein nicht erkennbares Objekt repräsentiert wird.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Es tut mir nicht leid, wenn alle begriffliche Klarheit verwischt wird - finde das hat was poetisches.


Tja, nun ist Poesie aber so ziemlich das Gegenteil von Analytischer Philosophie: das eine soll Emotionen hervorrufen, das andere strebt nach einer Klärung des Denkens. So unterschiedlich die Zielstellungen, so unterschiedlich auch die sprachlichen Mittel. Wer Poesie und Philosophie nicht sorgfältig auseinanderhält, wird beide ruinieren.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Poesie ist die metaphysische Qualität der Idee.


<b>Noch</b> ne Schwafelwolke?

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Denken ist größtenteils unscharf - bei mir auf jeden Fall unbestritten.


<b>Al-ler-dings!</b> Nur sehe ich keinen Grund, darauf auch noch stolz zu sein. Unscharfes Denken führt zu ebenso unscharfen Äußerungen, und die sind eine Zumutung für jeden, der die Welt <b>verstehen</b> will und sich mit dem Ungefähren nicht zufriedengeben kann.
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