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Nav Gast
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(#127281) Verfasst am: 20.05.2004, 18:10 Titel: Naturwissenschaft und Erkenntnis |
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edit Graf Zahl: herausseziert aus diesem Thread.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: |
Nergal hat folgendes geschrieben: | Wieso können wir eigentlich schwimmen? |
Diese Frage kann Dir nur EINER beantworten. [...] |
WER ist dieser "EINER", der einzig und allein diese Frage beantworten kann?
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#127282) Verfasst am: 20.05.2004, 18:12 Titel: |
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Hi nav,
Nav hat folgendes geschrieben: | WER ist dieser "EINER", der einzig und allein diese Frage beantworten kann? :? |
es gibt nur EINEN, dessen Name üblicherweise in Großbuchstaben geschrieben wird.
Hint: in den Naturwissenschaften ist die 'warum'-Frage verpönt, weil man in wenigen Schritten bei IHM ist.
Grüßle
Thomas
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#127289) Verfasst am: 20.05.2004, 18:54 Titel: |
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Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | es gibt ... |
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | ... nur EINEN, dessen Name üblicherweise in Großbuchstaben geschrieben wird.
Hint: in den Naturwissenschaften ist die 'warum'-Frage verpönt, weil man in wenigen Schritten bei IHM ist. |
... und an IHM vorbei!
Ja, die Frage ist verpönt, aber aus einem anderen Grund: Weil sich herausgestellt hat, daß alle bisher möglichen Erklärungen besser als Antworten auf Wie-Fragen verstanden werden konnten. Manche fahren trotzdem fort, Warum-Fragen zu stellen, weil das so schöne Gefühle macht, aber in der heutigen Naturwissenschaft spielen "echte" Warum-Fragen (also welche, auf die ein Wie keine Antwort wäre) letztlich keine Rolle.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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frajo dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 25.08.2003 Beiträge: 11440
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(#127292) Verfasst am: 20.05.2004, 19:05 Titel: |
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Nav hat folgendes geschrieben: | WER ist dieser "EINER", der einzig und allein diese Frage beantworten kann?  |
rein intuitiv nehme ich an, das ist jenes konstrukt, was sich manche leute, die es ansonsten vorziehen, den "agnostiker" raushängen zu lassen, als hintertür im hinterkopf aufbewahren.
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#127444) Verfasst am: 20.05.2004, 23:45 Titel: |
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Hi step
step hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | es gibt ... |
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es 'gibt’ auch Konstrukte.
step hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | ... nur EINEN, dessen Name üblicherweise in Großbuchstaben geschrieben wird.
Hint: in den Naturwissenschaften ist die 'warum'-Frage verpönt, weil man in wenigen Schritten bei IHM ist. |
... und an IHM vorbei!
Ja, die Frage ist verpönt, aber aus einem anderen Grund: Weil sich herausgestellt hat, daß alle bisher möglichen Erklärungen besser als Antworten auf Wie-Fragen verstanden werden konnten. |
Genauer: das ist eine _Heuristik_, die _bestimmte_ Dinge besser erklären kann als jede andere. Sie kann aber nicht _alle_ Dinge erklären. Aber was sie nicht erklären kann, kann man gar nicht erklären.
step hat folgendes geschrieben: | Manche fahren trotzdem fort, Warum-Fragen zu stellen, weil das so schöne Gefühle macht, aber in der heutigen Naturwissenschaft spielen "echte" Warum-Fragen (also welche, auf die ein Wie keine Antwort wäre) letztlich keine Rolle. |
Schön, dass Du, wie ich, _Natur_wissenschaften geschrieben hast. Ich bin mir nicht sicher, ob wir uns einig sind, dass es nicht nur Naturwissenschaften gibt.
Grüßle
Thomas
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#127493) Verfasst am: 21.05.2004, 10:28 Titel: |
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Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | es gibt ... | | es 'gibt’ auch Konstrukte. |
Richtig.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Sie [die NW] kann aber nicht _alle_ Dinge erklären. Aber was sie nicht erklären kann, kann man gar nicht erklären. |
Richtig.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Schön, dass Du, wie ich, _Natur_wissenschaften geschrieben hast. Ich bin mir nicht sicher, ob wir uns einig sind, dass es nicht nur Naturwissenschaften gibt. |
Richtig: es 'gibt’ auch noch andere Konstrukte, aber die können gar nichts erklären
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#127510) Verfasst am: 21.05.2004, 11:05 Titel: |
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Hi step,
[ ... ]
schön, dass wir uns zur Abwechslung auch mal einig sind ;-)
step hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Schön, dass Du, wie ich, _Natur_wissenschaften geschrieben hast. Ich bin mir nicht sicher, ob wir uns einig sind, dass es nicht nur Naturwissenschaften gibt. |
:lol: Richtig: es 'gibt’ auch noch andere Konstrukte, aber die können gar nichts erklären :wink:
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Für mich ist das ein wenig komplementär: man darf entweder Warum-Fragen stellen, erhält dann aber keine Antworten mehr, die einen Anspruch auf 'Erklärungen' (in unserer Terminologie) haben. Oder man kann sich mit 'Erklärungen' beschränken, erhält dann aber prinzipiell keine Antworten auf bestimmte Fragen ('Warum ist Seiendes und nicht vielmehr Nichts').
Im Gegensatz zu Dir folgere ich aus diesen Erkenntnisgrenzen, dass wir bestimmte Aussagen ('es gibt [ke|e]inen Gott') nicht sinnvoll argumentativ vertreten können.
Grüßle
Thomas
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#127514) Verfasst am: 21.05.2004, 11:25 Titel: |
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Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Im Gegensatz zu Dir folgere ich aus diesen Erkenntnisgrenzen, dass wir bestimmte Aussagen ('es gibt [ke|e]inen Gott') nicht sinnvoll argumentativ vertreten können. |
Der Meinung bin ich ebenfalls. Im Gegensatz zu Dir folgere ich aus diesen Erkenntnisgrenzen, dass wir auch die Aussage "es könnte [ke|e]inen Gott geben') nicht sinnvoll argumentativ vertreten können.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#127517) Verfasst am: 21.05.2004, 11:52 Titel: |
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Hi Step,
step hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Im Gegensatz zu Dir folgere ich aus diesen Erkenntnisgrenzen, dass wir bestimmte Aussagen ('es gibt [ke|e]inen Gott') nicht sinnvoll argumentativ vertreten können. |
Der Meinung bin ich ebenfalls. Im Gegensatz zu Dir folgere ich aus diesen Erkenntnisgrenzen, dass wir auch die Aussage "es könnte [ke|e]inen Gott geben') nicht sinnvoll argumentativ vertreten können. |
Ich vermute, ihr redet aneinander vorbei. Du kannst einen Gott nicht widerlegen, das steht fest. Insofern ist es unmöglich zu behaupten, daß der Naturalismus irgendwie von vorne herein "richtig" wäre. Du hast aber insofern Recht, als Du (implizit!) darauf abhebst, daß sich die Frage, welche Ontologie "sinnvoll" ist, immer an der methodologischen Eignung orientiert (ähnliches habe ich vorhin Lamarck geschrieben).
In der Tat: Ein supernaturalistisches Prinzip läßt sich nicht sinnvoll im Rahmen der Wissenschaft vertreten. Es ist schlicht und ergreifend nutzlos. Und da Kreationisten nichts anderes versuchen, als ihren Schöpfungstheorien einen wissenschaftlichen Status beizumessen, kann das von vorne herein nicht funktionieren. Insofern verstehe ich auch gar nicht, was es einem Kreationisten einbringen soll, wenn er darauf verweist, daß niemand Gott widerlegen oder den Naturalismus zwingend beweisen kann. Um die Frage geht es genau genommen gar nicht...
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#127541) Verfasst am: 21.05.2004, 13:07 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Du kannst einen Gott nicht widerlegen, das steht fest. Insofern ist es unmöglich zu behaupten, daß der Naturalismus irgendwie von vorne herein "richtig" wäre. Du hast aber insofern Recht, als Du (implizit!) darauf abhebst, daß sich die Frage, welche Ontologie "sinnvoll" ist, immer an der methodologischen Eignung orientiert (ähnliches habe ich vorhin Lamarck geschrieben).
In der Tat: Ein supernaturalistisches Prinzip läßt sich nicht sinnvoll im Rahmen der Wissenschaft vertreten. Es ist schlicht und ergreifend nutzlos. Und da Kreationisten nichts anderes versuchen, als ihren Schöpfungstheorien einen wissenschaftlichen Status beizumessen, kann das von vorne herein nicht funktionieren. Insofern verstehe ich auch gar nicht, was es einem Kreationisten einbringen soll, wenn er darauf verweist, daß niemand Gott widerlegen oder den Naturalismus zwingend beweisen kann. Um die Frage geht es genau genommen gar nicht... |
Soweit stimme ich Dir zu. Daß NW keine ontologischen Fragen beantwortet, ist unstrittig. Thomas und mein Streitpunkt ist die Frage, ob es wir ontologische Fragen nur nicht beantworten können (wie wir beide meinen) oder ob auch schon ontologische Fragen auis Mangel an Definierbarkeit sinnlos sind (wie nur ich meine). Wenn ich Thomas richtig verstehe, meint er, daß die Ontologie durchaus wichtige und sinnvolle Letztfragen stellt, die auch beantwortbar sind, nur eben leider nicht von uns. Daher meine Frage an Dich: Welchen Sinn haben Deiner Ansicht nach ontologische Fragen, welchen Sinn haben supernaturalistische Begriffe?
gruß/step
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#127555) Verfasst am: 21.05.2004, 13:55 Titel: |
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Hi step
step hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Im Gegensatz zu Dir folgere ich aus diesen Erkenntnisgrenzen, dass wir bestimmte Aussagen ('es gibt [ke|e]inen Gott') nicht sinnvoll argumentativ vertreten können. |
Der Meinung bin ich ebenfalls. Im Gegensatz zu Dir folgere ich aus diesen Erkenntnisgrenzen, dass wir auch die Aussage "es könnte [ke|e]inen Gott geben') nicht sinnvoll argumentativ vertreten können.
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das käme einem Denkverbot gleich. Oder, was genauso 'schlimm' wäre, dem Zwang, alles, was nicht naturwissenschaftlich klärbar ist, aus unserem Denken zu verbannen. Ich weiß auch nicht, warum 'sinnvoll argumentativ vertreten' im Kontext nicht-naturwissenschaftlicher Sprachspiele dasselbe bedeuten sollte wie in naturwissenschaftlichen.
Wittgenstein hat geschrieben:
<cite Tractatus logico-philosophicus 6.52>
Wir fühlen, daß, selbst wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind. Freilich bleibt dann eben keine Frage mehr; und eben dies ist die Antwort.
</cite>
Dann geht es noch ein wenig weiter, und Wittgenstein hat danach noch das eine oder andere Buch geschrieben, eben _weil_ diese 'Antwort' keine ist.
Es gibt halt neben dem wissenschaftlichen Sprachspiel noch andere. Mit den Kriterien des einen auf der Baustelle des anderen auftauchen zu wollen, ist in etwa auf dem Niveau folgender Situation:
Studienrat sitzt mit seiner Angebeteten händchenhaltend auf einer Parkbank. 'Liebst Du mich?' fragt er. 'Ja' haucht sie. Er: 'Antworte mit einem vollständigen Satz!'
Grüßle
Thomas
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Graf Zahl untot
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 7040
Wohnort: Universum
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(#127556) Verfasst am: 21.05.2004, 14:11 Titel: |
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Wie ich ja bereits öfters geschrieben habe:
Die Naturwissenschaft ist zwar das beste Werkzeug für Erkenntnisgewinn, das wir haben, sie bietet aber keine Letztgewißheit (schließlich könnten wir alle in einer Simulation leben; oder wer sagt, daß die Naturgesetze immer so bleiben werden? Wer sagt, daß unsere naturwissenschaftlichen Modelle wirklich überall im Universum gelten? Wir gehen lediglich davon aus - wir müssen es sogar, da sonst jegliches Betreiben von Wissenschaft keinen Sinn mehr hätte). Sie bietet lediglich (mehr oder weniger effektive) Modelle - sie sind aber kein Abbild der Realität.
Angenommen, es gibt wirklich einen Gott, dann würde ihn die Naturwissenschaft nicht anerkennen. Und da sehe ich schon eine Grenze bei der Naturwissenschaft.
Für solche "metaphischen" Dinge, gibt es für mich die Philosophie. Natürlich liefert die auch keine Letztgewißheit, aber sie kann sich mit dem Thema zumindest beschäftigen.
_________________ 42
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#127564) Verfasst am: 21.05.2004, 14:49 Titel: |
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Hi Step,
step hat folgendes geschrieben: | Soweit stimme ich Dir zu. Daß NW keine ontologischen Fragen beantwortet, ist unstrittig. |
Hier bin ich anderer Meinung. Das liegt allerdings daran, daß ich eine andere Definition des Begriffs "Ontologie" gebrauche, wie der sogenannte "Mainstream". Etymologisch gesehen bedeute Ontologie "Lehre vom Sein und Werden" der Welt. Und da sich Naturwissenschaften gerade mit solchen Fragen beschäftigen, beinhalten nach Mahner und Bunge (in Anlehnung an Woodger) wissenschaftliche Theorien automatisch auch ontologische Aussagen und Fragestellungen.
Im Gegensatz dazu scheinen viele Menschen in einer "Ontologie" noch immer eine dubiose Lehre vom "objektiv Seienden" zu sehen, so etwas wie eine wilde Spekulation oder wissenschaftlich sinnlose Aussage. Mit solch einer Definition kann ich nicht viel anfangen. Für mich sind ontologische Fragen automatisch wissenschaftliche Fragen. An dem Begriff "Metaphysik" (der überwiegend mit Ontologie gleichgesetzt wird) stoße ich mich nicht.
Step hat folgendes geschrieben: | Thomas und mein Streitpunkt ist die Frage, ob es wir ontologische Fragen nur nicht beantworten können (wie wir beide meinen) |
beantworten schon, nur nicht zwingend beweisen. Das ist aber insofern trivial, als meines Wissens weder in der Wissenschaft noch in der Philosophie noch davon ausgegangen wird, daß es so etwas wie Letztbegründungen geben könnte.
Step hat folgendes geschrieben: | oder ob auch schon ontologische Fragen auis Mangel an Definierbarkeit sinnlos sind (wie nur ich meine). Wenn ich Thomas richtig verstehe, meint er, daß die Ontologie durchaus wichtige und sinnvolle Letztfragen stellt, die auch beantwortbar sind, nur eben leider nicht von uns. Daher meine Frage an Dich: Welchen Sinn haben Deiner Ansicht nach ontologische Fragen, welchen Sinn haben supernaturalistische Begriffe? |
Meines Erachtens braucht die Wissenschaft einen allgemeinen ontologische Rahmen, weil sie ansonsten nicht arbeiten könnte. Eine solch allgemeine Ontologie ist der Naturalismus, wonach sich die Welt rein gesetzmäßig - ohne Zuhilfenahme übernatürlicher Dinge und Wunder - verstehen läßt. (Spezielle Ontologien sind dann die einzelnen Theorien der Wissenschaft). Wenn wir nicht davon ausgingen, daß sich die Welt gesetzmäßig verhält, könnten wir auch keine "Warum-Fragen" stellen, nach denen die Wissenschaft ja gerade sucht: Warum ist und verhält sich die Welt im allgemeinen und besonderen so, wie sie es tut?
Natürlich ist auch der Supernaturalismus, auf den sich der Kreationismus bezieht, eine Ontologie (=Metaphysik). Die Tatsache, daß beides Metaphysiken sind, heißt aber noch lange nicht, daß sie beide gleichwertig oder gleich nutzlos sind. Im Wesentlichen halten nur Empiristen die Metaphysik für nutzlos, weil sie sie mit wissenschaftlich sinnlosen Sätzen gleichsetzen. Für die Empiristen ist aber jede Aussage, die sich nicht auf die direkte Erfahrung zurückführen läßt (wie z.B. die Existenzhypothese von Atomen, Schwarzen Löchern, Evolution usw.), bereits sinnlos (metaphysisch). Das liegt daran, daß sie nicht verstanden haben, daß man jede Beobachtung immer im Lichte von Theorien interpretieren muß, die sich nicht zwigend beweisen läßt.
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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Zuletzt bearbeitet von Darwin Upheaval am 21.05.2004, 14:52, insgesamt einmal bearbeitet |
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#127565) Verfasst am: 21.05.2004, 14:50 Titel: |
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Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Wie ich ja bereits öfters geschrieben habe: Die Naturwissenschaft ist zwar das beste Werkzeug für Erkenntnisgewinn, das wir haben, sie bietet aber keine Letztgewißheit (schließlich könnten wir alle in einer Simulation leben; |
Zustimmung, auch wenn ich das Beispiel mit der Simulation für schlecht halte.
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | ... oder wer sagt, daß die Naturgesetze immer so bleiben werden? |
Niemand.
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Wer sagt, daß unsere naturwissenschaftlichen Modelle wirklich überall im Universum gelten? |
Niemand.
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Wir gehen lediglich davon aus - wir müssen es sogar, da sonst jegliches Betreiben von Wissenschaft keinen Sinn mehr hätte). |
Nein. Wissenschaft macht auch Sinn, wenn wir nicht davon ausgehen, daß die gefundenen Naturgesetze nur näherungsweise oder nur in einem Teil des Universums gelten.
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Sie bietet lediglich (mehr oder weniger effektive) Modelle - sie sind aber kein Abbild der Realität. |
Kein Abbld wovon? Realität? Was ist das, wenn nicht die hypothetische Realität der NW?
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Angenommen, es gibt wirklich einen Gott, dann würde ihn die Naturwissenschaft nicht anerkennen. Und da sehe ich schon eine Grenze bei der Naturwissenschaft. |
Ich denke, da ist ein logischer Fehler drin. Entweder ist der Gott konkret, also steigt herab, setzt die Naturgesetze außer kraft usw., dann wir die NW ihn nicht ablehnen, sondern in den Zoo der natürlichen (evtl. noch ungeklärten) Phänomene übernehmen. Oder er ist extra so definiert, daß man über ihn nichts aussagen kann ("übernatürlich", pantheistisch ...). Dann macht Deine Annahme, es gebe WIRKLICH einen Gott, keinen Sinn.
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Für solche "metaphischen" Dinge, gibt es für mich die Philosophie. Natürlich liefert die auch keine Letztgewißheit, aber sie kann sich mit dem Thema zumindest beschäftigen. |
Das tut sie in der Tat, aber was tut sie da? Nachdem nun alle Weltfragen nur von der NW und Letztfragen weder von der NW noch von der Philosophie beantwortet werden können, was trägt die Philosophie nun konkret zur Erkenntnis bei?
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#127571) Verfasst am: 21.05.2004, 15:10 Titel: |
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Hi step
[ ... ]
step hat folgendes geschrieben: | Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Wir gehen lediglich davon aus - wir müssen es sogar, da sonst jegliches Betreiben von Wissenschaft keinen Sinn mehr hätte). |
Nein. Wissenschaft macht auch Sinn, wenn wir nicht davon ausgehen, daß die gefundenen Naturgesetze nur näherungsweise oder nur in einem Teil des Universums gelten. |
vielleicht sollte man eher sagen: sie macht nur Sinn, _wenn_ diese Gesetze gelten. In einer 'chaotischen' Welt (in der sich die Natur'konstanten' unvorhersagbar ändern würden) gäbe es keine Wissenschaft (vermutlich auch keine Lebewesen).
step hat folgendes geschrieben: | Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Sie bietet lediglich (mehr oder weniger effektive) Modelle - sie sind aber kein Abbild der Realität. |
Kein Abbld wovon? Realität? Was ist das, wenn nicht die hypothetische Realität der NW? |
Man kann Gesetze auch als _Konstrukte_ auffassen, die auf unsere Welt 'passen'. Ein Abbild wäre 'stimmen' in dieser Terminologie.
Erkennen kann man als dreistellige Relation auffassen:
A erkennt B als C
Wir erkennen nie B (das 'Sein des Seienden'), sondern machen uns nur Bilder von ihm. Das sind keine Abbildungen, sondern Konstrukte. Die adaequatio-These scheint mir ihre Zeit gehabt zu haben.
step hat folgendes geschrieben: | Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Angenommen, es gibt wirklich einen Gott, dann würde ihn die Naturwissenschaft nicht anerkennen. Und da sehe ich schon eine Grenze bei der Naturwissenschaft. |
Ich denke, da ist ein logischer Fehler drin. Entweder ist der Gott konkret, also steigt herab, setzt die Naturgesetze außer kraft usw., |
Woher _weißt_ Du das? Genauer: woher weißt Du, dass er das _nicht_ macht (Stichwort: Koinzidenz-Wunder)?
step hat folgendes geschrieben: | dann wir die NW ihn nicht ablehnen, sondern in den Zoo der natürlichen (evtl. noch ungeklärten) Phänomene übernehmen. |
Hier hast Du das Problem, dass Du meinst, mit unserem Verstand Gott erfassen zu können. Vielleicht zeigt er sich so, dass er durch Dein Raster fällt?
step hat folgendes geschrieben: | Oder er ist extra so definiert, daß man über ihn nichts aussagen kann |
Gott _ist_. Den brauchst Du nicht zu definieren. Und die Annahme, etwas über ihn aussagen zu können, grenzt an Hybris.
step hat folgendes geschrieben: | ("übernatürlich", pantheistisch ...). Dann macht Deine Annahme, es gebe WIRKLICH einen Gott, keinen Sinn. |
Sie macht keinen Sinn im _naturwissenschaftlichen_ Sprachspiel. Das ist ein anderer Thread als sie macht _keinen_ Sinn!
step hat folgendes geschrieben: | Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Für solche "metaphischen" Dinge, gibt es für mich die Philosophie. Natürlich liefert die auch keine Letztgewißheit, aber sie kann sich mit dem Thema zumindest beschäftigen. |
Das tut sie in der Tat, aber was tut sie da? Nachdem nun alle Weltfragen nur von der NW und Letztfragen weder von der NW noch von der Philosophie beantwortet werden können, was trägt die Philosophie nun konkret zur Erkenntnis bei? |
Sie erklärt nicht, sie klärt.
Grüßle
Thomas
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#127574) Verfasst am: 21.05.2004, 15:17 Titel: |
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Hi Martin Neukamm
[ ... ]
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Step hat folgendes geschrieben: | Thomas und mein Streitpunkt ist die Frage, ob es wir ontologische Fragen nur nicht beantworten können (wie wir beide meinen) |
beantworten schon, nur nicht zwingend beweisen. Das ist aber insofern trivial, als meines Wissens weder in der Wissenschaft noch in der Philosophie noch davon ausgegangen wird, daß es so etwas wie Letztbegründungen geben könnte. |
bist Du sicher, dass in 'der Philosophie' davon ausgegangen wird, dass es keine Letztbegründungen gibt? 'Ontologie' im nicht-Mahner/Bungeschen Sinn meint eben dies: eine _letzt_begründete Seinslehre.
Schau einfach in ein 'Handbuch der philosophischen Grundbegriffe' Deiner Wahl.
Grüßle
Thomas
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#127575) Verfasst am: 21.05.2004, 15:17 Titel: |
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Hi Graf Zahl,
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Wie ich ja bereits öfters geschrieben habe:
Die Naturwissenschaft ist zwar das beste Werkzeug für Erkenntnisgewinn, das wir haben, sie bietet aber keine Letztgewißheit (schließlich könnten wir alle in einer Simulation leben; oder wer sagt, daß die Naturgesetze immer so bleiben werden? Wer sagt, daß unsere naturwissenschaftlichen Modelle wirklich überall im Universum gelten? |
Das alles bestreitet doch niemand. Daraus aber den umgekehrten Schluß zu ziehen und zu behaupten, daß auch Fragen, die an jedem methodologischen Prüfstein scheitern, den es gibt, noch sinnvoll sein könnten, halte ich gelinde gesprochen für abseitig. Streng genommen ist das sogar ein Widerspruch in sich: Die Regeln des Argumentierens setzen ja gerade Rationalitätsstandards voraus, derer sich auch die Naturwissenschaft bedient. Wer diesen Rahmen verläßt und Aussagen erhebt, die weder durch logisches Folgern noch durch Konsistenzargumente oder sonst irgendwelche rationale Erwägungen bewertbar sind, argumentiert folglich nicht. Solche Aussagen können aus nachvollziehbaren Gründen keinerlei Sinn machen. Es sei denn, man möchte die Zahl der Engel auf der Nadelspitze zählen und das für sinnvoll halten.
BTW, das Wittgenstein-Zitat paßt hier insofern nicht, als Wittgenstein bekannterweise den Positivismus verfochten hat. Dessen "Prüfkritierium" ist bekanntermaßen so engmaschig, daß so gut wie keine sinnvollen Sätze mehr übrigbleiben, außer den ganz trivialen Erfahrungssätzen, die so gut wie nichts mehr über die Welt aussagen. Daher liegt es auf der Hand, daß Wittgenstein nicht umhinkam, seine radikale Position gewissermaßen "aufzuweichen". Daraus aber zu folgern, daß alles, was sich im außerwissenschaftlichen Bereich ansiedelt, irgendwie rationalisierbar sein könnte, hieße, das Kind mit dem Bade auszuschütten.
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#127579) Verfasst am: 21.05.2004, 15:22 Titel: |
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Hi Martin,
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: |
BTW, das Wittgenstein-Zitat paßt hier insofern nicht, als Wittgenstein bekannterweise den Positivismus verfochten hat. |
was meinst Du mit 'bekanntermaßen'? Welchen Wittgenstein meinst Du? Den des 'Tractatus' oder den beispielsweise der 'Philosophischen Untersuchungen'?
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Dessen "Prüfkritierium" ist bekanntermaßen so engmaschig, |
Würdest Du dieses Prüfkriterium bitte anhand eines Zitats Wittgensteins verdeutlichen?
Grüßle
Thomas
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Graf Zahl untot
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 7040
Wohnort: Universum
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(#127580) Verfasst am: 21.05.2004, 15:23 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: |
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Wer sagt, daß unsere naturwissenschaftlichen Modelle wirklich überall im Universum gelten? |
Niemand. |
Doch. Die Wissenschaft geht stillschweigend davon aus, indem sie Modelle erstellt, mit deren Hilfe Sachverhalte vorausberechnet, vorausgesagt werden. Bei Formeln wird davon ausgegangen, daß etwas bestimmtes auf eine ganz bestimmte Art und Weise mit einem bestimmten Ergebnis geschehen wird. Es ist allerdings gar nicht sicher, daß das so ist.
step hat folgendes geschrieben: |
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Wir gehen lediglich davon aus - wir müssen es sogar, da sonst jegliches Betreiben von Wissenschaft keinen Sinn mehr hätte). |
Nein. Wissenschaft macht auch Sinn, wenn wir nicht davon ausgehen, daß die gefundenen Naturgesetze nur näherungsweise oder nur in einem Teil des Universums gelten. |
Ich stimme Dir da zu. Vielleicht haben wir hier aneinander vorbeigeredet.
Auch wenn die Naturwissenschaften keine "absolute Wahrheit" zeigen, so besteht ihr Sinn darin, Modelle zu finden, welche die "Realität" beschreibbar machen.
step hat folgendes geschrieben: |
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Sie bietet lediglich (mehr oder weniger effektive) Modelle - sie sind aber kein Abbild der Realität. |
Kein Abbld wovon? Realität? Was ist das, wenn nicht die hypothetische Realität der NW? |
Du schreibst hier die Antwort selbst: die hypothetische Realität.
Du glaubst sicherlich nicht, daß Elektronen tatsächlich um Atomkerne kreisen (entschuldige bitte das veraltete Modell). Das sind nur Modelle. Darauf wollte ich hinaus.
Ich unterscheide also zwischen den wissenschaftlichen Modellen (die "hypothetische Realität", wie Du sie genannt hast), und der "absoluten" Realität (die wir nicht kennen können).
step hat folgendes geschrieben: |
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Angenommen, es gibt wirklich einen Gott, dann würde ihn die Naturwissenschaft nicht anerkennen. Und da sehe ich schon eine Grenze bei der Naturwissenschaft. |
Ich denke, da ist ein logischer Fehler drin. Entweder ist der Gott konkret, also steigt herab, setzt die Naturgesetze außer kraft usw., dann wir die NW ihn nicht ablehnen, sondern in den Zoo der natürlichen (evtl. noch ungeklärten) Phänomene übernehmen. |
Bei der Naturwissenschaft geht es m.E. doch um Phänomene, die vorhergesagt (mit mathematischen Formeln) werden können. Ein Gott würde sich diesem Kriterium entziehen.
step hat folgendes geschrieben: |
Oder er ist extra so definiert, daß man über ihn nichts aussagen kann ("übernatürlich", pantheistisch ...). Dann macht Deine Annahme, es gebe WIRKLICH einen Gott, keinen Sinn. |
Angenommen, es gäbe einen deistischen Gott - die Wissenschaft könnte und würde keine Aussage über ihn machen. Dennoch wäre er existent.
step hat folgendes geschrieben: |
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Für solche "metaphischen" Dinge, gibt es für mich die Philosophie. Natürlich liefert die auch keine Letztgewißheit, aber sie kann sich mit dem Thema zumindest beschäftigen. |
Das tut sie in der Tat, aber was tut sie da? Nachdem nun alle Weltfragen nur von der NW und Letztfragen weder von der NW noch von der Philosophie beantwortet werden können, was trägt die Philosophie nun konkret zur Erkenntnis bei? |
Sie versucht mögliche Erklärungen zu liefern. Der Mensch neigt halt dazu, sich Gedanken zu machen. Einfach nicht nachzudenken, bringt einem doch noch weniger.
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#127585) Verfasst am: 21.05.2004, 15:28 Titel: |
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Hi Thomas,
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | bist Du sicher, dass in 'der Philosophie' davon ausgegangen wird, dass es keine Letztbegründungen gibt? 'Ontologie' im nicht-Mahner/Bungeschen Sinn meint eben dies: eine _letzt_begründete Seinslehre. |
Genau. Die Frage war doch aber, ob jemand behauptet, solche Letztbegründungen (vulgo: Beweise) tatsächlich gefunden zu haben. Ich behaupte nichts anderes als Mahner, der schreibt:
Zitat: | Da aber in der philosophischen Landschaft, in der man sich vom Gedanken der absoluten Gewissheit und der Idee eines sicheren Fundaments der Erkenntnis ohnehin verabschiedet hat, letztlich alles hypothetisch ist, ist eine solche Kennzeichnung [hypothetischer Naturalismus] redundant... |
Mahner, M. (2003): Naturalismus und Wissenschaft. Skeptiker 16 (3), S. 138
Wenn Du trotzdem eine Letztbegründung für irgendeien wissenschaftliche Aussage gefunden hast, laß es mich bitte wissen.
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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Graf Zahl untot
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 7040
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(#127588) Verfasst am: 21.05.2004, 15:30 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Hi Graf Zahl,
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Wie ich ja bereits öfters geschrieben habe:
Die Naturwissenschaft ist zwar das beste Werkzeug für Erkenntnisgewinn, das wir haben, sie bietet aber keine Letztgewißheit (schließlich könnten wir alle in einer Simulation leben; oder wer sagt, daß die Naturgesetze immer so bleiben werden? Wer sagt, daß unsere naturwissenschaftlichen Modelle wirklich überall im Universum gelten? |
Das alles bestreitet doch niemand. Daraus aber den umgekehrten Schluß zu ziehen und zu behaupten, daß auch Fragen, die an jedem methodologischen Prüfstein scheitern, den es gibt, noch sinnvoll sein könnten, halte ich gelinde gesprochen für abseitig. |
Die Fragen mögen für die Naturwissenschaften nicht mehr sinnvoll sein. Aber die Naturwissenschaften sind nicht alles, was wir haben.
Die Gefahr einer Art "Wissenschaftsgläubigkeit" ist m.E. schon groß.
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Falls ein Gott existiert, entzieht er sich der Wissenschaft schlichtweg. Er entzieht sich aber nicht der Philosophie, die sich zumindest über ihn Gedanken machen kann, wenn sie schon nicht seine eventuelle Existenz beweisen kann.
_________________ 42
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#127591) Verfasst am: 21.05.2004, 15:34 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Soweit stimme ich Dir zu. Daß NW keine ontologischen Fragen beantwortet, ist unstrittig. | Hier bin ich anderer Meinung. Das liegt allerdings daran, daß ich eine andere Definition des Begriffs "Ontologie" gebrauche, wie der sogenannte "Mainstream". Etymologisch gesehen bedeute Ontologie "Lehre vom Sein und Werden" der Welt. Und da sich Naturwissenschaften gerade mit solchen Fragen beschäftigen, beinhalten nach Mahner und Bunge (in Anlehnung an Woodger) wissenschaftliche Theorien automatisch auch ontologische Aussagen und Fragestellungen. |
Wenn man Ontologie so versteht, sollte man sich allerdings im Klaren sein, daß diese Fragen wissenschaftlich beantwortbar (im Sinne einer besten Theorie) sind. Ontologie in diesem Sinne scheint gar nichts Metaphysisches oder auch nur kategorisch Unterscheidbares mehr zu haben, sondern nur zu bedeuten, daß eine bestimmte wissenschaftliche Frage für eine bestimmte Zeitlang für grundlegender als andere Fragen gehalten wird. In dem Moment, wo die Frage nach dem Ursprung der Erde von einer Letztfrage zu einer wissenschaftlichen Frage wird (oder gar beantwortet wird), wird die zuvor meist großmundig behauptete Aussage widerlegt, es habe sich um eine prinzipiell wissenschaftlich unbeantwortbare Letztfrage gehandelt. Diese Art Ontologie taugt offensichtlich nicht dazu, mir Reduktionismus oder Eindimensionalität vorzuwerfen - als sei da noch was.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Im Gegensatz dazu scheinen viele Menschen in einer "Ontologie" noch immer eine dubiose Lehre vom "objektiv Seienden" zu sehen, so etwas wie eine wilde Spekulation oder wissenschaftlich sinnlose Aussage. Mit solch einer Definition kann ich nicht viel anfangen. Für mich sind ontologische Fragen automatisch wissenschaftliche Fragen. An dem Begriff "Metaphysik" (der überwiegend mit Ontologie gleichgesetzt wird) stoße ich mich nicht. |
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Step hat folgendes geschrieben: | Thomas und mein Streitpunkt ist die Frage, ob es wir ontologische Fragen nur nicht beantworten können (wie wir beide meinen) | beantworten schon, nur nicht zwingend beweisen. Das ist aber insofern trivial, als meines Wissens weder in der Wissenschaft noch in der Philosophie noch davon ausgegangen wird, daß es so etwas wie Letztbegründungen geben könnte. |
Bist Du Dir bei der Philosophie sicher? Thomas und andere gehen davon aus, daß es Gott geben könnte, und er schrieb hier auf meine Frage, was diesen Begriff "Gott" denn charakterisiert bzw. rechtfertigt, daß man sich den als letzte Ursache (o.ä.) vorstelle - ich hoffe, ich habe das korrekt wiedergegeben. Dies wäre demnach ein (nach unser aller Meinung unbeweisbares) Konstrukt einer Letztbegründung, daß ich darüberhinaus für sinnlos halte.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Step hat folgendes geschrieben: | oder ob auch schon ontologische Fragen aus Mangel an Definierbarkeit sinnlos sind (wie nur ich meine). Wenn ich Thomas richtig verstehe, meint er, daß die Ontologie durchaus wichtige und sinnvolle Letztfragen stellt, die auch beantwortbar sind, nur eben leider nicht von uns. Daher meine Frage an Dich: Welchen Sinn haben Deiner Ansicht nach ontologische Fragen, welchen Sinn haben supernaturalistische Begriffe? |
Meines Erachtens braucht die Wissenschaft einen allgemeinen ontologische Rahmen, weil sie ansonsten nicht arbeiten könnte. Eine solch allgemeine Ontologie ist der Naturalismus, wonach sich die Welt rein gesetzmäßig - ohne Zuhilfenahme übernatürlicher Dinge und Wunder - verstehen läßt. |
Wie ich Thomas schon ausführlich erklärt habe, ist diese Annahme meines Erachtens für die Wissenschaft nicht notwendig, dies wird ihr nur oft unterstellt. Es reicht vollkommen aus festzustellen, daß sich die von uns wahrnehmbare Welt offensichtlich hinreichend gesetzmäßig verhält, um mithilfe gefundener Simulationsregeln Voraussagen zu machen. Nirgendwo steckt eine Annahme drin, daß dies so sein müsse, immer so sei usw. Die offensichtliche Gesetzmäßigkeit der sichtbaren Natur ist keine axiomatische Voraussetzung der Naturwissenschaft, sondern eine intersubjektiv gültige empirische Erfahrung. Das ist übrigens kein Widerspruch dazu, daß die naturwissenschaftliche Methode (und auch alle anderen Methoden) tatsächlich schlecht funktionieren würde, wenn es keine scheinbaren Gesetzmäßigkeiten gäbe.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | ... Wenn wir nicht davon ausgingen, daß sich die Welt gesetzmäßig verhält, könnten wir auch keine "Warum-Fragen" stellen, nach denen die Wissenschaft ja gerade sucht: Warum ist und verhält sich die Welt im allgemeinen und besonderen so, wie sie es tut? |
Genaugenommen fragen wir nicht wirklich "Warum" in der Naturwissenschaft, sondern "Wie". Wenn wir eine Regel gefunden haben, die ein zu beobachtendes Phänomen hinreichend gut zu simulieren / vorauszusagen erlaubt, so haben wir das Phänomen "erklärt". Ich gebe allerdings zu, daß viele dies als einen Grund ("Warum") ansehen, was ihnen dann aber (unter leichter Umdeutung des Wortes "warum") Fragen nach dem Grund des Grundes, nach dem Letztgrund usw. einbringt, bevorzugt von verzweifelten Sinnsuchern.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Natürlich ist auch der Supernaturalismus, auf den sich der Kreationismus bezieht, eine Ontologie (=Metaphysik). Die Tatsache, daß beides Metaphysiken sind, heißt aber noch lange nicht, daß sie beide gleichwertig oder gleich nutzlos sind. Im Wesentlichen halten nur Empiristen die Metaphysik für nutzlos, weil sie sie mit wissenschaftlich sinnlosen Sätzen gleichsetzen. Für die Empiristen ist aber jede Aussage, die sich nicht auf die direkte Erfahrung zurückführen läßt (wie z.B. die Existenzhypothese von Atomen, Schwarzen Löchern, Evolution usw.), bereits sinnlos (metaphysisch). Das liegt daran, daß sie nicht verstanden haben, daß man jede Beobachtung immer im Lichte von Theorien interpretieren muß, die sich nicht zwigend beweisen läßt. |
Was meinst Du mit "Existenzhypothese von Atomen"? Solange man darunter nur versteht, daß es Sinn macht, für meßbares atomares Verhalten einen Begriff "Atom" zu prägen, habe ich kein Problem damit. Daß es dagegen etwas "wirklich gebe", halte ich in der Tat für eine nicht nur unbeweisbare, sondern sogar sinnlose Behauptung.
gruß/step
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#127598) Verfasst am: 21.05.2004, 15:40 Titel: |
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Hi Graf Zahl,
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Wie ich ja bereits öfters geschrieben habe:
Die Naturwissenschaft ist zwar das beste Werkzeug für Erkenntnisgewinn, das wir haben, sie bietet aber keine Letztgewißheit (schließlich könnten wir alle in einer Simulation leben; oder wer sagt, daß die Naturgesetze immer so bleiben werden? Wer sagt, daß unsere naturwissenschaftlichen Modelle wirklich überall im Universum gelten? |
Das alles bestreitet doch niemand. Daraus aber den umgekehrten Schluß zu ziehen und zu behaupten, daß auch Fragen, die an jedem methodologischen Prüfstein scheitern, den es gibt, noch sinnvoll sein könnten, halte ich gelinde gesprochen für abseitig. |
Die Fragen mögen für die Naturwissenschaften nicht mehr sinnvoll sein. Aber die Naturwissenschaften sind nicht alles, was wir haben.
Die Gefahr einer Art "Wissenschaftsgläubigkeit" ist m.E. schon groß.
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Falls ein Gott existiert, entzieht er sich der Wissenschaft schlichtweg. Er entzieht sich aber nicht der Philosophie, die sich zumindest über ihn Gedanken machen kann, wenn sie schon nicht seine eventuelle Existenz beweisen kann. |
OK, wir sind uns im Kern einig. Gedanken kann man sich im Rahmen der Philosophie natürlich über alles mögliche machen - eben deshalb, weil nichts sicher entscheidbar ist. Meine Frage war aber, ob man das noch in jedem Fall sinnvoll tun kann. Wie willst Du z.B. die Sinnhaftigkeit einer Philosophie begründen, die darauf basiert, daß der Mond vor 100.000 Jahren aus Schweizer Käse bestand, mit den Dinosauriern Ringelreigen getanzt und mit ihnen Kinder gezeugt hat, aus denen schließlich die Erde gebar?
Grüße
Martin
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#127613) Verfasst am: 21.05.2004, 15:53 Titel: |
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Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Wer sagt, daß unsere naturwissenschaftlichen Modelle wirklich überall im Universum gelten? |
Niemand. | Doch. Die Wissenschaft geht stillschweigend davon aus, indem sie Modelle erstellt, mit deren Hilfe Sachverhalte vorausberechnet, vorausgesagt werden. Bei Formeln wird davon ausgegangen, daß etwas bestimmtes auf eine ganz bestimmte Art und Weise mit einem bestimmten Ergebnis geschehen wird. Es ist allerdings gar nicht sicher, daß das so ist. |
Und das behauptet auch niemand! Daß ich damit rechne, daß die Voraussage wieder funktionieren wird, bedeutet nicht, daß ich dies als Axiom in die Methode stecke. Daß irgendwelche Theorien auch in entfernten Bereichen des Universums eine gute Simulation erlauben, ist eine falsifizierbare Hypothese, mehr nicht.
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Auch wenn die Naturwissenschaften keine "absolute Wahrheit" zeigen, so besteht ihr Sinn darin, Modelle zu finden, welche die "Realität" beschreibbar machen. |
Genau.
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Sie bietet lediglich (mehr oder weniger effektive) Modelle - sie sind aber kein Abbild der Realität. |
Kein Abbld wovon? Realität? Was ist das, wenn nicht die hypothetische Realität der NW? | Du schreibst hier die Antwort selbst: die hypothetische Realität. Du glaubst sicherlich nicht, daß Elektronen tatsächlich um Atomkerne kreisen (entschuldige bitte das veraltete Modell). Das sind nur Modelle. Darauf wollte ich hinaus. |
Na und? Bis hierher sehe ich das ebenso.
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Ich unterscheide also zwischen den wissenschaftlichen Modellen (die "hypothetische Realität", wie Du sie genannt hast), und der "absoluten" Realität (die wir nicht kennen können). |
Jetzt wird es nach meinem Geschmack abenteuerlich. Du behauptest, neben der HR gebe es noch eine AR, über die wir aber nichts sagen könnten. Woher weißt Du das? Woher weißt Du, daß die wahrgenommene Realität das Abbild einer absoluten Realität ist, und was soll das überhaupt sein?
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Bei der Naturwissenschaft geht es m.E. doch um Phänomene, die vorhergesagt (mit mathematischen Formeln) werden können. Ein Gott würde sich diesem Kriterium entziehen. |
Welche Eigenschaft des Gottes führt denn Deines Erachtens dazu, daß er sich der NW entzieht? Wie soll er das machen?
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Angenommen, es gäbe einen deistischen Gott - die Wissenschaft könnte und würde keine Aussage über ihn machen. Dennoch wäre er existent. |
Dazu kann ich erst etwas schreiben, wenn Du "existent" konkretisierst.
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Nachdem nun alle Weltfragen nur von der NW und Letztfragen weder von der NW noch von der Philosophie beantwortet werden können, was trägt die Philosophie nun konkret zur Erkenntnis bei? | Sie versucht mögliche Erklärungen zu liefern. Der Mensch neigt halt dazu, sich Gedanken zu machen. Einfach nicht nachzudenken, bringt einem doch noch weniger. |
Klar. Da aber diese "möglichen Erklärungen" nur dann Erkenntnisse liefern, wenn sich später herausstellt, daß sie naturwissenschaftlichen Erklärungen äquivalent werden, kann ich einen möglichen Nutzen nicht mehr in der Epistemologie, sondern höchstens in der Psychologie sehen: Die Philosophie (und Religion) hat - entmystifiziert - einen rein pastoralen Sinn.
gruß/step
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Graf Zahl untot
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 7040
Wohnort: Universum
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(#127616) Verfasst am: 21.05.2004, 15:54 Titel: |
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Hallo Martin,
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: |
OK, wir sind uns im Kern einig. Gedanken kann man sich im Rahmen der Philosophie natürlich über alles mögliche machen - eben deshalb, weil nichts sicher entscheidbar ist. Meine Frage war aber, ob man das noch in jedem Fall sinnvoll tun kann. Wie willst Du z.B. die Sinnhaftigkeit einer Philosophie begründen, die darauf basiert, daß der Mond vor 100.000 Jahren aus Schweizer Käse bestand, mit den Dinosauriern Ringelreigen getanzt und mit ihnen Kinder gezeugt hat, aus denen schließlich die Erde gebar?
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Nun, auch bei der Philosophie geht es darum, was "man" (sprich: der Philosophierende/Philosoph) für plausibel hält. Dein Beispiel wäre schon ziemlich wirr.
Aber wenn wir von wirr sprechen: Ist die Quantenphysik im Grunde genommen nicht mindestens genauso wirr?
Wo steckt da beispielsweise der Sinn für den "Mensch von der Straße"?
Zumal die QM ja auch wiederum nur Modelle liefert.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#127619) Verfasst am: 21.05.2004, 15:57 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Gedanken kann man sich im Rahmen der Philosophie natürlich über alles mögliche machen - eben deshalb, weil nichts sicher entscheidbar ist. Meine Frage war aber, ob man das noch in jedem Fall sinnvoll tun kann. Wie willst Du z.B. die Sinnhaftigkeit einer Philosophie begründen, die darauf basiert, daß der Mond vor 100.000 Jahren aus Schweizer Käse bestand, mit den Dinosauriern Ringelreigen getanzt und mit ihnen Kinder gezeugt hat, aus denen schließlich die Erde gebar? |
Eben. Woran mißt sich eine Philosophie? An ihrer pastoralen Effizienz? An der Güte der Übertragung von Modellen aus dem jeweiligen Stand der Naturwissenschaft auf eine Märchenwelt?
gruß/step
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#127636) Verfasst am: 21.05.2004, 16:12 Titel: |
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Hi Martin,
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: |
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | bist Du sicher, dass in 'der Philosophie' davon ausgegangen wird, dass es keine Letztbegründungen gibt? 'Ontologie' im nicht-Mahner/Bungeschen Sinn meint eben dies: eine _letzt_begründete Seinslehre. |
Genau. Die Frage war doch aber, |
Du hast geschrieben:
<cite Martin Neukamm>
beantworten schon, nur nicht zwingend beweisen. Das ist aber insofern trivial, als meines Wissens weder in der Wissenschaft noch in der Philosophie noch davon ausgegangen wird, daß es so etwas wie Letztbegründungen geben könnte.
</cite>
Deshalb war die Frage genau die, auf die ich mich bezog.
Okay, ich habe 'meines Wissens' überlesen.
Grüßle
Thomas
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#127642) Verfasst am: 21.05.2004, 16:16 Titel: |
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Hi step,
step hat folgendes geschrieben: | Woran mißt sich eine Philosophie? An ihrer pastoralen Effizienz? An der Güte der Übertragung von Modellen aus dem jeweiligen Stand der Naturwissenschaft auf eine Märchenwelt? |
wie schon gesagt, mein Problem mit Deiner Auffassung ist, dass Du aus einer _Heuristik_ ('was ist eine sinnvolle Aussage?') auf eine _Ontologie_ schließt ('welche Entitäten existieren real?') zu schließen scheinst (korrigiere mich, falls ich Dich falsch interpretiere).
Es mag sein, dass die Grenzen unserer Sprache (AKA Weltmodelle) die Grenze _unserer_ Welt sind, daraus aber zu schließen, dass das die Grenzen _der_ Welt sind, halte ich für extrem fragwürdig.
Grüßle
Thomas
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Graf Zahl untot
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 7040
Wohnort: Universum
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(#127643) Verfasst am: 21.05.2004, 16:16 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Daß irgendwelche Theorien auch in entfernten Bereichen des Universums eine gute Simulation erlauben, ist eine falsifizierbare Hypothese, mehr nicht. |
Falsifizierbar: Theoretisch ja - praktisch nicht. Es wird nicht möglich sein, jeden Bereich des Universums zu "durchkämmen", um die Gültigkeit der Naturgesetze zu überprüfen.
Dies ist also eher eine hypothetische Falsifizierbarkeit.
step hat folgendes geschrieben: |
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Auch wenn die Naturwissenschaften keine "absolute Wahrheit" zeigen, so besteht ihr Sinn darin, Modelle zu finden, welche die "Realität" beschreibbar machen. |
Genau.
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Sie bietet lediglich (mehr oder weniger effektive) Modelle - sie sind aber kein Abbild der Realität. |
Kein Abbld wovon? Realität? Was ist das, wenn nicht die hypothetische Realität der NW? | Du schreibst hier die Antwort selbst: die hypothetische Realität. Du glaubst sicherlich nicht, daß Elektronen tatsächlich um Atomkerne kreisen (entschuldige bitte das veraltete Modell). Das sind nur Modelle. Darauf wollte ich hinaus. |
Na und? Bis hierher sehe ich das ebenso.
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Ich unterscheide also zwischen den wissenschaftlichen Modellen (die "hypothetische Realität", wie Du sie genannt hast), und der "absoluten" Realität (die wir nicht kennen können). |
Jetzt wird es nach meinem Geschmack abenteuerlich. Du behauptest, neben der HR gebe es noch eine AR, über die wir aber nichts sagen könnten. Woher weißt Du das? Woher weißt Du, daß die wahrgenommene Realität das Abbild einer absoluten Realität ist, und was soll das überhaupt sein? |
Hier habe ich einen kleinen Schnitzer gemacht.
Meine Behauptung "die wir nicht kennen können", ist schon zu viel. Vielleicht können wir sie ja eines Tages kennen.
Die phsikalischen Modelle werden ja durch neue ersetzt oder verfeinert, usw. (s. Beispiel mit Atommodell).
Aber ein Elektron umkreist nicht wirklich den Atomkern, sondern es verhält sich so.
Das physikalische Modell ist hier quasi eine hypothetische Realität - eine Annäherung an das, was ich als "absolute Realität" bezeichne. Und falls wir eines Tages eine TOE finden und es uns gelänge, jeden Vorgang im Universum naturwissenschaftlich zu beschreiben - so wüßten wir nicht, ob der Raum beispiesweise tatsächlich gekrümmt ist, oder ob er sich nur so verhält.
Das mag dem Wissenschaftler egal sein - ihm reicht es aus, Sachverhalte korrekt darzustellen/vorauszuberechnen - aber dem Philosoph/Philosophierenden reicht das beispielsweise nicht.
step hat folgendes geschrieben: |
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Bei der Naturwissenschaft geht es m.E. doch um Phänomene, die vorhergesagt (mit mathematischen Formeln) werden können. Ein Gott würde sich diesem Kriterium entziehen. |
Welche Eigenschaft des Gottes führt denn Deines Erachtens dazu, daß er sich der NW entzieht? Wie soll er das machen? |
Ein ganz banales (natürlich rein hypothetisches) Beispiel:
Stell Dir vor, unser Universum wurde von einer Entität geschaffen, die sich in einer Art "Hüllenuniversum" aber außerhalb unseres physikalischen Universums befände und kein Informationsaustausch möglich wäre. Was könnten wir über diese Entität aussagen? Nichts. Dennoch würde sie existieren.
Oder stell Dir vor, einigen Physikern würde es gelingen, ein weiteres Universum zu erzeugen und daß sich dort Lebewesen entwickelten. Sie könnten über uns "Außenstehende" nichts sagen - dennoch wären wir da.
(Zum Thema "Erschaffen von Universen" s. auch "Die fünf Zeitalter des Universums" von den Physikern Fred Adams und Greg Laughlin).
Falls die Multiversum-Theorie stimmt, können wir über die unzähligen anderen Universen keine Aussage machen. Wir könnten nur über unsere "Universumsblase" Aussagen tätigen. Eine TOE wäre eigentlich keine TOE, da sie nur einen Teil des Multiversums beschriebe.
step hat folgendes geschrieben: |
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Angenommen, es gäbe einen deistischen Gott - die Wissenschaft könnte und würde keine Aussage über ihn machen. Dennoch wäre er existent. |
Dazu kann ich erst etwas schreiben, wenn Du "existent" konkretisierst. |
Im Sinne von "vorhanden sein".
step hat folgendes geschrieben: |
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Nachdem nun alle Weltfragen nur von der NW und Letztfragen weder von der NW noch von der Philosophie beantwortet werden können, was trägt die Philosophie nun konkret zur Erkenntnis bei? | Sie versucht mögliche Erklärungen zu liefern. Der Mensch neigt halt dazu, sich Gedanken zu machen. Einfach nicht nachzudenken, bringt einem doch noch weniger. |
Klar. Da aber diese "möglichen Erklärungen" nur dann Erkenntnisse liefern, wenn sich später herausstellt, daß sie naturwissenschaftlichen Erklärungen äquivalent werden, kann ich einen möglichen Nutzen nicht mehr in der Epistemologie, sondern höchstens in der Psychologie sehen: Die Philosophie (und Religion) hat - entmystifiziert - einen rein pastoralen Sinn. |
Philosophie muß nicht dogmatisch sein.
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#127652) Verfasst am: 21.05.2004, 16:32 Titel: |
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Hi Step,
step hat folgendes geschrieben: | Wenn man Ontologie so versteht, sollte man sich allerdings im Klaren sein, daß diese Fragen wissenschaftlich beantwortbar (im Sinne einer besten Theorie) sind. |
Das habe ich ja auch geschrieben; Wissenschaft ist dazu da, um Antworten auf Seins-Fragen (ontologische Antworten) zu geben. Man sollte nur die Einschränkung machen, daß die Antworten fallibel sind.
Step hat folgendes geschrieben: | Ontologie in diesem Sinne scheint gar nichts Metaphysisches oder auch nur kategorisch Unterscheidbares mehr zu haben, sondern nur zu bedeuten, daß eine bestimmte wissenschaftliche Frage für eine bestimmte Zeitlang für grundlegender als andere Fragen gehalten wird. In dem Moment, wo die Frage nach dem Ursprung der Erde von einer Letztfrage zu einer wissenschaftlichen Frage wird (oder gar beantwortet wird), wird die zuvor meist großmundig behauptete Aussage widerlegt, es habe sich um eine prinzipiell wissenschaftlich unbeantwortbare Letztfrage gehandelt. Diese Art Ontologie taugt offensichtlich nicht dazu, mir Reduktionismus oder Eindimensionalität vorzuwerfen - als sei da noch was. |
Verzeih, Du scheinst die Begriffe "Letztfrage", "wissenschaftliche Frage" und "Metaphysik" anders zu gebrauchen als ich. Was Thomas Dir vermutlich sagen wollte ist, daß Hypothesen immer fehlbar sind. Daher hat meines Wissen auch noch niemand eine Letztbegründung für irgend etwas gefunden. Folglich kannst Du auch keinen Gott widerlegen oder den Naturalismus für "wahr" halten. Ich kenne auch niemanden, der behauptet, daß die Wissenschaft Letztbegründungen liefert oder nach ihnen sucht. Mein Ontologie-Begriff hat damit nichts zu tun.
Step hat folgendes geschrieben: | Bist Du Dir bei der Philosophie sicher? Thomas und andere gehen davon aus, daß es Gott geben könnte, und er schrieb hier auf meine Frage, was diesen Begriff "Gott" denn charakterisiert bzw. rechtfertigt, daß man sich den als letzte Ursache (o.ä.) vorstelle - ich hoffe, ich habe das korrekt wiedergegeben. Dies wäre demnach ein (nach unser aller Meinung unbeweisbares) Konstrukt einer Letztbegründung, daß ich darüberhinaus für sinnlos halte. |
Ich fürchte, wir reden aneinander vorbei. Wenn ich behaupte, daß es keine Letztbegründung gibt, meine ich, daß man Aussagen nicht zwingend belegen kann. Daraus folgt doch gerade, daß Gott durchaus im Bereich des möglichen liegt, weil den niemand widerlegen kann. Was Thomas und mich trennt ist lediglich, daß er glaubt, die "Gotthypothese" (wie überhaupt alles, was sich im außerwissenschaftlichen Kontext ansiedelt), noch irgendwie sinnvoll diskutieren zu können. Mein Beispiel, das ich Graf Zahl gegeben habe, soll deutlich machen, daß ich diese Möglichkeit nicht sehe.
Step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Step hat folgendes geschrieben: | oder ob auch schon ontologische Fragen aus Mangel an Definierbarkeit sinnlos sind (wie nur ich meine). Wenn ich Thomas richtig verstehe, meint er, daß die Ontologie durchaus wichtige und sinnvolle Letztfragen stellt, die auch beantwortbar sind, nur eben leider nicht von uns. Daher meine Frage an Dich: Welchen Sinn haben Deiner Ansicht nach ontologische Fragen, welchen Sinn haben supernaturalistische Begriffe? |
Meines Erachtens braucht die Wissenschaft einen allgemeinen ontologische Rahmen, weil sie ansonsten nicht arbeiten könnte. Eine solch allgemeine Ontologie ist der Naturalismus, wonach sich die Welt rein gesetzmäßig - ohne Zuhilfenahme übernatürlicher Dinge und Wunder - verstehen läßt. |
Wie ich Thomas schon ausführlich erklärt habe, ist diese Annahme meines Erachtens für die Wissenschaft nicht notwendig, dies wird ihr nur oft unterstellt. Es reicht vollkommen aus festzustellen, daß sich die von uns wahrnehmbare Welt offensichtlich hinreichend gesetzmäßig verhält, um mithilfe gefundener Simulationsregeln Voraussagen zu machen. Nirgendwo steckt eine Annahme drin, daß dies so sein müsse, immer so sei usw. Die offensichtliche Gesetzmäßigkeit der sichtbaren Natur ist keine axiomatische Voraussetzung der Naturwissenschaft, sondern eine intersubjektiv gültige empirische Erfahrung. |
Daß sich die Welt (ausschließlich!) naturgesetzlich verhält, entstammt nicht der Erfahrung. Diese Prämisse wird in der Wissenschaft aber vorausgesetzt - und sie muß vorausgesetzt werden, weil ansonsten Wissenschaft keinen Sinn macht. Sobald Du anfängst, im Rahmen Deiner Erklärungen das Wirken einer außerweltlichen Entität in Betracht zu ziehen, kannst Du die Wissenschaften abschreiben. Erstens, weil Du dann nicht mehr spezifisch erklären kannst. Zweitens, weil Du ein solches "Faktum" nicht überprüfen kannst. Und drittens, weil Du dann hoffnungslos dem Proliferationsproblem des Supernaturalismus ausgeliefert wärst.
[...]
Step hat folgendes geschrieben: | Genaugenommen fragen wir nicht wirklich "Warum" in der Naturwissenschaft, sondern "Wie". |
Nein, beides. Du willst doch erklären, warum es eine abgestufte Formenähnlichkeit gibt, warum Sterne explodieren, warum Nitroglycerin auf Kieselgur gefahrlos abbrennt und unter Stoß heftig explodiert etc. Um solche Warum-Fragen wirklich beantworten zu können, brauchst Du natürlich Hypothesen, die in eine mechanismische Theorie eingebettet sind. Erklärungen sind warum-Fragen, die (am besten) auf Mechanismen rekurrieren sollten.
Step hat folgendes geschrieben: | Wenn wir eine Regel gefunden haben, die ein zu beobachtendes Phänomen hinreichend gut zu simulieren / vorauszusagen erlaubt, so haben wir das Phänomen "erklärt". |
Was Du meinst, ist die sogenannte deduktiv-nomologische Erklärung, die aus gutem Grund auch "Subsumption" genannt wird. Der Status von Subsumption und Erklärung ist aber verschieden. Genau genommen berücksichtigt die Subsumtion nur die logische Struktur der Erklärung (die aber nicht zwingend ist). Erklärungen sollten, wenn möglich, aber auch auf einen Mechanismus rekurrieren. Dazu müssen sie nicht unbedingt so formuliert sein, daß sie "Vorhersagekraft" haben.
Step hat folgendes geschrieben: | Was meinst Du mit "Existenzhypothese von Atomen"? Solange man darunter nur versteht, daß es Sinn macht, für meßbares atomares Verhalten einen Begriff "Atom" zu prägen, habe ich kein Problem damit. Daß es dagegen etwas "wirklich gebe", halte ich in der Tat für eine nicht nur unbeweisbare, sondern sogar sinnlose Behauptung. |
Du argumentierst gerade wie ein Positivist, der versucht, alle wissenschaftlichen Begriffe auf experimentelle Methoden zurückzuführen. Solch einen Versuch der "Operationalisierung" gab es tatsächlich. Das Problem ist nur, daß Du soviele Atom-Begriffe definieren müßtest, wie es Bestimmungsmethoden der Atome gibt. Vom empiristischen Operationalismus ist man aber längst abgerückt (der heutige Operationalismus hat eine völlig andere Bedeutung). Nach Poppers Kritik hat man langsam eingesehen, daß solche Ideen nicht haltbar sind. Es gibt einfach keine Möglichkeit, Wissenschaft auf eine neutrale Sprache zu reduzieren, die nur das akezeptiert, was der Erfahrung entstammt und gänzlich ohne transempirische Elemente auskommt.
Grüße
Martin
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