Malcolm Ekelpaket
Anmeldungsdatum: 25.07.2007 Beiträge: 1231
Wohnort: Hamburg
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(#1088479) Verfasst am: 17.09.2008, 20:06 Titel: |
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An sich ein interessantes Thema. Ich habe mit gewissen Sekten nicht immer große Sympathie, das muß ich zugeben, aber religiöse Konkurenz gehört zu einer Gesellschaft dazu.
Man kann die gesellschaftliche Verflechtung der großen Amtskirchen natürlich auch skeptisch sehen. Anderseits wenn ein Harald Schmidt sich als "gläubigen Katholiken" im Spiegel bezeichnet, dabei von einem katholischen Priestern als jemand angesprochen wird, der "auch Priester sein könnte", derselbe gläubige Katholik anderseits sich aber über alles und jedes und auch über die Religion lustig macht, so finde ich das positiv. Manche Atheisten sehen hier immer nur Feindbilder.
Den großen Kirchen geht es eben auch um gesellschaftlichen Einfluß, er ist zugunsten dieses gesellschaftlichen Einflusses aber auch bereit, Abstriche zu machen. Und wenn Altsponti Joschka Fischer von sich mal gesagt hat, der Katholizismus sei die einzige Konstante in seinem Leben und dies der katholischen Amtskirche sicher sehr gut gefallen hat, so weiß doch jeder, daß das angesichts der Spontivergangenheit von Joschka Fischer doch nun völlig lächerlich war.
Dies ist aber der Unterschied zwischen einer christlichen Sekte und einer seriösen Religionsgemeinschaft - nicht unbedingt die Größe! Die Altkatholiken, mit denen ich mich wohl teilweise mal beschäftigt habe, sind sicher eine winzige Religionsgemeinschaft, aber ich würde sie deshalb trotzdem nicht als Sekte bezeichnen. Umgekehrt gibt es in den USA wieder sehr große Religionsgemeinschaften, die für mich sektenhafte Züge tragen.
Also der Unterschied zwischen einer Sekte und einer seriösen Kirche liegt für mich nicht in der Größe, sondern eher darin, daß eine Kirche um gesellschaftlichen Einfluß ringt, dabei aber auch bereit ist Zugeständnisse zu machen, das heißt, sich auch von außen prägen zu lassen. Der katholischen Kirche war die Spontivergangenheit von Joschka Fischer wirklich scheißegal, Hauptsache, sie hatten mal wieder eine einflußreiche Persönlichkeit für sich gewonnen.
Das alles gesagt, bekomme ich doch große Probleme damit, wenn ich von "Sektenbeauftragten der evangelischen Kirche" oder ähnlichem lese.
Trotzdem sollte man in der Beurteilung der ganzen Angelegenheit vorsichtig sein. Der gesellschaftliche Einfluß der Amtskirchen ist zweiseitig zu sehen. Einerseits ringen die Amtskirchen um gesellschaftlichen Einfluß. Anderseits kann es doch auch wieder sein, daß die Amtskirchen von der Politik auf Grund ihrer besonderen "Staatlichkeit" besonders geschätzt werden. Das ist ein Geben und Nehmen denke ich.
Das Beispiel der anglikanischen Kirche in England liegt hier auch sehr nahe. Anscheinend besonders totalitär, wurde sie doch auch als ein gesellschaftlicher Fortschritt, gewissermaßen auch als eine Art von Säkularisierung von Religion begriffen.
Religiöse Freiheit? Ja natürlich. Ich finde es aber trotzdem sehr blauäugig gegen die Amtskirchen zu wettern, denn ich hielte es für möglich, daß man ihrem Einfluß auch irgendwann mal nachtrauert und zwar dann wenn hier Großsekten auf den Plan treten, die unbedingt nur die Gesellschaft prägen wollen, ohne sich prägen zu lassen. Ich meine, wer Joschka Fischer als einen "Agenten der katholischen Kirche" sieht, muß nun wirklich vollkommen bescheuert sein. Wer also glaubt, daß die Macht der Kirche nur darauf beruht, daß die überall ihre Agenten hat, hat glaube ich etwas grundsätzliches nicht verstanden.
Insofern: Bin eigentlich ganz zufrieden, wenn die großen Kirchen ihre politische und mediale Macht gegen Sekten ausspielen. Würde nur da ein Problem sehen, wo es wirklich zur Unterdrückung des freien religiösen Lebens käme. Aber ist das so? Meines Wissens darf man doch immer noch Jehovas Zeuge oder Scientologe sein.
_________________ Ohne die Musik wäre das Leben ein Irrtum.
"Das beste, was du weißt, kannst du den Buben doch nicht sagen." ( Goethe)
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