ateyim registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.05.2007 Beiträge: 3656
Wohnort: Istanbul
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(#1099821) Verfasst am: 06.10.2008, 09:24 Titel: Schüler sein in der Türkei |
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Hier mal wieder ein Erlebnisbericht vom FGH Auslandsreporter aus Istanbul
Ich bin gestern beim sonntaeglichen "Zeitungs- und Brötchenkaufspaziergang" mal einen laengeren Weg gegangen und kam durch ein Viertel in dem die privaten Vorbereitungsschulen auf die Jahresendprüfungen vermehrt auftreten.
In der Türkei gibt es für die Jahrgaenge, die die Grenze zum naechsten Schulabschnitt (Grundschule-Mittelschule-Oberschule-Univeristaet) darstellen, Prüfungen am Ende des Schuljahres. Sie umfassen alle möglichen Wissensgebiete und sind im Multiple Choice Verfahren aufgebaut. (So kann man bei mathematischen Aufgaben auch eventuell das richtige Ergebnis raten, wenn man bei der Rechnung keine Idee hat ). Die Punktzahl dieser Prüfung bestimmt, ob man weitermachen kann und an welchen Schulen man sich bewerben kann. Ganz schlimm ist es beim Wechsel zur Uni, denn hat man die Punktzahl nicht erreicht, dann gibt es keine zweite Chance. Man studiert entweder die Gebiete für die die Punktzahl reichte, oder man hat reiche Eltern, die ein Studium an einer privaten Uni oder im Ausland sich erkaufen können. Ansonsten Pech gehabt.
Nun war ich gestern in diesem Viertel so gegen 8 Uhr morgens und die Strassen waren voller Schüler. Ich sprach eine Gruppe an und fragte, ob sie denn jedes Wochenende Unterricht haetten.
Sie sagten, dass sie in diesen beiden Semestern bis zur Prüfung jeden Sonntag von 8.30 Uhr bis 16 Uhr an diesen Kursen teilnehmen werden. Ihre Eltern haetten dafür richtig zahlen müssen (zwischen umgerechnet 3000-8000 Euro pro Semester ).
Die Schulen haben erst vor zwei Wochen geöffnet und schon stehen die Prüfungsjahrgaenge dermassen unter Druck... sie brauchen den Erfolg für ihre Zukunft, sie wollen die Eltern nicht enttaeuschen, womöglich musste bei dem ein oder anderen einer der Eltern einen Zusatzjob annehmen oder sich einen Kredit bei der Bank gewaehren lassen, um dies zu bezahlen.
Überall haengen an den Schulen Bilder der erfolgreichsten Absolventen des Vorjahrs mit der Platzierunge landesweit. Die Schulen, die es geschafft haben, einen ihrer Schüler unter die ersten 100 oder gar unter die Top Ten zu bringen, können mit den Preisen nach oben gehen.
Es ist etwas, was ich von Deutschland her natürlich so nicht kenne... und erst jetzt merke ich, dass ich so manches eher zu schaetzen gewusst haette, wenn ich hierüber Bescheid gewusst haette.
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