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Egoistische Gene?
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max
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Anmeldungsdatum: 18.07.2003
Beiträge: 3055

Beitrag(#79994) Verfasst am: 23.01.2004, 19:37    Titel: Egoistische Gene? Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Ein Gen konkurriert mit anderen darum, möglichst oft transkribiert zu werden, in möglichst vielen Zellen vertreten zu sein. Selektion findet auf der Ebene der Transkription, der Zellentwicklung, der Formentstehung etc. pp. statt. Der einzige Grund, warum die Selektion auf Ebene des Individuums die wichtigste ist: Alle Gene müssen durch den Bottleneck der Keimzellen, über die sich Individuen fortpflanzen. Und der letztliche Erfolg eines Genes misst sich daran, wie erfolgreich er "overall", also beim Marsch von Keimzelle (alt) bis viele Keimzelle (neu) ist. Gene, die grosse Geweihe machen (schlampig gesprochen), setzen auf die Sackgasse "Hirsche", Gene die während des Wachstums die Länge steuern, sind etwas, das alle Lebewesen brauchen können. Wenn ein Allel gegen so ein Gen anstinken wollte, müsste es schon ganz früh (im ersten Embryostadium) gegen die Konkurrenz des Platzhirsch-Gens gewinnen. Des halb haben die Hox-Gene verdammt gute Karten, weil sie jeden Abweichler frühzeitig (in einer der ersten Phasen) ausschalten.

Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Theorie von den egoistischen Genen eine idealistische Basis hat. Den Genen werden Eigenschaften und sogar Ziele gegeben, die sie einfach nicht haben.

Es gibt hier offensichtlich falsche Annahmen, z.B. warum sollte es für ein Gen vorteilhaft sein, stark transkribiert zu werden? Dies hat nichts mit der Replikation und schon gar nicht mit der Vererbung des Gens zu tun, mal abgesehen davon, dass in vielen Organismen die Hauptregulationsebene post-transkriptionel ist. Auch müssen nicht alle Gene durch den Flaschenhals der Keimbahn, da die meisten Arten auf der Erde überhaupt keine Keimzellen besitzen. Ebenso spielt es für die Vererbung der Gene keine Rolle, ob sie in allen Zellen transkripiert und translatiert werden. Ein Gen in der frühen Embryonalentwicklung, was danach abgeschaltet wird, ist trotzdem essentiell. Auch der Vergleich der Hox-Gene und Geweih-Gene ist abwegig. Geweih-Gene sind eine jüngere Entwicklung, die wahrscheinlich nur in nahen Verwandten der Hirsche vorkommen, während Hox-Gene viel älter sind. Entwicklungsgene haben sich im Rahmen eines Bauplans entwickelt und nicht unabhängig von diesem. Es ist natürlich faszinierend, dass in verschiedenen Eukaryoten, die keine gemeinsamen vielzelligen Vorfahren haben, sich aus den gleichen Genfamilien Gene für die Regulation der Vielzelligkeit entwickelt haben, z.B. Gene für die Apoptose und Chromatinregulation. Aber daraus eine überlegene Überlebensstrategie dieser Gene (mit übrigens einer sehr geringen Transkriptionsrate) zu konstruieren, halte ich für vollkommen übertrieben. Solche Theorien tragen auch nichts zum Verständnis der Evolution und der Entstehung von Arten bei.
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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#80002) Verfasst am: 23.01.2004, 20:03    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Max,

natürlich behauptet niemand, Gene seien kleine Homunkuli, die sich wie die Räuber um ihren Erfolg streiten. Hat Gould behauptet, Dawkins würde das glauben? Das Wort "egoistisch" ist nichts als eeine treffende und höchst fruchtbare Metapher.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#80013) Verfasst am: 23.01.2004, 20:36    Titel: Antworten mit Zitat

Hi max.

natürlich haben die Gene kein Interesse an der Replikation, doch die mittelfristige Entwicklung, von außen betrachtet, zeigt, daß gerade die Gene noch vorhanden sind, die Wissen über ihre Replikationsnischen besonders replikationseffizient kodieren. (Je nach Akzent auf dem Nischenwissen oder dem "noch vorhanden sein" hat man dannentweder den "constraints" oder den Selektionsaspekt.)

Mit "Egoismus" der Gene wird metaphorisch zum Ausdruck gebracht, daß nicht das lebende Individuum die Gene benutzt, um sich fortzupflanzen, sondern Gene Wissen über Replikationsnischen besitzen und dieses Wissen sich durch einen zufällig entstandenen Mechanismus persistenziert, der als eine Zwischenstufe ein lebendes Individuum enthält.

gruß/step
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narziss
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 21939

Beitrag(#80014) Verfasst am: 23.01.2004, 20:37    Titel: Antworten mit Zitat

Irgendwo hier wurde mal in ner Diskussion n Link gepostet in dem eklärt wird, dass sich die Intelligenzgene hauptsächlich auf dem Geschlechtshromosom angesammelt haben. Das könnte man ja u.U. als Genwanderung bezeichnen. Ist natürlich nicht ganz das, was hier besprochen wird, aber der Ansatz ist aj schonmal interessant, ich hab das mal mit Shadaik ausdiskutiert.
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#80027) Verfasst am: 23.01.2004, 20:58    Titel: Re: Egoistische Gene? Antworten mit Zitat

Hi Max,

max hat folgendes geschrieben:


[ ... ]

z.B. warum sollte es für ein Gen vorteilhaft sein, stark transkribiert zu werden?.


eigentlich ist das doch trivial: ein Gen, das stark transkribiert wird (was auch immer das bedeuten mag, vielleicht meinst Du, möglichst oft in Keimzellen gelangt oder sonst was), reichert sich in der Population an, _solange_ es dabei den Organismus nicht so schädigt, dass er nachkommenlos stirbt.

'Vorteilhaft' ist es für das Gen schlicht und ergreifend dadurch, dass es in der nächsten Generation auftaucht. Mehr kann ein Gen sich doch gar nicht 'wünschen'.

Stell Dir mal ein 'Supermensch-Gen' vor, das seinen Träger extrem intelligent, äußerst gut aussehend, körperlich stark, sehr erfolgreich beim 'anderen Geschlecht' und unfruchtbar macht. Welchen Vorteil hätte dieses Gen?

Grüßle

Thomas
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#80032) Verfasst am: 23.01.2004, 21:02    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Step,

step hat folgendes geschrieben:

natürlich haben die Gene kein Interesse an der Replikation, doch die mittelfristige Entwicklung, von außen betrachtet, zeigt, daß gerade die Gene noch vorhanden sind, die Wissen über ihre Replikationsnischen besonders replikationseffizient kodieren. (Je nach Akzent auf dem Nischenwissen oder dem "noch vorhanden sein" hat man dannentweder den "constraints" oder den Selektionsaspekt.)


was meinst Du mit 'Nischenwissen'?

step hat folgendes geschrieben:

Mit "Egoismus" der Gene wird metaphorisch zum Ausdruck gebracht, daß nicht das lebende Individuum die Gene benutzt, um sich fortzupflanzen, sondern Gene Wissen über Replikationsnischen besitzen und dieses Wissen sich durch einen zufällig entstandenen Mechanismus persistenziert, der als eine Zwischenstufe ein lebendes Individuum enthält.


Kannst Du mir bitte erklären, das 'persistenziert' heißen könnte?

BTW, wie speichert ein Gen 'Wissen'?

Dir ist sicher klar, dass der Genzentrismus, den Du ansprichst, in der Evolutionsbiologie, gelinde gesagt, nicht den MainStream darstellt, auch wenn es ein paar sehr lautstarke Vertreter dieser Auffassung gibt?

Grüßle

Thomas
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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#80034) Verfasst am: 23.01.2004, 21:04    Titel: Re: Egoistische Gene? Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Stell Dir mal ein 'Supermensch-Gen' vor, das seinen Träger extrem intelligent, äußerst gut aussehend, körperlich stark, sehr erfolgreich beim 'anderen Geschlecht' und unfruchtbar macht. Welchen Vorteil hätte dieses Gen?

Gröhl... Der ist gut. Das Gen reisst sich quasi den Arsch auf für nichts und wieder nichts. Gröhl...

Ps ich will damit nicht behaupten, ich sei der Meinung, Gene besässen einen Arsch. Nur einen metaphorischen solchen. Pfeifen
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#80035) Verfasst am: 23.01.2004, 21:05    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Narziss,

narziss hat folgendes geschrieben:
Irgendwo hier wurde mal in ner Diskussion n Link gepostet in dem eklärt wird, dass sich die Intelligenzgene hauptsächlich auf dem Geschlechtshromosom angesammelt haben.


Ups. Mir wäre neu, dass es 'Intelligenzgene' gibt. Es stimmt allerdings, dass angeborener Schwachsinn bei Männern viel häufiger ist als bei Frauen. Ich kann Dir gerne Details posten.

narziss hat folgendes geschrieben:
Das könnte man ja u.U. als Genwanderung bezeichnen. Ist natürlich nicht ganz das, was hier besprochen wird, aber der Ansatz ist aj schonmal interessant, ich hab das mal mit Shadaik ausdiskutiert.


Nun ja, Robertsonsche Translokationen sind nicht gerade selten, es gibt auch Retrotransposons und so weiter. Aber ob 'Genwanderung' wirklich ein Evolutionsfaktor ist, muss noch näher untersucht werden.

Grüßle

Thomas
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#80037) Verfasst am: 23.01.2004, 21:07    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Klaus-Peter,

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:

Das Wort "egoistisch" ist nichts als eeine treffende und höchst fruchtbare Metapher.


man könnte auch 'grob irreführend' dazu sagen.

Was weiß ich eigentlich, wenn ich weiß, dass ein Gen, statistisch gesehen, in den Folge-Generationen häufiger vorkommt ('bookkeeping'), darüber, was das Gen bewirkt ('Mechanismus'). Merkst Du, um was sich Dawkins mit seinem Genzentrismus herummogelt?

Grüßle

Thomas
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narziss
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 21939

Beitrag(#80039) Verfasst am: 23.01.2004, 21:15    Titel: Antworten mit Zitat

DAs ist leider nicht ganz der Link den ich meine.

http://www.wissenschaft.de/wissen/hintergrund/172914

Der beschreibt zwar alles was ich gesagt habe, aber nicht wieso die Gene sich so häufen.
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#80040) Verfasst am: 23.01.2004, 21:18    Titel: Re: Egoistische Gene? Antworten mit Zitat

Hi Klaus-Peter,

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Stell Dir mal ein 'Supermensch-Gen' vor, das seinen Träger extrem intelligent, äußerst gut aussehend, körperlich stark, sehr erfolgreich beim 'anderen Geschlecht' und unfruchtbar macht. Welchen Vorteil hätte dieses Gen?


:huhaha: Der ist gut. Das Gen reisst sich quasi den Arsch auf für nichts und wieder nichts. :huhaha:


schön, dass Du darüber lachen kannst. Ist ein Standard-Beispiel, das zeigt, wie Evolution funktioniert: eben _nicht_ durch das 'Überleben des Tüchtigsten', sondern durch erhöhte Darwin-Fitness. Die Gene der alten Ritter, die auf langen Feldzügen allen Gegnern eins auf die Rübe hauten, wären längst ausgestorben, wenn der Knappe Friederich einen Dieterich hatte und, wie nicht unüblich, die fremden Weibers nach der Vergewaltigung umgebracht wurden.

Außerdem ist Mayr höchstselbst inzwischen zu der Überzeugung gelangt, dass 'Selektion' der falsche Ausdruck ist und dass 'Elimination' besser wäre. Ausgelesen werden eben nicht die 'guten', sondern nur die 'ganz schlechten'. Das hat allerdings ganz massive Konsequenzen für das, was für die absolut zwingende Annahme der Ein-Phasen-Lehren ist: _schöpferische_ Selektion.

Grüßle

Thomas
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#80041) Verfasst am: 23.01.2004, 21:22    Titel: Antworten mit Zitat

Hi narziss,

narziss hat folgendes geschrieben:
DAs ist leider nicht ganz der Link den ich meine.

http://www.wissenschaft.de/wissen/hintergrund/172914

Der beschreibt zwar alles was ich gesagt habe, aber nicht wieso die Gene sich so häufen.


er beschreibt eigentlich nur, was man alles spekulieren kann, wenn die Daten fehlen und in der Wissenschaft 'publish or perish' die Feder führt.

Grüßle

Thomas
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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#80043) Verfasst am: 23.01.2004, 21:23    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Was weiß ich eigentlich, wenn ich weiß, dass ein Gen, statistisch gesehen, in den Folge-Generationen häufiger vorkommt ('bookkeeping'), darüber, was das Gen bewirkt ('Mechanismus'). Merkst Du, um was sich Dawkins mit seinem Genzentrismus herummogelt?

Nein, ich merke es überhaupt nicht. Und wir scheinen langsam am Kern des Problems anzukommen. Deshalb möchte ich ausnahmsweise mit einer Gegenfrage antworten: Woher weisst man, dass die berüchtigten Bläschen auf den Lippen vom Herpesvirus kommen? See my point?
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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#80049) Verfasst am: 23.01.2004, 21:50    Titel: Re: Egoistische Gene? Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Ist ein Standard-Beispiel, das zeigt, wie Evolution funktioniert: eben _nicht_ durch das 'Überleben des Tüchtigsten', sondern durch erhöhte Darwin-Fitness.
Ich hoffe doch stark, dass Du nicht etwa angenommen hast, ich würde mit Dir über Evolution diskutieren und wüsste das nicht. Nur die witzige Verpackung mit dem Arschaufreisser-Gen war mir neu.
Zitat:
Außerdem ist Mayr höchstselbst inzwischen zu der Überzeugung gelangt, dass 'Selektion' der falsche Ausdruck ist und dass 'Elimination' besser wäre. Ausgelesen werden eben nicht die 'guten', sondern nur die 'ganz schlechten'.

Es würde mich sehr wundern, wenn Mayr nicht schon immer dieser Meinung gewesen wäre. Auch Dennett oder Dawkins würden dem sofort zustimmen, da wette ich. (ich auch, aber das ist jetzt nicht so wichtig). Es ist übrigens eine klassische Vorhersage des genzentrierten Modells, dass sich die genetische Vielfalt bei Abwesenheit evolutionären Drucks massiv verbreitert. (die gegenwärtifge Menschheit z.B. degeneriert nicht, wie das manche Idioten behaupten, sondern sie erlaubt eine grössere Vielfalt. Wenn irgendein Druck auftauchen sollte, der einen Bandscheibenvorfall wünschenswert macht, dann sind genügend Gene da, die solches bewerkstelligen).
Zitat:
Das hat allerdings ganz massive Konsequenzen für das, was für die absolut zwingende Annahme der Ein-Phasen-Lehren ist: _schöpferische_ Selektion.

Den Satz verstehe ich nicht.
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step
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Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#80050) Verfasst am: 23.01.2004, 21:56    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Mit "Egoismus" der Gene wird metaphorisch zum Ausdruck gebracht, daß nicht das lebende Individuum die Gene benutzt, um sich fortzupflanzen, sondern Gene Wissen über Replikationsnischen besitzen und dieses Wissen sich durch einen zufällig entstandenen Mechanismus persistenziert, der als eine Zwischenstufe ein lebendes Individuum enthält.
Kannst Du mir bitte erklären, das 'persistenziert' heißen könnte?

Ich verstehe darunter, daß dieses Wissen in einem makroskopischen Raumzeitbereich stabil bleibt, konkret hier, daß das Wissen (hat natürlich nichts mit Bewußtsein zu tun) nicht sofort verlorengeht, denn es ist hinreichend selektionsstabil und wird repliziert.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
BTW, wie speichert ein Gen 'Wissen'?

Auf das einzelne Gen würde ich mich ncht festlegen wollen. Das Genom speichert Regeln über seine Umwelt, die es dort replizieren lassen.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Dir ist sicher klar, dass der Genzentrismus, den Du ansprichst, in der Evolutionsbiologie, gelinde gesagt, nicht den MainStream darstellt, auch wenn es ein paar sehr lautstarke Vertreter dieser Auffassung gibt?

Du weißt, daß ich nicht behaupten kann, mich in dem Fach gut auszukennen, insofern lasse ich mich gerne überzeugen. Diese Variante leuchtet mir jedenfalls einigermaßen ein. Hier ging es mir allerdings hauptsächlich darum, jedenfalls personale oder teleologische Interpretationen des "egositischen Gens" zu verhindern.

gruß/step
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max
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Anmeldungsdatum: 18.07.2003
Beiträge: 3055

Beitrag(#80069) Verfasst am: 23.01.2004, 23:00    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Das Wort "egoistisch" ist nichts als eeine treffende und höchst fruchtbare Metapher.

Nein. Warum sollte sie fruchtbar sein? Ich halte die Ansicht, dass die Gene die Hauptebene (oder gar die einzige) der Selektion darstellen, für ziemlich unsinnig und nichtssagend. Diese Ansicht erklärt nichts. Es gibt sicher "egoistische" Sequenzen, z.B. Viren oder Transposons, aber für Gene, die eine Funktion im gesamten Organismus haben, hilft diese Theorie nicht weiter. Was sagt sie darüber aus, wie sich Arten entwickelt haben? Was sagt die Häufigkeit eines Gens aus? Hat ein Anstieg der Häufigkeit eines Gens (besser Allels) in einer Population überhaupt eine Funktion oder ist sie zufällig?
step hat folgendes geschrieben:
[...]daß gerade die Gene noch vorhanden sind, die Wissen über ihre Replikationsnischen besonders replikationseffizient kodieren.

Sorry, ich bin Molekularbiologe und verstehe (wahrscheinlich deshalb) kein Wort. Was willst du sagen? Was soll Wissen über Replikationsnischen bedeuten? Unter Replikation versteht man normalerweise die Amplifikation von DNA, z.B. bei der Zellteilung.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
eigentlich ist das doch trivial: ein Gen, das stark transkribiert wird (was auch immer das bedeuten mag, vielleicht meinst Du, möglichst oft in Keimzellen gelangt oder sonst was), reichert sich in der Population an, _solange_ es dabei den Organismus nicht so schädigt, dass er nachkommenlos stirbt.

Unter Transkription wird der Vorgang verstanden, wenn eine DNA-Sequenz (Gen, kodierende Region) als Matrize für eine mRNA ("Boten-RNA") dient. Eine starke Transkription bedeutet also, dass sehr viel mRNA hergestellt wird. Mit der Vererbung hat dies überhaupt nichts zu tun. Ein Gen reichert sich dann in einer Population an, wenn es häufig vererbt wird. Dies ist völlig unabhängig davon, in welchen Umfang das Gen in Protein oder RNA überschrieben wird. Die Bedeutung eines Gens für einen Organismus ist auch nicht mit der Menge an RNA oder Protein korreliert.
step hat folgendes geschrieben:
Das Genom speichert Regeln über seine Umwelt, die es dort replizieren lassen.

Darüber lässt sich streiten. Wenn betrifft dies nur einen sehr kleinen Teil eines Genoms. Der grösste Teil speichert das "Wissen" über den Organismus, so dass dieser repliziert werden kann, sich also vermehren bzw. wachsen kann.
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



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Beiträge: 9070

Beitrag(#80107) Verfasst am: 24.01.2004, 00:13    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Max,

[ ... ]

sorry, ich hatte Dein Ausgangs-Posting falsch interpretiert. Meine Kritik ging, wie Deine, gegen Klaus-Peters Verwendung von 'Transkription'.

Meine Spielwiese ist eher die Geschichte der Evolutionsforschung. Soweit ich sehe, stimme ich aber mit Deinen Ansichten eher überein als mit denen von Klaus-Peter oder Step. Beide verwenden eine Terminologie, die für Biologen, euphemistisch ausgedrückt, etwas befremdlich ist.

Grüßle

Thomas
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#80113) Verfasst am: 24.01.2004, 00:23    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Klaus-Peter,

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Was weiß ich eigentlich, wenn ich weiß, dass ein Gen, statistisch gesehen, in den Folge-Generationen häufiger vorkommt ('bookkeeping'), darüber, was das Gen bewirkt ('Mechanismus'). Merkst Du, um was sich Dawkins mit seinem Genzentrismus herummogelt?

Nein, ich merke es überhaupt nicht. Und wir scheinen langsam am Kern des Problems anzukommen. Deshalb möchte ich ausnahmsweise mit einer Gegenfrage antworten: Woher weisst man, dass die berüchtigten Bläschen auf den Lippen vom Herpesvirus kommen? See my point?


Nein.

Grüßle

Thomas
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El Schwalmo
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Anmeldungsdatum: 06.11.2003
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Beitrag(#80117) Verfasst am: 24.01.2004, 00:29    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Step,

step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:

Mit "Egoismus" der Gene wird metaphorisch zum Ausdruck gebracht, daß nicht das lebende Individuum die Gene benutzt, um sich fortzupflanzen, sondern Gene Wissen über Replikationsnischen besitzen und dieses Wissen sich durch einen zufällig entstandenen Mechanismus persistenziert, der als eine Zwischenstufe ein lebendes Individuum enthält.

Kannst Du mir bitte erklären, das 'persistenziert' heißen könnte?

Ich verstehe darunter, daß dieses Wissen in einem makroskopischen Raumzeitbereich stabil bleibt, konkret hier, daß das Wissen (hat natürlich nichts mit Bewußtsein zu tun) nicht sofort verlorengeht, denn es ist hinreichend selektionsstabil und wird repliziert.


was ist der Unterschied zwischen 'persistieren' und 'persistenzieren'?

Was bedeutet 'Replikationsnischen'? Ich muss zugeben, dass ich schlicht und ergreifend nicht verstehe, was Du meinst.

step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

BTW, wie speichert ein Gen 'Wissen'?

Auf das einzelne Gen würde ich mich ncht festlegen wollen. Das Genom speichert Regeln über seine Umwelt, die es dort replizieren lassen.


Hmmm, ist das nicht etwas merkwürdig ausgedrückt? Was meinst Du mit 'Regeln'?

step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Dir ist sicher klar, dass der Genzentrismus, den Du ansprichst, in der Evolutionsbiologie, gelinde gesagt, nicht den MainStream darstellt, auch wenn es ein paar sehr lautstarke Vertreter dieser Auffassung gibt?

Du weißt, daß ich nicht behaupten kann, mich in dem Fach gut auszukennen, insofern lasse ich mich gerne überzeugen. Diese Variante leuchtet mir jedenfalls einigermaßen ein. Hier ging es mir allerdings hauptsächlich darum, jedenfalls personale oder teleologische Interpretationen des "egositischen Gens" zu verhindern.


Das ist wieder ein anderer Thread. Mir ging es eigentlich darum, ob man prinzipiell mit dem genzentristischen Ansatz überhaupt Evolution erklären kann.

Grüßle

Thomas
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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#80165) Verfasst am: 24.01.2004, 02:34    Titel: Antworten mit Zitat

max hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Das Wort "egoistisch" ist nichts als eeine treffende und höchst fruchtbare Metapher.

Nein. Warum sollte sie fruchtbar sein? Ich halte die Ansicht, dass die Gene die Hauptebene (oder gar die einzige) der Selektion darstellen, für ziemlich unsinnig und nichtssagend. Diese Ansicht erklärt nichts.

Wer vertritt diese Ansicht? Irgendwie wäre es schon sinnvoll, wenn wir beide die Theorie vom egoistischen Gen kennen würden, bevor wir darüber diskutieren.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Deshalb möchte ich ausnahmsweise mit einer Gegenfrage antworten: Woher weisst man, dass die berüchtigten Bläschen auf den Lippen vom Herpesvirus kommen? See my point?

Nein.

Ich weiss nicht, aber das passiert mir jetzt zum wiederholten Mal. Kann es sein, dass Du Dich drückst, wenn es für die Behauptung, Dawkins verwechsle Bookkeeping mit Mechanismen, eng wird? Wenn Du meine Gegenfrage zu Deiner Zufriedenheit beantwortet hättest, dann hättest Du nämlich auch gleich eine Antwort auf Deine Frage nach der Wirkung von Genen beantwortet.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Mir ging es eigentlich darum, ob man prinzipiell mit dem genzentristischen Ansatz überhaupt Evolution erklären kann.

Zu Deinem Posting an Step dieselbe Frage: Erklärt das Herpesvirus die Lippenbläschen?
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El Schwalmo
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Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#80189) Verfasst am: 24.01.2004, 08:38    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Klaus-Peter,

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
max hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Das Wort "egoistisch" ist nichts als eeine treffende und höchst fruchtbare Metapher.

Nein. Warum sollte sie fruchtbar sein? Ich halte die Ansicht, dass die Gene die Hauptebene (oder gar die einzige) der Selektion darstellen, für ziemlich unsinnig und nichtssagend. Diese Ansicht erklärt nichts.

Wer vertritt diese Ansicht? Irgendwie wäre es schon sinnvoll, wenn wir beide die Theorie vom egoistischen Gen kennen würden, bevor wir darüber diskutieren.


wenn Du dann aber 'transkribiert' schreibst und 'repliziert' meinst, sollten wir uns auch darüber unterhalten, ob Du von Biologie so viel verstehst, dass Du Dawkins verstehen kannst.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Deshalb möchte ich ausnahmsweise mit einer Gegenfrage antworten: Woher weisst man, dass die berüchtigten Bläschen auf den Lippen vom Herpesvirus kommen? See my point?

Nein.

Ich weiss nicht, aber das passiert mir jetzt zum wiederholten Mal. Kann es sein, dass Du Dich drückst, wenn es für die Behauptung, Dawkins verwechsle Bookkeeping mit Mechanismen, eng wird?


Ich habe Dir in diversen Threads x-Mal angeboten, darüber zu diskutieren. Du warst es, der gekniffen hat.

Ich mache Dir einen Vorschlag: ich nenne Dir Literatur, anhand derer Du Dich informieren kannst. Eine gute Zusammenfassung steht in

Gould, S.J. (2002) 'The Structure Of Evolutionary Theory' Cambridge, Mass; London, Belknap S. 632-637; S. 643f; S. 655f

Die wesentlichen Aspekte hat, wie in vielen anderen Fragen, Mayr schon lange dargestellt, beispielsweise in

Mayr, E. (1980) 'Prologue: Some Thoughts on the History of the Evolutionary Synthesis' in: Mayr, E.; Provine, W.B.; (eds.) 'The Evolutionary Synthesis. Perspectives on the Unification of Biology' Cambridge, Massachusetts; London, Harvard University Press S.12

oder auch

Mayr, E. (1959) 'Where are we?' Cold Spring Harbor Symp. Quant. Biol. 24:1-14
Mayr, E. (1992) 'Controversies in retrospect' Oxford Surv. Evol. Biol. 8:1-34

Natürlich hat auch Dawkins was dazu geschrieben, beispielsweise in:

Dawkins, R. (1996) 'Universal Darwinism' in: Ruse, M.; (ed.) 'But is it Science? The Philosophical Question in the Creation / Evolution Controversy' Amherst, Prometheus Books S. 217f

Vielleicht können wir auf dieser Basis diskutieren?

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Mir ging es eigentlich darum, ob man prinzipiell mit dem genzentristischen Ansatz überhaupt Evolution erklären kann.

Zu Deinem Posting an Step dieselbe Frage: Erklärt das Herpesvirus die Lippenbläschen?


- woher kommt das Herpes-Virus?
- was passiert in der Haut, wenn die Bläschen entstehen?
- warum gibt es Herpes genitalis und Herpes labialis, inzwischen beide an beiden Stellen?
- was hat Herpes mit Gürtelrose zu tun?
- warum bilden sich Herpes-Bläschen bei Stress?

Was hast Du damit erklärt, wenn Du sagst, dass die Bläschen durch Herpes-Viren ('bookkeeping') entstehen ('Mechanismus')?

BTW, in einem anderen Thread habe ich gefragt, was Du aus den Bilanzen einer Firma darüber ablesen kannst, was an deren Fließbändern passiert.

Grüßle

Thomas
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max
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Anmeldungsdatum: 18.07.2003
Beiträge: 3055

Beitrag(#80208) Verfasst am: 24.01.2004, 11:47    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Irgendwie wäre es schon sinnvoll, wenn wir beide die Theorie vom egoistischen Gen kennen würden, bevor wir darüber diskutieren.

Entweder kennst du sie selbst dann nicht (siehe das Zitat im ersten Posting hier) oder was ist dann deiner Meinung nach der Beitrag der "egoistischen Gene" zum Verständnis der Evolution? Genfluss etc. mag sicher für Mathematiker und Populationsgenetiker interessant sein, aber das ist nicht die entscheidende Frage für die Evolutionswissenschaft. Hier stellt Genfluss etc. nur ein Teilaspekt dar, der alleine funktionell nichts erklärt.
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



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Beitrag(#80210) Verfasst am: 24.01.2004, 12:05    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Max,

max hat folgendes geschrieben:


[ ... ]

oder was ist dann deiner Meinung nach der Beitrag der "egoistischen Gene" zum Verständnis der Evolution? Genfluss etc. mag sicher für Mathematiker und Populationsgenetiker interessant sein, aber das ist nicht die entscheidende Frage für die Evolutionswissenschaft. Hier stellt Genfluss etc. nur ein Teilaspekt dar, der alleine funktionell nichts erklärt.


Klaus-Peter scheint aus der sehr reduktionistischen Ecke zu kommen und recht selektiv gelesen zu haben. An sich ist das ein uralter Hut.

Wie wenig die Populationsgenetik letztlich geleistet hat, hat Mayr in

Mayr, E. (1959) 'Where are we?' Cold Spring Harbor Symp. Quant. Biol. 24:1-14

hübsch dargestellt. Äußerst interessant ist, was Haldane darauf antwortete

Haldane, J.B.S. (1964) 'A defense of beanbag genetics' Perspectives in Biology and Medicine 7:343-359

Aus einer etwas globaleren Sicht hat das Provine in

Provine, W.B. (1978) 'The Role of Mathematical Population Geneticists in the Evolutionary Synthesis of the 1930s and 1940s' in: Provine, W.B. 'Studies in the History of Biology' Baltimore, John Hopkins University S. 167-192

und etlichen anderen Arbeiten dargestellt.

Grüßle

Thomas
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step
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Beitrag(#80267) Verfasst am: 24.01.2004, 14:24    Titel: Antworten mit Zitat

max hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
[...]daß gerade die Gene noch vorhanden sind, die Wissen über ihre Replikationsnischen besonders replikationseffizient kodieren.
Sorry, ich bin Molekularbiologe und verstehe (wahrscheinlich deshalb) kein Wort. Was willst du sagen? Was soll Wissen über Replikationsnischen bedeuten? Unter Replikation versteht man normalerweise die Amplifikation von DNA, z.B. bei der Zellteilung.

max hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Das Genom speichert Regeln über seine Umwelt, die es dort replizieren lassen.
Darüber lässt sich streiten. Wenn betrifft dies nur einen sehr kleinen Teil eines Genoms. Der grösste Teil speichert das "Wissen" über den Organismus, so dass dieser repliziert werden kann, sich also vermehren bzw. wachsen kann.


Ich meinte mit Replikation etwas allgemeiner die Eigenschaft eines Genoms, nach einem Fortpflanzungszyklus Kopien von sich hervorzubringen. Auch Du verwendest (im zweiten Zitat) das Wort in ähnlicher Bedeutung.

Mit "Wissen über Replikationsnischen" meinte ich, daß das Genom Wissen über diejenigen Eigenschaften der Umwelt kodiert, die seine Replikation beschränken oder bestimmen. Es scheint mir dieses Wissen zu sein, das in einer Art überlebt.

gruß/step
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step
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Beitrag(#80273) Verfasst am: 24.01.2004, 14:37    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Thomas,
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Mir ging es eigentlich darum, ob man prinzipiell mit dem genzentristischen Ansatz überhaupt Evolution erklären kann.

Ich vertrete ja nicht wirklich einen Genzentrismus, sondern eher einen "Wissenszentrismus". Nach einer Zeit sehen wir hauptsächlich das, was genügend Wissen über seine Umwelt enthält, um zu überleben.

Im Prinzip ist das Überleben von Wissen, die Evolution mE unabhängig von den Genen und könnte auch anders verkörpert werden (KIs, andere Datenmedien usw.). Man kann allerdings darüber streiten, ob die Tatsache, daß dies in der Biologie mit Genen und Organismen geschieht, z.B. aufgrund sich ändernder Umweltbedingungen die einzige realistische Möglichkeit darstellt.

gruß/step
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El Schwalmo
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Beitrag(#80276) Verfasst am: 24.01.2004, 14:41    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Step,

[ ... ]

Step hat folgendes geschrieben:

Ich meinte mit Replikation etwas allgemeiner die Eigenschaft eines Genoms, nach einem Fortpflanzungszyklus Kopien von sich hervorzubringen.

Auch Du verwendest (im zweiten Zitat) das Wort in ähnlicher Bedeutung.


eigentlich ging es um 'Replikations_nische_'. Mir ist nicht klar, was dieser Begriff für Dich bedeutet. Meinst Du eine (ökologische?) Nische, in der sich ein Replikator via Aktor replizieren kann? Das würde in etwa Sinn machen. Aber Du hast doch eigentlich ein _einzelnes_ Gen betrachtet. Das ist am _Genom_ eigentlich gar nicht 'interessiert'.

Step hat folgendes geschrieben:

Mit "Wissen über Replikationsnischen" meinte ich, daß das Genom Wissen über diejenigen Eigenschaften der Umwelt kodiert, die seine Replikation beschränken oder bestimmen. Es scheint mir dieses Wissen zu sein, das in einer Art überlebt.


Das ist eine furchtbar schwierige Frage, vor allem, was Du hier unter 'Wissen' verstehen möchtest.

Ganz abgesehen davon, dass auf dieser Ebene 'Information' (vermutlich in etwa synonym zu dem, was Du als 'Wissen' bezeichnest) ein extrem irreführender Begriff ist. Details findest Du beispielsweise in

Mahner, M.; Bunge, M. (2000) 'Philosophische Grundlagen der Biologie' Berlin; mult., Springer S. 271ff.

Du kannst natürlich sagen, dass aus der Vielzahl der Mutanten, die entstehen, durch die Exterselektion nur die Kombinationen zur Fortpflanzung gelangen, die nicht eliminiert werden. Aber ob dann _in_ dem Genom irgendwelches 'Wissen' über die Selektionsbedingungen steckt, ist eine interessante Frage. Ich würde hier analog zum Leib-Seele-Problem davon ausgehen, dass diese Form von 'Wissen' _emergent_ ist.

Grüßle

Thomas
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El Schwalmo
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Beitrag(#80279) Verfasst am: 24.01.2004, 14:51    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Step,

Step hat folgendes geschrieben:
Ich vertrete ja nicht wirklich einen Genzentrismus, sondern eher einen "Wissenszentrismus". Nach einer Zeit sehen wir hauptsächlich das, was genügend Wissen über seine Umwelt enthält, um zu überleben.


dazu habe ich in meinem anderen Posting etwas geschrieben.

Vielleicht noch ein Aspekt: sehen wir wirklich 'Wissen' _über_ die Umwelt gespeichert, oder ist nur das eliminiert, was mit dieser Umwelt nicht kompatibel ist? Das wäre, mutatis mutandis, dasselbe wie unser 'Welt'bild: wir wissen nur, dass Theorien, die an der Erfahrung scheitern, falsch sind. Über den ontologischen Status der verbleibenden wissen wir nichts.

Step hat folgendes geschrieben:
Im Prinzip ist das Überleben von Wissen, die Evolution mE unabhängig von den Genen und könnte auch anders verkörpert werden (KIs, andere Datenmedien usw.).


Auch hier scheint mir alles an der Definition von 'Wissen' zu hängen. Zudem scheint mir das nicht besonders hilfreich zu sein. Schau Dir ökologische Nischen an. Wenn Du den Nischen-Inhaber ausrottest, wird diese Nische üblicherweise von anderen Wesen besetzt. Speichert der Nachfolger dasselbe 'Wissen', obwohl sein Körper aus vollkommen anderen Genen besteht? Muss dieses 'Wissen' überhaupt in den Genen gespeichert werden? Was ist hier 'Wissen'?

Step hat folgendes geschrieben:
Man kann allerdings darüber streiten, ob die Tatsache, daß dies in der Biologie mit Genen und Organismen geschieht, z.B. aufgrund sich ändernder Umweltbedingungen die einzige realistische Möglichkeit darstellt.


Natürlich sieht es bei uns Menschen vollkommen anders aus: unsere Evolution verläuft tradigenetisch. Das gibt es im Rest der Natur bestenfalls in Ansätzen.

Ich muss ganz ehrlich zugeben, dass ich nicht weiß, ob wir einfach nur aneinander vorbei reden, weil wir mit denselben Begriffen (wie 'Wissen', 'Evolution', 'Gen' etc.) verschiedene Inhalte verbinden.

Grüßle

Thomas
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Beitrag(#80281) Verfasst am: 24.01.2004, 14:55    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Ganz abgesehen davon, dass auf dieser Ebene 'Information' (vermutlich in etwa synonym zu dem, was Du als 'Wissen' bezeichnest) ein extrem irreführender Begriff ist.

Ich hatte ja bereits auf die Problematiok des Begriffs "Wissen" in diesem Zusammenhang hingewiesen. Ähnlich wie in der epistemologischen Diskussion wirst Du Dich vermutlich mit jeder Definition von "Wissen", die ich vertreten könnte, schwertun, und Du wirst - vermute ich - nie eine abgeben zwinkern
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Details findest Du beispielsweise in

Mahner, M.; Bunge, M. (2000) 'Philosophische Grundlagen der Biologie' Berlin; mult., Springer S. 271ff.

Bis jetzt drücke ich mich um Bücher mit dermaßen verdächtigen Titeln - wie sollte die Philosophie überhaupt für eine Naturwissenschaft wirklich grundlegend sein können?

gruß/step
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Beitrag(#80284) Verfasst am: 24.01.2004, 15:07    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Vielleicht noch ein Aspekt: sehen wir wirklich 'Wissen' _über_ die Umwelt gespeichert, oder ist nur das eliminiert, was mit dieser Umwelt nicht kompatibel ist? Das wäre, mutatis mutandis, dasselbe wie unser 'Welt'bild: wir wissen nur, dass Theorien, die an der Erfahrung scheitern, falsch sind. Über den ontologischen Status der verbleibenden wissen wir nichts.

Das ist durchaus ein interessanter Punkt. Bei den Genen kann ich das nicht beantworten, aber ich denke, man wird es können. Bei den Theorien ist es doch so, daß als nichtfalsifiziertes Wissen immerhin konkrete Theorien übrigbleiben, mit denen gut vorausgesagt werden kann. Welchen ontologischen Status sie haben, ist mir wie Du weißt wurst, aber sie stellen offensichtlich Wissen dar.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Wenn Du den Nischen-Inhaber ausrottest, wird diese Nische üblicherweise von anderen Wesen besetzt. Speichert der Nachfolger dasselbe 'Wissen', obwohl sein Körper aus vollkommen anderen Genen besteht?

Im Prinzip ja. Ob es dasselbe Wissen oder nur überschneidendes Wissen ist, hängt mE von der Enge der Nische ab.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Muss dieses 'Wissen' überhaupt in den Genen gespeichert werden?
Jedenfalls muß dort irgendwetwas gespeichert werden, das dafür sorgt, daß der entstehende Organismus in der entsprechenden Nische wieder überlebensfähig ist - wenn wir die Mutationen mal außer Betracht lassen.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Step hat folgendes geschrieben:
Man kann allerdings darüber streiten, ob die Tatsache, daß dies in der Biologie mit Genen und Organismen geschieht, z.B. aufgrund sich ändernder Umweltbedingungen die einzige realistische Möglichkeit darstellt.
Natürlich sieht es bei uns Menschen vollkommen anders aus: unsere Evolution verläuft tradigenetisch. Das gibt es im Rest der Natur bestenfalls in Ansätzen.
Das Wort ist mir unbekannt. Meinst Du damit, daß wir auch kulturell (also durch Speicherung auf anderen Medien) Wissen über unsere Nische erhalten?

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Beitrag(#80294) Verfasst am: 24.01.2004, 15:19    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Step,

step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Ganz abgesehen davon, dass auf dieser Ebene 'Information' (vermutlich in etwa synonym zu dem, was Du als 'Wissen' bezeichnest) ein extrem irreführender Begriff ist.

Ich hatte ja bereits auf die Problematiok des Begriffs "Wissen" in diesem Zusammenhang hingewiesen. Ähnlich wie in der epistemologischen Diskussion wirst Du Dich vermutlich mit jeder Definition von "Wissen", die ich vertreten könnte, schwertun, und Du wirst - vermute ich - nie eine abgeben ;-)


in dem von Dir nicht besonders geschätzten Buch steht als Definition 3.3.

<cite S. 61>
Das Wissen (oder die Erkenntnis) eines Tiers zu einer bestimmten Zeit ist die Menge aller (i) sensomotorischen Fähigkeiten oder (ii) perzeptiven Fähigkeiten und Wahrnehmungen oder (iii) Begriffe und Aussagen, die es bis dahin gelernt und behalten hat.
</cite>

Auf S. 59 - 66 findest Du sehr eingehende Betrachtungen darüber, was man alles als 'Wissen' bezeichnen kann.

Aber, wie gesagt, wenn es um Gene geht, ist das, was dort über 'Der genetische Informationismus' (S. 275ff) und vor allem 'Die DNA: das primum movens der Entwicklung?' (S. 281ff) steht, zumindest einer näheren Überlegung wert, auch wenn man in Details nicht mit dem Ansatz der Autoren übereinstimmt.

step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Details findest Du beispielsweise in

Mahner, M.; Bunge, M. (2000) 'Philosophische Grundlagen der Biologie' Berlin; mult., Springer S. 271ff.

Bis jetzt drücke ich mich um Bücher mit dermaßen verdächtigen Titeln - wie sollte die Philosophie überhaupt für eine Naturwissenschaft wirklich grundlegend sein können?


Bunge ist theoretischer Physiker, Mahner promovierter Biologe. Was die dort unter 'Ontologie' vertreten, dürfte unser Weltbild recht gut beschreiben. Die Autoren vertreten zwar teilweise eine für MainStream-Biologen etwas idiosynkratische Auffassung, man kann sich in diesem Buch aber auf jeden Fall über die Probleme und das Spektrum an bisher vorgeschlagenen Lösungen sehr gut informieren.

Und noch was: der größte Fehler, den man machen kann, ist zu behaupten, dass man keine Philosophie vertritt. 'Philosophie' ist in der heutigen Zeit nicht mehr die Frage nach dem 'Sein des Seienden' oder 'Warum ist Seiendes und nicht vielmehr Nichts', sondern die kritische Hinterfragung der Voraussetzungen, unter denen Wissenschaftler überhaupt arbeiten.

Das siehst Du leicht daran, dass man sich Philosophen herbeiholt, wenn man merkt, dass in eigenen Haus nur noch fruchtlose Debatten ablaufen. Im Falle der Evolutionsbiologie sah das beispielsweise so aus:

Gayon, J. (1990) 'Critics and criticism of the modern Synthesis. The viewpoint of a philosopher' Evolutionary Biology 24:1-50

<cite S.1>
On the occasion of such a review, the editors of Evolutionary Biology have given a formidable challenge to philosophers. In a correspondence inviting this review, the editors asked the philosopher to provide "his evaluation of the status of modern evolutionary biology. " More specifically, it was suggested (1) to examine "the underlying assumptions implicit in classical and current evolutionary theory," (2) to clarify "the major limitations and contradictions posed by the modern synthesis," and (3) to suggest "alternative assumptions [which] will best guide future research an evolution into new and fruitful directions." </cite>

'Evolutionary Biology' ist eine Art Zeitschrift, die von Dobzansky begründet wurde und in der Tradition der 'klassischen' Synthese, also des bis etwa 1970 nahezu unbestrittenen Standards der Evolutionslehre, steht. Hecht, einer der Herausgeber, hat den Philosophen Gayon gebeten, die genannten Fragen zu beantworten.

Genau in diesem Sinn verstehen Mahner und Bunge ihr Buch.

Grüßle

Thomas
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