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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1289442) Verfasst am: 15.05.2009, 19:46 Titel: Dialog gescheitert |
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Die großen Zeitungen kommentieren einen Fall des Scheiterns eines Dialoges. Ist die nun symptomatisch oder nur eine Manifestation eines irrealen Traums?
Zunächst die Frankfurter Rundschau - etwas knapp -
http://fr-online.de/frankfurt_und_hessen/nachrichten/hessen/1753813_Hessischer-Kulturpreis-Islam-Vertreter-vergeblich-gesucht.html
Zitat: | Die Verleihung des Hessischen Kulturpreises 2009 an Vertreter verschiedener Religionen findet ohne Preisträger aus dem Islam statt. Nach heftigem Streit unter den Preisträgern habe das Kuratorium des Preises seine Entscheidung vom vergangenen Dezember geändert, teilte die Landesregierung am Mittwoch in Wiesbaden mit. |
Zu den beiden fehlgeschlagenen Versuchen:
Zitat: |
"Zur Überraschung der Jury lehnte Sezgin nach einigen Wochen die Auszeichnung ab", hieß es in der Mitteilung. Sezgin erklärte, sein Mitpreisträger Korn habe die Auseinandersetzung zwischen Israel und den Palästinensern im Gaza-Streifen so einseitig kommentiert, "dass es für seine politische Überzeugung und sein kulturelles Verständnis nicht hinnehmbar sei, den Preis mit ihm anzunehmen". |
Zitat: | Allerdings veröffentlichte Kermani zu Ostern einen Essay in der Neuen Züricher Zeitung, in dem er sich negativ über das christliche Symbol des Kreuzes äußerte: "Für mich formuliere ich die Ablehnung der Kreuzestheologie drastischer: Gotteslästerung und Idolatrie (Götzendienst, Anmerkung dpa)." Daraufhin hätten Kardinal Lehmann und Kirchenpräsident Steinacker erklärt, den Preis nicht gemeinsam mit Kermani annehmen zu wollen. |
Natürlich ist der Vorwurf der Gotteslästerung kein Beitrag zum Dialog. Oder würde jemand erwarten, dass man in der Türkei für seine Dialogbereitschaft ausgezeichnet würde, wer Mohammed öffentlich einen falschen Propheten nennt?
Darum ist die Konsequenz auch klar:
Zitat: | Das Jury habe versucht, den Beitrag der drei Religionskulturen zur Gesellschaft in Deutschland gemeinsam zu ehren. "Nach den geschilderten Erfahrungen betrachtet das Kuratorium mit großem Bedauern dieses Projekt als vorläufig gescheitert." Es wäre aber unvertretbar gewesen, die bereits ausgesprochene Ehrung für Lehmann, Steinacker, Korn und deren Lebenswerk zurückzunehmen. Man habe weiter beschlossen, den Vorgang öffentlich zu machen, "um damit Debatten anzustoßen, die aus den Erfahrungen lernen lassen". |
Die FAZ ist da schon weit offener gegen Kermani:
Zitat: |
Diese kühne, dramatische Folge von Kermanis Gedanken, die für einen Muslim an der Schwelle zur Ketzerei liegen müssen, entging Peter Steinacker und Karl Kardinal Lehmann. Diese Vorderleute einer liberalen Theologie des innerkirchlichen und interreligiösen „Dialogs“ erhoben Einspruch gegen den neu ins Auge gefassten Preisträger - und zwar wegen des Kreuzes. Sie würden, so erklärten beide, „wegen der so fundamentalen und unversöhnlichen Angriffe auf das Kreuz als zentrales Symbol des christlichen Glaubens den Preis bei gleichzeitiger Vergabe an Navid Kermani nicht annehmen“. |
Diese verzeihende Sympathie mit Kermani gipfelt in der FAZ zu einer Generalkritik an den Verbleibenden:
Zitat: |
Wo nun die größere Missachtung des Kreuzes liegt, in Kermanis häretischen Ideen oder in der neueren innerkirchlichen Sanftheitsreligion, das ist eine theologische Frage, über die das letzte Wort wohl noch nicht gesprochen ist. Dialog, nach der Vorstellung mancher, ist nur möglich, wo er eigentlich seinen Sinn schon eingebüßt hat. Da, wo es ernst wird, wo er beginnen müsste, bricht man ihn ab. |
Mein Verständnis an Dialogbereitschaft sieht anders aus. Ich würde auch nicht auf die Idee kommen, einen Geert Wilders einen Preis für Dialogfreude zu geben.
Kermani hätte wissen müssen und wusste auch, dass ein Vorwurf der Gotteslästerung die Basis des Dialoges zerstört. Und ich habe Verständnis für die, die auch ein gewisses Mindestmaß an Dialogbereitschaft von ihrem gegenüber fordern, sonst ist ein Dialogversuch sinnlos.
Das Landesportal Hessens zeigt eine etwas weniger verbämende Deutung Kermanis:
Zitat: |
Am 14. März 2009 veröffentlichte Navid Kermani in der Neuen Züricher Zeitung ein Essay, das sich mit Erfahrungen seines Studienaufenthaltes in Rom beschäftigte. Dabei setzt er sich mit der Bedeutung des Kreuzes auseinander und schreibt unter anderem:
„Kreuzen gegenüber bin ich prinzipiell negativ eingestellt. (…) Es ist eine Absage. Gerade weil ich es ernst nehme, lehne ich das Kreuz rundherum ab. Nebenbei finde ich die Hypostasierung des Schmerzes barbarisch, körperfeindlich, ein Undank gegenüber der Schöpfung (...) Ich kann im Herzen verstehen, warum Judentum und Islam die Kreuzigung ablehnen. Sie tun es ja höflich, viel zu höflich, wie mir manchmal erscheint. (…) Der Koran sagt, dass ein anderer gekreuzigt worden sei. Jesus sei entkommen. Für mich formuliere ich die Ablehnung der Kreuzestheologie drastischer: Gotteslästerung und Idolatrie. (…)“
(Quelle: Neue Zürcher Zeitung vom 14. April 2009:
http://www.nzz.ch/nachrichten/kultur/literatur_und_kunst/warum_hast_du_uns_verlassen__guido_renis_kreuzigung_1.2195409.html ). |
Also, wie ist es? Soll man sich um Dialog bemühen? Oder ist es besser, unverbrämt den Kulturkampf auszurufen? Oder doch eine eher isolierte Koexistenz? Was lernt man aus der Geschichte?
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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frausch Wurschtist
Anmeldungsdatum: 04.02.2009 Beiträge: 370
Wohnort: Thoiry
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(#1289449) Verfasst am: 15.05.2009, 20:14 Titel: |
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Also ich bin nicht so scharf darauf, dass es einen Dialog zwischen Christen, Moslems und Juden gibt. Die Basis eines solchen Dialoges ist ja immer so etwas wie: "Wir glauben ja alle an den gleichen Gott." Aber was ist mit den Leuten die nicht an diesen Gott glauben?
_________________ Ich bin kein Troll, ich denke wirklich so!
Ich brauch kein Gegenargument, Ich bin ja selber dagegen (Gerhard Polt).
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Zoff registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.08.2006 Beiträge: 21668
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(#1289462) Verfasst am: 15.05.2009, 20:34 Titel: |
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frausch hat folgendes geschrieben: | Also ich bin nicht so scharf darauf, dass es einen Dialog zwischen Christen, Moslems und Juden gibt. Die Basis eines solchen Dialoges ist ja immer so etwas wie: "Wir glauben ja alle an den gleichen Gott." Aber was ist mit den Leuten die nicht an diesen Gott glauben? |
Die sind dann das einende Element, der gemeinsame Gegner.
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Mo. over and out
Anmeldungsdatum: 30.11.2007 Beiträge: 12690
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(#1289476) Verfasst am: 15.05.2009, 20:55 Titel: |
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tagesspiegel
Zitat: | Wohlgemerkt, dies ist ein persönliches Bekenntnis, ein höchst tolerantes dazu. Eine klare Wertschätzung der anderen und trotzdem eine entschiedene eigene Position. Jeder möge glauben, was er will, und beten, zu wem er will, aber ich, Narvid Kermani, lehne das Kreuz für mich ab. Schon das ein Musterbeispiel für einen religiösen Dialog. Und dann der überraschende Wendepunkt, der Höhepunkt am Schluss: „Und nun saß ich vor dem Altarbild Guido Renis in der Kirche San Lorenzo in Lucina und fand den Anblick so berückend, so voller Segen, dass ich am liebsten nicht mehr aufgestanden wäre. Erstmals dachte ich: Ich – nicht nur: man –, ich könnte an ein Kreuz glauben.“ |
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pewe auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 20.01.2008 Beiträge: 3377
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(#1289494) Verfasst am: 15.05.2009, 21:09 Titel: |
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Religion ist Privatsache.
Einen Kulturpreis explizit an Personen mit religiösem Hintergrund zu verleihen und dabei kulturelle Leistungen würdigen zu wollen ist eh daneben gegriffen.
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1289497) Verfasst am: 15.05.2009, 21:12 Titel: |
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Zitat: |
Und dann bekannt: „Kreuzen gegenüber bin ich prinzipiell negativ eingestellt. Nicht, dass ich die Menschen, die zum Kreuz beten, weniger respektiere als andere betende Menschen. Es ist kein Vorwurf. Es ist eine Absage. Gerade weil ich ernst nehme, was es darstellt, lehne ich das Kreuz rundherum ab. Nebenbei finde ich die Hypostasierung des Schmerzes barbarisch, körperfeindlich, ein Undank gegenüber der Schöpfung, über die wir uns freuen, die wir genießen sollen, auf dass wir den Schöpfer erkennen.“
Wohlgemerkt, dies ist ein persönliches Bekenntnis, ein höchst tolerantes dazu. Eine klare Wertschätzung der anderen und trotzdem eine entschiedene eigene Position. Jeder möge glauben, was er will, und beten, zu wem er will, aber ich, Narvid Kermani, lehne das Kreuz für mich ab. Schon das ein Musterbeispiel für einen religiösen Dialog. |
Man mag diese Absage vielleicht noch für tolerant halten, aber ein Beispiel für einen Dialog halte ich ihn nicht. Die Antwort darauf wäre, "... und ich lehne falsche Propheten prinzipiell und rundherum ab. Und zwar ganz persönlich ... ebenso wie den Islam als menschenverachtende und rassistische Ideologie."
Wenn ich das einem Muslim erklären würde, dann würde jeder an mir zweifeln, das als konstruktiven Beitrag zu einem Dialog zu bezeichnen.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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Hornochse Orthographiefetischist
Anmeldungsdatum: 22.07.2007 Beiträge: 8223
Wohnort: Bundeshauptstadt
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(#1289502) Verfasst am: 15.05.2009, 21:16 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Die Antwort darauf wäre, "... und ich lehne falsche Propheten prinzipiell und rundherum ab. Und zwar ganz persönlich ... ebenso wie den Islam als menschenverachtende und rassistische Ideologie." |
Vielleicht habe ich das jetzt überlesen, aber wo ist das Äquivalent zu "menschenverachtende und rassistische Ideologie" zu finden?
_________________ Alles könnte anders sein - und fast nichts kann ich ändern.
- Niklas Luhmann -
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Mo. over and out
Anmeldungsdatum: 30.11.2007 Beiträge: 12690
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(#1289503) Verfasst am: 15.05.2009, 21:17 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: |
Zitat: |
Und dann bekannt: „Kreuzen gegenüber bin ich prinzipiell negativ eingestellt. Nicht, dass ich die Menschen, die zum Kreuz beten, weniger respektiere als andere betende Menschen. Es ist kein Vorwurf. Es ist eine Absage. Gerade weil ich ernst nehme, was es darstellt, lehne ich das Kreuz rundherum ab. Nebenbei finde ich die Hypostasierung des Schmerzes barbarisch, körperfeindlich, ein Undank gegenüber der Schöpfung, über die wir uns freuen, die wir genießen sollen, auf dass wir den Schöpfer erkennen.“
Wohlgemerkt, dies ist ein persönliches Bekenntnis, ein höchst tolerantes dazu. Eine klare Wertschätzung der anderen und trotzdem eine entschiedene eigene Position. Jeder möge glauben, was er will, und beten, zu wem er will, aber ich, Narvid Kermani, lehne das Kreuz für mich ab. Schon das ein Musterbeispiel für einen religiösen Dialog. |
Man mag diese Absage vielleicht noch für tolerant halten, aber ein Beispiel für einen Dialog halte ich ihn nicht. Die Antwort darauf wäre, "... und ich lehne falsche Propheten prinzipiell und rundherum ab. Und zwar ganz persönlich ... ebenso wie den Islam als menschenverachtende und rassistische Ideologie."
Wenn ich das einem Muslim erklären würde, dann würde jeder an mir zweifeln, das als konstruktiven Beitrag zu einem Dialog zu bezeichnen. |
Zitat: | „Und nun saß ich vor dem Altarbild Guido Renis in der Kirche San Lorenzo in Lucina und fand den Anblick so berückend, so voller Segen, dass ich am liebsten nicht mehr aufgestanden wäre. Erstmals dachte ich: Ich – nicht nur: man –, ich könnte an ein Kreuz glauben.“ |
Was willst du noch? Dass er sich umgehend taufen lässt?
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Hornochse Orthographiefetischist
Anmeldungsdatum: 22.07.2007 Beiträge: 8223
Wohnort: Bundeshauptstadt
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(#1289504) Verfasst am: 15.05.2009, 21:18 Titel: |
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pewe hat folgendes geschrieben: | Religion ist Privatsache.
Einen Kulturpreis explizit an Personen mit religiösem Hintergrund zu verleihen und dabei kulturelle Leistungen würdigen zu wollen ist eh daneben gegriffen. |
Das ist alles, was man dazu sagen muss.
_________________ Alles könnte anders sein - und fast nichts kann ich ändern.
- Niklas Luhmann -
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1289517) Verfasst am: 15.05.2009, 21:29 Titel: |
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Hornochse hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Die Antwort darauf wäre, "... und ich lehne falsche Propheten prinzipiell und rundherum ab. Und zwar ganz persönlich ... ebenso wie den Islam als menschenverachtende und rassistische Ideologie." |
Vielleicht habe ich das jetzt überlesen, aber wo ist das Äquivalent zu "menschenverachtende und rassistische Ideologie" zu finden? |
Siehe Zitat: "... barbarisch, körperfeindlich, ein Undank gegenüber der Schöpfung, über die wir uns freuen, die wir genießen sollen, auf dass wir den Schöpfer erkennen.“
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1289524) Verfasst am: 15.05.2009, 21:36 Titel: Re: Dialog gescheitert |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Also, wie ist es? Soll man sich um Dialog bemühen? |
Das kommt darauf an, wen man als man bezeichnet. Ich werde mich mit jemandem, der das Symbol des Kreuzes als Hypostasierung des Schmerzes, als barbarisch, körperfeindlich und als eine Respektlosigkeit gegenüber dem Dasein empfindet, durchaus um Dialog bemühen. Schon weil ich gar keinen Grund für mich sehe, mich nicht um einen Dialog mit ihm zu bemühen. Als Gotteslästerung betrachte ich das Kreuz hingegen nicht, weil diese Kategorie in meinem Denken so gar nicht vorkommt (wofür es verschiedene Gründe gibt). Ob du dich um einen Dialog mit Muslimen, die solche Ansichten vertreten, bemühen willst, ist deine Sache und mir relativ egal.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 15.05.2009, 21:41, insgesamt einmal bearbeitet |
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1289528) Verfasst am: 15.05.2009, 21:40 Titel: |
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Mo. hat folgendes geschrieben: |
Zitat: | „Und nun saß ich vor dem Altarbild Guido Renis in der Kirche San Lorenzo in Lucina und fand den Anblick so berückend, so voller Segen, dass ich am liebsten nicht mehr aufgestanden wäre. Erstmals dachte ich: Ich – nicht nur: man –, ich könnte an ein Kreuz glauben.“ |
Was willst du noch? Dass er sich umgehend taufen lässt? |
Diese nebulösen Worte kann man deuten wie man will. Nach dem Vorangegangen hat er sich aber derartig unmissverständlich deutlich von jeder christlichen Deutung distanziert, dass das heißen mag was will: Es hat weder was mit Christentum noch mit Dialog zu tun.
Ich fordere von keinem Muslim eine Bekehrung. Aber wer zum Dialog antritt, sollte mit Vorverurteilungen zurückhaltend sein, wenn man ihm Ernsthaftigkeit abnehmen will.
Navid Kermani lässt wenig Zweifel an einem Interesse an der Sicht von Christen. Er erteilt eine Absage und meint, er sei noch zu höflich mit ihnen umgegangen. Und er nennt seine Ablehnung mit Namen: "Für mich formuliere ich die Ablehnung der Kreuzestheologie drastischer: Gotteslästerung und Idolatrie."
Da gibt es keinen Punkt mehr, wo man noch einen Dialog üben könnte. Und so viel Respekt sollte man auch Navid Kermani auch entgegen bringen. Eine Absage sollte man respektieren. Alles andere ist dumpfe Anbiederei.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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Hornochse Orthographiefetischist
Anmeldungsdatum: 22.07.2007 Beiträge: 8223
Wohnort: Bundeshauptstadt
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(#1289535) Verfasst am: 15.05.2009, 21:47 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Hornochse hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Die Antwort darauf wäre, "... und ich lehne falsche Propheten prinzipiell und rundherum ab. Und zwar ganz persönlich ... ebenso wie den Islam als menschenverachtende und rassistische Ideologie." |
Vielleicht habe ich das jetzt überlesen, aber wo ist das Äquivalent zu "menschenverachtende und rassistische Ideologie" zu finden? |
Siehe Zitat: "... barbarisch, körperfeindlich, ein Undank gegenüber der Schöpfung, über die wir uns freuen, die wir genießen sollen, auf dass wir den Schöpfer erkennen.“ |
Das passt vielleicht zu "menschenverachtend", rassistisch ist aber eine ganz andere Kategorie.
_________________ Alles könnte anders sein - und fast nichts kann ich ändern.
- Niklas Luhmann -
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1289542) Verfasst am: 15.05.2009, 21:50 Titel: Re: Dialog gescheitert |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Also, wie ist es? Soll man sich um Dialog bemühen? |
Das kommt darauf an, wen man als man bezeichnet. Ich werde mich mit jemandem, der das Symbol des Kreuzes als Hypostasierung des Schmerzes, als barbarisch, körperfeindlich und als eine Respektlosigkeit gegenüber dem Dasein empfindet, durchaus um Dialog bemühen. Schon weil ich gar keinen Grund für mich sehe, mich nicht um einen Dialog mit ihm zu bemühen. |
Da du möglicherweise diese Ansicht teilst, sehe ich relativ wenig Probleme, dass du hier einen Dialog gefährdet siehst. Das wäre doch eher was für einen Stammtisch und keine Herausforderung. Die entsprechend transkribierte Frage wäre für dich eher: Suchst du den Dialog mit jemanden, der im Kreuz die dialektische Bejahung des Lebens und der Liebe sieht, in der Überwindung des Schicksalhaften und der Hoffnung des ewigen Lebens ?
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Als Gotteslästerung betrachte ich das Kreuz hingegen nicht, weil diese Kategorie in meinem Denken so gar nicht vorkommt (wofür es verschiedene Gründe gibt). Ob du dich um einen Dialog mit Muslimen, die solche Ansichten vertreten, bemühen willst, ist deine Sache und mir relativ egal. |
Wenn dir ein Muslim sagt, dass dein Unglaube bereits Gotteslästerung sei, der dein Leben in muslimischen Ländern in Gefahr bringe, möchte ich bezweifeln, ob du dies als Angebot zum Dialog betrachten würdest. Und was hilft es dir dann, wenn du noch so Dialogbereit wärst, wenn du aber jene Bereitschaft bei deinem Gegenüber nicht erkennst.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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Hornochse Orthographiefetischist
Anmeldungsdatum: 22.07.2007 Beiträge: 8223
Wohnort: Bundeshauptstadt
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(#1289544) Verfasst am: 15.05.2009, 21:52 Titel: |
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Worin besteht denn eigentlich das Problem, wenn es keinen Dialog gibt?
_________________ Alles könnte anders sein - und fast nichts kann ich ändern.
- Niklas Luhmann -
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Mo. over and out
Anmeldungsdatum: 30.11.2007 Beiträge: 12690
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(#1289546) Verfasst am: 15.05.2009, 21:56 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Mo. hat folgendes geschrieben: |
Zitat: | „Und nun saß ich vor dem Altarbild Guido Renis in der Kirche San Lorenzo in Lucina und fand den Anblick so berückend, so voller Segen, dass ich am liebsten nicht mehr aufgestanden wäre. Erstmals dachte ich: Ich – nicht nur: man –, ich könnte an ein Kreuz glauben.“ |
Was willst du noch? Dass er sich umgehend taufen lässt? |
Diese nebulösen Worte kann man deuten wie man will. Nach dem Vorangegangen hat er sich aber derartig unmissverständlich deutlich von jeder christlichen Deutung distanziert, dass das heißen mag was will: Es hat weder was mit Christentum noch mit Dialog zu tun.
Ich fordere von keinem Muslim eine Bekehrung. Aber wer zum Dialog antritt, sollte mit Vorverurteilungen zurückhaltend sein, wenn man ihm Ernsthaftigkeit abnehmen will. |
Na, zum Glück bist du als wahrer Schotte...äh...Christ frei von jeglichen Vorverurteilungen oder zumindest zurückhaltend.
Zitat: | Navid Kermani lässt wenig Zweifel an einem Interesse an der Sicht von Christen. Er erteilt eine Absage und meint, er sei noch zu höflich mit ihnen umgegangen. Und er nennt seine Ablehnung mit Namen: "Für mich formuliere ich die Ablehnung der Kreuzestheologie drastischer: Gotteslästerung und Idolatrie."
Da gibt es keinen Punkt mehr, wo man noch einen Dialog üben könnte. Und so viel Respekt sollte man auch Navid Kermani auch entgegen bringen. Eine Absage sollte man respektieren. Alles andere ist dumpfe Anbiederei. |
Dann halt nicht. Ob Religiöse miteinander oder übereinander oder gegeneinander über die richtige Religion streiten, ist mir letztlich Jacke wie Hose.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1289550) Verfasst am: 15.05.2009, 22:00 Titel: Re: Dialog gescheitert |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Die entsprechend transkribierte Frage wäre für dich eher: Suchst du den Dialog mit jemanden, der im Kreuz die dialektische Bejahung des Lebens und der Liebe sieht, in der Überwindung des Schicksalhaften und der Hoffnung des ewigen Lebens? |
Angesichts der Tatsache, dass ich z.B. mit Slavoj Zizek etwas anfangen kann, ist die Antwort darauf zunächst einmal ja. Es kommt aber sehr darauf an, wie die betreffende Person das weiter aufbaut, was sie sonst noch damit verknüpft und natürlich, was für Ansichten sie sonst noch vertritt bzw. wie sich das in einen Kontext einfügt. Wobei es auch immer einen gewissen "Rest" gibt, der weder auf die jeweilige inhaltliche Position selbst noch auf ihren symbolischen Kontext reduzierbar ist, aber bei der Frage, ob ich mit einer Person in einen Dialog hineinkomme, immer auch eine Rolle spielt. Man könnte das vielleicht vage mit "persönliche Sympathie" umschreiben. Lacan spricht präziser von einer Lücke in der symbolischen Ordnung, die durch das Subjekt besetzt ist (wobei das Subjekt allerdings nichts anderes ist als der Ausdruck dieser Lücke).
ballancer hat folgendes geschrieben: | Wenn dir ein Muslim sagt, dass dein Unglaube bereits Gotteslästerung sei, der dein Leben in muslimischen Ländern in Gefahr bringe, möchte ich bezweifeln, ob du dies als Angebot zum Dialog betrachten würdest. |
Ich würde mich nicht als ungläubig (noch als gläubig) bezeichnen. Ich bin natürlich kein Moslem. Wenn ein Moslem mir sagt, dass die Tatsache, dass ich kein Moslem bin, mein Leben in einem muslimischen Land in Gefahr bringen würde, so ist das zunächst mal nur die Darstellung einer Tatsache. Wenn ein Moslem mir sagt, dass er diese Tatsache befürwortet, so versetzt das der Diskussion zunächst einmal schon einen Dämpfer. Wie der genau aussieht, hängt von den Umständen ab. Grundsätzlich lassen sich aber keine ehernen Prinzipien dafür aufstellen, sondern allenfalls Faustregeln, die aus der kritischen Beschreibung meines Diskursverhaltens selbst hervorgehen.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 15.05.2009, 22:03, insgesamt einmal bearbeitet |
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1289552) Verfasst am: 15.05.2009, 22:03 Titel: |
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Mo. hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Mo. hat folgendes geschrieben: |
Zitat: | „Und nun saß ich vor dem Altarbild Guido Renis in der Kirche San Lorenzo in Lucina und fand den Anblick so berückend, so voller Segen, dass ich am liebsten nicht mehr aufgestanden wäre. Erstmals dachte ich: Ich – nicht nur: man –, ich könnte an ein Kreuz glauben.“ |
Was willst du noch? Dass er sich umgehend taufen lässt? |
Diese nebulösen Worte kann man deuten wie man will. Nach dem Vorangegangen hat er sich aber derartig unmissverständlich deutlich von jeder christlichen Deutung distanziert, dass das heißen mag was will: Es hat weder was mit Christentum noch mit Dialog zu tun.
Ich fordere von keinem Muslim eine Bekehrung. Aber wer zum Dialog antritt, sollte mit Vorverurteilungen zurückhaltend sein, wenn man ihm Ernsthaftigkeit abnehmen will. |
Na, zum Glück bist du als wahrer Schotte...äh...Christ frei von jeglichen Vorverurteilungen oder zumindest zurückhaltend. |
Wohl kaum. Aber ich bin auch nicht fürbas erstaunt, wenn ich keinen Preis für Dialogfähigkeit erhalte. Geht es dir da anders?
Mo. hat folgendes geschrieben: |
Zitat: | Navid Kermani lässt wenig Zweifel an einem Interesse an der Sicht von Christen. Er erteilt eine Absage und meint, er sei noch zu höflich mit ihnen umgegangen. Und er nennt seine Ablehnung mit Namen: "Für mich formuliere ich die Ablehnung der Kreuzestheologie drastischer: Gotteslästerung und Idolatrie."
Da gibt es keinen Punkt mehr, wo man noch einen Dialog üben könnte. Und so viel Respekt sollte man auch Navid Kermani auch entgegen bringen. Eine Absage sollte man respektieren. Alles andere ist dumpfe Anbiederei. |
Dann halt nicht. Ob Religiöse miteinander oder übereinander oder gegeneinander über die richtige Religion streiten, ist mir letztlich Jacke wie Hose. |
Unterhalten sich eigentlich religiöse Atheisten sich noch mit nichtreligösen Atheisten? Und irgend welche Atheisten mit Andersgläubigen? Was sollte überhaupt Dialog? Besser Ghettos bauen, wenn man nicht gut miteinander kann?
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1289557) Verfasst am: 15.05.2009, 22:10 Titel: Re: Dialog gescheitert |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Die entsprechend transkribierte Frage wäre für dich eher: Suchst du den Dialog mit jemanden, der im Kreuz die dialektische Bejahung des Lebens und der Liebe sieht, in der Überwindung des Schicksalhaften und der Hoffnung des ewigen Lebens? |
Angesichts der Tatsache, dass ich z.B. mit Slavoj Zizek etwas anfangen kann, ist die Antwort darauf zunächst einmal ja. Es kommt aber sehr darauf an, wie die betreffende Person das weiter aufbaut, was sie sonst noch damit verknüpft und natürlich, was für Ansichten sie sonst noch vertritt bzw. wie sich das in einen Kontext einfügt. Wobei es auch immer einen gewissen "Rest" gibt, der weder auf die jeweilige inhaltliche Position selbst noch auf ihren symbolischen Kontext reduzierbar ist, aber bei der Frage, ob ich mit einer Person in einen Dialog hineinkomme, immer auch eine Rolle spielt. Man könnte das vielleicht vage mit "persönliche Sympathie" umschreiben. Lacan spricht präziser von einer Lücke in der symbolischen Ordnung, die durch das Subjekt besetzt ist (wobei das Subjekt allerdings nichts anderes ist als der Ausdruck dieser Lücke). |
Von mir bekommst du auf jeden Fall eine gehörige Portion Sympathie, auch wenn du die vielleicht gar nicht willst. Mir ist ein diealogbereiter Gegner meist lieber als ein falscher Parteigänger. Mein Bemühen um Respekt gilt grundsätzlich allen Menschen. Bei einigen fällt es nur sehr schwer. Aber auch bei gegebenen Respekt ist ein Dialog nicht immer sinnvoll.
ballancer hat folgendes geschrieben: | Wenn dir ein Muslim sagt, dass dein Unglaube bereits Gotteslästerung sei, der dein Leben in muslimischen Ländern in Gefahr bringe, möchte ich bezweifeln, ob du dies als Angebot zum Dialog betrachten würdest. |
Ich würde mich nicht als ungläubig (noch als gläubig) bezeichnen. Ich bin natürlich kein Moslem. Wenn ein Moslem mir sagt, dass die Tatsache, dass ich kein Moslem bin, mein Leben in einem muslimischen Land in Gefahr bringen würde, so ist das zunächst mal nur die Darstellung einer Tatsache. Wenn ein Moslem mir sagt, dass er diese Tatsache befürwortet, so versetzt das der Diskussion zunächst einmal schon einen Dämpfer. Wie der genau aussieht, hängt von den Umständen ab. Grundsätzlich lassen sich aber keine ehernen Prinzipien dafür aufstellen, sondern allenfalls Faustregeln, die aus der kritischen Beschreibung meines Diskursverhaltens selbst hervorgehen. [/quote]
Ich denke, das ist eine ehrliche Antwort. In einem persönlichen Kontakt kann man auch das, was auf öffentlicher Ebene vielleicht völlig inakzeptabel ist, eher auffangen. Aber in der öffentlichen Diskussion kann es eine solchen Bonus nicht geben. Das wäre zu Recht als profillos zurückzuweisen.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1289561) Verfasst am: 15.05.2009, 22:16 Titel: Re: Dialog gescheitert |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | In einem persönlichen Kontakt kann man auch das, was auf öffentlicher Ebene vielleicht völlig inakzeptabel ist, eher auffangen. Aber in der öffentlichen Diskussion kann es eine solchen Bonus nicht geben. Das wäre zu Recht als profillos zurückzuweisen. |
Naja, die bürgerliche Öffentlichkeit ist aus meiner Sicht sowieso praktisch vollständig von Entfremdung und Spektaktel (im Sinne Guy Debords) durchzogen, und insofern bezeichnet der Begriff der "Dialogfähigkeit" in dem Kontext letztendlich nichts anderes als die reine Bereitschaft, oberflächliche Förmlichkeiten zu reproduzieren bzw. sich den allgemeinen Gepflogenheiten entsprechend dem anderen anzubiedern, völlig unabhängig davon, was man wirklich von ihm hält oder was man für Ansichten vertritt. Mich interessiert daher eher die Frage nach der Möglichkeit einer Gegenöffentlichkeit. Ich glaube, diese muss gerade aus dem Persönlichen heraus erwachsen. Wie sowas aussehen kann, kann man meines Erachtens nach unter anderem besonders gut an Slavoj Zizeks Art der Selbstpräsentation sehen. Besonders wenn man ihn live hört.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Malcolm Ekelpaket
Anmeldungsdatum: 25.07.2007 Beiträge: 1231
Wohnort: Hamburg
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(#1289635) Verfasst am: 16.05.2009, 02:26 Titel: |
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Nicht nur Religion, sondern auch der Dialog zwischen Christen und Muslimen ist durchaus Privatsache. Jemanden da für einen "Dialog" auszuzeichnen ist absolut albern. Daß ein Kirchenführer ein Diplomat sein muß, der den eigenen Glauben in einer Weise vertreten muß, die das eigene nicht verleugnet ohne das andere zu kränken, ist selbstverständlich. Aber ist dies Dialog? Dialog ist etwas durchaus offenes und auch spannendes. Das auch mal verletzend sein darf und muß.
Das Irreale an der ganzen Diskussion ist, daß man eine durchaus private Sache zu einer öffentlichen machen will. Und daß man dabei noch beides in einen Topf wirft.
_________________ Ohne die Musik wäre das Leben ein Irrtum.
"Das beste, was du weißt, kannst du den Buben doch nicht sagen." ( Goethe)
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1289637) Verfasst am: 16.05.2009, 02:40 Titel: |
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Okay, da hast du natürlich auch wiederum Recht. Wobei sich natürlich die Frage stellt, wann ein Dialog als öffentlich gelten kann.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1289647) Verfasst am: 16.05.2009, 07:59 Titel: |
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Malcolm hat folgendes geschrieben: | Nicht nur Religion, sondern auch der Dialog zwischen Christen und Muslimen ist durchaus Privatsache. Jemanden da für einen "Dialog" auszuzeichnen ist absolut albern. Daß ein Kirchenführer ein Diplomat sein muß, der den eigenen Glauben in einer Weise vertreten muß, die das eigene nicht verleugnet ohne das andere zu kränken, ist selbstverständlich. Aber ist dies Dialog? Dialog ist etwas durchaus offenes und auch spannendes. Das auch mal verletzend sein darf und muß. |
Ich verstehe einen Dialog auf der Ebene der öffentlichen Repräsentanten durchaus als begleitend und potentiell fördernd. Im Raum der Öffentlichkeit werden Meinungen gemacht, Denkbarrieren abgerissen oder aufgebaut. Darum ist es ein durchaus berechtigtes Anliegen, für Dialog und ein Miteinander zu werben und hier in der Öffentlichkeit Hilfen anzubieten, die sich im Persönlichen auswirken können.
Auch das Interesse der Politik, Alternativen zum Konflikt und der Entwicklung von Parallelgesellschaften zu befördern, ist mehr als nachvollziehbar. Um so wichtiger ist es darum, hier die Spielregeln einzuhalten. Kermani hat nicht die Spielregeln der Meinungsfreiheit gebrochen. Aber wenn er dem Dialog eine Absage im Rahmen dieser Freiheit erteilt, dann sollte er auch nicht für die Dialogbereitschaft geehrt werden.
Malcolm hat folgendes geschrieben: | Das Irreale an der ganzen Diskussion ist, daß man eine durchaus private Sache zu einer öffentlichen machen will. Und daß man dabei noch beides in einen Topf wirft. |
Der private Dialog steht mit dem öffentlichen Dialog in Beziehung. Nicht, dass er nach den gleichen Spielregeln läuft, aber beides beeinflussen einander. Ohne einen öffentlichen Dialog ist der private Dialog erheblich erschwert.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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AlexJ Supermarktoverlord
Anmeldungsdatum: 11.04.2008 Beiträge: 2353
Wohnort: Köln
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(#1289655) Verfasst am: 16.05.2009, 09:11 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: |
Zitat: |
Und dann bekannt: „Kreuzen gegenüber bin ich prinzipiell negativ eingestellt. Nicht, dass ich die Menschen, die zum Kreuz beten, weniger respektiere als andere betende Menschen. Es ist kein Vorwurf. Es ist eine Absage. Gerade weil ich ernst nehme, was es darstellt, lehne ich das Kreuz rundherum ab. Nebenbei finde ich die Hypostasierung des Schmerzes barbarisch, körperfeindlich, ein Undank gegenüber der Schöpfung, über die wir uns freuen, die wir genießen sollen, auf dass wir den Schöpfer erkennen.“
Wohlgemerkt, dies ist ein persönliches Bekenntnis, ein höchst tolerantes dazu. Eine klare Wertschätzung der anderen und trotzdem eine entschiedene eigene Position. Jeder möge glauben, was er will, und beten, zu wem er will, aber ich, Narvid Kermani, lehne das Kreuz für mich ab. Schon das ein Musterbeispiel für einen religiösen Dialog. |
Man mag diese Absage vielleicht noch für tolerant halten, aber ein Beispiel für einen Dialog halte ich ihn nicht. Die Antwort darauf wäre, "... und ich lehne falsche Propheten prinzipiell und rundherum ab. Und zwar ganz persönlich ... ebenso wie den Islam als menschenverachtende und rassistische Ideologie."
Wenn ich das einem Muslim erklären würde, dann würde jeder an mir zweifeln, das als konstruktiven Beitrag zu einem Dialog zu bezeichnen. |
Die Aussage stellt Kermanis Standpunkt dar. Wenn man nicht bereit ist eigene Standpunkte zu definieren ist eine Diskussion total sinnlos. Heraus kommt dabei nur das übliche Schulterklopfen in dem jeder sich gegenseitig für seine Religiosität und Gläubigkeit lobt und darüber Schwadronieren was man den alles Gemeinsame habe.
Kermani hält das Kreuz für eine Stellvertretung eines götzen Bildes und unrecht hat er damit nicht. Auch die Verehrung eines Folter und Tötungsinstruments ist etwas was man durchaus Kritisieren kann. Kermani ist dabei keinesfalls der erste, im Christentum selbst gab es genügend Personen und Gemeinschaften, welche diese Punkte zur Sprache gebracht haben und kritisiert haben.
Das jemand von außerhalb nur schwer der gedanklichen Gehirnakrobatik nach verfolgen kann, welche nötig ist um diese Punkte anders zu sehen ist wohl kaum verwunderlich. Wenn er es zur Sprache bringt dann wäre es für einen redlichen zu Diskussion bemühten Diskutanten ein Punkt auf den man eingehen könnte, in dem man seine Betrachtungsweise erklärt und nahe bringt. Beleidigte Leberwurst zu spielen sobald die eigenen Glaubensinhalte kritisiert werden, ohne überhaupt den Versuch zu unternehmen darüber zu sprechen, ist nicht gerade ein Zeichen das man an einer redlichen Dialog interessiert ist.
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Hope registrierter User
Anmeldungsdatum: 02.09.2008 Beiträge: 2980
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(#1289685) Verfasst am: 16.05.2009, 11:02 Titel: |
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AlexJ hat folgendes geschrieben: |
Die Aussage stellt Kermanis Standpunkt dar. Wenn man nicht bereit ist eigene Standpunkte zu definieren ist eine Diskussion total sinnlos. Heraus kommt dabei nur das übliche Schulterklopfen in dem jeder sich gegenseitig für seine Religiosität und Gläubigkeit lobt und darüber Schwadronieren was man den alles Gemeinsame habe. |
wie mag wohl sein Standpunkt zum Hedonismus sein?
Zitat: |
Kermani hält das Kreuz für eine Stellvertretung eines götzen Bildes und unrecht hat er damit nicht. |
er könnte der Spassgesellschaft eine Absage erteilen und unrecht hätte er damit nicht. In welchen Bereichen bist du zu abstrichen und entgegenkommen für ein friedliches Miteinander bereit?
_________________ ...das mit dem Himmel, das kriegen wir schon hin!
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1289690) Verfasst am: 16.05.2009, 11:08 Titel: |
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AlexJ hat folgendes geschrieben: | Die Aussage stellt Kermanis Standpunkt dar. Wenn man nicht bereit ist eigene Standpunkte zu definieren ist eine Diskussion total sinnlos. Heraus kommt dabei nur das übliche Schulterklopfen in dem jeder sich gegenseitig für seine Religiosität und Gläubigkeit lobt und darüber Schwadronieren was man den alles Gemeinsame habe. |
So sehe ich das auch.
"Interreligiöser Dialog" ist sowieso fast ein Oxymoron, weil die hier zur Debatte stehenden Religionen trotz gemeinsamer bronzezeitlicher Ursprünge eine Großteil ihrer Identifikation gerade aus ihrer Gegnerschaft und ihrem Alleinvertretungsanspruch beziehen. Was man also hoffen kann, wäre ein ehrliches Nachvollziehenwollen der jeweils gegnerischen Standpunkte, etwa "was finden Juden am christlichen Kreuzeskult makaber?" oder "Was finden Christen an Mohammeds Taten unmoralisch?" Daraus könnten alle Betroffenen lernen, denn ihr Blick ist üblicherweise getrübt durch ihren Zweifel letztlich tabuisierenden Glauben. Die Chance zu interreligiösem Dialog besteht daher meines Erachtens vor allem in einer Stärkung der jeweiligen "protestantischen" Strömungen, generell der Aufweichung, Modernisierung, Relativierung der Glaubensdogmen.
Auch im Ton finde ich Kermanis Aussage akzeptabler als z.B. die Reaktion von Kardinal Lehmann.
http://www.sueddeutsche.de/politik/913/468478/text/
http://www.sueddeutsche.de/politik/129/468692/text/
und in der heutigen SZ ein wie ich finde ziemlich guter Artikel von Gustav Seibt:
"Ich könnte an ein Kreuz glauben - Dieser Muslim soll nicht für den Hessischen Kulturpreis taugen? Navid Kermanis klarer Blick auf die Bilder des Christentums"
http://epaper.sueddeutsche.de/digiPaper/servlet/articlepageservlet?page=356207&text=2892120 (wer ihn haben will -> PN)
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Malcolm Ekelpaket
Anmeldungsdatum: 25.07.2007 Beiträge: 1231
Wohnort: Hamburg
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(#1289820) Verfasst am: 16.05.2009, 15:37 Titel: |
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In der Satirezeitung Eulenspiegel gab es mal eine nette Karrikatur, wo man ein nettes Städtchen mit ein paar Kirchen sah, von der ein paar Galgenstricke baumelten und drunter stand: "Wenn sie Jesus aufgehängt hätten. " Also ich finde so was komisch.
_________________ Ohne die Musik wäre das Leben ein Irrtum.
"Das beste, was du weißt, kannst du den Buben doch nicht sagen." ( Goethe)
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#1289824) Verfasst am: 16.05.2009, 15:41 Titel: |
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Hope hat folgendes geschrieben: |
er könnte der Spassgesellschaft eine Absage erteilen und unrecht hätte er damit nicht. |
Was habt Ihr Religiösen eigentlich immer gegen den guten alten Spass?
_________________ Dieser Beitrag verwendet Cookies, um Dein Surferlebnis zu verbessern.
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Chilisalsa registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.12.2008 Beiträge: 1907
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(#1289826) Verfasst am: 16.05.2009, 15:50 Titel: |
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Kramer hat folgendes geschrieben: | Hope hat folgendes geschrieben: |
er könnte der Spassgesellschaft eine Absage erteilen und unrecht hätte er damit nicht. |
Was habt Ihr Religiösen eigentlich immer gegen den guten alten Spass? |
Habe ich mich auch oft gefragt, meinen die, wenns einen Gott gibt, wäre er genauso humorlos wie sie selber ?
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gavagai registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.01.2005 Beiträge: 413
Wohnort: Wasserburg
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(#1289833) Verfasst am: 16.05.2009, 16:21 Titel: Dialog der Religionen auf christliche Art |
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Der lange Arm der Kirchen zeigt sich vielfältig und immer wieder aktuell.
Der Hessische Kulturpreis sollte in diesem Jahr den interreligiösen Dialog fördern. Als Preisträger waren vorgesehen:
Karl Lehmann (Katholik, Kardinal), Peter Steinacker (Protestant), Salomon Korn (Vize des Zentralsrats der Juden), Navid Kermani (Muslim und Schriftsteller).
Karl Lehmann und Peter Steinacker lehnten in echter christlicher Intoleranz und Abneigung (oder mehr?) auf Nichtchristen den Preis ab, weil sie nicht zusammen mit dem Muslim Kermani geehrt werden wollten.
Daraufhin bootete Hessen Kermani aus! Der Preis geht an die anderen drei.
Soviel zur Toleranz, Ökumene, friedliches Zusammenleben der Religionen (vom scheinheiligen Ratzinger etwa zur selben Zeit medienwirksam posaunt; und alle Medien verbreiteten es).
"Dialog ohne Partner", SZ, 15.5.09 S. 11
Hannes Stein: Hessischer Kulturpreis Streit um einen Muslim, den die Kreuzigung bewegt. Die Welt Online 16. Mai 2009
http://www.welt.de/kultur/article3749305/Streit-um-einen-Muslim-den-die-Kreuzigung-bewegt.html
_________________ Servus, tschau, bye
Herbert
http://www.gavagai.de
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