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Moralisches Handeln
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Lord Snow
I am the one who knocks



Anmeldungsdatum: 05.09.2006
Beiträge: 6445
Wohnort: Würzburg

Beitrag(#1315624) Verfasst am: 27.06.2009, 00:53    Titel: Moralisches Handeln Antworten mit Zitat

Gerade läuft im Politikforum wieder ein Thread in dem einige, recht unsachlich vorgehende, Theisten die altbekannte Leier herunterbeten, dass Atheisten ja eigentlich gar keine Moral hätten, auch gar nicht moralisch handeln können, ihnen (den Atheisten) dazu halt die Grundlagen fehlen, bla bla...

Da habe ich irgendwie überhaupt keine Lust dagegen zu halten, ist eh Perlen vor die Säue geschmissen.

Aber mir ist da ein Gedanke gekommen, in besagtem Thread taucht natürlich die altbekannte Aussage auf, mit der die sich immer so schlau vorkommen, ohne Gott würden sie natürlich tun und lassen was sie wollen, weil eben dann keiner da wäre der einem ständig über die Schulter schaut.

Die Wahrheit aber ist doch eigentlich, auch Christen die helfen, helfen nicht aufgrund ihres Glaubens! Sie mögen zwar diese Weltsicht haben, sie mögen zwar glauben sie täten es. Doch im Grunde tun sie das nur in Ausnahmefällen. Wenn Christen helfen so mögen sie das zwar im oben genannten Glauben tun, hinterher auch so untermauern. Aber es kann mir doch keiner erzählen dass er, wenn er beispielsweise eine verletzte Person auf der Straße sieht, er erstmal ein Blick gen Himmel richtet, so auf die Art "oh da ist jemand der braucht Hilfe, weil Gott sagt man müsse den Bedürftigen helfen, dann schreite ich sodann mal zur Tat".

Das ist doch Bullshit! Wie gesagt, nur in Ausnahmefällen würde das doch geschehen, also d.h. obiges absurdes Beispiel mag durch aus mal so oder in ähnlicher Form vorkommen, es dürfte aber trotzdem eher die Ausnahme sein.

Natürlich mag bei der einen Person dessen moralisches Handeln, mit göttlichen Regeln untermauert, antrainiert worden sein, bei Anderen wiederum natürlich nicht. Bei Ersterem kann man aber nicht behaupten sie würden aufgrund ihres Gottesglauben handeln, wenn sie handeln.

Bedenkt man auch die Studien zur Moral von religiösen und nichtreligiösen Menschen (die ganzen Testreihen mit den Problemstellungen Menschen zu retten, dabei aber unter Umständen andere Menschen sterben lassen zu müssen) geht doch alles eher auf Instinkte zurück.

Ich hoffe ihr könnt verstehen was ich meine, evtl. habe ich mich zu flapsig ausgedrückt.

Hier nochmal besagter Thread im Politikforum:

http://forum.politik.de/forum/showthread.php?t=214722
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Ich irre mich nie! Einmal dachte ich, ich hätte mich geirrt, aber da hatte ich mich getäuscht

"Der Gott, der Gott sterben läßt, um Gott zu besänftigen"...Hundert Folianten, die für oder wider das Christentum geschrieben worden sind, ergeben eine geringere Evidenz als der Spott dieser zwei Zeilen.
Denis Diderot
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Evilbert
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Anmeldungsdatum: 16.09.2003
Beiträge: 42408

Beitrag(#1315630) Verfasst am: 27.06.2009, 01:04    Titel: Re: Moralisches Handeln Antworten mit Zitat

Haldir hat folgendes geschrieben:

Bedenkt man auch die Studien zur Moral von religiösen und nichtreligiösen Menschen (die ganzen Testreihen mit den Problemstellungen Menschen zu retten, dabei aber unter Umständen andere Menschen sterben lassen zu müssen) geht doch alles eher auf Instinkte zurück.


Hm, die kognitive Entwicklungspsychologie geht davon aus, dass sich menschliches Verhalten schrittweise ändert, so auch die Moral. Und zwar unabhängig von der Religion oder sonstigen Weltanschauung.




Modell der moralischen Entwicklung nach Lawrence Kohlberg
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Lord Snow
I am the one who knocks



Anmeldungsdatum: 05.09.2006
Beiträge: 6445
Wohnort: Würzburg

Beitrag(#1315631) Verfasst am: 27.06.2009, 01:06    Titel: Antworten mit Zitat

Hm ja, glaube Instinkt war der falsche Ausdruck, es ist jedenfalls etwas was verinnerlicht wurde und dann darum ohne nachzudenken auch abgerufen wird.
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Lord Snow
I am the one who knocks



Anmeldungsdatum: 05.09.2006
Beiträge: 6445
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Beitrag(#1315632) Verfasst am: 27.06.2009, 01:08    Titel: Antworten mit Zitat

Ahso, ist das nicht das was im anderen Thread über Lütz auch mal angerissen wurde?
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Evilbert
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Anmeldungsdatum: 16.09.2003
Beiträge: 42408

Beitrag(#1315643) Verfasst am: 27.06.2009, 01:59    Titel: Antworten mit Zitat

Haldir hat folgendes geschrieben:
Ahso, ist das nicht das was im anderen Thread über Lütz auch mal angerissen wurde?


Ja, da war es auch Thema.
Dein Beispiel mit der verletzten Person und dem Blick zum Himmel trifft es ziemlich genau. Es werden ganze Bibliotheken mit Abhandlungen zur Moral geschrieben und regalweise sind darunter auch religiöse Werke, dabei ist es ganz einfach.

Jeder lernt im Sandkasten, dass man Haue kriegt, wenn man selbst haut. Oder dass man nett sein muss, wenn man ficken will.
Dazu braucht man nicht erst einen Jesus oder Buddha, der das einem erst als "goldene Regel" verkauft; so schlau sind Zweijährige schon ganz allein.

Allerdings sind Philosophen vielleicht auch überbewertet.

Man braucht nicht erst die "nikomachische Ethik" durcharbeiten, und auf "die goldene Mitte " zu kommen.
Dass man verhungert oder verfettet, wenn man nicht Maß hält ist ebenfalls nicht sonderlich schwierig und auch ohne Abitur begreifbar.

Naja, ohne Abi vielleicht nicht, aber jedenfalls ganz ohne Fremdworte! Mr. Green
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tillich (epigonal)
hat Spaß



Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 22263

Beitrag(#1315646) Verfasst am: 27.06.2009, 02:26    Titel: Antworten mit Zitat

Noseman hat folgendes geschrieben:
Jeder lernt im Sandkasten, dass man [...] nett sein muss, wenn man ficken will.

_________________
"YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."

(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Evilbert
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Anmeldungsdatum: 16.09.2003
Beiträge: 42408

Beitrag(#1315647) Verfasst am: 27.06.2009, 02:29    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Noseman hat folgendes geschrieben:
Jeder lernt im Sandkasten, dass man [...] nett sein muss, wenn man ficken will.


Das war natürlich ein Gleichnis und darf nicht wörtlich ausgelegt werden. Cool
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Tarvoc
would prefer not to.



Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44650

Beitrag(#1315650) Verfasst am: 27.06.2009, 05:45    Titel: Re: Moralisches Handeln Antworten mit Zitat

Haldir hat folgendes geschrieben:
[...] dass Atheisten ja eigentlich gar keine Moral hätten, auch gar nicht moralisch handeln können [...]

Das könnte man ja durchaus auch so sagen. Allerdings nur wenn man es so herum dreht: Atheisten handeln nicht "moralisch", sondern ethisch. Ihre Grundlagen sind diskursfähig, bzw. der Diskurs bringt sie erst hervor. Atheisten orientieren ihr Handeln an den "Gegenständen" ihres Handelns. Ein Atheist bestimmt zum Beispiel sein Handeln gegenüber einem Homosexuellen anhand der Interessen, die die beiden Beteiligten im Diskurs artikulieren. Der "Gegenstand" des Handelns überwindet so seinen bloßen Gegenstands-Status und wird zum gleichberechtigten Subjekt. Ein Religiöser von der Sorte, von der solche Vorwürfe erwartungsgemäß meistens kommen, bestimmt hingegen sein Handeln gegenüber einem Homosexuellen oder etwa einem "Ungläubigen" anhand eines transzendenten moralischen Codes, der dem "Gegenstand" seines Handelns völlig äußerlich ist und ihm sozusagen übergestülpt werden soll. Der "Gegenstand" des Handelns bleibt damit reines Objekt. Es gibt natürlich auch Religiöse, die so denken und handeln, wie ich es hier von Atheisten ausgesagt habe (also ethisch statt "moralisch"), aber ein Atheist kann letztendlich nicht anders. Jedenfalls wenn er in seinem Atheismus konsequent ist. Man könnte es auch so formulieren: Atheisten haben keine moralische Letztbegründung für ihre Ethik und ihr Handeln. Wo sollte die auch herkommen? Ihre Ethik basiert also nicht auf vorgegebenen transzendenten Idealen, sondern auf der Abwägung von widerstreitenden Interessen, und erst aus der Notwendigkeit der Abwägung von und der Vermittlung zwischen Interessen erst können dann (geschichts-)immanent Ideale erwachsen.

Es gibt auch eine Gefahr, wenn man als Atheist dem Vorwurf, ein Atheist könne nicht moralisch sein, zu widersprechen versucht, statt ihm zuzustimmen und ihn dann auf diese Weise umzudrehen. Man überlässt demjenigen, von dem der Vorwurf stammt, damit nämlich die Deutungshoheit, was überhaupt moralisch genannt zu werden hat, und versucht dann mehr oder weniger, diesem Ideal zu entsprechen, um zu beweisen, dass man selbst nicht unmoralisch sei. Besser ist es, demjenigen, von dem der Vorwurf stammt, gleich von vorne herein zuzugeben, dass man seinem Ideal nicht entspricht - und dann das Ideal selbst zurückzuweisen.
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"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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kereng
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Beitrag(#1315708) Verfasst am: 27.06.2009, 11:39    Titel: Re: Moralisches Handeln Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Atheisten handeln nicht "moralisch", sondern ethisch. Ihre Grundlagen sind diskursfähig, bzw. der Diskurs bringt sie erst hervor.
[...]
Atheisten haben keine moralische Letztbegründung für ihre Ethik und ihr Handeln. Wo sollte die auch herkommen?

Die atheistische Verhaltensweise richtet sich nicht allein nach der Überlegung.
Daneben gibt es noch die schon erwähnten Instinkte, also Verhaltensweisen, die auch im Tierreich beobachtet werden und offenbar weder von Gott noch vom Nachdenken herrühren. Und es gibt den Zeitgeist oder die Kultur, in der man mitschwimmt.

Einer Letztbegründung bedarf es nicht. Wenn die Logik nicht weiterhilft, hat man immer noch den evolutionär entwickelten Instinkt als Entscheidungsgrundlage.
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Karlchen
kritisch christlicher Exot ohne Artenschutz



Anmeldungsdatum: 30.04.2008
Beiträge: 1119

Beitrag(#1315713) Verfasst am: 27.06.2009, 12:10    Titel: Antworten mit Zitat

Dass Menschen, die nicht an Gott glauben nicht moralisch denken oder handeln können, ist Schwachsinn. Charakter hat nichts mit Religion zu tun.
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Die derzeit einzige politisch korrekte Projektionsfläche für Respektlosigkeit und Hass in Deutschland: Das Christentum.
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Tarvoc
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Beiträge: 44650

Beitrag(#1315718) Verfasst am: 27.06.2009, 12:46    Titel: Re: Moralisches Handeln Antworten mit Zitat

kereng hat folgendes geschrieben:
Die atheistische Verhaltensweise richtet sich nicht allein nach der Überlegung. Daneben gibt es noch die schon erwähnten Instinkte, also Verhaltensweisen, die auch im Tierreich beobachtet werden und offenbar weder von Gott noch vom Nachdenken herrühren. Und es gibt den Zeitgeist oder die Kultur, in der man mitschwimmt.

Ja. Aber das zeigt nur, dass Verhalten überhaupt nie allein durch moralische oder ethische Faktoren bzw. Überlegungen bestimmt wird.
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fwo
Caterpillar D9



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Beiträge: 26451
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#1315745) Verfasst am: 27.06.2009, 14:07    Titel: Re: Moralisches Handeln Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Haldir hat folgendes geschrieben:
[...] dass Atheisten ja eigentlich gar keine Moral hätten, auch gar nicht moralisch handeln können [...]

Das könnte man ja durchaus auch so sagen. Allerdings nur wenn man es so herum dreht: Atheisten handeln nicht "moralisch", sondern ethisch. Ihre Grundlagen sind diskursfähig, bzw. der Diskurs bringt sie erst hervor. ....

@Tarvoc: Wo kommt eigentlich bei dir dieser Unterschied zwischen Moral und Ethos her? Ich frage deshalb, weil ich den nicht nachvollziehen kann und in Wikipedia leider nur das finden konnte, womit ich bereit "aufgewachsen" bin (Philosophieuntericht 1969 - 1973):
Zitat:
Moral bezeichnet meist die faktischen Handlungsmuster, -konventionen, -regeln oder -prinzipien bestimmter Individuen, Gruppen oder Kulturen, sofern diese wiederkehren und sozial anerkannt und erwartet werden. So verstanden, sind die Ausdrücke Moral, Ethos oder Sitte weitgehend gleichbedeutend und werden beschreibend (deskriptiv) gebraucht. Daneben wird mit der Rede von "Moral" auch ein Bereich von praktischen Urteilen, Handlungen oder deren Prinzipien (Werte, Güter, Pflichte, Rechten) verbunden. So verstanden, wertet eine Unterscheidung von Moral und Unmoral. Eine solche Bewertung kann als bloßer Ausdruck subjektiver Zustimmung oder Ablehnung verstanden werden (vergleichbar zu Applaus oder Buhrufen), oder als Beurteilung von Handlungen, deren Maximen oder sonstige Prinzipien in moralischer Hinsicht, d.h. als moralisch gut oder moralisch schlecht. Letzteres entspricht einem metaethischen Realismus. Die theoretische Ausarbeitung unterschiedlicher methodischer Vorgehensweisen und Kriterien moralischer Urteile sind Gegenstand der philosophischen Disziplin der Ethik.

Darin ist Moral synonym zu unserer Sitte, unabhängig davon wo sie herkommt oder wie sie begründet wird, sowoh statistisches "man tut / man tut nicht", als auch als überliefertes Regelwerk der jeweiligen Gesellschaft.

Also ich würde einem Christen, der Moral für seine Pacht hält, nur entgegenen, er soll kein so dummes Zeug sabbeln - denn selbst nach Christenmeinung (Hope und Konsorten) legt der Grögaz jedem das Wissen um Gut und Böse bereits in die Wiege (siehe Seelenkonzept), d.h. ein Leben nach der Bibel ist vielleicht geeignet, dieses Wissen zu festigen, aber nicht ursächlich für das Handeln im Guten und auch nicht ursächlich für Moral. Die Aussage, nur Christen könnten moralisch sein, ist ein Widerspruch zum christlichen Seelenkonzept - es sei denn, nur Christen hätten eine Seele, was allerdings Schwierigkeiten mit der embryonalen Seele gäbe.

Das einezige Argument, dass sie hätten, wäre, dass originärer Mumpitz auch auf innere Konsistenz verzichten kann. Habe ich allerdings so noch von keinem Christen gehört.

fwo
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44650

Beitrag(#1315752) Verfasst am: 27.06.2009, 14:14    Titel: Re: Moralisches Handeln Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Wo kommt eigentlich bei dir dieser Unterschied zwischen Moral und Ethos her?

Er ist eine adhoc-Erfindung von mir, um die rhetorische Figur auszuhebeln, mit der man Atheisten Moralunfähigkeit unterstellt und dabei natürlich den eigenen Moralbegriff sakrosankt voraussetzt. zwinkern Im Grunde könnte man es aber auch auf Kohlbergs Moralentwicklungs-Stufen beziehen. Derjenige, der dieses Argument bringt, braucht offenbar eine äußerliche Autorität oder einen festen Code, die oder der ihm sagt, was richtig und was falsch ist, und die er dann einfach rein mechanisch anwendet und umsetzt. (Stufe 1-4) Andere Leute brauchen dies eben nicht (mehr), weil sie ihre Ethik durch Diskurs und eigenes Nachdenken (Reflektion) ausarbeiten. (Stufe 5 und 6)

Das Ironische daran ist, dass ich mit Kohlbergs Theorie eigentlich bisher noch nie wirklich viel anfangen konnte. zwinkern
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Baldur
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Anmeldungsdatum: 05.10.2005
Beiträge: 8326

Beitrag(#1315773) Verfasst am: 27.06.2009, 14:38    Titel: Antworten mit Zitat

Nach meinem Empfinden ist moral abhängig von gesellschaftlichen Strömungen und Entwicklungen und daher wandelbar und temporär (zb. Kuppel-Paragraph der heute abgeschafft ist, wäre ein Gesetz die Moral betreffend).

Ethik hingegen wären allgemeingültige Grundprinzipien, aus denen sich moralisches Verhalten ableiten lässt, daher dauerhaft und beständig gegenüber dem Wandel gesellschaftlicher und kultureller Einstellungen.
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AXO
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Anmeldungsdatum: 05.02.2007
Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen

Beitrag(#1315775) Verfasst am: 27.06.2009, 14:39    Titel: Re: Moralisches Handeln Antworten mit Zitat

Haldir hat folgendes geschrieben:

ohne Gott würden sie natürlich tun und lassen was sie wollen, weil eben dann keiner da wäre der einem ständig über die Schulter schaut.


Das zeigt doch letztlich nur einen erheblichen Mangel an Vertrauen in den Menschen (damit auch sich selbst)
und unterstellt das Menschen nicht moralisch handeln -> wollen
In Wirklichkeit handeln doch aber vor allem die nicht moralisch, die glauben so handeln
zu müssen
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Smigel
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Anmeldungsdatum: 11.05.2009
Beiträge: 491
Wohnort: Haiger

Beitrag(#1315867) Verfasst am: 27.06.2009, 16:15    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Die Wahrheit aber ist doch eigentlich, auch Christen die helfen, helfen nicht aufgrund ihres Glaubens! Sie mögen zwar diese Weltsicht haben, sie mögen zwar glauben sie täten es. Doch im Grunde tun sie das nur in Ausnahmefällen. Wenn Christen helfen so mögen sie das zwar im oben genannten Glauben tun, hinterher auch so untermauern. Aber es kann mir doch keiner erzählen dass er, wenn er beispielsweise eine verletzte Person auf der Straße sieht, er erstmal ein Blick gen Himmel richtet, so auf die Art "oh da ist jemand der braucht Hilfe, weil Gott sagt man müsse den Bedürftigen helfen, dann schreite ich sodann mal zur Tat".



Andersrum wird doch ein Schuh draus! WENN besagter (fiktiver) Christ diese Tat NUR aufgrund seines Glaubens tut - wie verlogen wäre das denn? Wäre das tugendhaft? Meines Erachtens NEIN! Im Gegenteil: Diese ach so gute tat wäre heuchlerisch, unmoralisch, unehrenhaft, ja sogar in gewisser Weise widerlich.

Da ist mir doch jeder andere lieber, der seine Tat "einfach so" an mir vollbringt, anstatt einer, der es nur tut, um Punkte bei seinem imaginären Freund zu sammeln (bzw. um zu vermeiden, dass er sich abends wieder mittels Gebet / Beichte selbst geißeln muss, um die durch unterlassene Hilfestellung auf sich geladene Schuld zu sühnen).

Auf diese Form der "Moral" kann ich verzichten.

Manch ein Christ unterstellt Nichtgläubigen sogar einen permanenten Hang zur Unehrlichkeit sowie generell "sündigem" Verhalten - kurz: Den Ungläubigen wird eine ständige Boshaftigkeit unterstellt. Einer dieser Sorte war einer der vielen Tropfen auf meine Wassermühle, welche meine Denkfähigkeit langsam wieder ankurbelte. Am Ende dieses langen Vorgang stand meine endgültige Lossagung vom christlichen Glauben. Eigentlich müsste ich diesem Kerl noch dankbar sein.
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Paradox
nicht mehr da



Anmeldungsdatum: 21.03.2007
Beiträge: 418
Wohnort: Köln

Beitrag(#1315870) Verfasst am: 27.06.2009, 16:34    Titel: Re: Moralisches Handeln Antworten mit Zitat

Haldir hat folgendes geschrieben:
Gerade läuft im Politikforum wieder ein Thread in dem einige, recht unsachlich vorgehende, Theisten die altbekannte Leier herunterbeten, dass Atheisten ja eigentlich gar keine Moral hätten, auch gar nicht moralisch handeln können, ihnen (den Atheisten) dazu halt die Grundlagen fehlen, bla bla...


Das witzige ist ja, dass eigentlich der gut handelnde Atheist moralisch über dem gut handelnden Christen steht (angenommen, der Christ handelt nur gut, weil er da oben Punkte zu sammeln meint).
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ballancer
... leidet an dianoia ...



Anmeldungsdatum: 27.05.2007
Beiträge: 4767

Beitrag(#1315875) Verfasst am: 27.06.2009, 16:45    Titel: Re: Moralisches Handeln Antworten mit Zitat

Haldir hat folgendes geschrieben:
Gerade läuft im Politikforum wieder ein Thread in dem einige, recht unsachlich vorgehende, Theisten die altbekannte Leier herunterbeten, dass Atheisten ja eigentlich gar keine Moral hätten, auch gar nicht moralisch handeln können, ihnen (den Atheisten) dazu halt die Grundlagen fehlen, bla bla...


Ich kenne derartige Behauptungen eigentlich nur von ständigen Wiederholungen seitens Atheisten, worauf dann Christen wiedrholt erklären, dass dies keineswegs eine seriöse Behauptung von Christen sein könnte, denn dazu fehlt jede Grundlage.

Haldir hat folgendes geschrieben:

Aber mir ist da ein Gedanke gekommen, in besagtem Thread taucht natürlich die altbekannte Aussage auf, mit der die sich immer so schlau vorkommen, ohne Gott würden sie natürlich tun und lassen was sie wollen, weil eben dann keiner da wäre der einem ständig über die Schulter schaut.


Das ist heruntergebrochen die trivialisierter Form des Gedanken Kants aus der 'Kritik der praktischen Vernunft'.

Haldir hat folgendes geschrieben:

Die Wahrheit aber ist doch eigentlich, auch Christen die helfen, helfen nicht aufgrund ihres Glaubens! Sie mögen zwar diese Weltsicht haben, sie mögen zwar glauben sie täten es. Doch im Grunde tun sie das nur in Ausnahmefällen. Wenn Christen helfen so mögen sie das zwar im oben genannten Glauben tun, hinterher auch so untermauern. Aber es kann mir doch keiner erzählen dass er, wenn er beispielsweise eine verletzte Person auf der Straße sieht, er erstmal ein Blick gen Himmel richtet, so auf die Art "oh da ist jemand der braucht Hilfe, weil Gott sagt man müsse den Bedürftigen helfen, dann schreite ich sodann mal zur Tat".


Warum sollte denn nicht in den Sinn kommen, dass es dafür eben viel besser befähigte Menschen gibt und ich eigentlich einen wichtigen Termin habe. Dann aber an die Geschichte des guten Samariters erinnert werde, die mein Verhalten schließlich ändert.

Oder die Frage, die man sich schon stellt, ob denn die eigene Hilfsbereitschaft wirklich eine Hilfe ist, und nicht nur eine Art Ausnützen, ein Halten des Anderen in eine Abhängigkeit? Ein Verstoß gegen die Regeln der Evolution, die eben Schwaches ausmerzt ... oder viele andere Gründe, die erklären, warum man nicht zu helfen braucht.

Haldir hat folgendes geschrieben:

Das ist doch Bullshit! Wie gesagt, nur in Ausnahmefällen würde das doch geschehen, also d.h. obiges absurdes Beispiel mag durch aus mal so oder in ähnlicher Form vorkommen, es dürfte aber trotzdem eher die Ausnahme sein.


Wie kommst du zu der Idee der Ausnahme?

Zum Einen geht es um eine Grundprägung des Handelns, die keineswegs für jeden Schritt eine reflektierende Erörterung benötigt. Zum Anderen um gerade diese vermeintlichen Ausnahmen, die eben den Lauf der Geschichte ändern.

Haldir hat folgendes geschrieben:

Natürlich mag bei der einen Person dessen moralisches Handeln, mit göttlichen Regeln untermauert, antrainiert worden sein, bei Anderen wiederum natürlich nicht. Bei Ersterem kann man aber nicht behaupten sie würden aufgrund ihres Gottesglauben handeln, wenn sie handeln.


Und sportler gewinnen auch nicht wegen ihrer Fähigkeiten, sondern wegen des Trainings ... natürlich meine ich nicht, dass man das ein vom anderen trennen kann.

Haldir hat folgendes geschrieben:

Bedenkt man auch die Studien zur Moral von religiösen und nichtreligiösen Menschen (die ganzen Testreihen mit den Problemstellungen Menschen zu retten, dabei aber unter Umständen andere Menschen sterben lassen zu müssen) geht doch alles eher auf Instinkte zurück.


Die Entscheidungen hängen an dem konkreten Setup. Die Interpretation der Ergebnisse ist natürlich stark von der eigenen Einstellung abhängig.

Du aber scheinst behaupten zu wollen, dass es Moralität gegenüber dem Instinkt eine untergeordnete Rolle spielt. Wie aber kann es sein, dass Menschen zu enormen Verbrechen und Grausamkeiten fähig sind? Funktioniert dann der Instinkt nicht mehr?
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1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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Lord Snow
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Beitrag(#1315878) Verfasst am: 27.06.2009, 16:51    Titel: Re: Moralisches Handeln Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Haldir hat folgendes geschrieben:
[...] dass Atheisten ja eigentlich gar keine Moral hätten, auch gar nicht moralisch handeln können [...]

Das könnte man ja durchaus auch so sagen. Allerdings nur wenn man es so herum dreht: Atheisten handeln nicht "moralisch", sondern ethisch. Ihre Grundlagen sind diskursfähig, bzw. der Diskurs bringt sie erst hervor. ....

@Tarvoc: Wo kommt eigentlich bei dir dieser Unterschied zwischen Moral und Ethos her? Ich frage deshalb, weil ich den nicht nachvollziehen kann und in Wikipedia leider nur das finden konnte, womit ich bereit "aufgewachsen" bin (Philosophieuntericht 1969 - 1973):
Zitat:
Moral bezeichnet meist die faktischen Handlungsmuster, -konventionen, -regeln oder -prinzipien bestimmter Individuen, Gruppen oder Kulturen, sofern diese wiederkehren und sozial anerkannt und erwartet werden. So verstanden, sind die Ausdrücke Moral, Ethos oder Sitte weitgehend gleichbedeutend und werden beschreibend (deskriptiv) gebraucht. Daneben wird mit der Rede von "Moral" auch ein Bereich von praktischen Urteilen, Handlungen oder deren Prinzipien (Werte, Güter, Pflichte, Rechten) verbunden. So verstanden, wertet eine Unterscheidung von Moral und Unmoral. Eine solche Bewertung kann als bloßer Ausdruck subjektiver Zustimmung oder Ablehnung verstanden werden (vergleichbar zu Applaus oder Buhrufen), oder als Beurteilung von Handlungen, deren Maximen oder sonstige Prinzipien in moralischer Hinsicht, d.h. als moralisch gut oder moralisch schlecht. Letzteres entspricht einem metaethischen Realismus. Die theoretische Ausarbeitung unterschiedlicher methodischer Vorgehensweisen und Kriterien moralischer Urteile sind Gegenstand der philosophischen Disziplin der Ethik.

Darin ist Moral synonym zu unserer Sitte, unabhängig davon wo sie herkommt oder wie sie begründet wird, sowoh statistisches "man tut / man tut nicht", als auch als überliefertes Regelwerk der jeweiligen Gesellschaft.

Also ich würde einem Christen, der Moral für seine Pacht hält, nur entgegenen, er soll kein so dummes Zeug sabbeln - denn selbst nach Christenmeinung (Hope und Konsorten) legt der Grögaz jedem das Wissen um Gut und Böse bereits in die Wiege (siehe Seelenkonzept), d.h. ein Leben nach der Bibel ist vielleicht geeignet, dieses Wissen zu festigen, aber nicht ursächlich für das Handeln im Guten und auch nicht ursächlich für Moral. Die Aussage, nur Christen könnten moralisch sein, ist ein Widerspruch zum christlichen Seelenkonzept - es sei denn, nur Christen hätten eine Seele, was allerdings Schwierigkeiten mit der embryonalen Seele gäbe.

Das einezige Argument, dass sie hätten, wäre, dass originärer Mumpitz auch auf innere Konsistenz verzichten kann. Habe ich allerdings so noch von keinem Christen gehört.

fwo


Ich sah das jetzt auch so ähnlich, Moral und Ethik als ein und dasselbe meinend.
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"Der Gott, der Gott sterben läßt, um Gott zu besänftigen"...Hundert Folianten, die für oder wider das Christentum geschrieben worden sind, ergeben eine geringere Evidenz als der Spott dieser zwei Zeilen.
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Ascanius
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Anmeldungsdatum: 14.06.2005
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Wohnort: Berlin

Beitrag(#1315879) Verfasst am: 27.06.2009, 16:55    Titel: Antworten mit Zitat

Das ewig dumme Geschwätz der Religiösen ist doch schon mit logischen Mitteln recht einfach abzuwehren. Man braucht im Grunde nur nach der Motivation einer Handlung zu fragen:

I.

Person X tut 'A'.
Frage an Person X: "Warum tust Du 'A'?"
Antwort: "Weil es Gottes Wille ist."

II.

Person Y tut 'A'.
Frage an Person Y: "Warum tust Du 'A'?"
Antwort: "Weil es der Wille des Führers ist."

III.

Person Z tut 'A'.
Frage an Person Z: "Warum tust Du 'A'?"
Antwort: "Weil es aus bestimmten Gründen unter den gegebenen und so gründlich wie möglich analysierten Umständen am besten geeignet erscheint, dem Leid der beteiligten und betroffenen empfindungsfähigen Wesen vorzubeugen, es zu lindern oder zu beseitigen, bzw. ihre Bedürfnisse und Interessen in Ausgleich zu bringen.

Folgerungen:

1. Gehorsam - ob gegen Götter oder "irdische" Despoten - ist nichts anderes als vorsätzlicher Verzicht auf ethische Reflexion und insofern antimoralisch.

2. Religion und Ethik schließen einander aus, denn eine Handlung kann nur entweder religiös oder ethisch motiviert sein.

3. Religiöse, die ihre Handlungen ethisch begründen, geben (meist unbewußt) zu, daß es für moralisches Verhalten keine Götter braucht.

4. Religiöse, die auch ethisch begründbare Handlungen religiös begründen, täuschen sich über ihre eigentliche Motivation oder haben im Roulette der ethisch Ahnungslosen lediglich einen Zufallstreffer erzielt.

PS.: Zu meinen Begriffen: Ethische Motivation besteht gemäß dem Zweck der Ethik in dem, was Person Z als Begründung für ihre Handlung vorbringt. Nur ethisch motivierte Handlungen sind (mehr oder weniger erfolgreicherweise) moralisch.

(@ Smigel & Paradox: Daumen hoch! )
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Lord Snow
I am the one who knocks



Anmeldungsdatum: 05.09.2006
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Beitrag(#1315881) Verfasst am: 27.06.2009, 16:55    Titel: Antworten mit Zitat

@ballancer interessanter Beitrag, dazu komme nachert nochmal, gerade keine Zeit.
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Ich irre mich nie! Einmal dachte ich, ich hätte mich geirrt, aber da hatte ich mich getäuscht

"Der Gott, der Gott sterben läßt, um Gott zu besänftigen"...Hundert Folianten, die für oder wider das Christentum geschrieben worden sind, ergeben eine geringere Evidenz als der Spott dieser zwei Zeilen.
Denis Diderot
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Hornochse
Orthographiefetischist



Anmeldungsdatum: 22.07.2007
Beiträge: 8223
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Beitrag(#1315887) Verfasst am: 27.06.2009, 17:07    Titel: Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Das ewig dumme Geschwätz der Religiösen ist doch schon mit logischen Mitteln recht einfach abzuwehren. Man braucht im Grunde nur nach der Motivation einer Handlung zu fragen:

I.

Person X tut 'A'.
Frage an Person X: "Warum tust Du 'A'?"
Antwort: "Weil es Gottes Wille ist."


Und du glaubst tatsächlich, dass Religiöse gänzlich oder überwiegend (in deinem Sinne) ethisch handeln, weil es, aus ihrer Sicht, Gottes Wille ist?
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Alles könnte anders sein - und fast nichts kann ich ändern.

- Niklas Luhmann -
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1315896) Verfasst am: 27.06.2009, 17:24    Titel: Re: Moralisches Handeln Antworten mit Zitat

ballancer hat folgendes geschrieben:
Haldir hat folgendes geschrieben:
Gerade läuft im Politikforum wieder ein Thread in dem einige, recht unsachlich vorgehende, Theisten die altbekannte Leier herunterbeten, dass Atheisten ja eigentlich gar keine Moral hätten, auch gar nicht moralisch handeln können, ihnen (den Atheisten) dazu halt die Grundlagen fehlen, bla bla...
Ich kenne derartige Behauptungen eigentlich nur von ständigen Wiederholungen seitens Atheisten, worauf dann Christen wiedrholt erklären, dass dies keineswegs eine seriöse Behauptung von Christen sein könnte, denn dazu fehlt jede Grundlage.

Sinngemäß habe ich das aber schon von Ratzinger und Huber gehört.

ballancer an Haldir hat folgendes geschrieben:
Du aber scheinst behaupten zu wollen, dass es Moralität gegenüber dem Instinkt eine untergeordnete Rolle spielt. Wie aber kann es sein, dass Menschen zu enormen Verbrechen und Grausamkeiten fähig sind? Funktioniert dann der Instinkt nicht mehr?

- Instinkte sind ja angeborene Verhaltensweisen für alltägliche Situationen. Es ist nicht gesagt, daß sie in nichtalltäglichen Situationen funktionieren.

- Oder es könnte sein, daß die Instinkte zwar funktionieren, aber fatale Folgen haben (z.B. jemand mit dem Finger an der Bombe handelt aus instinktiver Rache, Gier, Loyalität o.ä.)

- Oft allerdings spielen die Instinkte gar nicht gegen die Moralität, sondern im Gegenteil entwickelt sich Moral zu einem Instrument der Heiligung von Interessen. Beispielsweise bei religiöser Bigotterie, Kamf gegen Volksfeinde, Progrome, heiligem Krieg oder der stalinistischen Enteignung von Kulaken. Das ist natürlich besonders gefährlich in Systemen, die ihre Moral metaphysisch-willkürlich begründen und nicht rational-ethisch.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Ascanius
abnorm



Anmeldungsdatum: 14.06.2005
Beiträge: 375
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1315899) Verfasst am: 27.06.2009, 17:31    Titel: Antworten mit Zitat

Hornochse hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Das ewig dumme Geschwätz der Religiösen ist doch schon mit logischen Mitteln recht einfach abzuwehren. Man braucht im Grunde nur nach der Motivation einer Handlung zu fragen:

I.

Person X tut 'A'.
Frage an Person X: "Warum tust Du 'A'?"
Antwort: "Weil es Gottes Wille ist."


Und du glaubst tatsächlich, dass Religiöse gänzlich oder überwiegend (in deinem Sinne) ethisch handeln, weil es, aus ihrer Sicht, Gottes Wille ist?


Weder habe ich das gesagt, noch spielt es für meine Argumentation eine Rolle.
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Evilbert
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Anmeldungsdatum: 16.09.2003
Beiträge: 42408

Beitrag(#1315929) Verfasst am: 27.06.2009, 18:46    Titel: Re: Moralisches Handeln Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:


Also ich würde einem Christen, der Moral für seine Pacht hält, nur entgegenen, er soll kein so dummes Zeug sabbeln - denn selbst nach Christenmeinung (Hope und Konsorten) legt der Grögaz jedem das Wissen um Gut und Böse bereits in die Wiege (siehe Seelenkonzept), d.h. ein Leben nach der Bibel ist vielleicht geeignet, dieses Wissen zu festigen, aber nicht ursächlich für das Handeln im Guten und auch nicht ursächlich für Moral. Die Aussage, nur Christen könnten moralisch sein, ist ein Widerspruch zum christlichen Seelenkonzept - es sei denn, nur Christen hätten eine Seele, was allerdings Schwierigkeiten mit der embryonalen Seele gäbe.


Nach christlichem Verständnis gibt es aber die Erbsünde.
Es ist eben nicht so, dass jeder Mensch quasi bei Null startet und von sich aus zum guten Handeln gelangen könne. Der Mensch ist "von Gott getrennt", Bedarf der Gnade Gottes usw. - was immer dieses Gefasel konkret auch bedeuten mag, gutes Handeln geht irgendwie nur mit irgendeinem bezug zu Gott oder dessen Gnade oder Willen, nicht ohne.

Wie das ganz genau funktioniert ist offenbar umstritten und keiner (ausser ballancer) weiss das genau.
Aber regelmässiges Bezahlen der Kirchensteuer hilft da anscheinend weiter.
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ballancer
... leidet an dianoia ...



Anmeldungsdatum: 27.05.2007
Beiträge: 4767

Beitrag(#1315930) Verfasst am: 27.06.2009, 18:47    Titel: Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Das ewig dumme Geschwätz der Religiösen ist doch schon mit logischen Mitteln recht einfach abzuwehren. Man braucht im Grunde nur nach der Motivation einer Handlung zu fragen:

I.

Person X tut 'A'.
Frage an Person X: "Warum tust Du 'A'?"
Antwort: "Weil es Gottes Wille ist."



Zuerst ist zu fragen, ob die Beantwortung der Frage bereits eine hinreichende Identität mit der Motivation aussagt.

Haldir vertrat die Meinung, dass verbale Äußerungen, gegebenenfalls bewusstes Denken zum geringeren Teil die Handlungsmotivationen darstellen.

Ferner kann die Antwort so interpretiert werden, dass entweder eine unreflektierte Fremdbestimmung des Handelns vorliegt, wiewohl die Antwort eine Kurzfassung dessen sein könnte, was Kant darlegte, also den Verweis auf die Letztbegründung des Handelns nach intensiven Reflektionsprozessen. Welcher Fall eher zutrifft, ist aus dem geschilderten Fall nicht zu entnehmen.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
II.

Person Y tut 'A'.
Frage an Person Y: "Warum tust Du 'A'?"
Antwort: "Weil es der Wille des Führers ist."


Hier kann ein Mangel an Reflektion eher angenommen werden, da der Führer als Mensch über keinen grundsätzlichen Erkenntnisvorsprung haben kann.

Ascanius hat folgendes geschrieben:

III.

Person Z tut 'A'.
Frage an Person Z: "Warum tust Du 'A'?"
Antwort: "Weil es aus bestimmten Gründen unter den gegebenen und so gründlich wie möglich analysierten Umständen am besten geeignet erscheint, dem Leid der beteiligten und betroffenen empfindungsfähigen Wesen vorzubeugen, es zu lindern oder zu beseitigen, bzw. ihre Bedürfnisse und Interessen in Ausgleich zu bringen.


Hier scheint unreflektiert ein Wert als gegeben gesetzt zu sein, der nicht weiter hinterfragt wird. Warum sollte das Leid Dritter denn gelindert werden oder beseitigt? Ein Instinkt, den viele nicht haben? Eine Prägung durch die Gesellschaft, die ihrerseits eine religiös geprägte Wertegemeinschaft darstellt?

Ascanius hat folgendes geschrieben:

Folgerungen:

1. Gehorsam - ob gegen Götter oder "irdische" Despoten - ist nichts anderes als vorsätzlicher Verzicht auf ethische Reflexion und insofern antimoralisch.


Hier ist deine These nicht nachvollziehbar. Denn wenn Gott als Autorität verstanden wird, so hat er doch keine Unmittelbare und unmissverständliche Äußerung seines Willens. Entweder nimmt der Klerus dann die Rolle des Irdischen Despoten ein, und setzt damit Gott als Autorität außer Kraft, oder aber Gott ist der Gegenspieler zu irdischen Autoritäten und darum ggf. die Projektionsfläche der eigenen Moralität.

Empirisch lässt sich allerdings zeigen, dass der Verzicht auf ethische Reflektion im Christentum eben nicht statt fand sondern mit einer herausragenden Intensität die Geistesgeschichte bestimmte.

Ascanius hat folgendes geschrieben:

2. Religion und Ethik schließen einander aus, denn eine Handlung kann nur entweder religiös oder ethisch motiviert sein.


Offensichtlich verfügst du über eine Definition des Begriffes 'Ethik', die sich nicht mit der lexikalischen Bedeutung vereinbaren lässt. Auch wenn Aristoteles die Gründe des Handelns als Reflektion der Vernunft ansah, so war dies im Kontext seines theistischen Weltbildes gegeben.

Ascanius hat folgendes geschrieben:

3. Religiöse, die ihre Handlungen ethisch begründen, geben (meist unbewußt) zu, daß es für moralisches Verhalten keine Götter braucht.


Wie siehst du denn Kant und seine Kritik der praktischen Vernunft. Gerade die ethische Herausforderung sah er als Gottesbeweis.

Ascanius hat folgendes geschrieben:

4. Religiöse, die auch ethisch begründbare Handlungen religiös begründen, täuschen sich über ihre eigentliche Motivation oder haben im Roulette der ethisch Ahnungslosen lediglich einen Zufallstreffer erzielt.


Kann es sein, dass du wie ein Blinder über die Farbe referierst?

Ascanius hat folgendes geschrieben:

PS.: Zu meinen Begriffen: Ethische Motivation besteht gemäß dem Zweck der Ethik in dem, was Person Z als Begründung für ihre Handlung vorbringt. Nur ethisch motivierte Handlungen sind (mehr oder weniger erfolgreicherweise) moralisch.


Ist für dich ethisch nur der, der deine utilitaristischen Werte teilt?
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ballancer
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Anmeldungsdatum: 27.05.2007
Beiträge: 4767

Beitrag(#1315932) Verfasst am: 27.06.2009, 18:57    Titel: Re: Moralisches Handeln Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
ballancer hat folgendes geschrieben:
Haldir hat folgendes geschrieben:
Gerade läuft im Politikforum wieder ein Thread in dem einige, recht unsachlich vorgehende, Theisten die altbekannte Leier herunterbeten, dass Atheisten ja eigentlich gar keine Moral hätten, auch gar nicht moralisch handeln können, ihnen (den Atheisten) dazu halt die Grundlagen fehlen, bla bla...
Ich kenne derartige Behauptungen eigentlich nur von ständigen Wiederholungen seitens Atheisten, worauf dann Christen wiedrholt erklären, dass dies keineswegs eine seriöse Behauptung von Christen sein könnte, denn dazu fehlt jede Grundlage.

Sinngemäß habe ich das aber schon von Ratzinger und Huber gehört.


Das Problem von sinnentstellenden Interpretationen ist, dass man nachher selber glaubt, der andere habe etwas ganz anderes gemeint als er gesagt hat. zynisches Grinsen

step hat folgendes geschrieben:
ballancer an Haldir hat folgendes geschrieben:
Du aber scheinst behaupten zu wollen, dass es Moralität gegenüber dem Instinkt eine untergeordnete Rolle spielt. Wie aber kann es sein, dass Menschen zu enormen Verbrechen und Grausamkeiten fähig sind? Funktioniert dann der Instinkt nicht mehr?

- Instinkte sind ja angeborene Verhaltensweisen für alltägliche Situationen. Es ist nicht gesagt, daß sie in nichtalltäglichen Situationen funktionieren.

- Oder es könnte sein, daß die Instinkte zwar funktionieren, aber fatale Folgen haben (z.B. jemand mit dem Finger an der Bombe handelt aus instinktiver Rache, Gier, Loyalität o.ä.)


Der Terminus 'Instinkt' wird oft im Tierreich eingesetzt, aber für menschliches Verhalten, dass in weit stärkerem Maß in Sozialisation, Individualisierung und Reflektion geprägt sind, findet der Term in der wissenschaftlichen Diskussion, eine wohl eher untergeordnete Rolle. Es fehlt die empirische Signifikanz.

step hat folgendes geschrieben:
- Oft allerdings spielen die Instinkte gar nicht gegen die Moralität, sondern im Gegenteil entwickelt sich Moral zu einem Instrument der Heiligung von Interessen. Beispielsweise bei religiöser Bigotterie, Kamf gegen Volksfeinde, Progrome, heiligem Krieg oder der stalinistischen Enteignung von Kulaken. Das ist natürlich besonders gefährlich in Systemen, die ihre Moral metaphysisch-willkürlich begründen und nicht rational-ethisch.


Ich wüsste jetzt nicht, wo deine Aussage eine rationale Begründung haben. Denn in welcher Form denn 'Instinkte' geheiligt würden, machst du neben deiner Behauptung keine Aussagen. Auch wüsste ich nicht, wie du metaphysisch-willkürlich denn rational-ethisch gegenüber stellen kannst. Ist denn der Kommunismus und Sozialismus eher metaphysisch-willkürlich? skeptisch
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Einsiedler
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Anmeldungsdatum: 01.03.2007
Beiträge: 1435

Beitrag(#1315938) Verfasst am: 27.06.2009, 19:15    Titel: Re: Moralisches Handeln Antworten mit Zitat

Haldir hat folgendes geschrieben:
Die Wahrheit aber ist doch eigentlich, auch Christen die helfen, helfen nicht aufgrund ihres Glaubens! Sie mögen zwar diese Weltsicht haben, sie mögen zwar glauben sie täten es. Doch im Grunde tun sie das nur in Ausnahmefällen. Wenn Christen helfen so mögen sie das zwar im oben genannten Glauben tun, hinterher auch so untermauern. Aber es kann mir doch keiner erzählen dass er, wenn er beispielsweise eine verletzte Person auf der Straße sieht, er erstmal ein Blick gen Himmel richtet, so auf die Art "oh da ist jemand der braucht Hilfe, weil Gott sagt man müsse den Bedürftigen helfen, dann schreite ich sodann mal zur Tat".

Das ist arg vereinfacht dargestellt. Natürlich ist es so, daß jeder (unabhängig von seinem Glauben
oder Unglauben) einfach mehr oder weniger intuitiv handelt, wenn er hilft, ohne sich dabei erst
großartig über seine Motivation Gedanken zu machen. Die Frage ist allerdings, woher diese
Motivation stammt. Das von Dir kritisierte Argument ist wohl eher so zu verstehen, daß die
jeweilige religiöse Erziehung (aus Sicht deren Befürworter) maßgeblich zur Herausbildung dieses
"Helferinstinkts" beiträgt (manche sehen eine solche Erziehung als unterstützend, andere sogar
als notwendig an).

Also nicht "Ich helfe, weil Gott mir das befiehlt!" sondern "Ich helfe, weil ich das für richtig halte,
und ich halte es für richtig, weil ich über meinen Glauben so sozialisiert wurde."

In Einzelfällen mag es sogar tatsächlich so etwas geben, daß Menschen, die recht unangenehme
Stinkstiefel waren, sich nach einer "Offenbarung" zu angenehmeren Zeitgenossen entwickeln.
Aber zum einen gibt es natürlich auch Gegenbeispiele, wo Menschen nach einer Hinwendung zu
einer Religion zu Fundamentalisten werden, die ihren Zeitgenossen missionarisch (oder schlimmer)
auf den Wecker gehen, und zum anderen läßt sich eine Korrelation von Religiosität und Moral
empirisch nicht belegen (geschweige denn ein Kausalzusammenhang).
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1315951) Verfasst am: 27.06.2009, 19:46    Titel: Re: Moralisches Handeln Antworten mit Zitat

ballancer hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
ballancer hat folgendes geschrieben:
Haldir hat folgendes geschrieben:
Gerade läuft im Politikforum wieder ein Thread in dem einige, recht unsachlich vorgehende, Theisten die altbekannte Leier herunterbeten, dass Atheisten ja eigentlich gar keine Moral hätten, auch gar nicht moralisch handeln können, ihnen (den Atheisten) dazu halt die Grundlagen fehlen, bla bla...
Ich kenne derartige Behauptungen eigentlich nur von ständigen Wiederholungen seitens Atheisten, worauf dann Christen wiedrholt erklären, dass dies keineswegs eine seriöse Behauptung von Christen sein könnte, denn dazu fehlt jede Grundlage.

Sinngemäß habe ich das aber schon von Ratzinger und Huber gehört.
Das Problem von sinnentstellenden Interpretationen ist, dass man nachher selber glaubt, der andere habe etwas ganz anderes gemeint als er gesagt hat. zynisches Grinsen

Für mich war es eindeutig genug, ebenso für viele Atheisten und noch mehr Christen.

ballancer hat folgendes geschrieben:
Auch wüsste ich nicht, wie du metaphysisch-willkürlich denn rational-ethisch gegenüber stellen kannst. Ist denn der Kommunismus und Sozialismus eher metaphysisch-willkürlich? skeptisch

Ja, würde ich (für einige Formen) schon sagen. Denn wenn etwas damit begründet wird, daß es ein "Ziel aller Geschichte" gebe, so ist das eindeutig eine an den Haaren herbeigezogene Letztbegründung, die mE in krassem Gegensatz zum sonst so gern vertretenen Materialismus steht. Ähnlich auch "der Wille Gottes" in Christentum/Islam oder "die Vorsehung" im Nationalsozialismus.
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Ascanius
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Anmeldungsdatum: 14.06.2005
Beiträge: 375
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Beitrag(#1316131) Verfasst am: 28.06.2009, 07:23    Titel: Antworten mit Zitat

Liiieber ballancer,

leider hast Du meinen (wie immer mit haarspalterischer Sorgfalt formulierten!) Beitrag entweder nicht genau genug gelesen oder nicht gründlich genug reflektiert. Dementsprechend fällt meine Reaktion aus.

ballancer hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Das ewig dumme Geschwätz der Religiösen ist doch schon mit logischen Mitteln recht einfach abzuwehren. Man braucht im Grunde nur nach der Motivation einer Handlung zu fragen:

I.

Person X tut 'A'.
Frage an Person X: "Warum tust Du 'A'?"
Antwort: "Weil es Gottes Wille ist."


Zuerst ist zu fragen, ob die Beantwortung der Frage bereits eine hinreichende Identität mit der Motivation aussagt.


Sofern es sich dabei um ein erkenntnistheoretisches Problem handelt, ist es hier unerheblich. Ansonsten gilt: Entweder, man befolgt das, was man für den Willen "Gottes" hält, oder aber nicht. Entweder, man handelt ethisch motiviert, oder aber nicht.

ballancer hat folgendes geschrieben:
Haldir vertrat die Meinung, dass verbale Äußerungen, gegebenenfalls bewusstes Denken zum geringeren Teil die Handlungsmotivationen darstellen.


Gewiß sind Handlungsmotivationen vielgestaltig, aber: nur ethisch motivierte Handlungen sind auch moralisch.

ballancer hat folgendes geschrieben:
Ferner kann die Antwort so interpretiert werden, dass entweder eine unreflektierte Fremdbestimmung des Handelns vorliegt, wiewohl die Antwort eine Kurzfassung dessen sein könnte, was Kant darlegte, also den Verweis auf die Letztbegründung des Handelns nach intensiven Reflektionsprozessen. Welcher Fall eher zutrifft, ist aus dem geschilderten Fall nicht zu entnehmen.


Egal! Wer die o.g. Frage wie o.g. beantwortet, setzt sich der Kritik aus, die ich geäußert habe.

ballancer hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
II.

Person Y tut 'A'.
Frage an Person Y: "Warum tust Du 'A'?"
Antwort: "Weil es der Wille des Führers ist."


Hier kann ein Mangel an Reflektion eher angenommen werden, da der Führer als Mensch über keinen grundsätzlichen Erkenntnisvorsprung haben kann.


Egal! Wer die o.g. Frage wie o.g. beantwortet, usw. usf..

ballancer hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
III.

Person Z tut 'A'.
Frage an Person Z: "Warum tust Du 'A'?"
Antwort: "Weil es aus bestimmten Gründen unter den gegebenen und so gründlich wie möglich analysierten Umständen am besten geeignet erscheint, dem Leid der beteiligten und betroffenen empfindungsfähigen Wesen vorzubeugen, es zu lindern oder zu beseitigen, bzw. ihre Bedürfnisse und Interessen in Ausgleich zu bringen.


Hier scheint unreflektiert ein Wert als gegeben gesetzt zu sein, der nicht weiter hinterfragt wird. Warum sollte das Leid Dritter denn gelindert werden oder beseitigt?


Weil kein empfindungsfähiges Wesen gezwungenermaßen leiden will und dieses Bedürfnis der am besten geeignete Ausgangspunkt für eine sowohl logisch konsistente als auch in der Praxis stabilisierbare Ethik ist? Weil ein anderes Verständnis von Ethik katastrophale Folgen hätte, bzw. hat? Bitte geh davon aus, daß ich die meisten ethischen Theorien ablehne, weil ich sie gut genug kenne, um eine Beurteilung ihrer Defekte wagen zu können.

ballancer hat folgendes geschrieben:
Ein Instinkt, den viele nicht haben?


"Instinkte" haben nichts mit Ethik zu tun. Vielmehr gehören sie zu jenen ihrer Eigenschaften, die Menschen überwinden können müssen, um moralisch handlungsfähig zu sein.

ballancer hat folgendes geschrieben:
Eine Prägung durch die Gesellschaft, die ihrerseits eine religiös geprägte Wertegemeinschaft darstellt?


Eine solche Prägung sagt nichts über einzelne Handlungsmotivationen aus, die entweder ethisch sind, oder aber nicht.

ballancer hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Folgerungen:

1. Gehorsam - ob gegen Götter oder "irdische" Despoten - ist nichts anderes als vorsätzlicher Verzicht auf ethische Reflexion und insofern antimoralisch.


Hier ist deine These nicht nachvollziehbar. Denn wenn Gott als Autorität verstanden wird, so hat er doch keine Unmittelbare und unmissverständliche Äußerung seines Willens.


Behauptungen über den Willen "Gottes" sind eh unprüfbar und deshalb (nicht nur) für den ethischen Diskurs ohne jedweden Belang. Wer trotzdem solche Behauptungen aufstellt und sie als Motivation für seine Handlungen anführt, setzt sich der Kritik aus, die ich geäußert habe.

ballancer hat folgendes geschrieben:
Entweder nimmt der Klerus dann die Rolle des Irdischen Despoten ein, und setzt damit Gott als Autorität außer Kraft, oder aber Gott ist der Gegenspieler zu irdischen Autoritäten und darum ggf. die Projektionsfläche der eigenen Moralität.

Empirisch lässt sich allerdings zeigen, dass der Verzicht auf ethische Reflektion im Christentum eben nicht statt fand sondern mit einer herausragenden Intensität die Geistesgeschichte bestimmte.


Wie konnte etwas, das angeblich nicht stattfand (nämlich der Verzicht auf ethische Reflexion), "mit herausragender Intensität die Geistesgeschichte bestimmen"? Solltest Du meinen, was ich freundlicherweise zu verstehen bereit bin, sei Dir entgegnet: Das ist logisch unmöglich, denn eine Reflexion ist ethisch oder nicht, und sie findet statt oder nicht (siehe auch Folgerungen 3 und 4). Überhaupt ist es ratsam, sorgfältigst zwischen Theologie und Moralphilosophie zu unterscheiden.

ballancer hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
2. Religion und Ethik schließen einander aus, denn eine Handlung kann nur entweder religiös oder ethisch motiviert sein.


Offensichtlich verfügst du über eine Definition des Begriffes 'Ethik', die sich nicht mit der lexikalischen Bedeutung vereinbaren lässt.


Stimmt. Schließlich ist das "lexikalische" Verständnis von Ethik falsch weil beliebig, dogmatisch und mit quasi-faschistischen Denkmodellen kontaminiert. Das Ergebnis ist der Zustand der Welt, wie er sich uns präsentiert.

ballancer hat folgendes geschrieben:
Auch wenn Aristoteles die Gründe des Handelns als Reflektion der Vernunft ansah, so war dies im Kontext seines theistischen Weltbildes gegeben.


Möglicherweise hat sogar Aristoteles gelegentlich Zusammenhänge hergestellt, wo keine sind. Übrigens lasse ich mich ausschließlich von Inhalten, nicht von "großen Namen" beeindrucken.

ballancer hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
3. Religiöse, die ihre Handlungen ethisch begründen, geben (meist unbewußt) zu, daß es für moralisches Verhalten keine Götter braucht.


Wie siehst du denn Kant und seine Kritik der praktischen Vernunft. Gerade die ethische Herausforderung sah er als Gottesbeweis.


Auch Kant hat weder den Gottesbegriff widerspruchsfrei definiert noch erklärt, wie sein Bezugsobjekt zu erkennen ist. Was immer er in "ethischer Herausforderung" gesehen haben mag: es war kein "Gottesbeweis". Außerdem ist seine "Ethik" in dem Maße antimoralisch, wie ihre Elemente rigoristisch sind.

ballancer hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
4. Religiöse, die auch ethisch begründbare Handlungen religiös begründen, täuschen sich über ihre eigentliche Motivation oder haben im Roulette der ethisch Ahnungslosen lediglich einen Zufallstreffer erzielt.


Kann es sein, dass du wie ein Blinder über die Farbe referierst?


1. Nein. Ich bin ex-Christ und kenne sehr viele Theisten.
2. Das spielt keine Rolle, denn meine Argumente sind logischer Natur.

ballancer hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
PS.: Zu meinen Begriffen: Ethische Motivation besteht gemäß dem Zweck der Ethik in dem, was Person Z als Begründung für ihre Handlung vorbringt. Nur ethisch motivierte Handlungen sind (mehr oder weniger erfolgreicherweise) moralisch.


Ist für dich ethisch nur der, der deine utilitaristischen Werte teilt?


Ethik ist für ihre Funktionalität auf einen von möglichst allen moralischen Subjekten geteilten Konsens über ihre Ziele angewiesen, aber sie bedarf keiner "Werte", wie sie überhaupt keiner Beliebigkeiten und Dogmatismen bedarf. Weil ich es gründlich leid bin, unzutreffende Kritik ohne Gegenvorschläge zu erhalten, nun folgende Fragen an Dich: Was ist Ethik, bzw. wozu soll sie dienen und warum? Welches sind demzufolge ihre Referenzobjekte? Bitte vorsichtshalber um äußerste begrifflich-logische Genauigkeit!
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