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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#1267922) Verfasst am: 14.04.2009, 16:19 Titel: Unschuldige Schuldige |
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Ich hab mir da etwas bzgl des Fales Demjanjuk ausgedacht.
Der saß 6 Jahre irrtümlich im Gefängnis, wegen Verbrechen, die er nicht begangen hatte.
Nun soll er wegen der Verbrechen, die er tatsächlich begangen hat ins Gefängnis kommen.
Angenommen, er wird zu weniger als 6 Jahren verurteilt - darf er die Gefängnisstrafe dann verrechnen und freikommen?
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AntagonisT Master of Disaster
Anmeldungsdatum: 28.09.2005 Beiträge: 5587
Wohnort: 2 Meter über dem Boden
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(#1267936) Verfasst am: 14.04.2009, 16:45 Titel: |
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Mh, dann hätten Leute, die nachweislich unschuldig gesessen hatten, ja ein Verbrechen frei.
_________________ “Primates often have trouble imagining an universe not run by an angry alpha male.”
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#1267938) Verfasst am: 14.04.2009, 16:47 Titel: |
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AntagonisT hat folgendes geschrieben: | Mh, dann hätten Leute, die nachweislich unschuldig gesessen hatten, ja ein Verbrechen frei. | Wir beziehen das erstmal nur auf Straftaten, die VOR der ersten unrechtmäßigen Strafe begangen wurden.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26448
Wohnort: im Speckgürtel
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(#1267963) Verfasst am: 14.04.2009, 17:18 Titel: |
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Vorsicht: Meinung eines Nicht-Juristen:
Ich gehe davon aus, dass eine "Verrechenbarkeit" eigentlich nur vorkommen kann, wenn beide Taten, sowohl die, zu der jemand zu Unrecht verurteilt wurde als auch die, für die er nun verknackt werden soll, in einem derart unmittelbaren Zusammenhang gehören, dass auch beide in der selben Verhandlung hätten verhandelt werden müssen, wenn die zweite zur ersten Verhandlung schon bekannt gewesen wäre.
Allerdings gehe ich (wieder ohne Ahnung, nur "Gefühl") auch davon aus, dass da gewisse Handelsspielräume bei Gericht existieren.
Und jetzt warten wir auf jemanden mit Ahnung. Neinguar?
fwo
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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jagy Herb Derpington III.
Anmeldungsdatum: 26.11.2006 Beiträge: 7275
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(#1268018) Verfasst am: 14.04.2009, 19:28 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: |
Ich gehe davon aus, dass eine "Verrechenbarkeit" eigentlich nur vorkommen kann, wenn beide Taten, sowohl die, zu der jemand zu Unrecht verurteilt wurde als auch die, für die er nun verknackt werden soll, in einem derart unmittelbaren Zusammenhang gehören, dass auch beide in der selben Verhandlung hätten verhandelt werden müssen, wenn die zweite zur ersten Verhandlung schon bekannt gewesen wäre. |
Die Eingangsfrage kann ich gerade auswendig auch nicht beurteilen, aber als Jurist-in-spe kann ich diese Deine Meinung bestätigen.
Es nennt sich verbot der Doppelbestrafung oder hört auf den schönen lateinischen Satz ne bis in idem. Wenn man für eine Tat im prozessualen Sinn (so in etwa: für einen Lebenssachverhalt) rechtskräftig verurteilt worden ist, ist dieser "Lebenssachverhalt" strafrechtlich verbraucht.
Es gibt hier auch Ausnahmen, die mir wieder spontan nicht einfallen, aber das Prinzip funktioniert so: Du wurdest wegen einer Schlägerei zu einer gefährlichen Körperverletzung rechtskräftig veruteilt. Danach stellt sich raus, dass ein auch an dieser Schlägerei beteiligtes, bisher nicht bekanntes Opfer von dir durch dich gestorben ist und du sogar Tötungsvorsatz hattest. Wegen dieses Totschlages (ggf. Mord) kannst du dann nicht mehr verurteilt werden, weil der Lebenssachverhalt (die Schlägerei) strafrechtlich schon "verbraucht" ist.
http://bundesrecht.juris.de/gg/art_103.html
Dort Absatz 3.
Was nicht funktioniert, ist, wenn du Unschuldig verurteilt wirst, dass du dann einen "Freischuss" hast, weil das eine andere Tat wäre.
http://de.wikipedia.org/wiki/Ne_bis_in_idem
http://de.wikipedia.org/wiki/Strafklageverbrauch
_________________ INGLIP HAS BEEN SUMMONED - IT HAS BEGUN!
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Quetsche2000 registrierter User
Anmeldungsdatum: 06.02.2008 Beiträge: 780
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(#1268071) Verfasst am: 14.04.2009, 20:27 Titel: |
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Richtig ist, niemand darf wegen eines Vergehens das vor Gericht verhandelt wurde, mehrfach bestraft werden. Sobald der Urteilsspruch rechtskräftig ist (alle weiteren Rechtsmittel ausgeschöpft, oder auf weitere Rechtsmittel verzichtet), ist Ende was diese anhängige Sache anbelangt.
Landet z.B. jemand unschuldig im Knast, weil er angeblich einen Mord begangen haben soll, so gehört dieser Jemand, nach internationalem Menschenrecht, angemessen finanziell vergütet, und umgehend rehabilitiert.
Begeht er später tatsächlich einen Mord, so ist dieser Jemand, entsprechend der Gesetzesvorgaben, zu bestrafen.
Das Schlimme in unserer Bananenrepublik ist, Recht und Gesetz sind zu einem dreckigen Geschäft verkommen.
Bei der Nadelstreifenfraktion heisst es bei eindeutigen Beweisen, es könne kein Beweis für einen Vorsatz erbracht werden - Bei dem Obdachlosen um die Ecke reicht der blosse Verdacht für eine Verurteilung aus, weil ein durchgeknallter Richter der Anklage mehr Glauben schenkt, als wie dem mittellosen Angeklagten.
In Dubio Pro Reo = Im Zweifel für den Angeklagten, wird bei Otto Normalverbraucher täglich ausser Kraft gesetzt.
Glauben ist eine subjektive Entscheidungsfindung, weil Glauben nicht wissen heisst.
Viele glauben an die Auferstehung eines Jesus Christus, können aber keinen Beweis dafür erbringen.
_________________ Wer zum Unrecht schweigt, der fügt ein weiteres Unrecht hinzu!
Freiheit ist die Meinung des Andersdenkenden
http://glaubensportal.npage.de/
http://justizmuell.cms4people.de/index.html
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vrolijke Bekennender Pantheist

Anmeldungsdatum: 15.03.2007 Beiträge: 46732
Wohnort: Stuttgart
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(#1268111) Verfasst am: 14.04.2009, 21:00 Titel: Re: Unschuldige Schuldige |
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narziss hat folgendes geschrieben: | Ich hab mir da etwas bzgl des Fales Demjanjuk ausgedacht.
Der saß 6 Jahre irrtümlich im Gefängnis, wegen Verbrechen, die er nicht begangen hatte.
Nun soll er wegen der Verbrechen, die er tatsächlich begangen hat ins Gefängnis kommen.
Angenommen, er wird zu weniger als 6 Jahren verurteilt - darf er die Gefängnisstrafe dann verrechnen und freikommen? |
Das ist dann mal: "The Postman rings always twice", in umgekehrte Richtung.
Wers nicht versteht; einfach fragen.
_________________ Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
Erich Fromm
Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.
Grenzen geben einem die Illusion, das Böse kommt von draußen
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#1268124) Verfasst am: 14.04.2009, 21:18 Titel: |
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Frag.
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vrolijke Bekennender Pantheist

Anmeldungsdatum: 15.03.2007 Beiträge: 46732
Wohnort: Stuttgart
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(#1268140) Verfasst am: 14.04.2009, 21:40 Titel: |
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narziss hat folgendes geschrieben: | Frag. |
In der Geschichte von "The Postman rings always twice", bändelt am Anfang ein Tramp mit dem Tankstellenbesitzer seiner Frau an. Diese beiden ermorden den Tankstellenbesitzer. Die Polizei kann nichts nachweisen, und die beiden müssen freigesprochen werden.
Am ende haben die Beiden ein Verkehrsunfall, wobei die Frau stirbt. Dafür wird er mit Gefängniss bestraft, weil er "Schuld" hat am Unfall. Nach dem Motto: Wenn der Briefträger beim ersten Mal niemand antrifft, kommt er halt noch ein mal. Letzteres kommt in den Film nicht so rüber.
Auf Deutsch sagt man bisweilen auch schon: "das Rad dreht sich", oder: "irgendwann mußt du dafür bezahlen". Sonst fällt mir kein Spruch mehr ein. Auf Niederländisch: "boontje komt om zijn loontje".
_________________ Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
Erich Fromm
Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.
Grenzen geben einem die Illusion, das Böse kommt von draußen
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#1268205) Verfasst am: 14.04.2009, 22:51 Titel: Re: Unschuldige Schuldige |
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narziss hat folgendes geschrieben: | Ich hab mir da etwas bzgl des Fales Demjanjuk ausgedacht.
Der saß 6 Jahre irrtümlich im Gefängnis, wegen Verbrechen, die er nicht begangen hatte.
Nun soll er wegen der Verbrechen, die er tatsächlich begangen hat ins Gefängnis kommen.
Angenommen, er wird zu weniger als 6 Jahren verurteilt - darf er die Gefängnisstrafe dann verrechnen und freikommen? |
Haette nix dagegen. 20 Jahre, was ich als Mindeststrafe fuer seine Beteiligung am Massenmord ansehe, minus 6 Jahre, macht 14 Jahre, die der Alte mindestens brummen darf. Angesichts seines fortgeschrittenen Alters und seiner angegriffenen Gesundheit laeuft beides auf lebenslaenglich raus...
_________________ Defund the gender police!!
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#1268221) Verfasst am: 14.04.2009, 23:04 Titel: |
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Wie allerdings bewertet man Beihilfe zum Mord in 29.000 Fällen?
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#1268229) Verfasst am: 14.04.2009, 23:10 Titel: |
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narziss hat folgendes geschrieben: | Wie allerdings bewertet man Beihilfe zum Mord in 29.000 Fällen? |
Beihilfe zum Massenmord, weshalb ich auch die Mindeststrafe recht hoch ansiedeln wuerde. Und verjaehren tut sowas natuerlich auch nicht....
_________________ Defund the gender police!!
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16339
Wohnort: Arena of Air
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(#1268337) Verfasst am: 15.04.2009, 01:06 Titel: |
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Nochmal zu der Ausgangsfrage: Da gab es einmal einen Film, in dem eine Frau für den vermeintlichen Mord an ihrem Mann verurteilt wurde und 12 Jahre im Knast verbrachte. Sie wußte allerdings, daß der Mann seinen Tod vorgetäuscht hatte und unter einer anderen Identität mit seiner neuen Frau zusammenlebte. Als sie auf Bewährung freikam, gelang es ihr, ihn aufzuspüren und dann tatsächlich zu erledigen(?). Die Rechtsauffassung in dem Film war, daß sie für das Verbrechen, ihren Mann umgebracht zu haben, ja nicht zweimal belangt werden könnte, also jetzt "einen Mord frei" habe. Kann man tatsächlich sowas behaupten?
(Edit: Anscheinend werden tatsächlich auch dann die beiden Taten unterschieden -- [url=http://de.wikipedia.org/wiki/Doppelmord_(Film)]Link[/url])
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
Zuletzt bearbeitet von Critic am 15.04.2009, 01:11, insgesamt einmal bearbeitet |
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#1268340) Verfasst am: 15.04.2009, 01:09 Titel: |
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beachbernie hat folgendes geschrieben: | narziss hat folgendes geschrieben: | Wie allerdings bewertet man Beihilfe zum Mord in 29.000 Fällen? |
Beihilfe zum Massenmord, weshalb ich auch die Mindeststrafe recht hoch ansiedeln wuerde. Und verjaehren tut sowas natuerlich auch nicht.... | Beihilfe zum Mord verjährt also ebenfalls nicht?
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Kiki ist sicher nicht Eso
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 15062
Wohnort: Ulm
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(#1268342) Verfasst am: 15.04.2009, 01:12 Titel: |
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Critic hat folgendes geschrieben: | Nochmal zu der Ausgangsfrage: Da gab es einmal einen Film, in dem eine Frau für den vermeintlichen Mord an ihrem Mann verurteilt wurde und 12 Jahre im Knast verbrachte. Sie wußte allerdings, daß der Mann seinen Tod vorgetäuscht hatte und unter einer anderen Identität mit seiner neuen Frau zusammenlebte. Als sie auf Bewährung freikam, gelang es ihr, ihn aufzuspüren und dann tatsächlich zu erledigen(?). Die Rechtsauffassung in dem Film war, daß sie für das Verbrechen, ihren Mann umgebracht zu haben, ja nicht zweimal belangt werden könnte, also jetzt "einen Mord frei" habe. Kann man tatsächlich sowas behaupten? |
Der Twist daran ist aber, dass der Mann nach rechtswegen wirklich schon als "tot" geführt wurde. Und wer tot ist kann nicht nochmal ermordet werden... ansonsten siehe jagy.
edit: Was in deinem edit bei der wiki steht würde natürlich auch Sinn machen.
_________________ You may not have realized that your tiniest moves provoke disorder in my heart with a strenght comparable to that of a typhoon.
~
Kömodie = Tragödie + Zeit (Jürgen von der Lippe)
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Uriziel Herpiderpi
Anmeldungsdatum: 22.12.2007 Beiträge: 1728
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(#1271223) Verfasst am: 18.04.2009, 22:55 Titel: |
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AntagonisT hat folgendes geschrieben: | Mh, dann hätten Leute, die nachweislich unschuldig gesessen hatten, ja ein Verbrechen frei. |
Du meinst das SICHER im Spott oder so, richtig?
Kein Scherz...
... wenn es "persöhnlich" wird, habe ich sofort Verständnis für einen Menschen, der sein Leben lang immer demütigst vor dem Gesetz gelebt hat und auf einmal entgegen jeder Logik und Vernunft zu seinem früheren Weltbild handelt.
6 Jahre - das ist ne Zeit, die man nie wieder kriegt. Das ist ein permanenter Schaden an der ganzen Lebensspanne, wenn man zu Unrecht weggesperrt wird.
Jetzt stellt euch ma vor, ihr kommt zu Unrecht in Knast und eure Entschädigung ist ein Witz - eher eine Verspottung, als eine Entschädigung.
Also ich würde gegen niemanden was sagen, der Mordsgelüste bekommt, sich ne Waffe besorgt und mindestens sechs solcher Menschen töten will wie die, die er für sein Dilemma verantwortlich macht...
Denn Rache kennt kein Maß und wer die Unschudigen zu Unrecht anpisst, sollte sie lieber GUUUT für ihr Leid entschädigen...
... ansonsten bettelt er um eine Eskalation.
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16339
Wohnort: Arena of Air
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(#1274987) Verfasst am: 24.04.2009, 23:35 Titel: |
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Heute habe ich noch eine interessante Meldung gehört: Da hatte der Besitzer eines Mietshauses einem befreundeten Handwerker den Auftrag gegeben, an der Gasleitung herumzumanipulieren, weil er angeblich seine Mieter habe loswerden wollen. Bei der Explosion gab es sechs Tote. Er wurde nach etlichen Prozessen des sechsfachen Mordes schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haft bei "besonderer Schwere der Schuld" verurteilt. Das Urteil war aber zunächst nicht rechtskräftig, der Mann blieb zunächst auf freiem Fuß (auf die Schnelle habe ich nur diesen Link gefunden). Es wurde berichtet, der Mann habe dann später eine Ladung zum Haftantritt bekommen und sei zu dem entsprechenden Termin nicht erschienen. Nur durch Zufall wurde er (gestern oder heute?) bei einer Kontrolle aufgegriffen.
Da habe ich mir natürlich gedacht, irgendwo verständlich: Wohl Jeder, der zu einer gewissen Strafe verurteilt und dem die Gelegenheit gegeben wird, einstweilen in Freiheit zu bleiben, würde wohl versuchen, zu fliehen -- und die hätten sich das wohl auch denken können.
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#1275134) Verfasst am: 25.04.2009, 11:56 Titel: |
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Das war der hier: http://www.wz-online.de/?redid=501477
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#1275803) Verfasst am: 26.04.2009, 12:27 Titel: |
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Critic hat folgendes geschrieben: | Nochmal zu der Ausgangsfrage: Da gab es einmal einen Film, in dem eine Frau für den vermeintlichen Mord an ihrem Mann verurteilt wurde und 12 Jahre im Knast verbrachte. Sie wußte allerdings, daß der Mann seinen Tod vorgetäuscht hatte und unter einer anderen Identität mit seiner neuen Frau zusammenlebte. Als sie auf Bewährung freikam, gelang es ihr, ihn aufzuspüren und dann tatsächlich zu erledigen(?). Die Rechtsauffassung in dem Film war, daß sie für das Verbrechen, ihren Mann umgebracht zu haben, ja nicht zweimal belangt werden könnte, also jetzt "einen Mord frei" habe. Kann man tatsächlich sowas behaupten?
(Edit: Anscheinend werden tatsächlich auch dann die beiden Taten unterschieden -- [url=http://de.wikipedia.org/wiki/Doppelmord_(Film)]Link[/url]) |
Alles andere wäre ja auch ziemlicher Mumpitz. Ich kann ja auch nicht jemanden, den ich schon mal krankenhausreif geschlagen habe und deswegen bestraft wurde, ein zweites Mal aufs Maul geben und mich damit herausreden, dass ich ja nun schon mal wegen Körperverletzung an dieser Person angklagt wurde. Der fragliche Grundsatz, so meine (laienhafte) Vermutung, gilt wohl nur für dieselbe, nicht aber für die gleiche Tat.
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16339
Wohnort: Arena of Air
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(#1398846) Verfasst am: 30.11.2009, 22:43 Titel: Re: Unschuldige Schuldige |
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narziss hat folgendes geschrieben: | Ich hab mir da etwas bzgl des Fales Demjanjuk ausgedacht.
Der saß 6 Jahre irrtümlich im Gefängnis, wegen Verbrechen, die er nicht begangen hatte.
Nun soll er wegen der Verbrechen, die er tatsächlich begangen hat ins Gefängnis kommen.
Angenommen, er wird zu weniger als 6 Jahren verurteilt - darf er die Gefängnisstrafe dann verrechnen und freikommen? |
- Wobei es angeblich ein Gutachten geben soll, nach dem der Dienstausweis, der angeblich Demjanjuks Rolle beweist, nicht authentisch sein soll.
- Die Eröffnung des Prozesses hatte aber etwas von einer "Leichensynode": Da wird ein scheinbar halbtoter, absolut hinfälliger Mann auf einer Krankenbahre ins Gericht transportiert, und man hat nicht den Eindruck, daß er überhaupt in irgendeiner Form wahrnehmen könne, was um ihn herum geschehe. Man kann sich allerdings auch irren, wird genauso behauptet, der Mann sei gemessen an seinem Alter relativ gesund und den Hinfälligen zu geben sei vielmehr eine Strategie. Evtl. hatte man auch damals bei Priebke gesagt, der lebe ja nicht mehr lange, und das ist auch schon etliche Jahre her (Link).
- Demjanjuks Anwälte haben aber tatsächlich eine solche Position geltend gemacht: Er habe ja schon - für Verbrechen, die er nicht begangen hat - in Israel sieben Jahre im Gefängnis gesessen, davon ggf. in "Todesangst" - neben Adolf Eichmann war Ivan Demjanjuk der Einzige, gegen den in Israel ein Todesurteil ausgesprochen wurde. Eine höhere Strafe sei in Deutschland nicht zu erwarten, die - in dem Falle zu Unrecht erlittene - Haft in Israel müsse angerechnet werden (Link). Wobei andererseits selbst einige Menschen, sich mit einer Aufarbeitung der moralischen Schuld zufrieden geben würden, es aus ihrer Sicht nichts bringen würde, den Mann noch einzusperren.
(Wobei es aber ein Kuriosum ist, einen Mann des Verbrechens freizusprechen, beim Morden in Treblinka geholfen zu haben, weil er womöglich zu dem Zeitpunkt beim Morden in Sobibor geholfen hatte (als ob das nicht dasselbe Verbrechen war oder ob jemand, der bei 29000 Morden Beihilfe leistet, "weniger schuldig" sein kann als einer, der bei 870.000 Morden Beihilfe leistet?), sondern das wurde schon getrennt bewertet.)
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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Zampana bin dagegen
Anmeldungsdatum: 01.06.2007 Beiträge: 411
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(#1398870) Verfasst am: 30.11.2009, 23:24 Titel: |
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Die Frage nach der "Anrechenbarkeit" trägt ja - vom juristischen jetzt mal weggedacht - auch die Frage nach einer Art ausgleichender Gerechtigkeit in sich.
Und dazu wiederum fällt mir im Fall Demjanjuk immer ein, dass er in den 30er-Jahren in der Ukraine aufgewachsen ist - mitten im Holodomor? Die oberflächliche Recherche seiner Biographie gibt darüber nicht viel Auskunft, auch wird in den Medien darauf nicht wirklich eingegangen (oder ich hab das verpasst, hab mich auch nicht wirklich damit beschäftigt)
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moecks registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.03.2009 Beiträge: 4560
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(#1398908) Verfasst am: 01.12.2009, 00:47 Titel: |
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Zampana hat folgendes geschrieben: | Die Frage nach der "Anrechenbarkeit" trägt ja - vom juristischen jetzt mal weggedacht - auch die Frage nach einer Art ausgleichender Gerechtigkeit in sich.
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Für manche schon, für mich nicht. Was soll das sein diese ausgleichende Gerechtigkeit? Ich mag diesen Begriff absolut nicht. So etwas gibt es meiner Meinung nach nicht.
Zitat: |
Und dazu wiederum fällt mir im Fall Demjanjuk immer ein, dass er in den 30er-Jahren in der Ukraine aufgewachsen ist - mitten im Holodomor? Die oberflächliche Recherche seiner Biographie gibt darüber nicht viel Auskunft, auch wird in den Medien darauf nicht wirklich eingegangen (oder ich hab das verpasst, hab mich auch nicht wirklich damit beschäftigt) |
Was ist das für ein Bullshit. Leid plus Leid ist doppeltes Leid. Das hebt sich nicht auf. Das ist nicht wie in der Mathematik mit Minus und Minus. Beides hat nichts miteinander zu tun.
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Zampana bin dagegen
Anmeldungsdatum: 01.06.2007 Beiträge: 411
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(#1398923) Verfasst am: 01.12.2009, 01:27 Titel: |
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Ich kann mich nicht dem Reigen der Verteufelung eines Demjanjuks anschließen, solange in mir noch die Ungewissheit, besser Unwissenheit ist, ob er tatsächlich einer der Überlebenden des Holodomors war und was er möglicherweise in seiner Kindheit erleben musste, das ihn so werden ließ.
Für die Beurteilung seiner Taten spielt das mMn durchaus eine Rolle. Es ist schon ein Unterschied, ob ein SS-Täter aus einer gutbürgerlichen deutschen Familie, meinetwegen auch mit antisemitischer Traditionb stammt oder ob er selber dank eines unmenschlichen Regimes in einem der vielen Vororte der Hölle aufgewachsen ist.
In diesem Falle würde ich an Richterstelle - quasi im Sinne einer ausgleichenden Gerechtigkeit - durchaus gnädiger urteilen.
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16339
Wohnort: Arena of Air
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(#1398941) Verfasst am: 01.12.2009, 06:16 Titel: |
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Zampana hat folgendes geschrieben: | Ich kann mich nicht dem Reigen der Verteufelung eines Demjanjuks anschließen, solange in mir noch die Ungewissheit, besser Unwissenheit ist, ob er tatsächlich einer der Überlebenden des Holodomors war und was er möglicherweise in seiner Kindheit erleben musste, das ihn so werden ließ.
Für die Beurteilung seiner Taten spielt das mMn durchaus eine Rolle. Es ist schon ein Unterschied, ob ein SS-Täter aus einer gutbürgerlichen deutschen Familie, meinetwegen auch mit antisemitischer Traditionb stammt oder ob er selber dank eines unmenschlichen Regimes in einem der vielen Vororte der Hölle aufgewachsen ist.
In diesem Falle würde ich an Richterstelle - quasi im Sinne einer ausgleichenden Gerechtigkeit - durchaus gnädiger urteilen. |
- Zu "was ihn so werden ließ" wird ja dann immer geantwortet, daß Millionen Menschen Ähnliches erlebt haben und nicht zu Tätern wurden. Aber wohlgemerkt, erst einmal mutmaßlichen.
- Und soweit ich das mitbekommen habe, sind nicht einmal alle Kläger der Meinung, daß es Sinn machen würde, den Mann in seinem Alter noch einzusperren. Und wenn er schuldig sein sollte, wäre das ein Akt der Humanität, den keiner der damaligen Täter seinen Opfern zugestanden hat.
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#1398945) Verfasst am: 01.12.2009, 06:28 Titel: |
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Zampana hat folgendes geschrieben: | Ich kann mich nicht dem Reigen der Verteufelung eines Demjanjuks anschließen, solange in mir noch die Ungewissheit, besser Unwissenheit ist, ob er tatsächlich einer der Überlebenden des Holodomors war und was er möglicherweise in seiner Kindheit erleben musste, das ihn so werden ließ.
Für die Beurteilung seiner Taten spielt das mMn durchaus eine Rolle. Es ist schon ein Unterschied, ob ein SS-Täter aus einer gutbürgerlichen deutschen Familie, meinetwegen auch mit antisemitischer Traditionb stammt oder ob er selber dank eines unmenschlichen Regimes in einem der vielen Vororte der Hölle aufgewachsen ist.
In diesem Falle würde ich an Richterstelle - quasi im Sinne einer ausgleichenden Gerechtigkeit - durchaus gnädiger urteilen. |
Als mildernde Umstaende: ok.
Als strafverhindernd ausdruecklich nein.
_________________ Defund the gender police!!
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Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause
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(#1398961) Verfasst am: 01.12.2009, 09:35 Titel: |
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moecks hat folgendes geschrieben: |
Was ist das für ein Bullshit. Leid plus Leid ist doppeltes Leid. Das hebt sich nicht auf. Das ist nicht wie in der Mathematik mit Minus und Minus. |
-1 und -1 ist -2 ist 2*(-1).
_________________ Trish:(
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Nedotyopa registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.03.2007 Beiträge: 116
Wohnort: Köln
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(#1399174) Verfasst am: 01.12.2009, 17:53 Titel: |
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Critic hat folgendes geschrieben: | Zampana hat folgendes geschrieben: | Ich kann mich nicht dem Reigen der Verteufelung eines Demjanjuks anschließen, solange in mir noch die Ungewissheit, besser Unwissenheit ist, ob er tatsächlich einer der Überlebenden des Holodomors war und was er möglicherweise in seiner Kindheit erleben musste, das ihn so werden ließ.
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- Zu "was ihn so werden ließ" wird ja dann immer geantwortet, daß Millionen Menschen Ähnliches erlebt haben und nicht zu Tätern wurden. ... |
Ganz genau. 1941 waren Millionen von Rotarmisten gefangen genommen. Die meisten von ihnen sind in Gefangenschaft durch unmenschliche Lebensbedingungen umgekommen. Um zu überleben hatten Hunderttausende von ihnen für das Dritte Reich gearbeitet. Die Frage ist nur, womit sie dem Dritten Reich gedient hatten. Viele waren als Handwerker, Fahrer, verschiedene Hilfskräfte tätig. Die anderen, eine Minderheit, waren in den Schutzmannschaften bzw. als KZ-Aufseher tätig. http://de.wikipedia.org/wiki/Schutzmannschaft
Die künftigen KZ-Aufseher wurden nur auf freiwilliger Basis ausgewählt. Demjanjuk wurde als Freiwilliger im SS-Ausbildungslager Trawniki ausgebildet.
http://de.wikipedia.org/wiki/Zwangsarbeitslager_Trawniki
http://de.wikipedia.org/wiki/John_Demjanjuk
Sogar von denen, die in Trawniki ausgebildet wurden, haben mehrere versucht sich eine andere Beschäftigung zu finden, als sie verstanden hatten, welche Aufgaben ihnen wirklich bevorstanden. Es gab auch welche, die erschossen wurden, weil sie Befehle verweigerten. Und nur die, denen das passte, die das ok fanden, die wurden zu KZ-Aufsehern. Unter ihnen war auch Demjanjuk. Die meisten "Mitarbeiter" von Sobibor waren nicht die deutschen SS-Angehörigen, sondern Ukrainer, die sog. "Trawniki-Männer". http://de.wikipedia.org/wiki/Trawniki-M%C3%A4nner
Nach dem Aufstand von Sobibor http://de.wikipedia.org/wiki/Vernichtungslager_Sobibor
hatte Demjanjuk einen "Weiterbildungskurs" wiederum in Trawniki absolviert und wurde dann schon in ein Lager in Deutschland, in das bayerische KZ Flossenbürg, versetzt. Das heißt, er wurde befördert.
http://de.wikipedia.org/wiki/John_Demjanjuk
Wenn das alles stimmt, und das Gericht soll das prüfen, dann erscheinen mir Bedenken, dass Demjanjuk "zu Unrecht gesessen habe" und das ihm das angerechnet werden soll, eben als Grotesk. Diese Bedenken gehören auch zum Grotesken-Forum, der Fall Demjanjuk aber nicht.
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