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Sen1proRev registrierter User
Anmeldungsdatum: 16.06.2010 Beiträge: 12
Wohnort: Berlin
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(#1489066) Verfasst am: 21.06.2010, 13:38 Titel: Neue Gedanken zum Manifest |
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Das Manifest stellt den insgesamt gelungenen Versuch dar, die wenig hilfreichen Glaubenssätze aller Couleur als Humbug zu entlarven und im Gegenzug ein auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierendes humanistisches Leitbild zu entwickeln.
Allerdings bezweifle ich die Allgemeingültigkeit einiger Aussagen und zwar vor allem hinsichtlich der Auswirkungen menschlichen Eigennutzes. So gibt es selbst hierzulande noch immer viele Frauen, die durch eine Überversorgung ihrer Freunde/Männer/Söhne versuchen, sich unentbehrlich zu machen, um auf diese Weise ein bisschen eigene Macht zu ergattern.
In solchen Fällen liegt meines Erachtens ein zwar eigennütziges, aber dennoch völlig kontraproduktives Verhalten vor, da der partielle Machtgewinn letztendlich zu einer Stabilisierung der ausbeuterischen Verhältnisse beiträgt. Dem entsprechend kann in diesem Zusammenhang nur sehr bedingt von einem aus Eigennutz resultierenden gesellschaftlichen Vorteil die Rede sein.
Meines Erachtens noch radikaler wird die positive Wirkung des Eigennutzes bei einem länger anhaltenden Drogenmissbrauch in Frage gestellt. Während es noch nicht einmal eine Garantie für euphorische Gemütszustände gibt, stehen die negativen Wirkungen (individuell: Zerrüttung der eigenen Gesundheit, gesellschaftlich: Folgekosten) von vornherein fest.
Abschließend möchte ich auf einen ganz anderen Aspekt zu sprechen kommen, der sich im Laufe meines Lebens als sehr bedeutsam erwiesen hat. Damit meine ich die oft verhängnisvolle Mischung aus Angst und Bequemlichkeit, die in dieser Form im Manifest nicht thematisiert worden ist. Der Weg zu einem sinn- und genussvolleren Leben wird nicht nur durch Angst und/oder frühe Indoktrinationen verbaut, sondern eben auch durch Bequemlichkeit. Es ist halt einfacher, über schlimme bzw. entwürdigende Zustände zu klagen als sich aktiv für deren Überwindung einzusetzen.
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Norm registrierter User
Anmeldungsdatum: 12.02.2007 Beiträge: 8149
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(#1489071) Verfasst am: 21.06.2010, 13:53 Titel: Re: Neue Gedanken zum Manifest |
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Sen1proRev hat folgendes geschrieben: |
So gibt es selbst hierzulande noch immer viele Frauen, die durch eine Überversorgung ihrer Freunde/Männer/Söhne versuchen, sich unentbehrlich zu machen, um auf diese Weise ein bisschen eigene Macht zu ergattern. |
Ja ganz genau! Und die Alleinverdiener, die versuchen sich durch einen guten Verdienst für die Ehefrauen unentbehrlich zu machen und ein bisschen Macht zu ergattern sind auch nicht besser!
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vrolijke Bekennender Pantheist

Anmeldungsdatum: 15.03.2007 Beiträge: 46732
Wohnort: Stuttgart
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(#1489072) Verfasst am: 21.06.2010, 13:53 Titel: Re: Neue Gedanken zum Manifest |
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Sen1proRev hat folgendes geschrieben: |
Das Manifest stellt den insgesamt gelungenen Versuch dar, die wenig hilfreichen Glaubenssätze aller Couleur als Humbug zu entlarven und im Gegenzug ein auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierendes humanistisches Leitbild zu entwickeln.
Allerdings bezweifle ich die Allgemeingültigkeit einiger Aussagen und zwar vor allem hinsichtlich der Auswirkungen menschlichen Eigennutzes. So gibt es selbst hierzulande noch immer viele Frauen, die durch eine Überversorgung ihrer Freunde/Männer/Söhne versuchen, sich unentbehrlich zu machen, um auf diese Weise ein bisschen eigene Macht zu ergattern.
In solchen Fällen liegt meines Erachtens ein zwar eigennütziges, aber dennoch völlig kontraproduktives Verhalten vor, da der partielle Machtgewinn letztendlich zu einer Stabilisierung der ausbeuterischen Verhältnisse beiträgt. Dem entsprechend kann in diesem Zusammenhang nur sehr bedingt von einem aus Eigennutz resultierenden gesellschaftlichen Vorteil die Rede sein.
Meines Erachtens noch radikaler wird die positive Wirkung des Eigennutzes bei einem länger anhaltenden Drogenmissbrauch in Frage gestellt. Während es noch nicht einmal eine Garantie für euphorische Gemütszustände gibt, stehen die negativen Wirkungen (individuell: Zerrüttung der eigenen Gesundheit, gesellschaftlich: Folgekosten) von vornherein fest.
Abschließend möchte ich auf einen ganz anderen Aspekt zu sprechen kommen, der sich im Laufe meines Lebens als sehr bedeutsam erwiesen hat. Damit meine ich die oft verhängnisvolle Mischung aus Angst und Bequemlichkeit, die in dieser Form im Manifest nicht thematisiert worden ist. Der Weg zu einem sinn- und genussvolleren Leben wird nicht nur durch Angst und/oder frühe Indoktrinationen verbaut, sondern eben auch durch Bequemlichkeit. Es ist halt einfacher, über schlimme bzw. entwürdigende Zustände zu klagen als sich aktiv für deren Überwindung einzusetzen. |
Welches Manifest?
_________________ Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
Erich Fromm
Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.
Grenzen geben einem die Illusion, das Böse kommt von draußen
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Zoff registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.08.2006 Beiträge: 21668
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(#1489087) Verfasst am: 21.06.2010, 14:37 Titel: Re: Neue Gedanken zum Manifest |
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vrolijke hat folgendes geschrieben: |
Welches Manifest? |
Warscheinlich ist das gemeint:
Scheint wohl Leute zu geben, die davon ausgehen, das wäre hier allgemein bekannt.
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Sen1proRev registrierter User
Anmeldungsdatum: 16.06.2010 Beiträge: 12
Wohnort: Berlin
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(#1489116) Verfasst am: 21.06.2010, 15:22 Titel: Neue Gedanken zum Manifest |
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Sorry, ich bin tatsächlich davon ausgegangen, dass in diesem Forum das Schlagwort Manifest ausreichen würde. Tatsächlich meine ich das Buch von Schmidt-Salomon "Manifest des evolutionären Humanismus".
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Lord Snow I am the one who knocks
Anmeldungsdatum: 05.09.2006 Beiträge: 6445
Wohnort: Würzburg
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(#1489151) Verfasst am: 21.06.2010, 16:29 Titel: |
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Es gibt genügend Manifeste. Z.B. könntest du auch das Manifest der Kommunistischen Partei gemeint haben.
_________________ Ich irre mich nie! Einmal dachte ich, ich hätte mich geirrt, aber da hatte ich mich getäuscht
"Der Gott, der Gott sterben läßt, um Gott zu besänftigen"...Hundert Folianten, die für oder wider das Christentum geschrieben worden sind, ergeben eine geringere Evidenz als der Spott dieser zwei Zeilen.
Denis Diderot
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Rasmus entartet und notorisch gottlos - Ich bin Papst
Anmeldungsdatum: 20.05.2004 Beiträge: 17559
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(#1489152) Verfasst am: 21.06.2010, 16:40 Titel: Re: Neue Gedanken zum Manifest |
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Sen1proRev hat folgendes geschrieben: |
Sorry, ich bin tatsächlich davon ausgegangen, dass in diesem Forum das Schlagwort Manifest ausreichen würde. Tatsächlich meine ich das Buch von Schmidt-Salomon "Manifest des evolutionären Humanismus". |
Herzlich willkommen, erstmal.
wo kommsT du hier, dass man da das Wort "Manifest" direkt auf das Buch bezieht? Klingt hübsch da...
_________________ Brother Sword of Enlightenment of the Unitarian Jihad
If you ask the wrong questions you get answers like '42' or 'God'.
"Glaubst Du noch oder hüpfst Du schon?"
Sylvia Browne - Wahrsager oder Scharlatan?
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Ilmor auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 13.12.2008 Beiträge: 7151
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(#1489155) Verfasst am: 21.06.2010, 16:50 Titel: Re: Neue Gedanken zum Manifest |
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Sen1proRev registrierter User
Anmeldungsdatum: 16.06.2010 Beiträge: 12
Wohnort: Berlin
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(#1489165) Verfasst am: 21.06.2010, 17:27 Titel: Neue Gedanken zum Manifest |
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Erst einmal vielen Dank für die Willkommensgrüße. Und natürlich stimmt es, dass beispielsweise auch das "Manifest der kommunistischen Partei" hätte gemeint sein können, obwohl in diesem Fall meine inhaltlichen Anmerkungen nur sehr bedingt zutreffend gewesen wären.
Wie dem auch sei: Ich bin geradewegs über das Schmidt-Salomon-Buch zum Freigeisterhaus gelangt, weshalb mir der Bezug eindeutig zu sein schien. Meine Computerkenntnisse sind nun mal eher bescheidener Natur.
Der Vollständigkeit halber sei auch noch angemerkt, dass mein Beitrag eine überarbeitete Version einer früheren mail an den Verfasser darstellt. Nach diesen Erläuterungen würde ich mir wünschen, wenn stärker als zuvor eine inhaltliche Diskussion in Gang käme.
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Danol registrierter User
Anmeldungsdatum: 02.04.2007 Beiträge: 3027
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(#1489227) Verfasst am: 21.06.2010, 19:44 Titel: Re: Neue Gedanken zum Manifest |
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Sen1proRev hat folgendes geschrieben: | Allerdings bezweifle ich die Allgemeingültigkeit einiger Aussagen und zwar vor allem hinsichtlich der Auswirkungen menschlichen Eigennutzes. So gibt es selbst hierzulande noch immer viele Frauen, die durch eine Überversorgung ihrer Freunde/Männer/Söhne versuchen, sich unentbehrlich zu machen, um auf diese Weise ein bisschen eigene Macht zu ergattern.
In solchen Fällen liegt meines Erachtens ein zwar eigennütziges, aber dennoch völlig kontraproduktives Verhalten vor, da der partielle Machtgewinn letztendlich zu einer Stabilisierung der ausbeuterischen Verhältnisse beiträgt. |
Ich habe das Manifest leider nicht gelesen, wäre also froh wenn Du die Aussagen bzgl. der Auswirkungen des Eigennutzes, die dort gemacht werden, mal kurz zusammenfassen könntest.
Im Grunde frage ich mich, ob dort die These vertreten wird dass ein Individuum seinen persönlichen Nutzen durch Eigennutz maximieren kann oder ob die Gesellschaft insgesamt aus eigennützigem Handeln den größeren Nutzen ziehen soll, im letzteren Fall kann ich Deine Argumentation nachvollziehen, im ersteren nicht.
Dann stellt sich noch die Frage inwiefern das Verhalten dieser Frauen überhaupt unter 'Eigennutz' laufen kann. Ich würde Eigennutz definieren als eine Verhaltensweise die versucht den größtmöglichen persönlichen Vorteil zu realisieren; ob der von dir angedeutete der größtmögliche ist hinge damit von der Gesellschaft, in der dieses Verhalten stattfindet, ab und kann nicht allgemein beantwortet werden.
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Sen1proRev registrierter User
Anmeldungsdatum: 16.06.2010 Beiträge: 12
Wohnort: Berlin
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(#1489303) Verfasst am: 21.06.2010, 21:53 Titel: Neue Gedanken zum Manifest |
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Anstelle einer womöglich subjektiv gefärbten Zusammenfassung zitiere ich lieber einige Passagen aus dem "Manifest des evolutionären Humanismus":
"Wer die Bedeutung des biologischen Prinzips Eigennutz, das die Grundlage für jede noch so altruistische Handlung bildet, richtig einzuschätzen vermag, für den ist evident: Die Geschichte wird nicht von schöngeistigen Ideen bestimmt, sondern von handfesten eigennützigen, vor allem ökonomischen Interessen. ... Das eigennützige Streben des Einzelnen ist nach Smith die beste Voraussetzung für das Wohl Aller. ... Unsere Aufgabe besteht darin, endlich jene strukturellen Bedingungen zu schaffen, die gewährleisten, dass der Eigennutz der Individuen sowie der von ihnen geschaffenen Institutionen in humanere Bahnen gelenkt wird." (Im Original sind mit Ausnahme des ersten Satze alle Sätze kursiv gedruckt.)
Ich habe diese Überlegungen so verstanden, dass Eigennutz auf gesamtgesellschaftlicher Ebene mehr oder weniger zwangsläufig zu positiven Resultaten führt und wollte mit den von mir gewählten Beispielen darauf hinweisen, dass in der Realität häufig ganz andere Mechanismen zum Zuge kommen.
Die am Ende deines Beitrags formulierte Eigennutz-Definition lässt sich meines Erachtens auch in dem von mir gemeinten Sinne anwenden. Ich muss allerdings hinzufügen, dass ich bei meinem Frauen-Beispiel hauptsächlich an schlecht ausgebildete und/oder finanziell abhängige Frauen gedacht habe. Nach meinen Erfahrungen ist es für viele dieser Frauen oft schon ein Triumph, wenn sie erleben dürfen, dass vorübergehend oder dauerhaft allein lebende Männer mit häuslichen Verrichtungen nicht wirklich klar kommen.
Den hier vorliegenden größtmöglichen persönlichen Vorteil sehe ich in einer Steigerung des Selbstwertgefühls, das aber eben nicht zu produktiven gesamtgesellschaftlichen Resultaten führt, da die für die geschilderten "Verrenkungen" verantwortliche Ursache (Schlechterstellung der Frauen) auf diese Weise nicht überwunden wird bzw. überwunden werden kann.
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22267
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(#1489339) Verfasst am: 21.06.2010, 22:46 Titel: |
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Ich halte die Verrenkungen, mit denen Altruismus da zu einer speziellen Form des Eigennutzes umdefiniert wird, für recht albern. Kenne ich aber ähnlich auch schon aus "Was tun?" von Tschernischewski, dort allerdings in unterhaltsam.
_________________ "YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."
(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Martha-Helene auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 24.02.2010 Beiträge: 1155
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(#1489424) Verfasst am: 22.06.2010, 08:09 Titel: Re: Neue Gedanken zum Manifest |
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Sen1proRev hat folgendes geschrieben: | viele Frauen, die durch eine Überversorgung ihrer Freunde/Männer/Söhne versuchen, sich unentbehrlich zu machen, um auf diese Weise ein bisschen eigene Macht zu ergattern.
In solchen Fällen liegt meines Erachtens ein zwar eigennütziges, aber dennoch völlig kontraproduktives Verhalten vor, da der partielle Machtgewinn letztendlich zu einer Stabilisierung der ausbeuterischen Verhältnisse beiträgt. |
Wenn alle Beteiligten mit dieser Situation zufrieden sind, warum sollen das dann ausbeuterische Verhältnisse sein? Mit gegenseitiger Wertschätzung kann es durchaus eine akzeptable Arbeitsteilung sein.
Es läuft allerdings aus dem Ruder, wenn man Abhängigkeiten zementieren will.
Männer/Söhne, die ihre Frauen/Mütter auf häusliche Arbeiten festlegen, ohne ihnen die Freiheiten zu geben, sich anderweitig zu orientieren.
Frauen, die ihre Männer/Söhne nicht selbständig werden lassen, um so ihre häusliche Wichtigkeit zu festigen und nicht verlassen zu werden.
Sen1proRev hat folgendes geschrieben: | Der Weg zu einem sinn- und genussvolleren Leben wird nicht nur durch Angst und/oder frühe Indoktrinationen verbaut, sondern eben auch durch Bequemlichkeit. |
Die Bequemlichkeit ist nur so lange Hindernis für Veränderung, solange der Leidensdruck nicht ausreichend hoch ist.
Oder man hat intellektuell noch nicht erfasst, dass es Blödsinn ist, sich über gewisse Dinge aufzuregen, aber nichts zu ändern.
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VanHanegem Weltmeister
Anmeldungsdatum: 24.04.2006 Beiträge: 3180
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(#1489429) Verfasst am: 22.06.2010, 08:23 Titel: |
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Das ewige Märchen vom Altruismus ist letztlich nichts weiter als ein Ausfluß des christlichen Nächstenliebegebotes. Die Versuche ersteren von darwinistischen Prinzipien herleiten zu wollen wirken eher verkrampft.
Wenn die Darstellung des "Manifestes" hier im thread stimmt, dann hätte sich der Schreiber doch mal zu einem Blick über den begrenzten christlichen Horizont bemühen sollen. In der Tat stellen die atheistischen Religionen (Konfuzianismus, Buddhismus) das Prinzip der Harmonie in den vordergrund und ermöglichen es so dem Altruismus den Platz in der menschlichen Gesellschaft zukommen zu lassen den er tatsächlich hat.
_________________ Hup Holland Hup, Oranje winnt de cup (2022)
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Martha-Helene auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 24.02.2010 Beiträge: 1155
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(#1489437) Verfasst am: 22.06.2010, 09:02 Titel: |
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Das christliche Nächstenliebe-Gebot spielt wohl in die gleiche Richtung.
Dennoch ist für soziales Verhalten kein Gott-Glaube notwendig, sondern angelerntes Verhalten und Einsicht, bzw. Erfahrung vorangegangener Generationen, dass friedliches Miteinander vorteilhaft ist.
Dazu bedarf es keiner göttlichen Drohkulisse mit Höllenvorstellungen.
Im besagten Manifest ist m.W. von "Memen" noch nicht die Rede, die müssten dann aber mit bedacht werden.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1489447) Verfasst am: 22.06.2010, 09:36 Titel: |
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VanHanegem hat folgendes geschrieben: | Das ewige Märchen vom Altruismus ist letztlich nichts weiter als ein Ausfluß des christlichen Nächstenliebegebotes. Die Versuche ersteren von darwinistischen Prinzipien herleiten zu wollen wirken eher verkrampft.
Wenn die Darstellung des "Manifestes" hier im thread stimmt, dann hätte sich der Schreiber doch mal zu einem Blick über den begrenzten christlichen Horizont bemühen sollen. In der Tat stellen die atheistischen Religionen (Konfuzianismus, Buddhismus) das Prinzip der Harmonie in den vordergrund und ermöglichen es so dem Altruismus den Platz in der menschlichen Gesellschaft zukommen zu lassen den er tatsächlich hat. |
Natürlich hat nicht das Christentum den Altruismus erfunden, insofern scheint mir der Hinweis etwa auf den Konfuzianismus berechtigt.
Der entscheidende Punkt ist aber mE, daß (insb. empathische) Wesen, die zur Kooperation gezwungen sind, zumindest ein gewisses Maß an indirekter Reziprozität, Rücksichtnahme, Hilfsbereitschaft usw. ausbilden müssen. Allerdings glaube ich nicht, daß sich dies letztlich mit dem Egoismus des Einzelnen begründen läßt. Schon auf soziobiologischer Ebene, von mir aus auf der Ebene der Evolution, ist es ja nicht so, daß das Überleben des Einzelnen, oder auch nur die Weitergabe seiner Gene, der zentrale erfolgreiche Treiber ist: Gene in Sippen z.B. (oder gar in Arten) sind teilweise überindividuell, was zu überindividuellen Strategien führt. Das wiederum führt mE dazu, daß Individuen auch Dinge tun, die nicht egoistisch sind, und das auch schon in vorkultureller Zeit. Daß sich zur Stärkung solchen Verhaltens biologische Belohnungsmechanismen (z.B. Kindchenschema) herausgebildet haben, reicht mE nicht aus, um dieses Verhalten egoistisch zu nennen.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Sen1proRev registrierter User
Anmeldungsdatum: 16.06.2010 Beiträge: 12
Wohnort: Berlin
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(#1489489) Verfasst am: 22.06.2010, 12:18 Titel: Neue Gedanken zum Manifest |
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Auch wenn die Diskussion inzwischen schon weitergegangen ist, möchte ich noch einmal auf den Beitrag von tillich zu sprechen kommen, da mir hier ein Missverständnis vorzuliegen scheint. Jedenfalls hatte ich gerade nicht die Absicht, die 'Verrenkungen' (zu denen ich beispielsweise auch entmündigungsartige Zuarbeiten wie Brote schmieren oder Herauslegen der Tagesgarderobe zähle) als gesellschaftlich nutzbringende oder gar altruistische Handlungsweisen einzustufen. Ganz im Gegenteil wollte ich darauf aufmerksam machen, dass der im Manifest postulierte Zusammenhang nicht in allen Bereichen des Lebens anzutreffen ist. -
Übrigens sehe ich in den Versuchen von Frauen, ihre Partner/Männer/Söhne durch ein Übermaß an Fürsorge an sich zu binden, einen Beleg dafür, dass die jahrtausendealte Rollenverteilung keine empfehlenswerte Art des Zusammenlebens ist, sondern genauso überwunden werden muss wie z.B. die Angst vor Verdammnis und Höllenqualen.
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Martha-Helene auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 24.02.2010 Beiträge: 1155
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(#1489498) Verfasst am: 22.06.2010, 12:58 Titel: |
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Da muss unter den Betroffenen tatsächlich Einiges besprochen werden.
Manche Frauen sind es nach der Kindererziehung gar nicht mehr gewohnt, sich um sich selbst zu kümmern. Die fallen in ein tiefes Sinnloch, wenn sie niemanden mehr betüddeln können.
Statt nun den großen Krach heraufzubeschwören, kann man helfen, andere Interessen zu finden oder wiederzubeleben.
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#1489541) Verfasst am: 22.06.2010, 15:21 Titel: |
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Hi VanHanegem!
VanHanegem hat folgendes geschrieben: |
Das ewige Märchen vom Altruismus ist letztlich nichts weiter als ein Ausfluß des christlichen Nächstenliebegebotes. Die Versuche ersteren von darwinistischen Prinzipien herleiten zu wollen wirken eher verkrampft.
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Altruismus lässt sich leicht aus darwinistischen Prinzipien herleiten. Das ist dann auch Gegenstand der Spieltheorie: http://de.wikipedia.org/wiki/Tit_for_tat
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44651
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(#1489679) Verfasst am: 22.06.2010, 20:42 Titel: Re: Neue Gedanken zum Manifest |
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Sen1proRev hat folgendes geschrieben: | Die Geschichte wird nicht von schöngeistigen Ideen bestimmt, sondern von handfesten eigennützigen, vor allem ökonomischen Interessen. |
Einseitig. Menschliches und vor allem geschichtliches Handeln wird von sehr vielen Faktoren bestimmt. Insofern es "schöngeistige Ideen" gibt, entfalten sie auch Wirkung.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Sen1proRev registrierter User
Anmeldungsdatum: 16.06.2010 Beiträge: 12
Wohnort: Berlin
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(#1489767) Verfasst am: 22.06.2010, 22:36 Titel: Neue Gedanken zum Manifest |
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Da ich mich nicht mit fremden Federn schmücken möchte, muss ich darauf hinweisen, dass der Satz "Die Geschichte wird nicht von schöngeistigen Ideen bestimmt, sondern von handfesten eigennützigen, vor allem ökonomischen Interessen" nicht von mir, sondern von Schmidt-Salomon stammt. Allerdings stimme ich diesem Satz weitgehend zu.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44651
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(#1489862) Verfasst am: 23.06.2010, 00:51 Titel: |
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Interessiert mich nicht wirklich, wer der Urheber ist. Zumal Michael Schmidt-Salomon auch nicht der erste ist, der diese These vertritt.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Martha-Helene auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 24.02.2010 Beiträge: 1155
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(#1489938) Verfasst am: 23.06.2010, 09:09 Titel: |
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Das Prinzip Eigennutz führt m.E. nicht automatisch zu eigenständigen, berufstätigen Frauen und im Haushalt tätigen Männern.
Die Arbeitsteilung kann bei gegenseitiger Achtung der Leistung durchaus zufriedenstellend sein.
Beide Parteien sind versorgt und spezialisieren sich in ihrem Bereich.
Erst bei ein- oder gegenseitiger Unzufriedenheit kommt es zum Konflikt, der früher oder später irgendwie ausgetragen wird.
Die zu findende beste Lösung wird wieder am Eigennutz der Betroffenen orientiert sein.
Wie mache ich meinen weiteren Weg ohne diese gegenseitige Versorgung?
Bzw. wo finde ich einen anderen Partner für gegenseitige Versorgung?
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Sen1proRev registrierter User
Anmeldungsdatum: 16.06.2010 Beiträge: 12
Wohnort: Berlin
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(#1490045) Verfasst am: 23.06.2010, 13:45 Titel: Neue Gedanken zum Manifest |
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So allmählich befürchte ich, mich hinsichtlich meines ursprünglichen Anliegens nicht klar genug ausgedrückt zu haben. Nach wie vor geht es mir hauptsächlich um die Frage, ob der von Schmidt-Salomon postulierte Zusammenhang zwischen individuellem und gesellschaftlichem Nutzen wirklich immer zutrifft oder ob es nicht doch gravierende Ausnahmen gibt. Für die von mir angenommenen Ausnahmen habe ich einige Beispiel genannt und muss nun feststellen, dass mehr über die Beispiele als über die Grundannahme debattiert wird. Die diesbezügliche Diskussion ist zwar auch hoch interessant (und ganz bestimmt auch wichtig), beantwortet aber nicht die Frage, ob das Manifest in dem von mir genannten Punkt nun verbesserungsbedürftig ist oder nicht.
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Martha-Helene auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 24.02.2010 Beiträge: 1155
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(#1490050) Verfasst am: 23.06.2010, 13:58 Titel: |
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Hältst du denn deine Beispiele noch für gravierende Ausnahmen?
Für mich sind sie mit dem Prinzip Eigennutz vereinbar.
Die Allgemeingültigkeit kann erst bei einem Gegenbeweis angezweifelt werden.
Hast du noch andere Beispiele auf Lager?
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Sen1proRev registrierter User
Anmeldungsdatum: 16.06.2010 Beiträge: 12
Wohnort: Berlin
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(#1490136) Verfasst am: 23.06.2010, 16:46 Titel: Neue Gedanken zum Manifest |
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In Anbetracht der Tatsache, dass mit den in Abhängigkeit von Männern lebenden Frauen beinahe die Häfte der Menschheit angesprochen worden ist, empfinde ich das von mir gewählte Beispiel durchaus als gravierende Ausnahme. Zur Klarstellung: Gerade im Hinblick auf die Gesellschaft ist die von Frauen geleistete Arbeit als extrem nützlich einzustufen, aber sie beruht in der Regel eben nicht auf Eigennutz, sondern auf Selbstverleugnung. (Der in diesem Zusammenhang von mir geschilderte weibliche Eigennutz kommt schließlich fast nur in den wirtschaftlich entwickelteren Ländern vor.)
Als weiteres Beispiel für die n i c h t automatische Umwandlung von Eigennutz in gesellschaftlich nützliche Aktivitäten lassen sich alle diejenigen anführen, die in verbrecherischer Absicht die Gesetze übertreten. Dies gilt auch dann, wenn anschließend Güter verteilt werden (Drogenbosse) oder Gelder durch den Aufbau legal operierender Firmen gewaschen werden (Mafiosi): Unter dem Strich ist der (gesamtgesellschaftliche) Schaden immer größer als der Nutzen - von moralischen Erwägungen einmal ganz abgesehen.
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VanHanegem Weltmeister
Anmeldungsdatum: 24.04.2006 Beiträge: 3180
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(#1490629) Verfasst am: 24.06.2010, 20:35 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Daß sich zur Stärkung solchen Verhaltens biologische Belohnungsmechanismen (z.B. Kindchenschema) herausgebildet haben, reicht mE nicht aus, um dieses Verhalten egoistisch zu nennen. |
Die Frage stellt sich so überhaupt nicht, denn die Kategorie Egoismus/Altruismus ist ein synthetisches Kunstprodukt einiger übereifriger christlicher Moralapostel ohne praktischen Wert. Wenn man dem Eingangsbeitrag glauben darf hat es der Autor des Manifestes also nicht geschafft sich in diesem Punkt von eingefahrenen christlichen Denkmustern zu trennen.
_________________ Hup Holland Hup, Oranje winnt de cup (2022)
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VanHanegem Weltmeister
Anmeldungsdatum: 24.04.2006 Beiträge: 3180
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(#1490939) Verfasst am: 25.06.2010, 16:29 Titel: |
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sorry hatte ich übersehen.
Keine Frage: Kooperation ist ein bislang unterschätzter Aspekt der Evolution.
Weiter bleibt allerdings unklar was es bringen soll ein Konzept namens "Altruismus"
einzuführen. Es hilft nicht zur Beschreibung beobachtbarer Fälle von Kooperation sondern schafft nur ein künstliches Problem: Ist ein bestimmter Fall von Kooperation nun "Altruismus" oder nicht?
Eine Klärung der kulturhistorischen Ursache einer gegenstandslosen Frage ist wohl wesentlich spannender als ein Versuch der Beantwortung.
_________________ Hup Holland Hup, Oranje winnt de cup (2022)
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L.E.N. im falschen Film
Anmeldungsdatum: 25.05.2004 Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg
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(#1490958) Verfasst am: 25.06.2010, 17:02 Titel: |
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na, VanHanegem?
versuchst du wieder, für alles mögliche eine "religiöse wurzel" herbeizuspinnen?
_________________ Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1490960) Verfasst am: 25.06.2010, 17:14 Titel: |
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VanHanegem hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Daß sich zur Stärkung solchen Verhaltens biologische Belohnungsmechanismen (z.B. Kindchenschema) herausgebildet haben, reicht mE nicht aus, um dieses Verhalten egoistisch zu nennen. | Die Frage stellt sich so überhaupt nicht, ... |
Die Frage stellte sich hier de facto.
VanHanegem hat folgendes geschrieben: | ... denn die Kategorie Egoismus/Altruismus ist ein synthetisches Kunstprodukt einiger übereifriger ... |
Jede ethische Betrachtung ist ein Kunstprodukt.
VanHanegem hat folgendes geschrieben: | ... ohne praktischen Wert. |
Viele Kunstprodukte haben einen raktischen Wert, so auch dieses.
VanHanegem hat folgendes geschrieben: | ... sich in diesem Punkt von eingefahrenen christlichen Denkmustern zu trennen. |
MSS ist mW primär Humanist. Humanismus und Christentum haben einige Überschneidungen, eine weitere wäre z.B. der Speziesismus.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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