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Bewusstsein und Evolution
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1447998) Verfasst am: 21.03.2010, 22:12    Titel: Re: Bewusstsein und Evolution Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Auch ich setze lieber auf die Wahrheit der Physik und der reduktionistischen Naturwissenschaft allgemein als auf den supernaturalistischen Glauben an spirituelle Kräfte oder Mächte sui generis.

Hm, da fehlt Dir vielleicht aber nur die Phantasie, Dir noch andere Alternativen als diese beiden vorzustellen.

Man muss ja nicht die Physik als falsch ansehen oder gar Supernaturalismus deklarieren, um zu bezweifeln, dass die physikalische Beschreibung der Welt die 'einzig richtige', die 'grundlegende', die 'einzig wahre', die 'eigentliche' ist und alles andere nur Epiphänomene, Illusionen, falsch, ungenau, letztlich nebensächlich, redundant oder dergleichen und nur 'echte effiziente Kausalität' entscheidend (für was eigentlich?) wäre.

Eine Behauptung, die ja schon alleine dadurch, dass 'Beschreibung' kein physikalischer Begriff ist, (und 'Begriff' und 'Behauptung' auch nicht), sich mE selber ad absurdum führt.

Die Alternative wäre, die subjektive Wahrnehmung und Interpretation der Welt als die einzige Realität anzunehmen. Was nun nicht bedeutet, dass es keine Welt außerhalb gäbe, also Solipsismus, sondern was einfach nur heißt, dass es keinen dritten, außerhalb von Subjekten liegenden Standpunkt gibt, der eine 'einzig wahre Beschreibung' gewährleisten könnte. So einer wird aber immer unweigerlich implizit angenommen, wenn man kausale materielle Abläufe als das 'einzig Wahre', das 'letztlich Richtige' proklamiert. Dabei wird übersehen, dass man das immer letztlich nur von einem subjektiven Standpunkt, der einzige, den man einnehmen kann, erklären muss. Auch 'Erklärung' ist ja ein mentaler Begriff, kein physikalischer. In der Zombie-Welt gibt es keine Erklärungen, (wiewohl es alle 'Äußerungen', d.h. die beobachtbaren physikalischen Grundlagen davon, exakt so gibt wie hier), auch diese sind gleichfalls Epiphänomene, (unnötige Begleiterscheinungen der neuronalen Prozesse), wenn Bewusstsein ein Epiphänomen ist.

Myron hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Das Frage, das Rätsel hier ist: wenn (kausale) neuronale Prozesse für sich genommen hinreichende Ursachen für Verhalten sind, wozu dann zusätzlich ein subjektives Erleben?

Das Gesamtverhalten eines Menschen lässt sich eben nicht dadurch identisch reproduzieren, dass man alle psychophysischen Prozesse, die in seinem Körper stattfinden, durch rein physische, d.i. qualialose Prozesse ersetzt. Ein Zombie-Mozart würde nicht die gleiche Musik komponieren wie der bewusste Mozart.

Wieso das denn? Du steckst da anscheinend schon irgendeine Prämisse rein, die ich nicht genau fassen kann. Wenn im Zombie-Mozart (in einer parallelen Zombie-Welt) alles genauso ablaufen würde wie in unserer, mit dem einzigen kleinen Unterschied, dass damit kein bewusstes Erleben verbunden ist, dann würde selbstverständlich der Zombie-Mozart genau dieselben Stücke schreiben (wenn Bewusstsein ein Epiphänomen ist). So wie eine Zombie-Dampflok in der der Zombie-Welt, die genauso funktionieren würde wie eine Dampflokomotive in unserer Welt, mit dem einzigen Unterschied, dass sie keinen sichtbaren Dampf ausstoßen würde, genauso fahren würde wie unsere Lok.

Wenn Bewusstsein ein Epiphänomen ist, selber keine Rückwirkung hat, dann kann man es in diesem Experiment problemlos weglassen, und die Stücke Mozarts werden ebenso geschrieben wie die von unserem Mozart. Durch die kausalen neuronalen Vorgänge im Gehirn (und außerhalb) bewirkt / kausal verursacht. Mehr braucht es nicht, wenn alles letztlich reduktiv darauf zurückführbar ist, wenn die die einzig richtige wahre Realität sind.

Oder wenn Dir das mit den Zombies zu abgefahren ist: wie oben schon gesagt, kann man sich problemlos Roboter vorstellen, die dynamisch und flexibel mit unbekannten Umwelten umgehen können, die sich selber reproduzieren und reparieren können. Aber einen Roboter, der Bewusstsein entwickelt, liegt etwas außerhalb meiner Vorstellungskraft, da ich noch nicht einmal im Ansatz weiß, wie das zu bewerkstelligen wäre, wie das implementiert werden könnte. Na gut, ich kenne natürlich die Behauptungen, die besagen, Bewusstsein sei ein notwendiger Nebeneffekt von hinreichender Komplexität. Der Roboter müsste nur komplex genug sein und schon hätte er phänomenales Bewusstsein. Aber, naja, das hört sich für mich ziemlich nach Zauberei oder Supernaturalismus an.
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3460

Beitrag(#1448010) Verfasst am: 21.03.2010, 22:29    Titel: Antworten mit Zitat

Grotemson hat folgendes geschrieben:

Der Term ist selbsterklärend. Gedanken sind nicht materiell. Sie bestehen weder aus Stein, noch aus Atomen, noch aus Quarks. Man kann sie nicht verbrennen, nicht zerbrechen und auch nicht treten oder durch einen Teilchenbeschleniger jagen. Der Gedanke, Gedanken bestünden aus Teilchen ist sogar so absurd, dass nicht einmal Neurowissenschaftler ihn vertreten.


Fregesche Gedanken sind abstrakt, d.h. weder physisch noch psychisch. Aus nominalistischer Sicht ist diese Art von Gedanken irreal. Als psychophysische Phänomene sind Gedanken nicht immateriell, weil sie Nervenvorgänge sind, die durch die elektrochemischen Aktivitäten von Nervenzellen zustande kommen. Deren subjektive Seite ist sprachlicher Natur. Das Denken von Sätzen ist ein besonderer Nervenvorgang, wobei die Materialisten nicht sagen, dass die subjektiv erscheinenden Satzbilder wie Nervenzellen aus Atomen bestehen.

Grotemson hat folgendes geschrieben:

Wie zum Beispiel lässt sich aus rein materialistischer Sicht das Phänomen der Bezugnahme erklären? Wenn ich mich gedanklich auf einen Baum beziehe, fliegen da die kleinen Teilchen zum Baum, und wieder zurück?


Intentionale-repräsentationale Geisteszustände können durch Wahrnehmungen realer Gegenstände hervorgerufen werden, aber sie sind davon nicht abhängig, da sie sich ja auch auf inexistente, irreale Sachen und Sachverhalte beziehen können.

Vielleicht bin ich einfach zu naiv oder zu unwissend, aber ich frage mich, inwiefern das Vorkommen intentional-repräsentationaler Geisteszustände überhaupt eine Bedrohung für den (nichteliminativistischen) Materialismus darstellt, wie die Antimaterialisten behaupten.
Es ist eine unleugbare natürliche Tatsache, dass es diese Art von "selbsttranszendenten" Geisteszuständen gibt, und aus materialistischer Sicht handelt es sich dabei um besondere Körper- bzw. Gehirnzustände mit einem semantischen Gehalt, der durch soziale semiotische, insbesondere linguistische Codes bestimmt wird.

Grotemson hat folgendes geschrieben:

Wie ist außerdem dem Einwand zu begegnen, dass zwar mentale Ereignisse mit neuralen koinzidieren, aber nicht Klassen von mentalen Ereignissen mit neuralen Klassen?


Das Problem des Typenphysikalismus und der multiplen Realisierbarkeit stellt sich für mich nicht, weil ich nicht an Universalien glaube. Für mich sind Eigenschaften wie die Dinge, die sie besitzen, Individuen (engl. "tropes"), die einander zwar vollkommen gleichen können, aber niemals miteinander numerisch identisch sind. Solche Einzeleigenschaften oder Eigenheiten, wie ich sie nenne, sind einmalig und können von daher immer nur von einem einzigen Gegenstand besessen werden.
Das bedeutet konkret, dass jedes einzelne psychophysische Ereignis seine eigenen, einmaligen Psycho-Qualia besitzt, die es unmöglich mit einem anderen derartigen Ereignis teilen kann. Ein psychophysisches Ereignis wie ein Schmerz ist also "ganzheitlich individuell" im Hinblick auf seinen psychischen Aspekt und den ihn bedingenden physischen Aspekt.
Was allerdings, wie gesagt, durchaus möglich ist, ist, dass die Schmerzhaftigkeit eines Schmerzerlebnisses des einen Wesens derjenigen eines Schmerzerlebnisses eines anderen Wesens gleicht, auch wenn deren neurophysische Qualitäten einander nicht gleichen. Das stellt jedoch für den Materialisten, der in Bezug auf Universalien Nominalist ist, kein Problem dar. Denn mir ist kein metaphysisches Gesetz bekannt, dem zufolge zwei numerisch verschiedene Qualia zweier Bewusstseinsereignisse nur dann qualitativ identisch sein können, wenn auch all deren numerisch verschiedene physische Eigenschaften qualitativ identisch sind.

Und wenn ich sage, dass psychische Eigenschaften (Eigenheiten) physische Eigenschaften (Eigenheiten) sind, dann meine ich als aspektdualistischer Materialist damit nicht, dass sie rein physische Eigenschaften sind, sondern psychophysische (phänophysische) Eigenschaften. Das heißt, es gibt sowohl objektive als subjektive physische Eigenschaften (im ontologischen Sinne von "objektiv" und "subjektiv"), wobei die Prädikate der Physik sich nur auf die erstere Art von Eigenschaften beziehen.


Zuletzt bearbeitet von Myron am 22.03.2010, 00:10, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3460

Beitrag(#1448030) Verfasst am: 21.03.2010, 22:52    Titel: Re: Bewusstsein und Evolution Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Mir ist aber auch völlig unklar, wieso ein reines Begleitphänomen irrelevant sein sollte. Allein schon weil das Begleitphänomen beobachtet werden kann, ändert es den Ablauf.


Gut, dadurch, dass der Organismus die an sich epiphänomenale phänomenale Information in Gestalt der Qualia innerlich abruft und verarbeitet, kann man schon sagen, dass Qualia relevant, insbesondere verhaltensrelevant sind.
Aber nichtsdestoweniger bedeutet dies mitnichten, dass mit den Qualia neuartige hyperphysische Wirkfaktoren im physischen Universum aufgetaucht sind.
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step
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Beitrag(#1448050) Verfasst am: 21.03.2010, 23:17    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Mir ist aber auch völlig unklar, wieso ein reines Begleitphänomen irrelevant sein sollte. Allein schon weil das Begleitphänomen beobachtet werden kann, ändert es den Ablauf.
Gut, dadurch, dass der Organismus die an sich epiphänomenale phänomenale Information in Gestalt der Qualia innerlich abruft und verarbeitet, kann man schon sagen, dass Qualia relevant, insbesondere verhaltensrelevant sind.

Genau, das Gehirn modelliert ja unter anderem auch wiederum, daß es Empfindungen produziert.

Myron hat folgendes geschrieben:
Aber nichtsdestoweniger bedeutet dies mitnichten, dass mit den Qualia neuartige hyperphysische Wirkfaktoren im physischen Universum aufgetaucht sind.

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fwo
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Beitrag(#1448198) Verfasst am: 22.03.2010, 05:36    Titel: Re: Bewusstsein und Evolution Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
.....Wieso sollten bestimmte neuronale Prozesse 'geistig anspruchsvoll' sein und ein Bewusstsein benötigen? Welche Funktion hat Bewusstsein, wozu ist es gut? Oder hat es keine Funktion, ist nur ein verzichtbares Epiphänomen? Wozu überhaupt bewusstes Wissen, Erklärungen, Deutungen, Abstraktionen, Handlungen? Warum nicht einfach lediglich unbewusste Abläufe, Geschehnisse, durch neuronale Prozesse verursacht?

Es sind keine neuronalen Prozesse, die ein Bewusstsein benötigen, sondern es geht um Handlungsmöglichkeiten, die durch das Bewusstsein geschaffen werden, die ohne nicht existieren - Evolution befördert keine Ansprüche, sondern Nutzen.

Wie meinst Du das? Das verstehe ich nicht. Welche Handlungsmöglichkeiten werden durch das Bewusstsein geschaffen, welche würden ohne es nicht existieren und warum nicht?

Das war der abstract - stellst Du die Frage nach dem nächsten Teil immer noch?
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

fwo hat folgendes geschrieben:
Um es aus der Deisignersicht zu betrachten, weil die einfacher fällt: Wenn ich eine Maschine baue, die mit wechselnden Bedingungen zurechtkommen soll, hann ich mir den Bedingungsvorrat ansehen, für jede mögliche Bedingung das bestimmende Signal definieren und die Reaktion auf dieses Signal programmieren. Diese Maschine ist rein reaktiv und wird von Bedingungen außerhalb des geplanten Bedingungsvorrates plattgemacht wie ein Igel von einem Auto.

Um hier flexibler zu werden, muss ich weitergehen von der programmatisch fertig vorweggenommenen Situation / Bedingung, die ich an einem bestimmten Signal erkenne zu einer Analyse der Umgebung, die diese nicht als statisch annimmt, sondern ihre Dynamik und damit ihren Trend erfasst und in einer Trendverlängerung sogar in die Zukunft geht. Das macht wiederum nur Sinn, wenn diese Maschine sich selbst als den Teil der Situation definiert, den sie beeinflussen kann, dessen Trend sie also verändern kann. Was wir Bewusstsein nennen, ist die Möglichkeit der simulierten Trendverlängerung der eigenen Situation einschließlich einer Einbeziehungen möglicher Trendveränderungen.

Nein, ist es nicht. Einen autonomen Roboter zu bauen, der dynamisch und flexibel auf äußere und innere Veranderungen reagieren kann und der sich selber reparieren oder klonen kann, kann ich mir problemlos vorstellen (das ist zwar nicht trivial, in dem Sinne, dass ich das mal eben in ein, zwei Tagen hinzaubern könnte, es ist aber möglich in dem Sinne, dass ich mir die dazu notwendigen und hinreichenden Hard- und Softwaremodule konzeptuell vorstellen kann). Dazu braucht man "nur" ein paar komplizierte Algorithmen, die natürlich in der Lage dazu sein müssen, ein Modell der Umwelt und auch ein Modell der eigenen Zustände zu erstellen und die auch in irgend einer Weise die wahrscheinliche Zukunft hochrechnen müssen. Und man benötigt ein paar Sensoren (für innen und außen) und einen Bewegungs- und Greifmechanismus. All das ist machbar und wird ja auch schon gemacht, dabei gibt es mE kein prinzipielles Problem.

Aber an welcher Stelle kommt dabei Bewusstsein ins Spiel? All diese Algorithmen laufen 'unbewusst' ab, es gibt bei einem solchen Roboter keine Notwendigkeit für bewusstes Erleben, damit er so funktioniert, wie er soll, nämlich flexibel und dynamisch in Bezug auf vorher unbekannte Umweltbedingungen.

Wie man bewusstes Erleben in einem Algorithmus implementieren könnte, ist mir auch höchst unklar. Keinen Schimmer einer Ahnung, wie das gehen könnte. Nur weil der Roboter interne Repräsentationen von sich und seiner Umwelt hat, erlebt er noch lange nichts, er funktioniert halt einfach nur. Wenn der Sensor seiner Batterie anschlägt, weil die mal wieder aufgeladen werden muss, wird eben das Auflade-Softwaremodul aktiviert, das den Roboter zum nächsten Aufladepunkt lenkt (in Verbindung mit dem Wahrnehmungs- und den restlichen Modulen). Aber das ist nichts mit Bewusstsein.

fwo hat folgendes geschrieben:
Bewusstsein ermöglicht Planung.

Auch das verstehe ich nicht. Wenn es neuronale Vorgänge im Gehirn gibt, die man mit 'Planung' gleich setzen kann, dann sind diese neuronalen Vorgänge logischerweise die hinreichende Voraussetzung für 'Planung'. 'Bewusstsein' ist dann nur ein Nebeneffekt dieser neuronalen Vorgänge, ein unnützer, keine Auswirkung habender, ein beliebiger, unnötiger.

Vielleicht hättest Du die Geschichte mit dem Hund nicht unterschlagen sollen:
fwo hat folgendes geschrieben:
....Um ein einfaches Beispiel zu nehmen (den Versuch habe ich als Kind mit einem Hund gemacht, den wir in Pflege hatten, und ziemlich lange darüber nachgedacht) : Ich fordere den Hund auf, mir zu folgen, gehe dann durch eine Tür und schließe sie, bevor der Hund folgen kann. Ergebnis: Der Hund dreht auf der Stelle um und läuft einen ihm bekannten Umweg, auf dem er zu mir, das heißt hinter die Tür gelangt. Das bedeutet, dass der Hund nicht nur über eine Representation der Örtklichkeit verfügt, sondern auch über eine begrenzte Möglichkeit in die Zukunft zu sehen und entsprechend zu handeln....
Wir sind hier noch nicht beim reflektierenden Selbstbewusstsein, sondern in der Vorform. Dein Beispiel mit der Batterie ist eben keine Planung - die liegt noch beim Programmierer und nicht bei der Maschine. Planung wäre, wenn die Maschine nicht nur ab einem bestimmten Energiestand reagiert, bei dem dann das Auffüllflag gesetzt wird, der das Auflademodul aktiviert, sondern bei einer Aufmerksamkeit auf Energie ohne besonderes Flag eine Vorhersage (=Trendverlängerung) macht, wann das Auffüllen akut sein wird und wie dei anderen Aktivitäten zu in ihrer Priorität einzuteilen sind, damit zu diesem Zeitpunkt ein Auffüllen der Energie möglich sein wird.

Und das aber als Programmieraufgabe nicht speziell für die Energie gelöst, sondern in allgemeiner Form für einen allgemeinen existenziellen Parameter, für den die Energie nur ein Beispiel war. Die Möglichkeit der Planung setzt voraus, dass es eine Einheit gibt, die handelt, oder in der Betrachtung dynamischer Situationen, deren Trend nicht nur veränderbar ist, sondern diese Veränderung wird durch die Maschine gesteuert und betrifft sie selbst: Planung bedarf einer Identität. Am Hundebeispiel von mir: Eine rein reaktiv über Flags gesteuerte Maschine hätte mich nicht oder nur über Zufallsalgoritmen finden können. Aber dieser Hund hatte nicht nur die Lokalität im Kopf, sondern "wusste", dass er zu mir kommen würde (das ist in dem Moment, als er sich umdreht, um den Umweg zu laufen, Zukunft) und er "wusste", dass er es selbst sein würde, der dann bei mir ankommen würde, dieer Hund verfügt also über eine Identität. Ohne zu wissen, ob und wie sich das alles für den Hund anfühlt, würde ich das bereits als Bewusstsein bezeichnen.

fwo
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

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AgentProvocateur
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Beitrag(#1448453) Verfasst am: 22.03.2010, 20:35    Titel: Antworten mit Zitat

Mein Roboter hat einen Sensor zur Erfassung der Umwelt (Ultraschall- oder Laserabstandssensor). Spendieren wir ihm jetzt noch eine Kamera und ein Funkmodul. Fortbewegen kann er sich mit einem Kettenlaufwerk. Geben wir ihm noch eine Aufgabe, damit er nicht ganz nutzlos ist. Der Roboter soll also radioaktiv verseuchte Stoffe in einem großen Gebäudekomplex aufspüren, dazu benötigt er dann noch einen zusätzlichen Sensor für radioaktive Strahlung. Um seine Batterie wieder aufzuladen, muss er ab und zu aus einer Steckdose Energie beziehen.

Das Gebäudemodell wird permanent mithilfe des Abstandssensors erzeugt, dieses Modell ist im Prinzip lediglich eine dynamisch erweiterbare Matrix, die für jede Koordinate (im 5-cm Abstand beispielsweise) entweder eine Null (-> kein Hindernis), eine Eins (-> Hindernis) oder den Wert UNKNOWN enthält.

Die Kamera ist lediglich dazu da, um die Lage von Steckdosen herausfinden zu können.

Der Roboter fährt also in das Gebäude, baut das Gebäudemodell immer weiter auf, je weiter er kommt, (wobei er auch seinen aktuellen Standpunkt im Gebäudemodell laufend aktualisiert), ein Softwaremodul filtert laufend aus den von der Kamera gelieferten Daten Steckdosen heraus und speichert deren Position bei Erfolg in einer Liste und ein anderes gibt permanent die aktuelle Radioaktivität und seine Position per Funkmodul nach außen.

Zusätzlich wird ununterbrochen der Abstand zur nächsten bekannten Steckdose berechnet und mit der verbleibenden Akkukapazität in Relation gesetzt. Wird dabei ein gewisses Sicherheitspolster unterschritten, fährt der Roboter auf dem kürzesten Weg zu dieser nächsten Steckdose und lädt dort seinen Akku auf.

Das Ganze ist nun halbwegs trivial zu implementieren, die Steckdosen-Mustererkennung und das Einfädeln der Kontakte in die Steckdose wird dabei noch der komplizierteste Part sein (wiewohl nicht besonders schwierig). Jedoch der Aufbau des Gebäudemodelles inkl. der eigenen Position ist ziemlich trivial und die Berechnung des kürzesten Weges zur nächsten bekannten Steckdose ebenso. Könnte man nun auch leicht so erweitern, dass das Gebäudemodell veränderbar ist, d.h. kommt der Roboter an eine Tür, die vorher offen war, jetzt aber durch den Wind oder so zugeschlagen wurde, dann wird das Gebäudemodell aktualisiert und ein neuer Weg zu der dann nächsten Steckdose errechnet.

Ist das nun genug 'Planung' für Dich? Eigentlich sollte das all Deine o.g. Anforderungen erfüllen.

Ein Bewusstsein wird dieser Roboter jedoch wohl kaum haben.
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fwo
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Beitrag(#1448481) Verfasst am: 22.03.2010, 21:07    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
.....
Ein Bewusstsein wird dieser Roboter jedoch wohl kaum haben.

Glaube ich auch nicht - der ist auch für eine so kleine Welt (Aufgabe) programmiert, dass das Programm komplett von dir ist - er füllt während seines Lebens nur Variabeln mit neuen Werten.

Die Maschine habe ich nur für die leichtere Beschreibbarkeit der in meinen Augen wesentlichen Eigenschaften genommen - eine zusätzliche muss wohl sein, dass eine gewisse Selbstprogrammierbarkeit hinzukommt - damit Du siehst, dass die Planung, die Du als Programmierer vornimmst, nicht die ich, die ich meine. Nimm dir als Beispiel lieber den Hund, den nie jemand auf die Wohnung meiner Eltern programmieren konnte, und der erst als fertige Maschine mit dem Auftrag gefüttert wurde, mir zu folgen. Und weil Du nicht weißt, wie sich Hund von innen anfühlt (es sei denn, Du hast mal einen präpariert - aber das meine ich hier nicht zwinkern ) kommst Du auch nicht in Versuchung, dein eigenes Bewusstsein, das erheblich komplexer ist, als Modell zu nehmen.

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step
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Beitrag(#1448506) Verfasst am: 22.03.2010, 21:45    Titel: Antworten mit Zitat

Ähnlich wie fwo halte ich bei der Frage, wo Bewußtsein anfängt, die "eigenen" Qualia und das menschliche Bewußtsein für einen denkbar schlechten Ansatzpunkt. U.a. deswegen, weil immer die Gefahr besteht, daß wir "höhere" Bewußtseinsphänomene, also z.B. personales Bewußtsein, mit einfacheren Phänomenen vermischen.

Besser sollte man tatsächlich versuchen zu beantworten, ob beispielsweise ein Tier, das von seinem Verhaltensrepertoire her dem von AP beschriebenen Roboter nicht ganz unänhlich ist, Bewußtsein hat. Etwa eine Fruchtfliege oder ein Regenwurm.

Ich persönlich denke, daß der Schritt zur Bewußtheit von Wahrnehmungen dann stattfindet, wenn das Gehirn die Wahrnehmungen auf eine Art "innere Bühne" bringt. Das kann durchaus schon bei Tieren mit einem mittelkomplexen Gehirn der Fall sein. Es scheint mir daher auch wahrscheinlich, daß eine künstliche Intelligenz, die auf einem hinreichend parallelen Rechensubstrat läuft und hinreichend sensoriell und lernfähig angelegt ist, Bewußtsein ausbildet, Aufmerksamkeit richten kann usw.
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Tso Wang
Vergiß es



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Beitrag(#1448532) Verfasst am: 22.03.2010, 22:51    Titel: Antworten mit Zitat

.

Läuft gerade auf 3sat:

"Dem Bewußtsein auf der Spur"

()
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Ascanius
abnorm



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Beitrag(#1448633) Verfasst am: 23.03.2010, 01:55    Titel: Antworten mit Zitat

Warum nur vergeuden sogar Neurobiologen ihre Zeit immer wieder mit denselben Banalitäten? Selbstverständlich liegen zwischen einem Gehirnprozess, seiner Bewußtwerdung und der Anzeige seiner Bewußtwerdung jeweils minimale Zeitspannen - wie sollte es auch anders sein können? Selbstverständlich ist (auch nichtbegriffliches) Bewußtsein (von etwas) als höchstemergente Eigenschaft enorm komplexer neuronaler Systeme an eben diese Systeme gebunden und nicht mit anderen Mitteln simulierbar. Biophysikalische und biochemische Prozesse in Gehirnen haben nun mal nicht das Geringste mit dem gemeinsam, was in Computern oder anderen Artefakten vor sich geht - nicht einmal dann, wenn die Ergebnisse die gleichen sind.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1448638) Verfasst am: 23.03.2010, 02:33    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
.....
Ein Bewusstsein wird dieser Roboter jedoch wohl kaum haben.

Glaube ich auch nicht - der ist auch für eine so kleine Welt (Aufgabe) programmiert, dass das Programm komplett von dir ist - er füllt während seines Lebens nur Variabeln mit neuen Werten.

Die Maschine habe ich nur für die leichtere Beschreibbarkeit der in meinen Augen wesentlichen Eigenschaften genommen - eine zusätzliche muss wohl sein, dass eine gewisse Selbstprogrammierbarkeit hinzukommt - damit Du siehst, dass die Planung, die Du als Programmierer vornimmst, nicht die ich, die ich meine. Nimm dir als Beispiel lieber den Hund, den nie jemand auf die Wohnung meiner Eltern programmieren konnte, und der erst als fertige Maschine mit dem Auftrag gefüttert wurde, mir zu folgen.

Hm, den Unterschied sehe ich jetzt nicht so recht. Mein Roboter wurde ja auch nicht auf ein bestimmtes Gebäude programmiert, er musste sich auch ein Modell dieses Gebäudes quasi erst erarbeiten. Der Roboter ist insofern (obgleich so primitiv wie dargestellt) universell, als dass er in beliebigen Gebäuden eingesetzt werden kann.

Willst Du letztlich darauf hinaus, dass es irgendwie wesentlich sei, dass das eine System (Roboter) von einem Programmierer (abstrakter gesagt: Designer) entworfen wurde und das andere (Hund) nicht? Aber das ist kein wesentlicher Unterschied für einen Vergleich der Fähigkeiten der beiden Systeme, bzw. wüsste ich nicht, inwiefern er wesentlich sein könnte. Ist doch für die aktuellen (und zukünftigen) Fähigkeiten egal, ob die evolutionär entstanden sind oder programmiert wurden.

Beide Systeme können sich in einem unbekannten Terrain orientieren. Wobei das Terrain des Roboters im Falle des von mir skizzierten primitiven Roboters bestimmte Eigenschaften haben muss: es muss eben sein, der Roboter kann in seiner Gebäudemodell-Tabelle keine allzu großen Niveauunterschiede abheften und bewältigen; das Terrain des Hundes kann sehr viel vielfältiger sein, insofern ist er nun flexibler und komplexer, keine Frage.

Naja, aber der Roboter ist nun mal so wie oben skizziert nur ein extrem primitives System, das kann auf einem uralten Prozessor von Anno-Dunnemals laufen. Der Erweiterungen sind nun keine Grenzen gesetzt, man kann ihn dazu programmieren, dass er einen Aufzug benutzt (zum Beispiel). Aber selbst wenn ich das immer weiter forttreibe, dem Roboter immer mehr Fähigkeiten implementiere, immer bessere Prozessoren und einen immer größeren Speicher verwende: ich sehe nicht, wo dabei irgendwo Bewusstsein hinzukommen sollte. Ich sehe noch nicht einmal, was das bringen könnte, inwiefern die Funktionalität des Roboters durch ein Bewusstsein gesteigert werden könnte.

Denken wir uns einfach mal einen ganz furchtbar fortgeschrittenen Roboter der Zukunft. Der hat kein Kettenlaufwerk mehr, sondern künstliche Beine und Arme, (so wie Prothesen, die müssen nicht genauso aussehen wie menschliche Arme und Beine, nur so funktionieren, dieselben Bewegungen ausführen können). Damit kann er laufen wie ein Mensch, er kann malen und Skulpturen erstellen, (nachdem seine Sensoren eine große Menge bestehender Kunstwerke erfasst haben), er kann tanzen und neue Tänze zeigen, (nachdem seine Sensoren wiederum massig Daten über Tänze von Menschen erfasst haben), er kann mit einem Schwert gegen Schwertmeister kämpfen und diese oft besiegen, (nach einigem Training), er kann menschliche Emotionen lesen und diese ziemlich zuverlässig anzeigen, sagen wir durch eine LED-Skala von eins bis zehn - von extrem gut bis ganz mies drauf - (wieder nach einem langen Training, bei dem ihm jedesmal eingegeben wurde, welche Emotion den Bildaufnahmen der Person entspricht). Er kann genial Schach spielen, niemand kann ihn schlagen. Sprechen und somit über Sprache kommunizieren kann er jedoch nicht. Man kann ihn also nichts fragen, man kann ihn nur beobachten und so seine Fähigkeiten feststellen.

Hat dieser Roboter nun ein Bewusstsein? Ich meine nicht, ich wüsste auch nicht, wieso man das annehmen könnte. Und das Programmierer vs. Evolution-Argument zieht dabei nicht, das halte ich für unwesentlich.
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fwo
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Beitrag(#1448647) Verfasst am: 23.03.2010, 03:57    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
....
Hat dieser Roboter nun ein Bewusstsein? Ich meine nicht, ich wüsste auch nicht, wieso man das annehmen könnte. Und das Programmierer vs. Evolution-Argument zieht dabei nicht, das halte ich für unwesentlich.

Ich kann mich auch nicht entsinnen, dass ich soetwas wie ein Evolution-Argument gebracht hätte. Was ich geschrieben habe, war folgendes:
fwo hat folgendes geschrieben:
.....
Um es aus der Deisignersicht zu betrachten, weil die einfacher fällt: Wenn ich eine Maschine baue, die mit wechselnden Bedingungen zurechtkommen soll, hann ich mir den Bedingungsvorrat ansehen, für jede mögliche Bedingung das bestimmende Signal definieren und die Reaktion auf dieses Signal programmieren. Diese Maschine ist rein reaktiv und wird von Bedingungen außerhalb des geplanten Bedingungsvorrates plattgemacht wie ein Igel von einem Auto.

Um hier flexibler zu werden, muss ich weitergehen von der programmatisch fertig vorweggenommenen Situation / Bedingung, die ich an einem bestimmten Signal erkenne zu einer Analyse der Umgebung, die diese nicht als statisch annimmt, sondern ihre Dynamik und damit ihren Trend erfasst und in einer Trendverlängerung sogar in die Zukunft geht. Das macht wiederum nur Sinn, wenn diese Maschine sich selbst als den Teil der Situation definiert, den sie beeinflussen kann, dessen Trend sie also verändern kann. Was wir Bewusstsein nennen, ist die Möglichkeit der simulierten Trendverlängerung der eigenen Situation einschließlich einer Einbeziehungen möglicher Trendveränderungen. ....

Was Du im Moment spielst, ist eine Erweiterung des Bedingungsvorrates, der möglichen Flags und der möglichen Reaktionen. Ich hatte ja darum gebeten, die menschlichen Fähigkeiten erstmal wegzulassen, und Du lässt ihn Schach spielen, ohne ihm die Fähigkeit zu geben, das zu lernen, denn Sprache soll er nicht können. Das Schachspiel, die Regeln und die Strategie hätte er also von dir. Dabei ist es mir Wurscht, ob wir eine Maschine haben oder ein Produkt der Evolution - ich habe allgemeinere Programme gefordert: Ein Programm, dass unabhängig vom Problem in die Zukunft sehen kann, mit der einfachen Methode der Trendverlängerung vorhandener Wahrnehmungen in Verbindung mit gespeicherter Information. Der Prozess-Scheduler muss gegenüber dem des reaktiv über fest installierte Reizmuster gesteuerten Automaten wie einem Insekt breits über eine Kommunikation außerhalb des Austausches der Gestimmtheit verfügen (wobei wir soetwas, allerdings wieder in der Firmware, in Form z.B. der Tanzsprache (Bienen) auch bei Insekten schon kennen.)

Eine Planung, die nicht vom Programmierer kommt, sondern vom programmierten Individuum (das ist der Gegensatz, von dem ich gesprochen habe, nicht die Evolution) braucht ein minimales Verständnis von Zeit und Lernfähigkeit, die nicht am Objekt orientiert ist, sondern an den Eingabekanälen (Optik, Akustik, (Chemorezeption,) Mechanorezeption sowohl für die Eigenschaften der Umwelt als auch für die eigene Bewegung im Raum. Planung bedeutet nun, für jeden aktuellen bewussten Prozess, je nach der vom Scheduler vorgegebenen Proirität einen Befehlsstapel anzulegen, der geeignet ist, zum Prozessziel zu führen, auch wenn der Prozess und/oder das Ziel zur Zeit der Programmierung der Maschine noch nicht bekannt waren. Dass im Hintergrund dann noch fest verdrahtete rein reaktive Programme laufen, nur um Basisprozesse dieser Hardware zu steuern, ist unwesentlich.

Nun vergleich das mal mit deinem Ansatz - wobei ich immer noch nur einen Hund im Auge habe und keinen Schachspieler.

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Myron
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Beitrag(#1448648) Verfasst am: 23.03.2010, 04:28    Titel: Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Warum nur vergeuden sogar Neurobiologen ihre Zeit immer wieder mit denselben Banalitäten? Selbstverständlich liegen zwischen einem Gehirnprozess, seiner Bewußtwerdung und der Anzeige seiner Bewußtwerdung jeweils minimale Zeitspannen - wie sollte es auch anders sein können?


Wenn Bewusstseinsvorgänge Gehirnvorgänge sind, dann werden sie von diesen nicht verursacht, sondern sie laufen gleichzeitig damit ab, d.h. ohne irgendeine zeitliche Verzögerung.
Zwischen zwei identischen Vorgängen kann es logischerweise keine Zeitunterschiede geben.
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Myron
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Beitrag(#1448649) Verfasst am: 23.03.2010, 04:39    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Ähnlich wie fwo halte ich bei der Frage, wo Bewußtsein anfängt, die "eigenen" Qualia und das menschliche Bewußtsein für einen denkbar schlechten Ansatzpunkt. U.a. deswegen, weil immer die Gefahr besteht, daß wir "höhere" Bewußtseinsphänomene, also z.B. personales Bewußtsein, mit einfacheren Phänomenen vermischen.


Diese Gefahr besteht in der Tat!
Bewusstsein ist nicht auf denk- oder sprachfähige, "vernunftbegabte" Lebewesen beschränkt.
Die Naturgeschichte des Bewusstseins beginnt mit einfachen Sinneswahrnehmungen und Empfindungen fernab jeglichen Selbstbewusstseins, das Lebewesen besitzen, die wir als Personen bezeichnen.
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fwo
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Beitrag(#1448650) Verfasst am: 23.03.2010, 05:00    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Warum nur vergeuden sogar Neurobiologen ihre Zeit immer wieder mit denselben Banalitäten? Selbstverständlich liegen zwischen einem Gehirnprozess, seiner Bewußtwerdung und der Anzeige seiner Bewußtwerdung jeweils minimale Zeitspannen - wie sollte es auch anders sein können?


Wenn Bewusstseinsvorgänge Gehirnvorgänge sind, dann werden sie von diesen nicht verursacht, sondern sie laufen gleichzeitig damit ab, d.h. ohne irgendeine zeitliche Verzögerung.
Zwischen zwei identischen Vorgängen kann es logischerweise keine Zeitunterschiede geben.

Dieses Phänomen könnte man erklären, indem man ein Vielschichten-Modell annimmt, von dem jede Schicht soetwas wie Makrodefinitionen der jeweils darunter liegenden Schicht einthält - sowas wie ein gestaffeltes Interpretersystem. Wenn ich jetzt davon ausgehe, dass das Bewusstsein sich in der obersten Schicht abspielt, aber jeder Denkakt in dieser Hierarchie einmal bis zum Boden durchprozessiert und wieder auf die oberste Ebene zurückübersetzt werden muss, dann messe ich die maximale Tätigkeit und meine Muster, wenn der Prozess in der untersten Ebene angekommen ist....

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Ascanius
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Beitrag(#1448655) Verfasst am: 23.03.2010, 07:04    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Wenn Bewusstseinsvorgänge Gehirnvorgänge sind, dann werden sie von diesen nicht verursacht, sondern sie laufen gleichzeitig damit ab, d.h. ohne irgendeine zeitliche Verzögerung.
Zwischen zwei identischen Vorgängen kann es logischerweise keine Zeitunterschiede geben.


Ein Prozess der Bewußtwerdung ist doch nicht identisch mit seinem Objekt! Bewußtsein ist immer das Bewußtsein von etwas, nämlich von bestimmten Gehirnprozessen. Nur ein verschwindend kleiner Teil aller Gehirnprozesse wird uns überhaupt bewußt und das auch "nur" in Form ihrer Äquivalenzklassen (Wahrnehmungen, Empfindungen, Gedanken). In jedem Fall müssen sie stattgefunden haben, bevor man sich ihrer bewußt werden kann.
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Shadaik
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Beitrag(#1448830) Verfasst am: 23.03.2010, 16:27    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ein Bewusstsein wird dieser Roboter jedoch wohl kaum haben.
Warum nicht? Weil er ein Roboter ist?
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fwo
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Beitrag(#1448838) Verfasst am: 23.03.2010, 16:37    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ein Bewusstsein wird dieser Roboter jedoch wohl kaum haben.
Warum nicht? Weil er ein Roboter ist?

Nein, weil er zu konkret programmiert ist (s.o.)

fwo
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Shadaik
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Beitrag(#1448844) Verfasst am: 23.03.2010, 16:45    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ein Bewusstsein wird dieser Roboter jedoch wohl kaum haben.
Warum nicht? Weil er ein Roboter ist?

Nein, weil er zu konkret programmiert ist (s.o.)

fwo
Das schließt mE ein Bewusstsein nicht aus, sondern nur eine gewisse (programmabhängige) Parameter überschreitende Lernfähigkeit. Ich sehe keinen Grund, beide Fähigkeiten als verbunden anzusehen, auch wenn das bei den uns bekannten organischen Lebensformen mangels Erblichkeit des Gedächtnisses wahrscheinlich so ist.
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fwo
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Beitrag(#1448854) Verfasst am: 23.03.2010, 16:53    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ein Bewusstsein wird dieser Roboter jedoch wohl kaum haben.
Warum nicht? Weil er ein Roboter ist?

Nein, weil er zu konkret programmiert ist (s.o.)

fwo
Das schließt mE ein Bewusstsein nicht aus, sondern nur eine gewisse (programmabhängige) Parameter überschreitende Lernfähigkeit. Ich sehe keinen Grund, beide Fähigkeiten als verbunden anzusehen, auch wenn das bei den uns bekannten organischen Lebensformen mangels Erblichkeit des Gedächtnisses wahrscheinlich so ist.

Da solltest Du wohl mal etwas genauer qualifizieren, was Bewusstsein für dich ist. Hat eine Spinne Bewusstsein? Ein Wurm? Woran machst Du es fest?

fwo
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Shadaik
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Beitrag(#1448867) Verfasst am: 23.03.2010, 17:06    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ein Bewusstsein wird dieser Roboter jedoch wohl kaum haben.
Warum nicht? Weil er ein Roboter ist?

Nein, weil er zu konkret programmiert ist (s.o.)

fwo
Das schließt mE ein Bewusstsein nicht aus, sondern nur eine gewisse (programmabhängige) Parameter überschreitende Lernfähigkeit. Ich sehe keinen Grund, beide Fähigkeiten als verbunden anzusehen, auch wenn das bei den uns bekannten organischen Lebensformen mangels Erblichkeit des Gedächtnisses wahrscheinlich so ist.

Da solltest Du wohl mal etwas genauer qualifizieren, was Bewusstsein für dich ist. Hat eine Spinne Bewusstsein? Ein Wurm?

Keine Ahnung, vielleicht. Woher soll ich das wissen, ich habe ja keine Möglichkeit, mit nichtmenschlichen Lebensformen zu kommunizieren? Einige Spinnen zeigen beachtliche intelektuelle Fähigkeiten (individuelle Beutestrategien u.ä.).

Zitat:
Woran machst Du es fest?

Bewusstsein besteht mE aus den Fähigkeiten, Selbst und Umgebung zu unterscheiden, Schlüsse zu ziehen, Planungen anzulegen und Wahrnehmungen zu kategorisieren.
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Tso Wang
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Beitrag(#1448933) Verfasst am: 23.03.2010, 19:27    Titel: Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Warum nur vergeuden sogar Neurobiologen ihre Zeit immer wieder mit denselben Banalitäten?



.

Bezieht sich Deine fragende Antwort auf die von mir verlinkte Dokumentation auf 3sat:

"Dem Bewußtsein auf der Spur" , weil Du ja direkt darauf gepostet hast ?

Denn banal wäre das nicht. Die Konsequenzen aus diesen "Vergeudungen" können sowohl zu sinnvollen (Medizin) als auch fragwürdigen (Militär) Anwendungen führen (siehe Doku). Vielleicht bezog sich Dein Posting ja auch auf etwas anders....?

()
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Myron
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Beitrag(#1448964) Verfasst am: 23.03.2010, 21:09    Titel: Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:

Ein Prozess der Bewußtwerdung ist doch nicht identisch mit seinem Objekt! Bewußtsein ist immer das Bewußtsein von etwas, nämlich von bestimmten Gehirnprozessen.


Das innere Gewahren von Erlebnissen wie Empfindungen ist nicht analog zur Wahrnehmung äußerer Gegenstände mit einer Subjekt-Objekt-Struktur. Denn für alle Erlebnisse gilt: Sein heißt Erlebtwerden!
Wenn ich zum Beispiel einen Schmerz in meiner linken Wade spüre, dann existierte dieser nicht, bevor ich mir seiner bewusst wurde.
Es gibt hier keine Zeitverzögerung wie beim Sehen eines Baumes, wo es einen Moment dauert, bis das vom Baumstamm reflektierte Licht meine Augen erreicht.

Ascanius hat folgendes geschrieben:

Nur ein verschwindend kleiner Teil aller Gehirnprozesse wird uns überhaupt bewußt und das auch "nur" in Form ihrer Äquivalenzklassen (Wahrnehmungen, Empfindungen, Gedanken). In jedem Fall müssen sie stattgefunden haben, bevor man sich ihrer bewußt werden kann.


Natürlich sind die Bewusstseinsvorgänge, d.i. die bewussten, unmittelbar erlebten Nervenvorgänge Teil eines Netzwerkes, woran auch etliche unbewusste, unerlebte Nervenvorgänge mitwirken. Ich sage ja nur, dass ein psychophysischer Vorgang erlebt wird, sobald er einsetzt. Denn zwischen den betreffenden Nervenvorgängen und den entsprechenden Bewusstseinsvorgängen besteht aufgrund ihrer Identität kein Ursache-Wirkungs-Verhältnis.
Dass vor, während und nach den psychophysischen Vorgängen immer auch rein physische ablaufen, steht außer Frage.
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fwo
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Beitrag(#1449079) Verfasst am: 24.03.2010, 00:58    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
.....
Da solltest Du wohl mal etwas genauer qualifizieren, was Bewusstsein für dich ist. Hat eine Spinne Bewusstsein? Ein Wurm?

Keine Ahnung, vielleicht. Woher soll ich das wissen, ich habe ja keine Möglichkeit, mit nichtmenschlichen Lebensformen zu kommunizieren? Einige Spinnen zeigen beachtliche intelektuelle Fähigkeiten (individuelle Beutestrategien u.ä.).

Zitat:
Woran machst Du es fest?

Bewusstsein besteht mE aus den Fähigkeiten, Selbst und Umgebung zu unterscheiden, Schlüsse zu ziehen, Planungen anzulegen und Wahrnehmungen zu kategorisieren.

Man kann mit Spinnen reden, genauso wie ich mich mit dem Hind unterhalten habe - im Experiment.

Wenn Du sie nur beobachtest, kommst Du in die Versuchung falsch zu beschreiben: So zeigen frei jagende Spinnen wie Wolfsspinnen oder - noch stärker - Springspinnen in neuem Gebiet ein Verhalten, das man versucht ist, als Erkundung zu beschreiben. Wenn Du ihnen jedoch ein Hindernis in den Weg legst, hängt es von den Hindernisqualitäten ab, ob sie fliehen (z.B. bei einer lebenden Hand als Hindernis) oder das Hindernis "erkunden". Die ursprüngliche "Erkundung" ist jedenfalls abgebrochen und wird nicht wieder aufgenommen. Das spricht gegen einen Plan, das spricht für das Verhalten als von Umgebung und inneren Sollwerten streng gesteuert, wir haben hier also eine relativ starre Programmierung über bestimmte bestimmende Signale.

Auch eine echte Orientierung im Raum für sehr kurze Distanzen ist für die Spinne nicht wirklich nötig, auch für den Beutesprung der Springspinne, genauso wie für die Erledigung einer Beute im Netz lässt sich eine sehr schlichte Steuerung über Schlüsselreize vorstellen.

Wir haben in der Natur Organismen vor uns, die erfolgreich bis heute überlebtr haben - ihr Verhalten ist deshalb zwangsläufig von einer Zweckmäßigkeit, die eigentlich immer beabsichtigt und zielorientiert wirkt - auch wenn der Organismus so starr "programmiert" ist, dass von Absicht keine Rede sein kann. Erkennbar wird ein Plan an der Modifikation bei Störungen.

fwo
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Shadaik
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Beitrag(#1449162) Verfasst am: 24.03.2010, 12:02    Titel: Antworten mit Zitat

Dass Spinnen kein Bewusstsein haben schließt diese Möglichkeit nicht prinzipiell aus. Und ich glaube, wenn Menschen spinnengroß wären, würden sie sich auch nicht anders verhalten ("Ich war da schonmal, da hat's gigantische Hände, lasst uns da lieber nicht nochmal hingehen" oder auch "Oh, schau mal da, das ist viel interessanter - äh, was wollte ich hier nochmal?").

Ich dachte an diese Spinnen: http://en.wikipedia.org/wiki/Portia_%28genus%29 , vor allem Portia fimbriata

Und nein, ich glaube auch nicht, dass man herausfinden kann, ob ein Hund ein Bewusstsein hat. Und mit dem können wir immerhin zumindest rudimentär kommunizieren. Ich glaube noch nicht einmal, dass das beim Menschen möglich ist.
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Beitrag(#1449167) Verfasst am: 24.03.2010, 12:21    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
.....
Und nein, ich glaube auch nicht, dass man herausfinden kann, ob ein Hund ein Bewusstsein hat. Und mit dem können wir immerhin zumindest rudimentär kommunizieren. Ich glaube noch nicht einmal, dass das beim Menschen möglich ist.

Mir scheint, Du hängst das Bewusstsein etwas zu hoch. Natürlich ist das Bewusstsein eines Hundes nicht gleich dem Bewusstsein eines Hominiden, geschweige denn, dem eines Menschen. Ich wüsste allerdings nicht, wie ich die oben beschriebene Szene mit dem Hund ohne soetwas wie Bewusstsein erklären sollte.

Die Faszination für Salticiden teilen wir wohl (ich hatte nicht umsonst mal eine Marpissa als Ava, bis mich ateyim bat, das Teil zu entfernen, wei er eine Spinnenphobie habe.) Ich habe allerdings schon wegen der Größe ihrer Gehirne Schwierigkeiten mir so einen Luxus wie Bewusstsein bei ihnen vorzustellen. Die kleinsten Spinnenarten sind meines Wissens schon im Bereich der Zellkonstanz.

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AgentProvocateur
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Beitrag(#1449433) Verfasst am: 24.03.2010, 22:08    Titel: Antworten mit Zitat

Mal noch ein paar Gedanken dazu.

Das Problem des Bewusstseins ist, zu verstehen, wie es entsteht und wie es mit physikalischen Prozessen zusammenhängt.

Bewusstsein beinhaltet mE "bewusstes Erleben", auch Qualia genannt. Hier ein ganz guter Überblick über die Problematik.

Man kann, um dieses Problem der momentanen Nicht-Erklärbarkeit von Qualia anzugehen, folgende Strategien anwenden:

Wikipedia - Bewusstsein hat folgendes geschrieben:
1. Man kann sich auf einen Dualismus zurückziehen und behaupten: Die Naturwissenschaften können das Bewusstsein nicht erklären, weil das Bewusstsein nicht materiell ist.
2. Man kann behaupten, dass mit den neuro- und kognitionswissenschaftlichen Beschreibungen schon alle Fragen geklärt seien.
3. Man kann behaupten, dass das Problem für Menschen nicht lösbar ist, da es ihre kognitiven Fähigkeiten übersteigt.
4. Man kann zugeben, dass das Qualiaproblem nicht gelöst ist, aber auf den wissenschaftlichen Fortschritt hoffen. Vielleicht bedarf es einer neuen wissenschaftlichen Revolution.
5. Man kann einen radikalen Schritt versuchen und behaupten: In Wirklichkeit gibt es gar keine Qualia.
6. Man kann umgekehrt die Gegenposition einnehmen und behaupten: Jedem Zustand eines physischen Systems entspricht ein Quale oder ein Satz von Qualia. (Panpsychismus)

Wobei jede dieser Positionen mE noch gewisse ungelöste Probleme in sich birgt. (Ich neige übrigens zur Nr. 4.)

Und dann nochmal zum Epiphänomenalismus. Dieser basiert auf drei Annahmen (siehe dort):

1. Kein mentales Ereignis ist identisch mit oder reduzierbar auf ein physikalisches Ereignis. [Irreduzibilität]
2. Jedes mentale Ereignis hat als Ursache eine Menge von physikalischen Ereignissen. [Abhängigkeit]
3. Kein mentales Ereignis ist Ursache oder Teilursache eines anderen Ereignisses. [kausale Impotenz]

Ich halte den Epiphänomenalismus für mit zu großen Problemen / Widersprüchen konfrontiert, um ihn akzeptieren zu können. Siehe auch in dem obigen Link (obgleich der Autor versucht, den E. zu verteidigen, mE aber letztlich nicht sehr überzeugend). Ein E. ergibt nur dann Sinn, wenn man die Annahme 1 voraussetzt. Aber das muss ein Monist eigentlich nicht, meine ich zumindest, und wenn nicht, dann ist E. verzichtbar, bringt nichts.

Die Frage wäre dann, ob Bewusstsein mit bestimmten physischen Vorgängen einhergehen muss, sich also dann unweigerlich ergibt. Wäre dem so, dann wären (bestimmte) physische und mentale Zustände identisch, bzw. die mentalen Zustände supervenierten über gewissen physischen Zuständen, (und dann, aber nur dann und wenn man das hinreichend begründet hat, kann man das P-Zombie-Argument begründet ablehnen. Wenn man jedoch E. vertritt, sind Zombie-Welten problemlos logisch möglich - was mE in Verbindung mit dem Evolutions-Argument ziemlich gegen den E. spricht, bzw. eines plausiblen Gegenargumentes bedarf). Die Frage, ob Bewusstsein ein Epiphänomen sei, wäre dann per se sinnlos, denn der physische Zustand P wäre dann ja der mentale Zustand M. Es wäre dann falsch, zu sagen, M würde durch P verursacht. Oder, anders ausgedrückt: wenn gilt (Physikalischer Zustand P1 = mentaler Zustand M1) -> P2 -> (P3 = M2), dann kann man bedenkenlos und richtigerweise sagen, dass M2 durch M1 verursacht wurde (wie man auch richtigerweise sagen kann, dass P3 durch P2 und P2 durch P1 verursacht wurde).

Ich glaube zwar, dass dem so ist, aber das ist letztlich nur eine Behauptung, die ich nicht begründen kann. Was natürlich unbefriedigend ist.

Und was genau notwendig ist, um Bewustssein zu erzeugen, weiß ich (man) nicht. Es wäre ja durchaus denkbar, dass Bewusstsein von der materiellen Basis abhängt und nicht lediglich von der Funktion, bzw. dem äußerlich wahrnehmbaren Verhaltens eines Systemes. Was bedeutete, wenn dem so wäre, dass man zwar mit Computern Gefühle und Bewusstsein simulieren, aber nicht erzeugen könnte, (solange die auf einer anderen / unzureichenden materiellen Basis beruhen). Und was eigentlich auch bedeutete, dass Funktionalismus falsch wäre. Oder zumindest, dass gewisse notwendige Funktionalität noch nicht durchschaut wird. Bzw. dass gewisse Reduzierung / Vereinfachung von Funktionalität unzureichend ist und ziemlich in die Irre führt.
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Marcellinus
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Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1449460) Verfasst am: 24.03.2010, 22:30    Titel: Antworten mit Zitat

Könnte es sein, daß das ein Scheinproblem ist? Könnte es sein, daß es sich einfach nur um zwei unterschiedliche Perspektiven ein und der selben Sache handelt? Man schaut von außen auf einen Menschen, ich nenne das einmal Er-Perspektive und sehe zB im Computertomografen einen bestimmten Zustand seines Gehirns. Im gleichen Augenblick sieht dieser Mensch sich selbst aus der Ich-Perspektive, nimmt sich selbst wahr und weiß, daß er selbst das ist. Das ist sein Bewußtsein. Aus der Er-Perspektive sehen wir einen Menschen, der sich seiner selbst bewußt ist, was nichts anderes als eine für ein intelligentes Wesen notwendige Eigenschaft ist, und aus der Ich-Perspektive weiß dieser Mensch, wie sich das für ihn selbst anfühlt. Und da wir alle ähnlich konstruiert sind, wissen wir alle so ungefähr, wie sich das für andere anfühlen wird. "It Don't Mean A Thing, If It Ain't Got That Swing" Lachen
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1449485) Verfasst am: 24.03.2010, 22:44    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Könnte es sein, daß das ein Scheinproblem ist?

Nein, das wäre in diesem Falle mE die unbefriedigenste Antwort überhaupt. Wer offene Fragen einfach dadurch beseitigen will, dass er argumentfrei ihre Relevanz leugnet, ist mE intellektuell herausgefordert. Oder so.

Wie entsteht aus physischen Vorgängen Bewusstsein? Welche (notwendigen und hinreichenden) Voraussetzungen gibt es dafür? Wie funktioniert das, wie kann man den Zusammenhang herstellen? Oder entsteht es gar nicht aus physikalischen Vorgängen? Ist der Substanzdualismus wahr?

Das sind mE sinnvolle Fragen, die einer Antwort bedürfen. Mag ja nun sein, dass das jemanden nicht interessiert. Aber deswegen ist es noch lange kein Scheinproblem. Und "isso" ist auch keine befriedigende Antwort. Fragt sich dann halt, wie es ist und wieso.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Könnte es sein, daß es sich einfach nur um zwei unterschiedliche Perspektiven ein und der selben Sache handelt? Man schaut von außen auf einen Menschen, ich nenne das einmal Er-Perspektive und sehe zB im Computertomografen einen bestimmten Zustand seines Gehirns. Im gleichen Augenblick sieht dieser Mensch sich selbst aus der Ich-Perspektive, nimmt sich selbst wahr und weiß, daß er selbst das ist. Das ist sein Bewußtsein.

Ja, das ist ja alles schön und gut. Aber das erklärt doch nichts. Das ist nur eine Beschreibung.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Aus der Er-Perspektive sehen wir einen Menschen, der sich seiner selbst bewußt ist, was nichts anderes als eine für ein intelligentes Wesen notwendige Eigenschaft ist, und aus der Ich-Perspektive weiß dieser Mensch, wie sich das für ihn selbst anfühlt.

Aber das ist doch genau die Frage: ist es wirklich so, dass Bewusstsein für ein intelligentes Wesen eine notwendige Eigenschaft ist? Wenn ja: wieso? Und wie ergibt sich sich Bewusstsein, wie entsteht das? Und hätte ein intelligenter Computer Bewusstsein?

Es nutzt ja nichts, einfach eine Notwendigkeit zu proklamieren.
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Marcellinus
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Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1449527) Verfasst am: 24.03.2010, 23:11    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Aber das ist doch genau die Frage: ist es wirklich so, dass Bewusstsein für ein intelligentes Wesen eine notwendige Eigenschaft ist?

Hältst du das wirklich für eine Frage? Jedes Lebewesen macht sich ein Bild von dieser Welt. Je intelligenter das Lebewesen, umso komplexer das Bild. Dieses Bild wäre unvollständig ohne ein Bild zu haben von sich selbst. Erst wenn Menschen sich selbst bewußt werden als Menschen unter anderen, können sie ihr Verhalten in der Geselschaft der anderen steuern. Und dazu braucht man Bewußtsein.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Wenn ja: wieso? Und wie ergibt sich sich Bewusstsein, wie entsteht das?

Ich kann nicht erklären, wie Bewußtsein entsteht. Das versuchen Wissenschaftler herauszufinden, und ich bin keiner davon. Wissen wird man es erst, wenn man es nachbauen kann. Wann das sein wird, weiß keiner, aber durch reines Nachdenken löst du das Problem nicht. Meine Fähigkeiten übersteigt das bei weitem. Wie ist es mit deinen? Mit mangelndem Interesse hat das nichts zu tun. Daher genügt mir eine Beschreibung, die mir zeigt, wo wir stehen. (Gestern gab es übrigens auf 3sat eine hitec-Sendung dazu)
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Und hätte ein intelligenter Computer Bewusstsein?

Und ja, warum sollte es nicht einen Computer mit Bewußtsein geben. Aber dazu brauchst du nur Asimow zu lesen.
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