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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1495624) Verfasst am: 05.07.2010, 15:21 Titel: Zirkone vs. 4,4 Mrd. Jahre alte Erde |
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Einem Bericht im "Science Daily" zufolge, ist die Erde ca. 150 Mio. Jahre jünger als bislang angenommen, also "nur" etwa 4,4 Mrd. Jahre alt. Die Wissenschaftler führen das auf die ihrer Meinung nach fehlerhafte Annahme zurück, dass sich der Mond bereits 30 Mio. Jahre nach Entstehung des Sonnensystems bildete:
http://www.sciencedaily.com/releases/2010/06/100607111310.htm
Nun sind jedoch radiometrischen Datierungen zufolge Zirkone mit 4,4 Mrd. Jahren die ältesten Mineralien von Erde und Mond. Man kann daraus schließen, dass zu diesem Zeitpunkt sich die Erde verfestigte. Nun kann die Erde aber nicht genau zu dem Zeitpunkt erstarrt sein, als sie entstand, denn mit dem letzten Einschlag eines größeren Planetesimalen entstanden Mond und Erde - im glutflüssigen Zustand. Das bringt nun aber wiederum die neuere These von den jüngeren Erde ins Wanken. Oder hat jemand eine andere Erklärung?
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
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Backside NGC 2997
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 755
Wohnort: Sirius
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(#1495637) Verfasst am: 05.07.2010, 15:54 Titel: |
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Warum bringt das die These der jüngeren Erde ins Wanken ? So wie es sich mir darstellt wird das eher bestätigt.
_________________ Atheist = Realist
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Bynaus Stellar veranlagt
Anmeldungsdatum: 03.11.2003 Beiträge: 1888
Wohnort: Hinwil, CH, Erde
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(#1495663) Verfasst am: 05.07.2010, 16:43 Titel: |
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Bei dieser Arbeit geht es nicht primär um das Alter der Erde, sondern darum, wie weit man davon ausgehen kann, dass ein grosser Impakt das Hafnium-Wolfram-"System" der Erde wieder auf "Null" setzt, so dass man es zum Datieren eben jenes Impakts gebrauchen kann. Die Autoren zeigen, vereinfacht gesagt, dass der Zustand des Hf-W-Systems in den Planetesimalen, aus denen sich die Erde bildet, nicht vernachlässigt werden darf, weil diese beim Imapkt nicht vollständig "equilibriert" werden (dh, sie vermischen sich nicht perfekt mit der Erde). Sie versuchen dann das zu korrigieren.
Im Übrigen gibt es schon 2009 eine Arbeit von Kleine et al, die zeigt, dass die Hf-W-Konzentrationen von Erde und Mond so ähnlich sind, dass der Mond erst entstanden sein konnte, nachdem alles Hf-182 zerfallen war, dh, >50 Myrs. Derjenige Wert, der dann am besten zu den beobachteten Hf-W-Daten passt, hängt nun vom genauen Szenario der Akkretion ab, könnte aber bis zu 150 Myrs betragen.
Daten wie Zirkone begrenzen diese Szenarien nun etwas. Vor 4.404 Mrd Jahren (164 Myrs nach den ersten Kondensaten) gab es also zumindest schon Stellen, an denen Gesteine, die Zirkone enthalten, auskristallisieren (und sich dann bis heute erhalten) konnten. Das mag heissen, dass die Szenarien, wonach die Erde (bzw., der Mond durch den mondbildenden Impakt) 150 Myrs nach den ersten Kondensaten entstand, wohl etwas zu hoch greifen und der wahre Wert irgendwo im Bereich 50-150 Myrs liegen muss.
_________________ http://www.planeten.ch - Acht und mehr Planeten
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#1495673) Verfasst am: 05.07.2010, 17:02 Titel: Re: Zirkone vs. 4,4 Mrd. Jahre alte Erde |
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Hi Darwin Upheaval!
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Einem Bericht im "Science Daily" zufolge, ist die Erde ca. 150 Mio. Jahre jünger als bislang angenommen, also "nur" etwa 4,4 Mrd. Jahre alt. Die Wissenschaftler führen das auf die ihrer Meinung nach fehlerhafte Annahme zurück, dass sich der Mond bereits 30 Mio. Jahre nach Entstehung des Sonnensystems bildete:
http://www.sciencedaily.com/releases/2010/06/100607111310.htm
Nun sind jedoch radiometrischen Datierungen zufolge Zirkone mit 4,4 Mrd. Jahren die ältesten Mineralien von Erde und Mond. Man kann daraus schließen, dass zu diesem Zeitpunkt sich die Erde verfestigte. Nun kann die Erde aber nicht genau zu dem Zeitpunkt erstarrt sein, als sie entstand, denn mit dem letzten Einschlag eines größeren Planetesimalen entstanden Mond und Erde - im glutflüssigen Zustand. Das bringt nun aber wiederum die neuere These von den jüngeren Erde ins Wanken. Oder hat jemand eine andere Erklärung?
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Passt doch wunderbar: Zeitpunkt Planetesimal-Kollision <=> ~ Kristallisationsalter Zirkon (Schmelzpunkt um 3000 °C)
Und die Differenz von vielleicht ("perhaps") maximal 150 Mio. Jahren zwischen dem Alter der Sonne und dem (jüngeren) Alter von Erde/Mond lässt wiederum mehr als ausreichend Zeit für die Entstehung von Planetesimale und deren Kollisionskursen zu. Aufgrund der entsprechenden kernphysikalischen Prozesse lässt sich für die Sonne nun ein Alter von ~ 4,6 Mrd. Jahre errechnen, besser gehts kaum ... .
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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Bynaus Stellar veranlagt
Anmeldungsdatum: 03.11.2003 Beiträge: 1888
Wohnort: Hinwil, CH, Erde
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(#1496202) Verfasst am: 06.07.2010, 10:49 Titel: |
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Zitat: | Und die Differenz von vielleicht ("perhaps") maximal 150 Mio. Jahren zwischen dem Alter der Sonne und dem (jüngeren) Alter von Erde/Mond lässt wiederum mehr als ausreichend Zeit für die Entstehung von Planetesimale und deren Kollisionskursen zu. |
Das Alter der Sonne kann man, wie du nachher selbst schreibst, direkt nur grob bestimmen. Die ersten Kondensate jedoch (Kalzium-Aluminium-reiche Einschlüsse (CAIs) in primitiven Meteoriten) lassen sich sehr genau auf 4568 Myrs datieren. Diese CAIs sind die ältesten (bekannten) Objekte im Sonnensystem und dieses Alter wird deshalb gemeinhin als "Anfang" des Sonnensystems definiert. Wenn man also sagt, die Erde bildete sich nach 150 Myrs, dann meinst man, 150 Myrs nach eben jenen 4568 Myrs. Wie alt die Sonne relativ zu den CAIs ist, weiss man aber nicht so genau, man kann das, wie du schriebst, nur schätzen. Allerdings beobachtet man, dass sich die Gas- und Staubscheiben von Sternen nur wenige Millionen Jahre lang halten, woraus man schliessen kann, dass die Sonne höchstens ganz wenige Millionen Jahre älter sein kann als die CAIs.
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#1496207) Verfasst am: 06.07.2010, 11:14 Titel: |
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Nur so nebenbei: Was ist eigentlich mit Mio.J./Mia.J. bzw. Ga/Ta passiert?
Myrs ist sehr unpraktisch, weil 1. ungewohnt und 2. verwirrend (Million/Milliarde kommt auch im englischen Sprachraum vor, wenn auch nicht in den USA).
Und wieso sind 100 Ga bei diesem Thema eine relevante Zahl?
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Bynaus Stellar veranlagt
Anmeldungsdatum: 03.11.2003 Beiträge: 1888
Wohnort: Hinwil, CH, Erde
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(#1496212) Verfasst am: 06.07.2010, 11:27 Titel: |
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Shadaik hat folgendes geschrieben: | Nur so nebenbei: Was ist eigentlich mit Mio.J./Mia.J. bzw. Ga/Ta passiert?
Myrs ist sehr unpraktisch, weil 1. ungewohnt und 2. verwirrend (Million/Milliarde kommt auch im englischen Sprachraum vor, wenn auch nicht in den USA).
Und wieso sind 100 Ga bei diesem Thema eine relevante Zahl? |
Millionen Jahre werden "Ma", Milliarden Jahre "Ga" abgekürzt. Üblich ist diese Abkürzung aber vor allem bei Altern, dh, ich hätte eigentlich korrekt schreiben sollen, "4568 Ma". Myrs bzw Gyrs ist die in Fachkreisen übliche Abkürzung für Zeitspannen. Das heisst, "die Erde entstand 150 Myrs nach dem Beginn des Sonnensystems bei 4568 Ma".
Warum sollten "100 Ga" (100 Milliarden Jahre) eine relevante Zahl sein?
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#1496269) Verfasst am: 06.07.2010, 13:27 Titel: |
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Hi Bynaus!
Bynaus hat folgendes geschrieben: |
Lamarck hat folgendes geschrieben: |
Und die Differenz von vielleicht ("perhaps") maximal 150 Mio. Jahren zwischen dem Alter der Sonne und dem (jüngeren) Alter von Erde/Mond lässt wiederum mehr als ausreichend Zeit für die Entstehung von Planetesimale und deren Kollisionskursen zu.
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Das Alter der Sonne kann man, wie du nachher selbst schreibst, direkt nur grob bestimmen. Die ersten Kondensate jedoch (Kalzium-Aluminium-reiche Einschlüsse (CAIs) in primitiven Meteoriten) lassen sich sehr genau auf 4568 Myrs datieren. Diese CAIs sind die ältesten (bekannten) Objekte im Sonnensystem und dieses Alter wird deshalb gemeinhin als "Anfang" des Sonnensystems definiert. Wenn man also sagt, die Erde bildete sich nach 150 Myrs, dann meinst man, 150 Myrs nach eben jenen 4568 Myrs. Wie alt die Sonne relativ zu den CAIs ist, weiss man aber nicht so genau, man kann das, wie du schriebst, nur schätzen. Allerdings beobachtet man, dass sich die Gas- und Staubscheiben von Sternen nur wenige Millionen Jahre lang halten, woraus man schliessen kann, dass die Sonne höchstens ganz wenige Millionen Jahre älter sein kann als die CAIs.
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Yep! Wir können also für das Sonnensystem folgende Tabelle aufstellen:
- 4,578 Ga - Entstehung der Sonne (Beleg: Kernphysik, Lebensdauer Staubscheiben)
- 4,568 Ga - Entstehung des Sonnensystems (Beleg: Datierung von CAIs)
- 4,418 Ga - Neubestimmung Entstehung Erde/Mond (Beleg: Wolfram-Hafnium-Datierung); Bewährung der Kollisionstheorie
- 4,417 Ga - Zirkone Mond (Beleg: ältestes bekannte Mondgestein; Uran-Blei-/Thorium-Blei-Datierung)
- 4,404 Ga - Zirkone Erde (Beleg: ältestes bekannte Mineral der Erde; Uran-Blei-/Thorium-Blei-Datierung)
Bislang wurde die Differenz zwischen Wolfram-Hafnium- und Uran-Blei-Uhr mit vermuteten Bleivorkommen im Erdkern erklärt, da der Erdmantel weniger Blei enthält, als er eigentlich müsste: Denn nach der Uran-Blei-Datierung sollte die Kernbildung erheblich länger gedauert haben - eben bis zu 100 Millionen Jahre mehr. Vgl. hierzu auch:
Lagos, M.; Ballhaus, C.; Münker, C.; Wohlgemuth-Ueberwasser, C.; Berndt, J.; Kuzmin, D.V. (2008): The Earth’s missing lead may not be in the core. Nature 456: 89-92.
Cheers,
Lamarck
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„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1496283) Verfasst am: 06.07.2010, 13:41 Titel: |
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Backside hat folgendes geschrieben: | Warum bringt das die These der jüngeren Erde ins Wanken ? So wie es sich mir darstellt wird das eher bestätigt. |
Weil das Abkühlen einer Impaktschmelze bis zur Erstarrung bei einem Himmelskörper von der Größe der Erde doch Hunderte von Jahrmillionen dauern muss. Zumindest war das bislang "Standardfolklore".
Erdalter: 4,56 Mrd. Jahre
Älteste Mineralien: 4,4 Mrd. Jahre
Erstes flüssiges Wasser auf der Erde: vor ~ 4,3 Mrd. Jahren
Ältestes Gestein: 4,28 Mrd. Jahre
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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Bynaus Stellar veranlagt
Anmeldungsdatum: 03.11.2003 Beiträge: 1888
Wohnort: Hinwil, CH, Erde
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(#1496298) Verfasst am: 06.07.2010, 13:59 Titel: |
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Lamarck hat folgendes geschrieben: | - 4,578 Ga - Entstehung der Sonne (Beleg: Kernphysik, Lebensdauer Staubscheiben) |
Ja, wobei man da sicher nicht so viele Stellen angeben kann, weil man es natürlich nicht so genau weiss. 4.6 Ga (oder ~4.57) ist da angemessen genau.
Zitat: | - 4,568 Ga - Entstehung des Sonnensystems (Beleg: Datierung von CAIs) |
Yep.
Zitat: | - 4,418 Ga - Neubestimmung Entstehung Erde/Mond (Beleg: Wolfram-Hafnium-Datierung); Bewährung der Kollisionstheorie |
Auch hier: so genau weiss man das nicht. Wie im ersten Beitrag erwähnt: es könnte alles zwischen 50 und 150 Myrs sein. Deshalb gibt "4.418 Ga" eine Genauigkeit vor, die gar nicht existiert. "4.4-4.5 Ga" wäre angemessen.
Zitat: | - 4,417 Ga - Zirkone Mond (Beleg: ältestes bekannte Mondgestein; Uran-Blei-/Thorium-Blei-Datierung)
- 4,404 Ga - Zirkone Erde (Beleg: ältestes bekannte Mineral der Erde; Uran-Blei-/Thorium-Blei-Datierung) |
Hier beruht das ganze wieder auf Messungen, die diese Genauigkeit haben - darum ja.
Zitat: | Weil das Abkühlen einer Impaktschmelze bis zur Erstarrung bei einem Himmelskörper von der Größe der Erde doch Hunderte von Jahrmillionen dauern muss. |
Nicht zwingend, nein. Die Vorstellung von einem Magma-Ozean als ein bis zum Horizont reichendes Meer von flüssigem, glühendrotem Gestein ist ohnehin naiv und falsch. Ein solcher Ozean wird in wenigen tausend Jahren abkühlen und zumindest eine schwimmende Kruste bilden. Der Magma-Ozean ist eher eine "unterirdische" Sache, etwa so wie die rhadamantischen Ozeane von Europa, Ganymed und (vielleicht) Kallisto.
Insofern kann es sehr wohl auskristallisierende Gesteine in der Nähe der Oberfläche geben, selbst wenn das Gestein in der Tiefe noch flüssig ist.
_________________ http://www.planeten.ch - Acht und mehr Planeten
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Zuletzt bearbeitet von Bynaus am 06.07.2010, 14:02, insgesamt einmal bearbeitet |
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#1496302) Verfasst am: 06.07.2010, 14:01 Titel: |
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Hi Darwin Upheaval!
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Backside hat folgendes geschrieben: |
Warum bringt das die These der jüngeren Erde ins Wanken ? So wie es sich mir darstellt wird das eher bestätigt.
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Weil das Abkühlen einer Impaktschmelze bis zur Erstarrung bei einem Himmelskörper von der Größe der Erde doch Hunderte von Jahrmillionen dauern muss. Zumindest war das bislang "Standardfolklore".
Erdalter: 4,56 Mrd. Jahre
Älteste Mineralien: 4,4 Mrd. Jahre
Erstes flüssiges Wasser auf der Erde: vor ~ 4,3 Mrd. Jahren
Ältestes Gestein: 4,28 Mrd. Jahre
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Macht doch nichts - Du gehst doch von einem erstarrten Himmelskörper aus, die Temperaturen müssen da also zumindest partiell unter ~ 3400 °C (Wolfram) bzw. unter ~ 3000 °C (Zirkon) liegen. Und wenn Du meine Tabelle anschaust, könnte man auch auf die Idee kommen, der Mond wäre deshalb etwas älter als die Erde, da dieser über weitaus weniger Masse (= 1/81) als die Erde verfügt und dadurch auch schneller abkühlen konnte.
Cheers,
Lamarck
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1496308) Verfasst am: 06.07.2010, 14:11 Titel: |
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Bynaus hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Und die Differenz von vielleicht ("perhaps") maximal 150 Mio. Jahren zwischen dem Alter der Sonne und dem (jüngeren) Alter von Erde/Mond lässt wiederum mehr als ausreichend Zeit für die Entstehung von Planetesimale und deren Kollisionskursen zu. |
Das Alter der Sonne kann man, wie du nachher selbst schreibst, direkt nur grob bestimmen. Die ersten Kondensate jedoch (Kalzium-Aluminium-reiche Einschlüsse (CAIs) in primitiven Meteoriten) lassen sich sehr genau auf 4568 Myrs datieren. Diese CAIs sind die ältesten (bekannten) Objekte im Sonnensystem und dieses Alter wird deshalb gemeinhin als "Anfang" des Sonnensystems definiert. Wenn man also sagt, die Erde bildete sich nach 150 Myrs, dann meinst man, 150 Myrs nach eben jenen 4568 Myrs. Wie alt die Sonne relativ zu den CAIs ist, weiss man aber nicht so genau, man kann das, wie du schriebst, nur schätzen. Allerdings beobachtet man, dass sich die Gas- und Staubscheiben von Sternen nur wenige Millionen Jahre lang halten, woraus man schliessen kann, dass die Sonne höchstens ganz wenige Millionen Jahre älter sein kann als die CAIs. |
Interessanter Beitrag, danke. Streng genommen sind es die kohligen Chondrite, die CAIs enthalten, deren Alter man bestimmt hat. Allerdings bildet 4,57 Ga wohl eine Obergrenze, d.h. es gibt nach Dalrymple (1991) auch CAls, die nur 4,37 Mrd. Jahre alt sind. Allerdings weiß ich nicht, inwieweit die alten Datierungen noch valide sind.
Wie es scheint, ist jüngst auch die U-Pb-Datierung in die Kritik geraten:
http://www.g-o.de/wissen-aktuell-11107-2010-01-20.html
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1496314) Verfasst am: 06.07.2010, 14:17 Titel: |
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Lamarck hat folgendes geschrieben: |
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Backside hat folgendes geschrieben: |
Warum bringt das die These der jüngeren Erde ins Wanken ? So wie es sich mir darstellt wird das eher bestätigt.
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Weil das Abkühlen einer Impaktschmelze bis zur Erstarrung bei einem Himmelskörper von der Größe der Erde doch Hunderte von Jahrmillionen dauern muss. Zumindest war das bislang "Standardfolklore".
Erdalter: 4,56 Mrd. Jahre
Älteste Mineralien: 4,4 Mrd. Jahre
Erstes flüssiges Wasser auf der Erde: vor ~ 4,3 Mrd. Jahren
Ältestes Gestein: 4,28 Mrd. Jahre
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Macht doch nichts - Du gehst doch von einem erstarrten Himmelskörper aus, die Temperaturen müssen da also zumindest partiell unter ~ 3400 °C (Wolfram) bzw. unter ~ 3000 °C (Zirkon) liegen. Und wenn Du meine Tabelle anschaust, könnte man auch auf die Idee kommen, der Mond wäre deshalb etwas älter als die Erde, da dieser über weitaus weniger Masse (= 1/81) als die Erde verfügt und dadurch auch schneller abkühlen konnte.
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Wenn nun die Erde vor 4,4 Mrd. Jahren noch glutflüssig war, ist es dann tatsächlich vorstellbar, dass sich lediglich 100 Mio. Jahre später flüssiges Wasser auf ihr halten konnte? Welcher Mechanismus ist vorstellbar, der eine solche Abkühlung bewirkt? Noch dazu, wenn man bedenkt, dass die Erde damals überwiegend aus N2, CO2 und Wasserdampf bestand, was einen enormen Treibhauseffekt bewirkt haben dürfe - ungeachtet der "faint young sun"...
Woher hast Du übrigens die Zahlen? Eine Quelle wäre hilfreich, falls ich die mal zitieren müsste.
Lamarck hat folgendes geschrieben: |
- 4,578 Ga - Entstehung der Sonne (Beleg: Kernphysik, Lebensdauer Staubscheiben)
- 4,568 Ga - Entstehung des Sonnensystems (Beleg: Datierung von CAIs)
- 4,418 Ga - Neubestimmung Entstehung Erde/Mond (Beleg: Wolfram-Hafnium-Datierung); Bewährung der Kollisionstheorie
- 4,417 Ga - Zirkone Mond (Beleg: ältestes bekannte Mondgestein; Uran-Blei-/Thorium-Blei-Datierung)
- 4,404 Ga - Zirkone Erde (Beleg: ältestes bekannte Mineral der Erde; Uran-Blei-/Thorium-Blei-Datierung) |
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1496318) Verfasst am: 06.07.2010, 14:25 Titel: |
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Übrigens, gerade gefunden:
Zitat: | Wilde selbst hat vor einigen Jahren unter anderem den 4,406 Milliarden Jahre alten Zirkon gefunden und dabei deutliche Hinweise entdeckt, dass es, als sich dieser Kristall nur 150 Millionen Jahre nach dem Entstehen der Erde bildete, bereits flüssiges Wasser und Kontinente gab. „Das haben uns erhöhte Gehalte des schweren Sauerstoffs 18O verraten”, so Wilde. Wie von fast allen Elementen gibt es auch von Sauerstoff unterschiedlich schwere Unterarten, die sich in der Zahl der Neutronen im Atomkern unterscheiden. Neben dem normalen 16O gibt es noch die schwere Variante 18O, die eigentlich nur einen Anteil von 0,2 Prozent am gesamten Sauerstoff hat. Verdunstet flüssiges Wasser aber, ist in dem noch flüssigen Rest mehr 18O enthalten, weil der häufigere, aber leichtere 16O schneller verdampft.
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http://www.planet-erde.de/aktuelles/planeterde-news/fernrohr-in-die-fruheste-erdgeschichte
Also gab es, als die Erde entstand, praktisch instantan auf ihr flüssiges Wasser und Kontinente?
Ihr könnt mich schlagen, aber mit dieser "Jüngere-Erde-Theorie" stimmt irgendwas nicht.
Angesichts dieser Inkonsistenz höre ich schon Reinhard Junker sagen: "We can really trust the bible!"
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Bynaus Stellar veranlagt
Anmeldungsdatum: 03.11.2003 Beiträge: 1888
Wohnort: Hinwil, CH, Erde
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(#1496333) Verfasst am: 06.07.2010, 14:39 Titel: |
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Ach, ich weiss nicht, ob man mit Sauerstoff in Zirkonen wirklich so argumentieren kann. So haben etwa Meteoriten eine andere Sauerstoffisotopenzusammensetzung als die Erde - wenn die Erde damals noch regelmässig von Meteoriten bombardiert wurde, könnte es gut sein, dass da auch kleine Spuren in den ersten kristallisierten Gesteinen übrig blieben.
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1496348) Verfasst am: 06.07.2010, 14:51 Titel: |
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Bynaus hat folgendes geschrieben: | Ach, ich weiss nicht, ob man mit Sauerstoff in Zirkonen wirklich so argumentieren kann. So haben etwa Meteoriten eine andere Sauerstoffisotopenzusammensetzung als die Erde - wenn die Erde damals noch regelmässig von Meteoriten bombardiert wurde, könnte es gut sein, dass da auch kleine Spuren in den ersten kristallisierten Gesteinen übrig blieben. |
Aber die höhere Konzentration an O18 muss irgendwie erklärt werden. Ich weiß nicht, ob in Meteoriten größere Konzentrationen an O18 vorkommen als im Wasser, aber ich weiß, dass sich durch Verdunsten O18 im Wasser anreichert. Das ist die einfachste Erklärung.
Kennt jemand, der hier mitliest, noch weitere Literatur, in der empirisch begründet dargelegt wird, ab wann sich flüssiges Wasser auf der Erde hielt? Es wird ja sehr viel darüber spekuliert, aber begründet wird das nur selten.
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#1496761) Verfasst am: 06.07.2010, 23:31 Titel: |
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Bynaus hat folgendes geschrieben: | Shadaik hat folgendes geschrieben: | Nur so nebenbei: Was ist eigentlich mit Mio.J./Mia.J. bzw. Ga/Ta passiert?
Myrs ist sehr unpraktisch, weil 1. ungewohnt und 2. verwirrend (Million/Milliarde kommt auch im englischen Sprachraum vor, wenn auch nicht in den USA).
Und wieso sind 100 Ga bei diesem Thema eine relevante Zahl? |
Millionen Jahre werden "Ma", Milliarden Jahre "Ga" abgekürzt. Üblich ist diese Abkürzung aber vor allem bei Altern, dh, ich hätte eigentlich korrekt schreiben sollen, "4568 Ma". Myrs bzw Gyrs ist die in Fachkreisen übliche Abkürzung für Zeitspannen. Das heisst, "die Erde entstand 150 Myrs nach dem Beginn des Sonnensystems bei 4568 Ma".
Warum sollten "100 Ga" (100 Milliarden Jahre) eine relevante Zahl sein? | Gut, mir ist bei der Abkürzung eine Größeneinheit verrutscht. Was haben wir gelacht.
Könntest du jetzt die Frage beantworten, wieso bei der Auskühlung eines Himmelskörpers von der Größe eine sgroßen Gesteinsplaneten (aka Erde) 100 Millionen Jahre mehr oder weniger ein relevanter Unterschied sind?
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Bynaus Stellar veranlagt
Anmeldungsdatum: 03.11.2003 Beiträge: 1888
Wohnort: Hinwil, CH, Erde
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(#1496849) Verfasst am: 07.07.2010, 10:29 Titel: |
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shadaik hat folgendes geschrieben: | Gut, mir ist bei der Abkürzung eine Größeneinheit verrutscht. Was haben wir gelacht. |
Zu deiner Info: es ging mir nicht darum, mich über dich lustig zu machen (und dann noch wegen einer Bagatelle - nicht so meine Art, eigentlich). Ich wollte nur sichergehen, dass ich die Frage richtig verstehe.
Zitat: | Könntest du jetzt die Frage beantworten, wieso bei der Auskühlung eines Himmelskörpers von der Größe eine sgroßen Gesteinsplaneten (aka Erde) 100 Millionen Jahre mehr oder weniger ein relevanter Unterschied sind? |
Ich verstehe deine Frage nicht. Du meinst, ob es eine Rolle spielt, ob er nun 4.4 oder 4.5 Ga alt ist, bzw. ob man diesen Unterschied heute an der Temperatur erkenenn könnte? Nein, das nicht.
Darwin Upheaval geht es doch darum, dass die Erde nach diesem neuen Vorschlag erst 150 Myrs nach den CAI gebildet wurde, während die ersten bekannten Zirkone 4.4 Ga (~150 Myrs nach CAI) alt sind - wo, fragt er, bleibt die Abkühlung der Erde? Meine Antwort war, dass die Zeiträume (insbesondere die genannten 150 Myrs Zeit bis zur "Entstehung der Erde" (=Erde-Theia-Kollision)) zu ungenau bekannt sind, um tatsächlich einen solchen "Widerspruch" zu konstruieren.
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1496936) Verfasst am: 07.07.2010, 15:09 Titel: |
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Bynaus hat folgendes geschrieben: | Darwin Upheaval geht es doch darum, dass die Erde nach diesem neuen Vorschlag erst 150 Myrs nach den CAI gebildet wurde, während die ersten bekannten Zirkone 4.4 Ga (~150 Myrs nach CAI) alt sind - wo, fragt er, bleibt die Abkühlung der Erde? Meine Antwort war, dass die Zeiträume (insbesondere die genannten 150 Myrs Zeit bis zur "Entstehung der Erde" (=Erde-Theia-Kollision)) zu ungenau bekannt sind, um tatsächlich einen solchen "Widerspruch" zu konstruieren. |
Schon nach der konventionellen Datierung (4,56 Ga) erscheint mir die Zeitspanne, die zur Abkühlung zur Verfügung stand, bis sich flüssiges Wasser auf der Erde sammeln konnte (nach Wilde wären das nur rund 156 Mio. Jahre), vergleichsweise gering. Andererseits musste es relativ schnell gehen, wenn man annimmt, dass schon vor rund 4,0 Mrd. Jahren die ersten Lebensformen entstanden. Wenn sich die Zeitskala nun tatsächlich um 150 Mio. Jahre verkürzen würde, wäre eine rasche Abkühlung und Entstehung des Lebens noch schwerer zu erklären.
Du bist doch auf diesem Gebiet relativ fit, hast Du keine aktuelle Literatur darüber? Mein Kenntnishorizont endet etwa im Jahr 2007 mit der Arbeit von
Zahnle, K. et al. (2007) Emergence of a Habitable Planet. Space Sci Rev 129, 35–78
Zitat: | Oxygen isotopes in ancient zircons provide compelling evidence that rocks on Earth were being chemically altered by liquid water before 4.2 Ga and probably before 4.3 Ga (Wilde et al. 2001; Mojzsis et al. 2001; Valley et al. 2002; Cavosie et al. 2005). The zircons are silent on whether the water was 273 K or 500 K, but they suggest that Earth’s oceans were in place by 4.2 Ga. |
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Bynaus Stellar veranlagt
Anmeldungsdatum: 03.11.2003 Beiträge: 1888
Wohnort: Hinwil, CH, Erde
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(#1497408) Verfasst am: 08.07.2010, 08:46 Titel: |
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Auch wenn die Geologie allgemein schon mein Gebiet ist, was Literaturkenntnis angeht sind eher die Meteoriten mein Thema... Ich müsste auch suchen.
Aber wie gesagt: es dürfte nur wenige tausend Jahre dauern, bis die Oberfläche eines Magmaozeans "ausgefroren" ist und der Magmaozean zu einem rein unterirdischen Phänomen wird. Danach kann die Atmosphäre abkühlen und Wasser in flüssiger Form die ersten Oberflächengewässer und schliesslich Ozeane bilden. Die Auskristallisierung ganzer Magmaozeane dauert wohl nur wenige Millionen Jahre.
Siehe z.B.: http://adsabs.harvard.edu/abs/2008E%26PSL.271..181E
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
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(#1497415) Verfasst am: 08.07.2010, 09:08 Titel: |
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@Bynaus Stimmt, die Frage hätte an Darwin Upheavel gehen sollen - du bist nur grade in die Schusslinie geraten.
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