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Wie läßt sich der Prozess der Evolution belegen ?
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George
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Anmeldungsdatum: 16.09.2004
Beiträge: 4485

Beitrag(#339686) Verfasst am: 04.09.2005, 18:16    Titel: Wie läßt sich der Prozess der Evolution belegen ? Antworten mit Zitat

Wie kann man das tun wenn man die Grundlegenden Mechanismen der Mutation und Selektion die zur weiterentwicklung führt nicht experimentell nachweisen kann.
Oder ist die Evolution doch empirisch belegbar ?
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Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



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Beiträge: 5491
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Beitrag(#339695) Verfasst am: 04.09.2005, 18:33    Titel: Re: Wie läßt sich der Prozess der Evolution belegen ? Antworten mit Zitat

George hat folgendes geschrieben:
Wie kann man das tun wenn man die Grundlegenden Mechanismen der Mutation und Selektion die zur weiterentwicklung führt nicht experimentell nachweisen kann.
Oder ist die Evolution doch empirisch belegbar ?


Keine Ahnung, wie Du zu der Auffassung gelangst, Evolution sei nicht empirisch belegbar. Es gibt die unterschiedlichsten Belegklassen, angefangen mit den historischen Belegen (etwa aus der Paläontologie), den indirekten Belegen (z.B. der vergleichenden Morphologie und Kladistik), bis hin zu direkten Evolutions-Belegen aus der Freilandbeobachtung, Mutationsgenetik und Züchtungsforschung. Auch die Mechanismen hierzu lassen sich erforschen, womit wir bei den experimentellen Belegen der molekularen Entwicklungsbiologie ("Homöoboxenforschung") und EvoDevo-Forschung angelangt wären... Mit den Augen rollen
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Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



Anmeldungsdatum: 23.01.2004
Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden

Beitrag(#339708) Verfasst am: 04.09.2005, 18:53    Titel: Antworten mit Zitat

Kleine Ergänzung: Ich glaube, daß man mit den heute bekannten Mechanismen, die auf der genetischen Ebene der Evolution das "Rohmaterial" liefern (Genmutation, Duplikation, Translokation, gene shuffling, chromosome rearrangement usw.) auskommt. Das Problem dürfte vorrangig darin bestehen, die sog. "developmental constraints", also den "Rahmen" zu erforschen, der durch die funktionellen Zwänge im epigenetischen System vorgegeben wird, um schließlich die Entstehung evolutiver Neuheiten auch auf der entwicklungsbiologischen Ebene erklären zu können. Mit welcher Erklärungstiefe man sich zufrieden gibt, ist natürlich subjektiv. Ganz sicher ist die Entstehung von Neuheiten noch nicht vollständig und meist auch nur im Allgemeinen erklärt worden. Daraus folgt aber nicht, daß die Evolutionsbiologen keine (oder gar falsche) Erklärungen anzubieten hätten...
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
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Beitrag(#339743) Verfasst am: 04.09.2005, 19:21    Titel: Re: Wie läßt sich der Prozess der Evolution belegen ? Antworten mit Zitat

George hat folgendes geschrieben:
Wie kann man das tun wenn man die Grundlegenden Mechanismen der Mutation und Selektion die zur weiterentwicklung führt nicht experimentell nachweisen kann.
Oder ist die Evolution doch empirisch belegbar ?


kommt darauf an, was Du unter 'Evolution' verstehst. Schon innerhalb der Biologie wird dieser Begriff in mindestens drei Bedeutungen verwendet.

Eine 'Standard-Definition' von 'Evolution' lautet: 'Allelfrequenzverschiebungen in Populationen'. Dieses Phänomen ist experimentell nachweisbar, sowohl im Labor wie im Freiland. Der erste Nachweis in der Natur waren Kettlewells Untersuchungen zum Industrie-Melanismus beim Birkenspanner.

Darwin verwendete aus gutem Grund den Begriff 'Evolution' so selten wie möglich, er sprach von 'Transmutation' oder auch 'descent with modification'. Beides ist experimentell nachweisbar.

Ich kann Dir gerne Literatur nennen.

Wie Martin schon ansprach ist der Nachweis der Entstehung evolutionärer Neuheiten recht schwierig. Sehr plausibel ist bisher vor allem Symbiogenese nachgewiesen. Angeblich soll Lenksi auch demnächst über seine Befunde berichten, die er in einer Dauer-Kultur von Bakterien erzielt hat. Er züchtet seit Jahren Bakterien in einer stationären Kultur und entnimmt in regelmäßigen Abständen Proben, die eingefroren werden. Diese kann man jederzeit wieder auftauen, die Bakterien vermehren sich dann wieder. So kann man im Falle der Entstehung einer Neuheit deren Genese nachverfolgen. Angeblich hat er inzwischen Befunde, die 'irreducible complexity' als nicht durch Design bewirkt aufzeigen können.

Link korrigiert. fwo
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
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Beitrag(#339770) Verfasst am: 04.09.2005, 19:59    Titel: Antworten mit Zitat

Ein Akzeptanzproblem wird sein, daß man zwar die Prinzipien der Evolution empirisch nachweisen kann, nicht aber die Kausalität der historischen Mutationen und Selektionen. In anderen Wissenschaften wäre das kein Problem, aber im Zusammenhang mit "Lebens"-Wissenschaften und speziell der menschlichen Art kommt dieser Einwand immer wieder.
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Der Spielverderber
..etwas verwirrt



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Beiträge: 1294

Beitrag(#339771) Verfasst am: 04.09.2005, 19:59    Titel: Antworten mit Zitat

Zur Mutation:
http://de.wikipedia.org/wiki/Chromosomenaberration

Und zur Selektion: Komm mal bei mir vorbei, ich hab ein Aquarium. Wenn du dich da mal ein paar Wochen vorsetzt wirst du sehen das sich nicht jeder Fisch fortpflanzen darf! Wenn dir die sexuelle Selektion nicht genug ist darfst du mal ein wenig Salz reinstreuen und sehen wieviele Tiere plötzlich selektiert werden Geschockt

Außerdem gibt es im Internet viele evolutionäre Algorythmen etc die Evolution an sich schön anschaulich darstellen. Eine lustige Spielerei ist z.B. Framsticks, obwohl die Evolution hier mehr oder weniger "gelenkt" ist(je nach versuchsaufbau).
Es gibt aber auch andere Experimente welche nach dem Prinzip einer ungelenkten Evolution arbeiten.
Viel Spaß noch!
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Bynaus
Stellar veranlagt



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Beitrag(#339778) Verfasst am: 04.09.2005, 20:11    Titel: Antworten mit Zitat

Bist du schon zwei mal in deinem Leben an Grippe erkrankt? Dann hast du Evolution am eigenen Leib erfahren - sogar äusserst unangenehm... Smilie
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#339880) Verfasst am: 04.09.2005, 23:24    Titel: Antworten mit Zitat

Bynaus hat folgendes geschrieben:
Bist du schon zwei mal in deinem Leben an Grippe erkrankt? Dann hast du Evolution am eigenen Leib erfahren - sogar äusserst unangenehm... :)


ein aufrechter Evolutionsgegner würde nun sagen, Du hast Mikroevolution in action erlebt: aus einer Art Virus wurde eine Abart dieses Virus.

'Echte' Evolution ist 'von der Amöbe zu Goethe', als Makroevolution. Die Frage ist nicht, wie aus einer Bakterie eine andere wird, sondern wie beispielsweise aus einem Fisch ein Amphib wird. Diese Frage, konkret die Enstehung von Neuheiten in der Evolution, ist AFAIK noch nicht geklärt. Es gibt viele Ansätze, vielversprechende sogar, aber es gibt noch viel zu tun.

BTW, der Typ von Evolution, den Du ansprachst, ist genau das, was Dobzhansky sagte: 'Verschiebung von Allelfrequenzen in Populationen'. Wenn man sich das ein wenig durchdenkt, merkt man, dass hier 'bookkeeping' mit Mechanismen verwechselt wird: wenn Evolution stattfindet, verändern sich Allelfrequenzen. Ob das schon ausreicht, Evolution zu erklären, steht auf einem anderen Blatt.
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George
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Beiträge: 4485

Beitrag(#339951) Verfasst am: 05.09.2005, 00:15    Titel: Antworten mit Zitat

Waqrum beobachtet man bei so schnelllebigen Orgqanismen wie Drosphila keine nachvollziehbare weiterentwicklung ?
Gut , andererseits muß Komplexität keinen Selektionsvorteil haben , es ist ja durchaus denkbar das wir nicht die Spitze der Evólution sind sondern eher im unteren drittel rangieren. Bakterien und Viren sind wesentlich anpassungsfähiger als wir und vor allem auch viel viel älter , vielleicht sind wir nur eine kurze Periode. Bakterien können sehr viel besser Naturkatastrophen überleben.
Intelligenz könnte sich auf dauer sogar als wirklicher selektionsnachteil erweisen , vor allem weil sie
seit geraumer zeit mesokosmische Zusammenhänge verläßt und damit tauchen Sinnfragen auf die nicht beantwortet werden können.
Wie auch immer , wie lange benötigen evolutionäre Veränderungen bei größeren Organismen ?
vom menschen zum Affen haben sich genetisch unter 2 % verändert , aber das hat sehr lange gedauert. dennoch müßte man doch auch geringe oder geringste Veränderungen nachweisen können. Na ja , der genetische Code ist ja nun zumindest in seiner Basensequenz erkannt und in 50 Jahren verstehen wir dann auch die darauf folgen Stoffwechselveränderungen besser und detailierter. Insofern könnte man auch sagen das uns im Moment einfach noch das know how
fehlt um das zu analysieren was sich vor unserer Nase abspielt . ( oder auch nicht )
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
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Beitrag(#339953) Verfasst am: 05.09.2005, 00:18    Titel: Antworten mit Zitat

George hat folgendes geschrieben:
Damit tauchen Sinnfragen auf, die nicht beantwortet werden können.


Das kann durchaus ein Selektionsvorteil sein. zwinkern

Nein, die Gefahren der Intelligenz liegen woanders...
(Wir sind die erste Spezies der Weltgeschichte, die fähig ist, sich selbst zu vernichten.)
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- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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DemonDeLuxe
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Beitrag(#339994) Verfasst am: 05.09.2005, 02:39    Titel: Antworten mit Zitat

Was den Menschen betrifft, dürfte die biologische Evolution vermutlich allmählich von einer virtuellen abgelöst werden.
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Bynaus
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Anmeldungsdatum: 03.11.2003
Beiträge: 1888
Wohnort: Hinwil, CH, Erde

Beitrag(#340033) Verfasst am: 05.09.2005, 10:02    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Was den Menschen betrifft, dürfte die biologische Evolution vermutlich allmählich von einer virtuellen abgelöst werden.


Das sehe ich auch so. Wir sind bloss der Katalysator für die Maschinenzivilisation, die auf uns folgt. Wenn wir uns nicht vorher selber vernichten oder uns die Energie ausgeht. Smilie

Zitat:
(Wir sind die erste Spezies der Weltgeschichte, die fähig ist, sich selbst zu vernichten.)


Da bin ich mir nicht sicher. Unter bestimmten extremen Umständen kann das Verhalten einer Tierart sicher auch zu ihrem Aussterben führen.

Auf jeden Fall sind wir die erste Spezies in der Weltgeschichte, die fähig ist, sich bewusst selbst zu vernichten.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44647

Beitrag(#340038) Verfasst am: 05.09.2005, 10:22    Titel: Antworten mit Zitat

Bynaus hat folgendes geschrieben:
Auf jeden Fall sind wir die erste Spezies in der Weltgeschichte, die fähig ist, sich bewusst selbst zu vernichten.


Geschenkt. zwinkern Wir sind ja auch die erste Spezies, die überhaupt in diesem Sinne 'bewusst' ist.
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#340042) Verfasst am: 05.09.2005, 10:38    Titel: Antworten mit Zitat

George hat folgendes geschrieben:
Waqrum beobachtet man bei so schnelllebigen Orgqanismen wie Drosphila keine nachvollziehbare weiterentwicklung ?


gute Frage. Es könnte sein, dass die Ontogenese dieser Form schon so sehr kanalisiert ist, dass keine Neuheiten enstehen können.

George hat folgendes geschrieben:
Gut , andererseits muß Komplexität keinen Selektionsvorteil haben , es ist ja durchaus denkbar das wir nicht die Spitze der Evólution sind sondern eher im unteren drittel rangieren.


Bestimmte Funktionen sind nur komplexen Organismen möglich. Wenn diese Funktionen einen Selektionsvorteil darstellen, dann ist auch Komplexität selektionspositiv.

George hat folgendes geschrieben:
Bakterien und Viren sind wesentlich anpassungsfähiger als wir und vor allem auch viel viel älter , vielleicht sind wir nur eine kurze Periode. Bakterien können sehr viel besser Naturkatastrophen überleben.
Intelligenz könnte sich auf dauer sogar als wirklicher selektionsnachteil erweisen , vor allem weil sie
seit geraumer zeit mesokosmische Zusammenhänge verläßt und damit tauchen Sinnfragen auf die nicht beantwortet werden können.


Das kann durchaus sein.

George hat folgendes geschrieben:
Wie auch immer , wie lange benötigen evolutionäre Veränderungen bei größeren Organismen ?


Schwer zu sagen. Saltationisten meinen, das geht in einer Generation. Der MainStream geht von hunderten von Generationen aus. Auf jeden Fall soll das weit länger dauern als ein Mensch lebt.

George hat folgendes geschrieben:
vom menschen zum Affen haben sich genetisch unter 2 % verändert , aber das hat sehr lange gedauert. dennoch müßte man doch auch geringe oder geringste Veränderungen nachweisen können.


Natürlich kann man beispielsweise DNA-Sequenzen analysieren und Veränderungen messen. Leider wissen wir noch viel zu wenig, was alles passiert, bis aus einem Stück DNA ein Organismus wird. Wie wenig man von dem Ausmaß einer Veränderung auf das Ergebnis schließen kann, zeigt, dass Punktmutationen (also die Änderung einer einzigen von mehreren Milliarden Basen) letal sein können, während in anderen Fällen ganze Chromosomenstücke fehlen können, ohne dass das die Lebensfähigkeit eines Organismus beeinträchtigt.

George hat folgendes geschrieben:
Na ja , der genetische Code ist ja nun zumindest in seiner Basensequenz erkannt und in 50 Jahren verstehen wir dann auch die darauf folgen Stoffwechselveränderungen besser und detailierter. Insofern könnte man auch sagen das uns im Moment einfach noch das know how
fehlt um das zu analysieren was sich vor unserer Nase abspielt . ( oder auch nicht )


So in etwa sehe ich das auch. Das Problem ist natürlich, etwas zu 'bemerken', das sehr langsam vonstatten geht.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44647

Beitrag(#340043) Verfasst am: 05.09.2005, 10:41    Titel: Antworten mit Zitat

George hat folgendes geschrieben:
Waqrum beobachtet man bei so schnelllebigen Organismen wie Drosphila keine nachvollziehbare Weiterentwicklung?


Hm, vielleicht ist Drosophila so gut angepasst, dass bis jetzt solange wir sie beobachten jede Mutation immer nur nachteilig war und daher keinen Selektionsvorteil brachte.
Das heißt, die "Mainline" hat sich eben am besten durchgesetzt...

Wäre meine erste Vermutung, aber ich bin kein Biologie-Experte...
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Komodo
Maggots!



Anmeldungsdatum: 27.05.2005
Beiträge: 4588
Wohnort: 2Fort

Beitrag(#340048) Verfasst am: 05.09.2005, 11:32    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
George hat folgendes geschrieben:
Wie auch immer , wie lange benötigen evolutionäre Veränderungen bei größeren Organismen ?


Schwer zu sagen. Saltationisten meinen, das geht in einer Generation. Der MainStream geht von hunderten von Generationen aus. Auf jeden Fall soll das weit länger dauern als ein Mensch lebt.

Ich habe mal irgendwo gelesen, dass eine Mottenart innerhalb weniger Generationen ihre Farbe veränderte, weil diese für die Umweltveränderungen besser geeignet war als die frühere. Wärend die Andersfarbigen früher meist starben, sterben nun die Normalfarbenen viel eher.

Gut, eine große Veränderung ist es nicht, die Farbdifferenz trat früher wohl auch schon auf, aber Vorteil ist Vorteil. Und diese Veränderung ging halt schnell.
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#340052) Verfasst am: 05.09.2005, 11:50    Titel: Antworten mit Zitat

Komodo hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
George hat folgendes geschrieben:
Wie auch immer , wie lange benötigen evolutionäre Veränderungen bei größeren Organismen ?


Schwer zu sagen. Saltationisten meinen, das geht in einer Generation. Der MainStream geht von hunderten von Generationen aus. Auf jeden Fall soll das weit länger dauern als ein Mensch lebt.

Ich habe mal irgendwo gelesen, dass eine Mottenart innerhalb weniger Generationen ihre Farbe veränderte, weil diese für die Umweltveränderungen besser geeignet war als die frühere. Wärend die Andersfarbigen früher meist starben, sterben nun die Normalfarbenen viel eher.


das ist die bekannte 'Birkenspanner-Story', der erste konkrete Nachweis für 'evolution in action' in der Natur. Details sind zwar umstritten, die 'grobe Linie' scheint aber zu stimmen.

Komodo hat folgendes geschrieben:
Gut, eine große Veränderung ist es nicht, die Farbdifferenz trat früher wohl auch schon auf, aber Vorteil ist Vorteil. Und diese Veränderung ging halt schnell.


Natürlich. Aber Evolutionsgegner haben hier eine Reihe von Einwänden. Die schwarze Form gab es schon lange (es ist also nichts Neues entstanden). Auch ein schwarzer Schmetterling ist immer noch ein Schmetterling, es handelt sich also um 'klassische' Mikroevolution. 'Echte' Evolution (AKA 'Makroevolution') sieht vollkommen anders aus.

Details dazu habe ich hier ausführlicher dargestellt.
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Darwin Upheaval
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Anmeldungsdatum: 23.01.2004
Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden

Beitrag(#340058) Verfasst am: 05.09.2005, 12:26    Titel: Antworten mit Zitat

Bynaus hat folgendes geschrieben:
Bist du schon zwei mal in deinem Leben an Grippe erkrankt? Dann hast du Evolution am eigenen Leib erfahren - sogar äusserst unangenehm... Smilie


Prinzipiell hast Du natürlich recht: Von ontologischer Bedeutung ist einzig die Entstehung qualitativer Neuheiten. Und richtig: ein verändertes Target-Protein, das verhindert, daß ein Antibiotikum-Molekül dort andocken und das Bakterium vernichten kann, ist unbestreitbar etwas qualitativ Neues. Allerdings wird man aus biologischer Sicht nicht jede Popel-Mutation bereits als "Makroevolution" definieren. Anti-Evolutionisten haben daher immer die Möglichkeit, die Grenzen derart zu setzen, um makroevolutionäre Veränderungen von vorne herein wegzudefinieren. Das ist natürlich nicht ganz ehrlich, denn wie gesagt: von ontologischer Bedeutung ist die Entstehung von Neuem, und da spielt es keine Rolle, ob es sich um ein neues Targetprotein, eine abgewandelte Tetrapodenextremität oder um eine Heterochronie handelt.

Eindrucksvoller als die von Dir genannten Beispiele sind Resistenzen gegen synthetische Substanzen, die es in der Natur nicht gibt und die das Bakterium dazu befähigen, mittels Enzymen die Toxine unschädlich zu machen. Hier läßt sich dann die Entstehung von etwas qualitativ Neuem schwerlich leugnen. So kennt man z.B. Pseudomonaden, die das Herbizid Atrazin aufspalten und dazu vier neue Gene benötigen. Der Trick der Kreationisten besteht dann meist darin, zu behaupten, es handele sich um keine neuen, sondern um "präexistente" Gene, die einfach nur entsprechend "optimiert" worden seinen. Auf diese Weise läßt sich natürlich jedweder Wandel zur "Mikroevolution" umdefinieren. Daher ist es zweifelhaft, ob Evolutionsgegner die Begriffe Mikro- und Makroevolution überhaupt konsistent gebrauchen.
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El Schwalmo
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Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#340061) Verfasst am: 05.09.2005, 13:07    Titel: Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Bynaus hat folgendes geschrieben:
Bist du schon zwei mal in deinem Leben an Grippe erkrankt? Dann hast du Evolution am eigenen Leib erfahren - sogar äusserst unangenehm... :)


Prinzipiell hast Du natürlich recht: Von ontologischer Bedeutung ist einzig die Entstehung qualitativer Neuheiten. Und richtig: ein verändertes Target-Protein, das verhindert, daß ein Antibiotikum-Molekül dort andocken und das Bakterium vernichten kann, ist unbestreitbar etwas qualitativ Neues.


'Ontologische Bedeutung' und 'qualitative Neuheiten' sind sehr subjektiv, beide Begriffe treffen auch auf eine neutrale Punktmutation zu, falls Du die Ursprungs-DNA betrachtest und die Begriffe etwas weiter fasst.

Wenn Du Evolutionsgegnern vorwirfst, sie würden 'stacking the deck' betreiben, kannst Du Dich selber fragen, ob es nicht mutatis mutandis dasselbe auch auf unserer Baustelle gibt (wie würdest Du beispielsweise 'Evolution' im Sinne von 'Verschiebung von Allelfrequenzen in Populationen' hinsichtliche Ontologie und Neuheitswert einordnen?). Ein Argument hättest Du, falls Du 'Neuheit' bzw. 'Makroevolution' klar definierst und zeigst, wo derartige Phänomene konkret auftraten.

Entstanden beispielsweise im Fall der Atrazin-Resistenz (Du kennst Dich da sicher besser aus als ich) neue Gene oder wurden existierende optimiert? Konkret: findet man in sensitiven Zellen n Proteine und in resistenten n+4? Das wäre dann ein gutes Beispiel für Makroevolution im Sinne der Kreationisten. Sie verstehen darunter bekanntlich ein _Konstruktions_problem. Bei _neuen_ Proteinen könnte man sehr wohl von einer 'Konstruktion' (natürlich ohne Konstrukteur) sprechen. Wenn aber schon vorhandene Proteine optimiert werden, wäre das die klassische Definition von 'Mikroevolution' (AKA 'Optimierungsproblem').

So gesehen stimmt es nicht, dass man _jeden_ Wandel zu 'Mikroevolution' umdefinieren könnte. Zumindest nicht, falls man in einer Diskussion ernst genommen weden möchte. _Wenn_ die vier Proteine bei Pseudomonaden wirklich neu und nicht modifiziert sind, hätte man ein Beispiel für Makroevolution nach den 'klassischen' Definition derer von Wort und Wissen.

BTW, Grippe wird durch Viren verursacht, als Antwort darauf ist ein Beispiel mit Bakterien nicht so sinnvoll, vor allem, wenn Du dich auf etwas beziehst, was ich und nicht Bynaus geschrieben hat.
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Beitrag(#340075) Verfasst am: 05.09.2005, 14:03    Titel: Antworten mit Zitat

Bynaus hat folgendes geschrieben:
Das sehe ich auch so. Wir sind bloss der Katalysator für die Maschinenzivilisation, die auf uns folgt. Wenn wir uns nicht vorher selber vernichten oder uns die Energie ausgeht. Smilie


Ich meinte es eigentlich ein bisschen anders (oder habe Dich falsch verstanden): Ich denke, der Mensch wird seinen Lebensmittelpunkt immer mehr in virtuelle Gefilde verlegen, und zwar in dem Maße, in dem die physischen Bedürfnisse gedeckt werden und "Lebensfreude" durch virtuelle Gebilde einfacher und teilweise umfassender vermittelt wird als im RL. Man braucht bloß einmal auf die abhängigen Spieler von "World of Warcraft" zu schauen (und selbst Foren wie dieses gehen ja schon in die Richtung!) - und das nach wenigen Jahrzehnten Computertechnik. Eine "Entkörperung" im Verlauf der nächsten Jahrhunderte erscheint mir als logische Konsequenz.
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Beiträge: 4485

Beitrag(#340093) Verfasst am: 05.09.2005, 14:42    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Eindrucksvoller als die von Dir genannten Beispiele sind Resistenzen gegen synthetische Substanzen, die es in der Natur nicht gibt und die das Bakterium dazu befähigen, mittels Enzymen die Toxine unschädlich zu machen. Hier läßt sich dann die Entstehung von etwas qualitativ Neuem schwerlich leugnen. So kennt man z.B. Pseudomonaden, die das Herbizid Atrazin aufspalten und dazu vier neue Gene benötigen. Der Trick der Kreationisten besteht dann meist darin, zu behaupten, es handele sich um keine neuen, sondern um "präexistente" Gene, die einfach nur entsprechend "optimiert" worden seinen. Auf diese Weise läßt sich natürlich jedweder Wandel zur "Mikroevolution" umdefinieren. Daher ist es zweifelhaft, ob Evolutionsgegner die Begriffe Mikro- und Makroevolution überhaupt konsistent gebrauchen.
[/quote]

Hmm , das müßte sich ja überprüfen lassen ob diese Gene vorher in inaktivem zustand vorlagen oder nicht .
man muß sich aber auch fragen was unsere Müll DNA alles noch codiert , von zeit Zeit tauchen ja auch immer mal wieder Atavismen in Form von kompletter Körperbehaarung oder Kinder mit Schwanz auf . Möglicherweise haben wir sogar noch Kiemen irgendwo codiert , kann das sein ?
ich gehe doch recht in der Annahme das die bei dem Human Genom Projekt auch die Junk DNA lesen !? Weiß das zufällig jemand ?
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Darwin Upheaval
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Beitrag(#340095) Verfasst am: 05.09.2005, 14:47    Titel: Antworten mit Zitat

An die Experten hier im Forum: Findet sich jemand, der uns Laien anhand von 1-2 hypothetischen Beispielen kurz erläutern kann, wie qualitative Neuheiten anders als durch "Optimierung" des bereits vorhandenen Genmaterials (sprich: "ex nihilo") entstehen könnten? Oder könnte es sein, daß hier vielleicht ein grundsätzliches Verständnisproblem dergestalt vorliegt, daß nicht erkannt wird, daß Kreationisten Forderungen erheben, die grundsätzlich im Rahmen einer Evolutionstheorie gar nicht erfüllt werden können, weil hier (im Gegensatz zu Ursprungstheorien!) stets ein "descent with modification" vorliegt Frage
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Zuletzt bearbeitet von Darwin Upheaval am 05.09.2005, 14:50, insgesamt 2-mal bearbeitet
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George
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Beitrag(#340096) Verfasst am: 05.09.2005, 14:47    Titel: Antworten mit Zitat

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Bynaus hat folgendes geschrieben:
Das sehe ich auch so. Wir sind bloss der Katalysator für die Maschinenzivilisation, die auf uns folgt. Wenn wir uns nicht vorher selber vernichten oder uns die Energie ausgeht. Smilie


Ich meinte es eigentlich ein bisschen anders (oder habe Dich falsch verstanden): Ich denke, der Mensch wird seinen Lebensmittelpunkt immer mehr in virtuelle Gefilde verlegen, und zwar in dem Maße, in dem die physischen Bedürfnisse gedeckt werden und "Lebensfreude" durch virtuelle Gebilde einfacher und teilweise umfassender vermittelt wird als im RL. Man braucht bloß einmal auf die abhängigen Spieler von "World of Warcraft" zu schauen (und selbst Foren wie dieses gehen ja schon in die Richtung!) - und das nach wenigen Jahrzehnten Computertechnik. Eine "Entkörperung" im Verlauf der nächsten Jahrhunderte erscheint mir als logische Konsequenz.


Damit liegst du in der Nähe von hawkins linie , der davon ausgeht das das Leben einmal komplett mechanisiert werden könnte , so das schließlich maschinen existieren die dann wiederum Maschinen erschaffen ( Spielbergs Film AI ging auch in diese Richtung )
davon abgesehen glaubt er auch das wir nun in eine Phase der künstlichen oder hausgemachten Evolution eintauchen . Wir werden sicher demnächst menschen optimieren und schließlich auch unsere genpool entsprechend verändern , also eine neue rasse von mensch züchten .
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



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Beitrag(#340109) Verfasst am: 05.09.2005, 14:58    Titel: Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Bei _neuen_ Proteinen könnte man sehr wohl von einer 'Konstruktion' (natürlich ohne Konstrukteur) sprechen. Wenn aber schon vorhandene Proteine optimiert werden, wäre das die klassische Definition von 'Mikroevolution' (AKA 'Optimierungsproblem').


An die Experten hier im Forum: Findet sich jemand, der uns Laien anhand von 1-2 hypothetischen Beispielen kurz erläutern kann, wie qualitative Neuheiten anders als durch "Optimierung" des bereits vorhandenen Genmaterials (sprich: "ex nihilo") entstehen?


Du scheinst zwei Threads zu vermischen.

Thread 1: wie entstehen Neuheiten?

Streng genommen muss irgendwie die codierende DNA 'länger' werden, denn ansonsten müsste man fordern, dass alle Gene schon im ersten Protobionten vorhanden waren. Du weißt, dass es da Mechanismen wie Duplikationen etc. gibt.

Thread 2: ist an einem konkreten Beispiel gezeigt, wie qualitative Neuheiten entstehen?

AFAIK ist zumindest die Symbiogenese ein gutes Beispiel, aber sicher nicht unbedingt ein repräsentatives.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Oder könnte es sein, daß hier vielleicht ein grundsätzliches Verständnisproblem dergestalt vorliegt, daß Kreationisten Forderungen erheben, die grundsätzlich im Rahmen einer Evolutionstheorie gar nicht erfüllt werden können, weil hier (im Gegensatz zu Ursprungstheorien!) stets ein "descent with modification" vorliegt :?:


Nein. Das Problem ist, dass viele Details nicht bekannt sind. Nun kann man die These vertreten, dass Evolution aus anderen Gründen hinreichend belegt ist und davon ausgehen, dass es nur noch darum geht, 'to dot the i's and cross the t's'. Man kann aber auch anzweifeln, ob es eine Evolution gab, und möchte Belege sehen.

Nun erhebt sich die spannende Frage der 'Definitionshoheit'. Man kann sich nun natürlich, je nach Interesse, die Dinge entsprechend hindefinieren. Man kann 'Evolution' als 'Verschiebung von Allelfrequenzen in Populationen' betrachten, dann gibt es das Problem von Neuheiten gar nicht, die entstehen 'einfach so'. Oder man kann nach Mechanismen fragen. Daran wird gearbeitet.

Das Problem ist nur, dass wir den Evolutionsgegnern mit weniger Pfeilen im Köcher entgegentreten müssen, als wir gerne hätten. Und bedenke, dass nicht jeder Mensch, der die _Mechanismen_, die wir Naturalisten vertreten, angreift, Kreationist sein muss. Schmidt beispielsweise war Atheist.
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Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)

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Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



Anmeldungsdatum: 23.01.2004
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Beitrag(#340131) Verfasst am: 05.09.2005, 15:24    Titel: Antworten mit Zitat

George hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Eindrucksvoller als die von Dir genannten Beispiele sind Resistenzen gegen synthetische Substanzen, die es in der Natur nicht gibt und die das Bakterium dazu befähigen, mittels Enzymen die Toxine unschädlich zu machen. Hier läßt sich dann die Entstehung von etwas qualitativ Neuem schwerlich leugnen. So kennt man z.B. Pseudomonaden, die das Herbizid Atrazin aufspalten und dazu vier neue Gene benötigen. Der Trick der Kreationisten besteht dann meist darin, zu behaupten, es handele sich um keine neuen, sondern um "präexistente" Gene, die einfach nur entsprechend "optimiert" worden seinen. Auf diese Weise läßt sich natürlich jedweder Wandel zur "Mikroevolution" umdefinieren. Daher ist es zweifelhaft, ob Evolutionsgegner die Begriffe Mikro- und Makroevolution überhaupt konsistent gebrauchen.


Hmm , das müßte sich ja überprüfen lassen ob diese Gene vorher in inaktivem zustand vorlagen oder nicht .


Das müssen sie nicht zwingend. Auch intakte Gene können durch entsprechende Modifikationen (z.B. Punktmutationen) so umgestaltet werden, daß sie für ein neues Funktionsprotein codieren. Natürlich kommen nichtcodierende Gene als "Spielwiese" der Evolution eher infrage. Eindrucksvolle Beispiele gibt es übrigens auch für das sog. "gene tinkering". In diesem Fall werden verschiedene DNA-Abschnitte zu einem neuen Gen zusammengefügt. Durch wiederholte Duplikation und Verschmelzung solcher Sequenzen können dann Gene entstehen, die hochrepetitiv sind, also immer wieder dieselbe Grundsequenz wiederholen, die durch Genmutation natürlich stets etwas variieren.

So besteht z.B. das Gen, welches für das Kollagen beim Huhn codiert, AFAIK aus über 12.000 Nucleotidbasenpaaren, die jedoch in den codierenden Bereichen immer dieselbe 9-basenpaarige DNA-Grundeinheit wiederholen. In einer Stammart waren sicherlich schon die entsprechenden Genabschnitte bzw. Vorläufergene vorhanden, so daß man auch hier streng genommen von einer "Optimierung" sprechen könnte. Unter diesem Aspekt wäre jedoch die gesamte Stammesgeschichte ein "Optimierungsproblem". zwinkern
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George
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Beitrag(#340143) Verfasst am: 05.09.2005, 15:42    Titel: Antworten mit Zitat

wir haben damals in Emryologie noch lernen müßen wie sich die Hirnnerven von den Kiemenbögen der Haifische ableiten lassen´. Na ja , scheint zumindest plausibel zu sein .
Dennoch finde ich es wichtig das die Evolutionstheorie auf einen Prüfstein gestellt wird . ich denke sie wird sich in vielen bereichen behaupten können ( vielleicht sogar in allen ) aber wichtig ist doch das wir detailiert aufschluß darüber erhalten wie das ganze sicher funktioniert hat und nicht wie es allem anschein nach funktioniert hat , das läßt einfach zuviel Spielraum für alle möglichen Spekulationen. Immerhin haben wir lange gedacht das die Neandertaler unsere direkten Vorfahren waren , heute wissen wir das sie es nicht waren . Die Wissenschaftler sind hier gefordert emprisch nachvollziehbare ,verifizierbare Fakten zu schaffen , dann muß Dawkins auch keinen evolutionskritischen Studenten mehr aus dem Hörsaal schmeißen.
Offenbar sind es die Wissenschaftler selbst die die Spielräume für die Kreationisten offen lassen , da nützt dann auch empörung nichts , da gilt es fakten zu schaffen.
Ist doch klar das es zu großen Unruhen kommt wenn es um die enstehung und entwicklung des Lebens geht.
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



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Beiträge: 9073

Beitrag(#340186) Verfasst am: 05.09.2005, 16:40    Titel: Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
George hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Eindrucksvoller als die von Dir genannten Beispiele sind Resistenzen gegen synthetische Substanzen, die es in der Natur nicht gibt und die das Bakterium dazu befähigen, mittels Enzymen die Toxine unschädlich zu machen. Hier läßt sich dann die Entstehung von etwas qualitativ Neuem schwerlich leugnen. So kennt man z.B. Pseudomonaden, die das Herbizid Atrazin aufspalten und dazu vier neue Gene benötigen. Der Trick der Kreationisten besteht dann meist darin, zu behaupten, es handele sich um keine neuen, sondern um "präexistente" Gene, die einfach nur entsprechend "optimiert" worden seinen. Auf diese Weise läßt sich natürlich jedweder Wandel zur "Mikroevolution" umdefinieren. Daher ist es zweifelhaft, ob Evolutionsgegner die Begriffe Mikro- und Makroevolution überhaupt konsistent gebrauchen.


Hmm , das müßte sich ja überprüfen lassen ob diese Gene vorher in inaktivem zustand vorlagen oder nicht .


Das müssen sie nicht zwingend.


natürlich nicht. Aber Du hast doch selber das Beispiel Atrazin-Abbau zur Diskussion gebracht und die vier neuen Gene erwähnt. Nun sehe ich zwei Möglichkeiten: Du kennst Dich aus, dann dürfte es kein Problem sein, die Frage zu beantworten, zumindest in der Form: 'Das ist (mir) nicht bekannt' oder 'Details findest Du in ...'.

Die andere Alternative würde nicht zu Deiner Argumentationsweise passen.

Nun hast Du zwar wieder in die Mechanismen-Kiste gegriffen, aber mit der Frage hatte das auch wieder nicht viel zu tun.
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Darwin Upheaval
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Anmeldungsdatum: 23.01.2004
Beiträge: 5491
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Beitrag(#340190) Verfasst am: 05.09.2005, 16:42    Titel: Antworten mit Zitat

Eine kleine Ergänzung zur Scheindebatte über das "Optimierungs-/Konstruktionsproblem": Dem einen oder anderen ist sicher bekannt, daß das Ausschöpfen der im epigenetischen System angelegten "Entwicklungspotenzen" während der Ontogenese, welches Junker und Scherer etwa im Rahmen ihres Grundtypmodells so gerne als "Optimierung" von bereits vorhandener "Konstruktionen" bezeichnen, zunehmend als Motor der Makroevolution im Gespräch ist (Stichwort: EvoDevo). Zieht man zudem in Betracht, daß die Anzahl der Gene im Laufe der Vertrebraten-Evolution praktisch gleich geblieben ist und daß die in der Ontogenese befahrenen "Entwicklungsbahnen" meist nur Variationen ein und desselben "Grundmusters" sind (Stichwort: "Hoxologie", Mosaikevolution), müßte eigentlich deutlich werden, daß die Vorstellung von Makroevolution, wie sie etwa J&S verwenden nach außen nicht besonders konsistent wirkt. Wie neu muß also eine evolutive Neuheit sein, damit sie endlich auch der Evolutionsgegner als "echte" Neuheit und makroevolutionäre Innovation anerkennt Frage
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Lamarck
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Beiträge: 2148
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Beitrag(#340253) Verfasst am: 05.09.2005, 19:08    Titel: Re: Wie läßt sich der Prozess der Evolution belegen ? Antworten mit Zitat

Hi George!

George hat folgendes geschrieben:
Wie kann man das tun wenn man die Grundlegenden Mechanismen der Mutation und Selektion die zur weiterentwicklung führt nicht experimentell nachweisen kann.
Oder ist die Evolution doch empirisch belegbar ?


Es ist sehr einfach, Mutation und Selektion experimentell nachzuweisen. Aber was meinst Du hier mit "Weiterentwicklung"? zwinkern

Aber wenn es etwas Empirisches sein darf, hier eines von nahezu unzähligen Beispielen:







Die Gemeine Stechmücke Culex pipiens soll zunächst den vor Hitlers Bomben Zuflucht suchenden Londonern Blut abgezapft haben und musste sich schließlich im Subterran mit dem Blut der Ratten begnügen - und kann sich nun auch nicht mehr mit den oberirdischen Stechmücken paaren. Hier das Abstract aus dem Original-Artikel; zum Thema gab es auch eine BBC-Dokumentation:


Zitat:
Byrne, K. & Nichols, R. A. (1999): Culex pipiens in London Underground tunnels: differentiation between surface and subterranean populations. Heredity 82: 7-15.

Abstract:

Genetic variation was quantified between surface-dwelling populations of Culex pipiens and the so-called molestus form found in the London Underground (the Underground) railway system. The molestus form is a commercially important biting nuisance and in the southern part of its range is also a disease vector. The surface and subterranean populations were genetically distinct, with no evidence of gene flow between closely adjacent populations of the different forms, whereas there was little differentiation between the different populations of each form. The substantially reduced heterozygosity in the Underground populations and the allelic composition suggest that colonization of the Underground has occurred once or very few times. Breeding experiments show compatibility between the Underground populations but not with those breeding above ground. There is evidence of greater gene flow and a mixing of molestus and pipiens traits in the south of the species range. This paper considers the processes that may allow establishment of reproductive isolation in the north of the species range but not in the south.



Cheers,

Lamarck
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„Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)

„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)

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Darwin Upheaval
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Beitrag(#340256) Verfasst am: 05.09.2005, 19:21    Titel: Re: Wie läßt sich der Prozess der Evolution belegen ? Antworten mit Zitat

Hi Lamarck,

freut mich, das Du nach längerer Abstinenz auch wieder mal mitmischst Cool


Lamarck hat folgendes geschrieben:
George hat folgendes geschrieben:
Wie kann man das tun wenn man die Grundlegenden Mechanismen der Mutation und Selektion die zur weiterentwicklung führt nicht experimentell nachweisen kann.
Oder ist die Evolution doch empirisch belegbar ?


Es ist sehr einfach, Mutation und Selektion experimentell nachzuweisen. Aber was meinst Du hier mit "Weiterentwicklung"? zwinkern


Ich vermute, daß die Diskussion hier um die Frage kreist, inwieweit die Verschiebung von Allelfrequenzen, "Mikroevolution" oder Beispiele von Resistenz als Belege für Makroevolution (oder sagen wir besser: die Entstehung von qualitativ Neuem) gelten können. Da kommen dann schon mal so merkwürdige Begriffe wie "Höherentwicklung" oder "Konstruktions- vs. Optimierungsproblem" ins Spiel. Davon abgesehen würde mich natürlich Dein Kommentar zu meinem vorherigen Posting interessieren. zwinkern

Grüße

Darwin Upheaval
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