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"Familientragödie"

 
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Ralf Rudolfy
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Anmeldungsdatum: 11.12.2003
Beiträge: 26674

Beitrag(#1612409) Verfasst am: 21.02.2011, 13:25    Titel: "Familientragödie" Antworten mit Zitat

Kann mir mal einer sagen, warum solche Ereignisse häufig verharmlosend als "Familientragödie" benannt werden?

Die Ursache für den Brand in einem Einfamilienhaus in Rückeroth im Westerwald ist eine Familientragödie. Ein 53 Jahre alter Vater hat seine Frau und seine zwei Kinder getötet und danach das Haus angezündet.

Obwohl es sich selbstverständlich um mehrfachen Mord oder doch wenigstens Totschlag handelt, wird durch den Begriff "Tragödie" suggeriert, als handele sich um ein Geschehen aus unglücklichen, schicksalhaften Umständen heraus. Warum ist die Öffentlichkeit geneigt, das in diesem Fall in milderem Licht zu sehen?
_________________
Dadurch, daß ein Volk nicht mehr die Kraft oder Willen hat, sich in der Sphäre des Politischen zu halten, verschwindet das Politische nicht aus der Welt. Es verschwindet nur ein schwaches Volk. (Carl Schmitt)
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esme
lebt ohne schützende Gänsefüßchen.



Anmeldungsdatum: 12.06.2005
Beiträge: 5667

Beitrag(#1612414) Verfasst am: 21.02.2011, 13:38    Titel: Antworten mit Zitat

Mir geht bei "Familientragödie" immer der Blutdruck hoch.

Auch bei "es war eine regelrechte Hinrichtung".

Ich muss aber sagen, dass der Trend von der Familientragödie in der Überschrift deutlich weggeht.
_________________
Gunkl über Intelligent Design:
Da hat sich die Kirche beim Rückzugsgefecht noch einmal grandios verstolpert und jetzt wollen sie auch noch Haltungsnoten für die argumentative Brez'n, die sie da gerissen haben.
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Woici
ist vollkommen humorlos



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 7437
Wohnort: Em Schwobaländle

Beitrag(#1612417) Verfasst am: 21.02.2011, 13:41    Titel: Re: "Familientragödie" Antworten mit Zitat

Ralf Rudolfy hat folgendes geschrieben:
Warum ist die Öffentlichkeit geneigt, das in diesem Fall in milderem Licht zu sehen?


zumindest ich, als teil der öffentlichkeit, sehe das nicht in einem milderen licht
_________________
eigentlich bin ich ein ganz netter... und wenn ich freunde hätte, könnten die das auch bestätigen.
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Ralf Rudolfy
Auf eigenen Wunsch deaktiviert.



Anmeldungsdatum: 11.12.2003
Beiträge: 26674

Beitrag(#1612418) Verfasst am: 21.02.2011, 13:43    Titel: Re: "Familientragödie" Antworten mit Zitat

Woici hat folgendes geschrieben:
Ralf Rudolfy hat folgendes geschrieben:
Warum ist die Öffentlichkeit geneigt, das in diesem Fall in milderem Licht zu sehen?


zumindest ich, als teil der öffentlichkeit, sehe das nicht in einem milderen licht

Ich ja auch nicht. Die Berichterstattung darüber erweckt jedoch, finde ich, diesen Eindruck.
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Valen MacLeod
Antitheist



Anmeldungsdatum: 11.12.2004
Beiträge: 6172
Wohnort: Jenseits von Eden

Beitrag(#1612484) Verfasst am: 21.02.2011, 17:14    Titel: Re: "Familientragödie" Antworten mit Zitat

Ralf Rudolfy hat folgendes geschrieben:
... wird durch den Begriff "Tragödie" suggeriert, als handele sich um ein Geschehen aus unglücklichen, schicksalhaften Umständen heraus. Warum ist die Öffentlichkeit geneigt, das in diesem Fall in milderem Licht zu sehen?


Du beantwortest es Dir doch selber: An einer Tragödie ist kein Aussenstehender schuld. Besonders nicht der Leser. Er kann sich zurücklehnen und sich am Leid der anderen ergötzen.

So sind Menschen halt. Und das ist keine Tragödie, sondern eine Schande.
_________________
V.i.S.d.P.:Laird Valen MacLeod (Pseudonym!)
"... Wenn das hier das Haus Gottes ist, Junge, warum blühen hier dann keine Blumen, warum strömt dann hier kein Wasser und warum scheint dann hier die Sonne nicht, Bürschchen?!" <i>Herman van Veen</i>
Das Schlimme an meinen Katastrophenszenarien ist... dass ich damit über kurz oder lang noch immer Recht behielt.
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astarte
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Anmeldungsdatum: 13.11.2006
Beiträge: 46483

Beitrag(#1612486) Verfasst am: 21.02.2011, 17:17    Titel: Re: "Familientragödie" Antworten mit Zitat

Valen MacLeod hat folgendes geschrieben:
Ralf Rudolfy hat folgendes geschrieben:
... wird durch den Begriff "Tragödie" suggeriert, als handele sich um ein Geschehen aus unglücklichen, schicksalhaften Umständen heraus. Warum ist die Öffentlichkeit geneigt, das in diesem Fall in milderem Licht zu sehen?


Du beantwortest es Dir doch selber: An einer Tragödie ist kein Aussenstehender schuld. Besonders nicht der Leser. Er kann sich zurücklehnen und sich am Leid der anderen ergötzen.

So sind Menschen halt. Und das ist keine Tragödie, sondern eine Schande.

Hm. Also ehrlich gesagt, fühlte ich mich auch nicht schuldiger, wenn das Mord genannt würde, wenn ich das lese....
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tillheiler
Gefreiter



Anmeldungsdatum: 20.02.2011
Beiträge: 50
Wohnort: ISS

Beitrag(#1612533) Verfasst am: 21.02.2011, 18:21    Titel: Re: "Familientragödie" Antworten mit Zitat

Valen MacLeod hat folgendes geschrieben:
Ralf Rudolfy hat folgendes geschrieben:
... wird durch den Begriff "Tragödie" suggeriert, als handele sich um ein Geschehen aus unglücklichen, schicksalhaften Umständen heraus. Warum ist die Öffentlichkeit geneigt, das in diesem Fall in milderem Licht zu sehen?


Du beantwortest es Dir doch selber: An einer Tragödie ist kein Aussenstehender schuld. Besonders nicht der Leser. Er kann sich zurücklehnen und sich am Leid der anderen ergötzen.

So sind Menschen halt. Und das ist keine Tragödie, sondern eine Schande.


Wieso ist bei einer Tragödie kein Außenstehender involviert oder schuld?
Das verstehe ich nicht.
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...ein Teil unseres Erfolges liegt darin begründet, dass wir versuchen uns in den anderen hinein zu versetzen
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unquest
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Anmeldungsdatum: 10.10.2010
Beiträge: 3326

Beitrag(#1612550) Verfasst am: 21.02.2011, 18:44    Titel: Re: "Familientragödie" Antworten mit Zitat

Ralf Rudolfy hat folgendes geschrieben:
Warum ist die Öffentlichkeit geneigt, das in diesem Fall in milderem Licht zu sehen?

Eben in einem Fernsehbericht wurde auch von einem "Familiendrama" gesprochen.

Mich erinnert diese Darstellungsweise auch an einen Bericht über den brutalen Übergriff mehrerer Schläger in der U-Bahn, wobei ein Mensch ins Koma geprügelt wurde. Näher thematisiert wurde dann nicht diese bestialische Gewalt sondern der Umstand, dass Umstehende nicht eingegriffen hätten; gerade so als ob diese jetzt eine Mitschuld träfe.
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Valen MacLeod
Antitheist



Anmeldungsdatum: 11.12.2004
Beiträge: 6172
Wohnort: Jenseits von Eden

Beitrag(#1612566) Verfasst am: 21.02.2011, 19:42    Titel: Antworten mit Zitat

Unterlassene Hilfeleistung = Mitschuld.
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Waschmaschine777
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Anmeldungsdatum: 07.07.2008
Beiträge: 4007

Beitrag(#1612743) Verfasst am: 22.02.2011, 09:50    Titel: Re: "Familientragödie" Antworten mit Zitat

Ralf Rudolfy hat folgendes geschrieben:

Obwohl es sich selbstverständlich um mehrfachen Mord oder doch wenigstens Totschlag handelt, wird durch den Begriff "Tragödie" suggeriert, als handele sich um ein Geschehen aus unglücklichen, schicksalhaften Umständen heraus. Warum ist die Öffentlichkeit geneigt, das in diesem Fall in milderem Licht zu sehen?


Letztendlich ist jedes Geschehen schicksalhaftes Geschehen. Also könnte man natürlich auch in anderem Zusammenhang von Tragödie sprechen. Prügel-Tragödie, Mord-Tragödie usw. Ich habe mit dem Begriff Tragödie keine Probleme, von mir aus könnte man ihn öfters auch in außerfamiliären Zusammenhang gebrauchen.

Ob die Öffentlichkeit das in diesem Fall in milderem Licht sieht, ist irrelevant und bedeutungslos. Der Täter profitiert nicht davon, weil die Bevölkerung Milde nur toten Tätern angedeihen lässt. Bringt jemand seine Familie um, und flieht dann, redet man auch nicht von Tragödie.
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dAdAmai
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Anmeldungsdatum: 26.06.2009
Beiträge: 217
Wohnort: Bonn Bad Godesberg

Beitrag(#1613079) Verfasst am: 23.02.2011, 06:38    Titel: Antworten mit Zitat

Ich weiß nicht, ob eine(r) von euch schon einmal an so einem Tatort war, aber ich kann euch sagen, dass ist das Grausamste, Erschütternste, Schlimmste was ich in meinem Polizistenleben erlebt habe und selbst nach über 30 Jahren verblassen erst einige der Bilder langsam.

Und in meinem Fall, wußte keiner, was ihn erwartete (wie meistens in diesen Fällen). Der Anrufer war der Zeitungsbote, dem aufgefallen war, dass die Haustür nicht geschlossen war. D. h. nach acht Stunden Nachtschicht fährst Du zu einem vermeintlich harmlosen Einsatz und dann so was.

Im polizeilichen Sprachgebrauch hat sich dann der Begriff Familientragödie durchgesetzt, weil dann alle wissen, was passiert ist und man so kurz und prägnant mit einem Wort umschreiben kann, was passiert ist und welche weiteren Maßnahmen erforderlich sind. Ich denke, das Benutzen dieses Begriffes ist auch eine Bewältigungsstrategie.

Zitat:
http://de.wiktionary.org/wiki/Trag%C3%B6die:
Tradödie
[...]
Bedeutungen:
[1] Drama, in dem es um Schicksal, Unglück und tragische Katastrophen geht, und das meistens ein negatives Ende hat
[2] als katastrophal empfundenes Ereignis

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esme
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Anmeldungsdatum: 12.06.2005
Beiträge: 5667

Beitrag(#1613086) Verfasst am: 23.02.2011, 08:38    Titel: Antworten mit Zitat

dAdAmai hat folgendes geschrieben:
Ich weiß nicht, ob eine(r) von euch schon einmal an so einem Tatort war, aber ich kann euch sagen, dass ist das Grausamste, Erschütternste, Schlimmste was ich in meinem Polizistenleben erlebt habe und selbst nach über 30 Jahren verblassen erst einige der Bilder langsam.

Und in meinem Fall, wußte keiner, was ihn erwartete (wie meistens in diesen Fällen). Der Anrufer war der Zeitungsbote, dem aufgefallen war, dass die Haustür nicht geschlossen war. D. h. nach acht Stunden Nachtschicht fährst Du zu einem vermeintlich harmlosen Einsatz und dann so was.

Im polizeilichen Sprachgebrauch hat sich dann der Begriff Familientragödie durchgesetzt, weil dann alle wissen, was passiert ist und man so kurz und prägnant mit einem Wort umschreiben kann, was passiert ist und welche weiteren Maßnahmen erforderlich sind. Ich denke, das Benutzen dieses Begriffes ist auch eine Bewältigungsstrategie.

Zitat:
http://de.wiktionary.org/wiki/Trag%C3%B6die:
Tradödie
[...]
Bedeutungen:
[1] Drama, in dem es um Schicksal, Unglück und tragische Katastrophen geht, und das meistens ein negatives Ende hat
[2] als katastrophal empfundenes Ereignis


Es ist trotzdem ein gewaltiger Euphemismus zugunsten des Täters, oder würde es auf einen Autounfall, wo die ganze Familie stirbt, nicht passen?

Das mit der Bewältigungsstrategie nehme ich dir dann ab, wenn bei der Polizei andere Morde auch täterfrei schöngeredet werden. Wie lautet der Euphemismus für Raubmord? Finanztransaktionstragödie?
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Anmeldungsdatum: 16.04.2006
Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii

Beitrag(#1613090) Verfasst am: 23.02.2011, 09:10    Titel: Re: "Familientragödie" Antworten mit Zitat

Ralf Rudolfy hat folgendes geschrieben:
Kann mir mal einer sagen, warum solche Ereignisse häufig verharmlosend als "Familientragödie" benannt werden?

Die Ursache für den Brand in einem Einfamilienhaus in Rückeroth im Westerwald ist eine Familientragödie. Ein 53 Jahre alter Vater hat seine Frau und seine zwei Kinder getötet und danach das Haus angezündet.

Obwohl es sich selbstverständlich um mehrfachen Mord oder doch wenigstens Totschlag handelt, wird durch den Begriff "Tragödie" suggeriert, als handele sich um ein Geschehen aus unglücklichen, schicksalhaften Umständen heraus. Warum ist die Öffentlichkeit geneigt, das in diesem Fall in milderem Licht zu sehen?



Vielleicht liegt's am fehlenden Migrationshintergrund? Bei Alteingessenen werden solche Dinge gerne in einem etwas milderen Licht gesehen.
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Telliamed
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Anmeldungsdatum: 05.03.2007
Beiträge: 5125
Wohnort: Wanderer zwischen den Welten

Beitrag(#1613094) Verfasst am: 23.02.2011, 09:30    Titel: Antworten mit Zitat

Es könnte sein, dass der Euphemismus "Familientragödie" in den aktiven Sprachschatz gelangte, a) seitdem das Wissen um die Herkunft und die Beschaffenheit der klassischen Tragödie abhanden gekommen war und b) in den modernen Medien, wie Fernsehen, "Familienstücke" als Genre aufgenommen wurden. Das Szenarium im engeren Sinne: zumeist männliches Elternteil bringt anderes und, wenn vorhanden, auch noch die Kinder um.

Das bürgerliche, in Familien handelnde Rührstück (Diderot) und die klassische, an griechischen Vorbildern orientierte Tragödie (Racine, Voltaire), in der nur Könige und Feldherren herumstolzierten, passten im 18. Jahrhundert noch nicht zusammen. Bei den ersten Aufführungen von Lessings "Emilia Galotti" war das Publikum zwar sehr angetan, fühlte sich aber merkwürdig berührt: auf der einen Seite der Hof mit dem Prinzen, auf der anderen Seite eine adlige Familie, die Galotti, von der man eigentlich ein Familienrührstück erwartete. Das brutale Ende kam unerwartet und schockierte. Seitdem wurde auf dem Theater, zumindest im deutschen Sprachraum, beides zusammengebracht.
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astarte
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Anmeldungsdatum: 13.11.2006
Beiträge: 46483

Beitrag(#1613104) Verfasst am: 23.02.2011, 10:06    Titel: Antworten mit Zitat

esme hat folgendes geschrieben:

Es ist trotzdem ein gewaltiger Euphemismus zugunsten des Täters, oder würde es auf einen Autounfall, wo die ganze Familie stirbt, nicht passen?

Da würde es viel besser passen.

Zitat:
Das mit der Bewältigungsstrategie nehme ich dir dann ab, wenn bei der Polizei andere Morde auch täterfrei schöngeredet werden. Wie lautet der Euphemismus für Raubmord? Finanztransaktionstragödie?

Lachen
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L.E.N.
im falschen Film



Anmeldungsdatum: 25.05.2004
Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg

Beitrag(#1613107) Verfasst am: 23.02.2011, 10:23    Titel: Antworten mit Zitat

astarte hat folgendes geschrieben:
esme hat folgendes geschrieben:

Es ist trotzdem ein gewaltiger Euphemismus zugunsten des Täters, oder würde es auf einen Autounfall, wo die ganze Familie stirbt, nicht passen?

Da würde es viel besser passen.

Zitat:
Das mit der Bewältigungsstrategie nehme ich dir dann ab, wenn bei der Polizei andere Morde auch täterfrei schöngeredet werden. Wie lautet der Euphemismus für Raubmord? Finanztransaktionstragödie?

Lachen


danke, werd ich mir merken! Daumen hoch!
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dAdAmai
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Anmeldungsdatum: 26.06.2009
Beiträge: 217
Wohnort: Bonn Bad Godesberg

Beitrag(#1613583) Verfasst am: 24.02.2011, 20:07    Titel: Antworten mit Zitat

esme hat folgendes geschrieben:
dAdAmai hat folgendes geschrieben:
Ich weiß nicht, ob eine(r) von euch schon einmal an so einem Tatort war, aber ich kann euch sagen, dass ist das Grausamste, Erschütternste, Schlimmste was ich in meinem Polizistenleben erlebt habe und selbst nach über 30 Jahren verblassen erst einige der Bilder langsam.

Und in meinem Fall, wußte keiner, was ihn erwartete (wie meistens in diesen Fällen). Der Anrufer war der Zeitungsbote, dem aufgefallen war, dass die Haustür nicht geschlossen war. D. h. nach acht Stunden Nachtschicht fährst Du zu einem vermeintlich harmlosen Einsatz und dann so was.

Im polizeilichen Sprachgebrauch hat sich dann der Begriff Familientragödie durchgesetzt, weil dann alle wissen, was passiert ist und man so kurz und prägnant mit einem Wort umschreiben kann, was passiert ist und welche weiteren Maßnahmen erforderlich sind. Ich denke, das Benutzen dieses Begriffes ist auch eine Bewältigungsstrategie.

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http://de.wiktionary.org/wiki/Trag%C3%B6die:
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Es ist trotzdem ein gewaltiger Euphemismus zugunsten des Täters, oder würde es auf einen Autounfall, wo die ganze Familie stirbt, nicht passen?

Ich kann nicht verstehen, wo Du einen Euphemismus zugunsten des Täters da rausliest. Es ist ja so, das der Täter nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden kann, weil er tot ist. Bei einem Autounfall kann es ja auch tatsächlich ohne Vorsatz passiert sein (z.B. Fahrzeugdefekt o. ä.), gleichwohl wäre es mMn auch eine Familientragödie.

Beim Täter eines Familienmordes, bei dem sich der Täter selbst tötet, ist ja eine Aufklärung nur noch schwer, wenn überhaupt, möglich. Es ist beim Polizisten dann mehr ein Gefühl der Ohnmacht, man kann den Täter nicht mehr zur Rechenschaft ziehen, weil er sich durch Selbsttötung der Verantwortung entzogen hat.
Zitat:

Das mit der Bewältigungsstrategie nehme ich dir dann ab, wenn bei der Polizei andere Morde auch täterfrei schöngeredet werden. Wie lautet der Euphemismus für Raubmord? Finanztransaktionstragödie?

Den Begriff Bewältigungsstrategie habe ich in dem Sinne benutzt: als Strategie ein fürchterliches Erleben zu bewältigen, der Polizist muß halt nach dem Einsatz weiter "funktionieren". Dass das mit dem Benennen des schrecklichen Ereignisses mit einem verharmlosenden Wort wahrscheinlich nicht sehr wirkungsvoll ist, ist mir auch klar (siehe auch z.B. CopShock: http://www.dr-gasch.de/Dokumente_kriminalistik06.html)

Wie schon geschrieben, ich verstehe nicht wo Du den Euphemismus siehst, deshalb kann ich auf die Raubmord-Angelegenheit nicht eingehen.
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Evilbert
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Anmeldungsdatum: 16.09.2003
Beiträge: 42408

Beitrag(#1613590) Verfasst am: 24.02.2011, 20:16    Titel: Antworten mit Zitat

dAdAmai hat folgendes geschrieben:

Ich kann nicht verstehen, wo Du einen Euphemismus zugunsten des Täters da rausliest.


Zitat:
Die Tragödie (Trauerspiel) ist eine Form des Dramas und neben der Komödie die bedeutendste Vertreterin dieser Gattung. Sie lässt sich bis in das antike Griechenland zurückführen.

Kennzeichnend für die Tragödie ist der schicksalhafte Konflikt der Hauptfigur. Ihre Situation verschlechtert sich ab dem Punkt, an dem die Katastrophe eintritt. In diesem Fall bedeutet das Wort Katastrophe nur die unausweichliche Verschlechterung für den tragischen Helden. Allerdings bedeutet diese Verschlechterung nicht zwangsläufig den Tod des Protagonisten.

Anders als im Drama ist das Scheitern des Helden in der Tragödie unausweichlich; die Ursache liegt in der Konstellation und dem Charakter der Figur. Der Keim der Tragödie ist, dass der Mensch der Hybris verfällt und dem ihm vorbestimmten Schicksal durch sein Handeln entgehen will.


1. Ist Mord u.a. kein "Schicksal". Man kann sich Hilfe suchen oder gar Konflikte aus eigener Kraft unblutig lösen.

edit: ach, und die dramatische Verschlechterung für den "Helden". Armer Held Ist ja schon gut... , phöse Opfer.

2. "Helden" als die Verursacher von "Familientragödien" sind ja nun echt äußerst selten, vorsichtig ausgedrückt.

Das ist genauso blöd wie "er hatte eine harte Kindheit, weil er Akademikerkind eines Volldeppen und einer überstregen Grunschullehrerin war". Sowas entschuldigt inhaltlich gar nix; sprachlich erweckt es aber schon den Eindruck.
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dAdAmai
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Anmeldungsdatum: 26.06.2009
Beiträge: 217
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Beitrag(#1613690) Verfasst am: 25.02.2011, 05:20    Titel: Antworten mit Zitat

Ah, ja. Jetzt habe ich verstanden. Also schlampiger Sprachgebrauch.
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