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Lernen durch Simulation
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#108263) Verfasst am: 26.03.2004, 12:41    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Hi Soktrateer,

[ ... ]

Sokrateer hat folgendes geschrieben:

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Sind wir uns darüber einig, dass Du über die Ontogenese eines 'echten' Busches durch diesen Code genau so viel lernen kannst wie durch ein Schachprogramm darüber, wie Menschen Schach spielen?

Nein, denn Schachprogramme sind näher am Menschen dran, als viele für wahr haben wollen. Der Busch sagt natürlich nicht viel über einen echten aus.


Ups. Kannst Du mir, falls Du mehr Zeit hast, genauer sagen, _was_ Du über _menschliches_ Schachspielen aus Computer-Programmen lernen kannst?

Stell Dir mal vor, Du würdest eine Kiste so programmieren, wie man die Dame-Computer 'programmiert' hat. Wenn die dann Schach spielen kann, was weißt Du dann über Schach Spielen beim Menschen?

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Sowohl Farn als auch Busch zeigen aber recht eindrucksvoll, wie komplexe, selbstähnliche Strukturen mit wenigen Mitteln und minimaler Information erzeugt werden können.


Weniger eindrucksvoll, wenn man das als Leistung eines _Systems_ interpretiert. Trivial auch, dass man so selbst_ähnliche_ Strukturen generieren kann.

Grüßle

Thomas
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#108310) Verfasst am: 26.03.2004, 14:07    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Ups. Kannst Du mir, falls Du mehr Zeit hast, genauer sagen, _was_ Du über _menschliches_ Schachspielen aus Computer-Programmen lernen kannst?

Von Schachspielen habe ich keine Ahnung.
Mensch wie Computer bewerten die aktuelle Stellung und gehen dann gedanklich vielversprechende Züge durch. Beide lernen durch das Spielen und durch das Ansehen von Partien und Stellungen. Schachmeister lesen schon von früher Kindheit an. Weiters lernen beide aus dem eigenen Sucherfolg umd das nächste mal in einer ähnlichen Situation schneller und mehr Züge durchzudenken.

Was dem Computer fehlt ist das vage Erkennen von Strukturen, Mustern usw. Deshalb sind Computer bei Spielen wie Go und vielen Kinderspielen nach wie vor grottenschlecht. Bei Go gibt es fast überhaupt keine Regeln. Man legt nur weiße und schwarze Steine auf ein Brett von 20x20. Es geht darum Territorien abzustecken. Der totale Sieg ist gar nicht möglich.

Das können Computer noch nicht. Beim Schach scheint diese Fähigkeit aber nicht so wichtig zu sein, da sie dadurch kompensiert werden kann, dass der Computer zwei bis drei Züge weiter rechnen kann.

Konträr zur populären Aufassung, werden aber Schachcomputer nicht stur vorprogrammiert. Es enthält nichts der Form: "Wenn die Dame auf A3 ist und ein Bauer 3 Felder entfernt, dann...."
Weiters berechnen Schachprogramme auch nicht alle Züge durch. Das ist unmöglich. Ein Schachspiel durchschnittlicher Länge hat mehr mögliche Züge, als es Teilchen im Uniiversum gibt.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Stell Dir mal vor, Du würdest eine Kiste so programmieren, wie man die Dame-Computer 'programmiert' hat. Wenn die dann Schach spielen kann, was weißt Du dann über Schach Spielen beim Menschen?

Was sind denn die Dame-Computer?
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#108316) Verfasst am: 26.03.2004, 14:17    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Hi Sokrateer,

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Ups. Kannst Du mir, falls Du mehr Zeit hast, genauer sagen, _was_ Du über _menschliches_ Schachspielen aus Computer-Programmen lernen kannst?

Von Schachspielen habe ich keine Ahnung.


ich habe mal ein wenig mit Schachprogrammen herumgebastelt, als das Maß der Computer im HomeBereich noch der C64 war. Ich kann wirklich nicht behaupten, dass ich mich da auskenne, aber die Basics, wie man so ein Programm schreibt, habe ich damals gerafft.

Mit Klaus-Peter und Step habe ich das, um was es mir ging, schon ziemlich umfänglich durchdiskutiert. Wir sind uns damals nicht einig geworden, aber ich sah kein Argument, dass Computer wie Menschen Schach spielen, auch wenn beide Züge auf dem Brett machen.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Stell Dir mal vor, Du würdest eine Kiste so programmieren, wie man die Dame-Computer 'programmiert' hat. Wenn die dann Schach spielen kann, was weißt Du dann über Schach Spielen beim Menschen?

Was sind denn die Dame-Computer?


Computer, die Dame spielen. War 'damals' eine ziemliche Sensation, denn die Dinger schlagen jeden Menschen. 'Programmiert' wurden die durch andere Computer, indem sie einfach gegeneinander spielten.

Grüßle

Thomas
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#108338) Verfasst am: 26.03.2004, 14:45    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

ich habe mal ein wenig mit Schachprogrammen herumgebastelt, als das Maß der Computer im HomeBereich noch der C64 war. Ich kann wirklich nicht behaupten, dass ich mich da auskenne, aber die Basics, wie man so ein Programm schreibt, habe ich damals gerafft.

Seit damals hat sich aber wirklich viel getan. Ab Ende der 80er gab es da enorme Durchbrüche. Die heutigen Schachcomputer sind nicht ganz einfach nur schnellere Varianten wie die vor 20 Jahren. An Rechenleistung ist Deep Blue übrigens nach wie vor noch unübertroffen. Der aktuelle Favorit Deep Fritz läuft auf ganz normalen PCs und kann nur 1% der Zuge rechnen, die Deep Blue 1996 rechnen konnte.
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#108351) Verfasst am: 26.03.2004, 15:19    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Hi Sokrateer,

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

ich habe mal ein wenig mit Schachprogrammen herumgebastelt, als das Maß der Computer im HomeBereich noch der C64 war. Ich kann wirklich nicht behaupten, dass ich mich da auskenne, aber die Basics, wie man so ein Programm schreibt, habe ich damals gerafft.

Seit damals hat sich aber wirklich viel getan. Ab Ende der 80er gab es da enorme Durchbrüche. Die heutigen Schachcomputer sind nicht ganz einfach nur schnellere Varianten wie die vor 20 Jahren. An Rechenleistung ist Deep Blue übrigens nach wie vor noch unübertroffen. Der aktuelle Favorit Deep Fritz läuft auf ganz normalen PCs und kann nur 1% der Zuge rechnen, die Deep Blue 1996 rechnen konnte.


klar. Mein Punkt war aber ein vollkommen anderer: was weiß ich davon, wie _Menschen_ Schach spielen, wenn ich ein Programm schreiben kann, das jeden Menschen schlägt?

Das war aber auch nur ein Aufhänger. Es ging eigentlich um Reduktionismus und ähnliche Fragen. Je mehr ich darüber nachdenke, desto unwahrscheinlicher scheint es mir, dass man mit Computern menschliches Denken emulieren kann.

Grüßle

Thomas
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#108358) Verfasst am: 26.03.2004, 15:41    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

klar. Mein Punkt war aber ein vollkommen anderer: was weiß ich davon, wie _Menschen_ Schach spielen, wenn ich ein Programm schreiben kann, das jeden Menschen schlägt?

Es geht weniger darum, ob der Computer den Menschen schlägt, sondern wie er verfährt. Über den Versuch diese und ähnliche Spielereien umzusetzen hat man eine Menge über die menschliche Kognition gelernt. In den 90ern alleine hat man mehr über das menschliche Gehirn erfahren, als bis dahin bekannt war und Computermodelle haben dabei geholfen.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Das war aber auch nur ein Aufhänger. Es ging eigentlich um Reduktionismus und ähnliche Fragen. Je mehr ich darüber nachdenke, desto unwahrscheinlicher scheint es mir, dass man mit Computern menschliches Denken emulieren kann.

Erklärung?

Ein wunderschönes Beispiel wäre das Lernen der Vergangenheitsform mittels neuronalen Netzen. Das läuft nämlich genauso ab, wie bei Kindern. Erst werden die Vergangenheitsformen nur auswendig gelernt. Danach gibt es einen Durchburch, wenn das NN die Regelmäßigkeit erkennt. Dadurch verschlechtert sich die Situation aber kurzzeitig, da schon gelernte, unregelmäßige Verben wieder verlernt wurden. (z.B.: go -> goed) Danach erst werden die Unregelmäßigkeit erkannt und wieder gelernt.
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#108386) Verfasst am: 26.03.2004, 16:31    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Hi Sokrateer,

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

klar. Mein Punkt war aber ein vollkommen anderer: was weiß ich davon, wie _Menschen_ Schach spielen, wenn ich ein Programm schreiben kann, das jeden Menschen schlägt?

Es geht weniger darum, ob der Computer den Menschen schlägt, sondern wie er verfährt. Über den Versuch diese und ähnliche Spielereien umzusetzen hat man eine Menge über die menschliche Kognition gelernt. In den 90ern alleine hat man mehr über das menschliche Gehirn erfahren, als bis dahin bekannt war und Computermodelle haben dabei geholfen.


auch das war nicht mein Punkt. Ein Mensch 'will' gewinnen, er beobachtet, wie sein Gegner auf einen Zug reagiert, vielleicht schwitzt er, sein Pulsschlag ändert sich und so weiter. Das alles gehört zum _menschlichen_ Schachspielen. Aus diesem gesamten Komplex einen Teilbereich ('wie mache ich in einer gegebenen Stellung den besten Zug?') herauszugreifen, das als _menschliches_ Schachspiel zu bezeichnen und das, was man dabei herausfindet, als _Antwort_ auf die gestellte Frage ('Wie spielen Menschen Schach?') zu werten, finde ich nicht korrekt.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Das war aber auch nur ein Aufhänger. Es ging eigentlich um Reduktionismus und ähnliche Fragen. Je mehr ich darüber nachdenke, desto unwahrscheinlicher scheint es mir, dass man mit Computern menschliches Denken emulieren kann.

Erklärung?

Ein wunderschönes Beispiel wäre das Lernen der Vergangenheitsform mittels neuronalen Netzen. Das läuft nämlich genauso ab, wie bei Kindern.

Erst werden die Vergangenheitsformen nur auswendig gelernt. Danach gibt es einen Durchburch, wenn das NN die Regelmäßigkeit erkennt. Dadurch verschlechtert sich die Situation aber kurzzeitig, da schon gelernte, unregelmäßige Verben wieder verlernt wurden. (z.B.: go -> goed) Danach erst werden die Unregelmäßigkeit erkannt und wieder gelernt.


Klar, letztendlich läuft das immer auf Searles 'Chinesisches Zimmer' hinaus. Du hast zwei Systeme, die einen analogen OutPut erzeugen. Du kannst dann natürlich das, was Du über das eine System weißt, genauer, über dessen Funktion, auf das andere zu übertragen versuchen. Die spannende Frage ist aber, wie weit Du den Vergleich ziehen kannst. Natürlich wirst Du nicht die roten Blutzellen im Neuronalen Netz oder die Transistoren im Kinder-Hirn suchen. Ob Du aber verstanden hast, wie Kinder die Vergangenheitsform lernen, wenn Du ein Neuronales Netz gebastelt hast, das eine analoge Funktionalität zeigt, ist eine interessante Frage.

Grüßle

Thomas
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Fluse
KLERIKERFEINDIN



Anmeldungsdatum: 27.10.2003
Beiträge: 2034
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Beitrag(#108485) Verfasst am: 26.03.2004, 19:18    Titel: Antworten mit Zitat

Soweit mir bekannt ist, hat ein Schachweltmeister schon einen Computergesteuerten geschlagen!
Ob es Karpow oder Kasparow war weiss ich nicht mehr.
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Die Bibel ist ein HIRNWEICHSPÜLER und HIRNWEISSFÄRBER mit
Extra Sündenlösekraft und Weissfärbekraft ( Magnusfe)

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Shadaik
evolviert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 26377
Wohnort: MG

Beitrag(#108488) Verfasst am: 26.03.2004, 19:24    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Das war aber auch nur ein Aufhänger. Es ging eigentlich um Reduktionismus und ähnliche Fragen. Je mehr ich darüber nachdenke, desto unwahrscheinlicher scheint es mir, dass man mit Computern menschliches Denken emulieren kann.

Erklärung?

Ein wunderschönes Beispiel wäre das Lernen der Vergangenheitsform mittels neuronalen Netzen. Das läuft nämlich genauso ab, wie bei Kindern.

Erst werden die Vergangenheitsformen nur auswendig gelernt. Danach gibt es einen Durchburch, wenn das NN die Regelmäßigkeit erkennt. Dadurch verschlechtert sich die Situation aber kurzzeitig, da schon gelernte, unregelmäßige Verben wieder verlernt wurden. (z.B.: go -> goed) Danach erst werden die Unregelmäßigkeit erkannt und wieder gelernt.


Klar, letztendlich läuft das immer auf Searles 'Chinesisches Zimmer' hinaus. Du hast zwei Systeme, die einen analogen OutPut erzeugen. Du kannst dann natürlich das, was Du über das eine System weißt, genauer, über dessen Funktion, auf das andere zu übertragen versuchen. Die spannende Frage ist aber, wie weit Du den Vergleich ziehen kannst. Natürlich wirst Du nicht die roten Blutzellen im Neuronalen Netz oder die Transistoren im Kinder-Hirn suchen. Ob Du aber verstanden hast, wie Kinder die Vergangenheitsform lernen, wenn Du ein Neuronales Netz gebastelt hast, das eine analoge Funktionalität zeigt, ist eine interessante Frage.

Man geht in der Computerlinguistik von der Richtigkeit eines simulierten Modells aus, wenn es die selben Ergebnisse liefert wie der simulierte Prozess in der Wirklichkeit. Da man beide Prozesse immer wieder durch erneutes Beobachten nachkontrollieren kann, ist das kein Problem.

Übertragen auf den Schachcomputer: Ob ein Schachspieler atmet und ein Computer nicht, gilt als für das Schachspielen solange als irrelevant, bis das Gegenteil erwiesen ist.
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#108537) Verfasst am: 26.03.2004, 20:16    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Hi Shadaik,

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Klar, letztendlich läuft das immer auf Searles 'Chinesisches Zimmer' hinaus. Du hast zwei Systeme, die einen analogen OutPut erzeugen. Du kannst dann natürlich das, was Du über das eine System weißt, genauer, über dessen Funktion, auf das andere zu übertragen versuchen. Die spannende Frage ist aber, wie weit Du den Vergleich ziehen kannst. Natürlich wirst Du nicht die roten Blutzellen im Neuronalen Netz oder die Transistoren im Kinder-Hirn suchen. Ob Du aber verstanden hast, wie Kinder die Vergangenheitsform lernen, wenn Du ein Neuronales Netz gebastelt hast, das eine analoge Funktionalität zeigt, ist eine interessante Frage.

Man geht in der Computerlinguistik von der Richtigkeit eines simulierten Modells aus, wenn es die selben Ergebnisse liefert wie der simulierte Prozess in der Wirklichkeit.


ACK

Aber was sagt das _Modell_ über das _Simulierte_ aus? Das war meine Frage.

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Da man beide Prozesse immer wieder durch erneutes Beobachten nachkontrollieren kann, ist das kein Problem.


Aber auch keine 'Lösung' für das Problem, das ich angesprochen habe.

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Übertragen auf den Schachcomputer: Ob ein Schachspieler atmet und ein Computer nicht, gilt als für das Schachspielen solange als irrelevant, bis das Gegenteil erwiesen ist.


Was ist denn 'Schachspielen'? Das Ziehen von Figuren nach Regeln auf einem Brett? Okay, das kann ich im Computer emulieren. Aber was weiß ich jetzt über _menschliches_ Schachspiel?

Siehst Du mein Problem nicht?

Weißt Du, Du kannst daher kommen und sagen: das ist das Beste, Sicherste und Schönste, was ich mit _dieser_ Methodik über 'Schachspielen' herausfinden kann. Das ist okay. Aber verdammt wenig. Zu zeigen wäre noch, dass man mit _anderen_ Methoden nicht weiter kommt.

Grüßle

Thomas
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Shadaik
evolviert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 26377
Wohnort: MG

Beitrag(#108546) Verfasst am: 26.03.2004, 20:22    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Hi Shadaik,

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Klar, letztendlich läuft das immer auf Searles 'Chinesisches Zimmer' hinaus. Du hast zwei Systeme, die einen analogen OutPut erzeugen. Du kannst dann natürlich das, was Du über das eine System weißt, genauer, über dessen Funktion, auf das andere zu übertragen versuchen. Die spannende Frage ist aber, wie weit Du den Vergleich ziehen kannst. Natürlich wirst Du nicht die roten Blutzellen im Neuronalen Netz oder die Transistoren im Kinder-Hirn suchen. Ob Du aber verstanden hast, wie Kinder die Vergangenheitsform lernen, wenn Du ein Neuronales Netz gebastelt hast, das eine analoge Funktionalität zeigt, ist eine interessante Frage.

Man geht in der Computerlinguistik von der Richtigkeit eines simulierten Modells aus, wenn es die selben Ergebnisse liefert wie der simulierte Prozess in der Wirklichkeit.


ACK

Aber was sagt das _Modell_ über das _Simulierte_ aus? Das war meine Frage.

Die Simulation ist so ausgelegt, dass sie das Simulierte nach dem aktuellen Wissensstand des Ausführenden so gut wie möglich simuliert.
Ist das Ergebnis korrekt, kann man bis zum beweis des Gegenteils davon ausgehen, dass die dem Modell zu Grunde liegende Annahme korrekt war.

Zitat:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
Übertragen auf den Schachcomputer: Ob ein Schachspieler atmet und ein Computer nicht, gilt als für das Schachspielen solange als irrelevant, bis das Gegenteil erwiesen ist.


Was ist denn 'Schachspielen'? Das Ziehen von Figuren nach Regeln auf einem Brett? Okay, das kann ich im Computer emulieren. Aber was weiß ich jetzt über _menschliches_ Schachspiel?

Siehst Du mein Problem nicht?

Offensichtlich nicht.

Das einzige, was ein Computer nicht emulieren kann ist die so genannte Intuition. Aber da wir ohnehin noch nicht wissen, was das ist ist dieser Punkt nicht diskutabel.

Zitat:
Weißt Du, Du kannst daher kommen und sagen: das ist das Beste, Sicherste und Schönste, was ich mit _dieser_ Methodik über 'Schachspielen' herausfinden kann. Das ist okay. Aber verdammt wenig. Zu zeigen wäre noch, dass man mit _anderen_ Methoden nicht weiter kommt.

Natürlich können auch andere Modelle ausprobiert werden. Aber bis ein besseres oder ebenbürtiges Modell gefunden wurde gilt das bisher gefundene als das beste.
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#108572) Verfasst am: 26.03.2004, 21:13    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Hi Shadiak,

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Aber was sagt das _Modell_ über das _Simulierte_ aus? Das war meine Frage.

Die Simulation ist so ausgelegt, dass sie das Simulierte nach dem aktuellen Wissensstand des Ausführenden so gut wie möglich simuliert.


das stimmt doch nicht. Du simulierst die _Funktion_. Oder ist Dein Modell aus Neuronen gebastelt?

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Ist das Ergebnis korrekt, kann man bis zum beweis des Gegenteils davon ausgehen, dass die dem Modell zu Grunde liegende Annahme korrekt war.


Die Annahme 'ich habe ein System gebastelt, das auf andere Weise einen analogen OutPut erzeugt' ist korrekt. Aber das war nicht mein Problem.

Schau vielleicht den abstrakten Datentyp 'Stack' an. Du kannst einen Computer bauen, der den als lineare Liste implementiert hat, oder einen anderen, der das mit einem Array macht. Beide funktionieren tadellos. _Weißt_ Du nun, wenn Du das Verhalten des ersten Computers mit einem mit einem Array emulierst, dass der erste keine lineare Liste (oder weiß der Herr was für ein konkrete Umsetzung) implementiert hat?

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Übertragen auf den Schachcomputer: Ob ein Schachspieler atmet und ein Computer nicht, gilt als für das Schachspielen solange als irrelevant, bis das Gegenteil erwiesen ist.


Was ist denn 'Schachspielen'? Das Ziehen von Figuren nach Regeln auf einem Brett? Okay, das kann ich im Computer emulieren. Aber was weiß ich jetzt über _menschliches_ Schachspiel?

Siehst Du mein Problem nicht?

Offensichtlich nicht.[/quote]

Das erinnert mich an ein Experiment aus der Psychologie. Es gibt Versuche, bei denen Menschen total unterschiedlich reagieren. Das Interessante ist, dass es für diese zwei Lösungen gibt. Die Menschen sehen meist gar nicht, dass die jeweils andere Lösung eine ist. Kann sein, dass wir inkommensurable Weltbilder vertreten. Ich sehe mein Problem, aber nicht, dass Du eine Lösung anbietest.

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Das einzige, was ein Computer nicht emulieren kann ist die so genannte Intuition. Aber da wir ohnehin noch nicht wissen, was das ist ist dieser Punkt nicht diskutabel.


Mein Problem lag noch eine Ebene 'tiefer'.

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Weißt Du, Du kannst daher kommen und sagen: das ist das Beste, Sicherste und Schönste, was ich mit _dieser_ Methodik über 'Schachspielen' herausfinden kann. Das ist okay. Aber verdammt wenig. Zu zeigen wäre noch, dass man mit _anderen_ Methoden nicht weiter kommt.

Natürlich können auch andere Modelle ausprobiert werden. Aber bis ein besseres oder ebenbürtiges Modell gefunden wurde gilt das bisher gefundene als das beste.


Darauf können wir uns einigen. Mich nerven nur Menschen, die mir Lösungen verkaufen wollen, die nicht mehr als das derzeit Mögliche sind.

Vielleicht eine uralte Kamelle. In den Urzeiten der Populationsgenetik haben die Mitglieder der 'heiligen Dreifaltigkeit' mit einer Mathematik, die selbst für Mathematiker HighEnd war, den staunenden Biologen irgendwelche tollen Sachen vorgerechnet. Die Modelle beruhten meist auf zwei Allelen eines Gens und vernachlässigten so ziemlich alles, was die (Transmissions-)Genetik zur (physiologischen) Genetik macht. Irgendwann sagten die Genetiker denen mal, dass alles ein wenig komplexer ist. Die Reaktion nach einiger Überlegung: 'Wenn das stimmt, kann ich es nicht mehr berechnen.' (Details kann ich Dir gerne heraussuchen).

So gesehen ist das in Ordnung. Problematisch wird nur, wenn jemand sagt: 'wenn ich das nicht mehr berechnen kann, gibt es das nicht' oder 'es ist sinnlos, sich damit zu befassen'. Auch wenn Klaus-Peter jetzt aufschreit: so sahen reduktionistische Ansätze in der Evolutionsbiologie aus. Die eigentlich interessanten Fragen wurden einfach ausgeblendet.

Grüßle

Thomas
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Wygotsky
registrierter User



Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#108587) Verfasst am: 26.03.2004, 22:25    Titel: Antworten mit Zitat

Shadeik hat folgendes geschrieben:
Man geht in der Computerlinguistik von der Richtigkeit eines simulierten Modells aus, wenn es die selben Ergebnisse liefert wie der simulierte Prozess in der Wirklichkeit. Da man beide Prozesse immer wieder durch erneutes Beobachten nachkontrollieren kann, ist das kein Problem.


Wir betrachten das Problem Schachprogramm einfach von zwei unterschiedlichen Standpunkten. (Vermute ich jedenfalls. Ich rate jetzt einfach mal. Du kannst mir ja schreiben, ob ich komplett daneben liege.) Du betrachtest das Schachspielen als solches. Der Computer soll Schachspielen können. Der Computer ist anders aufgebaut als das Gehirn und er arbeitet anders. Aber wenn er am Ende Schachzüge machen kann, die denen eines Menschen ebenbürtig sind, dann ist die Schachsimulation befriedigend. Das ist ein gültiger Standpunkt, und auf dieser Grundlage wird man wahrscheinlich in den nächsten Jahren Schachprogramme weiterentwickeln, bis kein Mensch mehr in der Lage ist, sie zu schlagen.

Ich glaube aber, mir und Thomas geht es um etwas anderes. Es geht um die Frage, was im menschlichen Gehirn geschieht, wenn einer Schach spielt. Und das ist nur bei sehr oberflächlicher Betrachtung dasselbe wie in einem Computer. Input und Output mögen bei der Simulation sehr ähnlich sein. Die Art der Verarbeitung in der BlackBox ist völlig unterschiedlich. Daher Thomas Skepsis, ob wir von Computer viel über menschliches Schachspielen lernen können. Ich glaube z.B. nicht, dass man auf der Grundlage der Erfolge von DeepBlue eine gute Schachpädagogik entwickeln könnte. Bei Kasparow kann ich mir das schon eher vorstellen.

Thomas-Waschke hat folgendes geschrieben:
Ob Du aber verstanden hast, wie Kinder die Vergangenheitsform lernen, wenn Du ein Neuronales Netz gebastelt hast, das eine analoge Funktionalität zeigt, ist eine interessante Frage.


Die These, dass im Neuronalen Netz etwas vergleichbares geschieht, erscheint mir jedenfalls viel plausibler, als die These, ein Computerprogramm spiele auf ähnliche Weise Schach wie ein Mensch. Im Gegensatz zum Computer sind Organisation und Funktionsweise des neuronalen Netzes den tatsächlichen neuronalen Strukturen nachempfunden. Im Gegensatz zum Computer wird ein selbstlernendes neuronales Netz auch nicht programmiert. Es bildet ähnliche Muster von selbst aus. Insofern glaube ich schon, dass in Kindergehirnen ähnliches geschieht, wie in einem neuronalen Netz, wenn Vergangenheitsformen gelernt werden.


Zuletzt bearbeitet von Wygotsky am 26.03.2004, 22:47, insgesamt einmal bearbeitet
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frajo
dauerhaft gesperrt



Anmeldungsdatum: 25.08.2003
Beiträge: 11440

Beitrag(#108591) Verfasst am: 26.03.2004, 22:30    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Frajo hat folgendes geschrieben:
Man geht in der Computerlinguistik von der Richtigkeit eines simulierten Modells aus, wenn es die selben Ergebnisse liefert wie der simulierte Prozess in der Wirklichkeit. Da man beide Prozesse immer wieder durch erneutes Beobachten nachkontrollieren kann, ist das kein Problem.

nein, das habe ich nicht geschrieben.
noch nicht einmal gelesen habe ich das. Mr. Green
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#108592) Verfasst am: 26.03.2004, 22:34    Titel: Antworten mit Zitat

Hi frajo,

frajo hat folgendes geschrieben:


[ ... ]

nein, das habe ich nicht geschrieben.
noch nicht einmal gelesen habe ich das. :mrgreen:


schön, dass es wenigstens zu einer Antwort gereicht hat.

Grüßle

Thomas
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Wygotsky
registrierter User



Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#108596) Verfasst am: 26.03.2004, 22:47    Titel: Antworten mit Zitat

frajo hat folgendes geschrieben:
Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Frajo hat folgendes geschrieben:
Man geht in der Computerlinguistik von der Richtigkeit eines simulierten Modells aus, wenn es die selben Ergebnisse liefert wie der simulierte Prozess in der Wirklichkeit. Da man beide Prozesse immer wieder durch erneutes Beobachten nachkontrollieren kann, ist das kein Problem.

nein, das habe ich nicht geschrieben.
noch nicht einmal gelesen habe ich das. Mr. Green


Mist. Das passiert, wenn man zwei Antworten gleichzeitg bearbeitet.
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11518

Beitrag(#108603) Verfasst am: 26.03.2004, 23:28    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Thomas-Waschke hat folgendes geschrieben:
Ob Du aber verstanden hast, wie Kinder die Vergangenheitsform lernen, wenn Du ein Neuronales Netz gebastelt hast, das eine analoge Funktionalität zeigt, ist eine interessante Frage.


Die These, dass im Neuronalen Netz etwas vergleichbares geschieht, erscheint mir jedenfalls viel plausibler, als die These, ein Computerprogramm spiele auf ähnliche Weise Schach wie ein Mensch.

Also dass unser Gehirn wie ein neuronales Netz arbeitet ist ja trivial, da das Gehirn ein neuronales Netz ist. Und ein Computerprogramm ist auch kein Alternativmodell zum neuronalen Netzwerkmodell, sondern eine Option, denn man kann auch ein Computerschachprogramm schreiben, das auf Basis eines neuronalen Netzwerks arbeitet.

Ich betrachte Simulationen wie computerbasierte neuronale Netzwerke in erster Linie als hypothesengenerierende Verfahren: Man schreibt also solche Programme, die zu bereits bekanntem menschlichen Verhalten möglichst ähnliche Outputs generieren und unterstellt heuristisch eine funktionale Äquivalenz zur Verhaltensstruktur. Anschliessend kann man versuchen, durch Beobachtung der Simulation und Manipulation von Parametern Hypothesen über noch unbekanntes menschliches Verhalten und seiner Bedingungen zu formulieren und überprüfen. Je nach Güte der Simulation wird man dabei mehr oder weniger neues über menschliches Verhalten lernen.
_________________
posted by Babyface
.
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#108605) Verfasst am: 26.03.2004, 23:32    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Wygotski,

Wygotski hat folgendes geschrieben:
Thomas-Waschke hat folgendes geschrieben:
Ob Du aber verstanden hast, wie Kinder die Vergangenheitsform lernen, wenn Du ein Neuronales Netz gebastelt hast, das eine analoge Funktionalität zeigt, ist eine interessante Frage.


Die These, dass im Neuronalen Netz etwas vergleichbares geschieht, erscheint mir jedenfalls viel plausibler, als die These, ein Computerprogramm spiele auf ähnliche Weise Schach wie ein Mensch.


ups. Mir erscheint das viel problematischer, weil die Aufgabe komplexer ist.

Wygotski hat folgendes geschrieben:
Im Gegensatz zum Computer sind Organisation und Funktionsweise des neuronalen Netzes den tatsächlichen neuronalen Strukturen nachempfunden.


Es gibt Gemeinsamkeiten, aber auch gewaltige Unterschiede. Vielleicht ein ganz trivialer: in Nervennetzen funktioniert sehr viel über Aufhebung von Hemmung. In neuronalen Netzen scheint mir eher Aktivierung zu erfolgen. 'Nachempfunden' ist schön euphemistisch ausgedrückt.

Wygotski hat folgendes geschrieben:
Im Gegensatz zum Computer wird ein selbstlernendes neuronales Netz auch nicht programmiert. Es bildet ähnliche Muster von selbst aus. Insofern glaube ich schon, dass in Kindergehirnen ähnliches geschieht, wie in einem neuronalen Netz, wenn Vergangenheitsformen gelernt werden.


Was meinst Du konkret mit 'dass ähnliches geschieht'? Meinst Du die strukturelle Ebene ('in welchen Specherzellen wird welche Information wie abgelegt')? Oder die funktionelle Ebene ('welche Inputs erzeugen welche Outputs')? Was sind Deiner Meinung nach _konkret_ die Gemeinsamkeiten?

Grüßle

Thomas
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El Schwalmo
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Beitrag(#108611) Verfasst am: 26.03.2004, 23:46    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Babyface,

Babyface hat folgendes geschrieben:
Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Thomas-Waschke hat folgendes geschrieben:
Ob Du aber verstanden hast, wie Kinder die Vergangenheitsform lernen, wenn Du ein Neuronales Netz gebastelt hast, das eine analoge Funktionalität zeigt, ist eine interessante Frage.


Die These, dass im Neuronalen Netz etwas vergleichbares geschieht, erscheint mir jedenfalls viel plausibler, als die These, ein Computerprogramm spiele auf ähnliche Weise Schach wie ein Mensch.

Also dass unser Gehirn wie ein neuronales Netz arbeitet ist ja trivial, da das Gehirn ein neuronales Netz ist.


Ups. Das Gehirn ist ein _Neuronen_netz, das möglicherweise durch ein _neuronales_ Netz beschrieben werden kann. Ein neuronales Netz ist eine Abstraktion. Soll ich Dir eine Liste von Eigenschaften von Neuronennetzen aufstellen, die in neuronalen Netzen fehlen?

Babyface hat folgendes geschrieben:
Und ein Computerprogramm ist auch kein Alternativmodell zum neuronalen Netzwerkmodell, sondern eine Option, denn man kann auch ein Computerschachprogramm schreiben, das auf Basis eines neuronalen Netzwerks arbeitet.


Aber Du kannst vermutlich kein Computerprogramm schreiben, das ein Alternativmodell zu einem etwas komplexeren menschlichen Verhalten ist.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Ich betrachte Simulationen wie computerbasierte neuronale Netzwerke in erster Linie als hypothesengenerierende Verfahren: Man schreibt also solche Programme, die zu bereits bekanntem menschlichen Verhalten möglichst ähnliche Outputs generieren und unterstellt heuristisch eine funktionale Äquivalenz zur Verhaltensstruktur.


Das ist unstrittig, aber nicht die Frage, die Wygotsky und ich stellen. Es geht nicht um funktionelle Isomorphie, sondern darum, was Du aus dem _Modell_ über das _Original_ lernen kannst. Denk an mein Beispiel: zwei Computer, ein unbekannter und einer, den Du baust. Wenn beide den abstrakten Datentyp 'Stack' implementiert haben und Du das in Deinem Modell mit einer linearen Liste machst, weißt Du dann, dass der andere keinen Array verwendet, nur weil beide dieselben Operationen auf 'Stack' ermöglichen?

Ein anderes blödes Beispiel. Wenn man ein Computerprogramm klauen will, dann nimmt man zwei Teams aus Ingenieuren. Das eine analysiert den Code, den man abkupfern will, formuliert, was der so treibt und sagt das der andern Gruppe. Die schreiben dann ein Programm, das das Gewünschte leistet. Und zwar trivialerweise so, dass niemand nachweisen kann, dass das abgekupfert ist. Das ist deshalb möglich, weil man dieselben Funktionen auf verschiedene Weise implementieren kann (die Wahrscheinlichkeit, dass dabei der selbe Code herauskommt, ist minimal, selbst wenn man denselben Compiler verwendet). Deshalb lernst Du aus der Simulation nicht unbedingt, wie das Original gebaut ist.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Anschliessend kann man versuchen, durch Beobachtung der Simulation und Manipulation von Parametern Hypothesen über noch unbekanntes menschliches Verhalten und seiner Bedingungen zu formulieren und überprüfen. Je nach Güte der Simulation wird man dabei mehr oder weniger neues über menschliches Verhalten lernen.


Sicher? Du lernst bestenfalls, wie Du Dein Modell verbessern kannst.

Grüßle

Thomas
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Beitrag(#108622) Verfasst am: 27.03.2004, 00:07    Titel: Antworten mit Zitat

"Computer-Intelligenz im Schachspiel" sagt weder was über "menschliche Intelligenz" noch über das Schachspiel "an sich" aus. Einen elektronischen Schachgegner kann man daran hindern, offensiv tätig zu werden, wenn man seine Stellung möglichst zusammenhält und ihn praktisch "überrollt". Das verwirrt nämlich das Programm. Bei einem menschlichen Gegner wird diese Taktik vermutlich nicht zum Erfolg führen, es sei denn, er bewertete seine Optionen wie ein Computer.

Schach (zumindest gegen einen Computer) ist auch dahingehend eingeschränkt, weil ein Computer keine Impulsivität besitzt, nicht auch mal etwas "Furchtbar Dummes" tut, etwa eine Figur verliert, weil er einfach nicht richtig auf das Brett geguckt hat, oder sich aus dem Konzept bringen ließe, indem man etwa sein Mineralwasser schluckweise schlürft...

Und Schach gegen Menschen habe ich eigentlich aufgegeben: Allerdings nicht, weil ich keine Gegner mehr fände (ich bin zwar ein guter Theoretiker gewesen, als ich mich noch damit beschäftigt habe, habe aber fürchterlich gespielt -- ich glaube sogar, daß das ein Muster für einen bestimmten Typ an Denkern ist --). Mit den Augen rollen
_________________
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Dann bin ich halt bekloppt. Mit den Augen rollen

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Beitrag(#108625) Verfasst am: 27.03.2004, 00:22    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Ein gutes Beispiel zum neuen Thread Titel fiele mir noch ein. Vor zwei Jahren haben das erste mal zwei interagierende Roboter eine Kasusgrammatik entwickelt. Chomsky behauptete ja, wie alle hätten eine fest verdrahtete Basisgrammatik. Das Experiment mit den Robotern zeigt aber, dass so eine Grammatik sehr schnell von alleine entseht. Da es wesentlich wahrscheinlicher ist, dass Kinder von selber hinter die Kasusgramatik kommen, kann man diese Option wohl streichen.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Klar, letztendlich läuft das immer auf Searles 'Chinesisches Zimmer' hinaus. Du hast zwei Systeme, die einen analogen OutPut erzeugen. Du kannst dann natürlich das, was Du über das eine System weißt, genauer, über dessen Funktion, auf das andere zu übertragen versuchen. Die spannende Frage ist aber, wie weit Du den Vergleich ziehen kannst. Natürlich wirst Du nicht die roten Blutzellen im Neuronalen Netz oder die Transistoren im Kinder-Hirn suchen. Ob Du aber verstanden hast, wie Kinder die Vergangenheitsform lernen, wenn Du ein Neuronales Netz gebastelt hast, das eine analoge Funktionalität zeigt, ist eine interessante Frage.

Im Chinesischen Zimmer verbirgt sich nichts anderes als der Solipsismus. Wo willst du die Grenze ziehen? Ist ein Mensch überhaupt ein gültiges Modell für einen anderen? Woher willst du wissen, dass wir alle wirklich gleich denken.
Searle hat übrigens ganz im Gegenteil zu dir behauptet, dass das chinesische Zimmer bzw. AI sehr wohl dazu geeignet ist, Rückschlüsse über die menschliche Kognition zu ziehen. Er meinte aber, dass der Computer (bzw. das chinesische Zimmer) nur Gedanken simuliert, aber selbst nicht denkt.

Wie üblich ist dieses Gedankenexperiment unter den AI-Verneinern weit verbreitet und sehr beliebt. Diese Gruppe hat ja auch den Turing-Test in sein Gegenteil verkehrt. Die zahlreichen Gegenargumente, von denen zumindestens eines schon in Turings Papier von 1948 vorkommt, werden wie üblich verschwiegen. Es darf halt nicht sein, dass Computer denken können.

Schach
Mir ist schon vor einigen Jahren aufgefallen, dass dieses Spiel, das als die Königin der Spiele galt, an Bedeutung verliert, gerade weil Computer so gut darin sind. Diese Beobachtung hat aber schon Ray Kurzweil Anfang der Neunziger gemacht. Er prophezeite ziemlich gut den ungefähren Zeitpunkt voraus, an dem der erste Computer den Schachweltmeister schlagen würde. (Das tat er ganz einfach in dem er die chess ratings der Computer in die Zukunft extrapolierte.)

Weiters sah er voraus, dass wir anschließend entweder weniger von menschlicher Intelligenz, mehr von künstlicher Intelligenz, oder weniger von Schach halten würden. Da es in der Vergangenheit immer so war, tippte er auf Schach. Und er dürfte wohl recht behalten. Auf einmal ist nicht mehr das eigentliche Schachspiel relevant, sondern der Herzschlag beim Schachspiel. Mit den Augen rollen
Ich habe auch schon Leute sagen gehört Schach wäre ein triviales Spiel, oder dass die Entwickler Idioten wären. Sie hätten lieber ein Programm zur Unterstützung menschlicher Schachspieler schreiben sollen....

Ich kann mich noch über die Berichterstattung über das letzte Spiel Kramnik vs. Deep Fritz erinnern. Deep Fritz gewann zuerst zwei Runden. Dann änderte Kramnik seine Strategie, um ihn in seinen Spielmodus zu zwingen. (ist im Prinzip nichts anderes als gutes MiniMax) Kramnik hatte Erfolg. Der Berichterstatter - ich glaube es war im Spiegel - jubelte über die Überlegenheit des Menschen, der nicht stur berechnet, sondern auf den Gegner eingeht, seine Schwächen ausnutzt usw. Später aber drehte Deep Fritz den Spieß wieder um und zwang Kramnik in seine Spielweise. (MiniMax eben) Daraufhin beklagte derselbe Berichterstatter, wie unfair das alles sei. Erst wenn der Computer im menschlichen Spielmodus gewinnt, dann erst wird es echte AI sein, usw.

Stand der Wissenschaft ist jedenfalls, dass sowohl Menschen, als auch Computer prinzipiell ähnlich vorgehen. Beide berechnen Züge voraus und wählen den Günstigsten. Menschen können mehr schlechte Züge von vorneherein ausschließen und die Suche besser auf gute Züge einschränken. Computer kompensieren das, indem sie mehr Züge durchgehen. Sie nähern sich aber immer stärker an den Menschen an. Deep Fritz verwendet neuronale Netze um beim MiniMax Züge auszuschließen. Dadurch spielt Deep Fritz genauso gut, wie Deep Blue, mit nur einem Hunderdtstel der Rechenkapazität. Übrigens kann man nicht so ganz einfach sagen, dass der Computer die bessere Hardware hätte. Wir Menschen haben schließlich ein gigantisches neuronales Netz in Hardware zur Verfügung. Deep Fritz muss das simulieren, was auf der PC-Architektur nur sehr mühsam vonstatten geht.
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Sokrateer
souverän



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Wohnort: Wien

Beitrag(#108626) Verfasst am: 27.03.2004, 00:32    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Hi Babyface,

Babyface hat folgendes geschrieben:

Also dass unser Gehirn wie ein neuronales Netz arbeitet ist ja trivial, da das Gehirn ein neuronales Netz ist.


Ups. Das Gehirn ist ein _Neuronen_netz, das möglicherweise durch ein _neuronales_ Netz beschrieben werden kann. Ein neuronales Netz ist eine Abstraktion. Soll ich Dir eine Liste von Eigenschaften von Neuronennetzen aufstellen, die in neuronalen Netzen fehlen?

Stimmt. Die gängigsten künstlichen neuronale Netze beruhen auf einer Vermutung des Physiologen Hebb, über die Funktionsweise echter Nervenzellen. Das war in den späten Vierziegern. Es gibt aber eine ganze Reihe von künstlichen Netzen. Es gibt auch Leute, die neuronale Netze auf physikalischer Ebene zu simulieren versuchen.

Hebb (und alternativ Kohonen) dürften aber aber ziemlich gut gelegen haben.

Aber zähl mal die Eigenschaften auf, die dir fehlen würden. Wir können uns ja dann ansehen, ob diese relevant für den Charakter der Informationsverarbeitung sind.
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Babyface
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Beitrag(#108629) Verfasst am: 27.03.2004, 00:44    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Anschliessend kann man versuchen, durch Beobachtung der Simulation und Manipulation von Parametern Hypothesen über noch unbekanntes menschliches Verhalten und seiner Bedingungen zu formulieren und überprüfen. Je nach Güte der Simulation wird man dabei mehr oder weniger neues über menschliches Verhalten lernen.


Sicher? Du lernst bestenfalls, wie Du Dein Modell verbessern kannst.


Ja sicher. Ich habe geschrieben, dass Simulationen hypothesengenerierende Verfahren sein können. Und das Aufstellen und Überprüfen von Hypothesen wird ja allgemein als eine Methode des Erkenntnisgewinns akzeptiert. Ich kann also mit Hilfe von Simulationen genau dann etwas über menschliches Verhalten lernen, wenn

a) sich eine Vorhersage der Simulation über menschliches Verhalten und seine Bedingung nicht bestätigt (dann lerne ich zumindest, wie der Mensch nicht funktioniert; das dürfte die Regel sein).
b) wenn die Simulation neuartiges Verhalten und seine Bedingungen vorhersagen kann (dann habe ich auf jeden Fall was gelernt)

Ich lerne nichts wirklich über den Menschen, wenn die Simulation das bereits bekannte Verhalten vorhersagt (dann kann ich nur sagen, dass ich etwas geschaffen habe, das denselben Output produziert). Damit haben wir also lediglich ein Gütekriterium, ob es sinnvoll ist, die Simulation auch weiterhin als Forschungsinstrument einzusetzen, denn von einer fehlerhaften Simulation verspricht man sich weniger Erkenntnisse nach b).
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



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Beitrag(#108672) Verfasst am: 27.03.2004, 09:00    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Babyface, hi Sokrateer,

Babyface hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Anschliessend kann man versuchen, durch Beobachtung der Simulation und Manipulation von Parametern Hypothesen über noch unbekanntes menschliches Verhalten und seiner Bedingungen zu formulieren und überprüfen. Je nach Güte der Simulation wird man dabei mehr oder weniger neues über menschliches Verhalten lernen.


Sicher? Du lernst bestenfalls, wie Du Dein Modell verbessern kannst.


Ja sicher. Ich habe geschrieben, dass Simulationen hypothesengenerierende Verfahren sein können. Und das Aufstellen und Überprüfen von Hypothesen wird ja allgemein als eine Methode des Erkenntnisgewinns akzeptiert. Ich kann also mit Hilfe von Simulationen genau dann etwas über menschliches Verhalten lernen, wenn

a) sich eine Vorhersage der Simulation über menschliches Verhalten und seine Bedingung nicht bestätigt (dann lerne ich zumindest, wie der Mensch nicht funktioniert; das dürfte die Regel sein).
b) wenn die Simulation neuartiges Verhalten und seine Bedingungen vorhersagen kann (dann habe ich auf jeden Fall was gelernt)

Ich lerne nichts wirklich über den Menschen, wenn die Simulation das bereits bekannte Verhalten vorhersagt (dann kann ich nur sagen, dass ich etwas geschaffen habe, das denselben Output produziert). Damit haben wir also lediglich ein Gütekriterium, ob es sinnvoll ist, die Simulation auch weiterhin als Forschungsinstrument einzusetzen, denn von einer fehlerhaften Simulation verspricht man sich weniger Erkenntnisse nach b).


vielleicht was ganz Allgemeines: ich vertrete weder einen Idealismus, Mystizismus oder sonst was. Mir geht es nur darum, den Unterschied zwischen Modell und Modelliertem zu betonen und die Grenzen dieses Ansatzes aufzuzeigen, vor allem hinsichtlich der Reduktionismusfrage. Mit dem meisten, was Ihr schreibt, bin ich durchaus einverstanden.

Ich versuchs nochmals durch Beispiele zu verdeutlichen.

Man hat einen unbekannten Computer und versucht den nachzubauen. Man hat vielleicht sogar so was wie eine Leistungsbeschreibung. Der unbekannte Computer kennt den abstrakten Datentyp 'Stack'. Man baut den nach und implementiert 'Stack' als lineare Liste. Nun funktionieren die beiden Kisten praktisch identisch. Kannst Du nun ausschließen, dass der unbekannte Computer 'Stack' mit einem Array implementiert hat? Die These, dass mich das nicht interessiert, weil beide Kisten auf denselben InPut denselben OutPut generieren, ist korrekt. Aber die Behauptung, dass ich nun den unbekannten Computer kenne ist nicht haltbar. Ich kenne bestenfalls seine Funktion, ohne aber sicher sein zu können, dass das stimmt: kann sein, dass unter bestimmten Bedingungen eine Form der Implementierung zu bestimmten Limitierungen führt. Okay, das wäre dann natürlich ein Test: wenn meine Kiste absemmelt, während die fremde stabil bleibt, muss ein Unterschied bestehen.

Das zweite Beispiel: Man hat ein neuronales Netz gebaut, das meinethalben das Lernen der Vergangenheitsform bei Kindern emuliert. Nun findet man heraus, dass das neuronale Netz, wenn man vor dem Training bestimmte Werte vorgibt, genau dieselben Fehler macht wie Kinder, die eine neurologische Störung haben. Was kann man nun einem Kinderarzt für die Therapie raten?

Grüßle

Thomas
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Shadaik
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Beitrag(#108683) Verfasst am: 27.03.2004, 11:35    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Hi Shadiak,

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Aber was sagt das _Modell_ über das _Simulierte_ aus? Das war meine Frage.

Die Simulation ist so ausgelegt, dass sie das Simulierte nach dem aktuellen Wissensstand des Ausführenden so gut wie möglich simuliert.


das stimmt doch nicht. Du simulierst die _Funktion_. Oder ist Dein Modell aus Neuronen gebastelt?

Aus der Simulation von Neuronen, die je nach Stärke des Rechners unterschiedlich ausgefeilt sein kann.
Was unterscheidet ein korrekt programmiertes simuliertes H2O-Molekül von einem echten?

Zitat:
Schau vielleicht den abstrakten Datentyp 'Stack' an. Du kannst einen Computer bauen, der den als lineare Liste implementiert hat, oder einen anderen, der das mit einem Array macht. Beide funktionieren tadellos. _Weißt_ Du nun, wenn Du das Verhalten des ersten Computers mit einem mit einem Array emulierst, dass der erste keine lineare Liste (oder weiß der Herr was für ein konkrete Umsetzung) implementiert hat?

Die Simulation muss auch Zwischenergebnisse ausgeben können, durch die auf die Vorgehensweise des Programms geschlossen werden kann.
Das ist eine Bedingung, die ich automatisch an eine gute Simulation stelle um wissenschaftlich verwertbar zu sein.

Zitat:
Das erinnert mich an ein Experiment aus der Psychologie. Es gibt Versuche, bei denen Menschen total unterschiedlich reagieren. Das Interessante ist, dass es für diese zwei Lösungen gibt. Die Menschen sehen meist gar nicht, dass die jeweils andere Lösung eine ist. Kann sein, dass wir inkommensurable Weltbilder vertreten. Ich sehe mein Problem, aber nicht, dass Du eine Lösung anbietest.

Ja, das ist möglich.
Ich möchte mein Weltbild hiermit mal "mechanistisch" nennen: Ein Objekt oder Sachverhalt definiert und realisiert seine Existenz durch seine Funktion bzw. seine Wirkung.
Was ist dein Ansatz diesbezüglich?

Zitat:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
Natürlich können auch andere Modelle ausprobiert werden. Aber bis ein besseres oder ebenbürtiges Modell gefunden wurde gilt das bisher gefundene als das beste.


Darauf können wir uns einigen. Mich nerven nur Menschen, die mir Lösungen verkaufen wollen, die nicht mehr als das derzeit Mögliche sind.

Keine Angst, diesen Anspruch zu stellen wäre unsinnig.
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Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Wygotsky
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Beitrag(#108721) Verfasst am: 27.03.2004, 13:18    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Was meinst Du konkret mit 'dass ähnliches geschieht'? Meinst Du die strukturelle Ebene ('in welchen Specherzellen wird welche Information wie abgelegt')? Oder die funktionelle Ebene ('welche Inputs erzeugen welche Outputs')? Was sind Deiner Meinung nach _konkret_ die Gemeinsamkeiten?


1. Ähnlichkeit von Input/Output. Das haben wir aber auch bei Schachprogrammen.
2. z.B. im Kohonennetzwerken sind nicht nur Prinzipien der Aktivierung sondern auch der Hemmung realisiert.
3. Die Ausbildung von Vektoren durch Selbstorganisation.
4. Ausbildung einer kortikalen Topographie. Bestimmte Bereiche des simulierten Netzes sprechen selektiv auf bestimmte Muster an.
5. Beim Beispiel der Vergangenheitsformen durchläuft das Netz die gleichen Phasen wie ein Kind in gleicher Reihenfolge. Das Netz ist aber nicht programmiert, diese Phasen zu durchlaufen, sondern organisiert sich so, dass diese Phasen auftreten. Das ist schon ein Unterschied zum Schachprogramm.
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Wygotsky
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Beitrag(#108722) Verfasst am: 27.03.2004, 13:25    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Man schreibt also solche Programme, die zu bereits bekanntem menschlichen Verhalten möglichst ähnliche Outputs generieren und unterstellt heuristisch eine funktionale Äquivalenz zur Verhaltensstruktur.


Thomas hat richtig erkannt, worauf ich hinauswill. Funktionale Äquivalenz mag da sein, aber um die geht es Thomas und mir nicht, sondern ob in der Blackbox vergleichbares geschieht, so dass ich das Geschehen im Gehirn anhand der Simulation adäquat beschreiben kann. Funktionell Äquivalent sind z.B. die Flossen von Fischen und Delphinen. Trotzdem ist eine Delphinflosse anders aufgebaut als eine Fischflosse und entsteht auf andere Weise. Wenn ich aber Aufbau und Entstehung der Delphinflosse genau das sind, was mich interessiert, dann muss ich eben am Delphin selbst forschen und nicht am Fisch, auch wenn die Flossen funktionell äquivalent sind.

Das ein Gehirn auf wesentlich andere weise entsteht, reift und sich selbst organisiert als ein Computer, ist ja trivial.
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Wygotsky
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Beitrag(#108723) Verfasst am: 27.03.2004, 13:43    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Im Chinesischen Zimmer verbirgt sich nichts anderes als der Solipsismus.
Und der Solipsismus kann prinzipiell nicht widerlegt werden. Es gibt nur pragmatische Gründe gegen ihn.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Searle hat übrigens ganz im Gegenteil zu dir behauptet, dass das chinesische Zimmer bzw. AI sehr wohl dazu geeignet ist, Rückschlüsse über die menschliche Kognition zu ziehen. Er meinte aber, dass der Computer (bzw. das chinesische Zimmer) nur Gedanken simuliert, aber selbst nicht denkt.


Soweit ich mich recht erinnere, hat Searle behauptet, dass Maschinen denken können, weil auch das Gehirn eine Maschine sei. Er verneinte aber, dass der damalige Ansatz der Symbolverarbeitung per se ausreichend sei, um eine denkende Maschine hervorzubringen. Weiß jemand, wie Searle über neuronale Netze gedacht hat.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Stand der Wissenschaft ist jedenfalls, dass sowohl Menschen, als auch Computer prinzipiell ähnlich vorgehen. Beide berechnen Züge voraus und wählen den Günstigsten.


Das ist eine Antwort. Hinter jeder Antwort lauert aber eine neue Frage. Wie berechnet ein Mensch Züge voraus? Wie ein Computer Züge vorausberechnet, wissen wir, wenn wir ihn programmiert haben. Wie ein neuronales Netz eine Problem löst, wissen wir auch dann nicht genau, wenn wir es gebaut und programmiert haben. Wie ein Mensch eine Schachstellung bewertet, wird wieder anders ablaufen, eben weil das neuronale Netz nur eine sehr primitive Beschreibung dessen ist, was Nervenzellen alles tun können. Und diese Unterschiede werden zum Problem, wenn es mir nicht um Funktionsäquivalenz geht, sondern um ein Verständnis dessen, was denkende Gehirne tun.

Man darf nicht vergessen, dass Schach als KI-Problem aus einem ganz bestimmten Grund gewählt wurde. Man stellte sich vor, dass Schachspielen eine ziemlich intelligente Tätigkeit ist. Wenn man ein gutes Schachprogramm hätte, dann hätte man mutmaßlich auch das Know-How andere kognitive Fähigkeiten des Menschen nachzubilden. Ich bin kein Fachmann für diese Thematik, aber ich wäre überrascht, wenn wir von Schachprogrammen viel über den kindlichen Spracherwerb, über das Erkennen von Gesichtern, über Phantomschmerz oder ähnliche Phänomene lernen können. Insofern ist der schachspielende Computer eine Enttäuschung bzw. uns wird klar, wie wenig damit erreicht ist, dass Computer Schach spielen können.
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Wygotsky
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Beitrag(#108724) Verfasst am: 27.03.2004, 13:50    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Aber zähl mal die Eigenschaften auf, die dir fehlen würden. Wir können uns ja dann ansehen, ob diese relevant für den Charakter der Informationsverarbeitung sind.


Ging zwar nicht an mich, aber ich zähle trotzdem mal zwei Punkte auf:
1. Hormone. Welchen ungeheueren Einfluss Hormone auf das Denken haben können, wird einem klar, wenn man jemanden kennenlernt, dessen Hormonhaushalt krankheitsbedingt gestört ist.
2. Vernachlässigung der Körperlichkeit. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind neurnale Netze sozusagen Gehirn pur. Der Körper existiert nur als Signal in der Eingabeschicht. Das ist insofern plausibel, weil ca. 98% der Neuronen nur untereinander und nicht mit Sinnenorganen oder Muskeln und Drüsen vernetzt sind. In der Entwicklung des Gehirn spielen aber körperlich-sinnliche Erfahrungen eine entscheidende Rolle. So ist es z.B. für ein Kind, das Rechnen lernt, von großer Bedeutung, in welcher Form eine Zahl gegeben und veranschaulicht ist. Darauf hat das neuronale Netz per se keine Antwort, denn es kennt nur Input und alle Arten des Inputs sind gleich.
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Wygotsky
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Beitrag(#108726) Verfasst am: 27.03.2004, 14:04    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Ja sicher. Ich habe geschrieben, dass Simulationen hypothesengenerierende Verfahren sein können. Und das Aufstellen und Überprüfen von Hypothesen wird ja allgemein als eine Methode des Erkenntnisgewinns akzeptiert. Ich kann also mit Hilfe von Simulationen genau dann etwas über menschliches Verhalten lernen, wenn

a) sich eine Vorhersage der Simulation über menschliches Verhalten und seine Bedingung nicht bestätigt (dann lerne ich zumindest, wie der Mensch nicht funktioniert; das dürfte die Regel sein).
b) wenn die Simulation neuartiges Verhalten und seine Bedingungen vorhersagen kann (dann habe ich auf jeden Fall was gelernt)


Meiner Meinung nach ist das genau der Weg, den man einschlagen muss. (Und im Endeffekt geschieht das ja auch.) Es ist idiotisch eine gute Simulation zu programmieren und dann zu sagen, seht, so funktioniert das Gehirn, wir brauchen es uns gar nicht mehr anschauen. Tatsächlich arbeitet man interdisziplinär. Psychologische Experimente sollen zeigen, ob Menschen bestimmte bislang unerwartete Verhaltensweisen zeigen, die ein Computermodell gezeigt hat. Dann gibt es den ganzen neuen Bereich der Imaging-Verfahren, z.B. das PET. Da kann man z.B. beoachten, ob bestimmte Bereiche des Gehirns mehr Zucker verbrauchen, was man allgemein als Aktivität umschreibt. Diese Aktivitätsmuster kann man mit solchen Vergleichen, die man zuvor aus dem Computermodell gewonnen hat. Ich denke schon, dass man auf diesem Wege viel über menschliches Denken entdecken kann. Letztlich müssen Beweise aber immer am Gehirn selbst erbracht werden, wenn es darum geht, etwas über das Gehirn auszusagen.

Ein wichtiger Punkt war noch gar nicht angesprochen: Die Widerlegung von unbewußten Annahmen am Computermodell. Chomsky ist da ein gutes Beispiel. Aus der Geschwindigkeit des kindlichen Spracherwerbs und Phänomenen wie dem lernen unregelmäßiger Vergangenheitsformen schloss er, dass der Spracherwerb mit dem Prinzipien des operanten Konditionierens nicht adäquat beschrieden werden kann (wie z.B. Skinner behauptet hatte). Chomsky postulierte darauf den sogenannten language-aquisition-device (LAD), eine Art Universalgrammatik, die im kindlichen Gehirn sozusagen fest verdrahtet ist und es auf den Spracherwerb vorbereitet. Das Computermodell hat dann gezeigt, dass der Erwerb der Vergangenheitsformen auch ohne LAD die an Kindern beobachteten Phasen durchlaufen kann. Der LAD ist somit eine entbehrliche Annahme. Computermodelle können also schon ganz nützlich sein.
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