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Vater Unser
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Naastika
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Anmeldungsdatum: 23.11.2003
Beiträge: 6100
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Beitrag(#1916042) Verfasst am: 16.04.2014, 12:19    Titel: Antworten mit Zitat

exkath hat folgendes geschrieben:
Naastika, ich gebe Ihnen recht.



Lachen Du kannst du zu mir sagen... zwinkern
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exkath
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Anmeldungsdatum: 09.04.2014
Beiträge: 5

Beitrag(#1916043) Verfasst am: 16.04.2014, 12:27    Titel: Antworten mit Zitat

Zum Abschluss noch ein typisches Beispiel, wie die Informationspolitik der katholischen Kirche funktioniert:

auf Spiegel-Online gibt es einen Artikel zu TvE:

http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/limburg-tebartz-van-elst-kannte-laut-pruefbericht-ausufernde-baukosten-a-960915.html

Dort gibt es einen Link zum Abschlussbericht:

http://www.dbk.de/presse/details/?presseid

Dort erscheint dann :


Fehler

Die angeforderte Pressemitteilung konnte nicht gefunden werden.
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Schlumpf
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Anmeldungsdatum: 17.11.2007
Beiträge: 2572

Beitrag(#1916081) Verfasst am: 16.04.2014, 17:07    Titel: Antworten mit Zitat

exkath hat folgendes geschrieben:
Selbst bei einem Mann wie Helmut Schmidt findet man sowas wie Ehrfurcht vor der "tiefen Gläubigkeit" (bezogen auf Wojtyla).

Wo kämen wir denn hin, wenn selbst die Päpste nicht "tiefgläubig" wären? skeptisch
Aber die Symbiose zwischen den Politikern und den großen Kirchen hierzulande ist eine andere Geschichte. Außer den wirklich gläubigen Politikern gibt es vermutlich viele, die nur so tun wegen den christlichen Wählern, auf deren Stimme jede größere Partei angewiesen ist.
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Skeptiker
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Anmeldungsdatum: 14.01.2005
Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville

Beitrag(#1916082) Verfasst am: 16.04.2014, 17:26    Titel: Antworten mit Zitat

Naastika hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:


Deshalb warne ich davor, Relgionskritik zu eng zu sehen, gar als geistreiche, rhetorische Spielchen in Form des Aufdeckens von *Lücken*, *Widersprüchen* zwischen Evolution und Bibelbabbel and so on ...-


Was ist dann für dich Religionskritik? Eher die Kritik der existierenden sozial-wirtschaflichen Machtstrukutren, die durch die Kirche gerechtfertigt werden? Das ist MIR zu wenig.
Das religiöse Gebilde an sich muss analysiert und auseinandergepflückt werden.


Religion ist nicht mehr die einzige Herrschaftsideologie mit einem Monopol, wie im Mittelalter in Europa, sondern mittler Weile nur eine von vielen.

Wer sich heute nur bei der Religionskritik allein aufhält, der sollte sich mal fragen, warum.

Warum nicht Herrschaftsideologien insgesamt angreifen?

Denn Religionskritik macht selbst keinen Sinn, wenn sie nicht Herrschaftskritik sein will. Als intellektuelles Spiegelfechten macht es keinen Sinn.
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tillich (epigonal)
hat Spaß



Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 21751

Beitrag(#1916084) Verfasst am: 16.04.2014, 17:47    Titel: Antworten mit Zitat

exkath hat folgendes geschrieben:
Zum Abschluss noch ein typisches Beispiel, wie die Informationspolitik der katholischen Kirche funktioniert:

auf Spiegel-Online gibt es einen Artikel zu TvE:

http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/limburg-tebartz-van-elst-kannte-laut-pruefbericht-ausufernde-baukosten-a-960915.html

Dort gibt es einen Link zum Abschlussbericht:

http://www.dbk.de/presse/details/?presseid

Dort erscheint dann :


Fehler

Die angeforderte Pressemitteilung konnte nicht gefunden werden.

Ach, auch hier. Also:
Ich weiß ja nicht, ob das Setzen von falschen Links bei SpOn der "Informationspolitik der katholischen Kirche" zuzurechnen ist.
Hier ist der vollständige Link:
http://www.dbk.de/presse/details/?presseid=2521&cHash=98dc472ee6ffc406b55e00e5b5a640ce
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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3613

Beitrag(#1916399) Verfasst am: 17.04.2014, 21:57    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Äußerung von Darwin war 1871 ein Problem, mittlerweile nicht mehr. Christliche Theologen und Autoren haben heute die Evolutionstheorie anerkannt und behalten trotzdem ihre unsterbliche Seele bei, sofern "Gott" will. So gibt es z.B. Theologen, die davon ausgehen, dass "der Schöpfer" die Evolution gestaltet hat mit dem Endziel des Menschen. Und überhaupt sind ja Natur und Geist zwei völlig getrennte Sphären, gemäß der christlichen Religion.

Christliche Theologen, die die Evolutionstheorie anerkennen, haben sie nicht verstanden.

Da war doch dieser Asteroideneinschlag. Chicxulub. Ohne diesen Vorfall wäre das Endziel Mensch kaum erreicht worden. Also müssen die Theologen entweder auch einen Dinosaurier-Jesus in Betracht ziehen oder die Planetenbewegungen als von Anfang an geplant ansehen, so daß Chicxulub eben zur rechten Zeit einschlug.

Die Behauptung, daß Theologen die Evolutionstheorie anerkennen, darf man ihnen nicht unwidersprochen durchgehen lassen.


Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ganz zu schweigen vom Buddhismus, wo die fröhliche Seelenwanderung von Tier zu Stein zu Mensch und zurück stattfindet und die Evolutionstheorie erst gar kein Thema ist.

In Form des Biologismus und Sozialdarwinismus sind im übrigen christliche Herrschaftsideologien gerade auch mit Vulgärversionen der Darwin'schen Evolutionstheorie gepimpert worden. So hat man z.B. den Antisemitismus eben nicht mehr nur religiös, sondern zusätzlich *biologisch* begründet - siehe auch Sarrazin & co. Oder man hat das Paradigma der *göttlichen Auserwähltheit* sozialdarwinistisch (- hier steckt der Name von Darwin drin! -) umgemodelt - und letzten Endes mit just dem selben Zweck und dem selben Ergebnis.

So hat sich also das mittelalterliche Christentum moderne Erkenntnisse der Wissenschaft auf seine Weise *angeeignet*. Und heraus gekommen ist nicht gerade das Ende antiwissenschaftlicher Mythen und Herrschaftsideen, - ganz im Gegenteil.

Mein Ansatz ist ein ganz anderer.

Ich persönlich orientiere mich an einigen Leitmotiven. Eins der Leitmotive ist zum Beispiel: "Leitmotive sind gut, solange man sie nicht sklavisch befolgt." Fernöstliche Sammlungen von Leitmotiven finde ich faszinierend. Das Tao-Te-King, Koans und Geschichten aus dem Umfeld der Taoisten. Sun Tzus Kunst des Krieges gehört erwähnt, ebenso die klassische Sammlung der 36 Stratagema.

Sollte jemand hergehen und sagen, diese Leitmotive seien meine Variante von "Religion", - ich könnte nicht erfolgreich dagegen argumentieren, bestenfalls mit "pah, semantischer Trick ohne Gehalt".

Punkt eins: Religion verstehe ich nicht grundsätzlich negativ. Falsche und falsch begründete Leitmotive schon.




Punkt zwei: Religion als soziales Phänomen und Herrschaftsinstrument. Das ist der Punkt um den es dir geht, wenn ich dich richtig verstehe.

Religion kommt hier eine prominente Rolle zu. Aber ich sehe nicht, daß sich Religion wesentlich von anderen sozialen Phänomenen unterscheidet. Was macht Religion? Sie erzeugt Gruppenzusammenhalt, in dem man sich von Andersgläubigen absetzt. Dabei nutzt sie die Tatsache, daß Menschen sich gerne gegenüber anderen Gruppen abgrenzen. Das klassische Beispiel dazu:

Zitat:
In-group favoritism

Muzafer Sherif's Robbers Cave Experiment is the most widely known demonstration of Realistic Conflict Theory. In this experiment, 22 eleven year-old boys with similar backgrounds were studied in a mock summer camp situation. The boys were divided into two equal groups and encouraged to bond, and then the researchers introduced a series of competitive activities in which the groups were pitted against one another. Hostility and out-group negativity ensued. Researchers then attempted to reverse the hostility by engaging the boys in situations of mutual interdependence, an effort which eventually resulted in relative harmony between the two groups. This study demonstrated that regardless of two groups’ similarity, group members will behave viciously toward the out-group when competing for limited resources

http://en.wikipedia.org/wiki/In-group_favoritism


Hat man in einer Gruppe Zusammenhalt erzeugt, lassen sich Gruppennormen leichter durchsetzen. Frühe Stämme waren egalitär organisiert. Später, ich vermute zur Zeit der landwirtschaftlichen Revolution, haben sich hierarchische Gesellschaften gebildet. Das lag nicht an der Religion, sie ist nur die Schaumkrone auf den Wellen der sozialen Phänomene.

Wenn meine Vorstellung stimmt, dann sollte es vor der Entstehung der Landwirtschaft keine religiösen Artefakte geben. Falls jemand so ein Artefakt kennt, bitte nur her damit. Erst die Landwirtschaft hat es ermöglicht, daß Menschen an Orten leben, deren Zahl Dunbars Nummer wesentlich übersteigt.



Als Materialist muß man anerkennen, daß Religion eine prominente Rolle spielt. Ich denke nicht, daß Religion völlig dysfunktional ist, für wen und für welche Gruppe auch immer. Deshalb ist eine materialistische Erklärung nötig, wie es dazu kam.


Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Warum nicht Herrschaftsideologien insgesamt angreifen?

Denn Religionskritik macht selbst keinen Sinn, wenn sie nicht Herrschaftskritik sein will. Als intellektuelles Spiegelfechten macht es keinen Sinn.

Wenn ich Herrschaftsideologien angreifen will, dann bleibt mir auch nur "intellektuelles Spiegelfechten".

Ganz aktuelles Beispiel, völlig OT, oder vielleicht auch gar nicht. In Bayern lief gerade eine Verordnung aus, die Nacktbaden untersagt. Maßgeblich sind nun die Gemeindeverodnungen, die manchmal etwa so lauten: "Baden ist nur in der üblichen Badebekleidung erlaubt". Hoppla! Wenn eine blaue Badehose üblich wird, darf ich dann keine rote mehr tragen? Wenn Nacktbaden mit Badehaube üblich wird, darf ich dann keine Badehose mehr tragen?

Wie anders als durch "intellektuelles Spiegelfechten" sollte man Thesen als absurd brandmarken?
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Kival
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Beiträge: 24071

Beitrag(#1916401) Verfasst am: 17.04.2014, 21:58    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Äußerung von Darwin war 1871 ein Problem, mittlerweile nicht mehr. Christliche Theologen und Autoren haben heute die Evolutionstheorie anerkannt und behalten trotzdem ihre unsterbliche Seele bei, sofern "Gott" will. So gibt es z.B. Theologen, die davon ausgehen, dass "der Schöpfer" die Evolution gestaltet hat mit dem Endziel des Menschen. Und überhaupt sind ja Natur und Geist zwei völlig getrennte Sphären, gemäß der christlichen Religion.

Christliche Theologen, die die Evolutionstheorie anerkennen, haben sie nicht verstanden.


Nana. zwinkern
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Waschmaschine777
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Beiträge: 4007

Beitrag(#1916441) Verfasst am: 18.04.2014, 08:18    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:


"Baden ist nur in der üblichen Badebekleidung erlaubt". [...] Wenn Nacktbaden mit Badehaube üblich wird, darf ich dann keine Badehose mehr tragen?



Damit Nacktbaden nicht üblich werden kann, gibt es ja diese Verordnung.
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Schlumpf
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Beiträge: 2572

Beitrag(#1916443) Verfasst am: 18.04.2014, 08:59    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:

Christliche Theologen, die die Evolutionstheorie anerkennen, haben sie nicht verstanden.

Ich denke, dass alle bis auf ein paar Fundamentalisten sie verstanden haben, sie aber wegen der Konsequenzen für die "Lehre" der Kirche lieber ignorieren. Schließlich braucht die Kirche lange Zeit, um sich die Lehre so hinzubiegen, dass die Evolution kein Problem mehr für sie darstellt.
Zitat:
Die Behauptung, daß Theologen die Evolutionstheorie anerkennen, darf man ihnen nicht unwidersprochen durchgehen lassen.

Sich herablassen zu verlautbaren, dass die Evolutionstheorie mehr als nur eine Theorie sei, ist keine Anerkennung.
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sehr gut
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Beiträge: 14852

Beitrag(#1916467) Verfasst am: 18.04.2014, 10:32    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
In Bayern lief gerade eine Verordnung aus, die Nacktbaden untersagt. Maßgeblich sind nun die Gemeindeverodnungen, die manchmal etwa so lauten: "Baden ist nur in der üblichen Badebekleidung erlaubt". Hoppla! Wenn eine blaue Badehose üblich wird, darf ich dann keine rote mehr tragen? Wenn Nacktbaden mit Badehaube üblich wird, darf ich dann keine Badehose mehr tragen?

Wie anders als durch "intellektuelles Spiegelfechten" sollte man Thesen als absurd brandmarken?

Der Weg zu der heutigen Situation war offensichtlich absurd genug, da wurde um jeden Zentimeter mehr Haut bzw weniger Stoff gefochten, da liefen Badeanzugskontrolleure mit einem Maßband über den Strand

Bild: http://i.imgur.com/DqrYnC0.jpg
(Washington D.C. USA)

(Bild nachträglich umgewandelt)


Zuletzt bearbeitet von sehr gut am 18.04.2014, 11:07, insgesamt einmal bearbeitet
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Skeptiker
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Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville

Beitrag(#1916473) Verfasst am: 18.04.2014, 10:52    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Äußerung von Darwin war 1871 ein Problem, mittlerweile nicht mehr. Christliche Theologen und Autoren haben heute die Evolutionstheorie anerkannt und behalten trotzdem ihre unsterbliche Seele bei, sofern "Gott" will. So gibt es z.B. Theologen, die davon ausgehen, dass "der Schöpfer" die Evolution gestaltet hat mit dem Endziel des Menschen. Und überhaupt sind ja Natur und Geist zwei völlig getrennte Sphären, gemäß der christlichen Religion.

Christliche Theologen, die die Evolutionstheorie anerkennen, haben sie nicht verstanden.

Da war doch dieser Asteroideneinschlag. Chicxulub. Ohne diesen Vorfall wäre das Endziel Mensch kaum erreicht worden. Also müssen die Theologen entweder auch einen Dinosaurier-Jesus in Betracht ziehen oder die Planetenbewegungen als von Anfang an geplant ansehen, so daß Chicxulub eben zur rechten Zeit einschlug.

Die Behauptung, daß Theologen die Evolutionstheorie anerkennen, darf man ihnen nicht unwidersprochen durchgehen lassen.


Es gibt hier im Prinzip drei Arten von Reaktionen rückständiger Elemente:

1. Man erkennt die Evolutionstheorie offiziell an, fügt aber hier und da noch etwas *Geist* als angeblich unerlässliche Zutat hinzu und tischt das den hinterwäldlerischen Teilen des Volkes als *modernes* christliches Menü neu auf.

2. Man wird umtriebig und kreativ und schafft sich neue Ausweichreligionen, ob mit oder ohne "Gott", zu denen dann die zu rettenden "Seelen" hinwandern können. Eine etwas andere Art von "Seelenwanderung" quasi.

3. Man wirft die *überweltliche* Maske endgültig fort und entpuppt sich als offene Herrschaftsideologie, etwa in Form des Faschismus oder brauner Esoterik.

Diese Ausweichbewegungen haben auch tatsächlich stattgefunden und finden weiter statt. Das heisst: es gibt neben der klassischen Theologie mittler Weile diverse *Rettungsboote* der alten Religion, wohin diese vor aller Kritik flüchtet. Und nebenbei simuliert die alte Theologie *Auseinandersetzung* mit der Evolutionsbiologie, so als wäre ihr an Auseinandersetzung in irgend einer Weise gelegen, was aber nicht der Fall ist.

Die einzigen, die in diese Auseinandersetzung ihr Herzblut hinein legen, sind einige engagierte Atheisten und ein Teil des nicht-theologisch geschulten, naiven religiösen Fußvolkes.

Aber ist es das wert, während die Musik längst woanders spielt?

smallie hat folgendes geschrieben:
Mein Ansatz ist ein ganz anderer.

Ich persönlich orientiere mich an einigen Leitmotiven. Eins der Leitmotive ist zum Beispiel: "Leitmotive sind gut, solange man sie nicht sklavisch befolgt." Fernöstliche Sammlungen von Leitmotiven finde ich faszinierend. Das Tao-Te-King, Koans und Geschichten aus dem Umfeld der Taoisten. Sun Tzus Kunst des Krieges gehört erwähnt, ebenso die klassische Sammlung der 36 Stratagema.

Sollte jemand hergehen und sagen, diese Leitmotive seien meine Variante von "Religion", - ich könnte nicht erfolgreich dagegen argumentieren, bestenfalls mit "pah, semantischer Trick ohne Gehalt".

Punkt eins: Religion verstehe ich nicht grundsätzlich negativ. Falsche und falsch begründete Leitmotive schon.


Religiöse Leitmotive sind überhaupt nicht begründet, also noch nicht mal falsch.

Mein Ansatz ist der, dass Leitlinien gut begründet sein müssen. In theoretischer Hinsicht mit den besten wissenschaftlichen Methoden, in moralischer Hinsicht mit lebensfördernden Bedürfnissen.

Das sind die zwei elementaren Begründungsdimensionen, die nicht durch Autoritäten und Weisheiten ersetzbar sind.

smallie hat folgendes geschrieben:
Punkt zwei: Religion als soziales Phänomen und Herrschaftsinstrument. Das ist der Punkt um den es dir geht, wenn ich dich richtig verstehe.


Yupp.

smallie hat folgendes geschrieben:
Religion kommt hier eine prominente Rolle zu. Aber ich sehe nicht, daß sich Religion wesentlich von anderen sozialen Phänomenen unterscheidet. Was macht Religion? Sie erzeugt Gruppenzusammenhalt, in dem man sich von Andersgläubigen absetzt. Dabei nutzt sie die Tatsache, daß Menschen sich gerne gegenüber anderen Gruppen abgrenzen. Das klassische Beispiel dazu:

Zitat:
In-group favoritism

Muzafer Sherif's Robbers Cave Experiment is the most widely known demonstration of Realistic Conflict Theory. In this experiment, 22 eleven year-old boys with similar backgrounds were studied in a mock summer camp situation. The boys were divided into two equal groups and encouraged to bond, and then the researchers introduced a series of competitive activities in which the groups were pitted against one another. Hostility and out-group negativity ensued. Researchers then attempted to reverse the hostility by engaging the boys in situations of mutual interdependence, an effort which eventually resulted in relative harmony between the two groups. This study demonstrated that regardless of two groups’ similarity, group members will behave viciously toward the out-group when competing for limited resources

http://en.wikipedia.org/wiki/In-group_favoritism


Ja Moment! In diesem Beispiel geht es darum, dass eine (künstlich erzeugte) Konkurrenz um begrenzte Ressourcen zum einen den internen Gruppenzusammenhalt und zum anderen die Feindschaft zur anderen Gruppe erzeugt, während die Gruppen sich zusammen schließen, wenn sie Probleme lösen müssen, die außerhalb von ihnen beiden liegen.

Da ist von Religion usw. erst mal noch nichts zu sehen; da geht es rein um die realen Verhältnisse, d.h. der Gruppenzusammenhalt ist nicht Selbstzweck, sondern abgeleitet aus realen Umständen.

Ist die wesentliche Funktion von Religion der Gruppenzusammenhalt, wenn dieser durch äußere Umstände nicht herstellbar ist? Nur welche Gruppen?

Ist Religion nicht auch immer dazu benutzt worden, um Gruppen zu spalten (divide et impere)? Der Gruppenzusammenhalt wäre dann gar nicht der eigentliche Zweck, sondern nur das Mittel für Herrschaftszwecke.

smallie hat folgendes geschrieben:
Hat man in einer Gruppe Zusammenhalt erzeugt, lassen sich Gruppennormen leichter durchsetzen. Frühe Stämme waren egalitär organisiert. Später, ich vermute zur Zeit der landwirtschaftlichen Revolution, haben sich hierarchische Gesellschaften gebildet. Das lag nicht an der Religion, sie ist nur die Schaumkrone auf den Wellen der sozialen Phänomene.


Natürlich ist die Religion die Schaumkrone auf den Wellen sozialer Verhältnisse. Das hast du sehr schön gesagt.

smallie hat folgendes geschrieben:
Wenn meine Vorstellung stimmt, dann sollte es vor der Entstehung der Landwirtschaft keine religiösen Artefakte geben. Falls jemand so ein Artefakt kennt, bitte nur her damit. Erst die Landwirtschaft hat es ermöglicht, daß Menschen an Orten leben, deren Zahl [url=http://en.wikipedia.org/wiki/Dunbar's_number]Dunbars Nummer[/url] wesentlich übersteigt.


Naturreligionen hat es schon vor der Landwirtschaft gegeben. Sie dienten dem Bedürfnis nach Naturerklärung oder auch zur Beschwörung der Naturgeister als Versuch, die Ohnmacht des Urmenschen zu kompensieren. Später haben Religion und Götter eine andere Funktion bekommen und die Menschheit sah sich mehr und mehr mit einer anderen Form von Umwelt konfrontiert - der Gesellschaft.

smallie hat folgendes geschrieben:
Als Materialist muß man anerkennen, daß Religion eine prominente Rolle spielt. Ich denke nicht, daß Religion völlig dysfunktional ist, für wen und für welche Gruppe auch immer. Deshalb ist eine materialistische Erklärung nötig, wie es dazu kam.


Ja, du schreibst selbst, Religion sei funktional, d.h. sie ist niemals Selbstzweck gewesen, sondern immer schon Mittel.

smallie hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Warum nicht Herrschaftsideologien insgesamt angreifen?

Denn Religionskritik macht selbst keinen Sinn, wenn sie nicht Herrschaftskritik sein will. Als intellektuelles Spiegelfechten macht es keinen Sinn.


Wenn ich Herrschaftsideologien angreifen will, dann bleibt mir auch nur "intellektuelles Spiegelfechten".

Ganz aktuelles Beispiel, völlig OT, oder vielleicht auch gar nicht. In Bayern lief gerade eine Verordnung aus, die Nacktbaden untersagt. Maßgeblich sind nun die Gemeindeverodnungen, die manchmal etwa so lauten: "Baden ist nur in der üblichen Badebekleidung erlaubt". Hoppla! Wenn eine blaue Badehose üblich wird, darf ich dann keine rote mehr tragen? Wenn Nacktbaden mit Badehaube üblich wird, darf ich dann keine Badehose mehr tragen?

Wie anders als durch "intellektuelles Spiegelfechten" sollte man Thesen als absurd brandmarken?


Mit List und Logik und wissenschaftlichen Belegen lassen sich falsche Aussagen und/oder unlogische Regeln u.U. widerlegen.

Schwierig wird es, wenn als Reaktion dann umgehend neue Aussagen und neue Regeln treten, so dass das intellektuelle Spiegelfechten als solches erkennbar wird. Es wird zu einer sinnlosen Sysiphos-Tätigkeit, bei der nicht erkannt wird, dass jene Aussagen und Regeln der Herrschenden nicht die Herrschaft selber sind, sondern nur relativ beliebige Äußerungen derselben.

Eine radikale Religionskritik muss meiner Ansicht hinter die aufgetürmten Fassaden religiöser Geschichten gucken und sich von all den bunten Ablenkungsmanövern gar nicht weiter irritieren lassen. Also: Was ist das immer gleichbleibende bei jeder Religion usw.?

Sind es Götter? Es sind nicht immer Götter.

Sind es Seelen? Nicht immer.

Sind es Leitmotive? Wenn ja, welcher Art sind diese?

---

Jedenfalls schlage ich ein solch allgemeines Vorgehen vor, bei dem man dann auch den herrschaftlichen Kern von Religion erkennen kann ...-!
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Beitrag(#1916477) Verfasst am: 18.04.2014, 11:03    Titel: Antworten mit Zitat

sehr gut hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
In Bayern lief gerade eine Verordnung aus, die Nacktbaden untersagt. Maßgeblich sind nun die Gemeindeverodnungen, die manchmal etwa so lauten: "Baden ist nur in der üblichen Badebekleidung erlaubt". Hoppla! Wenn eine blaue Badehose üblich wird, darf ich dann keine rote mehr tragen? Wenn Nacktbaden mit Badehaube üblich wird, darf ich dann keine Badehose mehr tragen?

Wie anders als durch "intellektuelles Spiegelfechten" sollte man Thesen als absurd brandmarken?

Der Weg zu der heutigen Situation war offensichtlich absurd genug, da wurde um jeden Zentimeter mehr Haut bzw weniger Stoff gefochten, da liefen Badeanzugskontrolleure mit einem Maßband über den Strand

Riesenbild
Bild: Washington D.C. USA


Das hat sich aber nicht durch intellektuelle Debatten geändert.

@sehr gut/Mods: könnt ihr das Bild in einen Link umwandeln? Es sprengt einfach die Breite dieses threads, wie ich mit meinem Maßband festgestellt habe ...- zwinkern
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Beiträge: 4007

Beitrag(#1916502) Verfasst am: 18.04.2014, 12:52    Titel: Antworten mit Zitat

sehr gut hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
In Bayern lief gerade eine Verordnung aus, die Nacktbaden untersagt. Maßgeblich sind nun die Gemeindeverodnungen, die manchmal etwa so lauten: "Baden ist nur in der üblichen Badebekleidung erlaubt". Hoppla! Wenn eine blaue Badehose üblich wird, darf ich dann keine rote mehr tragen? Wenn Nacktbaden mit Badehaube üblich wird, darf ich dann keine Badehose mehr tragen?

Wie anders als durch "intellektuelles Spiegelfechten" sollte man Thesen als absurd brandmarken?

Der Weg zu der heutigen Situation war offensichtlich absurd genug, da wurde um jeden Zentimeter mehr Haut bzw weniger Stoff gefochten, da liefen Badeanzugskontrolleure mit einem Maßband über den Strand

Bild: http://i.imgur.com/DqrYnC0.jpg
(Washington D.C. USA)

(Bild nachträglich umgewandelt)


Siehe: Zwickelerlass
http://de.wikipedia.org/wiki/Zwickelerlass

Man kann sagen, was man will: In Familienbädern badete man damals feministisch korrekt:
Zitat:
(3) Männer dürfen öffentlich nur baden, falls sie wenigstens eine Badehose tragen, die mit angeschnittenen Beinen und einem Zwickel versehen ist. In sogenannten Familienbädern haben Männer einen Badeanzug zu tragen.
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hat Spaß



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Beitrag(#1916513) Verfasst am: 18.04.2014, 13:26    Titel: Antworten mit Zitat

Hä? Was hat denn das mit Feminismus zu tun? Am Kopf kratzen
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(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Waschmaschine777
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Beitrag(#1916516) Verfasst am: 18.04.2014, 13:33    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Hä? Was hat denn das mit Feminismus zu tun? Am Kopf kratzen


Siehe:
http://maedchenmannschaft.net/tag/feine-sahne-fischfilet/
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hat Spaß



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Beiträge: 21751

Beitrag(#1916518) Verfasst am: 18.04.2014, 13:38    Titel: Antworten mit Zitat

Waschmaschine777 hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Hä? Was hat denn das mit Feminismus zu tun? Am Kopf kratzen


Siehe:
http://maedchenmannschaft.net/tag/feine-sahne-fischfilet/

Aha.
Das war bestimmt genau die Intention des Zwickelerlasses.
Der übrigens öffentlich gültige Vorschriften beinhaltet, nicht Überlegungen über in einer bestimmten Subkultur erwünschte Verhaltensweisen.
Und der übrigens inhaltlich gerade nicht dieselben Vorschriften für Frauen und Männer beinhaltet.
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(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Beitrag(#1916519) Verfasst am: 18.04.2014, 13:41    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Waschmaschine777 hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Hä? Was hat denn das mit Feminismus zu tun? Am Kopf kratzen


Siehe:
http://maedchenmannschaft.net/tag/feine-sahne-fischfilet/

Aha.
Das war bestimmt genau die Intention des Zwickelerlasses.
Der übrigens öffentlich gültige Vorschriften beinhaltet, nicht Überlegungen über in einer bestimmten Subkultur erwünschte Verhaltensweisen.
Und der übrigens inhaltlich gerade nicht dieselben Vorschriften für Frauen und Männer beinhaltet.


Ich habe nie behauptet, dass das die Intention der Zwickelerlassmacher gewesen sei. Und ich habe mich ausdrücklich auf die Situation in Familienbädern bezogen.
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Beiträge: 21751

Beitrag(#1916648) Verfasst am: 19.04.2014, 12:21    Titel: Antworten mit Zitat

Ah, OK.
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smallie
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Beiträge: 3613

Beitrag(#1916883) Verfasst am: 20.04.2014, 19:15    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und nebenbei simuliert die alte Theologie *Auseinandersetzung* mit der Evolutionsbiologie, so als wäre ihr an Auseinandersetzung in irgend einer Weise gelegen, was aber nicht der Fall ist.

In der Tat.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die einzigen, die in diese Auseinandersetzung ihr Herzblut hinein legen, sind einige engagierte Atheisten und ein Teil des nicht-theologisch geschulten, naiven religiösen Fußvolkes.

Ich kann da nicht aus meiner Haut. Religionskritik auf der "theologischen" Ebene bereit mir Vergnügen. Etwa so wie plot-holes in Filmen zu suchen.



Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Religiöse Leitmotive sind überhaupt nicht begründet, also noch nicht mal falsch.

Hmm. Wenn religiöse Leitmotive nicht begründet sind, was ist dann mit Rabbie Hillels berühmten Spruch?

Zitat:
What is hateful to you, do not do to your fellow: this is the whole Torah; the rest is the explanation; go and learn.

http://en.wikipedia.org/wiki/Hillel_the_Elder

Ist das ein religiöses Leitmotiv? Hillel hätte das bejaht.


Wirklich gute Leitmotive sind subversiv. Sie stellen sich selbst in Frage.

Zitat:
Seong Am Eon calling his own master

Old Master Seong called out every day: "Master!"
Then he answered: "Yes, sir."

And after that he added: "Become clear."
Again he answered: "Yes, sir."

"And after that", he continued, "do not be deceived by others."
"Yes, sir", he answered, "yes, sir."

Ich sollte kurz sagen, wie ich das verstehe:

do not be deceived by others - gilt das auch wenn man selbst der "andere" ist? Es ist nicht nur "die Gesellschaft", die versucht, einem etwas einzurden - manchmal macht man das auch selbst.

Letztes Beispiel, aus einer ganz anderen Ecke:

Zitat:
Think! About Your Work
Turn off the autopilot and take control. Constantly critique and appraise your work.

http://blog.codinghorror.com/a-pragmatic-quick-reference/

Das stammt aus The Pragmatic Programmer. Das Buch ist mir wie eine Bibel. Mr. Green

Der zitierte Satz mag trivial klingen. Aber all zu oft läuft es auf Constantly appraise your work.


Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Mein Ansatz ist der, dass Leitlinien gut begründet sein müssen. In theoretischer Hinsicht mit den besten wissenschaftlichen Methoden, in moralischer Hinsicht mit lebensfördernden Bedürfnissen.

Das sind die zwei elementaren Begründungsdimensionen, die nicht durch Autoritäten und Weisheiten ersetzbar sind.

Den Ansatz teile ich natürlich. Mit zwei dicken Aber für die Praxis.

Erstens: was ist, wenn deine methodische Argumentation einfach abgelehnt wird? Jüngst habe ich mich mit tillich und Kival über formale Ansprüche an Diagramme gekabbelt. Die wollten nicht einsehen, daß ich Recht habe. Motzen Und nun?

Zweitens: alltägliche Situationen sind oft unüberschaubar, theoretisch/analytisches Durchdenken geht nicht. Dann braucht es Leitlinien, um handlungsfähig zu bleiben. Ich kann mein Handeln nicht einstellen, mit den Worten: wartet, bis ich eine allumfassende Theorie habe, dann entscheide ich mich.


Skeptiker hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Wenn meine Vorstellung stimmt, dann sollte es vor der Entstehung der Landwirtschaft keine religiösen Artefakte geben. Falls jemand so ein Artefakt kennt, bitte nur her damit. Erst die Landwirtschaft hat es ermöglicht, daß Menschen an Orten leben, deren Zahl [url=http://en.wikipedia.org/wiki/Dunbar's_number]Dunbars Nummer[/url] wesentlich übersteigt.


Naturreligionen hat es schon vor der Landwirtschaft gegeben. Sie dienten dem Bedürfnis nach Naturerklärung oder auch zur Beschwörung der Naturgeister als Versuch, die Ohnmacht des Urmenschen zu kompensieren. Später haben Religion und Götter eine andere Funktion bekommen und die Menschheit sah sich mehr und mehr mit einer anderen Form von Umwelt konfrontiert - der Gesellschaft.

Ich hab kurz geschaut, was es dazu gibt. Deutsche Wikipedia ist wieder mal unbrauchbar.


Zitat:
Origin

The earliest evidence of religious ideas dates back several hundred thousand years to the Middle and Lower Paleolithic periods. Archaeologists refer to apparent intentional burials of early homo sapiens from as early as 300,000 years ago as evidence of religious ideas. Other evidence of religious ideas include symbolic artifacts from Middle Stone Age sites in Africa. However, the interpretation of early paleolithic artifacts, with regard to how they relate to religious ideas, remains controversial.

Archeological evidence from more recent periods is less controversial. A number of artifacts from the Upper Paleolithic (50,000-13,000) are generally interpreted by scientists as representing religious ideas. Examples of Upper Paleolithic remains associated with religious beliefs include the lion man, the Venus figurines, cave paintings from Chauvet Cave and the elaborate ritual burial from Sungir.

http://en.wikipedia.org/wiki/History_of_religions


Der Text stellt die Sache recht eindeutig dar. Die Beispiele aber finde ich nicht sehr überzeugend.

Löwenmensch:




Venus von Willendorf:




Höhlenmalerei:




Rituelle Bestattung:




Rituelle Bestattung klingt nach einem guten Argument - aber dazu gibt es dieses Gegenbeispiel.

Zitat:
Death ritual

Elephant researcher Martin Meredith recalls an occurrence in his book about a typical elephant death ritual that was witnessed by Anthony Hall-Martin, a South African biologist who had studied elephants in Addo, South Africa, for over eight years. The entire family of a dead matriarch, including her young calf, were all gently touching her body with their trunks, trying to lift her. The elephant herd were all rumbling loudly. The calf was observed to be weeping and made sounds that sounded like a scream, but then the entire herd fell incredibly silent. They then began to throw leaves and dirt over the body and broke off tree branches to cover her. They spent the next two days quietly standing over her body. They sometimes had to leave to get water or food, but they would always return.

http://en.wikipedia.org/wiki/Elephant_intelligence#Death_ritualhttp://en.wikipedia.org/wiki/Elephant_intelligence#Death_ritual

Analog zu Louis Leakey gesagt: Now we must redefine ‘ritual burial’, redefine ‘religion’, or accept elephants as religious. zwinkern



Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Mit List und Logik und wissenschaftlichen Belegen lassen sich falsche Aussagen und/oder unlogische Regeln u.U. widerlegen.

Schwierig wird es, wenn als Reaktion dann umgehend neue Aussagen und neue Regeln treten, so dass das intellektuelle Spiegelfechten als solches erkennbar wird. Es wird zu einer sinnlosen Sysiphos-Tätigkeit, bei der nicht erkannt wird, dass jene Aussagen und Regeln der Herrschenden nicht die Herrschaft selber sind, sondern nur relativ beliebige Äußerungen derselben.

Du meinst religiöse Inhalte seien beliebig und austauschbar - das Problem liege im "sozialen Apparat" den eine religiöse Organisation aufbaut? Dann würde ich antworten: es ist eine westliche Vorstellung, daß Religion einer organisierten Form bedarf. Wäre ich religiös, ich würde darauf bestehen, daß meine Religion mir gehört.

Angenommen, es gäbe eine Religion, die davor warnt, die örtlichen Sitten und Zwänge von Gesellschaften überzubewerten, wäre sie eine richtige?


Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Eine radikale Religionskritik muss meiner Ansicht hinter die aufgetürmten Fassaden religiöser Geschichten gucken und sich von all den bunten Ablenkungsmanövern gar nicht weiter irritieren lassen. Also: Was ist das immer gleichbleibende bei jeder Religion usw.?

Gute Frage: was ist das immer gleichbleibende bei jeder Religion? Gibt es das? Ich denke nein. Das müssten wir anhand von einigen Beispielen auskarteln.

Das Problem geht viel tiefer als Religionskritik: sollte in 30 Jahren Nacktbaden die vorherrschende Mode sein, dann würden jene, die heute nacktbaden für unschicklich halten, die ersten sein, die bekleidet zu baden unschicklich finden.
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Waschmaschine777
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Beitrag(#1916884) Verfasst am: 20.04.2014, 19:20    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:


Das Problem geht viel tiefer als Religionskritik: sollte in 30 Jahren Nacktbaden die vorherrschende Mode sein, dann würden jene, die heute nacktbaden für unschicklich halten, die ersten sein, die bekleidet zu baden unschicklich finden.


Naja, in 30 Jahren haben die auch das übliche Nacktbader-Alter erreicht.


Zuletzt bearbeitet von Waschmaschine777 am 20.04.2014, 20:54, insgesamt einmal bearbeitet
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Desperadox
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Beitrag(#1916903) Verfasst am: 20.04.2014, 20:51    Titel: Antworten mit Zitat

Waschmaschine777 hat folgendes geschrieben:

http://maedchenmannschaft.net/tag/feine-sahne-fischfilet/

Aus Gründen der Solidarität erlaube ich hiermit allen weiblichen Personen, in meinen Räumlichkeiten ihre Oberteile auszuziehen. zwinkern
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Skeptiker
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Beitrag(#1916962) Verfasst am: 21.04.2014, 09:31    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Religiöse Leitmotive sind überhaupt nicht begründet, also noch nicht mal falsch.

Hmm. Wenn religiöse Leitmotive nicht begründet sind, was ist dann mit Rabbie Hillels berühmten Spruch?

Zitat:
What is hateful to you, do not do to your fellow: this is the whole Torah; the rest is the explanation; go and learn.

http://en.wikipedia.org/wiki/Hillel_the_Elder

Ist das ein religiöses Leitmotiv? Hillel hätte das bejaht.


Das ist analog dem Kategorischen Imperativ. Ich halte beides für unzureichend, da nicht berücksichtigt wird, dass das, was der eine hasst bzw. nicht will, dem anderen durchaus genehm sein kann. "Geschmäcker sind verschieden" sagt der Volksmund.

Oder anders formuliert: Die allgemeinen Bedürfnisse einer Tierart mögen die gleichen sein. Die besonderen - individuellen - Bedürfnisse können sich erheblich unterscheiden.

Insofern müsste es dahingehend modifiziert werden, dass bezüglich allgemeiner Bedürfnisse Hillel und Kant gelten mögen, jedoch bezüglich besonderer Bedürfnisse Bedürfnisforschung stattfinden muss.

smallie hat folgendes geschrieben:
Wirklich gute Leitmotive sind subversiv. Sie stellen sich selbst in Frage.

Zitat:
Seong Am Eon calling his own master

Old Master Seong called out every day: "Master!"
Then he answered: "Yes, sir."

And after that he added: "Become clear."
Again he answered: "Yes, sir."

"And after that", he continued, "do not be deceived by others."
"Yes, sir", he answered, "yes, sir."

Ich sollte kurz sagen, wie ich das verstehe:

do not be deceived by others - gilt das auch wenn man selbst der "andere" ist? Es ist nicht nur "die Gesellschaft", die versucht, einem etwas einzurden - manchmal macht man das auch selbst.


Zunächst mal zum Begriff "subversiv":

Suversiv kann heissen, Regeln in Frage zu stellen, aber das kommt darauf an, wie gut Regeln (und Aussagen) begründet sind. Weder uwebus noch Ken Jebsen sind subversiv, weil sie physikalische Gesetze oder historische Erkenntnisse in Frage stellen. Sondern sie sind einfach nur banausisch und befinden sich im Kampf gegen die Realität.

Gleiches gilt auch im Bereich der Ernährungsforschung, der Medizin, der Pädagogik, der Sportphysiologie, uvm.

Außerdem verstehe ich Subversivität nicht nur gegen falsches Denken und Verhalten gerichtet, sondern vor allem gegen falsche Strukturen, die sich selbst als fix und unhinterfragbar ausgeben, dies aber nicht wirklich gut begründen können. Sie können es oft begründen, aber eben nicht gut, d.h. oft sind es Begründungen, welche elementaren Qualitätsmaßstäben nicht genügen.

Hier ist Subversivität eine nahezu automatische Folge und sie hat dann mehr Rationalität auf ihrer Seite als jene nicht rational unterfütterten Strukturen, die sie in Frage stellt.

smallie hat folgendes geschrieben:
Letztes Beispiel, aus einer ganz anderen Ecke:

Zitat:
Think! About Your Work
Turn off the autopilot and take control. Constantly critique and appraise your work.

http://blog.codinghorror.com/a-pragmatic-quick-reference/

Das stammt aus The Pragmatic Programmer. Das Buch ist mir wie eine Bibel. Mr. Green

Der zitierte Satz mag trivial klingen. Aber all zu oft läuft es auf Constantly appraise your work.


Es gibt Programmiergurus, die sich sehr viel auf ihre Weisheiten einbilden. Sie mögen z.T. sehr erfolgreich und/oder berühmt sein.

Hier ist meine Einstellung die, die ich auch in bezug auf alle anderen Dinge habe: Man nehme das Wertvolle daraus, das gut begründete und werfe den Rest in den Mülleimer, sollte man erkannt haben, dass es nichts taugt.

Beim Programmieren gibt es verschiedene Wege nach Rom. Es gibt viele Möglichkeiten, Aufgaben zu lösen und es gibt verschiedene Programmierphilosophien. Kritik schützt gegen Selbstzufriedenheit. auch ein Maler, der zu früh mit seinem Werk zufrieden ist, schöpft u.U. nicht sein volles Potenzial aus.

Kritik ist ein Mittel, dies zu erreichen. Aber man sollte nicht den Blick für das Gelungene verlieren. Deswegen das "und", welches die Ballance gut ausdrückt.

Da stimmen wir - denke ich - überein.

smallie hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Mein Ansatz ist der, dass Leitlinien gut begründet sein müssen. In theoretischer Hinsicht mit den besten wissenschaftlichen Methoden, in moralischer Hinsicht mit lebensfördernden Bedürfnissen.

Das sind die zwei elementaren Begründungsdimensionen, die nicht durch Autoritäten und Weisheiten ersetzbar sind.

Den Ansatz teile ich natürlich. Mit zwei dicken Aber für die Praxis.

Erstens: was ist, wenn deine methodische Argumentation einfach abgelehnt wird? Jüngst habe ich mich mit tillich und Kival über formale Ansprüche an Diagramme gekabbelt. Die wollten nicht einsehen, daß ich Recht habe. Motzen Und nun?


Du hast Recht und die beiden haben auch Recht. Beides widerspricht sich nämlich gar nicht.

Du sagst: Ein Diagramm sollte den Betrachter nicht zum Nachgrübeln bringen. Die beiden sagen: "wieso, wenn es nicht anders geht, dass man eine gerade Linie unterbrechen muss?"

Die Synthese daraus ist: Man sollte den Betrachter nicht zum Grübeln bringen, es sei denn, die Dimensionen lassen keine andere Möglichkeit.

smallie hat folgendes geschrieben:
Zweitens: alltägliche Situationen sind oft unüberschaubar, theoretisch/analytisches Durchdenken geht nicht. Dann braucht es Leitlinien, um handlungsfähig zu bleiben. Ich kann mein Handeln nicht einstellen, mit den Worten: wartet, bis ich eine allumfassende Theorie habe, dann entscheide ich mich.


Auch das schließt sich beides nicht aus. Eine strategische Zielsetzung kann in vielen Situationen gar nicht zum Tragen kommen, so dass man sich ersatzweise mit einfachen Leitlinien behelfen kann, um handlungsfähig zu sein.

Deswegen sage ich auch immer: Theorie und Praxis sind von Natur aus getrennt und es ist vermessen, zu glauben, man können eine Theorie einfach *umsetzen*. Das ist eher eine Sache der ständigen Rückkopplung und des Lernens.

smallie hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Wenn meine Vorstellung stimmt, dann sollte es vor der Entstehung der Landwirtschaft keine religiösen Artefakte geben. Falls jemand so ein Artefakt kennt, bitte nur her damit. Erst die Landwirtschaft hat es ermöglicht, daß Menschen an Orten leben, deren Zahl [url=http://en.wikipedia.org/wiki/Dunbar's_number]Dunbars Nummer[/url] wesentlich übersteigt.


Naturreligionen hat es schon vor der Landwirtschaft gegeben. Sie dienten dem Bedürfnis nach Naturerklärung oder auch zur Beschwörung der Naturgeister als Versuch, die Ohnmacht des Urmenschen zu kompensieren. Später haben Religion und Götter eine andere Funktion bekommen und die Menschheit sah sich mehr und mehr mit einer anderen Form von Umwelt konfrontiert - der Gesellschaft.


Ich hab kurz geschaut, was es dazu gibt. Deutsche Wikipedia ist wieder mal unbrauchbar.

Zitat:
Origin

The earliest evidence of religious ideas dates back several hundred thousand years to the Middle and Lower Paleolithic periods. Archaeologists refer to apparent intentional burials of early homo sapiens from as early as 300,000 years ago as evidence of religious ideas. Other evidence of religious ideas include symbolic artifacts from Middle Stone Age sites in Africa. However, the interpretation of early paleolithic artifacts, with regard to how they relate to religious ideas, remains controversial.

Archeological evidence from more recent periods is less controversial. A number of artifacts from the Upper Paleolithic (50,000-13,000) are generally interpreted by scientists as representing religious ideas. Examples of Upper Paleolithic remains associated with religious beliefs include the lion man, the Venus figurines, cave paintings from Chauvet Cave and the elaborate ritual burial from Sungir.

http://en.wikipedia.org/wiki/History_of_religions


Der Text stellt die Sache recht eindeutig dar. Die Beispiele aber finde ich nicht sehr überzeugend.

[verschiedene Bilder]

Rituelle Bestattung klingt nach einem guten Argument - aber dazu gibt es dieses Gegenbeispiel.

Zitat:
Death ritual

Elephant researcher Martin Meredith recalls an occurrence in his book about a typical elephant death ritual that was witnessed by Anthony Hall-Martin, a South African biologist who had studied elephants in Addo, South Africa, for over eight years. The entire family of a dead matriarch, including her young calf, were all gently touching her body with their trunks, trying to lift her. The elephant herd were all rumbling loudly. The calf was observed to be weeping and made sounds that sounded like a scream, but then the entire herd fell incredibly silent. They then began to throw leaves and dirt over the body and broke off tree branches to cover her. They spent the next two days quietly standing over her body. They sometimes had to leave to get water or food, but they would always return.

http://en.wikipedia.org/wiki/Elephant_intelligence#Death_ritualhttp://en.wikipedia.org/wiki/Elephant_intelligence#Death_ritual

Analog zu Louis Leakey gesagt: Now we must redefine ‘ritual burial’, redefine ‘religion’, or accept elephants as religious. zwinkern


Diese Szenerie mit den trauernden Elefanten ist sehr beeindruckend und zeigt, wie *menschlich* diese komplexen Tiere sind.

Ja, die Artefakte inklusive ritueller Bestattung sind recht zweifelhafte Belege für Religiösität.

Da gewinnt man wohl mehr Erkenntnisse, wenn man sich die Erforschungen von Naturvölkern anguckt, ob die Indianer Nordamerikas seinerzeit, die Aborigines oder afrikanische Naturvölker.

Dort findet man z.B. jene "Götter" des Regens, der Jagd, der Fruchtbarkeit, etc.

Im Analogieschluss könnte man das dann übertragen auf frühere Kulturen auf der ganzen Erde. Wichtig finde ich auch die Vermischung von "überweltlichen Wesen" mit irdischen Gurus (denen man gleichwohl oft übermenschliche Weisheit zuspricht).

Der christliche "Gott" ist zugleich auch Mensch geworden, Buddha ist ein von überweltlicher Weisheit inspirierter Guru.

Diese Merkmale fehlen bei der Elefantenherde selbstverständlich. Und womöglich fehlten sie auch bei vielen rituellen Bestattungen in menschlichen Frühzeit.

smallie hat folgendes geschrieben:
Du meinst religiöse Inhalte seien beliebig und austauschbar - das Problem liege im "sozialen Apparat" den eine religiöse Organisation aufbaut? Dann würde ich antworten: es ist eine westliche Vorstellung, daß Religion einer organisierten Form bedarf. Wäre ich religiös, ich würde darauf bestehen, daß meine Religion mir gehört.


Inhalte und Organisationsformen von Religionen sind in ihrer Variabilität, ja Beliebigkeit nicht zu unterschätzen. Sie haben es bisher stets verstanden, sich an geänderte gesellschaftliche Veränderungen anzupassen und die menschliche Emanzipation zu torpedieren.

Deine Unterscheidung zwischen Kirche und Religion scheint ein Ausweg zu sein. Und in der Tat: so argumentieren auch viele Atheisten. Ich würde aber hier keinen grundsätzlichen Unterschied machen, weil ich darin auch die Gefahr sehe, dass herkömmliche Organisationsformen sich lediglich transformieren. Religionskritik darf nicht nur Kirchenkritik sein, meiner Ansicht nach.

smallie hat folgendes geschrieben:
Angenommen, es gäbe eine Religion, die davor warnt, die örtlichen Sitten und Zwänge von Gesellschaften überzubewerten, wäre sie eine richtige?


Das wäre eine Leitlinie, die ich gar nicht als religiös bezeichnen würde, sondern eher als antireligiös, da sie den Zweifel und nicht den Glauben schürt. Aber eine gute Leitlinie.

smallie hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Eine radikale Religionskritik muss meiner Ansicht hinter die aufgetürmten Fassaden religiöser Geschichten gucken und sich von all den bunten Ablenkungsmanövern gar nicht weiter irritieren lassen. Also: Was ist das immer gleichbleibende bei jeder Religion usw.?


Gute Frage: was ist das immer gleichbleibende bei jeder Religion? Gibt es das? Ich denke nein. Das müssten wir anhand von einigen Beispielen auskarteln.


Siehst du, da streiten wir uns. Meine Arbeitshypothese ist, dass jede Religion ungeachtet ihren vielfältigen Wandlungen und Formen immer die selben Grundelemente hat.

Das sind z.B.:

- Leitlinien/Anweisungen/Verbote/etc. ohne gute, rationale Begründung sowie mit einem zusätzlichen Tabu der Nachfrage nach einer solchen

- überweltliche "Götter" und/oder übermenschliche Gurus

- Irrationalität

- Fehlender Glaube an die menschlichen, schöpferischen und rationalen Potenziale

- u.a.

All dies ist meiner Meinung nach in jeder heute bekannten Religion vorhanden, aber auch in früheren Naturreligionen.

smallie hat folgendes geschrieben:
Das Problem geht viel tiefer als Religionskritik: sollte in 30 Jahren Nacktbaden die vorherrschende Mode sein, dann würden jene, die heute nacktbaden für unschicklich halten, die ersten sein, die bekleidet zu baden unschicklich finden.


Das meine ich ja mit der Wandelbarkeit von Regeln. Dem Prinzip nach ist es egal, welche Regel den Konformitätsdruck erzeugt.

Die europäischen Kolonisatoren haben sich seinerzeit mokiert über die Nacktheit der *Barbaren* und heute mokieren sich die westlichen Herrschaftskulturen über die Angezogenheit moslemischer Frauen.

Man sieht also: Die Art des Unterschiedes ist egal, abe der dass ein Unterschied als solcher vorliegt wird als "Argument" für die Überlegenheit einer Kultur benutzt ...-
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Beiträge: 1048

Beitrag(#1916965) Verfasst am: 21.04.2014, 10:01    Titel: Antworten mit Zitat

sehr gut hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Religion, auch die christliche Religion, braucht eigentlich keinen "Gott".

Religionsähnliche Strukturen kann man relativ leicht schaffen; eine Botschaft die verkündet wird(wie auch immer, gewaltfrei oder mit Gewalt, erfunden oder auf Tatsachen basierend), sobald sie auf Papier niedergeschrieben wird bekommt man sie kaum noch weg.

Das deutsche Hanf-Verbot ist religions-ähnlich: Irgendjemand hatte es sich (im wahrsten Sinne) ausgedacht, sobald es auf Papier war ist es wie ein religiöses Buch geworden ("es steht geschrieben", fast unhinterfragbar) und wird ähnlich radikal angewendet, die Strukturen sind ähnlich einer Religionspolizei.

Ich nutze die Entstehung und Aufrechterhaltung dieses Gesetzes mittlerweile als Anschauung wie Religionen entstehen und aufrechterhalten werden.


Genau so sehe ich das mittlerweile auch!
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Umso mehr bin ich für strikte (finanzielle) Trennung von Kirche und Staat! Opus Dei oder die Piusbrüder mag ich schon gleich überhaupt nicht!
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smallie
resistent!?



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Beiträge: 3613

Beitrag(#1917282) Verfasst am: 22.04.2014, 23:35    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Da stimmen wir - denke ich - überein.

Ich denke wir stimmen in vielem überein, nur nicht ob Religion grundsätzlich pfui ist.


Skeptiker hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Das Problem geht viel tiefer als Religionskritik: sollte in 30 Jahren Nacktbaden die vorherrschende Mode sein, dann würden jene, die heute nacktbaden für unschicklich halten, die ersten sein, die bekleidet zu baden unschicklich finden.


Das meine ich ja mit der Wandelbarkeit von Regeln. Dem Prinzip nach ist es egal, welche Regel den Konformitätsdruck erzeugt.

Die europäischen Kolonisatoren haben sich seinerzeit mokiert über die Nacktheit der *Barbaren* und heute mokieren sich die westlichen Herrschaftskulturen über die Angezogenheit moslemischer Frauen.

Genau das.

Ähnliches im Streit um das Kopftuch im Schulunterricht. Entweder gar keine religiösen Symbole zulassen, oder alle. Die Versuche mancher Länder, das Kopftuch zu verbannen, aber das Schmuckkreuzchen zu erlauben, sind einfach nur schäbig.



Skeptiker hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Religiöse Leitmotive sind überhaupt nicht begründet, also noch nicht mal falsch.

Hmm. Wenn religiöse Leitmotive nicht begründet sind, was ist dann mit Rabbie Hillels berühmten Spruch?

Zitat:
What is hateful to you, do not do to your fellow: this is the whole Torah; the rest is the explanation; go and learn.

http://en.wikipedia.org/wiki/Hillel_the_Elder

Ist das ein religiöses Leitmotiv? Hillel hätte das bejaht.


Das ist analog dem Kategorischen Imperativ. Ich halte beides für unzureichend, da nicht berücksichtigt wird, dass das, was der eine hasst bzw. nicht will, dem anderen durchaus genehm sein kann. "Geschmäcker sind verschieden" sagt der Volksmund.

Oder anders formuliert: Die allgemeinen Bedürfnisse einer Tierart mögen die gleichen sein. Die besonderen - individuellen - Bedürfnisse können sich erheblich unterscheiden.

Insofern müsste es dahingehend modifiziert werden, dass bezüglich allgemeiner Bedürfnisse Hillel und Kant gelten mögen, jedoch bezüglich besonderer Bedürfnisse Bedürfnisforschung stattfinden muss.


Diesen Teil:

Zitat:
Oder anders formuliert: Die allgemeinen Bedürfnisse einer Tierart mögen die gleichen sein. Die besonderen - individuellen - Bedürfnisse können sich erheblich unterscheiden.

unterschreibe ich sofort.

Das sehe ich anders:

Zitat:
Das ist analog dem Kategorischen Imperativ. Ich halte beides für unzureichend, da nicht berücksichtigt wird, dass das, was der eine hasst bzw. nicht will, dem anderen durchaus genehm sein kann. "Geschmäcker sind verschieden" sagt der Volksmund.

Das wäre eher diese Variante: "Tue deinem Nächsten, so wie du willst daß dir getan wird."

Hillel hat's aber negativ formuliert. "Vermeide, was du nicht auch selbst erleben möchtest". Ich finde, das hebt die Aussage auf eine Meta-Ebene.

Zitat:
Insofern müsste es dahingehend modifiziert werden, dass bezüglich allgemeiner Bedürfnisse Hillel und Kant gelten mögen, jedoch bezüglich besonderer Bedürfnisse Bedürfnisforschung stattfinden muss.

Da bin ich als alter Anarcho einen Schritt weiter. Zustimmung

Wenn jemand Bedürfnisse äußert, die zweite oder dritte nicht tangieren, dann bedarf es keiner Bedürfnisforschung, um das anzuerkennen.


Skeptiker hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Wirklich gute Leitmotive sind subversiv. Sie stellen sich selbst in Frage.
...


Zunächst mal zum Begriff "subversiv":

Suversiv kann heissen, Regeln in Frage zu stellen, aber das kommt darauf an, wie gut Regeln (und Aussagen) begründet sind. Weder uwebus noch Ken Jebsen sind subversiv, weil sie physikalische Gesetze oder historische Erkenntnisse in Frage stellen. Sondern sie sind einfach nur banausisch und befinden sich im Kampf gegen die Realität.

Gleiches gilt auch im Bereich der Ernährungsforschung, der Medizin, der Pädagogik, der Sportphysiologie, uvm.

Außerdem verstehe ich Subversivität nicht nur gegen falsches Denken und Verhalten gerichtet, sondern vor allem gegen falsche Strukturen, die sich selbst als fix und unhinterfragbar ausgeben, dies aber nicht wirklich gut begründen können. Sie können es oft begründen, aber eben nicht gut, d.h. oft sind es Begründungen, welche elementaren Qualitätsmaßstäben nicht genügen.

Hier ist Subversivität eine nahezu automatische Folge und sie hat dann mehr Rationalität auf ihrer Seite als jene nicht rational unterfütterten Strukturen, die sie in Frage stellt.


Die subversivste Stelle in den mir bekannten religiösen Schriften geht so:

Zitat:
Der Weg den man nennen kann ist nicht der wahre Weg.


Das ist ganz anders als die westliche Vorstellung von Religion: "Wir sagen dir, wo's lang geht!"


Zitat:
Das Katzenritual

In einem Zen-Kloster gab es ein Katze, die während der gemeinsamen Meditation immer fürchtlich miaute. Der Abt kam auf die Idee, die Katze zu knebeln. Irgendwann starb der Abt. Dann starb auch die Katze und der Orden besorgte sich eine neue Katze. Die wurde ebenfalls geknebelt und die Novizen schrieben hochtrabende Aufsätze über die Bedeutung der Katzenknebelung während der Meditation.

Ich konnte noch nicht herausfinden, aus welcher Zeit diese Geschichte stammt.

Treffend ist sie allemal. Und natürlich subversiv.


Skeptiker hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
was ist, wenn deine methodische Argumentation einfach abgelehnt wird? Jüngst habe ich mich mit tillich und Kival über formale Ansprüche an Diagramme gekabbelt. Die wollten nicht einsehen, daß ich Recht habe. Motzen Und nun?


Du hast Recht und die beiden haben auch Recht. Beides widerspricht sich nämlich gar nicht.

Du sagst: Ein Diagramm sollte den Betrachter nicht zum Nachgrübeln bringen. Die beiden sagen: "wieso, wenn es nicht anders geht, dass man eine gerade Linie unterbrechen muss?"

Die Synthese daraus ist: Man sollte den Betrachter nicht zum Grübeln bringen, es sei denn, die Dimensionen lassen keine andere Möglichkeit.

Ich schlage ein viel radikalere Synthese vor.

Meine Überzeugung, wie ein gutes Diagramm aussehen muß, ist quasi-religiös. Wenn ein Diagramm dagegen verstößt werde ich argwöhnisch.

Ein anderes Prinzip ist das Prinzip der Mittelmäßigkeit. Es ist unwahrscheinlich, daß wir in der besten aller möglichen Welten leben. Ebenso unwahrscheinlich ist es, nur der Prawda oder dem Bayernkurier zu unterstellen, sie würden Tatsachen verzerren. Objektiv betrachtet kann man erwarten, auch in unseren Medien die eine oder andere Verzerrung zu finden.

Meine quasi-religiöse Überzeugung sagt mir, der Versuch, westliche Verteidungsausgaben kleinzureden, ist verdächtig. Um die Kurve zum Thema Religion zu kriegen:

Zitat:
Science flies you to the moon, Religion flies you into buildings.

Nein. Dagegen. Widerspruch.

Ron Paul, amerikanischer Präsidentschaftskandidat, sagte sinngemäß: "They are attacking us, because we are meddling with them." "Sie greifen uns an, weil wir uns einmischen." Unabhängig davon, was man von Ron Paul hält, hier hat er etwas erkannt, was in der westlich medialen Darstellung ausgeblendet wird.

Diesen Konflikt auf die Ebene von religiösen Differenzen zu reduzieren, geht am Kern des Problems vorbei.
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Beitrag(#1917324) Verfasst am: 23.04.2014, 08:17    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Hillel hat's aber negativ formuliert. "Vermeide, was du nicht auch selbst erleben möchtest". Ich finde, das hebt die Aussage auf eine Meta-Ebene.

Beim Kategorischen Imperativ fällt mir immer auf, daß er nur "funktioniert", wenn die Gemeinschaft, in der er gelten soll, hinreichend homogen in bezug auf ihre Grundwerte ist. Ein Beispiel: Eine Mehrheit Strenggläubiger beschließt die Steinigung von EhebrecherInnnen. Um das in Widerspruch mit dem KI zu bringen, muß man schon einige Kopfstände machen - etwa indem man argumentiert, es zähle, was sie wollen würden, wenn sie bereits die Ehe gebrochen hätten.

smallie hat folgendes geschrieben:
Die subversivste Stelle in den mir bekannten religiösen Schriften geht so:
Zitat:
Der Weg den man nennen kann ist nicht der wahre Weg.

Das gefällt mir sehr gut - fällt allerdings nur im allerweitesten Sinne unter Religion, oder? Ist das nicht eher so etwas wie praktische Philosophie oder Lebensweisheit? Oder von mir aus auch auch Subversionstechnik?

smallie hat folgendes geschrieben:
Ein anderes Prinzip ist das Prinzip der Mittelmäßigkeit. Es ist unwahrscheinlich, daß wir in der besten aller möglichen Welten leben. Ebenso unwahrscheinlich ist es, nur der Prawda oder dem Bayernkurier zu unterstellen, sie würden Tatsachen verzerren. Objektiv betrachtet kann man erwarten, auch in unseren Medien die eine oder andere Verzerrung zu finden.

Ja, man kann sogar erwarten, daß der Mensch als solcher nicht (nur) die Wahrheit liebt, sondern auch die Verzerrung.

smallie hat folgendes geschrieben:
Ron Paul, amerikanischer Präsidentschaftskandidat, sagte sinngemäß: "They are attacking us, because we are meddling with them." "Sie greifen uns an, weil wir uns einmischen." Unabhängig davon, was man von Ron Paul hält, hier hat er etwas erkannt, was in der westlich medialen Darstellung ausgeblendet wird. Diesen Konflikt auf die Ebene von religiösen Differenzen zu reduzieren, geht am Kern des Problems vorbei.

Hmm ... aber Islam und Christentum haben doch eindeutig selbst einen "meddling"-Anspruch, sie streben recht expansiv über ihren Stammesbereich hinaus. Zudem, und um auf den KI weiter oben zurückzukommen: Für welche "Zellengröße" gilt jeweils ein KI? Sollte es globale Werte / Menschenrechte geben, deren Einhaltung "meddling" erlaubt / erfordert?
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Beitrag(#1917331) Verfasst am: 23.04.2014, 09:02    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Das Katzenritual

In einem Zen-Kloster gab es ein Katze, die während der gemeinsamen Meditation immer fürchtlich miaute. Der Abt kam auf die Idee, die Katze zu knebeln. Irgendwann starb der Abt. Dann starb auch die Katze und der Orden besorgte sich eine neue Katze. Die wurde ebenfalls geknebelt und die Novizen schrieben hochtrabende Aufsätze über die Bedeutung der Katzenknebelung während der Meditation.

Sobald diese 'Katzenknebelung' niedergeschrieben und Teil der Religion wurde wird sie auch nicht mehr hinterfragt, sie "steht geschrieben", die Hintergründe oder ob diese Knebelung einfach nur irre ist stünde da nicht mehr in Frage.

Aber über diese Geschichte braucht man nicht zu lachen, wir haben Gesetze die ursprünglich einen rassistischen Hintergrund hatten und sie stehen nicht in Frage.
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smallie
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Beitrag(#1917773) Verfasst am: 24.04.2014, 21:20    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Hillel hat's aber negativ formuliert. "Vermeide, was du nicht auch selbst erleben möchtest". Ich finde, das hebt die Aussage auf eine Meta-Ebene.

Beim Kategorischen Imperativ fällt mir immer auf, daß er nur "funktioniert", wenn die Gemeinschaft, in der er gelten soll, hinreichend homogen in bezug auf ihre Grundwerte ist. Ein Beispiel: Eine Mehrheit Strenggläubiger beschließt die Steinigung von EhebrecherInnnen. Um das in Widerspruch mit dem KI zu bringen, muß man schon einige Kopfstände machen - etwa indem man argumentiert, es zähle, was sie wollen würden, wenn sie bereits die Ehe gebrochen hätten.

Deshalb gefällt mir die negative Formulierung von Hillel besser. "Handle mustergültig" lädt zu Auslegungen wie in deinem Beispiel geradezu ein. "Mustergültig, so daß es ein allgemeines Gesetz sein könnte" bringt eine abstrakte Ebene ins Spiel, die bei Hillel fehlt. Hillel in zeitgenössischem Deutsch gesagt: "Geht mir nicht auf den Sack, dann gehe euch auch nicht auf den Sack." Oder auf englisch: "Don't start none, won't be none." Der Bezug aufs Praktische und Zwischenmenschliche tut der Sache gut.

Dann ist dieser Dialog möglich:

STEINIGER: Ich schlag dir den Schädel ein, weil du die Ehe gebrochen hast.
EHEBRECHER: Hintenanstellen. Erst schlag ich dir den Schädel ein, weil du Gebot X meiner Religion Y missachtet hast.
STEINIGER: Hoppla. Das möchte ich ja nun gar nicht, das tut bestimmt fürchterlich weh. Vergessen wir die Sache.


step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Die subversivste Stelle in den mir bekannten religiösen Schriften geht so:
Zitat:
Der Weg den man nennen kann ist nicht der wahre Weg.

Das gefällt mir sehr gut -

Dann sag' ich kurz, wie ich das verstehe - nicht, daß es uns aus unterschiedlichen Gründen gefällt. zwinkern

Der Spruch heißt für mich, daß es keine perfekte Strategie gibt. Eine Strategie, die in einer Situation erfolgreich war, kann in einer oberflächlich ähnlich aussehenden Situation scheitern. Im iterierten Tit-for-Tit aus der Spieltheorie gibt es keine perfekte Strategie, sie hängt davon ab, welche andere Strategien vertreten sind. Und natürlich gibt es zu jeder Strategie eine Gegenstrategie - Sun Tzu gibt Ratschläge sowohl für die überlegene als auch für zahlenmäßig unterlegene Armeen. Etwas salopp gesagt: jeder Satellit hat seinen Killersatelliten. Schon bin ich bei Evolution: das Wettrüsten zwischen Beute und Räuber oder Wirt und Parasit ist ein Beispiel dafür, daß der Weg, den man nennen kann, nicht der wahre Weg ist. Oder nochmal anders gesagt: die beste Strategie kann nicht in polynomialer Zeit berechnet werden.

An dieser Stelle kommen Leitmotive ins Spiel. Meinetwegen auch Intuition.


step hat folgendes geschrieben:
Das gefällt mir sehr gut - fällt allerdings nur im allerweitesten Sinne unter Religion, oder? Ist das nicht eher so etwas wie praktische Philosophie oder Lebensweisheit? Oder von mir aus auch auch Subversionstechnik?

Der Satz ist die erste Zeile im Tao-Te-King. Taoismus gehört nicht zwar nicht zu den fünf großen Weltreligionen, aber in den meisten Listen von Religionen ist er schon aufgeführt.


step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Ein anderes Prinzip ist das Prinzip der Mittelmäßigkeit. Es ist unwahrscheinlich, daß wir in der besten aller möglichen Welten leben. Ebenso unwahrscheinlich ist es, nur der Prawda oder dem Bayernkurier zu unterstellen, sie würden Tatsachen verzerren. Objektiv betrachtet kann man erwarten, auch in unseren Medien die eine oder andere Verzerrung zu finden.

Ja, man kann sogar erwarten, daß der Mensch als solcher nicht (nur) die Wahrheit liebt, sondern auch die Verzerrung.

Siehe oben, das Zitat mit Seong Am Eon, der sich selbst als Meister rief. Manchmal macht man sich selbst etwas vor. Der einzige Ausweg aus der Klemme ist eine neue Art der "Fehlerkultur". Statt Fehler peinlich zu finden, sollten wir sie umarmen, weil wir aus ihnen lernen. Ich sagte mal zu meinem Vater: "Es stünde jedem Menschen gut an, zu wissen, daß er auch mal ein Arschloch sein kann". Darauf er: "Willst du sagen, ich sei ein Arschloch?" Tja, so lernt man natürlich nichts.

Und nun?

- Schocktherapie?
- Steter Tropfen hölt den Stein
- Let it be.
- ...?


step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Ron Paul, amerikanischer Präsidentschaftskandidat, sagte sinngemäß: "They are attacking us, because we are meddling with them." "Sie greifen uns an, weil wir uns einmischen." Unabhängig davon, was man von Ron Paul hält, hier hat er etwas erkannt, was in der westlich medialen Darstellung ausgeblendet wird. Diesen Konflikt auf die Ebene von religiösen Differenzen zu reduzieren, geht am Kern des Problems vorbei.

Hmm ... aber Islam und Christentum haben doch eindeutig selbst einen "meddling"-Anspruch, sie streben recht expansiv über ihren Stammesbereich hinaus.

Verstehe ich nicht ganz im Zusammenhang mit Ron Paul. Der sagte, verteidigen wir unser Land, anstatt unsere Flotte auf den Weltmeeren herumschippern zu lassen. Er würde Einmischung möglichst vermeiden, und das ist gut, unabhängig davon, ob andere mit ihrer Expansion fortfahren.

These: wie viele scheinbar religiöse Konflikte sind tatsächlich politische Konflikte? Da ich die Antwort nicht kenne, wage ich diese steile Voraussage: der Irlandkonflikt war kein Konflikt zwischen Katholiken und Reformierten, Ursache war die Besetzung Nordirlands, die nebenbei auch zu den unterschiedlichen Konfessionen führte.

Das müßte man bei allen Konflikten der Geschichte durchexerzieren. Bei wie vielen vermeintlich religiösen Konflikten wird sich herausstellen, daß sie eigentlich ethnische Konflikte sind und Religion nur eine Begleiterscheinung der Ethnie ist? Oder natürlich Begleiterscheinungen der Interessen der damaligen Kolonialmächte oder der heutigen Großmächte.


step hat folgendes geschrieben:
Zudem, und um auf den KI weiter oben zurückzukommen: Für welche "Zellengröße" gilt jeweils ein KI?

Zwei natürlich.

Wer mich steinigen will, soll mir das ins Gesicht sagen, statt sich hinter einer "Zellgröße" zu verstecken.


step hat folgendes geschrieben:
Sollte es globale Werte / Menschenrechte geben, deren Einhaltung "meddling" erlaubt / erfordert?

Bei dieser Frage sollte ich passen, ich hab dazu keine fertige Meinung.

Aber gut, was soll's. Einfach hingeschrieben, was mir dazu einfällt, ohne Anspruch auf Korrektheit:

Wenn sich Menschen unerlaubt und unerwünscht in das Leben anderer Menschen einmischen, wäre die Einmischung einer höheren Gewalt erlaubt oder gar gefordert. Eigentlich auch dann schon, wenn Leib und Leben noch nicht gefährdet sind. Ganz wohl ist mir damit aber nicht. Militärisch eingreifen - falls ich dich richtig verstehe - geht nur bei kleinen Staaten. Fände die Verletzung globaler Werte in China oder Rußland statt, man müßte tatenlos zusehen. Das ist ein bisschen inkonsequent. Es wäre opportunistisch. Wenn man sich einmischt, dann müssen gleiche Regeln für alle gelten.

Jetzt fällt mir doch noch eine Antwort ein: "muß man im Einzelfall prüfen". Alles andere wäre der vergebliche Versuch, den wahren Weg zu nennen. Pfeifen Mr. Green
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smallie
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Beitrag(#1917777) Verfasst am: 24.04.2014, 21:36    Titel: Antworten mit Zitat

sehr gut hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Das Katzenritual

In einem Zen-Kloster gab es ein Katze, die während der gemeinsamen Meditation immer fürchtlich miaute. Der Abt kam auf die Idee, die Katze zu knebeln. Irgendwann starb der Abt. Dann starb auch die Katze und der Orden besorgte sich eine neue Katze. Die wurde ebenfalls geknebelt und die Novizen schrieben hochtrabende Aufsätze über die Bedeutung der Katzenknebelung während der Meditation.

Sobald diese 'Katzenknebelung' niedergeschrieben und Teil der Religion wurde wird sie auch nicht mehr hinterfragt, sie "steht geschrieben", die Hintergründe oder ob diese Knebelung einfach nur irre ist stünde da nicht mehr in Frage.

Das stimmt. Es gibt eine starke Tendenz, einfach zu überlesen, was wirklich mit einem Text gemeint ist. Beispiele dafür gibt es auch in der Bibel. Ein Prachtexemplar:

Matthäus 15:7 hat folgendes geschrieben:
Ihr Heuchler, wohl fein hat Jesaja von euch geweissagt und gesprochen: "Dies Volk naht sich zu mir mit seinem Munde und ehrt mich mit seinen Lippen, aber ihr Herz ist fern von mir; aber vergeblich dienen sie mir, dieweil sie lehren solche Lehren, die nichts denn Menschengebote sind."

http://www.bibel-online.net/buch/luther_1912/matthaeus/15/



sehr gut hat folgendes geschrieben:
Aber über diese Geschichte braucht man nicht zu lachen, wir haben Gesetze die ursprünglich einen rassistischen Hintergrund hatten und sie stehen nicht in Frage.

Holland, Tschechien und Colorado haben die Gesetze gelockert. Wieso sollten in einem Land Dinge verboten sein, die in anderen Ländern erlaubt sind, ohne Schaden anzurichten? Da steckt ein "religiöses Rechtsverständnis" dahinter.
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Beitrag(#1917801) Verfasst am: 24.04.2014, 22:27    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
sehr gut hat folgendes geschrieben:
Aber über diese Geschichte braucht man nicht zu lachen, wir haben Gesetze die ursprünglich einen rassistischen Hintergrund hatten und sie stehen nicht in Frage.

Holland, Tschechien und Colorado haben die Gesetze gelockert. Wieso sollten in einem Land Dinge verboten sein, die in anderen Ländern erlaubt sind, ohne Schaden anzurichten?

Wenn man das öffentlich sagen wurde was der Mann der hinter dem Hanf-Verbot steht gesagt hatte, dann müsste man mit einer Anzeige wegen Rassismus etc rechnen.
Aber dessen rassistisches Gesetz wird fast wie ein religiöses "es steht geschrieben" durchgesetzt, die Hintergründe interessieren heute ähnlich wenig wie bei einer Religion bei der sich die 'Katzenknebelung' integriert hätte.

Zitat:
Da steckt ein "religiöses Rechtsverständnis" dahinter.

Ein Land mit so einem Gesetz (bzw dessen Hintergrund) braucht sich jedenfalls über Saudi-Arabien oder Iran mit deren Religionspolizei nicht zu echauffieren, inhaltlich ist man davon in diesem einen Punkt nicht so weit entfernt.

Hanf-Gesetz, frühere Homosexuellengesetze, Gesetze zur 'Reinheit des Volkskörpers' usw sind m.E. auch nicht so weit voneinander entfernt
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bodokra
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Beitrag(#1919702) Verfasst am: 02.05.2014, 13:06    Titel: Re: Vater Unser Antworten mit Zitat

exkath hat folgendes geschrieben:
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name
Warum nur Vater, wo bleiben Sohn und Heiliger Geist ?
Warum ist er nur im Himmel und nicht auch auf Erden ?
Warum nur der Name und warum und von wem muss er geheiligt werden ?
Verbesserungsvorschlag:
Heilige Dreifaltigkeit (das wäre doch dogmatisch korrekt nicht wahr )


Die Einwürde machen keinen Sinn. Das "Vater unser" ist das Gebet Jesu von Nazareth zu Lebzeiten. Die Dreifaltigkeitslehre ist eine kirchliche Konzeption, die erst später gebildet wurde.
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