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Fundamentalismus: The final Batttle

 
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Kramer
postvisuell



Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#2051160) Verfasst am: 02.04.2016, 04:17    Titel: Fundamentalismus: The final Batttle Antworten mit Zitat

Ich denke, es wird langsam Zeit hier mal etwas klar zu stellen:

Was ist Fundamentalismus? Was ist ein Fundamentalist?

Beide Begriffe sind nicht deckungsgleich. Es gibt fundamentalistische Ideologien, deren Anhänger fundamentalistisch und nicht fundamentalistisch sind und es gibt nicht fundamentalistische Ideologien, die ebenfallls fundamentalistische und nicht fundamentalistische Anhänger haben.

Was ist der entscheidende Unterschied? Der entscheidende Unterschied ist, dass nur dann ein Anhänger seiner Ideologie konform handelt, wenn sein Fundamentalismus oder Nicht-Fundamentalismus mit dem Fundamentalismus seiner Ideologie übereinstimmt. Ich teile es mal in zwei Meinungen auf:

Die fundamentalistische Ideologie vertritt Meinung 1: Wer nicht A denkt oder sagt, der darf nicht leben. Wer stattdessen für B ist, der darf ebenfalls nicht leben.

Die nicht fundamentalistische Ideologie vertritt Meinung 2: Wir finden, dass B sich als bessere Alternative für ein glückliches Leben heraus gestellt hat. Du kannst gerne A ausprobieren, aber wir halten es für unwahrscheinlich, dass Du damit glücklich wirst.

Jetzt kommt das Problem: Jemand tendiert zu Meinung 1, sieht sich aber nicht als Fundamentalist. Aber er stimmt prinzipiell der Meinung zu "Wer nicht A denkt oder sagt, der darf nicht leben. Wer stattdessen für B ist, der darf ebenfalls nicht leben." Denn das ist die Meinung, zu der er tendiert. Kann er das ehrlich vertreten? Er sieht sich nicht selber als Fundamentalist, aber er sieht sich als Vertreter der Meinung "Wer nicht A denkt oder sagt, der darf nicht leben. Wer stattdessen für B ist, der darf ebenfalls nicht leben."

Ich sehe nicht, wie man aus jemanden, der Meinung 1 wirklich unterstützt, einen Nicht-Fundamentalisten machen kann. Und ich sehe auch nicht, wie man aus jemanden, der Meinung 2 ehrlich meint (Wir finden, dass B sich als bessere Alternative für ein glückliches Leben heraus gestellt hat. Du kannst gerne A ausprobieren, aber wir halten es für unwahrscheinlich, dass Du damit glücklich wirst.) einen Fundamentalisten machen kann.
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tillich (epigonal)
hat Spaß



Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 21789

Beitrag(#2051167) Verfasst am: 02.04.2016, 09:30    Titel: Antworten mit Zitat

Dein Beispiel müsste mMn komplexer sein. Du hast die Inhalte A und B fest Meinung 1 bzw. 2 zugeordnet. Es kann ja aber sein, dass man auch B nach dem Muster von Meinung 1 vertritt ("Wer nicht B denkt oder sagt, der darf nicht leben. Wer stattdessen für A ist, der darf ebenfalls nicht leben. ") oder eben umgekehrt.

Dann könnte außerdem die allgemeine Meinung sein, dass man A nur mit Meinung 1 vertreten könne (--> "sind alles Fundamentalisten"), es gibt aber eben doch Leute, die mit Muster 2 A vertreten. Oder die allgemeine Meinung und das Selbstbild von jemandem, der Inhalt B vertritt, sehen so aus, dass B und Meinung 2 zusammengehören ("Wer B sagt, ist kein Fundamentalist"), dieser jemand aber tatsächlich, wenn man seine Aussagen untersucht, nach Meinung 1 denkt und handelt.
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zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25404

Beitrag(#2051174) Verfasst am: 02.04.2016, 10:07    Titel: Antworten mit Zitat

Nach meinem Dafürhalten wird man mit dem Versuch, anhand logischer Kriterien in der Selbstzuschreibung zwischen Fundamentalismus und Nichtfundamentalismus zu unterscheiden, scheitern. So ein Verfahren wird den vielen Grauschattierungen des Lebens nicht gerecht. Vermutlich bin ich da durch Personen aus meinem Umfeld geprägt, die die schrecklichsten Ressentiments vertreten haben, aber zugleich zu dem kleinen Kreis gehörten, die in der Praxis sich aktiv und selbstlos für die Menschen eingesetzt haben, denen diese Ressentiments galten. Eine merkwürdige Art von Bigotterie.
Man hat Verantwortung dafür, wie man über andere Menschen redet. Verantwortung auch für gruppenbezogene Zuweisungen. Wenn -wie aktuell wieder mal der Fall- ein Mitforist es aus ideologischen Gründen einfach nicht zulassen will, daß Menschen muslimischen Glaubens nicht unbedingt Fundamentalisten sind, weil er implizit deren Religion in jeder Ausprägung als fundementalistisch einstuft, dann ist das ein kristallklares Indiz fundamentalistischer Denkweise auf der zuschreibenden Ebene. Leider wird so ein Mensch den eigenen Fundamentalismus nicht erkennen können. Es bleibt also zu hoffen, daß die fundamentale Radikalität dieses Denkens keine faktische Auswirkung hat, nicht irgendwie das Handeln der Person bestimmt.
Das von einer fundamentalistischen Denkweise geprägte Handeln ist vielleicht sehr viel stärker durch logische, folgerichtige Schlüsse geprägt, als es einer von der Heilswirkung der Ratio geprägten Auffassung recht sein kann. Man denke an Atta. Muss man sich Atta nicht als einen Menschen vorstellen, der erkannt hat, daß, was moralisch geboten sei, auch durchgesetzt werden muss? Ist es nicht die bruchfreie Realisierung dessen, was man für geboten hält, was die Moral pervertiert?

Meine Auffassung ist, der gefährliche Fundamentalismus ist der, der
A) Unduldsamkeit predigt, der sich
B) logisch, aber nur unter Berücksichtigung der eigenen Prämissen verhält, und
C) was als richtig erkannt wurde, unbedingt durchsetzen will

Der Mensch ist aber kein Wesen, das sich anhand strenger Kategorien einordnen lässt. Er handelt anders als er denkt, er weiß nicht immer was er denkt, er ändert sich, er kennt sich nicht. Er irrt sich, und die anderen irren sich auch. Wenn man sich dessen bewußt ist, dann kann man über sich, und mit den anderen lachen. Und dann kann es gelingen, sich mit Neugierde auf die Andersartigkeit zu begegnen, ohne Geringschätzung, ohne den Willen sich gegenseitig umzubringen.
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tillich (epigonal)
hat Spaß



Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 21789

Beitrag(#2051189) Verfasst am: 02.04.2016, 11:09    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Der Mensch ist aber kein Wesen, das sich anhand strenger Kategorien einordnen lässt. Er handelt anders als er denkt, er weiß nicht immer was er denkt, er ändert sich, er kennt sich nicht. Er irrt sich, und die anderen irren sich auch. Wenn man sich dessen bewußt ist, dann kann man über sich, und mit den anderen lachen. Und dann kann es gelingen, sich mit Neugierde auf die Andersartigkeit zu begegnen, ohne Geringschätzung, ohne den Willen sich gegenseitig umzubringen.

So ist es. Und wenn man statt einer offenen Begegnung versucht, den anderen in das eine oder andere (vermeintlich) logische Schema zu pressen - wenn du dich als das und das siehst, dann musst du auch das denken, und dann bist du Fundamentalist, oder du musst dich von dem und dem lossagen ... -, dann ist das ein übergriffiges Verhalten von oben herab, mit dem man eher unerwünschte Reaktionen provoziert.
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vrolijke
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Beitrag(#2051190) Verfasst am: 02.04.2016, 11:10    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:

Der Mensch ist aber kein Wesen, das sich anhand strenger Kategorien einordnen lässt.


Fundamentalisten denken, dass man alles, also auch Menschen, nach strenge Kategorien einordnen lassen.
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Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
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Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.

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tillich (epigonal)
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Beiträge: 21789

Beitrag(#2051194) Verfasst am: 02.04.2016, 11:24    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:

Der Mensch ist aber kein Wesen, das sich anhand strenger Kategorien einordnen lässt.

Fundamentalisten denken, dass man alles, also auch Menschen, nach strenge Kategorien einordnen lassen.

Richtig - aber man sollte ihnen nicht Recht geben.

Dementsprechend auch zeligs Aussage:
zelig hat folgendes geschrieben:
Wenn -wie aktuell wieder mal der Fall- ein Mitforist es aus ideologischen Gründen einfach nicht zulassen will, daß Menschen muslimischen Glaubens nicht unbedingt Fundamentalisten sind, weil er implizit deren Religion in jeder Ausprägung als fundementalistisch einstuft, dann ist das ein kristallklares Indiz fundamentalistischer Denkweise auf der zuschreibenden Ebene.

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zelig
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Beiträge: 25404

Beitrag(#2051195) Verfasst am: 02.04.2016, 11:25    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Der Mensch ist aber kein Wesen, das sich anhand strenger Kategorien einordnen lässt. Er handelt anders als er denkt, er weiß nicht immer was er denkt, er ändert sich, er kennt sich nicht. Er irrt sich, und die anderen irren sich auch. Wenn man sich dessen bewußt ist, dann kann man über sich, und mit den anderen lachen. Und dann kann es gelingen, sich mit Neugierde auf die Andersartigkeit zu begegnen, ohne Geringschätzung, ohne den Willen sich gegenseitig umzubringen.

So ist es. Und wenn man statt einer offenen Begegnung versucht, den anderen in das eine oder andere (vermeintlich) logische Schema zu pressen - wenn du dich als das und das siehst, dann musst du auch das denken, und dann bist du Fundamentalist, oder du musst dich von dem und dem lossagen ... -, dann ist das ein übergriffiges Verhalten von oben herab, mit dem man eher unerwünschte Reaktionen provoziert.


Ja.
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sehr gut
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Beiträge: 14852

Beitrag(#2051198) Verfasst am: 02.04.2016, 11:37    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:

Der Mensch ist aber kein Wesen, das sich anhand strenger Kategorien einordnen lässt.


Fundamentalisten denken, dass man alles, also auch Menschen, nach strenge Kategorien einordnen lassen.

Formalismus ?
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Marcellinus
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Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#2051209) Verfasst am: 02.04.2016, 12:10    Titel: Antworten mit Zitat

Sehe ich das richtig? Ihr nehmt einen Begriff, und versucht aus dessen "Eigenschaften" auf die von Menschen zu schließen, die mit diesem Begriff "begriffen" werden sollen? Ihr seid naiver als ich dachte. Lachen
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"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

Friedrich Nietzsche
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step
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Beiträge: 22767
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Beitrag(#2051225) Verfasst am: 02.04.2016, 12:47    Titel: Antworten mit Zitat

Aus meiner Sicht ist ein Fundamentalist jemand, der eine Ideologie oder Lebensweise vertritt,
- die stark in die Freiheiten anderer Personen eingreift
- ohne dies unter den Primat des offenen und gleichberechtigten Diskurses zu stellen
- und ohne dies rational nachvollziehbar zu begründen (z.B. mit unabhängigen Vorteilen)

Oder kurz: autoritär, elitär, absolut.

Den von Kramer angesprochenen Unterschied zwischen fundamentalistischen Ideologien und Personen sehe ich weniger.

Die Einschränkungen von tillich und zelig beziehen sich nmV eher auf die differenzierte psychologische Beurteilung von Fundamentalisten. Natürlich ist jemand nicht unbedingt mit seinem gesamten Charakter Fundamentalist, sondern genaugenommen müßte man sagen "Fundamentalist in bezug auf xyz", z.B. Tierschutz.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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tillich (epigonal)
hat Spaß



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Beiträge: 21789

Beitrag(#2051240) Verfasst am: 02.04.2016, 13:20    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Aus meiner Sicht ist ein Fundamentalist jemand, der eine Ideologie oder Lebensweise vertritt,
- die stark in die Freiheiten anderer Personen eingreift
- ohne dies unter den Primat des offenen und gleichberechtigten Diskurses zu stellen
- und ohne dies rational nachvollziehbar zu begründen (z.B. mit unabhängigen Vorteilen)

Oder kurz: autoritär, elitär, absolut.

Den von Kramer angesprochenen Unterschied zwischen fundamentalistischen Ideologien und Personen sehe ich weniger.

Die Einschränkungen von tillich und zelig beziehen sich nmV eher auf die differenzierte psychologische Beurteilung von Fundamentalisten. Natürlich ist jemand nicht unbedingt mit seinem gesamten Charakter Fundamentalist, sondern genaugenommen müßte man sagen "Fundamentalist in bezug auf xyz", z.B. Tierschutz.

Ich würde den ersten Punkt noch nicht mal für zwingend notwendig halten - es kann ja durchaus Gruppen geben, von denen man sich ohne weiteres trennen kann und die auch keinen öffentlichen EInfluss verlangen, die ich aber auch Fundamentalisten nennen würde, weil dein zweiter und dritter Punkt auf sie zutreffen. Es sei denn, du würdest Punkt eins auch schon mit gruppeninternem Verhalten als erfüllt ansehen.

Ansonsten hast du damit Fundamentalismus genauer beschrieben als Kramer und außerdem offen gelassen, worauf er sich beziehen kann. Das finde ich wichtig, weil man sich auf viele Inhalte - und zwar auch sehr komplexe wie ganze Religionen - sowohl fundamentalistisch als auch nicht-fundamentalistisch beziehen.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#2051255) Verfasst am: 02.04.2016, 15:30    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Ich würde den ersten Punkt noch nicht mal für zwingend notwendig halten - es kann ja durchaus Gruppen geben, von denen man sich ohne weiteres trennen kann und die auch keinen öffentlichen EInfluss verlangen, die ich aber auch Fundamentalisten nennen würde, weil dein zweiter und dritter Punkt auf sie zutreffen. Es sei denn, du würdest Punkt eins auch schon mit gruppeninternem Verhalten als erfüllt ansehen.

Hmm ... kannst Du mal ein konkretes Beispiel nennen? Bei "gruppenintern" läuten bei mir immer die Alarmglocken, hauptsächlich weil mir die ideologisch offene Kindererziehung sehr wichtig ist.

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
... und außerdem offen gelassen, worauf er sich beziehen kann. Das finde ich wichtig, weil man sich auf viele Inhalte - und zwar auch sehr komplexe wie ganze Religionen - sowohl fundamentalistisch als auch nicht-fundamentalistisch beziehen.

Ja klar - Religionen werden mehrheitlich nicht fundamentalistisch gelebt, obwohl sie im Kern - speziell bei den Schriftreligionen - einen fundamentalistischen Anspruch haben, u.a. sind meine drei Punkte oben erfüllt. Zum Glück nehmen die meisten Gläubigen viele Forderungen der Schriften nicht ernst, besonders in den aufgeklärteren Gesellschaften.
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zelig
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Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25404

Beitrag(#2051260) Verfasst am: 02.04.2016, 16:00    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Ich würde den ersten Punkt noch nicht mal für zwingend notwendig halten - es kann ja durchaus Gruppen geben, von denen man sich ohne weiteres trennen kann und die auch keinen öffentlichen EInfluss verlangen, die ich aber auch Fundamentalisten nennen würde, weil dein zweiter und dritter Punkt auf sie zutreffen. Es sei denn, du würdest Punkt eins auch schon mit gruppeninternem Verhalten als erfüllt ansehen.

Hmm ... kannst Du mal ein konkretes Beispiel nennen? Bei "gruppenintern" läuten bei mir immer die Alarmglocken, hauptsächlich weil mir die ideologisch offene Kindererziehung sehr wichtig ist.

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
... und außerdem offen gelassen, worauf er sich beziehen kann. Das finde ich wichtig, weil man sich auf viele Inhalte - und zwar auch sehr komplexe wie ganze Religionen - sowohl fundamentalistisch als auch nicht-fundamentalistisch beziehen.

Ja klar - Religionen werden mehrheitlich nicht fundamentalistisch gelebt, obwohl sie im Kern - speziell bei den Schriftreligionen - einen fundamentalistischen Anspruch haben, u.a. sind meine drei Punkte oben erfüllt. Zum Glück nehmen die meisten Gläubigen viele Forderungen der Schriften nicht ernst, besonders in den aufgeklärteren Gesellschaften.


Kannst Du erläutern, was Du unter einem fundamentalistischen Anspruch verstehst? Wann ist der gegeben?
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tillich (epigonal)
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Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 21789

Beitrag(#2051271) Verfasst am: 02.04.2016, 17:04    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Ich würde den ersten Punkt noch nicht mal für zwingend notwendig halten - es kann ja durchaus Gruppen geben, von denen man sich ohne weiteres trennen kann und die auch keinen öffentlichen EInfluss verlangen, die ich aber auch Fundamentalisten nennen würde, weil dein zweiter und dritter Punkt auf sie zutreffen. Es sei denn, du würdest Punkt eins auch schon mit gruppeninternem Verhalten als erfüllt ansehen.

Hmm ... kannst Du mal ein konkretes Beispiel nennen? Bei "gruppenintern" läuten bei mir immer die Alarmglocken, hauptsächlich weil mir die ideologisch offene Kindererziehung sehr wichtig ist.

Gruppeninterner Druck zu bestimmten Lebensweisen. Wenn es den gibt, man die Gruppe aber ohne wesentliche Nachteile verlassen kann, kann man ja unterschiedlicher Meinung sein, ob das "stark in die Freiheiten anderer Personen eingreift". Denn, ich sach mal, internen Druck zu regelmäßigem Training, bestimmter Ernährung etc. gibts auch beim Sportverein - relevant ist, ob man den Verein verlassen kann, ohne soziale Nachteile zu haben.
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beachbernie
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Anmeldungsdatum: 16.04.2006
Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii

Beitrag(#2051290) Verfasst am: 02.04.2016, 19:37    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Aus meiner Sicht ist ein Fundamentalist jemand, der eine Ideologie oder Lebensweise vertritt,
- die stark in die Freiheiten anderer Personen eingreift
- ohne dies unter den Primat des offenen und gleichberechtigten Diskurses zu stellen
- und ohne dies rational nachvollziehbar zu begründen (z.B. mit unabhängigen Vorteilen)

Oder kurz: autoritär, elitär, absolut.

Den von Kramer angesprochenen Unterschied zwischen fundamentalistischen Ideologien und Personen sehe ich weniger.

Die Einschränkungen von tillich und zelig beziehen sich nmV eher auf die differenzierte psychologische Beurteilung von Fundamentalisten. Natürlich ist jemand nicht unbedingt mit seinem gesamten Charakter Fundamentalist, sondern genaugenommen müßte man sagen "Fundamentalist in bezug auf xyz", z.B. Tierschutz.



Hier kann ich nicht so ganz zustimmen, auch wenn viele Fundamentalisten tatsaechlich versuchen die Freiheitsrechte Andersdenkender zu beschraenken.

Fundamentalismus bedeutet zunaechst einmal die eigene Ideologie bzw. den eigenen Glauben kompromisslos selbst zu leben. In dem Sinne sind beispielsweise Amish oder Mennoniten ganz eindeutig Fundamentalisten. Da ihr Glauben allerdings auch beinhaltet anderen Menschen nicht die eigenen Wertvorstellungen aufzudruecken ist es sogar geradezu Ausdruck ihrer Art von Fundamentalismus das Recht ihrer Mitmenschen anders zu sein zu respektieren, weshalb das Zusammenleben mit dieser Art von Fundamentalisten als Nachbarn praktisch keinerlei Probleme bereitet, weil die auch nicht versuchen ihre "unglaeubigen" Mitmenschen zu missionieren.


Ich denke man sollte bei fundamentalistischen Glaubensrichtungen generell unterscheiden ob sich die fundamentalistische Ueberzeugung vor allem auf das eigene Leben konzentriert oder ob und wie stark es darum geht das Leben anderer Menschen zu reglementieren. Ersteres ist durchaus tolerierbar, bei Letzterem hoert recht schnell jede Toleranz auf.

Wobei mir auffaellt, dass Fundamentalismus, der anderen Menschen Vorschriften machen will oft nicht sehr konsequent im eigenen Verhalten umgesetzt wird. Da gibt es Dschihadisten, die alle ihre Mitmenschen der Scharia unterwerfen wollen, allerdings selbst alles andere als "schariakonform" leben genauso wie die fast schon sprichwoertliche Bigotterie rechter amerikanischer Evangelikaler, zuweilen recht groteske Zuege annimmt.
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fwo
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Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 25878
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#2051293) Verfasst am: 02.04.2016, 19:59    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
....
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
... und außerdem offen gelassen, worauf er sich beziehen kann. Das finde ich wichtig, weil man sich auf viele Inhalte - und zwar auch sehr komplexe wie ganze Religionen - sowohl fundamentalistisch als auch nicht-fundamentalistisch beziehen.

Ja klar - Religionen werden mehrheitlich nicht fundamentalistisch gelebt, obwohl sie im Kern - speziell bei den Schriftreligionen - einen fundamentalistischen Anspruch haben, u.a. sind meine drei Punkte oben erfüllt. Zum Glück nehmen die meisten Gläubigen viele Forderungen der Schriften nicht ernst, besonders in den aufgeklärteren Gesellschaften.

Da sind wir bei der Kernfrage: Was ist der Kern einer Schriftreligion bzw. wann ist der interessant?

Der Wortlaut des Textes ist i.A. nur interessant, wenn er direkt zu gelten hat, weil er das unverfälschte Wort Gottes sein soll. Das ist dann der Unterschied zwischen historisiert ("es sind nicht die Worte Gottes, sondern sie sind nur von Gott inspiriert und gehören ansonsten in die Zeit, in der sie geschrieben wurden") oder nicht historisiert ("es ist das unverfälschte Wort Gottes, das für alle zu gelten hat"). Was davon jeweils zutrifft, entscheiden zwar die Gläbigen selbst, doch die Tendenz der jeweiligen Gruppe ist am leichtesten zu greifen, indem man die Geistlichkeit fragt, die auch die Tradition organisiert. Zur Wichtigkeit des Wortlautes gibt es also eine ganz einfache Frage: Wie hoch ist der Anteil der Geistlichkeit, der die Schrift historisiert?

International wird in der Soziologie beim Thema Religionen wohl weitgehend die Fundamtalismusdefinition von Altemeyer, B.; Hunsberger, B. (1992). "Authoritarianism, religious fundamentalism, quest, and prejudice" benutzt, auf die sich auch Koopmans bezieht:
Koopmans hat folgendes geschrieben:
Nach der weithin anerkannten Fundamentalismus-Definition von Bob Altemeyer und Bruce Hunsberger lässt sich religiöser Fundamentalismus anhand von drei Schlüsselelementen definieren:
– Die Gläubigen sollen zu den ewigen und unabänderlichen Regeln, die in der Vergangenheit festgelegt wurden, zurückkehren.
– Diese Regeln lassen nur eine Interpretation zu und sind für alle Gläubigen bindend.
– Religiöse Regeln haben Vorrang vor weltlichen Gesetzen.

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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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step
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Beitrag(#2051295) Verfasst am: 02.04.2016, 20:01    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Religionen werden mehrheitlich nicht fundamentalistisch gelebt, obwohl sie im Kern - speziell bei den Schriftreligionen - einen fundamentalistischen Anspruch haben ...
Kannst Du erläutern, was Du unter einem fundamentalistischen Anspruch verstehst? Wann ist der gegeben?

Bibel und Koran dokumentieren jeweils ihren absoluten Alleinvertretungsanspruch - zum Heil geht es so und nur so. Wer nicht mitmacht, ist verdammt. Auch wenn im NT der weltliche Dominationsaspekt nicht so stark ist wie im AT und Koran, sondern die Verdammnis erst nach dem Tod geschieht.

Obwohl viele Christen und Moslems dies viel lockerer sehen, ist es doch auffällig, daß Missionsbestrebungen fast nie ablaufen nach dem Motto "Du solltest Deinen Nächsten mehr lieben, weil Toleranz besser für uns alle wäre" usw., sondern primär wird versucht, von der Existenz und Macht eines speziellen Gottes zu überzeugen. Oder es wird etwas "unchristlich", "unislamisch" genannt. Und das ist auch irgendwie folgerichtig.

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Bei "gruppenintern" läuten bei mir immer die Alarmglocken, hauptsächlich weil mir die ideologisch offene Kindererziehung sehr wichtig ist.
Gruppeninterner Druck zu bestimmten Lebensweisen. Wenn es den gibt, man die Gruppe aber ohne wesentliche Nachteile verlassen kann, kann man ja unterschiedlicher Meinung sein, ob das "stark in die Freiheiten anderer Personen eingreift". Denn, ich sach mal, internen Druck zu regelmäßigem Training, bestimmter Ernährung etc. gibts auch beim Sportverein - relevant ist, ob man den Verein verlassen kann, ohne soziale Nachteile zu haben.

Ja, aber nicht nur. Anders als bei einem (normalen) Sportverein versucht religiöse Erziehung das Kind viel tiefer und irreversibler zu modellieren. Typisches Beispiel ist, daß Kindern erzählt wird, Gott sei allmächtig, sehe alles, oder belohne/bestrafe bestimmte Taten und Gedanken. So etwas sitzt tief, das legt man nicht unbedingt einfach so ab, wie man einen Sportverein verläßt.

Im aufgeklärten heutigen RU geht das natürlich nicht mehr so holzschnittartig, sondern da ist Jesus eher ein früher Rapper, alles Gute & Schöne wird "Gott" genannt, und die ewige Verdammnis mit Heulen und Zähneklappern kommt soweit ich weiß gar nicht mehr vor. Diese Praktik kann man dann auch sicher nicht fundamentalistisch nennen.
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Beitrag(#2051297) Verfasst am: 02.04.2016, 20:07    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
... eine ganz einfache Frage: Wie hoch ist der Anteil der Geistlichkeit, der die Schrift historisiert?

Dazu in der enuesten ZEIT ein interessantes Interview mit einem islamischen Religionspädagogen:

"Europas islamistische Willkommenskultur: Der Religionspädagoge Ednan Aslan fordert Imame und Theologen auf, den Terror nicht weiter zu befördern "

Habs online nicht (noch nicht) gefunden. Der Mann steht auf dem Standpunkt, daß die meisten Imame in Europa und D eine fundamentalistische / wörtliche Lesart des Islams lehren, und begründet das mit Beispielen.
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Beitrag(#2051299) Verfasst am: 02.04.2016, 20:12    Titel: Antworten mit Zitat

beachbernie hat folgendes geschrieben:
Fundamentalismus bedeutet zunaechst einmal die eigene Ideologie bzw. den eigenen Glauben kompromisslos selbst zu leben. In dem Sinne sind beispielsweise Amish oder Mennoniten ganz eindeutig Fundamentalisten. Da ihr Glauben allerdings auch beinhaltet anderen Menschen nicht die eigenen Wertvorstellungen aufzudruecken ist es sogar geradezu Ausdruck ihrer Art von Fundamentalismus das Recht ihrer Mitmenschen anders zu sein zu respektieren, weshalb das Zusammenleben mit dieser Art von Fundamentalisten als Nachbarn praktisch keinerlei Probleme bereitet, weil die auch nicht versuchen ihre "unglaeubigen" Mitmenschen zu missionieren.

OK, diese Unterscheidung kann man machen. "Fundamentalismus" bekommt dann eine weniger aggressive Bedeutung. Andererseits: wie schon oben geschrieben, ich bezweifle, daß die Amish oder Mennoniten auch vor ihren Kindern halt machen mit der Missionierung.
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Beitrag(#2051302) Verfasst am: 02.04.2016, 20:18    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
... eine ganz einfache Frage: Wie hoch ist der Anteil der Geistlichkeit, der die Schrift historisiert?

Dazu in der enuesten ZEIT ein interessantes Interview mit einem islamischen Religionspädagogen:

"Europas islamistische Willkommenskultur: Der Religionspädagoge Ednan Aslan fordert Imame und Theologen auf, den Terror nicht weiter zu befördern "

Habs online nicht (noch nicht) gefunden. Der Mann steht auf dem Standpunkt, daß die meisten Imame in Europa und D eine fundamentalistische / wörtliche Lesart des Islams lehren, und begründet das mit Beispielen.


Teilweise gibt es das Interview hier:
http://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/weltweit/detailansicht/aktuell/wir-muessen-den-islam-europaeisch-praegen-95535/
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
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Beitrag(#2051331) Verfasst am: 03.04.2016, 03:22    Titel: Antworten mit Zitat

Doppelposting entfernt.
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Zuletzt bearbeitet von Kramer am 03.04.2016, 03:42, insgesamt einmal bearbeitet
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#2051332) Verfasst am: 03.04.2016, 03:27    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Dein Beispiel müsste mMn komplexer sein. Du hast die Inhalte A und B fest Meinung 1 bzw. 2 zugeordnet. Es kann ja aber sein, dass man auch B nach dem Muster von Meinung 1 vertritt ("Wer nicht B denkt oder sagt, der darf nicht leben. Wer stattdessen für A ist, der darf ebenfalls nicht leben. ") oder eben umgekehrt.


Ja, natürlich könnte auch B fundamentalistisch "formuliert" sein. Ich habe bewusst abstrakte Beispiele gewählt, um hier vertretene weltanschauliche Präferenzen aus der Diskussion heraus zu halten.

Zitat:
Dann könnte außerdem die allgemeine Meinung sein, dass man A nur mit Meinung 1 vertreten könne (--> "sind alles Fundamentalisten"), es gibt aber eben doch Leute, die mit Muster 2 A vertreten.


Ja, aber wer mit dem Muster von Meinung 2 den Standpunkt A vertritt, der vertritt nicht Meinung 1. Von so einem Menschen dürfte man erwarten, dass er sich von Meinung 1 distanziert und sich nicht "Meinungseinsanhänger" nennt.

Ich sehe gerade, die Wahl meiner Beispiele ist unschön. Das kann man sicher griffiger formulieren. skeptisch
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#2051333) Verfasst am: 03.04.2016, 03:35    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Der Mensch ist aber kein Wesen, das sich anhand strenger Kategorien einordnen lässt. Er handelt anders als er denkt, er weiß nicht immer was er denkt, er ändert sich, er kennt sich nicht. Er irrt sich, und die anderen irren sich auch. Wenn man sich dessen bewußt ist, dann kann man über sich, und mit den anderen lachen. Und dann kann es gelingen, sich mit Neugierde auf die Andersartigkeit zu begegnen, ohne Geringschätzung, ohne den Willen sich gegenseitig umzubringen.

So ist es. Und wenn man statt einer offenen Begegnung versucht, den anderen in das eine oder andere (vermeintlich) logische Schema zu pressen - wenn du dich als das und das siehst, dann musst du auch das denken, und dann bist du Fundamentalist, oder du musst dich von dem und dem lossagen ... -, dann ist das ein übergriffiges Verhalten von oben herab, mit dem man eher unerwünschte Reaktionen provoziert.


Es geht mir hier gar nicht darum, bestimmten Menschen ein Etikett aufzudrücken. Dennoch sind wir uns wohl alle einig, dass es Fundamentalisten und Fundamentalismus gibt. Worüber keine Einigkeit besteht, ist die Frage, wo man die Grenze ziehen kann und ob diese Grenze identisch ist, wenn es um Fundamentalismus als Sache und Fundamentalisten als Personen geht.

Die andere Frage ist, ob es wirklich für jede Meinung eine fundamentalistische Ausprägung gibt. Wie sähe z.B. ein Fundamentalismus des Pluralismus aus? Wie sähe ein toleranter Fundamentalismus aus?
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#2051334) Verfasst am: 03.04.2016, 03:37    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Den von Kramer angesprochenen Unterschied zwischen fundamentalistischen Ideologien und Personen sehe ich weniger.


Ich schon, aber ich werde später darauf zurück kommen.
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fwo
Caterpillar D9



Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 25878
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#2051349) Verfasst am: 03.04.2016, 11:03    Titel: Antworten mit Zitat

Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
... eine ganz einfache Frage: Wie hoch ist der Anteil der Geistlichkeit, der die Schrift historisiert?

Dazu in der enuesten ZEIT ein interessantes Interview mit einem islamischen Religionspädagogen:

"Europas islamistische Willkommenskultur: Der Religionspädagoge Ednan Aslan fordert Imame und Theologen auf, den Terror nicht weiter zu befördern "

Habs online nicht (noch nicht) gefunden. Der Mann steht auf dem Standpunkt, daß die meisten Imame in Europa und D eine fundamentalistische / wörtliche Lesart des Islams lehren, und begründet das mit Beispielen.


Teilweise gibt es das Interview hier:
http://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/weltweit/detailansicht/aktuell/wir-muessen-den-islam-europaeisch-praegen-95535/

Was da zu lesen steht, reiht sich nahtlos in das ein, was ich bisher von Ourghi und Mansour zitiert habe, um nur die kulturellen Insider zu nehmen, die sich beruflich mit dem Thema befassen. Er lehrt in Wien am selben Institut, an dem auch Khorchides strudiert hat.

btw: Ich bin beim Nachsehen aus Versehen auf eine Zusammenfassung der Khorchidesschen Dissertation gestoßen:
Seine Dissertation von 2008 trägt den Titel „Der islamische Religionsunterricht zwischen Integration und Parallelgesellschaft: Einstellungen der islamischen ReligionslehrerInnen an öffentlichen Schulen“.[9]

Khorchide hielt die Studie zunächst zurück, um nicht rechten Parteien Munition für die anstehenden Wahlen in Österreich zu liefern. Aus der Studie geht hervor, dass rund ein Fünftel (21,9 %) der muslimischen Religionslehrer Demokratie und den Islam für unvereinbar hält. 14 % lehnen die österreichische Verfassung ab, 13 % halten die Teilnahme an Wahlen für nicht mit dem Islam vereinbar und 28,4 % sehen einen Widerspruch darin, gleichzeitig Moslem und Europäer zu sein. 18,2 % halten die Todesstrafe beim Abfall vom Islam für gerechtfertigt. 8,5 % haben Verständnis dafür, wenn zur Verbreitung des Islams Gewalt angewandt wird. 32,7 % lehnen die rechtsstaatlichen Prinzipien ab (bei 35,5 % von im Ausland und 21,3 % von im Inland Geborenen).

Dazu hatte er die Hälfte der Islamlehrer an den österreichischen Schulen gefragt, tillichs Kollegen von der anderen Seite, also eigentlich Leute, bei denen man davon ausgehen können sollte, dass sie sowohl mit beiden Füßen auf dem Boden der Verfassung stehen als sich auch über die Tragweite ihrer Antworten im Klaren sind: gewissermaßen die demokraische Elite der islamischen Theologen.

Das passt sehr gut zu den Aussagen Aslans.
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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