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Nature-Artikel: "Defend the Integrity of Physics"
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#1978069) Verfasst am: 12.01.2015, 22:38    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
... MWI hin, MWI her - in jeder Multiwelt befindet sich der Mond am selben Ort. nee Stimmt das?
Sagen wir mal so: In der Untermenge der Welten, in denen dieselben Naturkonstanten gelten, ist die Umlaufbahn des Mondes einigermaßen stabil gegen mikroskopische magische Kollapse. Das ist jedoch eine Folge der Statistik großer Teilchenzahlen und kurzer Dekohärenzzeiten. In einer relativ gesehen winzigen Untermenge der magischen Kollapsmöglichkeiten (aka der Schwesteruniversen) hat der Mond eine signifikant andere Masse, ist gar nicht vorhanden usw.
Ist das so korrekt zusammengefasst: "In der Zeit von der Entstehung der ersten Sterne bis heute waren quantenmechanische Ereignisse das Zünglein an der Waage, ob eine Galaxie, ein Stern, ein Planet eher hier als dort entstand." ?

Auf großen Skalen dominiert zwar die Gravitation und die Statistik, und die Struktur des Universums sähe sicher nicht anders aus, aber ich schätze schon, daß es im Detail völlig anders aussähe.

smallie hat folgendes geschrieben:
Falls ja, hmm, kannst du belegen, daß das so ist?

Ich denke schon, im Prinzip.

Ein Ansatz wäre, ein Beispiel zu suchen, das Dich sofort überzeugt. Ich versuche es mal (a) mit der Entstehung neuer Sterne / Planeten aus den Resten einer Supernova-Explosion. Hier haben wir doch eine extrem instabile Ausgangssituation, in der z.B. eine thermische Fluktuation extrem verstärkt werden kann. Oder (b) mit dem Hinweis auf die grundsätzliche Instabilität der Flugbahnen von Mehrkörpersystemen.

Ein anderer Ansatz wäre der Verweis auf ein mesokosmisches System: Für das System "Lottokugeln" habe ich hier schon mal abgeschätzt, daß selbst bei echt identischen Anfangsbedingungen ein echt zufälliges Ergebnis herauskäme.

Und schließlich könnte ich analog eine solche Abschätzung für ein astronomisches System, z.B. die Staubwolke eines Protosterns, versuchen. Also nach dem Motto: Wie schnell und wie stark setzen sich eine mikroskopische Orts/Impulsunschärfe auf größere Skalen dieses Vielkörpersystems fort. Das ist nicht so trivial, aber ich denke, man könnte es hinkriegen.

smallie hat folgendes geschrieben:
Klassische MWI entfaltet sich vor dem Hintergrund unserer Naturgesetze. Es war nie die Rede davon, daß MWI auch Welten mit unterschiedlichen Naturkonstanten oder Naturgesetzen erklären soll oder kann.

Wenn eine GUT gewisse Eigenschaften einer QFT hat (so wie die Stringtheorien), dann ist auf ihre Symmetriebrechungen wieder die MWI-Deutung anwendbar.

smallie hat folgendes geschrieben:
Auf der einen Seite gibt es die inflationäre Landschaft, die inflationäre "Taschen" postuliert, in denen gewisse physikalische Parameter variiert werden. Ich habe das immer als räumliche Trennung verstanden. Im Sinne der MWI wäre es nicht nötig, Welten zu postulieren, die räumlich jenseits unserer inflationären Blase liegen. Alles was ist, wäre eine Überlagerung von, ahmm, "lokalen" MWI-Lösungen.

Ja, es gibt verschiedene multiversale Typen. Mindestens 4-6.

smallie hat folgendes geschrieben:
... gestandene MWI-Theoretiker können ohne Inflation auskommen.

Denke ich nicht. Wie soll man ohne Inflation die CMB erklären?

smallie hat folgendes geschrieben:
... sind wir ziemlich plötzlich wieder beim Ausgangsthema dieses Threads: was ist eine Theorie wert, die nicht mehr liefert, als wir bereits wissen?

Sie hätte in der Tat höchstens ästhetischen Wert. Wir sind uns ja schon einig, daß man prüfbare Voraussagen der Stringtheorie finden muß. Sowas zum Beispiel (habs aber nicht wirklich nachgeprüft):

- "billiger" Testvorschlag für Teile der Stringtheorie und Quantengravitation: http://m.iopscience.iop.org/0264-9381/31/1/015001 (Idee: große Objekte unterschiedlicher Zusammensetzung, wie z.B. zwei Saturnmonde, koppeln laut Stringtheorie unterschiedlich ans G-Feld und müßten daher das Äquivalenzprinzip der ART minimal verletzen)

- testbare Teile der Stringtheorie, die ohne SUSY auskommen: z.B. "Maldacena duality" mit Supraleitern (holografisches Prinzip)

smallie hat folgendes geschrieben:
Am Aussichtsreichsten erscheint mir, bei "Dunkler Materie" anzusetzen. Wenn das tatsächlich etwas mit WIMPs zu tun hat, ist das ein Hinweis auf eine Physik jenseits des Standardmodells. Falls nicht, dann tappen wir weiterhin im - *räusper* - dunklen.

Naja, immerhin forschen ja einige Physiker an Dunkler Materie zwinkern
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smallie
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Beitrag(#1978089) Verfasst am: 12.01.2015, 23:41    Titel: Re: Nature-Artikel: "Defend the Integrity of Physics" Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

Dein Beispiel ist nicht experimentell belegt:

Er_Win hat folgendes geschrieben:

Qua Bewusstsein, kann zumindest ich mir eine beliebige Anzahl von Beispielen konstruieren. Um es überzeichnet plastisch in militaristische Szenarien zu transponieren: ich mache es vom Ausgang eines Quantenzufalls abhängig, ob ich Berlin oder New York per Atombombe pulverisiere...

Konstruieren kann man vieles. Dein Beispiel dürfte auf Roger Penrose, Shadows of the Mind zurückgehen. Das fällt auch unter "bisher unbewiesene Hypothese". Nach allem was wir wissen, spielen sich neurologische Vorgänge in einer Größenordnung ab, die jenseits des Quantenreiches liegt.


Geschockt

irgendwas verstehst du da offenbar komplett falsch bzw. gar nicht...

Das konkret ironisch überzeichnete Beispiel möchte ich auch nie experimentell belegen.

Und das hat nichts mit Penrose zu tun, sondern geht auf eine Diskussion mit step 2008 oder so zurück. Ich verwende einen Quantenzufallsgenerator und mache dann eine beliebige meiner Handlungen von dessen Ergebnis abhängig. Kannst du mir jetzt folgen, oder gibt es immer noch etwas, was dir daran experimentell nicht absicherbar erscheint ?

In dem Zusammenhang kann ich das verstehen.

Wenn ich deinen Gedanken einfach mal als richtig ansehe, dann folgt daraus: durch das Auftauchen von Bewußtsein, Quantenzufallsgeneratoren und Atombomben wird ein Gedankenexperiment möglich, das vorher nicht möglich war. Das wäre dann eine Zäsur im Lauf der Weltgeschichte.

Das gefällt mir gar nicht. nee

Ich gebe aber zu, daß mein obiges Beispiel vom Gamma-Quant, der eine Zelle schädigt, auf's gleiche hinausläuft. In diese Fall ist die Zäsur die Entstehung von Leben.

Ich falle jetzt erstmal in Schockstarre. Geschockt


step hat folgendes geschrieben:
@smallie: Er-win meint mit "qua Bewußtsein" wohl das, was man i.a. mit "Gedankenexperiment" bezeichnet. Kein Quantenbewußtsein oder sowas.

Inhaltlich gebe ich in diesem Punkt Er_win durchaus recht. Meines Wissens gibt es genügend Experimente, die makroskopische Auswirkungen des sog. Quantenzufalls zeigen.

- Effekte von Strahlung auf Gewebe hatten wir bereits.
- Wellenverhalten bis hinauf zu C60-Fullerenen fällt mir noch ein.

Gibt es mehr Beispiele? [Gut, die hast du im letzten Beitrag geliefert. Mehr dazu später.]


step hat folgendes geschrieben:
Er-wins Beispiel ist insofern besser als Schrödingers Katze, weil keine makroskopische, langlebige Superposition notwendig ist.

Im Rahmen der Kopenhagener Deutung ist keine langlebige Superposition notwendig.

Im Rahmen der MWI schon. Ein Beobachter, der nachsieht, ob die Katze tot noch lebt, ist ebenfalls in Superposition mit der Katze und dem darunterliegenden Quantensystem. Ein weiterer externer Beobachter, der den Beobachter frägt: "Lebt die Katze noch" gerät ebenfalls in Superposition. Oder auf Er_wins Beispiel angewandt: die Welt wäre fürderhin in Superposition a) Welt, in der Berlin oder New York noch steht; b) Welt, in der Berlin oder New York pulverisiert ist.
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smallie
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Beiträge: 3613

Beitrag(#1978092) Verfasst am: 12.01.2015, 23:54    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

- Entweder die gesamte Physik spielt sich in uns experimentell zugänglichen Bereichen ab.
- Oder wir werden es nie wissen, wie eine große, vereinheitlichte Theorie aussieht. Verschiedene Theorien würden nebeneinander stehen, ohne daß wir je entscheiden könnten, welche die "richtige" ist.


Man wird vielleicht Wege finden, eine Theorie, die die 4 Grundkräfte zusammenführt, experimentell zu überprüfen. Da wäre ich nicht so pessimistisch.

Ich wollte eigentlich gar nicht pessimistisch sein, sondern nur die zwei möglichen Extreme nennen.

Soll ich was pessimistisches zitieren?

Es ist noch nicht klar, bei welcher Energie sich die Grundkräfte vereinigen.

    Hoppla. Nebenbei bemerkt: Genaugenommen ist noch nicht einmal klar, daß sie sich vereinheitlichen lassen. Aber ich kenne keinen Physiker, der das bestreitet. Gibt es solche? Wenn nein: warum nicht? Diese Annahme fällt ebenfalls unter das Threadthema, aber hier scheinen sich ausnahmsweise alle einig zu sein. Stringtheorie, etc. pp. zu kritisieren, weil sie von unbewiesenen Annahmen ausgeht, während man gleichzeitig von der unbewiesenen Behauptung ausgeht, daß Gravitation quantisierbar ist - das ist paradox. Sowas. Hmm. ...


Jedenfalls lassen manche Abschätzungen wenig Raum für Optimismus:

Zitat:
Grand unification energy

The grand unification energy , or the GUT scale, is the energy level above which, it is believed, the electromagnetic force, weak force, and strong force become equal in strength and unify to one force governed by a simple Lie group. [...] at the moment it seems fair to state that there is no agreed minimal GUT.

[...]

The exact value of the grand unification energy (if grand unification is indeed realized in nature) depends on the precise physics present at shorter distance scales not yet explored by experiments. If one assumes the Desert and supersymmetry, it is at around 10^16 GeV.

The most powerful collider to date, the LHC, is designed to reach a center of mass energy of 1.4x10^4 GeV in proton-proton collisions. The scale 10^16 GeV is only a few orders of magnitude below the Planck scale, and thus not within reach of man-made earth bound colliders.

http://en.wikipedia.org/wiki/Grand_unification_energy



zelig hat folgendes geschrieben:
Eine Theorie, die die letzte Erklärung liefert, wird man dagegen nicht finden, wenn Du mich fragst.

Vor ein paar Jahren hätte ich widersprochen, und gesagt: "Unser Verständnis der Welt nähert sich asymptotisch der Welt an." So wie ich heute darüber denke, stimme ich dir zu.

Angenommen, wir finden eine große, vereinheitlichte Theorie, auch Weltformel genannt. Dann ist noch längst nicht geklärt, mit welchen Ausgangsbedingungen diese Weltformel gestartet wurde. Eine "letzte Erklärung" müßte auch die Start- und Randbedingungen erklären. Das erscheint mir aber nur möglich, wenn man mehr als eine Startbedingungen kennt. Leider kommen wir über unsere Ecke des Universums nicht hinaus; wir sehen also nur unsere lokale Startbedingung. Außer es wäre möglich, Universen im Labor zu erzeugen und dann zu studieren - was im Jahr 2015 unter Science Fiction fällt.
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zelig
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Beiträge: 25404

Beitrag(#1978487) Verfasst am: 14.01.2015, 12:18    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Eine Theorie, die die letzte Erklärung liefert, wird man dagegen nicht finden, wenn Du mich fragst.
Was genau ist denn die letzte Frage zu der letzten Erklärung? Nur so kann man ja versuchen, Deine Vermutung irgendwie einzuschätzen.
Eine Frage zielt nicht auf das Gesamtverständnis ab. Selbst wenn, man kennt sie erst, wenn die letzte Erklärung sichtbar wird. Warum muss ich nur gerade an Douglas Adams denken?

Ging mir auch so.

Hmm ... na gut, keine letzte Frage. Aber was wäre dann eine "letzte Erklärung"?

Abgesehen davon mal: Vielleicht bin ich in diesen Dingen zu prosaisch, aber mir reicht es völlig, wenn ich Antworten / Erklärungen bekomme auf Fragen, die ich sinnvoll stellen kann.


Ich habe Respekt vor dieser Bescheidenheit. Leider bin ich wahrscheinlich weniger diszipliniert. Eine letzte Theorie müsste nach meinem Geschmack auch befriedigende Anworten liefern auf Fragen, wie, "Was ist der Geist / Bewußtsein?", "Was ist Bedeutung?", "Welcher Natur sind die Relationen des Bewußtseins?" usw.
Ich vermute, diese Art von Fragen hältst Du nicht für sinnvoll. Ich glaube dagegen, uns fehlt es noch an den Einsichten, die es uns ermöglichen würden, nach Deinem Verständnis sinnvolle Fragen zu stellen, was das betrifft. Die genannten Dinge existieren ja. Und wenn sie existieren, dann müssen sie in einer Theorie, die alles erklären kann, auftauchen. An den Erfolg einer durchgängig reduktionistischen Erklärung kann ich nicht glauben. Darauf wartet man schon zu lange.
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zelig
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Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25404

Beitrag(#1978491) Verfasst am: 14.01.2015, 12:27    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Angenommen, wir finden eine große, vereinheitlichte Theorie, auch Weltformel genannt. Dann ist noch längst nicht geklärt, mit welchen Ausgangsbedingungen diese Weltformel gestartet wurde. Eine "letzte Erklärung" müßte auch die Start- und Randbedingungen erklären. Das erscheint mir aber nur möglich, wenn man mehr als eine Startbedingungen kennt. Leider kommen wir über unsere Ecke des Universums nicht hinaus; wir sehen also nur unsere lokale Startbedingung. Außer es wäre möglich, Universen im Labor zu erzeugen und dann zu studieren - was im Jahr 2015 unter Science Fiction fällt.


Ja, man könnte darin auch ein prinzipiell unlösbares Problem erkennen, das ein vollständiges Verständnis für immer verhindern wird.
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smallie
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Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3613

Beitrag(#1978670) Verfasst am: 15.01.2015, 00:29    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
...
smallie hat folgendes geschrieben:
... MWI hin, MWI her - in jeder Multiwelt befindet sich der Mond am selben Ort. nee Stimmt das?
...

Auf großen Skalen dominiert zwar die Gravitation und die Statistik, und die Struktur des Universums sähe sicher nicht anders aus, aber ich schätze schon, daß es im Detail völlig anders aussähe.

smallie hat folgendes geschrieben:
Falls ja, hmm, kannst du belegen, daß das so ist?

Ich denke schon, im Prinzip.

Ein Ansatz wäre, ein Beispiel zu suchen, das Dich sofort überzeugt.

Richtig. Sehr glücklich Ein einziges Gegenbeispiel reicht, um eine Idee zu widerlegen.


step hat folgendes geschrieben:
Ich versuche es mal (a) mit der Entstehung neuer Sterne / Planeten aus den Resten einer Supernova-Explosion. Hier haben wir doch eine extrem instabile Ausgangssituation, in der z.B. eine thermische Fluktuation extrem verstärkt werden kann.

Stellare Nukleosynthese ist mir im Detail zu hoch, Supernova-Physik erst recht.

Auf meinem Niveau stelle ich mir diese Frage: wenn in einem Stern Deuterium mit einem Proton kollidiert, oder Deuterium mit Deuterium, oder welche der vielen Reaktionen sich nennen lassen - in welche Richtung sausen die Reaktionsprodukte? Läßt sich die Richtung irgendwie vorhersagen? Per Impulserhaltung oder einer Art Drei-Finger-Regel?

Oder noch drastischer: der Zerfall eines ungebundenen Neutrons.



In welche Richtung fliegen die Reaktionsprodukte hier davon? Zweifellos hängen davon viele weitere Reaktionen ab.

Eigentlich wollte ich schon schreiben: "Das überzeugt mich". Ein Einwand fällt mir doch noch ein: handelt es sich hier wirklich um Quanten-Zufall? Die Details könnten durch uns unbekannte Verhältnisse der Quarkphysik im Neutron etc. begründet sein. Ein weiterer Einwand: lassen sich die Vorgänge durch eine Größe wie "mittlerer freier Pfad" statistisch beschreiben?


step hat folgendes geschrieben:
Oder (b) mit dem Hinweis auf die grundsätzliche Instabilität der Flugbahnen von Mehrkörpersystemen.

Ich denke, hier habe ich gutes theoretisches Gegenargument.

Acht Planeten ziehen ihre Kreise um die Sonne. (Naja, Ellipsen.) Bald steht dieser Planet mit einem anderen in Opposition, bald jener mit einem wiederum anderen. Es ist ein ewige Geschiebe und Gezerre - und trotzdem sind die Planetenbahnen stabil. Seit Menschengenken.

Mit ein bisschen Störungsrechnung sollte sich zeigen lassen, daß quantenmechanische Effekte hier nicht ausschlaggebend sind.


step hat folgendes geschrieben:
Ein anderer Ansatz wäre der Verweis auf ein mesokosmisches System: ...

Der Verweis auf das Dreikörperproblem war bereits ein Verweis auf ein mesokosmisches System. Im mikroskopischen dürften andere Kräfte überwiegen.


step hat folgendes geschrieben:
Für das System "Lottokugeln" habe ich hier schon mal abgeschätzt, daß selbst bei echt identischen Anfangsbedingungen ein echt zufälliges Ergebnis herauskäme.

Du sagst "selbst bei echt identischen Anfangsbedingungen". Ich würde sagen: "nur bei echt identischen Anfangsbedingungen".

Bei "echt identischen Anfangsbedingungen" sind es Quanteneffekte, die den Ausschlag geben. "Echt identische Anfangsbedingungen", das sind für mich: gleichförmige, perfekte Kugeln mit genau gleichen Massen. Derartiges gibt es nicht; tatsächlich sind es näherungsweise kugelförmige Kartoffeln unterschiedlichen Gewichtes, die aneinander stoßen. Der Stoß dürfte an einer Grenzfläche erfolgen die von - geraten - hundert, tausend, hunderttausend ? - Molekülen ausgemacht wird. Quantenmechanische Effekte sollten sich bei dieser Zahl ausmitteln, falls nicht, sind die Unterschiede zwischen einzelnen Kugeln immer noch größer als die quantenmechanischen Effekte.

Wenn du die Lottokugeln aber immer kleiner und kleiner machst, bringst du mich argumentativ in Bedrängnis. Pfeifen


step hat folgendes geschrieben:
Und schließlich könnte ich analog eine solche Abschätzung für ein astronomisches System, z.B. die Staubwolke eines Protosterns, versuchen. Also nach dem Motto: Wie schnell und wie stark setzen sich eine mikroskopische Orts/Impulsunschärfe auf größere Skalen dieses Vielkörpersystems fort. Das ist nicht so trivial, aber ich denke, man könnte es hinkriegen.

Was ist "Staub" in diesem Beispiel? Plasma ist es sicher nicht. Wasserstoff, Helium, Lithium ... bis hinauf zu den schweren Elementen, die in Supernovs entstehen? Organische Verbindungen, wie sie in interstellarem Staub späterer Generationen vorkommen? Eine Zusammenballung all dessen?

Die Orts/Impulsunschärfe ist groß bei einem Elektron, viel kleiner bei einem Proton, noch kleiner bei einem beliebigen Molekül ... und so fort. Letztlich sollten Van-der-Waals-Kräfte, oder was auch immer zu "Staubbildung" führt, größer sein als quantenmechanische Unschärfen.

Warum sollte sich überhaupt Staub bilden können, wenn die quantenmechanischen Unschärfen auf dieser Ebene signifikant wären?



PS:

zu den anderen Punkten ein anderes Mal.
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step
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Beitrag(#1978788) Verfasst am: 15.01.2015, 14:50    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
... der Zerfall eines ungebundenen Neutrons. ... In welche Richtung fliegen die Reaktionsprodukte hier davon? Zweifellos hängen davon viele weitere Reaktionen ab.

Genau, gutes Beispiel.

smallie hat folgendes geschrieben:
... handelt es sich hier wirklich um Quanten-Zufall? Die Details könnten durch uns unbekannte Verhältnisse der Quarkphysik im Neutron etc. begründet sein.

Meines Wissens ist das in der Kernphysik bereits auf quantenphysikalische Zerfallsquerschnitte zurückgeführt, ebenso wie auch die Zeit, zu der das passiert. Verborgene Variablen sind an dieser Stelle glaube ich schon aus dem Spiel.

smallie hat folgendes geschrieben:
Ein weiterer Einwand: lassen sich die Vorgänge durch eine Größe wie "mittlerer freier Pfad" statistisch beschreiben?

Ich denke schon. Die Frage ist eher, ob das Gesamtsystem sich ausschließlich mit diesen mittleren Größen beschreiben läßt. In Analogie zum Kugel-Lotto: Mittlere Stoßzeit, Lauflänge usw. sind angebbar, aber die Gewinnzahlen nicht.

smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Oder (b) mit dem Hinweis auf die grundsätzliche Instabilität der Flugbahnen von Mehrkörpersystemen.
Ich denke, hier habe ich gutes theoretisches Gegenargument. Acht Planeten ziehen ihre Kreise um die Sonne. (Naja, Ellipsen.) Bald steht dieser Planet mit einem anderen in Opposition, bald jener mit einem wiederum anderen. Es ist ein ewige Geschiebe und Gezerre - und trotzdem sind die Planetenbahnen stabil. Seit Menschengenken.

Mit ein bisschen Störungsrechnung sollte sich zeigen lassen, daß quantenmechanische Effekte hier nicht ausschlaggebend sind.

Menschengedenken ist kurz - in der Entstehungsphase waren die Bahnen weniger stabil. Es ist trivial, daß - wenn man lange genug wartet, nur noch die Fixpunkte des Phasenraum übrigbleiben, oder gar nichts mehr.

smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ein anderer Ansatz wäre der Verweis auf ein mesokosmisches System: ...
Der Verweis auf das Dreikörperproblem war bereits ein Verweis auf ein mesokosmisches System. Im mikroskopischen dürften andere Kräfte überwiegen.

Eigentlich meinte ich nicht unbedingt ein mesoskosmisches System und auch nicht unbedingt (nur) die Gravitation. Z.B. 3 geladenen Teilchen in ihrem elektrischen Feld ergeht es auch kaum besser.

smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Für das System "Lottokugeln" habe ich hier schon mal abgeschätzt, daß selbst bei echt identischen Anfangsbedingungen ein echt zufälliges Ergebnis herauskäme.
Du sagst "selbst bei echt identischen Anfangsbedingungen". Ich würde sagen: "nur bei echt identischen Anfangsbedingungen". Bei "echt identischen Anfangsbedingungen" sind es Quanteneffekte, die den Ausschlag geben.

Nein, der Witz ist: Bei bekannten, aber nur pseudo-gleichen Anfangsbedingungen (so wie beim Kugel-Lotto) würden die sich aufschaukelnden thermischen Impuls-/Ortsunschärfen ausreichen, um auch theoretisch eine deterministische Berechnung unmöglich zu machen. Um also den makroskopischen Quanteneffekt zu verhindern, müßte man sehr drastisch in die Anfangsbedingungen eingreifen, z.B. eine der Kugeln rausnehmen oder deutlich schwerer machen.

smallie hat folgendes geschrieben:
Der Stoß dürfte an einer Grenzfläche erfolgen die von - geraten - hundert, tausend, hunderttausend ? - Molekülen ausgemacht wird. Quantenmechanische Effekte sollten sich bei dieser Zahl ausmitteln, falls nicht, sind die Unterschiede zwischen einzelnen Kugeln immer noch größer als die quantenmechanischen Effekte.

Nein, sie mitteln sich nicht aus.

smallie hat folgendes geschrieben:
Warum sollte sich überhaupt Staub bilden können, wenn die quantenmechanischen Unschärfen auf dieser Ebene signifikant wären?

Dreiste Antwort: Warum sollte es überhaupt Lottogewinner geben, wenn die quantenmechanischen Unschärfen bei der Ziehung signifikant wären?
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step
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Beitrag(#1978789) Verfasst am: 15.01.2015, 14:51    Titel: Antworten mit Zitat

Hab's wiedergefunden:
step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Also erstmal vorweg: Beim Lotto bin ich mir wie gesagt nicht sicher, habe aber mal eine Arbeit dazu gelesen, die mir plausibel schien. Vielleicht kannst Du es ja mal vorrechnen.
nein, kann ich nicht, da mir schon der Ansatz was überhaupt gerechnet werden soll wenig plausibel erscheint. Ich sehe bei dem - soweit mir bekannt - Aufbau einer Lottomaschine nirgends etwas, das bei einem math. Ansatz die Unschärferelation direkt beinhalten würde, bzw. integrieren könnte. Ich bin nicht der Ansicht, dass quantenmechanische Impuls-/Ortsunschärfen bei Lottokugeln tatsächlich irgendeine Rolle spielen.
Ich dachte an einen Ansatz etwa folgendermaßen:

Ausgangspunkt ist die Annahme einer plausiblen Unschärfe einer Lottokugel mir r = 1E-2 m, etwa in Form einer durch thermische Schwingungen bedingte Ortsunschärfe von 1E-10 m (Atomdurchmesser). Diese resultiert beim Stoß z.B. in einer Unschärfe des Streuwinkels in der Größenordnung 1E-10/1E-2 bei optimal zentralem Stoß. Sagen wir die Kugel fliegt nach dem Stoß 10 Kugeldurchmesser, dann erwarten wir am Ende eine Ortsabweichung von 1E-9. Beim nächsten Stoß ca. 1E-8, bei nichtzentralen Stößen ist der Effekt sogar nichtlinear, da die Streuung bei größeren Winkeln erfolgt. Das legt nahe, daß nach spätestens ca. 20 Stößen allein aufgrund der thermischen Schwingung ein chaotisches Verhalten zu erwarten wäre, selbst wenn alle anderen Parameter unendlich genau bekannt wären.

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smallie
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Beitrag(#1979256) Verfasst am: 16.01.2015, 21:56    Titel: Antworten mit Zitat

Zwei Nachträge.

smallie hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Man wird vielleicht Wege finden, eine Theorie, die die 4 Grundkräfte zusammenführt, experimentell zu überprüfen. Da wäre ich nicht so pessimistisch.

Soll ich was pessimistisches zitieren?
Zitat:
Grand unification energy
<schnipp>


Hoppla. Dieser Unterschied war mir bisher nicht klar.

GUT - grand unified theory - steht für die Vereinigung von elektromechanischer, schwacher und starker Kraft. Kommt noch Gravitation dazu, ist es eine TOE - theory of everything.

Zitat:
Als große vereinheitlichte Theorie (englisch Grand Unified Theory, GUT, auch Grand Unification) bezeichnet man in der Physik eine Theorie, die drei der vier bekannten physikalischen Grundkräfte vereinigt, nämlich die starke Wechselwirkung, die schwache Wechselwirkung und die elektromagnetische Kraft.

http://de.wikipedia.org/wiki/Große_vereinheitlichte_Theorie





Zweitens.

Gerade eben darauf gestoßen: kann man mit ultra-starken Lasern in Bereiche vorstoßen, die mit Beschleunigern nicht erreichbar sind?

Zitat:
Probing the quantum vacuum with ultra intense laser pulses
Hegelich, Mourou, Rafelski
2014-12-28

We survey the use of high intensity laser in exploration of fundamental properties of the vacuum and particle acceleration. The rapid technological advance in laser pulse technologies creates hope that in foreseeable future it will be possible to reach laser intensities allowing exploration of the empty space, the vacuum, under influence of laser pulse strong fields. In next generation of high intense laser facilities the peak power will approach the exawatt (EW) regime. That is 100 000 times the world grid power, albeit compressed into a extremly brief instant. This will help produce high energy radiation and particles beams with an extremely short time structure offering a new paradigm for the exploration of the structure of vacuum.


1.5 Recreating the early Universe in the laboratory: Heating the vacuum

If we are ever to understand the mechanisms of matter creation and matter stability we need to find a way to study the vacuum experimentally. The study of vacuum structure is by necessity focused on experiments involving a small domain of space-time, which follows considering the Stephan-Boltzmann low which allows us to evaluate how much energy is needed to heat a given empty volume to a prescribed temperature. As temperature rises we first excite electron and positron pairs, than heavier particles, and at unexpectedly low temperature, with kT being 6 times lower than the energy-mass equivalent of the proton, we melt the vacuum structure and free quarks replace protons. One must, however, remember that this `low' temperature we talk about is far above that possible even in the center of heavy stars and neutron stars. The lifespan of the hot vacuum in the laboratory is limited by speed of radiative cooling and flow dynamics heat and it is generally accepted that it cannot be longer than the light needs to cross the diameter of this domain.


No particle accelerator we can imagine could possibly deliver the required energy to a small volume. If we were to build a solar system sized accelerator the fundamental properties of strong interactions which are increasingly weakening at high energies (`asymptotic freedom') limit the amount of usable thermal energy that would be available. However, kJ is well within the energy content available in ultra high intensity pulsed lasers.

http://arxiv.org/pdf/1412.8234v1.pdf

Witzig. Meine obige Einschätzung hat nur ein paar Tage gehalten. Lachen

Inhaltlich kann ich dazu nichts sagen. Außer daß ich im Gegensatz zu manch anderen arxiv-Veröffentlichungen nicht das Gefühl haben, das sei ein Schuß ins Dunkle.


[EDIT: völlig verpeilten Satz korrigiert]
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Zuletzt bearbeitet von smallie am 16.01.2015, 23:31, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag(#1979258) Verfasst am: 16.01.2015, 22:11    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Hoppla. Dieser Unterschied war mir bisher nicht klar.

Mir auch nicht, ich habe beides immer synonym verwendet, für alle 4 Kräfte.
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Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3613

Beitrag(#1979289) Verfasst am: 16.01.2015, 23:29    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
... der Zerfall eines ungebundenen Neutrons. ... In welche Richtung fliegen die Reaktionsprodukte hier davon? Zweifellos hängen davon viele weitere Reaktionen ab.

Genau, gutes Beispiel.

smallie hat folgendes geschrieben:
... handelt es sich hier wirklich um Quanten-Zufall? Die Details könnten durch uns unbekannte Verhältnisse der Quarkphysik im Neutron etc. begründet sein.

Meines Wissens ist das in der Kernphysik bereits auf quantenphysikalische Zerfallsquerschnitte zurückgeführt, ebenso wie auch die Zeit, zu der das passiert. Verborgene Variablen sind an dieser Stelle glaube ich schon aus dem Spiel.

Ich passe.

Bei Schrödinger und Heisenberg habe ich noch eine grobe Vorstellung von der Sache. Was danach kommt - Quantenchromodynamik, Feynman, Dyson, etc. - da kann ich bestenfalls die passenden Schlagworte anbringen, aber keine Argumente mehr.


step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Ein weiterer Einwand: lassen sich die Vorgänge durch eine Größe wie "mittlerer freier Pfad" statistisch beschreiben?

Ich denke schon. Die Frage ist eher, ob das Gesamtsystem sich ausschließlich mit diesen mittleren Größen beschreiben läßt.

Folgendes als Versuch einer Antwort.


step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Oder (b) mit dem Hinweis auf die grundsätzliche Instabilität der Flugbahnen von Mehrkörpersystemen.
Ich denke, hier habe ich gutes theoretisches Gegenargument. Acht Planeten ziehen ihre Kreise um die Sonne. (Naja, Ellipsen.) Bald steht dieser Planet mit einem anderen in Opposition, bald jener mit einem wiederum anderen. Es ist ein ewige Geschiebe und Gezerre - und trotzdem sind die Planetenbahnen stabil. Seit Menschengenken.

Mit ein bisschen Störungsrechnung sollte sich zeigen lassen, daß quantenmechanische Effekte hier nicht ausschlaggebend sind.

Menschengedenken ist kurz - in der Entstehungsphase waren die Bahnen weniger stabil. Es ist trivial, daß - wenn man lange genug wartet, nur noch die Fixpunkte des Phasenraum übrigbleiben, oder gar nichts mehr.

Gutes Argument.

Also zurück zu dem, was du oben schon angesprochen hast: die Verhältnisse in einer proto-planetaren Scheibe. Die Ringe des Saturn sollen Beispiel sein für eine Grundsatzfrage. Sicherlich ist Saturn ein ziemlicher Fixpunkt, ebenso seine Monde. Trotzdem fällt es mir leicht, alles was du übers Mehrkörperproblem sagtest, auf die Partikel anzuwenden, aus denen die Ringe bestehen. (Für's Archiv: inspiriert von hier: Saturn's rings leave ghostly imprint on atmosphere)

Ließe sich aus einer "guten" Aufzeichnung der Bahnen einzelner Partikel in einem Ringsystem oder einer proto-planetarischen Scheibe darauf schließen, daß quantenmechanische Effekte am Werk sind? Oder reichen klassische Modelle, um alles Beobachtete zu erklären?

Ist eine ausreichend gute, großräumige Aufzeichnung der Bahnen kleinster Partikel überhaupt möglich, ohne in die Bahnen einzugreifen? (Der Gedanke ist mir jetzt heraus gerutscht. Auf diese Variante des Meßproblems will ich nicht hinaus.)

Zum Beispiel gibt es in der Thermodynamik idealer Gase einen Korrekturterm, anhand dessen sich billiardkugelartige Atome von quantenmechanischen unterscheiden lassen. Errm. *grummel* Zumindest dachte ich das - ich kann auf die Schnelle keinen Beleg dafür finden. Weinen

Ich frag' andersrum: müssen in einer Simulation der Ringe des Saturns Quanteneffekte berücksichtigt werden, um auf ein realistisches Ergebnis zu kommen?


step hat folgendes geschrieben:
In Analogie zum Kugel-Lotto: Mittlere Stoßzeit, Lauflänge usw. sind angebbar, aber die Gewinnzahlen nicht.

Das läßt sich klassisch erklären, ohne Rückgriff auf Quantenmechnik.


step hat folgendes geschrieben:
Hab's wiedergefunden:
step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Also erstmal vorweg: Beim Lotto bin ich mir wie gesagt nicht sicher, habe aber mal eine Arbeit dazu gelesen, die mir plausibel schien. Vielleicht kannst Du es ja mal vorrechnen.
nein, kann ich nicht, da mir schon der Ansatz was überhaupt gerechnet werden soll wenig plausibel erscheint. Ich sehe bei dem - soweit mir bekannt - Aufbau einer Lottomaschine nirgends etwas, das bei einem math. Ansatz die Unschärferelation direkt beinhalten würde, bzw. integrieren könnte. Ich bin nicht der Ansicht, dass quantenmechanische Impuls-/Ortsunschärfen bei Lottokugeln tatsächlich irgendeine Rolle spielen.
Ich dachte an einen Ansatz etwa folgendermaßen:

Ausgangspunkt ist die Annahme einer plausiblen Unschärfe einer Lottokugel mir r = 1E-2 m, etwa in Form einer durch thermische Schwingungen bedingte Ortsunschärfe von 1E-10 m (Atomdurchmesser). Diese resultiert beim Stoß z.B. in einer Unschärfe des Streuwinkels in der Größenordnung 1E-10/1E-2 bei optimal zentralem Stoß. Sagen wir die Kugel fliegt nach dem Stoß 10 Kugeldurchmesser, dann erwarten wir am Ende eine Ortsabweichung von 1E-9. Beim nächsten Stoß ca. 1E-8, bei nichtzentralen Stößen ist der Effekt sogar nichtlinear, da die Streuung bei größeren Winkeln erfolgt. Das legt nahe, daß nach spätestens ca. 20 Stößen allein aufgrund der thermischen Schwingung ein chaotisches Verhalten zu erwarten wäre, selbst wenn alle anderen Parameter unendlich genau bekannt wären.

Ich vermisse in dieser Darstellung einen Wert, nämlich die makroskopische Unschärfe der Lottokugel.

Der Welt-Snookerverband gibt für eine Billiardkugel diese Fertigungstoleranz vor.
Zitat:
Snooker balls are technically standardized at 52.5 mm (approximately 2 1⁄15 in) in diameter within a tolerance of plus or minus 0.05 mm (0.002 in.)

http://en.wikipedia.org/wiki/Billiard_ball


Den Wert nehme ich und vergleiche ihn mit deiner Ortsunschärfe. Damit man sich was darunter vorstellen kann, rechne ich die Lottokugel hoch auf Erddurchmesser.

Code:

Billiardkugel 0,052 m
Fertigungstoleranz 0,05 mm = 0,00005 m

Lottokugel 0,01 m Radius
Lottokugel 0,02 m Durchmesser
Ortsunschärfe 1E-10 m
Fertigungstoleranz Lottokugel 0,00002 m

Erde 12 700 km

Lottokugel in Erdgröße 12 700 km
Fertigungstoleranz Lottokugel in Erdgröße 12,2 km
Ortsunschärfe Lottokugel in Erdgröße 0,06 m

Die "Höhenunterschiede" auf einer Lottokugel entsprechen etwa dem Unterschied zwischen dem Atlantikbecken und einem Gipfel im Himalaya. Wenn zwei Lottokugeln aufeinanderstoßen, dann geben diese Unterschiede den Ausschlag für den Stoßwinkel. Die sechs Zentimeter "Höhenunterschied", die auf quantenmechanische Effekte zurückgehen, werden in den wenigsten Fällen einen Unterschied machen. Darum schaukeln sie sich auch nicht auf.
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Beitrag(#1979424) Verfasst am: 17.01.2015, 17:50    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Ließe sich aus einer "guten" Aufzeichnung der Bahnen einzelner Partikel in einem Ringsystem oder einer proto-planetarischen Scheibe darauf schließen, daß quantenmechanische Effekte am Werk sind? Oder reichen klassische Modelle, um alles Beobachtete zu erklären?

Klassische Modelle reichen, um deterministisches Chaos makroskopischer Partikelsysteme zu erklären. Vielleicht auch, um die Form der Ringe zu erklären.

smallie hat folgendes geschrieben:
Zum Beispiel gibt es in der Thermodynamik idealer Gase einen Korrekturterm, anhand dessen sich billiardkugelartige Atome von quantenmechanischen unterscheiden lassen. Errm. *grummel* Zumindest dachte ich das - ich kann auf die Schnelle keinen Beleg dafür finden. Weinen

Bin mir nicht sicher, was Du hier meinst. Vermutlich wohl die Korrekturen, die durch die Quantenstatistik (Austauschsymmetrie) kommen? Also z.B. daß bei Fermion-Gasen der Druck steigt (Abstoßung aufgrund des Doppelbesetzungsverbots von Zuständen). Ja, das ist auch ein makroskopischer Quanteneffekt, der allerdings nur bei sehr niedriger Temperatur oder sehr hohem Druck auftritt.

smallie hat folgendes geschrieben:
Ich frag' andersrum: müssen in einer Simulation der Ringe des Saturns Quanteneffekte berücksichtigt werden, um auf ein realistisches Ergebnis zu kommen?

Ich denke nicht, solange man z.B. nur an der Form der Ringe interessiert ist.

smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
In Analogie zum Kugel-Lotto: Mittlere Stoßzeit, Lauflänge usw. sind angebbar, aber die Gewinnzahlen nicht.
Das läßt sich klassisch erklären, ohne Rückgriff auf Quantenmechnik.
smallie hat folgendes geschrieben:
Ich vermisse in dieser Darstellung einen Wert, nämlich die makroskopische Unschärfe der Lottokugel.

Ja natürlich - mein Argument geht ja so, daß selbst bei einer idealen Lottokugel ohne makroskopische Unebenheiten nach < 20 Stößen allein durch die Quantenfluktuationen ein makroskopischer Unterschied entstünde.

Mir ist jetzt nicht ganz klar, worum es Dir geht. Du möchtest ein Experiment, das makroskopische Quanteneffekte zeigt, die nicht von makroskopischen Effekten überlagert werden? In dem Fall reicht ja vielleicht die Supraleitung. Die ist ein ähnlicher Effekt wie das o.g. Fermigas.
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Tso Wang
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Beitrag(#1979445) Verfasst am: 17.01.2015, 19:47    Titel: Antworten mit Zitat

.

Tolle und interessante Diskussion, smallie, step et al. !!

()
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Beitrag(#1979453) Verfasst am: 17.01.2015, 20:58    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Eine letzte Theorie müsste nach meinem Geschmack auch befriedigende Anworten liefern auf Fragen, wie, "Was ist der Geist / Bewußtsein?", "Was ist Bedeutung?", "Welcher Natur sind die Relationen des Bewußtseins?" usw.
Ich vermute, diese Art von Fragen hältst Du nicht für sinnvoll.

Doch, die Natur des Bewußtseins halte ich für eine sinnvolle, offene und beantwortbare Frage. Aber natürlich wird die Antwort nicht von der Grundlagenphysik gegeben werden.

zelig hat folgendes geschrieben:
... An den Erfolg einer durchgängig reduktionistischen Erklärung kann ich nicht glauben. Darauf wartet man schon zu lange.

Nun ja, immerhin ...
- ... ist das reduktionistische Erklärungsgebäude immer größer geworden, bzw. in immer mehr Bereiche vorgedrungen
- ... hat man nur unwesentlich kürzer auf eine reduktionistische Erklärung z.B. des Regens, der Sonne oder der biologischen Arten gewartet

Dennoch neige ich dazu Dir insofern zuzustimmen, als es zumindest auf absehbare Zeit wohl genügend unabeantwortete sinnvolle Fragen geben wird.
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Beitrag(#1979693) Verfasst am: 18.01.2015, 23:27    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Zum Beispiel gibt es in der Thermodynamik idealer Gase einen Korrekturterm, anhand dessen sich billiardkugelartige Atome von quantenmechanischen unterscheiden lassen. Errm. *grummel* Zumindest dachte ich das - ich kann auf die Schnelle keinen Beleg dafür finden. Weinen

Bin mir nicht sicher, was Du hier meinst. Vermutlich wohl die Korrekturen, die durch die Quantenstatistik (Austauschsymmetrie) kommen? Also z.B. daß bei Fermion-Gasen der Druck steigt (Abstoßung aufgrund des Doppelbesetzungsverbots von Zuständen). Ja, das ist auch ein makroskopischer Quanteneffekt, der allerdings nur bei sehr niedriger Temperatur oder sehr hohem Druck auftritt.

Viel einfacher. Ich dachte an:

ideales Gas:




reales Gas (näherungsweise):




Zitat:
Van-der-Waals-Gleichung

Gase verhalten sich in der Praxis nicht exakt nach dem einfachen Modell des idealen Gases:

- Zwischen den Teilchen realer Gase gibt es Wechselwirkungen, die über elastische Stöße idealer Gase hinausgehen. Die intermolekularen Anziehungskräfte realer Gase bedingen, besonders bei höherem Druck, dass der Druck des realen Gases unter dem Druck des idealen Gases liegt.

[...]

Van-der-Waals-Gleichung



step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
In Analogie zum Kugel-Lotto: Mittlere Stoßzeit, Lauflänge usw. sind angebbar, aber die Gewinnzahlen nicht.
Das läßt sich klassisch erklären, ohne Rückgriff auf Quantenmechnik.
smallie hat folgendes geschrieben:
Ich vermisse in dieser Darstellung einen Wert, nämlich die makroskopische Unschärfe der Lottokugel.

Ja natürlich - mein Argument geht ja so, daß selbst bei einer idealen Lottokugel ohne makroskopische Unebenheiten nach < 20 Stößen allein durch die Quantenfluktuationen ein makroskopischer Unterschied entstünde.

Die Formulierung erscheint mir mißverständlich, ja unglücklich.

Ich lese (und ergänze):

    selbst bei einer idealen Lottokugel - und bei realen Lottokugeln sowieso - entstehen makroskopische Unterschiede.


Klarer wäre:

    nur bei einer idealen Lottokugel - nicht aber bei realen - spielen Quanteneffekte eine Rolle. Weil es keine idealen Lottokugeln gibt, spielen Quantenfluktuationen bei der Lottoziehung keine Rolle.




step hat folgendes geschrieben:
Mir ist jetzt nicht ganz klar, worum es Dir geht.

Meta-Antwort: weitschweifig über das Thema plaudern und die trollfreien Augenblicke nutzen. zwinkern


Kleine Rückschau:

Über die Bewertung der Stringtheorie waren wir uns irgendwann im Groben einig. Dann ging's um Kopenhagener Deutung vs. MWI.

MWI passt ganz gut in diesen Thread, eigentlich sogar besser als Stringtheorie. Denn MWI basiert auf der sehr erfolgreichen Schrödingergleichung, während Stringtheorie bisher nur ein Herumraten auf höchstem Niveau ist. Wenn die Schrödingergleichung Lösungen angibt, die nicht beobachtet werden, drängt sich die Frage nach der Realität der anderen Lösungen auf.

Ich hab dann frech behauptet, der Mond befände sich auch in anderen Multiwelten an der gleichen Stelle. Die Pro- und Contra-Argumente waren:


    1) Quantenfluktuationen während der inflationären Phase. Ja, ok. Hat Einfluß auf die lokale Massenverteilung im jungen Universum, also im weitesten Sinne auch, wo sich der Mond befindet. (Zum Thema Inflation steht noch eine längere Antwort aus.)

    2) Quantenfluktuation im primordialen Plasma: auch ok. Quantenfluktuation in protostellaren Gas- und Staubwolken - ab hier werde ich skeptisch.

    3) in der Gegenwart spielen Quanteneffekte für die Position des Mondes, etc. keine Rolle mehr.



Bei 1) und 3) vermute ich, daß wir uns einig sind. Bei 2) könnten wir ins Detail gehen - mir fällt aber nichts mehr ein, daß ich nicht schon gesagt hätte.


step hat folgendes geschrieben:
Du möchtest ein Experiment, das makroskopische Quanteneffekte zeigt, die nicht von makroskopischen Effekten überlagert werden?

Genau.


step hat folgendes geschrieben:
In dem Fall reicht ja vielleicht die Supraleitung. Die ist ein ähnlicher Effekt wie das o.g. Fermigas.

Reicht mir noch nicht.

Zweifellos sind Supraleitung und Fermigas gute Beispiele für Quanteneffekte mit makroskopischen Auswirkungen. Unzählige weitere Beispiele lassen sich nennen, Laser und Halbleiterchip hatte ich oben erwähnt. QM läßt sich aus unserer Weltbeschreibung nicht mehr wegdenken.

Warum reicht mir das nicht? Weil ich nicht weiß, wie man mit diesen Effekten eine Geschichte erzählen könnte.

Nochmal ideales vs. reales Gas. Ich kann mir keine Geschichte ausdenken, in der die Position eines einzigen Gasmoleküls Einfluß auf die Erdgeschichte oder die Menschheitsgeschichte genommen hätte.
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Beitrag(#1979746) Verfasst am: 19.01.2015, 12:40    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:

step hat folgendes geschrieben:
Du möchtest ein Experiment, das makroskopische Quanteneffekte zeigt, die nicht von makroskopischen Effekten überlagert werden?

Genau.


Wie soll das gehen ? Am ehesten fällt mir da die Interferenz makroskopischer Objekte ein.

Dabei möchte ich aber betonen, dass es doch das Modell bzw. Experiment ist, welches eine scharfe Trennung ergibt und nicht "die Realität" selbst. Ebenso scheint mir genau dieses auch bei smallies "Lottoerdkugel"-Beispiel zu vereinfacht gedacht. Wir haben gut funktionierende Modelle in der Quantenphysik und für die dekohärente physikalische Weltbetrachtung. Ich erachte es als wissenschaftlich nicht sinnvoll, wenn man jedes Modell dann mit der Realität gleichsetzt. Es sind beides mathematische Näherungsmodelle, die empirisch gut belegt "passen" und somit gute, wiederholbare Voraussagen im jeweiligen Beobachtungsexperiment liefern. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Anknüpfend an diesen Gedanken vielleicht auch noch ein Wort zum Zufall, um den es in der seinerzeitigen Diskussion mit step ging. Ich habe - aus heutiger Sicht - damals auch den Fehler gemacht - vermutlich weil's ja überall so dargestellt wird - dass es einen realen wesentlichen Unterschied zwischen Quantenzufall (sg. "echter Zufall") und dem "anderen" makroskopischen Zufall gibt.

Das sehe ich heute etwas anders, in dem Sinne, dass sich diese scharfe Trennung auch nur durch das gewählte Betrachtungsmodell ergibt und somit mit "der Realität" nicht unbedingt was zu tun haben muss. Dabei bin ich aber aus anderen Überlegungen bzw. Modellierungen ziemlich sicher, dass es real so etwas wie Zufall gibt bzw. als einfachste Hypothese in vielen Modellen auftritt.
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Beitrag(#1979758) Verfasst am: 19.01.2015, 14:15    Titel: Antworten mit Zitat

In der heutigen SZ "Krieg um Sterne" über einen Physiker, der den MOND Ansatz vertritt und sich vom Dunkle-Materie-Mainstream weggebissen fühlt.
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Beitrag(#1979766) Verfasst am: 19.01.2015, 14:47    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Klarer wäre:

    nur bei einer idealen Lottokugel - nicht aber bei realen - spielen Quanteneffekte eine Rolle. Weil es keine idealen Lottokugeln gibt, spielen Quantenfluktuationen bei der Lottoziehung keine Rolle.

Hmm - aber sie spielen eine Rolle: Gäbe es die Quantenfluktuationen nicht, sondern nur die makroskopischen Unebenheiten, dann wären die Ziehungsergebnisse anders, obwohl sie auch dann praktisch nicht voraussagbar wären.

Aber gut, das kann man bewerten wie man will.

smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Du möchtest ein Experiment, das makroskopische Quanteneffekte zeigt, die nicht von makroskopischen Effekten überlagert werden?
Genau.
step hat folgendes geschrieben:
In dem Fall reicht ja vielleicht die Supraleitung. Die ist ein ähnlicher Effekt wie das o.g. Fermigas.
Reicht mir noch nicht. ... Weil ich nicht weiß, wie man mit diesen Effekten eine Geschichte erzählen könnte.

Nochmal ideales vs. reales Gas. Ich kann mir keine Geschichte ausdenken, in der die Position eines einzigen Gasmoleküls Einfluß auf die Erdgeschichte oder die Menschheitsgeschichte genommen hätte.

Das liegt daran, daß Du immer beispiele auswählst, in denen die Quanteneffekte ausgemittelt werden. Nimm die Supraleitung, die hat u.a. das Leben ihres Erfinders makroskopisch beeinflußt Smilie

Oder möchtest Du es noch enger fassen und eine Geschichte erzählen über einen makroskopischen Effekt, der nur auf der quantenphysikalischen Orts-/ImpulsUnschärfe basiert?

Vielleicht so was:
http://phys.org/news/2013-02-heisenberg-uncertainty-principle-macro.html
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Beitrag(#1979774) Verfasst am: 19.01.2015, 15:38    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Nimm die Supraleitung, die hat u.a. das Leben ihres Erfinders makroskopisch beeinflußt Smilie


Lachen klarerweise aber in strenger bottom->up Kausalität ...
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Beitrag(#1979800) Verfasst am: 19.01.2015, 18:07    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Nimm die Supraleitung, die hat u.a. das Leben ihres Erfinders makroskopisch beeinflußt Smilie
Lachen klarerweise aber in strenger bottom->up Kausalität ...

na klar - sorry, "Entdecker" muß es natürlich heißen.
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Beitrag(#1979903) Verfasst am: 20.01.2015, 12:20    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Lachen klarerweise aber in strenger bottom->up Kausalität ...

na klar - sorry, "Entdecker" muß es natürlich heißen.


schon klar Entdecker zwinkern

Lustiger finde ich, dass du nicht zu merken scheinst, dass dein "na klar" nur qua deines Glaubens "die Realität" sei jenseits der Quanteneffekte ident mit einem reduktionistischen Materialismus, "klar" ist. Schon im nichtreduktiven Materialismus ist mentale Verursachung keine Unmöglichkeit. Natürlich erst recht nicht in einer Art "neuem Dualismus" den "Spinner" wie Dürr vertreten, die quasi den reduktionistischen Materialismus umkehren und eine Richtung vertreten die man auf Bewußtsein schafft "Materie" salopp verkürzen könnte.

Ich sehe mich da als "Agnostiker", wobei ...

step hat folgendes geschrieben:

Nun ja, immerhin ...
- ... ist das reduktionistische Erklärungsgebäude immer größer geworden, bzw. in immer mehr Bereiche vorgedrungen
- ... hat man nur unwesentlich kürzer auf eine reduktionistische Erklärung z.B. des Regens, der Sonne oder der biologischen Arten gewartet


ich ersteres nicht bestreite, aber es a-tens klarerweise das Modell der Wahl sein muss, wenn man technische Maschinen konstruieren will. Und b-tens trotzdem - aus sich selbst heraus - Fakt ist, dass das gesamte Gebäude des reduktionistischen Materialismus auf Induktions-Schlüssen von knapp 5% der "Realität", wovon man auch nur für Bruchteile funktionierende, reduktionistische Modelle entwickelt hat, basiert.

Und zweitens tue ich mir mit dem Begriff "Erklärung" etwas schwer - das klingt immer nach "ist total verstanden" - und dem ist nicht so: man hat gute Modelle, die in Teilsystemen durch Experimente abgesicherte Beschreibungen von Zusammenhängen liefern.

Einen wesentlich höheren Erklärfaktor haben die gegenüber folgender top->down Teilsystembeschreibung aber gar nicht:

Mir ist kalt, also drehe ich am Regler der Heizung und ich könnte jetzt top->down den Regelkreis beschreiben bzw. "erklären", den meine Aktion bewirkt. Der ist ebenso gut abgesichert und beliebig experimentell reproduzierbar. Das bottom->up konstruierte TeilSystem ist demnach top->down steuerbar wenn man so will. Insofern betrachte ich das Gezänk um die mentale Verursachung als ein Scheinproblem. Im Rahmen der "Realität" ist *imho durchaus Platz für bottom->up und top->down "Kausalitäten".

Und mir ist klar, dass ich da falsch liege weil: "Die Unitarität des Zeitentwicklungsoperators...." - in dem Sinne nur der Tipp, dass du selbst vielleicht bei deinen ubiquitären, induktiven "sicheren Schlüssen" aus diesem gut abgesicherten, mathematischen Teilmodell etwas mehr wissenschaftliche Skepsis - durchaus im Sinne Kants bzgl. der Voraussetzungen von Erkenntnis über "die Realität" - agieren könntest. Muss aber nicht sein, falls all deine "Präferenzen" anders geartet sind, denn dann kannst du ja nicht anders Sehr glücklich
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step
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Beitrag(#1979921) Verfasst am: 20.01.2015, 13:18    Titel: Antworten mit Zitat

Die Erklärungsfähigkeit auf der oberen Ebene ist nur gegeben, wenn man die sie konstituierenden Verhältnisse als magisch gegeben ansieht. Darin liegt sowohl ihr Vorteil (Vereinfachung) als auch ihr Nachteil.

Beispiel:

Obere Ebene:
Dir ist kalt -> Du drehst an der Heizung -> Dir wird warm

Magische Konstituenten:
- das Gefühl "dir ist kalt" (magische Empfindung)
- wie kommt Deine Entscheidung zustande? (magischer Wille)
- wie drehst Du an der Heizung (magische Bewegung)
- wie wird Dir warm (magischer Heizvorgang)

Das hat u.a. den Nachteil, daß man so nur immer wiederkehrende, verläßliche Alltagssituationen erklären kann. Zum Beispiel erklärt "wenn ich an der Heizung drehe, wird mir warm" genaugenommen nicht,
- ob auch der Katze warm wird
- warum Dir auch warm wird, wenn Du stattdessen Liegestütze machst
- ob es nur funktioniert, wenn Du dabei betest

... und vermutlich gäbe es gar keine Heizung, wenn sich alle mit solch magischen Erklärungen zufriedengeben würden.
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Zuletzt bearbeitet von step am 20.01.2015, 15:32, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag(#1979925) Verfasst am: 20.01.2015, 14:03    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Die Erklärungsfähigkeit auf der oberen Ebene ist nur gegeben, wenn man die sie konstituierenden Verhältnisse als magisch gegeben ansieht. Darin liegt sowohl ihr Vorteil (Vereinfachung) als auch ihr Nachteil.

Beispiel:

Obere Ebene:
Dir ist kalt -> Du drehst an der Heizung -> Dir wird warm

Magische Konstituenten:
- das Gefühl "dir ist kalt" (magische Empfindung)
- wie kommt Deine Entscheidung zustande? (magischer Wille)
- wie drehst Du an der Heizung (magische Bewegung)
- wie wird Dir warm (magischer Heizvorgang)



keine Ahnung, was das jetzt für komische magische "Argumente" sein sollen Geschockt

Die Übertragung ehemaliger "magischer Erklärungen" des bottom-up Bereichs (zB.: ich bete für Regen und dann kommt er) auf die Erklärung von top-down Steuerungsmechanismen in bottom-up designten technischen Geräten ? Sorry, aber das finde ich nun völlig unsinnig. Solche top-down Erklärungen sind in dem materialistisch-physikalischen Teilsystem funktional völlig gleichwertig und gänzlich ohne "Magie" nur die Wirkrichtung ist eine andere.

Wenn du dank deines persönlichen "Glaubenssystems" jedoch nur eine Wirkrichtung zulässt, ist deine Argumentation zwar psychologisch verständlich, aber - zumindest für mich - keinesfalls schlüssig, sondern eher an den Haaren herbeigezogen.

Ich bitte dich, auch alle mir bekannten bottom-up "Erklärungen" bzw. beschreibende Kausalitätsmodelle umfassen immer nur abgegrenzte Teilsysteme und die - das ist ja mein wesentliches Argument - überhaupt nur bzgl. weniger als 5% dessen, was (nach derzeitigem Wissensergebnis) "die Realität" ausmachen soll, vorhanden sind. Der Rest deiner Argumente fällt bei mir unter induzierten Glauben an ein Gesamtsystem, welches sich real so verhalten muss, wie ein als tauglich erkanntes eher klitzekleines mathematisches Modell innerhalb "der Realität".

Wenn das bei manchen zu ubiquitären Verallgemeinerungen führt, könnte man das auch als "Magie" betrachten, zumindest wenn man keine Ahnung davon hat, wie stark und dominant Glaubesüberzeugungen als geprägte Muster wirken können. Der Inhalt ist wie schon einige Male erwähnt, eher nebensächlich, solange er mit dem Wissen der entsprechenden Person wahrnehmungs-kompatibel ist. Etwas bedenklicher wird der auch ganz gut empirisch belegte Mechanismus, dass der jeweilige Glaube dann eben auch wahrnehmungssteuernd wird. Gute Wissenschaft sollte das zumindest auch in alle Überlegungen einbeziehen - vermeiden kann man es gänzlich *imho nämlich nicht...

Wissenschaftlich sinnvoller in dem Zusammenhang erscheint mir da die Reaktion eines Physikstudenten auf den sicher sehr kritischen Blick (ein Gläubiger könnte es Nestbeschmutzer nennen) von Tony Rothmans bzgl. des Gedankengebäudes der Physik.

Zitat:
Obwohl die harte Kritik von Tony Rothman für unser Physikstudium nicht zutrifft, hat sein Aufsatz an unserer Fakultät unter Studenten und Dozenten zu einer lebendigen Diskussion geführt. Brauchen wir mehr Erkenntnis- und Wissenschaftheorie im Physikstudium? Wird zuviel gerechnet und zuwenig verstanden? Müssen die Schwierigkeiten und Grenzen der Physik stärker betont werden? Sollen lösbare Probleme in den Übungen reduziert und mehr Wert auf Näherungs-Methoden gelegt werden? Solche Diskussionen sind ein erfreulicher Effekt des Aufsatzes von Rothman, der damit zur ständigen Verbesserung des Physikstudiums beiträgt.
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Beitrag(#1980113) Verfasst am: 20.01.2015, 23:44    Titel: Antworten mit Zitat

Ich überspringe einiges, werde aber darauf zurückkommen. Erstens muß ich noch nachdenken. Zweitens habe ich gestern meine Akira-Kurosawa-Box erhalten. Die alten Schinken wieder anzusehen ist mir gerade wichtiger, als die Integrität der Physik zu verteidigen. zwinkern

Also kurz zum aktuellen Seitenthema.

step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Nochmal ideales vs. reales Gas. Ich kann mir keine Geschichte ausdenken, in der die Position eines einzigen Gasmoleküls Einfluß auf die Erdgeschichte oder die Menschheitsgeschichte genommen hätte.

Das liegt daran, daß Du immer beispiele auswählst, in denen die Quanteneffekte ausgemittelt werden. Nimm die Supraleitung, die hat u.a. das Leben ihres Erfinders makroskopisch beeinflußt Smilie

Er_wins Kritik teile ich nicht. Meine Kritik ist eine ganz einfache, sprachphilosophische: Supraleitung ist kein Akteur.

    Die Supraleitung hat das Leben ihres Erfinders makroskopisch beeinflußt.


Das klingt danach, als wäre Supraleitung aktiv an ihrer Entdeckung beteiligt gewesen. Ich denke, das läßt sich ausschließen. Analoge Figur:

    Der Mars hat das Leben Keplers makroskopsch beeinflußt.


Hoppla, so klingt es nach Astrologie.



Jetzt hat mich natürlich interessiert, wie das war mit dieser Entdeckung. Meine Lesart: es war ein Fall von "etwas finden, das man nicht gesucht hat." Witzigerweise tauchen wieder die bereits erwähnten Van-der-Waalskräfte auf.

Zitat:
Heike Kamerlingh Onnes: Helium-Verflüssigung und Entdeckung der Supraleitung

Kamerlingh Onnes’ Hauptarbeitsgebiet bildete die Verflüssigung von Gasen und Ermittlung der damit zusammenhängenden Korrekturglieder des Druckes und des Volumens in der Van-der-Waals-Gleichung. Hierzu bedurfte es der Kenntnis der Gase über ein möglichst großes Temperaturintervall, insbesondere im Bereich der tiefen Temperaturen. Seit 1894 verfügte Kamerlingh Onnes über ein Kältebad von flüssigem Sauerstoff (90,18 K : -182,97 °C) und seit 1906 über flüssigen Stickstoff (77,35 K : -195,80 °C).

Er stellte schließlich am 10. Juli 1908 als erster flüssiges Helium (Siedepunkt: 4,22 K: -268,93 °C) her, indem er es auf 0,95 K (-272,3 °C) abkühlte.

Für die Van-der-Waals-Gleichung schlug Kamerlingh Onnes eine Reihenentwicklung vor, die sich auch auf Gasgemische sowie auf Gemische von Gasen und Flüssigkeiten erstrecken sollte. Hierzu mussten dann als Korrekturglieder auch die molekularen Anziehungskräfte, die Kapillarität und die Viskosität einbezogen werden. Das Arbeitsprogramm der Forschungsgruppe in Leiden erweiterte sich dementsprechend auch um Phänomene wie die elektrische Leitfähigkeit bei tiefen Temperaturen und die Temperaturabhängigkeit des Thermoeffektes.

Am 8. April 1911 machte Kamerlingh Onnes bei Experimenten mit flüssigem Helium die erstaunliche Entdeckung, dass bei einer ganz bestimmten Temperatur (der Sprungtemperatur) in Quecksilber der Widerstand für elektrischen Strom verschwindet. Damit hatte Kamerlingh Onnes die Supraleitung entdeckt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Heike_Kamerlingh_Onnes


Sehr schön auch dies:

Zitat:
Zitate

„Door meten tot weten“ – „Durch Messen zum Wissen“, das Motto seines Labors.




Er_Win hat folgendes geschrieben:
Fakt ist, dass das gesamte Gebäude des reduktionistischen Materialismus auf Induktions-Schlüssen von knapp 5% der "Realität", wovon man auch nur für Bruchteile funktionierende, reduktionistische Modelle entwickelt hat, basiert.

Nicht 5% der "Realität". Die 5% gelten für: "Anteil der uns bekannten Materie an der Gesamtenergie des Universums".

Preisfrage: Welches enzyklopädische Buch ist dicker? Das über Normale Materie, das über Dunkle Materie oder jenes über Dunkle Energie? Die Dicke wäre ein Maß für den Anteil der jeweiligen Domäne an der "Realität".

    DUNKLE MATERIE - BEI LICHTE BETRACHTET

    Dunkle Materie kennt nur zwei Wechselwirkungen und kann deshalb nur wenig komplexe Erscheinungen hervorbringen.


    DUNKLE MATERIE - DER GROSZE REINFALL.

    Sollte MOND zutreffen, wäre der Physik-Teil des Buches ziemlich dünn, der wissenschafts-soziologische umso länger. Pfeifen


    NORMALE MATERIE - DER KOSMISCHE MIKROWELLENHINTERGRUND UND ICH.

    Dieser Band muß die gesamte Geschichte abdecken vom Wasserstoff bis zu Robert J. Oppenheimer, von der Amöbe bis zu Shakespeare. Und natürlich bis zu mir. Mit anderen Worten: Vier Wechselwirkungen bringen vielfältigere Erscheinungen hervor als nur zwei. Normale Materie bringt mehr Realität hervor als Dunkle.


Außerdem vergisst du eines: stell dir vor, wir würden morgen eine komplett neue Physik jenseits des Standardmodells entdecken. Nichts würde sich ändern an unserer Alltagswelt. Die Kontinente würden weiter driften, wie eh und je. Unser gesammeltes Weltwissen ist wie ein bayesianesches Netz. Du kannst das Netz an ganz anderen Fundamenten aufhängen, der Teil des Netzes, der die Alltagswelt beschreibt, ändert sich dadurch nicht.


Aber das nur nebenbei. Eigentlich wollte ich was zu Reduktionismus sagen.

Gegeben seien Lebewesen aus verschiedenen biologischen Arten, die in wechselseitiger Räuber/Beute-Beziehung stehen. Angenommen, wir könnten Leben reduzieren auf Physik. Es heißt, Chemie sei nur die angewandte Physik der Elektronenhülle; Biologie sei nur angewandte Chemie. Würde uns diese Reduktion auch nur ein bisschen weiterhelfen, um auf die Räuber-Beute-Differentialgleichung zu kommen?

Ich denke nicht.

Jetzt drehe ich das um: denkst du, die Räuber-Beute-Gleichung träfe auch bei Lebewesen zu, die auf ganz anderen physikalischen oder biochemischen Mechanismen basierten, etwa auf SO2, Methan oder Silizium? Ich denke das schon.

Auf höheren "Komplexitäts"-Ebenen treten neue Gesetze auf, gar kein Zweifel. Diese neuen Gesetze entstehen aber nicht "magisch", sondern auf natürlichem Wege.


PS:

Jetzt ist es doch noch eine Verteidigung der Integrität der Physik geworden.
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Er_Win
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Beitrag(#1980152) Verfasst am: 21.01.2015, 11:03    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Meine Kritik ist eine ganz einfache, sprachphilosophische: Supraleitung ist kein Akteur.

    Die Supraleitung hat das Leben ihres Erfinders makroskopisch beeinflußt.


Das klingt danach, als wäre Supraleitung aktiv an ihrer Entdeckung beteiligt gewesen. Ich denke, das läßt sich ausschließen.


ich hoffe doch stark, dass step das so gemeint hat, wie ich es gelesen habe: als Ironie ... Lachen


smallie hat folgendes geschrieben:
Auf höheren "Komplexitäts"-Ebenen treten neue Gesetze auf, gar kein Zweifel. Diese neuen Gesetze entstehen aber nicht "magisch", sondern auf natürlichem Wege.


Jeder strenge Reduktionist müsste und wird aber genau daran zweifeln zwinkern

Und ich würde es nicht Gesetze nennen sondern komplexe Wechselwirkungen die multiple realisiert sein können. Sonst bin ich ganz deiner Auffassung, dass daran nichts magisches ist. Das kam erinnerlich von step, dass alles, was nicht reduktionistisch kausal bottom->up erklärbar sei, Magie sein müsse.
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step
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Beitrag(#1980197) Verfasst am: 21.01.2015, 14:01    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
ich hoffe doch stark, dass step das so gemeint hat, wie ich es gelesen habe: als Ironie ...

Natürlich.

smallie hat folgendes geschrieben:
Auf höheren "Komplexitäts"-Ebenen treten neue Gesetze auf, gar kein Zweifel. Diese neuen Gesetze entstehen aber nicht "magisch", sondern auf natürlichem Wege.

Sehe ich ebenso. Natürlich gibt es makroskopische Zusammenhänge, die allein deshalb auftreten, weil alle Bedingungen, die sie erfordern, bereits makroskopisch gegeben sind. Oft existiert derselbe Zusammenhang sogar in völlig unterschiedlichen Bereichen. Ein typisches Beispiel dafür ist die Differentialgleichung f'' = -c² f.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
... Und ich würde es nicht Gesetze nennen sondern komplexe Wechselwirkungen die multiple realisiert sein können.

Man sollte vielleicht noch weiter gehen und sagen: mathematische Zusammenhänge, die multipel realisiert werden können.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Sonst bin ich ganz deiner Auffassung, dass daran nichts magisches ist.

Naja, in dem Moment, wo Du von einer (multiplen oder nicht) Realisierung redest, reduzierst Du ja selbst. Denn die Erklärung dafür, daß wir diese oder jene mathematische Struktur eines Zusammenhangs beobachten, findet sich ja eben nicht in der Struktur selbst, sondern in den Verhältnissen der zugrundeliegenden Realisierung.

Am Beispiel oben:

- Wir beobachten f'' = -c² f bei der Gravitation, beim schwach ausgelenkten Pendel usw.. Warum? Na ist halt so -> auf der Ebene magisch
-> Realisierung: Massen wechselwirken mit 1/r Potenzial, daraus folgt die DGL (1. Reduktion)
-> Realisierung tieferer Ordnung: ART oder noch nicht gefundene Quantengravitation: erklärt warum 1/r usw.
-> ...
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smallie
resistent!?



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Beiträge: 3613

Beitrag(#1980303) Verfasst am: 21.01.2015, 22:27    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Meine Kritik ist eine ganz einfache, sprachphilosophische: Supraleitung ist kein Akteur.

    Die Supraleitung hat das Leben ihres Erfinders makroskopisch beeinflußt.


Das klingt danach, als wäre Supraleitung aktiv an ihrer Entdeckung beteiligt gewesen. Ich denke, das läßt sich ausschließen.


ich hoffe doch stark, dass step das so gemeint hat, wie ich es gelesen habe: als Ironie ... Lachen

Es genügt nicht, nur des Lesens unfähig zu sein, man muß auch unfähig sein, zwischen den Zeilen zu lesen. Pfeifen

Voll 'reingefallen. Aber immerhin weiß ich jetzt, wie Supraleitung entdeckt wurde.


Er_Win hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Auf höheren "Komplexitäts"-Ebenen treten neue Gesetze auf, gar kein Zweifel. Diese neuen Gesetze entstehen aber nicht "magisch", sondern auf natürlichem Wege.

Jeder strenge Reduktionist müsste und wird aber genau daran zweifeln zwinkern

Der strenge Reduktionist wäre demnach ein Mensch, der uns die Wheeler-DeWitt-Gleichung vor den Latz knallt, und dann sagt: "Hey, was wollt ihr denn?! Da steht doch schon alles drin."


Wheeler-DeWitt-Gleichung

Das Psi steht für die Wellenfunktion des Universums. Da sage noch jemand, wir hätten keine Weltformel. (Wenn sie denn stimmt.)
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Tso Wang
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Anmeldungsdatum: 21.09.2003
Beiträge: 1433

Beitrag(#1980711) Verfasst am: 23.01.2015, 19:54    Titel: Antworten mit Zitat

.

Ja, Wheeler....Die "Welt" als schwarzes Loch (bzw. als eine Aneinanderreihung von solchen).
Interessant Sehr glücklich ... da kommt man auf unheimliche "Vakuumdichten"... Sehr glücklich

()
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Geh' weiter
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