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Schuld, Sühne und die ungeheuerliche Kraft zur Vergebung
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placebo
Forumsleichenbestatter



Anmeldungsdatum: 04.01.2009
Beiträge: 729
Wohnort: umdieecke

Beitrag(#2114362) Verfasst am: 16.11.2017, 19:11    Titel: Schuld, Sühne und die ungeheuerliche Kraft zur Vergebung Antworten mit Zitat

Durch Zufall bin ich auf dieses schon etwas ältere Interwiev gestoßen.
Es hat mich tief beeindruckt!
Mein Gott,was für eine großartige Frau!!

http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/juedin-eva-mozes-kor-ueber-ihr-leben-nach-auschwitz-14557461.html


Ich habe mir erlaubt wenigstens im Titel den Kommafehler zu korrigieren, das tut ja weh. astarte
_________________
Mit den Meinungen ist es wie mit den Arschlöchern.
Jeder hat sein eigenes!
Den Sozialismus in seinem Lauf,
hält weder Ochs noch Esel auf!
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Post coitum omne animal triste est, sive gallus et mulier.
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vrolijke
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Moderator



Anmeldungsdatum: 15.03.2007
Beiträge: 46311
Wohnort: Stuttgart

Beitrag(#2114404) Verfasst am: 17.11.2017, 11:31    Titel: Antworten mit Zitat

Man sollte sowieso versuchen, auch bei andere Verbrechen, Täter und Opfer zusammen zu bringen.
_________________
Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
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Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.

Grenzen geben einem die Illusion, das Böse kommt von draußen
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Korra
registrierter User



Anmeldungsdatum: 02.11.2017
Beiträge: 191

Beitrag(#2114407) Verfasst am: 17.11.2017, 11:43    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Man sollte sowieso versuchen, auch bei andere Verbrechen, Täter und Opfer zusammen zu bringen.

Denk nicht, dass das immer sinnvoll ist, zum Beispiel wenn die Täter ihre Tat nie bereuen.
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#2114408) Verfasst am: 17.11.2017, 11:43    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Man sollte sowieso versuchen, auch bei andere Verbrechen, Täter und Opfer zusammen zu bringen.


Und wozu soll das gut sein? Damit der Täter sich hinterher besser fühlt?
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"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

Friedrich Nietzsche
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vrolijke
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Moderator



Anmeldungsdatum: 15.03.2007
Beiträge: 46311
Wohnort: Stuttgart

Beitrag(#2114414) Verfasst am: 17.11.2017, 13:10    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Man sollte sowieso versuchen, auch bei andere Verbrechen, Täter und Opfer zusammen zu bringen.


Und wozu soll das gut sein? Damit der Täter sich hinterher besser fühlt?

Eher im Gegenteil. Die Täter machen sich in aller Regel nicht viel Gedanken um ihre Opfer.
Auf die Art können sie mal aus erste Hand erfahren, was sie angerichtet haben.
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vrolijke
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Moderator



Anmeldungsdatum: 15.03.2007
Beiträge: 46311
Wohnort: Stuttgart

Beitrag(#2114416) Verfasst am: 17.11.2017, 13:20    Titel: Antworten mit Zitat

Gegen anonyme Opfer, die möglicherweise in negative Weise verallgemeinert werden, hat man wesentlich weniger Hemmungen.
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schtonk
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Anmeldungsdatum: 17.12.2013
Beiträge: 12078

Beitrag(#2114427) Verfasst am: 17.11.2017, 15:36    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Man sollte sowieso versuchen, auch bei andere Verbrechen, Täter und Opfer zusammen zu bringen.

Die barbarischen Verbrechen der Nationalsozialisten an 'Untermenschen', an 'wertlosem Leben' kann man nicht in einem Atemzug nennen mit anderen Verbrechen. Sie sind im allernegativsten Sinne einzigartig, Vergleiche verbieten sich.

Hier geht es um eine Frau jüdischer Herkunft, die ihren ganz individuellen Weg gefunden hat, mit allem, was ihr widerfahren ist, zurecht zu kommen.

Eva Mozes Kor hat folgendes geschrieben:
Ich habe meinen Weg gefunden, um mich selbst zu lösen und wieder frei zu sein.
...
Ich hatte die Macht zu vergeben.


Sie hat sich nach jahrzehntelanger innerer Qual gewissermaßen zum zweiten Male befreit, im übertragenen Sinne. Das gelang ihr nur mit einem zentralen Motiv religiöser Weltanschauungen, der Vergebung.
Bemerkenswert meiner Ansicht nach ist, dass sie von "Macht" spricht. Vllt kann man sich das so vorstellen, dass sie über den Akt der Vergebung eine langjährige, tiefsitzende und verletzende Ohnmacht überwunden (oder besser: kompensiert) und ein Stück Autonomie wiedererlangt hat - ein sehr schwieriger psychischer Prozess.

Nach meiner Überzeugung kann niemand von uns wirklich nachvollziehen, was das für Frau Kor bedeutet.
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wolle
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Anmeldungsdatum: 23.03.2015
Beiträge: 3891

Beitrag(#2114428) Verfasst am: 17.11.2017, 16:03    Titel: Antworten mit Zitat

Korra hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Man sollte sowieso versuchen, auch bei andere Verbrechen, Täter und Opfer zusammen zu bringen.

Denk nicht, dass das immer sinnvoll ist, zum Beispiel wenn die Täter ihre Tat nie bereuen.

Gerade wenn der Täter nicht bereut, wie in diesem Fall
https://www.welt.de/vermischtes/article170700470/Der-Schleifer-von-Hameln-will-einen-neuen-Prozess.html
würde ich nicht vergeben oder verzeihen.
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http://www.un.org/en/ga/72/presskit/pdf/full_kit72_en.pdf
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Skeptiker
"I can't breathe!"



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Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville

Beitrag(#2114429) Verfasst am: 17.11.2017, 16:08    Titel: Antworten mit Zitat

wolle hat folgendes geschrieben:
Korra hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Man sollte sowieso versuchen, auch bei andere Verbrechen, Täter und Opfer zusammen zu bringen.

Denk nicht, dass das immer sinnvoll ist, zum Beispiel wenn die Täter ihre Tat nie bereuen.

Gerade wenn der Täter nicht bereut, wie in diesem Fall
https://www.welt.de/vermischtes/article170700470/Der-Schleifer-von-Hameln-will-einen-neuen-Prozess.html
würde ich nicht vergeben oder verzeihen.


Man sehe sich doch nur die NSU-Baggage an. Von denen bereut keiner. Was soll da so etwas wie Vergebung? Das wäre doch eine Belohnung für fehlendes Schuldbewusstsein und eine zusätzliche Selbstbestrafung der lebenden und toten Opfer.

Wenn Frau Kor ihre Macht genießt, dann mag das für sie angenehm sein. Nur sollte sie nicht krumme Empfehlungen aussprechen für Opfer und Nachfahren von Opfern, die nicht in den Kategorien von Macht und Ohnmacht denken wollen.
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Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 17.11.2017, 16:16, insgesamt 2-mal bearbeitet
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vrolijke
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Anmeldungsdatum: 15.03.2007
Beiträge: 46311
Wohnort: Stuttgart

Beitrag(#2114430) Verfasst am: 17.11.2017, 16:08    Titel: Antworten mit Zitat

schtonk hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Man sollte sowieso versuchen, auch bei andere Verbrechen, Täter und Opfer zusammen zu bringen.

Die barbarischen Verbrechen der Nationalsozialisten an 'Untermenschen', an 'wertlosem Leben' kann man nicht in einem Atemzug nennen mit anderen Verbrechen. Sie sind im allernegativsten Sinne einzigartig, Vergleiche verbieten sich.

Hier geht es um eine Frau jüdischer Herkunft, die ihren ganz individuellen Weg gefunden hat, mit allem, was ihr widerfahren ist, zurecht zu kommen.

Eva Mozes Kor hat folgendes geschrieben:
Ich habe meinen Weg gefunden, um mich selbst zu lösen und wieder frei zu sein.
...
Ich hatte die Macht zu vergeben.


Sie hat sich nach jahrzehntelanger innerer Qual gewissermaßen zum zweiten Male befreit, im übertragenen Sinne. Das gelang ihr nur mit einem zentralen Motiv religiöser Weltanschauungen, der Vergebung.
Bemerkenswert meiner Ansicht nach ist, dass sie von "Macht" spricht. Vllt kann man sich das so vorstellen, dass sie über den Akt der Vergebung eine langjährige, tiefsitzende und verletzende Ohnmacht überwunden (oder besser: kompensiert) und ein Stück Autonomie wiedererlangt hat - ein sehr schwieriger psychischer Prozess.

Nach meiner Überzeugung kann niemand von uns wirklich nachvollziehen, was das für Frau Kor bedeutet.


Opfer von Verbrechen ist Opfer von Verbrechen.
Ich vergleiche nicht die Verbrechen miteinander, sondern eine Verhaltensweise, die Verbrechen möglicherweise etwas eindämmen könnte.
Der Verbrecher in der Position als Machtloser. Das Opfer hat die Fäden in der Hand.

Ich wüßte nicht, wo ich die Leistung von Frau Kor in irgend eine Weise schmälern würde.
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astarte
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Anmeldungsdatum: 13.11.2006
Beiträge: 46483

Beitrag(#2114433) Verfasst am: 17.11.2017, 17:13    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Man sollte sowieso versuchen, auch bei andere Verbrechen, Täter und Opfer zusammen zu bringen.

Frau Kor empfiehlt das aber nicht unbedingt:
Aus dem Artikel des Eingangsposts
Zitat:
In Ihrem Buch geben Sie den Ratschlag, zur Vergebung einen Brief an den Peiniger zu schreiben, ihn aber nicht abzuschicken. Warum?

Ich muss Ihnen eine Geschichte erzählen: Eine Freundin von mir wurde vergewaltigt. Nachdem sie mit mir gesprochen hatte, entschied sie sich, dem Mann zu vergeben, und schrieb ihm einen Brief. Ein Brief ist gut, um alles zu ordnen. Aber ich hatte vergessen, ihr zu sagen, dass sie den Brief niemals abschicken darf. Der Mann hat dann plötzlich geantwortet: „Jetzt muss ich Dir vergeben, dass Du mich ins Gefängnis gebracht hast und ich fünf Jahre hier sitze.“ Daher ist das eine Regel: Schicken Sie niemals den Brief ab! Treten Sie nicht wieder in eine Beziehung zu dem Täter, das ist eine toxische Beziehung. Der Brief ist nur für Sie selbst!
...
Also geht es bei Ihrer Art des Vergebens nur um das Opfer, nicht um den Täter?

Absolut. Was mit dem Täter geschieht, ist sein Problem. Die Opfer haben genug, womit sie klarkommen müssen.
...

Sie hat das so bewältigen können - aber auch erst im Alter. Aber das ist sehr individuell, wie man auf für einen selbst hilfreiche Weise verarbeiten kann, Opfer eines Verbrechens geworden zu sein. Was dem einen helfen kann, geht für den anderen gar nicht.
Vergebung und das Kapitel Opfer zu sein, für sich abzuschließen, muss auch nicht bedeuten, dem Täter persönlich gegenüber zu treten. Es geht ja auch nicht um den Täter, es geht ums Opfer.

edit: Quelle eingefügt
_________________
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Zuletzt bearbeitet von astarte am 17.11.2017, 17:28, insgesamt einmal bearbeitet
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astarte
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Beiträge: 46483

Beitrag(#2114434) Verfasst am: 17.11.2017, 17:26    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
....
Wenn Frau Kor ihre Macht genießt, dann mag das für sie angenehm sein. Nur sollte sie nicht krumme Empfehlungen aussprechen für Opfer und Nachfahren von Opfern, die nicht in den Kategorien von Macht und Ohnmacht denken wollen.

Tut sie das?
Aus dem Artikel des Eingangsposts:
Zitat:
ich habe immer nur für mich selbst gesprochen.

_________________
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vrolijke
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Anmeldungsdatum: 15.03.2007
Beiträge: 46311
Wohnort: Stuttgart

Beitrag(#2114438) Verfasst am: 17.11.2017, 17:49    Titel: Antworten mit Zitat

astarte hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Man sollte sowieso versuchen, auch bei andere Verbrechen, Täter und Opfer zusammen zu bringen.

Frau Kor empfiehlt das aber nicht unbedingt:
Aus dem Artikel des Eingangsposts
Zitat:
In Ihrem Buch geben Sie den Ratschlag, zur Vergebung einen Brief an den Peiniger zu schreiben, ihn aber nicht abzuschicken. Warum?

Ich muss Ihnen eine Geschichte erzählen: Eine Freundin von mir wurde vergewaltigt. Nachdem sie mit mir gesprochen hatte, entschied sie sich, dem Mann zu vergeben, und schrieb ihm einen Brief. Ein Brief ist gut, um alles zu ordnen. Aber ich hatte vergessen, ihr zu sagen, dass sie den Brief niemals abschicken darf. Der Mann hat dann plötzlich geantwortet: „Jetzt muss ich Dir vergeben, dass Du mich ins Gefängnis gebracht hast und ich fünf Jahre hier sitze.“ Daher ist das eine Regel: Schicken Sie niemals den Brief ab! Treten Sie nicht wieder in eine Beziehung zu dem Täter, das ist eine toxische Beziehung. Der Brief ist nur für Sie selbst!
...
Also geht es bei Ihrer Art des Vergebens nur um das Opfer, nicht um den Täter?

Absolut. Was mit dem Täter geschieht, ist sein Problem. Die Opfer haben genug, womit sie klarkommen müssen.
...

Sie hat das so bewältigen können - aber auch erst im Alter. Aber das ist sehr individuell, wie man auf für einen selbst hilfreiche Weise verarbeiten kann, Opfer eines Verbrechens geworden zu sein. Was dem einen helfen kann, geht für den anderen gar nicht.
Vergebung und das Kapitel Opfer zu sein, für sich abzuschließen, muss auch nicht bedeuten, dem Täter persönlich gegenüber zu treten. Es geht ja auch nicht um den Täter, es geht ums Opfer.

edit: Quelle eingefügt


Ich habe nicht geschrieben, dass sie das empfiehlt.
Es ist meine Meinung, dass es dienlich wäre es so zu handhaben.
Auch nicht "in Beziehung gehen" mit dem Täter. Das ist was anderes als ihm mit dem Opfer zu konfrontieren.
Das Opfer bestimmt, ob überhaupt.
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Kramer
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Beiträge: 30878

Beitrag(#2114439) Verfasst am: 17.11.2017, 18:01    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:

Der Verbrecher in der Position als Machtloser. Das Opfer hat die Fäden in der Hand.


Das halte ich nicht für den richtigen Ansatz. Sobald man dem Täter irgendeine Position in diesem Prozess gibt, gibt man ihm auch Einfluss und somit Macht. Dem Opfer wird es im weitesten Sinn darum gehen, wieder Kontrolle über das eigene Leben zu erlangen, das Trauma zu bewältigen und mit den Folgen der Tat abzuschliessen. Wenn man aber den Täter da irgendwie mitspielen lässt, gibt man ihm etwas in die Hand, das er für sich nutzen kann.
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astarte
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Anmeldungsdatum: 13.11.2006
Beiträge: 46483

Beitrag(#2114441) Verfasst am: 17.11.2017, 18:06    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Opfer von Verbrechen ist Opfer von Verbrechen.
Ich vergleiche nicht die Verbrechen miteinander,

Frau Kor selbst bringt ja auch zB eine Vergewaltigung zur Sprache. Ihr geht es wohl nicht nur um Holocaust-Opfer.
Zitat:

sondern eine Verhaltensweise, die Verbrechen möglicherweise etwas eindämmen könnte.
Der Verbrecher in der Position als Machtloser. Das Opfer hat die Fäden in der Hand.

Ob das den Täter bewegt, nicht mehr rückfällig zu werden, wäre eigentlich eigenes Thema.
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astarte
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Anmeldungsdatum: 13.11.2006
Beiträge: 46483

Beitrag(#2114442) Verfasst am: 17.11.2017, 18:08    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
...Es ist meine Meinung, dass es dienlich wäre es so zu handhaben.
Auch nicht "in Beziehung gehen" mit dem Täter. Das ist was anderes als ihm mit dem Opfer zu konfrontieren.
Das Opfer bestimmt, ob überhaupt.

Doch ein Treffen (das meintest du doch mit zusammen bringen?) ist ein in Beziehung treten. Schon das Schicken eines Briefes ist das.
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schtonk
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Beiträge: 12078

Beitrag(#2114443) Verfasst am: 17.11.2017, 18:13    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:

[...]
...Sobald man dem Täter irgendeine Position in diesem Prozess gibt, gibt man ihm auch Einfluss und somit Macht. Dem Opfer wird es im weitesten Sinn darum gehen, wieder Kontrolle über das eigene Leben zu erlangen, das Trauma zu bewältigen und mit den Folgen der Tat abzuschliessen. Wenn man aber den Täter da irgendwie mitspielen lässt, gibt man ihm etwas in die Hand, das er für sich nutzen kann.

Sehr richtig!
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astarte
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Anmeldungsdatum: 13.11.2006
Beiträge: 46483

Beitrag(#2114445) Verfasst am: 17.11.2017, 18:17    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:

Der Verbrecher in der Position als Machtloser. Das Opfer hat die Fäden in der Hand.


Das halte ich nicht für den richtigen Ansatz. Sobald man dem Täter irgendeine Position in diesem Prozess gibt, gibt man ihm auch Einfluss und somit Macht. Dem Opfer wird es im weitesten Sinn darum gehen, wieder Kontrolle über das eigene Leben zu erlangen, das Trauma zu bewältigen und mit den Folgen der Tat abzuschliessen. Wenn man aber den Täter da irgendwie mitspielen lässt, gibt man ihm etwas in die Hand, das er für sich nutzen kann.

In sehr seltenen Einzelfällen, mag das mal ein Weg sein. Vielleicht, sehr vielleicht. Und die Gefahr besteht, da gebe ich dir recht.
Ich glaube das hat aber wenig mit dem zu tun, was Eva Kor meint: ihr geht es nur um das Vergeben, um das Opfer, und sie hat auch nicht ihren persönlichen Peiniger nach kurzer Zeit getroffen.
_________________
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Skeptiker
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Beitrag(#2114448) Verfasst am: 17.11.2017, 18:47    Titel: Antworten mit Zitat

astarte hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
.... Wenn Frau Kor ihre Macht genießt, dann mag das für sie angenehm sein. Nur sollte sie nicht krumme Empfehlungen aussprechen für Opfer und Nachfahren von Opfern, die nicht in den Kategorien von Macht und Ohnmacht denken wollen.

Tut sie das?
Aus dem Artikel des Eingangsposts:
Zitat:
ich habe immer nur für mich selbst gesprochen.


Sie hat für sich selbst gesprochen, aber sie hat auch anderen empfohlen, es ähnlich zu machen, um sich nicht mehr als "ohnmächtiges Opfer" zu fühlen.

Zu ihrem Machtgefühl schreibt sie:

Zitat:
Aber nach dem Treffen in Bayern fuhr ich erst mal wieder nach Hause nach Terre Haute in Indiana. Damals merkte ich, dass ich diesem Nazi danken wollte, weil er bereit war, alles zu bezeugen. Aber wie dankt man einem Nazi? Ich habe zehn Monate darüber nachgedacht, hin und her überlegt, und plötzlich kam mir die Idee: Warum schreibe ich ihm nicht einen Brief, in dem ich ihm vergebe.

Und ich dachte, das ist sicher ein bedeutendes Geschenk für Dr. Münch. Erst später habe ich gemerkt, dass es für mich noch viel bedeutender war. Weil mir bewusst wurde, dass ich Macht hatte. Ich, das kleine Opfer, das seit Jahrzehnten dachte, es hätte gar keine Macht. Ich hatte die Macht zu vergeben. Alle Opfer auf der Welt fühlen sich verletzt, hilflos, machtlos. Und ich habe gemerkt: Das ist die Macht, die nur ich habe.


http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/juedin-eva-mozes-kor-ueber-ihr-leben-nach-auschwitz-14557461-p2.html?printPagedArticle=true#pageIndex_1


Das Vergeben verleiht ihr also ein Gefühl der Macht und dies scheint für sie ein angenehmes Gefühl zu sein. Deshalb schrieb ich "genießen".

Dabei ist es doch so: Frau Kor hat in Wahrheit überhaupt nicht die Macht, dem Täter zu vergeben, denn dieses - ich schreibe mal Recht - haben nur alle Opfer zusammen. Nur alle Opfer zusammen könnten den Tätern ihre Taten vergeben.

Und selbst wenn so etwas geschehen könnte, was ich für abwegig halte, so hätten die Opfer noch nicht ansatzweise die Strukturen angegriffen, aus denen jene Täter hervor gegangen sind und die sie letzten Endes verkörpern. Es sind bestimmte Strukturen der Herrschaft. Diese können nicht durch Vergebung aus der Welt geschafft werden, hier ist die Moral unzulänglich., sie reicht nicht so weit

Es führt nun mal kein Weg an der Aufarbeitung der Geschichte vorbei. Aber diese Aufarbeitung muss natürlich über die Psychologie hinaus gehen und sich mit Herrschaftsstrukturen hinter der Psychologie befassen.

Jedenfalls ist diese Notwendigkeit durch kein noch so befreites Gefühl einiger Opfer aus der Welt zu schaffen. Leider ist so ein Gefühl insgesamt trügerisch und dadurch vielleicht auch verharmlosend, weil einiges verdeckend.

Übrigens auch deshalb wohl kein Zufall, dass der Bericht in der FAZ steht. Denn diese Zeitung ist nicht gerade für Aufarbeitung bekannt.
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Wilson
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Beitrag(#2114449) Verfasst am: 17.11.2017, 18:51    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
astarte hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
.... Wenn Frau Kor ihre Macht genießt, dann mag das für sie angenehm sein. Nur sollte sie nicht krumme Empfehlungen aussprechen für Opfer und Nachfahren von Opfern, die nicht in den Kategorien von Macht und Ohnmacht denken wollen.

Tut sie das?
Aus dem Artikel des Eingangsposts:
Zitat:
ich habe immer nur für mich selbst gesprochen.


Sie hat für sich selbst gesprochen, aber sie hat auch anderen empfohlen, es ähnlich zu machen, um sich nicht mehr als "ohnmächtiges Opfer" zu fühlen.

Zu ihrem Machtgefühl schreibt sie:

Zitat:
Aber nach dem Treffen in Bayern fuhr ich erst mal wieder nach Hause nach Terre Haute in Indiana. Damals merkte ich, dass ich diesem Nazi danken wollte, weil er bereit war, alles zu bezeugen. Aber wie dankt man einem Nazi? Ich habe zehn Monate darüber nachgedacht, hin und her überlegt, und plötzlich kam mir die Idee: Warum schreibe ich ihm nicht einen Brief, in dem ich ihm vergebe.

Und ich dachte, das ist sicher ein bedeutendes Geschenk für Dr. Münch. Erst später habe ich gemerkt, dass es für mich noch viel bedeutender war. Weil mir bewusst wurde, dass ich Macht hatte. Ich, das kleine Opfer, das seit Jahrzehnten dachte, es hätte gar keine Macht. Ich hatte die Macht zu vergeben. Alle Opfer auf der Welt fühlen sich verletzt, hilflos, machtlos. Und ich habe gemerkt: Das ist die Macht, die nur ich habe.


http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/juedin-eva-mozes-kor-ueber-ihr-leben-nach-auschwitz-14557461-p2.html?printPagedArticle=true#pageIndex_1


Das Vergeben verleiht ihr also ein Gefühl der Macht und dies scheint für sie ein angenehmes Gefühl zu sein. Deshalb schrieb ich "genießen".

Dabei ist es doch so: Frau Kor hat in Wahrheit überhaupt nicht die Macht, dem Täter zu vergeben, denn dieses - ich schreibe mal Recht - haben nur alle Opfer zusammen. Nur alle Opfer zusammen könnten den Tätern ihre Taten vergeben.

Und selbst wenn so etwas geschehen könnte, was ich für abwegig halte, so hätten die Opfer noch nicht ansatzweise die Strukturen angegriffen, aus denen jene Täter hervor gegangen sind und die sie letzten Endes verkörpern. Es sind bestimmte Strukturen der Herrschaft. Diese können nicht durch Vergebung aus der Welt geschafft werden, hier ist die Moral unzulänglich., sie reicht nicht so weit

Es führt nun mal kein Weg an der Aufarbeitung der Geschichte vorbei. Aber diese Aufarbeitung muss natürlich über die Psychologie hinaus gehen und sich mit Herrschaftsstrukturen hinter der Psychologie befassen.

Jedenfalls ist diese Notwendigkeit durch kein noch so befreites Gefühl einiger Opfer aus der Welt zu schaffen. Leider ist so ein Gefühl insgesamt trügerisch und dadurch vielleicht auch verharmlosend, weil einiges verdeckend.

Übrigens auch deshalb wohl kein Zufall, dass der Bericht in der FAZ steht. Denn diese Zeitung ist nicht gerade für Aufarbeitung bekannt.


und am ende kann das alles wieder passieren.
und es bleibt so was wie glückssache, ob man verzeihen und damit ein gutes gefühl haben kann oder nicht.
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Beitrag(#2114452) Verfasst am: 17.11.2017, 19:07    Titel: Antworten mit Zitat

Wilson hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Frau Kor hat in Wahrheit überhaupt nicht die Macht, dem Täter zu vergeben, denn dieses - ich schreibe mal Recht - haben nur alle Opfer zusammen. Nur alle Opfer zusammen könnten den Tätern ihre Taten vergeben.

Und selbst wenn so etwas geschehen könnte, was ich für abwegig halte, so hätten die Opfer noch nicht ansatzweise die Strukturen angegriffen, aus denen jene Täter hervor gegangen sind und die sie letzten Endes verkörpern. Es sind bestimmte Strukturen der Herrschaft. Diese können nicht durch Vergebung aus der Welt geschafft werden, hier ist die Moral unzulänglich., sie reicht nicht so weit

Es führt nun mal kein Weg an der Aufarbeitung der Geschichte vorbei. Aber diese Aufarbeitung muss natürlich über die Psychologie hinaus gehen und sich mit Herrschaftsstrukturen hinter der Psychologie befassen.

Jedenfalls ist diese Notwendigkeit durch kein noch so befreites Gefühl einiger Opfer aus der Welt zu schaffen. Leider ist so ein Gefühl insgesamt trügerisch und dadurch vielleicht auch verharmlosend, weil einiges verdeckend.

Übrigens auch deshalb wohl kein Zufall, dass der Bericht in der FAZ steht. Denn diese Zeitung ist nicht gerade für Aufarbeitung bekannt.


und am ende kann das alles wieder passieren.
und es bleibt so was wie glückssache, ob man verzeihen und damit ein gutes gefühl haben kann oder nicht.


Vor allem, wenn das Vergeben mit einem Verdrängen einher geht. Was - auf welche Weise auch immer verdrängt wird - kann in anderer Form wiederkehren. Und das bleibt die Gefahr für die Zukunft.

Es gibt ja in der Psychologie den Begriff des Coping, was ich als die Kunst der Um-Interpretation traumatischer Ereignisse zwecks Bewältigung bezeichnen würde.
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Beitrag(#2114455) Verfasst am: 17.11.2017, 19:14    Titel: Antworten mit Zitat

Verdrängung ist hier ein Schutzmechanismus, und eine Wiederkehr in der Zukunft spielt für die Dame in ihrem Alter keine große Rolle mehr.
Jedenfalls hat sie den richtigen Weg für sich gefunden, und das gilt es zu respektieren.
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Wilson
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Beitrag(#2114456) Verfasst am: 17.11.2017, 19:16    Titel: Antworten mit Zitat

schtonk hat folgendes geschrieben:
Verdrängung ist hier ein Schutzmechanismus, und eine Wiederkehr in der Zukunft spielt für die Dame in ihrem Alter keine große Rolle mehr.
Jedenfalls hat sie den richtigen Weg für sich gefunden, und das gilt es zu respektieren.


wie nachhaltig der weg/erfolg ist, weiß man ja nicht, wenn sie schon so alt ist und nicht mehr lange leben wird und somit ereignisse nicht mehr auf sie einwirken können...
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Kramer
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Beiträge: 30878

Beitrag(#2114458) Verfasst am: 17.11.2017, 19:18    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Dabei ist es doch so: Frau Kor hat in Wahrheit überhaupt nicht die Macht, dem Täter zu vergeben, denn dieses - ich schreibe mal Recht - haben nur alle Opfer zusammen. Nur alle Opfer zusammen könnten den Tätern ihre Taten vergeben.


Kommt darauf an, was man unter "Vergebung" versteht. Wenn man darin etwas metaphysisch-magisches sieht, das etwas mit dem Täter macht, dann kann man evtl. auf die Idee kommen, dass man dazu die Mitwirkung aller Opfer benötigt. Wenn Vergebung aber bedeutet, dass das Opfer für sich einen Weg findet, mit der Tat abzuschliessen, dann ist das etwas, was jedes einzelne Opfer nur für sich alleine tun kann. Vergebung heisst dann nicht, dem Täter mitzuteilen, dass man ihm verzeiht oder seine Tat versteht. Vergebung heisst, dass man die Kontrolle (die Macht) über das eigene Leben zurück erlangt, indem man dem Täter nicht einmal mehr die eigene Trauer und Wut gönnt.
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fwo
Caterpillar D9



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Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#2114463) Verfasst am: 17.11.2017, 20:08    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Dabei ist es doch so: Frau Kor hat in Wahrheit überhaupt nicht die Macht, dem Täter zu vergeben, denn dieses - ich schreibe mal Recht - haben nur alle Opfer zusammen. Nur alle Opfer zusammen könnten den Tätern ihre Taten vergeben.


Kommt darauf an, was man unter "Vergebung" versteht. Wenn man darin etwas metaphysisch-magisches sieht, das etwas mit dem Täter macht, dann kann man evtl. auf die Idee kommen, dass man dazu die Mitwirkung aller Opfer benötigt. Wenn Vergebung aber bedeutet, dass das Opfer für sich einen Weg findet, mit der Tat abzuschliessen, dann ist das etwas, was jedes einzelne Opfer nur für sich alleine tun kann. Vergebung heisst dann nicht, dem Täter mitzuteilen, dass man ihm verzeiht oder seine Tat versteht. Vergebung heisst, dass man die Kontrolle (die Macht) über das eigene Leben zurück erlangt, indem man dem Täter nicht einmal mehr die eigene Trauer und Wut gönnt.

Ich bin dafür, das "gönnt" am Ende durch ein "gibt" zu ersetzen.
Ansonsten vertreten wir heute die selbe Küchenpsychologie.
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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schtonk
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Beiträge: 12078

Beitrag(#2114479) Verfasst am: 17.11.2017, 22:27    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Dabei ist es doch so: Frau Kor hat in Wahrheit überhaupt nicht die Macht, dem Täter zu vergeben, denn dieses - ich schreibe mal Recht - haben nur alle Opfer zusammen. Nur alle Opfer zusammen könnten den Tätern ihre Taten vergeben.


Kommt darauf an, was man unter "Vergebung" versteht. Wenn man darin etwas metaphysisch-magisches sieht, das etwas mit dem Täter macht, dann kann man evtl. auf die Idee kommen, dass man dazu die Mitwirkung aller Opfer benötigt. Wenn Vergebung aber bedeutet, dass das Opfer für sich einen Weg findet, mit der Tat abzuschliessen, dann ist das etwas, was jedes einzelne Opfer nur für sich alleine tun kann. Vergebung heisst dann nicht, dem Täter mitzuteilen, dass man ihm verzeiht oder seine Tat versteht. Vergebung heisst, dass man die Kontrolle (die Macht) über das eigene Leben zurück erlangt, indem man dem Täter nicht einmal mehr die eigene Trauer und Wut gönnt.

Ich bin dafür, das "gönnt" am Ende durch ein "gibt" zu ersetzen.

Unsinn.

fwo hat folgendes geschrieben:
Ansonsten vertreten wir heute die selbe Küchenpsychologie.

Dummes Gewäsch.


Edith: "Unsinn hoch zwo" durch "dummes Gewäsch" ersetzt.


Zuletzt bearbeitet von schtonk am 17.11.2017, 23:03, insgesamt einmal bearbeitet
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placebo
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Beitrag(#2114481) Verfasst am: 17.11.2017, 22:44    Titel: Antworten mit Zitat

Eben nicht "vorbildlich",sondern nur für sich alleine eine außergewöhnliche Entscheidung zu treffen.
Darin sehe ich die bewundernswerte Einstellung dieser Frau.
Man erinnere sich:
Es ist ja belegt das es unmittelbar nach den Befreiungen der Konzentrationslagern zu zahlreichen Vergeltungstaten der Überlebenden an ihren Peinigern kam.
Gerade in der ersten Wut wurden Kz-Wächter,„Kollaborateure"und andere Nazischergen von ihren Opfern gelyncht,erschlagen oder "nur" misshandelt.
Was ich absolut verstehn kann,weil der Wunsch nach Vergeltung und Rache gehört nun mal zum menschlichen Spektrum der Emotionen.Man sieht und erlebt es ja bis in unsere Tage.Es ist ja eher die "Normalität".
Um so erstaunlicher find ich das einer dieses "Prinzip"durchbricht und auf Rache und Hass verzichtet.
Und das bei diesen fürchterlichen Verbrechen.Hut ab!

Wie sagte der Altmeister des Kabaretts Hans Dieter Hüsch mal:
"Doch niemand hat je den Hass besiegt
ohne ihn selbst zu beenden"

Ich kann solche Menschen auch nur beneiden.
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astarte
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Beiträge: 46483

Beitrag(#2114496) Verfasst am: 18.11.2017, 00:57    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
astarte hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
.... Wenn Frau Kor ihre Macht genießt, dann mag das für sie angenehm sein. Nur sollte sie nicht krumme Empfehlungen aussprechen für Opfer und Nachfahren von Opfern, die nicht in den Kategorien von Macht und Ohnmacht denken wollen.

Tut sie das?
Aus dem Artikel des Eingangsposts:
Zitat:
ich habe immer nur für mich selbst gesprochen.


Sie hat für sich selbst gesprochen, aber sie hat auch anderen empfohlen, es ähnlich zu machen, um sich nicht mehr als "ohnmächtiges Opfer" zu fühlen.

Und was soll daran „krumm“ sein?
Zitat:

Zu ihrem Machtgefühl schreibt sie:

Zitat:
Aber nach dem Treffen in Bayern fuhr ich erst mal wieder nach Hause nach Terre Haute in Indiana. Damals merkte ich, dass ich diesem Nazi danken wollte, weil er bereit war, alles zu bezeugen. Aber wie dankt man einem Nazi? Ich habe zehn Monate darüber nachgedacht, hin und her überlegt, und plötzlich kam mir die Idee: Warum schreibe ich ihm nicht einen Brief, in dem ich ihm vergebe.

Und ich dachte, das ist sicher ein bedeutendes Geschenk für Dr. Münch. Erst später habe ich gemerkt, dass es für mich noch viel bedeutender war. Weil mir bewusst wurde, dass ich Macht hatte. Ich, das kleine Opfer, das seit Jahrzehnten dachte, es hätte gar keine Macht. Ich hatte die Macht zu vergeben. Alle Opfer auf der Welt fühlen sich verletzt, hilflos, machtlos. Und ich habe gemerkt: Das ist die Macht, die nur ich habe.


http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/juedin-eva-mozes-kor-ueber-ihr-leben-nach-auschwitz-14557461-p2.html?printPagedArticle=true#pageIndex_1


Das Vergeben verleiht ihr also ein Gefühl der Macht und dies scheint für sie ein angenehmes Gefühl zu sein. Deshalb schrieb ich "genießen".
na sowas. Das Gefühl verletzt, hilflos und machtlos zu sein, endlich los zu werden, ist angenehm? Klingt irgendwie bei dir, als wäre das verwerflich. Als wäre es besser, sich weiterhin als machtloses Opfer zu fühlen.
Zitat:

Dabei ist es doch so: Frau Kor hat in Wahrheit überhaupt nicht die Macht, dem Täter zu vergeben, denn dieses - ich schreibe mal Recht - haben nur alle Opfer zusammen. Nur alle Opfer zusammen könnten den Tätern ihre Taten vergeben.

Wieso das denn? Sie wurde für Versuche missbraucht, sie hat das durchgemacht, und ihr Leben lang mitgeschleppt, und mit den Folgen gekämpft. Sie ganz persönlich hat natürlich das Recht die Verbrechen an ihr zu vergeben oder nicht zu vergeben. Wie jeder andere auch.
Wer sich in der Lage fühlt, und dem das hilft, hat diese Macht, diese Möglichkeit, halt nur für die Verbrechen an ihm. Für andere gibt es vielleicht andere Wege. Keinem kann man das absprechen und sagen: nö weil Vergebung für andere Opfer vielleicht kein Weg ist, musst du dich bis ins hohe Alter so hilflos und ausgeliefert fühlen, wie als Kind, als an dir Verbrechen begangen wurden.

Zitat:

Und selbst wenn so etwas geschehen könnte, was ich für abwegig halte, so hätten die Opfer noch nicht ansatzweise die Strukturen angegriffen, aus denen jene Täter hervor gegangen sind und die sie letzten Endes verkörpern. Es sind bestimmte Strukturen der Herrschaft. Diese können nicht durch Vergebung aus der Welt geschafft werden, hier ist die Moral unzulänglich., sie reicht nicht so weit
aha, da werden größte Verbrechen an Menschen begangen, und dann sollen diese Opfer gefälligst nicht so egoistisch sein, für sich einen Abschluss zu finden, sie sind jetzt verantwortlich dafür, die Strukturen zu ändern. Alles Engagement von Eva Kor ist anscheinend noch nicht genug (in ihrem Wikipedia Artikel steht noch mehr darüber). Was fällt der Frau ein, sich einfach besser zu fühlen. Pillepalle
Zitat:

Es führt nun mal kein Weg an der Aufarbeitung der Geschichte vorbei. Aber diese Aufarbeitung muss natürlich über die Psychologie hinaus gehen und sich mit Herrschaftsstrukturen hinter der Psychologie befassen.
Und dass sich Eva Kor nun nicht mehr ganz so scheisse fühlt, steht der Aufarbeitung warum entgegen?
Zitat:

Jedenfalls ist diese Notwendigkeit durch kein noch so befreites Gefühl einiger Opfer aus der Welt zu schaffen. Leider ist so ein Gefühl insgesamt trügerisch und dadurch vielleicht auch verharmlosend, weil einiges verdeckend.
Und sich als Opfer weiterhin hilflos und machtlos zu fühlen, ist dafür genau warum besser?
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Tja
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Anmeldungsdatum: 26.03.2017
Beiträge: 5000

Beitrag(#2114541) Verfasst am: 18.11.2017, 16:23    Titel: Antworten mit Zitat

schtonk hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Man sollte sowieso versuchen, auch bei andere Verbrechen, Täter und Opfer zusammen zu bringen.

Die barbarischen Verbrechen der Nationalsozialisten an 'Untermenschen', an 'wertlosem Leben' kann man nicht in einem Atemzug nennen mit anderen Verbrechen. Sie sind im allernegativsten Sinne einzigartig, Vergleiche verbieten sich.

Was für ein Blödsinn! Hauptsache einzigartig, was die Deutschen so tun, gell?! Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Opfer, die Ähnliches oder Schlimmeres erlitten haben, nur weil es nicht unterm Hakenkreuz stattfand.

schtonk hat folgendes geschrieben:

Hier geht es um eine Frau jüdischer Herkunft, die ihren ganz individuellen Weg gefunden hat, mit allem, was ihr widerfahren ist, zurecht zu kommen.

Eva Mozes Kor hat folgendes geschrieben:
Ich habe meinen Weg gefunden, um mich selbst zu lösen und wieder frei zu sein.
...
Ich hatte die Macht zu vergeben.


Sie hat sich nach jahrzehntelanger innerer Qual gewissermaßen zum zweiten Male befreit, im übertragenen Sinne. Das gelang ihr nur mit einem zentralen Motiv religiöser Weltanschauungen, der Vergebung.
Bemerkenswert meiner Ansicht nach ist, dass sie von "Macht" spricht. Vllt kann man sich das so vorstellen, dass sie über den Akt der Vergebung eine langjährige, tiefsitzende und verletzende Ohnmacht überwunden (oder besser: kompensiert) und ein Stück Autonomie wiedererlangt hat - ein sehr schwieriger psychischer Prozess.

Nach meiner Überzeugung kann niemand von uns wirklich nachvollziehen, was das für Frau Kor bedeutet.

Ansonsten: Nettes Gedöns, ja.
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Beiträge: 25404

Beitrag(#2114563) Verfasst am: 18.11.2017, 19:07    Titel: Antworten mit Zitat

Wir hatten das Thema mal hier.

http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=1274276#1274276

Zitat:
"Versöhnung ist möglich bei Alltagsvorgängen. Im Bereich Kriminalität lässt sich auch noch ein Handtaschendiebstahl verzeihen. Wenn aber darüber hinaus von Versöhnung gesprochen wird, kommt das häufig einer erneuten Verunglimpfung oder Kränkung des Opfers gleich", sagt Seidler.

Professor Günter Seidler hält wenig von dem populären "Täter-Opfer-Ausgleich". Er warnt vielmehr vor den weitreichenden Folgen von schweren Schamverletzungen sowohl bei militärischen Konflikten als auch in scheinbar friedlichen Alltagssituationen in unserer Gesellschaft. Seidler: "Vor einer Versöhnung steht erst einmal der Hass. Nach einer sehr hassvollen Phase kann es sehr selten so etwas wie vergessendes Versöhnen geben. Wir sollten uns aber darüber im Klaren sein, dass Versöhnung ein sehr seltenes Ereignis ist."


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