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"Es ist unmoralisch Haustiere zu halten"
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zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25404

Beitrag(#2109371) Verfasst am: 07.10.2017, 18:37    Titel: Antworten mit Zitat

Despiteful hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Es ist nicht nötig, das Schmerzempfinden nachvollziehen zu können. Es ist in weiten Teilen sogar unmöglich. Wir können trotzdem davon ausgehen, daß hochentwickelte Tiere wie Oktopusse, Delphine oder Elefanten mit ähnlicher Intensität leiden können, wie Menschen - bei abweichender Qualität.

Umgekehrt wird ein Schuh draus: Bei gleicher Qualität an Schmerzempfinden können wir davon ausgehen, dass mangels entwickeltem Bewusstsein keine gleiche Intensität an Leid vorliegt wie beim Menschen. :wink:


Ich glaube zu verstehen was Du meinst. Und finde es nicht unberechtigt, stimme aber eher nicht überein. Die Amygdala kann meines Wissens auch im Koma aktiv sein. Warst Du zufällig schonmal in einem komaähnlichen Zustand? Finden Albträume bei Bewußtsein statt? Komplizierte Sache, finde ich.
_________________
Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#2109373) Verfasst am: 07.10.2017, 18:38    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Man leidet eben ganz anders, wenn man sich einen kleinen Zehn gebrochen hat (wie ich vor kurzem), oder ein geliebter Mensch gestorben ist, oder am Monatsende das Geld fehlt.


Ja.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Das alles auf einen, wie ich finde falschen Oberbegriff zu bringen, dient mehr einem metaphysischen Weltbild als realistischer Erkenntnis.


Nein. Das Leid ist in Deinen Beispielen der kleinste gemeinsame Nenner. Hat nichts mit Metaphysik zu tun, ist ganz konkret physisch oder psychisch realisiert.


Nur so wird's nicht verwendet, denn dann müßte man ja zugeben, daß man Äpfel mit Birnen vergleicht. Leid unterscheidet sich aber nun mal nach dem, woran man leidet, wie darin, wer leidet. Zu sagen, das Leiden daran, daß man seinen Bus verpaßt hat, gehöre in die gleiche Kategorie wie das Verpassen einer lebenswichtigen Operation, und unterschiedslos "Leidfreiheit" zu postulieren, ist einfach nur Demagogie.

Andererseits, fordern kann man viel, und wenn's Spaß macht.

P.S.: jede metaphysische Vorstellung ist "konkret physisch und psychisch realisiert". Es findet alles in menschlichen Köpfen statt.
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"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

Friedrich Nietzsche
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#2109375) Verfasst am: 07.10.2017, 18:42    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Despiteful hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Es ist nicht nötig, das Schmerzempfinden nachvollziehen zu können. Es ist in weiten Teilen sogar unmöglich. Wir können trotzdem davon ausgehen, daß hochentwickelte Tiere wie Oktopusse, Delphine oder Elefanten mit ähnlicher Intensität leiden können, wie Menschen - bei abweichender Qualität.

Umgekehrt wird ein Schuh draus: Bei gleicher Qualität an Schmerzempfinden können wir davon ausgehen, dass mangels entwickeltem Bewusstsein keine gleiche Intensität an Leid vorliegt wie beim Menschen. zwinkern


Ich glaube zu verstehen was Du meinst. Und finde es nicht unberechtigt, stimme aber eher nicht überein. Die Amygdala kann meines Wissens auch im Koma aktiv sein. Warst Du zufällig schonmal in einem komaähnlichen Zustand? Finden Albträume bei Bewußtsein statt? Komplizierte Sache, finde ich.


Dazu kann ich ein interessantes Buch empfehlen: Daniel Kahnemann: Schnelles Denken, langsames Denken.
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placebo
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Anmeldungsdatum: 04.01.2009
Beiträge: 729
Wohnort: umdieecke

Beitrag(#2109376) Verfasst am: 07.10.2017, 18:48    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
I........................War für das Zebra vermutlich nicht nett. Aber das ist Sterben nie. .................
.


Kann man so auch nicht behaupten.Ich kenne jede Menge Schilderungen von Nah-Toderfahrungen die schildern das Sterben schön sei.So mit Licht und Leuchten im Tunnel und dergleichen
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Marcellinus
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Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#2109377) Verfasst am: 07.10.2017, 18:52    Titel: Antworten mit Zitat

placebo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
I........................War für das Zebra vermutlich nicht nett. Aber das ist Sterben nie. .................
.


Kann man so auch nicht behaupten.Ich kenne jede Menge Schilderungen von Nah-Toderfahrungen die schildern das Sterben schön sei.So mit Licht und Leuchten im Tunnel und dergleichen


Nah-Tod ist eben nicht tot. Müssen wir uns jetzt auch noch mit Esoterik rumschlagen?
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placebo
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Anmeldungsdatum: 04.01.2009
Beiträge: 729
Wohnort: umdieecke

Beitrag(#2109381) Verfasst am: 07.10.2017, 19:00    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
placebo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
I........................War für das Zebra vermutlich nicht nett. Aber das ist Sterben nie. .................
.


Kann man so auch nicht behaupten.Ich kenne jede Menge Schilderungen von Nah-Toderfahrungen die schildern das Sterben schön sei.So mit Licht und Leuchten im Tunnel und dergleichen


Nah-Tod ist eben nicht tot. Müssen wir uns jetzt auch noch mit Esoterik rumschlagen?


äh,der Begriff oben heißt doch sterben. Das ist doch erstmal der Übergang zum Tod.Nix Esoterik Cool
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swifty
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Anmeldungsdatum: 26.03.2017
Beiträge: 5000

Beitrag(#2109382) Verfasst am: 07.10.2017, 19:01    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:

Ich glaube zu verstehen was Du meinst. Und finde es nicht unberechtigt, stimme aber eher nicht überein. Die Amygdala kann meines Wissens auch im Koma aktiv sein. Warst Du zufällig schonmal in einem komaähnlichen Zustand? Finden Albträume bei Bewußtsein statt? Komplizierte Sache, finde ich.

Das driftet mir ein bisschen zu sehr ab, mit Albträume bei Bewusstsein und so... ich zeig Dir lieber mal, wenn Du es Dir antun willst, ein Video aus der Deiner Meinung nach vielleicht albtraumhaften, aber sehr natürlichen Realität, um etwas konkreter vorzuführen was ich meine:

Graphic content warning Baboon eating gazelle alive

Man sieht deutlich dass die Gazelle Schmerz empfindet, aber sie macht auf mich nicht den Eindruck einer Panik. Auch schreit sie nicht die ganze Zeit und strampelt nicht bis zum Ende um ihr Leben. Der Eindruck ist im Ganzen eher, dass sie zwar Schmerz empfindet, sich aber im Wesentlichen in ihr Schicksal fügt, bzw. es ist nicht zu erkennen, dass Furcht vor dem Tod sie die ganze Zeit beherrschen würde, etwa wie das beim Menschen der Fall wäre.

Das ist mMn ein deutlicher Hinweis zum Unterschied zwischen Schmerzempfinden und Leid, das hat mit der Amygdala nur sehr wenig zu tun.

Im Übrigen gehen die neueren Forschungen eher dahin, dass die von Dir angesprochene Amygdala, die ja auch für die emotionale Bewertung einer Sache die entscheidende Rolle spielt und das damit verbundene Angstempfindungsvermögen stark verknüpft ist mit der Fähigkeit einen Orgasmus zu empfinden. Ich kann nur leider keinen enstprechenden Link reinstellen, weil das kostenpflichtiger Kontent ist auf Psychologie Heute.
Und da Tiere idR zwar auch Sex haben, aber ihn mit Sicherheit nicht als ebenso lustvoll empfinden wie Menschen (Primaten mal ausgenommen), die Lustfähigkeit also ebenso beschränkt ist, kannst Du Dir Deine Nebelkerzen bezüglich Amygdala und Leidensfähigkeit eigentlich auch sparen.


Zuletzt bearbeitet von swifty am 07.10.2017, 19:03, insgesamt einmal bearbeitet
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Wilson
zwischen gaga und dada



Anmeldungsdatum: 04.02.2008
Beiträge: 20113
Wohnort: Swift Tuttle

Beitrag(#2109383) Verfasst am: 07.10.2017, 19:02    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ich weiß nicht, was diese Feingeisterei soll. Seit es Menschen gibt, haben sie sehr viel Freude daran, andere Menschen in großer Zahl vorzeitig umzubringen. Vielleicht fängt man mal damit an, damit aufzuhören. Ich unterhielt mich gestern mit einem Afrikaner, der sehr anschaulich schilderte, wie in seiner Heimat ein Nilpferd sogar ein Zebra verspeißt hat, obwohl Nilpferde eigentlich Vegetarier sind. War für das Zebra vermutlich nicht nett. Aber das ist Sterben nie.

Wenn man sich überlegt, mit welcher Quälerei Menschen heutzutage in Krankenhäusern zu Tode kommen, wäre es vermutlich eine effektive Form der Leidvermeidung, ab einem bestimmten Alter die medizinische Behandlung auf ein Minimum zu begrenzen, und statt dessen den Alkohol- und Tabakkonsum zu fördern.

Die wirksamste Form der Leidvermeidung wäre es, sich nicht mehr fortzupflanzen, nicht nur, weil Schwangerschaft und Geburt eine ziemlich leidvolle Sache sind. Außerdem, wer nicht geboren wird, leidet auch nicht.

Ich weiß nicht, was diese ganze Gemütsduselei soll. Einerseits erzählen einem manche, man könne nicht einmal die Gedanken und Empfindungen seinesr Mitmenschen nachempfinden, andererseits kennt man sich aber im Gefühlsleben der gemeinen Küchenschabe bestens aus.

Leidvermeidung? Was für ein Blödsinn. Es gibt genügend konkrete Probleme, zB. Kriege beenden oder gar nicht erst führen, Tierschutz, was, wenn es nicht kleinbürgerliche Sentimentalität sein soll, nichts anderes ist als Artenschutz, und vor allem ein Ende des Bevölkerungswachstums, damit andere Arten überhaupt noch einen Platz zum Leben haben. Statt dessen wird über "Leidvermeidung" debattiert, als wenn man sonst keine Sorgen hätte. Ich habe den Eindruck, wir entwickeln uns immer mehr zu einer Gesellschaft von Mimosen.


kannst du ja für dich so machen, sehen und so. für dich, für dich, für dich. jetzt und immer dar.

aber ich finde ist zu unterlassen, nachkommen zu fabrizieren, erspaßen, gedankenlos oder eben gedankenvoll ins leben zu planen, als reproduktions- auftrag in die welt zu bringen, als nachahmung auf die welt loslassen, weil dingsbums jetzt auch eins hat, aus langweile, aus selbstverliebtheit im glauben, dass das leben für die nachommen nett würde (bis auf den gebrochenen zeh, du mimose), weil man meint, in erziehungfragen nahezu fehlerfrei zu sein und mal probieren möchte ob das stimmt, nachkommen zu machen, die danke ihrer guten gene die welt beglücken?
und mit genau solchen ethischen fragestellungen im gepäck....und ungefragt in die welt zu bringen.
was soll das denn?
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Anmeldungsdatum: 26.03.2017
Beiträge: 5000

Beitrag(#2109389) Verfasst am: 07.10.2017, 20:00    Titel: Antworten mit Zitat

Wilson hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ich weiß nicht, was diese Feingeisterei soll. Seit es Menschen gibt, haben sie sehr viel Freude daran, andere Menschen in großer Zahl vorzeitig umzubringen. Vielleicht fängt man mal damit an, damit aufzuhören. Ich unterhielt mich gestern mit einem Afrikaner, der sehr anschaulich schilderte, wie in seiner Heimat ein Nilpferd sogar ein Zebra verspeißt hat, obwohl Nilpferde eigentlich Vegetarier sind. War für das Zebra vermutlich nicht nett. Aber das ist Sterben nie.

Wenn man sich überlegt, mit welcher Quälerei Menschen heutzutage in Krankenhäusern zu Tode kommen, wäre es vermutlich eine effektive Form der Leidvermeidung, ab einem bestimmten Alter die medizinische Behandlung auf ein Minimum zu begrenzen, und statt dessen den Alkohol- und Tabakkonsum zu fördern.

Die wirksamste Form der Leidvermeidung wäre es, sich nicht mehr fortzupflanzen, nicht nur, weil Schwangerschaft und Geburt eine ziemlich leidvolle Sache sind. Außerdem, wer nicht geboren wird, leidet auch nicht.

Ich weiß nicht, was diese ganze Gemütsduselei soll. Einerseits erzählen einem manche, man könne nicht einmal die Gedanken und Empfindungen seinesr Mitmenschen nachempfinden, andererseits kennt man sich aber im Gefühlsleben der gemeinen Küchenschabe bestens aus.

Leidvermeidung? Was für ein Blödsinn. Es gibt genügend konkrete Probleme, zB. Kriege beenden oder gar nicht erst führen, Tierschutz, was, wenn es nicht kleinbürgerliche Sentimentalität sein soll, nichts anderes ist als Artenschutz, und vor allem ein Ende des Bevölkerungswachstums, damit andere Arten überhaupt noch einen Platz zum Leben haben. Statt dessen wird über "Leidvermeidung" debattiert, als wenn man sonst keine Sorgen hätte. Ich habe den Eindruck, wir entwickeln uns immer mehr zu einer Gesellschaft von Mimosen.


kannst du ja für dich so machen, sehen und so. für dich, für dich, für dich. jetzt und immer dar.

aber ich finde ist zu unterlassen, nachkommen zu fabrizieren, erspaßen, gedankenlos oder eben gedankenvoll ins leben zu planen, als reproduktions- auftrag in die welt zu bringen, als nachahmung auf die welt loslassen, weil dingsbums jetzt auch eins hat, aus langweile, aus selbstverliebtheit im glauben, dass das leben für die nachommen nett würde (bis auf den gebrochenen zeh, du mimose), weil man meint, in erziehungfragen nahezu fehlerfrei zu sein und mal probieren möchte ob das stimmt, nachkommen zu machen, die danke ihrer guten gene die welt beglücken?
und mit genau solchen ethischen fragestellungen im gepäck....und ungefragt in die welt zu bringen.
was soll das denn?
noc
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Anmeldungsdatum: 22.07.2003
Beiträge: 15976
Wohnort: Arena of Air

Beitrag(#2109415) Verfasst am: 08.10.2017, 00:17    Titel: Antworten mit Zitat

Ad Beitrag Am Kopf kratzen:

Zitat:
Wenn man sich überlegt, mit welcher Quälerei Menschen heutzutage in Krankenhäusern zu Tode kommen, wäre es vermutlich eine effektive Form der Leidvermeidung, ab einem bestimmten Alter die medizinische Behandlung auf ein Minimum zu begrenzen, und statt dessen den Alkohol- und Tabakkonsum zu fördern.


Man sieht eben auch, daß die Vorstellung, was unakzeptables Leid ist, subjektiv geprägt ist: Ein Palliativmediziner würde Dir zum Beispiel sagen, daß es oft möglich sei, Leid und Schmerz am Lebensende soweit herunterzuregeln, daß Betroffene auch noch eine Rest-Lebensqualität hätten.

Es gibt - auch in meiner eigenen Familie - Fälle, da würde ich beipflichten, und andere, in denen ich widersprechen müßte: Eine meiner Großmütter lag jahrelang nur so halb-bewußt im Pflegeheim, und - zumindest aus meiner Außensicht - empfand ich das als Quälerei für sie, da wäre es vielleicht besser gewesen, wenn ihr diese Zeit erspart geblieben wäre.

Mein Onkel hatte andererseits jahrzehntelang geraucht wie ein Weltmeister, sich mit 50 eines Tages ins Bett gelegt und wurde später tot aufgefunden. Da wäre es vielleicht besser gewesen, hätte er das Zeug nicht entdeckt, wäre auch (zumindest ja uns - während er auch nicht so kommuniziert hat, ob er sein Leben so erträglich fand: vielleicht hat er sich damit ja getröstet oder betäubt?) Leid erspart geblieben.


Zitat:
Die wirksamste Form der Leidvermeidung wäre es, sich nicht mehr fortzupflanzen, nicht nur, weil Schwangerschaft und Geburt eine ziemlich leidvolle Sache sind. Außerdem, wer nicht geboren wird, leidet auch nicht.


Auch wenn es etwas pathetisch klingt, sind wir ja nun einmal in dieses Leben geworfen, haben uns das ja selbst nicht ausgesucht, geboren worden zu sein. Es gibt durchaus Menschen, die sich bewußt entscheiden, keine Kinder haben zu wollen, weil sie in diese Welt keine Kinder setzen wollen. Wir sind aber nun einmal hier. Wir können aber dennoch so etwas wie einen Anspruch an unser Leben formulieren.

Und wir sind wir nicht auch gerade hier, weil wir uns dem widersetzen, was wir als vermeintliche "Naturgesetze" ansehen? Eine Entwicklung hat es gegeben, weil Menschen davon abgewichen sind. Und das betrifft auch die Behandlung des Anderen. Und das forderst Du ja auch ein.


Zitat:
Ich weiß nicht, was diese ganze Gemütsduselei soll. Einerseits erzählen einem manche, man könne nicht einmal die Gedanken und Empfindungen seinesr Mitmenschen nachempfinden, andererseits kennt man sich aber im Gefühlsleben der gemeinen Küchenschabe bestens aus.


Wie meinem obigen Beitrag zu entnehmen ist: Ich zum Beispiel *weiß* das nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob zum Beispiel ein Insekt leidet oder Schmerz empfindet. Auch bei einem Haustier kann ich das niciht wissen(*), wie bei jeder Interaktion: versteht z.B. das Tier, wenn ich mit ihm spreche, wirklich die Worte und verhält sich danach, oder bilde ich mir das ein, weil ich es mir wünsche?

Selbst gegenüber Menschen kann man ja "nie ganz sicher" sein: Ich hatte ja gerade diese Beispiele genannt, daß ich einen Zustand auch als "leidvoll" beurteilen kann, wobei ich aber gar nicht weiß, ob der Betreffende das auch so empfindet.

Was im Umgang mit Menschen klar wird -- wo ich mir "nicht sicher" bin, ist es eigentlich "sicherer", mich so zu verhalten, als ob das Gegenüber Leid empfinden kann. Beim Ungang mit Menschen "aus Eigeninteresse", weil ich hoffe, daß Andere sich in einer Situation mir gegenüber auch so verhalten, beim Umgang mit Tieren mindestens, weil ich ja dadurch nichts verliere. Es mag ja im großen Universum völlig irrelevant sein, ob ich jetzt auf Ameise A trete oder Biene B einfach mal so mit Insektengift besprühe.

Aber geht mir irgendetwas dadurch ab, daß ich darauf verzichte?

(Die Frage des Leids kann dabei eine Abwägungssache sein. Eine Abwägung käme für mich ins Spiel, wenn ich die Gesamtsicht betrachte: Ich würde jetzt wahrscheinlich nicht in einen reißenden Fluß springen, um eine kleine Fliege zu retten, die im Ertrinken begriffen ist. Oder wo ich ja nicht draußen anfange, auf Käferchen einzuprügeln, die sich auf einem Stein sonnen, würde ich mich vielleicht auch anders verhalten, wenn die in der Küche im Schrank rumkrabbeln würden. Auch beim Menschen muß man ggf. abwägen - ich hatte auch schon Ärzte, die nicht sehr geschickt waren, was Spritzen anging, danach war dann zwei Wochen lang mal die Armbeuge blau oder das Gesäß schmerzte mehrere Tage wie Hulle oder Ähnliches. Aber wenn ich Vater wäre, müßte ich das Risiko ggf. in Kauf nehmen, daß mein Kind ggf. für kurze Zeit jammert, nachdem es die Tetanus-Impfung bekommen hat. Andererseits würde ich natürlich auch keine Leiden akzeptieren, die ich als übermäßig oder unangemessen ansähe.)


(* = Aber noch ein anderer Gedanke: Es wurde auch schon viel gehört, daß bestimmte Menschen, die brutale Gewalttaten gegen Menschen verübt hatten, vorher auch schon aufgefallen seien, weil sie Tiere gequält hatten. Ich glaube z.B. nicht, daß z.B. Schlachter "gewaltaffiner" seien als andere Menschen, die ja jeden Tag womöglich Hunderte von Lebewesen vom Leben zum Tod befördern. Sie werden sich vielleicht auch besser fühlen, wenn - selbst wenn man annimmt, daß zu einer Ernährung auch Fleisch gehöre - die Tiere möglichst wenig leiden. Problemfälle sind aber z.B. Typen, die Katzen fangen und ihnen lebendig die Bälge abziehen oder Ähnliches. Dort fehlt dann ja die Fähigkeit, das Lebewesen zu respektieren, was eben aus meiner Sicht auch heißt, unnötiges Leid zu vermeiden.)



Zitat:
Leidvermeidung? Was für ein Blödsinn. Es gibt genügend konkrete Probleme, zB. Kriege beenden oder gar nicht erst führen, Tierschutz, was, wenn es nicht kleinbürgerliche Sentimentalität sein soll, nichts anderes ist als Artenschutz, und vor allem ein Ende des Bevölkerungswachstums, damit andere Arten überhaupt noch einen Platz zum Leben haben. Statt dessen wird über "Leidvermeidung" debattiert, als wenn man sonst keine Sorgen hätte. Ich habe den Eindruck, wir entwickeln uns immer mehr zu einer Gesellschaft von Mimosen.


Trotzdem sehe ich es als "Gewinn" an und halte es - schon aus Eigeninteresse - nicht für "Humanitätsduselei" oder ein "Luxusproblem", wenn Andere bestrebt sind, mein Leid zu reduzieren. Ich möchte nicht zu einem Arzt zur Behandlung gehen, der mir "Haben Sie sich mal nicht so, Schmerz ist ein Luxusproblem, Anästhesie brauchen wir nicht" sagte und mich dann traktierte wie ein mittelalterlicher Bader, sondern er sollte sich schon bemühen, daß das so schmerzlos und/oder auch schnell vonstatten geht wie möglich.

Und wenn ich - das möchte ich natürlich nicht, aber hypothetisch - bewußtlos im KH landen sollte, dann soll er mich trotzdem nicht so behandeln, als ob ich in dem Zustand nicht möglicherweise auch Schmerzen empfinde. Das wünsche ich mir -- und ich finde das letzlich im Hinblick auf Deine vorherige Einlassung eigentlich logisch, was denn das "Seelenleben des Mitmenschen" angehe: Weil ja letztlich jeder Mensch möglichst wenig leiden möchte, erhofft er sich natürlich auch vom Anderen, daß er diese Vorstellung beherzigt, -- und müßte umgekehrt dann auch von sich auf den Anderen schließen, daß der Andere auch so denkt.
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Dann bin ich halt bekloppt. Mit den Augen rollen

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placebo
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Beitrag(#2109417) Verfasst am: 08.10.2017, 01:21    Titel: Antworten mit Zitat

Auweiha,das ist ja Zündstoff ohne Ende.
Viel könnte ich darüber sagen,aber Forumsbeiträge sind keine wissentschaftliche Studien,sollen es auch nicht sein.Ich greife mir jetzt mal was bekanntes raus.
Zitat:
Außerdem, wer nicht geboren wird, leidet auch nicht.


Das erinnert mich ja an die berühmte These der Nehilisten.
"Das größte Glück auf Erden,ist NICHT geboren werden."
Hört sich ja gut an,reimt sich sogar vorzüglich,Ist aber belangloser Quatsch weil:

Wenn ich NICHT bin,kann ich auch nichts empfinden.Weder Glück noch Leid.
Von NICHTS kommt eben NICHTS und kann folglich auch nur NICHTS bewirken.

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Anmeldungsdatum: 06.02.2016
Beiträge: 2845

Beitrag(#2109429) Verfasst am: 08.10.2017, 09:36    Titel: Antworten mit Zitat

Despiteful hat folgendes geschrieben:


Graphic content warning Baboon eating gazelle alive

Man sieht deutlich dass die Gazelle Schmerz empfindet, aber sie macht auf mich nicht den Eindruck einer Panik. Auch schreit sie nicht die ganze Zeit und strampelt nicht bis zum Ende um ihr Leben. Der Eindruck ist im Ganzen eher, dass sie zwar Schmerz empfindet, sich aber im Wesentlichen in ihr Schicksal fügt, bzw. es ist nicht zu erkennen, dass Furcht vor dem Tod sie die ganze Zeit beherrschen würde, etwa wie das beim Menschen der Fall wäre.



Würde ein Mensch in der obigen Situation Angst vor dem Tod haben? Würde er Schmerzen empfinden?
Da kann man sich auch nicht reinversetzen, weil das Gehirn von einem Chemie-Coktail geflutet wird.
Es gibt ja Leute die von Haien angegriffen werden. Ich habe mal ein Interview mit einem Überlebenden gesehen, dem zuerst ein Bein abgebissen wurde, der dann mit dem Hai gekämpft hat und dem dabei auch noch ein Arm abgebissen wurde. Er hat erst später bemerkt, dass ihm ein Arm fehlt.
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Anmeldungsdatum: 05.08.2007
Beiträge: 14852

Beitrag(#2109440) Verfasst am: 08.10.2017, 10:57    Titel: Antworten mit Zitat

Critic hat folgendes geschrieben:
Ich glaube z.B. nicht, daß z.B. Schlachter "gewaltaffiner" seien als andere Menschen, die ja jeden Tag womöglich Hunderte von Lebewesen vom Leben zum Tod befördern.

Wieso auch "gewaltaffin"? Stell dich mal an einem Schlachthof an ein Fliessband, und dann schau was das mit der Zeit mit dir macht. Ich denke da für mich eher an 'Abstumpfung'.

Was das "Hunderte" betrifft: Das grösste Unternehmen der Branche in Deutschland schlachtet über 16 Millionen Schweine im Jahr, bei 9 Standorten, das sind Pi*Daumen 5000 Schweine/Tag.
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Wilson
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Anmeldungsdatum: 04.02.2008
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Wohnort: Swift Tuttle

Beitrag(#2109447) Verfasst am: 08.10.2017, 11:44    Titel: Antworten mit Zitat

placebo hat folgendes geschrieben:
Auweiha,das ist ja Zündstoff ohne Ende.
Viel könnte ich darüber sagen,aber Forumsbeiträge sind keine wissentschaftliche Studien,sollen es auch nicht sein.Ich greife mir jetzt mal was bekanntes raus.
Zitat:
Außerdem, wer nicht geboren wird, leidet auch nicht.


Das erinnert mich ja an die berühmte These der Nehilisten.
"Das größte Glück auf Erden,ist NICHT geboren werden."
Hört sich ja gut an,reimt sich sogar vorzüglich,Ist aber belangloser Quatsch weil:

Wenn ich NICHT bin,kann ich auch nichts empfinden.Weder Glück noch Leid.
Von NICHTS kommt eben NICHTS und kann folglich auch nur NICHTS bewirken.

welch bewusstseinsleistung!

und dank dieser könnte man doch nun im nächsten schritt, nachdem man selbsttäuschungsmechanismen erkannt hat (ich meine, z.b. in der historischen betrachtung der menscheitsgeschichte gibt es ja nun wahrlich nicht den geringesten anlass zu hoffnung und damit der begründbarkeit, dass damit bis zum seligwerden aller, sofern nicht elitär denkend, weiterhin (..)
Zitat:
das Reißen und Schlingen, das Zermahlen und Ausbluten, das Stechen und Kröpfen, dieser ohne Unterlaß wütende Bürgerkrieg alles Lebendigen
(...) gerechtfertigt werden kann,
sondern doch eher, den evolutionsprozess bewusst und planvoll zu Ende zu bringen?
durch unterlassen.
wieso sollte jede neue generation das ganze nochmal durchkauen müssen?
ungefragt.

quelle des zitats
s: das untier von u. horstmann
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Marcellinus
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Beitrag(#2109448) Verfasst am: 08.10.2017, 11:48    Titel: Antworten mit Zitat

Könnte es sein, dass einige hier den Verlust ihrer Religion nicht richtig verdaut haben?

"Unsere öffentlichen Debatten über moralische oder politische Fragen finden längst nicht mehr in einem religiösen Kontext statt, aber die neue Terminologie dient auch dazu, den tiefen Einfluss der vielen Konzepten zugrunde liegenden theologischen Ideen zu verschleiern. Unsere Wortwahl hat sich geändert. Wir sprechen nicht mehr von Seele, sondern von Psyche, wir haben die Erbsünde eingetauscht gegen Schuldgefühle unseren Kindern oder Eltern gegenüber, aber der Nährboden dieser Ideen ist unverändert, wir sehen die Welt immer noch mit den Augen von Gläubigen, auch wenn wir uns dessen nicht bewußt sind.

Wenn wir in die Zukunft blicken, dann fürchten wir nach wie vor die Apokalypse, erwarten wir instinktiv immer noch das Ende der Geschichte im Paradies oder in ewiger Verdammnis. Neben der Erlösungsvision eines perfekten Marktes, einer vollkommenen sozialistischen Gesellschaft, einer Sciencefiction-Zukunft ohne Kriege oder Energieprobleme droht das Angstszenario eines überhitzten Planeten, das Schreckensbild eines nuklearen dritten Weltkrieges, von zusammenbrechenden Ökosystemen, zerstörerischen Asteroiden auf Kollisionskurs mit der Erde oder einem letzten, apokalyptischen Krieg der Zivilisationen. Die Möglichkeit, die Menschheit könnte sich auch noch einige weitere Jahrtausende irgendwie durchmogeln (die bei weitem wahrscheinlichste), sie könnte einige Katastrophen vermeiden und andere erleiden, am Ende aber weder dem Himmel noch der Hölle wesentlich näher sein als heute, entspricht unseren kulturellen Instinkten deutlich weniger. Unsere theologisch konditionierten Hirne denken lieber in Bildern wie Erlösung und Verdammnis, und damit auch Belohnung und Strafe, als mit der Erwartung einer Zukunft voller Zufälle und Zwänge, unvorhersehbar, sinnlos, ohne Ziel."

(Philipp Blom: Böse Philosophen, S. 19f)
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Zumsel
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Beiträge: 4667

Beitrag(#2109452) Verfasst am: 08.10.2017, 11:58    Titel: Antworten mit Zitat

Nietzsche sagte, was am Leid empört ist nicht das Leiden selbst, sondern die Sinnlosigkeit des Leidens. Die Idee, das Leiden aus der Welt zu verbannen oder eine Ethik allein auf das Prinzip der Leidvermeidung zu begründen (wie im Utilitarismus) ist daher wohl nur eine exzentrische Überreizung, die, auf die Spitze getrieben, dann tatsächlich zur Lebensverneinung führt.
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fwo
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Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 25826
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Beitrag(#2109453) Verfasst am: 08.10.2017, 12:04    Titel: Antworten mit Zitat

Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
Despiteful hat folgendes geschrieben:


Graphic content warning Baboon eating gazelle alive

Man sieht deutlich dass die Gazelle Schmerz empfindet, aber sie macht auf mich nicht den Eindruck einer Panik. Auch schreit sie nicht die ganze Zeit und strampelt nicht bis zum Ende um ihr Leben. Der Eindruck ist im Ganzen eher, dass sie zwar Schmerz empfindet, sich aber im Wesentlichen in ihr Schicksal fügt, bzw. es ist nicht zu erkennen, dass Furcht vor dem Tod sie die ganze Zeit beherrschen würde, etwa wie das beim Menschen der Fall wäre.



Würde ein Mensch in der obigen Situation Angst vor dem Tod haben? Würde er Schmerzen empfinden?
Da kann man sich auch nicht reinversetzen, weil das Gehirn von einem Chemie-Coktail geflutet wird.
Es gibt ja Leute die von Haien angegriffen werden. Ich habe mal ein Interview mit einem Überlebenden gesehen, dem zuerst ein Bein abgebissen wurde, der dann mit dem Hai gekämpft hat und dem dabei auch noch ein Arm abgebissen wurde. Er hat erst später bemerkt, dass ihm ein Arm fehlt.

Ja. Es gibt auch Schilderungen von Leuten, die man buchstäblich aus dem Rachen des Löwen geholt hat und die erzählen, dass sie das alles nur sehr entfernt wahrgenommen haben. Das ist ein schönes Beispiel dafür, dass das Funktionieren der Empathie, deren Rolle innerhalb der Art ich gar nicht kleinreden will, schon innerhalb der Art eine ziemliche Glücksache ist, über Artgrenzen hinweg ist sie eine Schwachsinnsübung. Was empathisch erlebt wird, sind immer die eigenen Gefühle und nie die des anderen, innerhalb der Art existiert eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die des anderen ähnlich sind.

Ich habe schon mal darauf aufmerksam gemacht, dass man für Leid in unserem Sinn erhebliche Rechenkapazitäten braucht, man kann es aber auch rein funktional und evolutionär sehen: Leid im hier verwendeten Sinn ist erst mit erheblicher Freiheit des Individuums überhaupt sinnvoll. Die besonderen Nervenzellen (Nozizeporen), die melden, dass da ein Reiz außerhalb der tolerablen Qualitäten aufgetreten ist, von denen deshalb i.A. auf das Vorhandensein von Schmerz in unserem Sinn geschlossen wird, sind schon relativ früh in der Tiergeschichte vorhanden, aber wenn wir von Schmerz sprechen, bezeichnen wir ein bewusstes Gefühl - das existiert nicht vor dem Bewusstsein. Ohne jetzt zu versuchen, eine Grenze zu ziehen, ab wann man wirklich von Schmerz in unserem Sinn sprechen kann - diese Grenzziehungen sind alle gelogen - kann man sagen, dass das Gefühl, ob bewusst oder unbewusst, da nicht gebraucht wird, wo ich Verhalten direkt mit der Reizrezeption kopple: Beim direkten Reflex findet auch bei uns eine Schmerzrezeption erst statt, wenn der Körper bereits reagiert hat - der Schmerz ist bei uns nur deshalb sinnvoll, weil wir lernfähig sind - wir können deshalb diese Situation in Zukunft meiden, wobei unsere Möglichkeiten, Situationen zu charakterisieren im Tierreich einzigartig sind.

Wenn ich das jetzt zusammenfasse, kann ich sagen, dass selbst die basale Schmerzempfindung bereits Ausdruck einer der Freiheit von automatisiertem Verhalten ist. Bei Tieren mit stark automatisiertem Verhalten ist Schmerz ein "Luxus", der keinen evolutionären Vorteil bringt. Ich halte es deshalb für z.B. für sehr gewagt, Fischen Schmerzempfindungen zu unterstellen, was in der Literatur regelmäßig geschieht.
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Beitrag(#2109457) Verfasst am: 08.10.2017, 12:13    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Nietzsche sagte, was am Leid empört ist nicht das Leiden selbst, sondern die Sinnlosigkeit des Leidens. Die Idee, das Leiden aus der Welt zu verbannen oder eine Ethik allein auf das Prinzip der Leidvermeidung zu begründen (wie im Utilitarismus) ist daher wohl nur eine exzentrische Überreizung, die, auf die Spitze getrieben, dann tatsächlich zur Lebensverneinung führt.


Im "3. Reich" wurde ja dann gepredigt, "ein Junge weint nicht." und die heilige Trinität: "Zäh wie Leder, schnell wie Windhunde und hart wie Krupp(!)stahl!"

Da wurden den *Mimosen* - Zitat Marcellinus - die heiligen Leviten gelesen.

Natürlich ist der Faschismus, den Nietzsche mit vorbereitet hat, von ganz anderer Art als der Ansatz, das Leben in der menschlichen Gesellschaft rational zu organisieren, um Leid durch Armut, Krankheit, Ungleichheit, etc. auf ganz automatische Weise abzuschaffen, damit die Menschen sich mit wichtigeren Dingen beschäftigen können als mit Zahnweh oder Obdachlosigkeit.
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Beitrag(#2109459) Verfasst am: 08.10.2017, 12:20    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Nietzsche sagte, was am Leid empört ist nicht das Leiden selbst, sondern die Sinnlosigkeit des Leidens. Die Idee, das Leiden aus der Welt zu verbannen oder eine Ethik allein auf das Prinzip der Leidvermeidung zu begründen (wie im Utilitarismus) ist daher wohl nur eine exzentrische Überreizung, die, auf die Spitze getrieben, dann tatsächlich zur Lebensverneinung führt.


So ist es! Es sind Menschen, die mit dem Verlust ihrer Religion nicht fertiggeworden sind, nicht leben können oder wollen in einer Welt ohne Sinn und Ziel, ohne Absolutes, ohne "Wahrheit".

So konstruieren sie sich eine Paradiesvorstellung im Diesseits, ein Prinzip, an dem sie die Wirklichkeit messen, letztlich ein neuer Glaube, vermutlich noch weltfremder als der alte. Absolute Begriffe wie "Leid" oder "das Böse" eignen sich besonders, weil sie es so leicht machen, jeder Form von Differenzierung schon im Ansatz aus dem Wege zu gehen.
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Beitrag(#2109460) Verfasst am: 08.10.2017, 12:25    Titel: Re: "Es ist unmoralisch Haustiere zu halten" Antworten mit Zitat

placebo hat folgendes geschrieben:
Noch radikalere Ansichten über Haustierhaltung las ich jetzt im GEO Magazin.Dort vertritt ein Professorenpaar die Ansicht das jegliche "Nutztierhaltung"generell unzulässig sei.Egal ob Miezekatze,Schoßhund,Melkkuh oder Schlachtschwein.
Interessante Argumentation wobei mir persönlich ein Satz besonders gefallen hat.
Hühner mögen es nicht wenn man ihnen die Eier wegnimmt.Das zumindest habe ich mit ihnen gemeinsam. Cool
Eines haben die Autoren aber wohl nicht bedacht.
Auch ein schön gewachsener Kohlkopf hat es vieleicht nicht gerne wenn man ihm brutal den Hals abschneidet............ http://www.geo.de/magazine/geo-magazin/17325-rtkl-vegane-ernaehrung-es-ist-unmoralisch-haustiere-zu-halten


In dem Interview werden verschiedene Themen durcheinander geworfen.

Haustiere, Eier von Hühnern und Schlachten von Tieren sind jeweils eigene Themen.

Zu Haustieren würde ich sagen: Die meisten werden wohl einigermaßen gut behandelt, aber es gibt auch massenhaft Tierquälerei von Haustieren, die wie Sklaven behandelt werden.

Ein Führerschein für das Recht, Haustiere zu halten, wäre vielleicht eine Idee?
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Beitrag(#2109467) Verfasst am: 08.10.2017, 13:00    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Natürlich ist der Faschismus, den Nietzsche mit vorbereitet hat,

Du denkst an "Der Wille zur Macht"?

"Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden ihre Fälschungen an Nietzsches Schriften und Briefen allgemein bekannt. Sie selbst wurde und wird als Hauptverantwortliche für bestimmte Deutungen der Philosophie ihres Bruders, besonders jene im Nationalsozialismus, scharf kritisiert. Das von ihr verbreitete Nietzsche-Bild kam jedoch offenbar dem damaligen Zeitgeist entgegen und wurde von zahlreichen Gelehrten und Literaten weitgehend geteilt."
https://de.wikipedia.org/wiki/Elisabeth_F%C3%B6rster-Nietzsche
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Beitrag(#2109468) Verfasst am: 08.10.2017, 13:01    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Nietzsche sagte, was am Leid empört ist nicht das Leiden selbst, sondern die Sinnlosigkeit des Leidens. Die Idee, das Leiden aus der Welt zu verbannen oder eine Ethik allein auf das Prinzip der Leidvermeidung zu begründen (wie im Utilitarismus) ist daher wohl nur eine exzentrische Überreizung, die, auf die Spitze getrieben, dann tatsächlich zur Lebensverneinung führt.

Natürlich ist der Faschismus, den Nietzsche mit vorbereitet hat, von ganz anderer Art als der Ansatz, das Leben in der menschlichen Gesellschaft rational zu organisieren, um Leid durch Armut, Krankheit, Ungleichheit, etc. auf ganz automatische Weise abzuschaffen, damit die Menschen sich mit wichtigeren Dingen beschäftigen können als mit Zahnweh oder Obdachlosigkeit.


Ja, der Faschismus ist nur für die eine Hälfte der Katastrophen seit dem 20. Jh. zuständig, die andere Hälfte geht auf das Konto des Sozialismus, beide auf ihre jeweilige Art giftige Blumen vom gleichen Stamm. Es sind innerweltliche Religionen, die eine auf der Suche nach dem "Übermenschen", die andere auf der nach der "Übergesellschaft". Und beide versprachen das Paradies und haben Krieg, Mord und Gulag gebracht.

Wir sind sicher in der Lage, konkrete Probleme zu lösen (und sollten das auch weiter tun), aber ebenso sicher werden wir damit neue Probleme erzeugen. Der Grund ist einfach: die Geschichte der menschlichen Gesellschaften ist eben so sinn- und ziellos, und damit unvorhersehbar, wie die Entwicklung dieser Welt insgesamt. Eine Welt ohne Probleme wird es daher auch in 1000 Jahren nicht geben.*

Aber wir könnten zumindest bei der Lösung einiger Probleme weiter kommen, wenn wir auf die Illusion verzichten, es gäbe ein ideologische Allheilmittel, einen gesellschaftlichen "Zauberkasten", der "automatisch" unserem "Leid" ein Ende setzt, wenn wir uns nur dem neuen Glauben anschließen (der im Falle von Faschismus und Sozialismus ja auch schon eher ein alter Glaube ist). Zumindest auf die Illusionen und Selbsttäuschungen, die wir kennen, sollten wir doch verzichten können, oder?

_____
* Nein, das ist keine Vorhersage, falls wieder irgendein Schlauberger mit so einer Bemerkung kommt. Die kleine Gedankenübung, warum das so ist, überlasse ich euch.
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Beitrag(#2109470) Verfasst am: 08.10.2017, 13:22    Titel: Antworten mit Zitat

Die "Lösung" des Leides/Leidens liegt in der Hauptsache in einem selber.

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Beitrag(#2109477) Verfasst am: 08.10.2017, 13:54    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Nietzsche sagte, was am Leid empört ist nicht das Leiden selbst, sondern die Sinnlosigkeit des Leidens. Die Idee, das Leiden aus der Welt zu verbannen oder eine Ethik allein auf das Prinzip der Leidvermeidung zu begründen (wie im Utilitarismus) ist daher wohl nur eine exzentrische Überreizung, die, auf die Spitze getrieben, dann tatsächlich zur Lebensverneinung führt.


Im "3. Reich" wurde ja dann gepredigt, "ein Junge weint nicht." und die heilige Trinität: "Zäh wie Leder, schnell wie Windhunde und hart wie Krupp(!)stahl!"

Da wurden den *Mimosen* - Zitat Marcellinus - die heiligen Leviten gelesen.

Natürlich ist der Faschismus, den Nietzsche mit vorbereitet hat, von ganz anderer Art als der Ansatz, das Leben in der menschlichen Gesellschaft rational zu organisieren, um Leid durch Armut, Krankheit, Ungleichheit, etc. auf ganz automatische Weise abzuschaffen, damit die Menschen sich mit wichtigeren Dingen beschäftigen können als mit Zahnweh oder Obdachlosigkeit.


M.a.W.: Eine der Motivationen für den menschlichen Fortschritt dürfte die Verringerung des Leids sein. Und dort gibt es Probleme, die oft zuerst gelöst werden müssen, bevor man sich mit anderen Dingen beschäftigen kann. Das ist zum einen eine Motivation in sich selbst sein: Wie viele werden z.B. Ärzte, weil sie damit Anderen helfen wollen. Zum anderen muß (sowohl persönlich als auch gesamtgesellschaftlich) für Nahrung gesorgt werden, Krankheit bekämpft werden etc., bevor man sich mit anderen Dingen beschäftigen kann.



fwo hat folgendes geschrieben:
Ich habe schon mal darauf aufmerksam gemacht, dass man für Leid in unserem Sinn erhebliche Rechenkapazitäten braucht, man kann es aber auch rein funktional und evolutionär sehen: Leid im hier verwendeten Sinn ist erst mit erheblicher Freiheit des Individuums überhaupt sinnvoll. Die besonderen Nervenzellen (Nozizeporen), die melden, dass da ein Reiz außerhalb der tolerablen Qualitäten aufgetreten ist, von denen deshalb i.A. auf das Vorhandensein von Schmerz in unserem Sinn geschlossen wird, sind schon relativ früh in der Tiergeschichte vorhanden, aber wenn wir von Schmerz sprechen, bezeichnen wir ein bewusstes Gefühl - das existiert nicht vor dem Bewusstsein. Ohne jetzt zu versuchen, eine Grenze zu ziehen, ab wann man wirklich von Schmerz in unserem Sinn sprechen kann - diese Grenzziehungen sind alle gelogen - kann man sagen, dass das Gefühl, ob bewusst oder unbewusst, da nicht gebraucht wird, wo ich Verhalten direkt mit der Reizrezeption kopple: Beim direkten Reflex findet auch bei uns eine Schmerzrezeption erst statt, wenn der Körper bereits reagiert hat - der Schmerz ist bei uns nur deshalb sinnvoll, weil wir lernfähig sind - wir können deshalb diese Situation in Zukunft meiden, wobei unsere Möglichkeiten, Situationen zu charakterisieren im Tierreich einzigartig sind.

Wenn ich das jetzt zusammenfasse, kann ich sagen, dass selbst die basale Schmerzempfindung bereits Ausdruck einer der Freiheit von automatisiertem Verhalten ist. Bei Tieren mit stark automatisiertem Verhalten ist Schmerz ein "Luxus", der keinen evolutionären Vorteil bringt. Ich halte es deshalb für z.B. für sehr gewagt, Fischen Schmerzempfindungen zu unterstellen, was in der Literatur regelmäßig geschieht.


Ich halte es aber auch nicht nur für eine biologische, sondern auch für eine ethische Frage, ob ich jetzt damit beginne, in (zumindest in bestimmten) Tieren nur bloße Reiz-Reaktions-Maschinen zu sehen, die beispielsweise nicht in der Lage seien, Schmerzen zu empfinden. Schmerz steuert ja sehr wohl das Verhalten: er signalisiert, daß irgendetwas nicht ist, wie es sein soll, und das Verhalten wird dementsprechend darauf ausgerichtet, Schmerzen zu vermeiden oder zu verringern.

Gut, Du hast das sinngemäß schon erwähnt:

Wo (bei welchen Tieren, bei welchem Verhalten etc.) nun genau die Grenze liegt, kann ich auch nicht sagen: Säugetiere und Vögel dürften durchaus zu Schmerz und Leid fähig sein, Bärtierchen wahrscheinich eher nicht, aber wo genau reichen denn die Nervenzellen, die mentale Verarbeitungskapazität etc. dazu aus, daß Tiere fähig sind, Schmerzreize zu empfinden?

Und das sehe ich als das Schwierige. Es könnte nämlich sein, daß ich eine bestimmte Grenze ziehe und mich dann aber auf der falschen Seite wiederfinde, weil sich irgendwann herausstellt, daß (hier jetzt im Beispiel) der Goldfisch sehr wohl Schmerz empfinden kann. Auch wenn ich das nicht weiß, verliere ich aber gemeinhin erst einmal dadurch nichts, wenn ich so agiere, als ob er das könnte.



Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Könnte es sein, dass einige hier den Verlust ihrer Religion nicht richtig verdaut haben?

[i]"Unsere öffentlichen Debatten über moralische oder politische Fragen finden längst nicht mehr in einem religiösen Kontext statt, aber die neue Terminologie dient auch dazu, den tiefen Einfluss der vielen Konzepten zugrunde liegenden theologischen Ideen zu verschleiern. Unsere Wortwahl hat sich geändert. Wir sprechen nicht mehr von Seele, sondern von Psyche, wir haben die Erbsünde eingetauscht gegen Schuldgefühle unseren Kindern oder Eltern gegenüber, ..." ... (Philipp Blom: Böse Philosophen, S. 19f)


Ja gut, das hat insofern auch eine metaphysische Komponente: Gewissen, "Karmapunkte" o.ä.. Der Goldfisch sagt es ja auch niemandem weiter, wenn er möglicherweise durch falsches Verhalten seines Halters leidet, aber der Gedanke kann einen trotzdem belasten. Das hängt ja auch mit dieser Motivation zusammen (Menschen und zumindest höhere Tiere verhalten sich durchaus mal so gegenüber den Wesen in ihrer Bezugsgruppe), das Leid des Anderen verringern zu wollen.
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Beitrag(#2109481) Verfasst am: 08.10.2017, 14:38    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Nietzsche sagte, was am Leid empört ist nicht das Leiden selbst, sondern die Sinnlosigkeit des Leidens.

Kann ich so pauschal nicht zustimmen. Kind spielt mit Feuer, zuckt zurück vor Schmerz. Der Schmerz war sinnvoll, weil die ausgelöste Reaktion eine schlimmere Verletzung als die Brandblase verhindert hat.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Die Idee, das Leiden aus der Welt zu verbannen oder eine Ethik allein auf das Prinzip der Leidvermeidung zu begründen (wie im Utilitarismus) ist daher wohl nur eine exzentrische Überreizung, die, auf die Spitze getrieben, dann tatsächlich zur Lebensverneinung führt.


Ich sehe aber auch nicht, wer hier so eine Position vertritt.
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Beitrag(#2109482) Verfasst am: 08.10.2017, 14:49    Titel: Antworten mit Zitat

Critic hat folgendes geschrieben:
....
Ich halte es aber auch nicht nur für eine biologische, sondern auch für eine ethische Frage, ob ich jetzt damit beginne, in (zumindest in bestimmten) Tieren nur bloße Reiz-Reaktions-Maschinen zu sehen, die beispielsweise nicht in der Lage seien, Schmerzen zu empfinden. Schmerz steuert ja sehr wohl das Verhalten: er signalisiert, daß irgendetwas nicht ist, wie es sein soll, und das Verhalten wird dementsprechend darauf ausgerichtet, Schmerzen zu vermeiden oder zu verringern.
...

Was ist an dem Bestreben, sehen zu wollen was ist, ethisch oder unethisch?

p.s.
Dass ein Reiz, der zu Strategien führt, die wir als Flucht oder Vermeidung beschreiben, mit dem Gefühl des Schmerzes verbunden sein muss, ist eine unzulässige Interpretation. Ich habe oben evolutionstheoretisch begründet, warum wir da nicht von ausgehen sollten. Das ist ein Schluss von uns auf andere Arten, den wir auch nur machen, wenn wir so abstrakt vor uns hinhirnen.

Die Frage, die dieses Problem der unehrlichen Empathie auf den Punkt bring, hat bb hier gestellt:

Warum retten wir einen Menschen aus den Fängen eines Löwen, eine Gazelle aber nicht?
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Zuletzt bearbeitet von fwo am 08.10.2017, 15:45, insgesamt einmal bearbeitet
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Zumsel
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Beitrag(#2109485) Verfasst am: 08.10.2017, 15:14    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Nietzsche sagte, was am Leid empört ist nicht das Leiden selbst, sondern die Sinnlosigkeit des Leidens.

Kann ich so pauschal nicht zustimmen. Kind spielt mit Feuer, zuckt zurück vor Schmerz. Der Schmerz war sinnvoll, weil die ausgelöste Reaktion eine schlimmere Verletzung als die Brandblase verhindert hat.


Das ist auch allgemeiner zu verstehen: Leben an sich bedeutet immer auch Leiden, welches nur durch eine umfassenderen Bedeutung des Daseins gerechtfertigt sein kann. Fehlt diese, empört das Leiden, welches das Leben mit sich bringt und das Leben überhaupt wird fragwürdig. Die christliche Theologie z.B. ist ja geradezu besessen von dem Wunsch, dem Leid einen (höheren) Sinn abzugewinnen.

zelig hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Die Idee, das Leiden aus der Welt zu verbannen oder eine Ethik allein auf das Prinzip der Leidvermeidung zu begründen (wie im Utilitarismus) ist daher wohl nur eine exzentrische Überreizung, die, auf die Spitze getrieben, dann tatsächlich zur Lebensverneinung führt.


Ich sehe aber auch nicht, wer hier so eine Position vertritt.


Was ist denn deiner Meinung nach Kern der Ethik und welche Rolle spielt das Leid dabei?


Zuletzt bearbeitet von Zumsel am 08.10.2017, 15:37, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag(#2109488) Verfasst am: 08.10.2017, 15:35    Titel: Antworten mit Zitat

Critic hat folgendes geschrieben:
....Der Goldfisch sagt es ja auch niemandem weiter, wenn er möglicherweise durch falsches Verhalten seines Halters leidet, aber der Gedanke kann einen trotzdem belasten. Das hängt ja auch mit dieser Motivation zusammen (Menschen und zumindest höhere Tiere verhalten sich durchaus mal so gegenüber den Wesen in ihrer Bezugsgruppe), das Leid des Anderen verringern zu wollen.

Das finde ich interessant: Welches Wesen außer dem Menschen verhält sich, um das Leid der anderen ,und sei es nur die Bezugsgruppe, zu verringern?
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Beitrag(#2109491) Verfasst am: 08.10.2017, 16:42    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Critic hat folgendes geschrieben:
....Der Goldfisch sagt es ja auch niemandem weiter, wenn er möglicherweise durch falsches Verhalten seines Halters leidet, aber der Gedanke kann einen trotzdem belasten. Das hängt ja auch mit dieser Motivation zusammen (Menschen und zumindest höhere Tiere verhalten sich durchaus mal so gegenüber den Wesen in ihrer Bezugsgruppe), das Leid des Anderen verringern zu wollen.

Das finde ich interessant: Welches Wesen außer dem Menschen verhält sich, um das Leid der anderen ,und sei es nur die Bezugsgruppe, zu verringern?
Ich bin ja kein Verhaltensforscher, aber als "Gutmensch" deute ich bestimmte Verhaltensweisen von Tieren gegenüber anderen Tieren (oder auch gegenüber dem Menschen) doch tatsächlich als Versuche, Mitgefühl zu zeigen oder zu helfen:

Als etwa der Partner der Papageiin im Käfig auf dem Boden saß, die Augen zudrückte und auch nichts zu sich nahm, sprang sie hin und hat ihn gefüttert. Sich gegenseitig zu füttern gehört bei diesen Tieren ja zum normalen Sozialverhalten. Ich deute das Verhalten aber auch so, daß das Tier bemerkt hat, daß es dem Partner nicht gutgeht, und möchte, daß der Andere sich besser fühlt. Sie ist nämlich hin- und hergesprungen wie eine Weltmeisterin, hat mehr mit ihm gekuschelt als sonst etc.. Für Gegenthesen, etwa daß das nur Instinkte seien, oder das Tier nur nach den eigenen Interessen handle, gibt es vielleicht auch nicht mehr Beweise Schulterzucken.

(Und in einem solchen Fall müßte ich mich aber auch fragen, wie ich altruistisches Verhalten oder Mitgefühlsbezeugungen von Menschen deuten sollte... - man könnte etwa behaupten, daß sich positiv in eine Gruppe einzufügen letztlich Vorteile für den Einzelnen bietet.)
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Beitrag(#2109494) Verfasst am: 08.10.2017, 17:36    Titel: Antworten mit Zitat

Critic hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Critic hat folgendes geschrieben:
....Der Goldfisch sagt es ja auch niemandem weiter, wenn er möglicherweise durch falsches Verhalten seines Halters leidet, aber der Gedanke kann einen trotzdem belasten. Das hängt ja auch mit dieser Motivation zusammen (Menschen und zumindest höhere Tiere verhalten sich durchaus mal so gegenüber den Wesen in ihrer Bezugsgruppe), das Leid des Anderen verringern zu wollen.

Das finde ich interessant: Welches Wesen außer dem Menschen verhält sich, um das Leid der anderen ,und sei es nur die Bezugsgruppe, zu verringern?
Ich bin ja kein Verhaltensforscher, aber als "Gutmensch" deute ich bestimmte Verhaltensweisen von Tieren gegenüber anderen Tieren (oder auch gegenüber dem Menschen) doch tatsächlich als Versuche, Mitgefühl zu zeigen oder zu helfen:

Als etwa der Partner der Papageiin im Käfig auf dem Boden saß, die Augen zudrückte und auch nichts zu sich nahm, sprang sie hin und hat ihn gefüttert. Sich gegenseitig zu füttern gehört bei diesen Tieren ja zum normalen Sozialverhalten. Ich deute das Verhalten aber auch so, daß das Tier bemerkt hat, daß es dem Partner nicht gutgeht, und möchte, daß der Andere sich besser fühlt. Sie ist nämlich hin- und hergesprungen wie eine Weltmeisterin, hat mehr mit ihm gekuschelt als sonst etc.. Für Gegenthesen, etwa daß das nur Instinkte seien, oder das Tier nur nach den eigenen Interessen handle, gibt es vielleicht auch nicht mehr Beweise Schulterzucken.

(Und in einem solchen Fall müßte ich mich aber auch fragen, wie ich altruistisches Verhalten oder Mitgefühlsbezeugungen von Menschen deuten sollte... - man könnte etwa behaupten, daß sich positiv in eine Gruppe einzufügen letztlich Vorteile für den Einzelnen bietet.)

Da halte ich, ohne jetzt Papageien besonders zu kennen, Deine Interpretation für etwas überzogen. Für mich hört sich das so an, als sei da Brutpflegeverhalten ausgelöst worden, was übrigens nicht besonders schwierig ist. So stammen z.B. Teile der Balz und des Paarverhaltens aus dem Brutpflegeverhalten.

Das Konzept Leid ist ein so abstraktes, dass es ohne Sprache nicht möglich ist. Auf der anderen Seite gibt es gerade im Sozialverhalten altruistische Verhalten gegenüber Verwandten, die über eine Kinselection evolutionär gefördert werden - diese Modelle sind bereits in den 70er Jahren als erfolgreich durchgerechnet worden, wenn meine Erinnerung stimmt. Das heißt, dass die Evolution hier angeborene Verhaltensweisen begünstigt, die im Rückblick oder in der Wirkung altruistisch sind, aber keine derartige Motivation beim Individuum besitzen.

Bei uns sind derartige Verhalten weitgehend kulturell gesteuert, d.h. unterliegen einer erheblich höheren Kontrolle des Individuums, weshalb wir da im Gegensatz zu Tieren, die genetisch gesteuert sind, von Motivation reden können.

Ockham lässt grüßen.

Ich will aber gerne noch mal einen Biologen mit Schwerpunkt Ornithologie fragen, was der von Deinen Papageien hält.
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