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Kommunismus / Antikommunismus - der ultimative Thread
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Skeptiker
"I can't breathe!"



Anmeldungsdatum: 14.01.2005
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Beitrag(#2153600) Verfasst am: 06.10.2018, 21:19    Titel: Antworten mit Zitat

beachbernie hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:


....
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Wahrscheinlicher ist allerdings, daß das, was heute unter dem Etikett Marxismus betrieben wird, nicht Wissenschaft sondern politische Ideologie ist (man könnte es auch Wunschdenken nennen).


Was wäre denn Wissenschaft an Stelle der marxistischen Empirie und Theorie samt Methodik?


Vielleicht irgendetwas, das wenigstens versucht ergebnisoffen zu sein? Schulterzucken


Ich sprach von der wissenschaftlichen Methode. Kennst du die?

Ansonsten ist Offenheit gegenüber der Empirie wichtig. Die Ergebnisse folgen daraus:

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
beachbernie hat folgendes geschrieben:
Aber wenn der Sozialismus auch dann nichts zustande kriegt, wenn kein Kapitalismus mehr dazwischenfunken kann, dann muesste dies an was anderem liegen und ausser der Unsinnigkeit des Marxismus faellt mir da nichts weiter ein.


Leider können wir diesen Fall nicht beobachten, denn jedes auch nur halbwegs sozialistische Projekt wurde bisher oder wird wirtschaftlich, militärisch und/oder politisch aggressiv bekämpft, ohne Ausnahme.

Somit haben wir empirisch gar keine Vergleichsmöglichkeit zwischen *dem Kapitalismus* und *dem Sozialismus*, will sagen, zwischen kapitalistischen und sozialistischen Ländern.


Besitzt du diese Offenheit gegenüber der Empirie auch und magst auf meinen Hinweis antworten?
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44089

Beitrag(#2153609) Verfasst am: 07.10.2018, 01:14    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ich sprach von der wissenschaftlichen Methode. Kennst du die?

Du hast vergessen, mit wem du gerade redest. zwinkern
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beachbernie
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Anmeldungsdatum: 16.04.2006
Beiträge: 45792
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Beitrag(#2153610) Verfasst am: 07.10.2018, 03:15    Titel: Antworten mit Zitat

Die wissenschaftliche Methode fängt immer mit der Beobachtung der Realität an.

Betrachtungen, die mit dem anfangen, was in einem alten Buch steht, nennt man "Religion", egal ob es sich dabei um "wissenschaftlichen Marxismus" oder um "Bibelwissenschaft" handelt. Sehr glücklich
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Skeptiker
"I can't breathe!"



Anmeldungsdatum: 14.01.2005
Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville

Beitrag(#2153617) Verfasst am: 07.10.2018, 09:47    Titel: Bernie-ismus Antworten mit Zitat

beachbernie hat folgendes geschrieben:
Die wissenschaftliche Methode fängt immer mit der Beobachtung der Realität an.

Betrachtungen, die mit dem anfangen, was in einem alten Buch steht, nennt man "Religion", egal ob es sich dabei um "wissenschaftlichen Marxismus" oder um "Bibelwissenschaft" handelt. Sehr glücklich


Wie jetzt? Marx hat nicht mit Beobachtungen angefangen, sondern mit einem alten Buch?

Ich fragte dich, ob du die Forschungs-Methodik Marxens kennst.

Oder war es ein Fehler, dir so eine Frage gestellt zu haben, wie Tarvoc meint?

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ich sprach von der wissenschaftlichen Methode. Kennst du die?

Du hast vergessen, mit wem du gerade redest. zwinkern


Deine Unterstellung, den Marxisten geht es nur um Ergebnisse anstatt um die Qualität ihrer Begründungen ist selber so ziemlich unbegründet, wie überhaupt die meisten der bürgerlichen Ideologien, um nicht zu sagen, alle.

Leuten, die die Herangehensweise des Marxismus an die Dinge nicht kennen, aber unbedingt Kritik am Marxismus leisten wollen, sind Leute, die genau das tun, was du Marxisten vorwirfst: sie interessiert nur das Ergebnis, nicht aber dessen wissenschaftliche Begründung.

Wenn ich jetzt böse wäre, würde ich sagen: "Wer keine Ahnung hat, soll die Klappe halten."

Aber ich biete ja immer an, grundlegende Dinge zu erklären (was mir fälschlicherweise hier und da als oberlehrerhaft ausgelegt wurde), um in die Diskussion zu kommen. Tarvoc und andere haben das auch angeboten.

Wie in der Marktwirtschaft geht es hier um Angebot und Nachfrage. Wenn aber bei dir (und gewissen anderen) keine Nachfrage vorhanden ist, dann ist das Angebot sinnlos.

Du könntest dich auch selber informieren, wenn du wolltest. Manchmal werden auch hier Literaturtipps gegeben.

Aber vielleicht bist du einfach nur so genial und weißt besser als Marx, wie man die Gesellschaft in ihren vielfältigen ökonomischen, soziologischen und psychologischen Aspekten und den jeweiligen Wechselbeziehungen dazwischen untersucht, hast es nur bisher nicht geäußert. Falls dem so ist, wäre ich interessiert an deiner Bernie-Methode. Sehr glücklich
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Tarvoc
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Beiträge: 44089

Beitrag(#2153643) Verfasst am: 07.10.2018, 15:00    Titel: Antworten mit Zitat

beachbernie hat folgendes geschrieben:
Die wissenschaftliche Methode fängt immer mit der Beobachtung der Realität an.

Noch nicht mal das ist richtig. Kekulés Entdeckung der Ringform des Benzol fing z.B. mit einem Traum an.
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Marcellinus
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Beiträge: 7429

Beitrag(#2153648) Verfasst am: 07.10.2018, 15:34    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
beachbernie hat folgendes geschrieben:
Die wissenschaftliche Methode fängt immer mit der Beobachtung der Realität an.

Noch nicht mal das ist richtig. Kekulés Entdeckung der Ringform des Benzol fing z.B. mit einem Traum an.

In den Wissenschaften ist es wie auch sonst im Leben: Es gibt immer ein Vorher. Absolute Anfänge sind eine Illusion.
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Friedrich Nietzsche
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Tarvoc
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Beitrag(#2153679) Verfasst am: 07.10.2018, 18:06    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
In den Wissenschaften ist es wie auch sonst im Leben: Es gibt immer ein Vorher. Absolute Anfänge sind eine Illusion.

Ja, so war das gemeint. Die Struktur des Benzol musste ja für Kekulé überhaupt erstmal ein Problem sein können, bevor er eine Lösung dafür sucht.

Die wissenschaftliche Methode sagt dir, wie du vorzugehen hast, nicht wo du anzufangen hast.
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Marcellinus
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Beiträge: 7429

Beitrag(#2153683) Verfasst am: 07.10.2018, 18:19    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
In den Wissenschaften ist es wie auch sonst im Leben: Es gibt immer ein Vorher. Absolute Anfänge sind eine Illusion.

Ja, so war das gemeint. Die Struktur des Benzol musste ja für Kekulé überhaupt erstmal ein Problem sein können, bevor er eine Lösung dafür sucht.

Die wissenschaftliche Methode sagt dir, wie du vorzugehen hast, nicht wo du anzufangen hast.

Wobei es keine wissenschaftliche Methode gibt, die Erfolg garantiert, oder auch nur zu allen möglichen wissenschaftlichen Gegenständen paßt.
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Tarvoc
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Beitrag(#2153685) Verfasst am: 07.10.2018, 18:27    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Wobei es keine wissenschaftliche Methode gibt, die Erfolg garantiert, oder auch nur zu allen möglichen wissenschaftlichen Gegenständen paßt.

Würde ich auch so sehen. Das, was man "die wissenschaftliche(n) Methode(n)" nennt, ist ja z.B. auch Gegenstand der Revision mit sich veränderndem Wissensstand - woraus aber natürlich nicht folgt, dass das einfach willkürlich wäre.

Dass sich die Methode dem Erkenntnisgegenstand anpassen muss, ergibt sich so wie ich das sehe übrigens schon daraus, dass man eben den Gegenstand erkennen will und nicht die eigene Methode.
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Skeptiker
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Beitrag(#2156292) Verfasst am: 02.11.2018, 20:11    Titel: Zu Kommunismus / Antikommunismus... Antworten mit Zitat

Von Die Zeugen vor der Türe abgetrennt, und hier angehangen. vrolijke

beachbernie hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:

Es gibt eben, und so weit warst Du hier auch schon mal, nicht den Totalitarismusbegriff, sondern verschiedene Seiten, von denen man sich diesem Phänomen nähern kann [...]

Lachen Es gibt noch nicht mal das eine Phänomen "Totalitarismus". Aber von mir aus - halte ruhig deine Kriterien so vage wie möglich, damit's immer passt, wenn es dir passt. In der ganzen Totalitarismus"forschung" geht's sowieso inzwischen nur noch um Meinung und nicht mehr um wirkliche Forschung. Du passt da ganz wunderbar rein. Daumen hoch! Gröhl...


Was ist denn bei diesem Thema eigentlich der Unterschied zwischen "Meinung" und "Forschung"?


Der Unterschied zwischen Natur- und den sogenannten Geisteswissenschaften ist primär deren jeweils unterschiedlicher Forschungsgegenstand. Während sich Physik, Chemie und Biologie mit der unbelebten und belebten Natur auseinandersetzen, ist der Forschungsgegenstand der GW die menschliche Gesellschaft in ihren verschiedenen Aspekten. Ich würde sie deshalb auch nicht als *Geisteswissenschaften* bezeichnen, sondern als Gesellschaftswissenschaften.

Hierbei geht es um psychologische, soziologische, ökonomische und politische Phänomene, die nicht weniger real sind als Lichtquanten oder Protonen, sich jedoch nach anderen Gesetzmäßigkeiten verhalten und deshalb andere Forschungsmethoden erfordern.

Die Meinung, Geisteswissenschaften seien nur eine Meinung, ist das einzige, was hier im Moment als Meinung die Bühne betritt. Ansonsten kann man fwo gelassen widersprechen. Nein, die Frage, ob die Totalitarismusdoktrin richtig oder falsch ist, ist keine Meinungsangelegenheit, sondern man kann ganz klar sagen, dass, und warum diese Doktrin falsch ist.

Ein Begriff muss sich immer von der methodisch angemessen erforschten Sache selbst ableiten und kann nicht umgekehrt durch die Kreation irgend eines begrifflichen Schemas entstehen, wie es bei der Totalitarismusdoktrin der Fall war. Dabei hat man versucht - gemäß einer kruden Anwendung der Mengenlehre - Schnittmengen, d.h. Gemeinsamkeiten zwischen dem vermeintlichen *Faschismus* und dem vermeintlichen *Kommunismus* aufzulisten, etwa so, als würde man die Gemeinsamkeiten zwischen einem Fisch und einer Primel auflisten und anschließend auf eine strukturelle und Wesensgleichheit schließen. Cool

Doch wenn man Faschismus, *normalen* Kapitalismus und Sozialismus vergleichen müsste, so setzte dies unbedingt voraus, dass man erst einmal die materiellen Strukturen, das heisst, die dynamischen Inhalte dieser verschiedenen Qualitäten theoretisch hinreichend darstellen könnte auf der Basis einer wissenschaftlich, d.h. methodisch sachgemäßen Analyse. Man kann eben gerade nicht versuchen, sich bloß einige Formen anzusehen und von da aus auf den jeweiligen Inhalt zu schließen und gar noch auf den ganzen oder wesentlichen Inhalt. Dies ist nicht möglich und es umgeht auch wissenschaftliche Anstrengung komplett.

Ansonsten noch mal mein Verweis auf meinen jüngsten Beitrag zu diesem Thema:

https://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=2155664#2155664

Die Diskussion wäre sowieso besser in dem thread des verlinkten Beitrags platziert als hier, wo jemand verzweifelt versucht, die Zeugen *Gottes* auch noch in einen völlig gescheiterten Begriff zu pressen ...- zwinkern
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Beitrag(#2156302) Verfasst am: 03.11.2018, 08:01    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Doch wenn man Faschismus, *normalen* Kapitalismus und Sozialismus vergleichen müsste, so setzte dies unbedingt voraus, dass man erst einmal die materiellen Strukturen, das heisst, die dynamischen Inhalte dieser verschiedenen Qualitäten theoretisch hinreichend darstellen könnte auf der Basis einer wissenschaftlich, d.h. methodisch sachgemäßen Analyse.

Dummerweise steht eine Kritik der politischen Ökonomie des Ostblocks noch weitestgehend aus, was es den Totalitarismustheoretikern natürlich leichter macht. Pfeifen
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Skeptiker
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Beitrag(#2156305) Verfasst am: 03.11.2018, 12:13    Titel: Dödelidarismus-Diurie Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Doch wenn man Faschismus, *normalen* Kapitalismus und Sozialismus vergleichen müsste, so setzte dies unbedingt voraus, dass man erst einmal die materiellen Strukturen, das heisst, die dynamischen Inhalte dieser verschiedenen Qualitäten theoretisch hinreichend darstellen könnte auf der Basis einer wissenschaftlich, d.h. methodisch sachgemäßen Analyse.

Dummerweise steht eine Kritik der politischen Ökonomie des Ostblocks noch weitestgehend aus, was es den Totalitarismustheoretikern natürlich leichter macht. Pfeifen


1. Antikommunistische Honks brauchen keine Argumente, schon gar keine wissenschaftlichen. Man muss sich damit abfinden, dass Totalitarismus-Varianten in allen möglichen Formen, Farben und Größen weiterhin durch klein-/mittel-/großbürgerliche Ideologen propagiert werden. Entscheidend ist halt, dass man deren magere Grundlagen aufzeigt.

2. Eine politische Ökonomie des Sozialismus ist heute noch nicht in umfassender Weise möglich:

Zitat:
Unstrittig ist, denke ich, dass die Politische Ökonomie eine Wissenschaft ist. Ihr Schöpfer ist Karl Marx. Sie erklärt als geschlossene Theorie die Funktionsweise einer Produktionsweise – die des Kapitalismus. Und das deshalb, weil Marx seinerzeit als Zeitgenosse nur diesen analysieren konnte. Dass Marx sich auf Arbeiten von Adam Smith, David Ricardo und anderen stützte, ist unstrittig, schmälert aber sein Verdienst nicht. Da der Kapitalismus später in einem Teil der Erde dem Sozialismus zeitweise weichen musste, spricht man heute von der Politischen Ökonomie des Kapitalismus (gemeint ist damit eigentlich nur die klassische Marx-Wissenschaft Politische Ökonomie) und der des Sozialismus.

Ich bin der Auffassung, dass die Politische Ökonomie des Sozialismus im Unterschied zu der des Kapitalismus (oder eben der klassischen) keine Wissenschaft ist, keine in sich bündige Theorie bildet; besser gesagt – noch nicht bilden konnte. Warum? Wenn Hegel in der Vorrede zu seiner Rechtsphilosophie schrieb, dass die Eule der Minerva erst mit der einbrechenden Dämmerung ihren Flug beginnt, dann ist das ein Gedanke, der sich mit der Marxschen Einsicht deckt, dass erst aus der Anatomie des Menschen die des Affen zu erklären sei. Beide Worte gelten erst recht für eine Theorie, die sich ausdrücklich als historische begreift: Gesellschaften müssen eine gewisse Reife erlangt haben, ehe sie wissenschaftlich darstellbar sind respektive erst von einem höheren Entwicklungsstand derselben kann rückblickend etwas Substanzielles über ebendiese Gesellschaft und ihre Entwicklung gefolgert werden. (...)

Insgesamt ist daher Frage, die Horst Richter als Buchtitel wählt: „Die Politische Ökonomie des Sozialismus – eine Fehlleistung der Marxistischen Wirtschaftstheorie?“ zurückzuweisen; diese Theorie konnte keine „Fehlleistung“ sein, weil sie noch gar nicht in das Stadium der theoretischen „Leistungsfähigkeit“ eingetreten war, nicht eintreten konnte. Mit anderen Worten – die sozialistische Produktionsweise oder Gesellschaftsform existierte historisch zu kurz, um den bei Hegel und Marx unterstellten „Reifegrad“ erreichen zu können.


https://das-blaettchen.de/2017/04/politische-oekonomie-des-sozialismus-als-wissenschaft-39742.html


Die Reife der Theorie entsteht auch in diesem Fall in einem dialektischen Wechselwirkungsverhältnis mit der Reife der Praxis.

Aus der politischen Ökonomie des Ostblocks kann man auch zu wenig ableiten. Der Autor spielt z.B. auf die Debatte um Warenproduktion im Sozialismus an, was z.B. ein kleiner Disput zwischen Kuba und der Sowjetunion war.

Man kann heute wenig Vollständiges aus diesen nachträglichen Analysen gewinnen, hat aber immerhin als weitere Grundlage die modernen Produktionsplanungsmethoden wie sie heute bereits in größeren Konzernen entwickelt werden, dort aber an just jene Grenzen der Warenförmigkeit der Produktion stoßen.
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AdvocatusDiaboli
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Beitrag(#2156307) Verfasst am: 03.11.2018, 12:52    Titel: Antworten mit Zitat

Bei 1. stimme ich dir insoweit zu, wenn jeder Ansatz von Sozialismus unter Totalitarismusverdacht gerät und die Historie zur Diskreditierung genutzt wird.

2. Die aufgeworfene These „Wo kein Sozialismus, da keine Analyse“ finde ich zunächst einmal produktiv.

Deine Quelle enthält allerdings einen Satz, der den faulen Kern marxistisch-leninistischer Praxis erfasst.

Zitat:
Diese Ausbauetappe meisterten die damaligen Volksdemokratien wesentlich in imponierender Art und Weise; sie zogen mit den entwickelten kapitalistischen Industrieländern qualitativ gleich – um historisch kürzeste Zeit später dieses Patt wieder zu verspielen. Um es kurz zu machen und beim Thema zu bleiben: Die Gründe dafür lagen paradoxerweise im Erfolg der bis dato legitimen administrativ-zentralistisch-repressiven Vorgehensweise, die sie dadurch in den Augen ihrer Anwender als einzig richtige und so dauerhaft anzuwendende erscheinen ließ.


Diese überraschende Naivität mitten in einer klugen Abhandlung. Genau DAS ist kein Paradox. Es gilt nicht nur für das Wirtschaften, sondern auch die Gesamtheit der realsozialistischen Praxis. Aus einem repressiven System kann sich nie ein freier Kommunismus entwickeln. Genau daran sind bisher alle leninistischen, maoistischen und ähnliche sozialistischen Revolutionen und Systeme gescheitert und in totalitäre bzw. autoritäre Gesellschaften geschlittert. Das müssten kluge Marxisten eigentlich selber wissen, bedingt die materielle Produktionsweise doch den politisch-kulturellen Überbau. Und hier können totalitarismustheoretische Ansätze durchaus hilfreich sein. Die sozialistische Historie ist für den Aufbau des Kommunismus kein Vorbild, sondern Warnung.

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AdvocatusDiaboli
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Beitrag(#2156309) Verfasst am: 03.11.2018, 13:23    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
beachbernie hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:

Es gibt eben, und so weit warst Du hier auch schon mal, nicht den Totalitarismusbegriff, sondern verschiedene Seiten, von denen man sich diesem Phänomen nähern kann [...]

Lachen Es gibt noch nicht mal das eine Phänomen "Totalitarismus". Aber von mir aus - halte ruhig deine Kriterien so vage wie möglich, damit's immer passt, wenn es dir passt. In der ganzen Totalitarismus"forschung" geht's sowieso inzwischen nur noch um Meinung und nicht mehr um wirkliche Forschung. Du passt da ganz wunderbar rein. Daumen hoch! Gröhl...


Was ist denn bei diesem Thema eigentlich der Unterschied zwischen "Meinung" und "Forschung"?


Der Unterschied zwischen Natur- und den sogenannten Geisteswissenschaften ist primär deren jeweils unterschiedlicher Forschungsgegenstand. Während sich Physik, Chemie und Biologie mit der unbelebten und belebten Natur auseinandersetzen, ist der Forschungsgegenstand der GW die menschliche Gesellschaft in ihren verschiedenen Aspekten. Ich würde sie deshalb auch nicht als *Geisteswissenschaften* bezeichnen, sondern als Gesellschaftswissenschaften.

Hierbei geht es um psychologische, soziologische, ökonomische und politische Phänomene, die nicht weniger real sind als Lichtquanten oder Protonen, sich jedoch nach anderen Gesetzmäßigkeiten verhalten und deshalb andere Forschungsmethoden erfordern.

Die Meinung, Geisteswissenschaften seien nur eine Meinung, ist das einzige, was hier im Moment als Meinung die Bühne betritt.


Daumen hoch! Bis hier hin vollkommen einverstanden.

Doch dann widersprichst Du Dir selbst, aus ideologischen und nicht aus wissenschaftlichen Gründen.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:


Ansonsten kann man fwo gelassen widersprechen. Nein, die Frage, ob die Totalitarismusdoktrin richtig oder falsch ist, ist keine Meinungsangelegenheit, sondern man kann ganz klar sagen, dass, und warum diese Doktrin falsch ist.

Ein Begriff muss sich immer von der methodisch angemessen erforschten Sache selbst ableiten und kann nicht umgekehrt durch die Kreation irgend eines begrifflichen Schemas entstehen, wie es bei der Totalitarismusdoktrin der Fall war. Dabei hat man versucht - gemäß einer kruden Anwendung der Mengenlehre - Schnittmengen, d.h. Gemeinsamkeiten zwischen dem vermeintlichen *Faschismus* und dem vermeintlichen *Kommunismus* aufzulisten, etwa so, als würde man die Gemeinsamkeiten zwischen einem Fisch und einer Primel auflisten und anschließend auf eine strukturelle und Wesensgleichheit schließen. Cool

Doch wenn man Faschismus, *normalen* Kapitalismus und Sozialismus vergleichen müsste, so setzte dies unbedingt voraus, dass man erst einmal die materiellen Strukturen, das heisst, die dynamischen Inhalte dieser verschiedenen Qualitäten theoretisch hinreichend darstellen könnte auf der Basis einer wissenschaftlich, d.h. methodisch sachgemäßen Analyse. Man kann eben gerade nicht versuchen, sich bloß einige Formen anzusehen und von da aus auf den jeweiligen Inhalt zu schließen und gar noch auf den ganzen oder wesentlichen Inhalt. Dies ist nicht möglich und es umgeht auch wissenschaftliche Anstrengung komplett.


Gesellschaftswissenschaft beruht auch darauf, aus dem Vergleich von scheinbar Disparatem Erkenntnisse zu ziehen. Sowohl aus Makro- und Mikroperspektive wirken totalitäre Gesellschaften auf den Einzelnen und Gruppen gleich - unabhängig von den großen politischen Intentionen und ökonomischen Produktionsformen. Nehmen wir die Psychologie: Die Angst war im Faschismus und Stalinismus dieselbe mit der Gehorsam eingefordert und Widerstand gebrochen werden konnte. Denn es wurden dieselben Methoden angewandt - der soziale Ausschluss war meist auch mit dem Angst vor der Ermordung oder Zwangsarbeit verknüpft. Bei den Zeugen Jehovas liegt der Fall anders: Hier geht es nicht um physische, sondern soziale Auslöschung und doch wirkt die Angst genauso, um soziale Konformität in der Gruppe herzustellen.
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AdvocatusDiaboli
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Beitrag(#2156310) Verfasst am: 03.11.2018, 13:40    Titel: Antworten mit Zitat

beachbernie hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:

Es gibt eben, und so weit warst Du hier auch schon mal, nicht den Totalitarismusbegriff, sondern verschiedene Seiten, von denen man sich diesem Phänomen nähern kann [...]

Lachen Es gibt noch nicht mal das eine Phänomen "Totalitarismus". Aber von mir aus - halte ruhig deine Kriterien so vage wie möglich, damit's immer passt, wenn es dir passt. In der ganzen Totalitarismus"forschung" geht's sowieso inzwischen nur noch um Meinung und nicht mehr um wirkliche Forschung. Du passt da ganz wunderbar rein. Daumen hoch! Gröhl...


Was ist denn bei diesem Thema eigentlich der Unterschied zwischen "Meinung" und "Forschung"?


Gute Frage. Gesellschaftswissenschaftliche Forschung ist zwar nie vollständig objektiv, strebt jedoch danach. Aber die öffentliche Debatte über diese Forschung ist immer meinungsbasiert und deswegen politisch. zwinkern

Selbiges gilt für Totalitarismustheorien. Diese werden in der öffentlichen Debatte nicht angesprochen, um Faschismus und Stalinismus erklären zu wollen, sondern, Achtung darum, Faschismus und Sozialismus (!) gleichzusetzen, um einfach gesagt den realexistierenden Kapitalismus zu legitimieren. Sehr glücklich
Und zwar werden die Theorien verkürzt und als monolithisch dargestellt, weil das Erkenntnisinteresse sich in der öffentlichen Debatte auf Schlagworte und Vereinfachungen kapriziert.

Tarvoc hat das schön bei fwo erkannt. Und ich erkenn das bei gewissen Leuten in Sachen Genderstudies. zwinkern
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Beitrag(#2156321) Verfasst am: 03.11.2018, 16:59    Titel: Antworten mit Zitat

AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
Gute Frage. Gesellschaftswissenschaftliche Forschung ist zwar nie vollständig objektiv, strebt jedoch danach. [...] Selbiges gilt für Totalitarismustheorien.

Davon, dass zumindest die Totalitarismusforschung selbst nach irgendeiner Art von Objektivität strebt, bin ich aber eben inzwischen auch nicht mehr überzeugt. Wenn es in diesem Bereich überhaupt jemals einen Unterschied zwischen dem akademischen Diskurs und seinem politischen Ge- und Missbrauch gegeben haben sollte, gibt es ihn zumindest heute nicht mehr.
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Beitrag(#2156326) Verfasst am: 03.11.2018, 17:34    Titel: Antworten mit Zitat

AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
....
Gute Frage. Gesellschaftswissenschaftliche Forschung ist zwar nie vollständig objektiv, strebt jedoch danach. Aber die öffentliche Debatte über diese Forschung ist immer meinungsbasiert und deswegen politisch. zwinkern

Selbiges gilt für Totalitarismustheorien. Diese werden in der öffentlichen Debatte nicht angesprochen, um Faschismus und Stalinismus erklären zu wollen, sondern, Achtung darum, Faschismus und Sozialismus (!) gleichzusetzen, um einfach gesagt den realexistierenden Kapitalismus zu legitimieren. Sehr glücklich
Und zwar werden die Theorien verkürzt und als monolithisch dargestellt, weil das Erkenntnisinteresse sich in der öffentlichen Debatte auf Schlagworte und Vereinfachungen kapriziert.

Tarvoc hat das schön bei fwo erkannt. Und ich erkenn das bei gewissen Leuten in Sachen Genderstudies. zwinkern

Cool Sehr interessant, was da bei mir alles zu erkennen war, obwohl ich überhaupt nichts zum Stalinismus oder Sozialismus geschrieben hatte.

Du erinnerst mich gerade an den Biostudenten, der sich für die Prüfung auf Würmer vorbereitet hatte und dann etwas zur Biologie des Elefanten sagen sollte.
Er fing folgendermaßen an: "Der Elefant hat einen wurmartigen Rüssel. Würmer teilt man ein in ....."
Nur zur Info: Bei mir ging es um das Verhältnis des Einzelnen zum System bzw. umgekehrt. Diese Ebene ist bereits so abstrakt, dass sie nicht dazu geeignet ist, das zu leisten, was Du da bei mir vermutest. Wovon ich allerdings - passend zum Thread - geschrieben hatte, war, dass ich dem Herrn Kater, der diesbezüglich von Wikipedia zitiert wird, darin zustimme, dass eine strukturelle Ähnlichkeit zwischen Faschismus und ZJ besteht.

Es soll manchmal ganz hilfreich sein, einen Thread zu lesen, bevor man ihn kommentiert.
_________________
Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Beitrag(#2156329) Verfasst am: 03.11.2018, 18:30    Titel: Antworten mit Zitat

Eine Begriffsdefinition ist nie wissenschaftlich richtig oder falsch. Sie ist entweder exakt und damit brauchbar oder sie ist mehr oder weniger schwammig und damit mehr oder weniger unbrauchbar.

Ansonsten ist der Definierer recht frei wie er einen Begriff definiert, er muss eigentlich nur darauf achten, dass er spaeter den Begriff konsistent im Sinne seiner eigenen Definition verwendet.


Daraus folgt, dass die Definition des Begriffes "Totalitarismus" hoechstens "richtig" oder "falsch" im Sinne bestimmter ideologischer Systeme sein kann, aber nicht allgemein. Sie kann natuerlich so unscharf sein, dass sie praxisuntauglich ist, aber ansonsten drückt sich in einer Definition nicht wissenschaftliche Wahrheit, sondern immer nur Meinung aus und diejenigen, die so hartnaeckig darauf pochen, dass ihre Definition "wissenschaftliche Wahrheit" sei, die wollen im Grunde genommen nur anderen Leuten ihre Meinung als verbindlich aufschwätzen, womit wir wieder bei den Zeugen Jehovas waeren, die ja auch von sich behaupten sie wuerden, diesmal halt nicht Marx, sondern die Bibel "wissenschaftlich" auszulegen und damit den Anspruch erheben im Besitz "wissenschaftlicher Wahrheit" zu sein.

Wer den Begriff "Totalitarismus" verwendet und dabei den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erhebt, der sollte allerdings immer die Definition des Bergriffes, so wie er ihn verwendet, offenlegen, weil es tatsaechlich verschiedene, miteinander konkurrierende gibt.
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Beitrag(#2156376) Verfasst am: 04.11.2018, 12:17    Titel: Antworten mit Zitat

AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
Bei 1. stimme ich dir insoweit zu, wenn jeder Ansatz von Sozialismus unter Totalitarismusverdacht gerät und die Historie zur Diskreditierung genutzt wird.

2. Die aufgeworfene These „Wo kein Sozialismus, da keine Analyse“ finde ich zunächst einmal produktiv.

Deine Quelle enthält allerdings einen Satz, der den faulen Kern marxistisch-leninistischer Praxis erfasst.

Zitat:
Diese Ausbauetappe meisterten die damaligen Volksdemokratien wesentlich in imponierender Art und Weise; sie zogen mit den entwickelten kapitalistischen Industrieländern qualitativ gleich – um historisch kürzeste Zeit später dieses Patt wieder zu verspielen. Um es kurz zu machen und beim Thema zu bleiben: Die Gründe dafür lagen paradoxerweise im Erfolg der bis dato legitimen administrativ-zentralistisch-repressiven Vorgehensweise, die sie dadurch in den Augen ihrer Anwender als einzig richtige und so dauerhaft anzuwendende erscheinen ließ.


Diese überraschende Naivität mitten in einer klugen Abhandlung. Genau DAS ist kein Paradox. Es gilt nicht nur für das Wirtschaften, sondern auch die Gesamtheit der realsozialistischen Praxis. Aus einem repressiven System kann sich nie ein freier Kommunismus entwickeln. Genau daran sind bisher alle leninistischen, maoistischen und ähnliche sozialistischen Revolutionen und Systeme gescheitert und in totalitäre bzw. autoritäre Gesellschaften geschlittert. Das müssten kluge Marxisten eigentlich selber wissen, bedingt die materielle Produktionsweise doch den politisch-kulturellen Überbau. Und hier können totalitarismustheoretische Ansätze durchaus hilfreich sein. Die sozialistische Historie ist für den Aufbau des Kommunismus kein Vorbild, sondern Warnung.

.


Wenn Kommunisten so dumm sind, nach dem im Kapitalismus so fanatisch verteidigten Motto "Weiter so!" zu verfahren, dann wird die Revolution stoppen, also aufhören, Revolution zu sein.

Das, worum es in den unterindustrialisierten Ländern Russland und China ging, war die Erreichung eines notwendigen industriellen Niveaus, weil man nicht den 2. Schritt vor dem ersten machen kann.

Mit Erreichen eines hinreichenden Niveaus sollte dann aber schon der nächste qualitative Schritt gemacht werden, also die Entwicklung in Richtung einer internationalen Gebrauchswertwirtschaft. Hier haben Alle Alles in der Hand, setzt die Herrschaft des Menschen über Sachen ein. Nur, dazu kam es nicht.

Oben stehen bei dir die Begriffe "repressiv", "totalitär" und "autoritär". Erst beziehst du sie aufs Wirtschaftssystem, dann offensichtlich auf den politischen Bereich, den du damit in Zusammenhang stellst. Und dann wirbst du wieder für "totalitarismustheoretische Ansätze".

Dabei beziehen sich diese "Ansätze" doch gar nicht auf Produktionsweisen. Ganz im Gegenteil blendet die Totalitarismusdoktrin jegliche ökonomischen Aspekte aus oder bezieht sie nur in sehr oberflächlicher und falscher Weise mit ein, um ihr Vergleichsschema möglichst aufrecht zu erhalten. (So hatte Popper behauptet, im deutschen Faschismus wäre das Kapital ähnlich entmachtet wie in sozialistischen Ländern, was klar falsch ist und die Dinge geradezu auf den Kopf stellt. Denn Faschismus ist ja gerade die Verteidigung des Kapitalismus vor jeglichen sozialen und erst recht sozialistischen Bewegungen.)

Auch bei der Frage, wie es denn gehen sollte, einen "Totalitarismus" einzurichten, wäre man ratlos. Wie errichtet man denn einen "Totalitarismus"? Und mit welcher Produktionsweise macht man das?

Man sieht schnell: Bei dieser Aufgabe gibt es so viele Freiheitsgrade und so viel Unklarheiten, dass man von einem "totalitaritstischen" System nicht sprechen kann. Man kann diesen Begriff eigentlich gar nicht definieren.

Deshalb kann er auch nicht als "Warnung" vor einem "totalitaristischen Kommunismus" benutzt werden.

Was du meinst, ist im Grunde etwas anderes: Du verbrämst im Grunde nur das Adenauer'sche Motto "Keine Experimente!" und verbindest dies implizit mit der Warnung: "Denn es wird wieder so kommen!"

Als konservativer Prophet stehst du auf dem Berg Moses und schreist deine Warnungen in den Wind als das 11. Gebot, welches du in deine Steintafel klöppelst.

Um noch mal zur zitierten Aussage des Autors zurück zu kommen: Ich sehe das auch anders als er, weil ich nicht der Ansicht bin, dass diese sozusagen positiv konditioniert wurden durch die bis dato erfolgreiche Administration. Vielmehr sehe ich andere als bloß subjektive Gründe für das Stocken des Revolutionsprozesses in der SU und in China.

Der Autor des Artikels blickt aber nicht weiter, sondern belässt es bei Beschreibungen. Das ist für einen solchen Artikel in Ordnung. Aber dies sagt nichts über das analytische Potenzial des Marxismus auch in Bezug auf die Sowjetunion und China aus.

Begrenzt und naiv und vor allem verlogen ist dagegen die "totalitarismustheoretische" Beschreibung sozialistischer Revolutionen, weil sie deren Kern überhaupt nicht zu erfassen versucht. Sobald sich in Zukunft ganz andere Formen sozialistischer Revolutionen zeigen, wird demzufolge auch diese "Theorie" so dumm dastehen, wie sie von Hause aus nun mal ist.
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Marcellinus
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Beitrag(#2156378) Verfasst am: 04.11.2018, 13:35    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Das, worum es in den unterindustrialisierten Ländern Russland und China ging, war die Erreichung eines notwendigen industriellen Niveaus, ...


Lenin, Stalin und Mao ging es, wie heute den Kims, erkennbar vor allem um Macht für ihre Clique und vor allem sie selbst. Um das Wohl der Menschen ging es dagegen überhaupt nicht, und bei der Industrialisierung ging es vor allem um Aufrüstung, um ihr Regime unangreifbar zu machen. Alles andere war Mittel zum Zweck.
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Marcellinus
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Beitrag(#2156380) Verfasst am: 04.11.2018, 13:40    Titel: Antworten mit Zitat

Und wenn es um Totalitarismus und die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Kommunismus und vor allem Nationalsozialismus geht, den Nazis ging es nicht in erster Linie um Macht, sondern vor allem um Krieg und die Ausrottung anderer Völker. Da unterschieden sie sich von Stalin wie Mao. Die führten ihren Krieg nach innen, gegen wesentliche Teile der eigenen Bevölkerung.
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VanHanegem
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Beitrag(#2156400) Verfasst am: 04.11.2018, 18:48    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
0, weil ich nicht der Ansicht bin, dass diese sozusagen positiv konditioniert wurden durch die bis dato erfolgreiche Administration.

Das waren einfach die äußeren Umstände, Krieg und Aufbauzeit, wo die Nachteile einer Diktatur nicht so ins Gewicht fallen, stellenweise sogar Vorteile zum tragen kommen. Diese Schubwirkung hat sich dann in den 60-er Jahren totgelaufen.
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Samson83
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Beitrag(#2156422) Verfasst am: 05.11.2018, 09:30    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Das, worum es in den unterindustrialisierten Ländern Russland und China ging, war die Erreichung eines notwendigen industriellen Niveaus, ...


Lenin, Stalin und Mao ging es, wie heute den Kims, erkennbar vor allem um Macht für ihre Clique und vor allem sie selbst. Um das Wohl der Menschen ging es dagegen überhaupt nicht, und bei der Industrialisierung ging es vor allem um Aufrüstung, um ihr Regime unangreifbar zu machen. Alles andere war Mittel zum Zweck.

Könnte das auch mit der Größe und (In-)homogenität der jeweiligen Herrschaftsgebiete zu tun haben?
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Beitrag(#2156470) Verfasst am: 05.11.2018, 20:11    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Das, worum es in den unterindustrialisierten Ländern Russland und China ging, war die Erreichung eines notwendigen industriellen Niveaus, ...


Lenin, Stalin und Mao ging es, wie heute den Kims, erkennbar vor allem um Macht für ihre Clique und vor allem sie selbst. Um das Wohl der Menschen ging es dagegen überhaupt nicht, und bei der Industrialisierung ging es vor allem um Aufrüstung, um ihr Regime unangreifbar zu machen. Alles andere war Mittel zum Zweck.


Das ist so das allgemeine Bla bla, wie man es in der der BILD und in der "Jungen Freiheit" liest. Oder auch bei Nietzsche: Alles nur "Menschlich, Allzumenschlich".

Aber wie fast alles, was von dir in Sachen Politik kommt, ist diese Standardformel zu simpel, zu billig.

Um aus diesem Standardgeleiere heraus zu kommen, sollte man sich die Regierungen der beiden großen eurasischen Sozialismen einmal mit abstrakten Figuren besetzt denken anstatt mit historischen und realen Figuren.

Die Frage wäre dann: Welche Freiheitsgrade, welche Möglichkeiten hätte eine abstrakte Regierung in den ersten Phasen des sozialistischen Beginns, wo hauptsächlich die ursprüngliche Akkumulation der führenden Kapitale auf andere Weise nachvollzogen wurde - mit ähnlich vielen Opfern leider.

Was war drin in jenen historischen Phasen nach dem 2. Weltkrieg für die Sowjetunion und die VR China?

Man versuche mal, frei zu denken und sich diese Frage mal zur Beantwortung vorzulegen.

Ganz anders stellt sich die Frage in Regionen wie Nordamerika und Westeuropa, wo die materiellen Voraussetzungen bereits vollständig vorhanden sind - allerdings eben nur diese Voraussetzungen.

Aber so käme man in eine Diskussion.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Und wenn es um Totalitarismus und die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Kommunismus und vor allem Nationalsozialismus geht, den Nazis ging es nicht in erster Linie um Macht, sondern vor allem um Krieg und die Ausrottung anderer Völker. Da unterschieden sie sich von Stalin wie Mao. Die führten ihren Krieg nach innen, gegen wesentliche Teile der eigenen Bevölkerung.


Wie? Die Fabrik-mäßige Massenvernichtung von Mitgliedern der Arbeiterbewegung und der Juden war kein Krieg gegen wesentliche Teile der eigenen Bevölkerung?

Außerdem weise ich mal darauf hin, dass das Vom-Zaun-Brechen des 2. Weltkrieges keine originäre Idee der Hitler-Schergen war. Die waren zwar auch dafür. Aber maßgebend - auch für die organisatorische und physische Vernichtung der Arbeiterbewegung - waren schon maßgebliche Kreise der Bourgeoisie in Deutschland.

Die haben den Scheitel auf den Thron gehoben, wie man nicht nur bei Eberhard Czichon nachlesen kann. Die Nazis waren hier - abgesehen von der Judenvernichtung oder auch dem Mord an den Jehovas Zeugen - ausführendes Organ des deutschen Kapitals und seinen innen- und außenpolitischen Wünschen.
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Skeptiker
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Beitrag(#2156471) Verfasst am: 05.11.2018, 20:16    Titel: Antworten mit Zitat

VanHanegem hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
0, weil ich nicht der Ansicht bin, dass diese sozusagen positiv konditioniert wurden durch die bis dato erfolgreiche Administration.


Das waren einfach die äußeren Umstände, Krieg und Aufbauzeit, wo die Nachteile einer Diktatur nicht so ins Gewicht fallen, stellenweise sogar Vorteile zum tragen kommen. Diese Schubwirkung hat sich dann in den 60-er Jahren totgelaufen.


Aber selbst wenn sich das nicht totgelaufen hätte - Sozialismus ist schon mehr als nur moderne Fabriken.
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Beitrag(#2156492) Verfasst am: 05.11.2018, 21:01    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
....

Die Frage wäre dann: Welche Freiheitsgrade, welche Möglichkeiten hätte eine abstrakte Regierung in den ersten Phasen des sozialistischen Beginns, wo hauptsächlich die ursprüngliche Akkumulation der führenden Kapitale auf andere Weise nachvollzogen wurde - mit ähnlich vielen Opfern leider.

Was war drin in jenen historischen Phasen nach dem 2. Weltkrieg für die Sowjetunion und die VR China?
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Das ist ganz einfach: Je besser man eine Politik als sinnvoll verkaufen kann, desto weniger Gewalt muss man einsetzen. Für einen Schwachsinn wie den "den großen Sprung nach vorne", der im Effekt selbst eine gewaltige Massentötung darstellte, muss man schon ziemlich viel Gewalt anwenden.
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Marcellinus
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Beitrag(#2156495) Verfasst am: 05.11.2018, 21:06    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
....

Die Frage wäre dann: Welche Freiheitsgrade, welche Möglichkeiten hätte eine abstrakte Regierung in den ersten Phasen des sozialistischen Beginns, wo hauptsächlich die ursprüngliche Akkumulation der führenden Kapitale auf andere Weise nachvollzogen wurde - mit ähnlich vielen Opfern leider.

Was war drin in jenen historischen Phasen nach dem 2. Weltkrieg für die Sowjetunion und die VR China?
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Das ist ganz einfach: Je besser man eine Politik als sinnvoll verkaufen kann, desto weniger Gewalt muss man einsetzen. Für einen Schwachsinn wie den "den großen Sprung nach vorne", der im Effekt selbst eine gewaltige Massentötung darstellte, muss man schon ziemlich viel Gewalt anwenden.

Ja, man muß eben keine Revolution machen, wenn man‘s nicht kann!
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Beitrag(#2156577) Verfasst am: 06.11.2018, 14:54    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
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Die Frage wäre dann: Welche Freiheitsgrade, welche Möglichkeiten hätte eine abstrakte Regierung in den ersten Phasen des sozialistischen Beginns, wo hauptsächlich die ursprüngliche Akkumulation der führenden Kapitale auf andere Weise nachvollzogen wurde - mit ähnlich vielen Opfern leider.

Was war drin in jenen historischen Phasen nach dem 2. Weltkrieg für die Sowjetunion und die VR China?
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Das ist ganz einfach: Je besser man eine Politik als sinnvoll verkaufen kann, desto weniger Gewalt muss man einsetzen. Für einen Schwachsinn wie den "den großen Sprung nach vorne", der im Effekt selbst eine gewaltige Massentötung darstellte, muss man schon ziemlich viel Gewalt anwenden.

Ja, man muß eben keine Revolution machen, wenn man‘s nicht kann!

Da Kommunisten über keine praktische Herschafts- und Machttheorie verfügen sollte man ihnen das Machen von Revolutionen sowieso verbieten. Lachen
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Beitrag(#2156596) Verfasst am: 06.11.2018, 19:45    Titel: Antworten mit Zitat

unquest hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
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Die Frage wäre dann: Welche Freiheitsgrade, welche Möglichkeiten hätte eine abstrakte Regierung in den ersten Phasen des sozialistischen Beginns, wo hauptsächlich die ursprüngliche Akkumulation der führenden Kapitale auf andere Weise nachvollzogen wurde - mit ähnlich vielen Opfern leider.

Was war drin in jenen historischen Phasen nach dem 2. Weltkrieg für die Sowjetunion und die VR China?
....

Das ist ganz einfach: Je besser man eine Politik als sinnvoll verkaufen kann, desto weniger Gewalt muss man einsetzen. Für einen Schwachsinn wie den "den großen Sprung nach vorne", der im Effekt selbst eine gewaltige Massentötung darstellte, muss man schon ziemlich viel Gewalt anwenden.

Ja, man muß eben keine Revolution machen, wenn man‘s nicht kann!

Da Kommunisten über keine praktische Herschafts- und Machttheorie verfügen sollte man ihnen das Machen von Revolutionen sowieso verbieten. Lachen


Ist schon lustig: Erst meint Marcellinus, die Kommunisten strebten eh nur nach Macht, wollten also gar keinen Kommunismus.

Plötzlich heisst es, sei wollen vielleicht schon, aber sie können es nicht.

Ja, was denn nun?

Dabei war meine Frage einfach die, was abstrakte sozialistische Regierungen, welche sowohl *gewollt* als auch *gekonnt* hätten, nach dem Abschluss der nachholenden Industrialisierung denn für objektive Möglichkeitsräume in Richtung Weiterentwicklung der Gesellschaft gehabt hätten.

Ursprüngliche Akkumulation in frühbürgerlichen Zeiten

Und wie stehen die Bedingungen für eine Weiterentwicklung der Gesellschaft heute? (Nein, ich meine nicht im technologischen Sinne; von dieser eindimensionalen Entwicklungsrichtung hat die Menschheit inzwischen wohl genug; das führt inzwischen nicht mehr weiter.)
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Beitrag(#2156618) Verfasst am: 06.11.2018, 20:53    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Ist schon lustig: Erst meint Marcellinus, die Kommunisten strebten eh nur nach Macht, wollten also gar keinen Kommunismus.

Plötzlich heisst es, sei wollen vielleicht schon, aber sie können es nicht.

Ja, was denn nun?

Du willst doch nicht etwa behaupten, dieser Gulag sei Kommunismus gewesen. Das haben meines Wissens nicht einmal die Bolschewiki behauptet.

Fest steht, sie haben kein wirklich funktionierendes Staats- und Wirtschaftssystem zustandekommen, in Russland gar nicht, und in China erst dann, als unter Deng ein staatlich mehr oder weniger effizienter Pragmatismus einkehrte. Das scheint überhaupt das ideale Staats- und Wirtschaftssystem zu sein (wenn es so etwas überhaupt gibt), ein Synkretismus, man könnte es auch schlicht Versuch und Irrtum nennen, der sich aus allen Wirtschaft- und Gesellschaftstheorien bedient, oder um mit Deng zu sprechen: Egal ob eine Katze schwarz ist oder weiß, Hauptsache, sie fängt Mäuse.

Was übrigens nicht heißen soll, daß ich das chinesische System nachahmen- oder wünschenswert finde. Und ich befürchte, es funktioniert auch nicht annähernd so gut, wie es sollte, um nachhaltig zu sein. Der wesentliche Fehler ist halt die sich immer noch kommunistisch nennende Partei mit ihrem Unterdrückungsapparat.

Entscheidend erscheint mir nur, daß weder ein kapitalistisches noch ein sozialistisches System wirklich funktioniert, solange man das eine wie das andere ideologisch betreibt. Liegt einfach daran, daß die Wirklichkeit um Klassen komplizierter ist als jede Theorie.

Menschenwissenschaften sind nun mal keine Naturwissenschaften, und werden es vielleicht nie. Das Wetter oder der Lauf des Mondes geht wie es geht, ganz unabhängig davon, ob Wissenschaftler darüber eine Vorhersage machen. Anders mit gesellschaftlichen Prozessen. Wenn ich morgen eine Revolution in irgendeinem Land prophezeihe, kann ich sicher sein, daß sie nicht passiert. Der Grund ist eigentlich ganz einfach. Menschen haben ein Bewusstsein (hallo @step), und sie können lesen und werden dafür sorgen, daß es nicht passiert. Jeder Versuch, geschichtliche Prozesse zu verstehen, und in nachprüfbare Modelle zu fassen, ist selbst ein Teil dieser Prozesse, verändert sie und sorgt dafür, daß die Modelle in dem Augenblick obsolet sind, wo man sie publiziert.

Menschenwissenschaften können maximal erklären, wie wir dahin gekommen sind, wo wir nun stehen. Wie es weitergeht, kann niemand sagen. Sollte aber niemanden überraschen, ist mit der biologischen Evolution auch nicht anders, und die gilt mit einer gewissen Berechtigung als Naturwissenschaft. Politik ist also nie eine Wissenschaft. und die Idee, man könne historische "Gesetze" entdecken ähnlich der physikalischen Mechanik ist ein romantischer Irrtum der Gesellschaftsphilosophie des 19. Jh. Das spricht nicht gegen das 19. Jh. Die wußten es nicht besser. Aber durchaus gegen die, die diesen Ideen bis heute anhängen, obwohl sie es besser wissen könnten.
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