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Religion ist sexuelle Selektion
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Grey
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Anmeldungsdatum: 07.03.2018
Beiträge: 2280

Beitrag(#2173086) Verfasst am: 01.04.2019, 10:30    Titel: Antworten mit Zitat

Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
Grey hat folgendes geschrieben:
https://www.hna.de/kassel/gott-und-kirche-studie-zeigt-auf-wie-jugendliche-heute-glauben-ngz-11861699.html

Zitat:
Sie haben die Gruppe hochreligiöser Jugendlicher untersucht. Ist das nicht nur eine sehr kleine Gruppe?

Das könnte man meinen. Hochreligiös klingt ja beinahe wie fundamentalistisch. Gemeint ist damit aber nur, dass man damit rechnet, dass der Glaube etwas mit dem eigenen Leben zu tun hat und Gott beispielsweise Gebete erhört. Den Begriff haben wir dem renommierten Bertelsmann-Religionsmonitor entnommen. Demnach wird – wenn man nur die Christen betrachtet – immerhin jeder siebte Jugendliche in Deutschland als hochreligiös eingestuft.
...
...
...
Zum Teil wussten die Jugendlichen in den Interviews gar nicht genau, zu welcher Kirche sie eigentlich gehören. ... Jeder Zweite geht in mehrere Gottesdienste, über unterschiedliche Konfessionen und Denominationen hinweg.


Wundert mich nicht. Die Jugendlichen gehen ja auch für Klimaschutz auf die Straße. Da ist was auf irrwitzige Art und Weise schiefgelaufen.


Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Lebensnebel hat folgendes geschrieben:

Wundert mich nicht. Die Jugendlichen gehen ja auch für Klimaschutz auf die Straße. Da ist was auf irrwitzige Art und Weise schiefgelaufen.

Ja, offenbar sind sie der Ansicht, daß das Klima sich davon beeindrucken läßt.


Meine Intention das zu posten war eine andere: Der Glaube heutiger religiöser Jugendlicher ist subjektivistisch. Dieses Zitat...
Zitat:
Jeder Zweite geht in mehrere Gottesdienste, über unterschiedliche Konfessionen und Denominationen hinweg.

... verdeutlicht das. Das geht auch aus anderen Teilen des Interviews hervor, wie du und Lebensnebel wüssten, wenn ihr es gelesen hättet.
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fwo
Caterpillar D9



Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 25826
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#2173095) Verfasst am: 01.04.2019, 12:59    Titel: Antworten mit Zitat

@ smallie: Ich versuche es kurz zu machen, indem ich mich auf die für mich wesentlichen Unterschiede konzentriere
smallie hat folgendes geschrieben:
.....
fwo hat folgendes geschrieben:
Euler hat folgendes geschrieben:
(5) Wenn der gesundheitliche Nutzen der Religion bemüht wird, ist zu fragen, warum nicht andere Tiere als der Mensch auf Religion als Beruhigungs- und Heilmittel gekommen sind. Zugegeben, Primaten haben vermutlich keine Vorstellung von ihrem Tod und daher keine Todesangst. Nur der Mensch kann in die Zukunft schauen und das Numinose fürchten. Aber wenn wir dieses Argument weiter verfolgen, dann enden wir wieder bei Kollateralnutzen für Religion, und der Ursprung des besonderen menschlichen Geistes ist das Primäre.

(6) Wenn der Nutzen der Religion darin liegt, biologische Botschaften zu paraphrasieren, dann fragt sich, warum dies gerade mit Religion geschehen muss. Euripides konstatiert in Die Bacchien: "Das Gesetz, das die Tradition macht, ist das Gesetz der Natur". Biologische Botschaften sind in allen möglichen kulturellen Äußerungen des Menschen widergespiegelt, in Literatur, Rechtsprechung, Mythen, Märchen, Wissenschaft, und auch in religiösen Überlieferungen. Wiederum wird auch mit diesem Argument die Religion nur zum Sekundärlieferanten degradiert.

Das darf natürlich nicht sein, dass der Geist das Primäre ist, auch wenn keiner sagen kann, wie man sich ohne Geist die Zukunft, die von der Religion geregelt werden soll, überhaupt vorstellen können soll. Also: Alles, was die Religion "zum Sekundärlieferanten degradiert", güldet nich. Religion muss erster bleiben. Klingt wirklich sehr wissenschaftlich.

Das lese ich anders.

Euler sagt, wenn Religion Ergebnis natürlicher Selektion sein sollte, dann müsse sie etwas leisten, das über Heilmittel, Literatur, Rechtsprechung und so weiter hinausgeht. Das tue sie nicht, sondern sei nur Sekundärlieferant, weshalb natürliche Selektion ausscheide und sexuelle Selektion herangezogen werden müsse.

Ich habe mal die beiden Sätze gefettet, die für mich den Kern dieser beiden Argumente ausmachen, weil genau sie dazu führen, dass er diese Gedanken ablehnt.

smallie hat folgendes geschrieben:
....
fwo hat folgendes geschrieben:
Euler hat folgendes geschrieben:
Stellen wir uns die subjektive Welt unserer pleistozänen Vorfahren vor. Ihr geistiger Horizont reichte erst mal nur bis zum tatsächliche Horizont. Aber sie erlebten ständig, dass aus der Welt jenseits des Horizonts Dinge kamen, die überaus wichtig waren. Die unerreichbar ferne Sonne brachte wohlige Wärme, und hereinstürmende Wolken brachten Unwetter. Jagdbare Tiere kamen aus anderen Welten in die eigene kleine Welt. Andere Menschen tauchten gelegentlich aus der anderen Welt auf, und das konnte Unterhaltung, Tausch, neue Bekanntschaften oder Krieg bedeuten. Es war also nahe liegend, sich ständig über die Anderswelt Gedanken zu machen und Sinnzusammenhänge zu konstruieren. Wer die Erkenntnis hatte "Wenn Wolken über den fernen Bergen, dann Sturzfluten bei uns; wenn wir das Camp nicht höher legen, ertrinken wir", wer dies erkannte, hatte einen Überlebensvorteil.

Pleistozän: Über welche Zeit redet der dabei: Redet er über die subjektive Welt nicht mal des Homo habilis, sondern der Australopithecinen?

Ja, das ist manchmal nicht klar, von welcher Zeit Euler genau spricht.

Macht aber nichts. Sinnzusammenhänge zu konstruieren - das haben ja die Tauben bei Skinner auch schon gemacht. Pfeifen


fwo hat folgendes geschrieben:
Es gibt nicht die Spur eines Beleges, dass die mehr konnten als Schimpansen, Kausalanalyse war deren Ding nicht. Für ein derartiges Denken benötigen wir Sprache, die fängt vor ca 100 000 Jahren an, wenn wir Dunbar glauben wollen, und wenn ich mir die sehr langsame Accelleration in der Entwicklung der menschlichen Artefakte ansehe, glaube ich ihm.

Faustkeile oder der Gebrauch des Feuers sind älter als 100 000 Jahre. Wie wurde das tradiert und übertragen, ohne Sprache?

Die sehr langsame Accelleration hat meiner Meinung nach eine andere Ursache: die Bevölkerungsdichte und die Gruppengrößen waren zu klein. Dafür gibt es ein historisches Beispiel. Als Tasmanien vom australischen Kontinent abgetrennt wurde, verblieben dort vielleicht noch 10 000 Individuen. Im Laufe der Zeit vergaßen sie, wie man Boote baut und bestimmte Werkzeuge herstellt.

Richtig. Faustkeil und Feuer sind älter als 100 000 Jahre. Aber Sprache, das komplexeste und wirkungsvollste Stück Kultur, das wir überhaupt besitzen, entsteht nicht von einem Tag auf den anderen. Es ist ein komplett neues Kommunikationsverhalten ohne ein belegbares Beispiel im restlichen Tierreich. Deshalb spricht Dunbar bei seinen 100 000 Jahren auch nur von Sprache in dem Sinn, wie wir das heute verstehen. Wie wir das heute verstehen bedeutet: mit einer Grammatik, die die Darstellung von Kausalverhältnissen zulässt und spontan um neue Lautsignale (Wörter), auf die man sich in dem Moment dann über die Bedeutung einigt, erweiterbar. Das bedeutet gleichzeitig, dass der Wortschatz an diesem Anfang im Wesentlichen auf Dinge und Tätigkeiten des täglichen Umgangs beschränkt war - sonst wäre die Einigung schwergefallen, worüber man gerade redet.

Erst damit beginnt die Möglichkeit des abstrakten Denkens und, in meinen Augen das wichtigere, die Möglichkeit im Gespräch gemeinsam zu denken und dann das gemeinsam Gedachte auch weiterzugeben. Sobald diese Möglichkeit da ist, werden entsteht im gemeinsamen Denken ein Tempo, das neu ist und sich mit der ständig erweiterten Sprache weiter beschleunigt.

Wir haben im archäologischen Befund sichtbare Verhaltenstraditionen, die vor ca. 2,5 Mio Jahren mit der "Pebblestonekultur" beginnen. Das Tempo der Entwicklung ist aber so, dass wir z.T. über 100 000de von Jahren nichts feststellen. Versuch mal, nachzuschlagen, wie lange die einzelnen Formen des Faustkeils stabil blieben. Was wir feststellen können, ist, dass die Tradition sehr stabil war, was heißt, dass man

1.) wirklich tradiert hat, weil so einen Faustkeil nur nach der Vorlage herzustellen, auch für einen denkenden Menschen mit Wissen über alles mögliche schon schwierig ist, wie wir in der experimentellen Archäologie mühsam herausfinden mussten. D.h. wir sollten davon ausgehen, dass da wirklich der Vater dem Sohn gezielt beigebracht hat, wie man so ein Ding herstellt. Das binde ich jetzt deshalb an das Geschlecht, weil wir auch heute noch einen erkennbaren geschlechtsspezifischen Unterschied in der Affinität zu Handwerk und Waffen haben, der auch zu den körperlichen Anpassungen an den Werkzeug- und Waffengebrauch passt. Die besonderen Voraussetzungen, die unsere Art für die Ausbildung komplexer Traditionen mit echtem Lehrverhalten hat, sind das Erkennen anderer Lebewesen als intentional und die Möglichkeit des geteilten Interesses auf einen willkürlichen Gegenstand, die schon Kleinkinder mit Fingerzeigen demonstrieren. Wohlgemerkt: Gemeinsames Interesse mit Kommunikationsabsicht, nicht nur als Anzeige des Wunsches nach diesem Gegenstand, etwa Nahrung, oder etwas zum Spielen.

Wenn wir uns dann vergegenwärtigen, dass es hier um ein rein praktisches Wissen geht, das in der Weitergabe zwar vorgemacht und nachgemacht wird, aber eben nur praktisch übergeben wird, ohne gleichzeitig in einem Wissenscontainer enthalten zu sein, wie Sprache ihn darstellt, dann wird klar, warum der Umfang dieser Kultur so begrenzt ist - Feuer und Faustkeil ist sicher machbar, was sonst noch? - und warum das so lange gedauert hat, bis denen etwas Neues "eingefallen" ist.

2. das man wirklich treu tradiert hat. Hierzu gehört auch die spezifisch menschliche Art des kulturellen Lernens, die Imitation, die wir ab einem Alter von ca 9 Monaten zeigen. In Wirklichkeit sind wir nämlich die einzigen, die "nachäffen".
Zitat:
Nagell, Olguin und Tomasello zeigten z.B. Schimpansen und zweijährigen Menschenkindern ein rechenartiges Instrument, und einen Gegenstand, der außer Reichweite lag. Das Instrument konnte auf eine von zwei Weisen verwendet werden, die zum selben Ergebnis führten, nämlich zum Erreichendes Gegenstandes. Eine Gruppe von Probanden der jeweiligen Art beobachtete, wie ein Vorführender eine Methode des Werkzeuggebrauchs verwendete, die weniger effizient war und eine andere Gruppe beobachtete die andere, effizientere Methode des Gebrauchs. Der versuch ergab, dass, während die Menschenkinder im Allgemeinen in beiden Versuchsbedingungen die Methode des Vorführenden nachmachten (Imitationslernen), die Schimpansen verschiedene Dinge taten, um den Gegenstand zu erreichen, und diese waren von der selben Art, gleichgültig, welche Methode sie beobachtet hatten (Emulationslernen). Interessanterweise bestanden viele Kinder selbst im Fall der weniger effizienten Methode auf der Reproduktion des Erwachsenenverhaltens, was in dieser Versuchsbedingung zu einer Leistung mit geringerem Erfolg führte als bei den Schimpansen. (Tomasello "Kulturelle Entwicklung des menschlichen Denkens" S.44f)


Zu Deinem Beispiel Tasmanien:
Ich interpretiere das als normalen evolutionären Vorgang: Das Verhalten selektiert die Anpassungen, die es begünstigen. Eigenschaften, die nicht gebraucht werden, können verloren gehen, wie das Augenlicht der Maulwürfe. Die Vorfahren der Tasmanier haben an der Küste gelebt und hatten eine Lebensweise, in der sie das Boot brauchten - sonst wären sie auch nicht auf Tasmanien gelandet. Tasmanien bot sehr wahrscheinlich andere Lebensbedingungen als das Herkunftshabitat bzw. war da das Habitat mit den einfacheren Lebensbedingungen noch nicht besetzt, so dass ein Nischenwechsel vom Fischer zum Sammler und Jäger stattfinden konnte, der einen Teil der Tradition überflüssig machte.

smallie hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Das bedeutet, in der Praxis, dass wir uns in den pleistozänen Menschen nicht hineinversetzen können, weil wir ein bewusstes Denken ohne Sprache nicht kennen.

Kennst du das nicht, daß manchmal eine Idee oder ein Gedanke plötzlich auftaucht, ohne daß du ihn sprachlich bewußt gedacht hast?

1. Spätestens, wenn diese Gedanken bewusst werden, entstehen sie in Sprache.
2. Woher weiß Du, dass sie vorher nicht in Sprache stattfinden?
Zu dem 2. habe ich eine schöne Anekdote: Ich saß mal an einer Arbeit, zu der ich für die Darstellung von Ergebnissen eine für Biologen verständliche, maßstabsinvariante und im Zweifelsfall auch dreidimensionale Glättungsmethode brauchte. Es gab (gibt?) zwar käufliche Glättungsmethoden, für deren Anwendung man aber weitergehende Kenntnisse über die Gutmütigkeit einzelner mathematischer Funktionen besitzen sollte. Das wäre im Zweifelsfall unter Biologen nicht für deren eigene Anwendungen vermittelbar gewesen.

Da habe ich ein paar Wochen drüber meditiert und bin dann irgendwann mitten in einer Nacht mit der Lösung aufgewacht. Ich habe das in dem Moment zwar für Blödsinn gehalten, war aber neugierig genug, es aufzuschreiben und mich wieder hinzulegen. Am nächsten Morgen habe ich diesen "Blödsinn" dann überprüft und er funktionierte. Das gruselige an der Anekdote ist, dass das Denken, das da stattgefunden haben muss, nicht auf einer gefühlsmäßigen Ebene stattgefunden haben kann. Es reicht nicht einmal unsere natürliche Sprache, um das zu denken, sondern es bedarf einer zusätzlichen, sehr abstrakten Sprache, der Mathematik, die sehr aufwändig auf unsere natürliche Sprache draufgesetzt werden muss, und zu der ein erheblicher Teil der Menschen keinen Zugang hat. Ohne im Detail auf die Lösung, die ich da nachts hingekrakelt habe, weiter einzugehen: Sie enthielt z.B. mehrere Summenzeichen, aus Sicht von Biologen reine Schmuckzeichen, deren Bedeutung nicht mehr vermittelbar ist, die also eher als Reviermarkierungen zu beschreiben sind. (Im weiteren Verlauf habe ich die auch nicht mehr gebraucht, weil ich mein Gekrakel in ein relativ einfach benutzbares Programm umschreiben konnte)

Deshalb gehe ich nicht davon aus, dass die Gedanken, die aus dem Unbewussten in uns aufsteigen, notwendigerweise ohne Sprache möglich waren.

smallie hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Wer versucht, sich in einen Menschen vor dem Holozän (ca von vor 120 000 Jahren bis heute) hinein zu versetzen, und sich die Geschichten ausdenkt, mit denen der vielleicht damals Weibchen hätten anziehen können, faselt nicht im Pleistozän, sondern im Dilirium.

Die Kritik am Geschichten ausdenken teile ich. Eine darwinistische Geschichte ist schnell erfunden, aber schwierig zu bestätigen. Ansonsten ist das eine der wenigen lang stehenden Meinungsverschiedenheit zwischen uns. Ich kann mich auch in eine Sau hineinversetzen, die quiekend vor einem Metzger davonläuft.

Es ist richtig, dass Du Dich in sie hinein versetzen kannst. Aber was Du dabei fühlen wirst, sind immer Deine Empfindungen und damit Ergebnisse Deiner Sozialisation, und nicht Empfindungen der Sau. Die Fragwürdigkeit dieses Sich-Hineinversetzens wird deutlich, wenn Du siehst, wie oft und wie stark wir uns selbst bei anderen Individuen der eigenen Art vertun, wenn wir uns "in sie hineinversetzen". Die Missverständnisse zwischen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen basieren regelmäßig auf genau dieser Meinung, man könne sich in den anderen hineinversetzen. (Ich verzichte gerade mal auf mein Lieblingszitat von Tilman Nagel, aber verlinke es zwinkern ). Es ist uns möglich, auch solche scheinbar basalen Gefühle wie Angst und Schmerz kulturell bis fast zum Verschwinden zu überformen. Denk an Märtyer, die ihre Todesangst überwinden. Auf der anderen Seite leben wir z.T. in einer regelrechten Schmerzkultur, in der die Empfindung und der Ausdruck von Schmerz mit Zuwendung belohnt wird. In anderen Kulturen ist das weniger der Fall. Da lernt man "sich vom Schmerz abzutrennen", bis der ganz in den Hintergrund tritt, so dass diese Leute dann eher wildlebenden Tieren gleichen, die zwar vor Situationen fliehen, die sie als schmerzhaft kennen gelernt haben, die bei der ersten Fluchtreaktion und im Moment einer Verletzung auch schreien, sich aber anschließend mit den Einschränkungen der Verletzung aber ohne weitere Schmerzenlaute bewegen. (Über den evolutionären Vorteil von Schrecksignalen und dass die nicht unbedingt von Gefühlen in unserem Verständnis begleitet sein müssen, hatte ich schon geschrieben)

smallie hat folgendes geschrieben:
PS: Beim Holozän hast du einen Nuller zu viel. Nicht 120 000 Jahre, sondern 12 000. Das war die Zeit als man mit Ackerbau anfing.

Danke. Um so schwierige wird es allerdings, die Formulierung von Euler überhaupt einzuordnen.
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Zuletzt bearbeitet von fwo am 01.04.2019, 13:33, insgesamt einmal bearbeitet
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fwo
Caterpillar D9



Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 25826
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#2173097) Verfasst am: 01.04.2019, 13:14    Titel: Antworten mit Zitat

Grey hat folgendes geschrieben:
https://www.hna.de/kassel/gott-und-kirche-studie-zeigt-auf-wie-jugendliche-heute-glauben-ngz-11861699.html

Zitat:
Sie haben die Gruppe hochreligiöser Jugendlicher untersucht. Ist das nicht nur eine sehr kleine Gruppe?

Das könnte man meinen. Hochreligiös klingt ja beinahe wie fundamentalistisch. Gemeint ist damit aber nur, dass man damit rechnet, dass der Glaube etwas mit dem eigenen Leben zu tun hat und Gott beispielsweise Gebete erhört. Den Begriff haben wir dem renommierten Bertelsmann-Religionsmonitor entnommen. Demnach wird – wenn man nur die Christen betrachtet – immerhin jeder siebte Jugendliche in Deutschland als hochreligiös eingestuft.
...
...
...
Zum Teil wussten die Jugendlichen in den Interviews gar nicht genau, zu welcher Kirche sie eigentlich gehören. ... Jeder Zweite geht in mehrere Gottesdienste, über unterschiedliche Konfessionen und Denominationen hinweg.

Bertelsmann hat mich auch als hochreligiös eingestuft, weil ich ausgiebige Meditionserfahrung habe.

Dass man eine Meditationmethode wie Hathayoga auch rein als Psychotechnik ohne jeden Glauben an irgendwelchen Hokuspokus betreiben kann, wollen die nicht wissen.

In dem Zusammenhang muss man auch die Ziele der Bertelsmannstiftung sehen:
Stiftungssatzung hat folgendes geschrieben:
Zweck der Stiftung ist die Förderung der Wissenschaft und Forschung, der Religion, des öffentlichen Gesundheitswesens, der Jugend-und Altenhilfe, der Kunst und Kultur, der Volks-und Berufsausbildung, des Wohlfahrtswesens, der internationalen Gesinnung, des demokratischen Staatswesens und des bürgerschaftlichen Engagements.
fett von mir
Für jeden, der für die in Sachen Religion forscht, ist es also angebracht, auch genügend Religiosität zu finden.
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zelig
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Beitrag(#2173100) Verfasst am: 01.04.2019, 14:09    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Ich versuche es kurz zu machen



dumdidum flöt

Das ist jetzt ein Aprilscherz, oder? zynisches Grinsen
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fwo
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Beiträge: 25826
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#2173102) Verfasst am: 01.04.2019, 15:03    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Ich versuche es kurz zu machen



dumdidum flöt

Das ist jetzt ein Aprilscherz, oder? zynisches Grinsen

Lachen
Nö. Es ist einfach misslungen.

Aber man kann sehen, dass ich nicht alle Abschnitte von smallie beantwortet habe. Sehr glücklich
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vrolijke
Bekennender Pantheist
Moderator



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Beitrag(#2173125) Verfasst am: 01.04.2019, 22:22    Titel: Antworten mit Zitat

Einige Beiträge im Sandkasten verschoben.
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Grenzen geben einem die Illusion, das Böse kommt von draußen
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Schneemann
dauerhaft gesperrt



Anmeldungsdatum: 19.02.2019
Beiträge: 344

Beitrag(#2173170) Verfasst am: 02.04.2019, 16:18    Titel: Antworten mit Zitat

Dass Religion mit dem Tod zu tun hat ist hier doch hoffentlich jedem klar?

Ich möchte meine Zeit nicht mit seltsamen unfreiwilligen Komikern verbringen, wenn der IQ hier weiterhin so in die Knie geht dann poste ich bald freiwillig nichts mehr.
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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3613

Beitrag(#2173204) Verfasst am: 02.04.2019, 21:24    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Nur zählt für jeden was anderes.

Ja und nein.

In einer pluralen Gesellschaft kann für jeden etwas anderes zählen.
In diesem einen Punkt zählt für alle das gleiche, sonst klappt es nicht mit der pluralen Gesellschaft.


Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Am Ende landest du beim Gefühl. Ich fühle, also bin ich. Die Philosophie für Schneeflocken. Subjektivismus at it‘s best.

Ich laß' mich bei meiner Suche nach Objektivität von meinem Gefühl leiten und von einigen Daumenregeln - (fast hätte ich Gläubenssätze gesagt.)

Das scheitert manchmal, aber hey, meine Ratio scheitert auch manchmal.

Würdest du Ratio an sich in Frage stellen, nur weil meine Ratio manchmal scheitert? Wohl nicht. Warum stellst du Gefühl und Intuition in Frage, nur weil die Subjektivität der Schneeflocken unser beider Meinung nach scheitert?


Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ist im Moment gerade modern.

Gutes Stichwort. Folgendes als Versuch, William James in modernen Begriffen zu sagen. Wir hatten uns schon mal über Daniel Kahneman unterhalten. Kurz zusammengefasst:

    - Kahneman/Tversky stellen fest, daß Menschen bei bestimmten Fragestellungen oft danebenliegen. Daß die Intuition der Menschen manchmal falsch ist.
    - Gerd Gigerenzer hält dagegen und sagt, diese Art des intuitiv-heuristischen Denkens sei unterm Strich effektiver.

Modern gesagt wäre Religion dann eine Art intuitiv-heuristischen Denkens.


Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Globuli für‘s religiöse Gemüt.

Religion als Plazebo also?

fwo schrieb kürzlich im Akupunktur-Thread:

fwo hat folgendes geschrieben:
Aus "Bittere Pillen" (auch Schwarzbuch Medikamente genannt) wissen wir schon lange, dass Acetylcystein (z.B. ACC akut) in Doppelblindversuchen praktisch wirkungslos ist, heute können wir das auch in Wikipedia nachlesen. Wenn Du dich mit einem niedergelassenen Arzt darüber unterhältst, sagt er nur, dass ihm das ziemlich egal ist, weil seine Patienten ihm sagen, dass ihnen das hilft. Soll er es also nicht verordnen?

Sollen wir Religion verordnen, wenn es hilft? Ein interessantes Dilemma. (Ich würde eher nein sagen.)


Bei den Christen heißt es, der Glaube versetze Berge. Tarvoc hatte eine Signatur, die für mich genau das selbe ausdrückt: Es gibt immer einen Hebel, man muß ihn nur finden. Nüchtern betrachtet ist beides ziemlicher Unfug. Wenn Tarvoc einen Hebel findet, der den Berg nach Osten bewegt, finde ich einen Hebel, der ihn nach Westen bewegt - und so weiter, bis dem Berg und uns schwidelig wird.

Eine derart nüchterne Auslegung geht aber an der Bedeutung der Aussagen völlig vorbei.
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"There are two hard things in computer science: cache invalidation, naming things, and off-by-one errors."
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fwo
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Beitrag(#2173206) Verfasst am: 02.04.2019, 22:38    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
...
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Globuli für‘s religiöse Gemüt.

Religion als Plazebo also?

fwo schrieb kürzlich im Akupunktur-Thread:

fwo hat folgendes geschrieben:
Aus "Bittere Pillen" (auch Schwarzbuch Medikamente genannt) wissen wir schon lange, dass Acetylcystein (z.B. ACC akut) in Doppelblindversuchen praktisch wirkungslos ist, heute können wir das auch in Wikipedia nachlesen. Wenn Du dich mit einem niedergelassenen Arzt darüber unterhältst, sagt er nur, dass ihm das ziemlich egal ist, weil seine Patienten ihm sagen, dass ihnen das hilft. Soll er es also nicht verordnen?

Sollen wir Religion verordnen, wenn es hilft? Ein interessantes Dilemma. (Ich würde eher nein sagen.)
....

Dir ist aber hoffentlich klar, dass das Zitieren meiner Beiträge aus anderen Threads nur unter der Bedingung erlaubt ist, dass sie nicht gegen mich benutzt werden. zwinkern

Zu diesem Thema hier: Dieser Vergleich hat sein Hinkebein an der Stelle, dass die Medizin Placebos gegen Krankheiten verordnet, die sie (die Placebos) nicht selbst verursachen. Das kann man bei der Religion begründet anders sehen.
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Zumsel
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Beitrag(#2173207) Verfasst am: 02.04.2019, 23:08    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:

    - Kahneman/Tversky stellen fest, daß Menschen bei bestimmten Fragestellungen oft danebenliegen. Daß die Intuition der Menschen manchmal falsch ist.
    - Gerd Gigerenzer hält dagegen und sagt, diese Art des intuitiv-heuristischen Denkens sei unterm Strich effektiver.


Oh weh, damit bringst du mich in eine unmögliche Lage: Meine Intuition sagt mir nämlich, dass ich besser auf Rationalität setzen soll; stimmt das, was du da sagst, verlangt die Rationalität allerdings, besser der Intuition zu folgen. Du siehst mein Dilemma?
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Lebensnebel
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Beiträge: 2845

Beitrag(#2173209) Verfasst am: 02.04.2019, 23:34    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:

Sollen wir Religion verordnen, wenn es hilft? Ein interessantes Dilemma. (Ich würde eher nein sagen.)


Bei welchen Erkrankungen kann man Religion verordnen?
Mir fallen spontan nur Endlichkeitserkrankungen ein. Mangelnde Fortpflanzungsfreude ist ja eher keine Erkrankung.
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fwo
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Beitrag(#2173217) Verfasst am: 03.04.2019, 10:11    Titel: Antworten mit Zitat

Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

Sollen wir Religion verordnen, wenn es hilft? Ein interessantes Dilemma. (Ich würde eher nein sagen.)


Bei welchen Erkrankungen kann man Religion verordnen?
Mir fallen spontan nur Endlichkeitserkrankungen ein. Mangelnde Fortpflanzungsfreude ist ja eher keine Erkrankung.

Bestimmte Angstzustände.
Die Religion bietet autosuggestive Methoden zur Bewältigung der Ängste, die sie selbst erzeugt.

Früher waren die Ängste, die sie erzeugt hat, an sehr reale Gefahren gebunden, weil die Zugehörigkeit zur jeweiligen Kirche gleichzeitig die Zugehörigkeit zur jeweiligen Gemeinschaft, inklusive der Rechtsgemeinschaft war. Ausgestoßen zu werden, war für den normalen Menschen lebensbedrohlich. Nur, wer sich innerhalb der Gemeinde im Gebet des jeweils herrschenden Gottes versichern konnte, brauchte den Gott nicht zu fürchten. Gottesfurcht unter diesen Bedingungen, wie der Islam sie heute noch zu schaffen versucht - und auch schafft, wenn er an politische Macht kommt - ist eine existenzielle Furcht, die auch kaum innerhalb einer Generation abgebaut werden kann.
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vrolijke
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Moderator



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Beitrag(#2173218) Verfasst am: 03.04.2019, 10:24    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

Sollen wir Religion verordnen, wenn es hilft? Ein interessantes Dilemma. (Ich würde eher nein sagen.)


Bei welchen Erkrankungen kann man Religion verordnen?
Mir fallen spontan nur Endlichkeitserkrankungen ein. Mangelnde Fortpflanzungsfreude ist ja eher keine Erkrankung.

Bestimmte Angstzustände.
Die Religion bietet autosuggestive Methoden zur Bewältigung der Ängste, die sie selbst erzeugt.

Früher waren die Ängste, die sie erzeugt hat, an sehr reale Gefahren gebunden, weil die Zugehörigkeit zur jeweiligen Kirche gleichzeitig die Zugehörigkeit zur jeweiligen Gemeinschaft, inklusive der Rechtsgemeinschaft war. Ausgestoßen zu werden, war für den normalen Menschen lebensbedrohlich. Nur, wer sich innerhalb der Gemeinde im Gebet des jeweils herrschenden Gottes versichern konnte, brauchte den Gott nicht zu fürchten. Gottesfurcht unter diesen Bedingungen, wie der Islam sie heute noch zu schaffen versucht - und auch schafft, wenn er an politische Macht kommt - ist eine existenzielle Furcht, die auch kaum innerhalb einer Generation abgebaut werden kann.


Ich weiß von einem Freund, der Jahrzehntelang AA-Gruppen geleitet hat, dass dort häufig Religion als Anker benutzt wird.
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Beitrag(#2173219) Verfasst am: 03.04.2019, 10:45    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

Sollen wir Religion verordnen, wenn es hilft? Ein interessantes Dilemma. (Ich würde eher nein sagen.)


Bei welchen Erkrankungen kann man Religion verordnen?
Mir fallen spontan nur Endlichkeitserkrankungen ein. Mangelnde Fortpflanzungsfreude ist ja eher keine Erkrankung.

Bestimmte Angstzustände.
Die Religion bietet autosuggestive Methoden zur Bewältigung der Ängste, die sie selbst erzeugt.

Früher waren die Ängste, die sie erzeugt hat, an sehr reale Gefahren gebunden, weil die Zugehörigkeit zur jeweiligen Kirche gleichzeitig die Zugehörigkeit zur jeweiligen Gemeinschaft, inklusive der Rechtsgemeinschaft war. Ausgestoßen zu werden, war für den normalen Menschen lebensbedrohlich. Nur, wer sich innerhalb der Gemeinde im Gebet des jeweils herrschenden Gottes versichern konnte, brauchte den Gott nicht zu fürchten. Gottesfurcht unter diesen Bedingungen, wie der Islam sie heute noch zu schaffen versucht - und auch schafft, wenn er an politische Macht kommt - ist eine existenzielle Furcht, die auch kaum innerhalb einer Generation abgebaut werden kann.


Ich weiß von einem Freund, der Jahrzehntelang AA-Gruppen geleitet hat, dass dort häufig Religion als Anker benutzt wird.

Ich vermute mal, dass AA gerade weder das kindliche Geschäft noch Auswärtiges Amt sondern Anonyme Alkoholiker bedeutet:
Das finde ich in einer Gesellschaft, in der immer noch eine Mehrzahl religiös sozialisiert wurde/wird?, bei Menschen in einer Lebenskrise, Alkoholismus ist ein Symptom einer existenziellen Lebenskrise, auch nicht weiter verwunderlich. Autosuggestion passt da auch gut.

btw: Sinnfragen werden zwar gerne als der Ursprung der Religion bezeichnet, ich halte sie aber eher für eine PR-Maßnahme der Kirchen, die behaupten, einen Sinn liefern zu können.
_________________
Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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vrolijke
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Beitrag(#2173220) Verfasst am: 03.04.2019, 10:55    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

Sollen wir Religion verordnen, wenn es hilft? Ein interessantes Dilemma. (Ich würde eher nein sagen.)


Bei welchen Erkrankungen kann man Religion verordnen?
Mir fallen spontan nur Endlichkeitserkrankungen ein. Mangelnde Fortpflanzungsfreude ist ja eher keine Erkrankung.

Bestimmte Angstzustände.
Die Religion bietet autosuggestive Methoden zur Bewältigung der Ängste, die sie selbst erzeugt.

Früher waren die Ängste, die sie erzeugt hat, an sehr reale Gefahren gebunden, weil die Zugehörigkeit zur jeweiligen Kirche gleichzeitig die Zugehörigkeit zur jeweiligen Gemeinschaft, inklusive der Rechtsgemeinschaft war. Ausgestoßen zu werden, war für den normalen Menschen lebensbedrohlich. Nur, wer sich innerhalb der Gemeinde im Gebet des jeweils herrschenden Gottes versichern konnte, brauchte den Gott nicht zu fürchten. Gottesfurcht unter diesen Bedingungen, wie der Islam sie heute noch zu schaffen versucht - und auch schafft, wenn er an politische Macht kommt - ist eine existenzielle Furcht, die auch kaum innerhalb einer Generation abgebaut werden kann.


Ich weiß von einem Freund, der Jahrzehntelang AA-Gruppen geleitet hat, dass dort häufig Religion als Anker benutzt wird.

Ich vermute mal, dass AA gerade weder das kindliche Geschäft noch Auswärtiges Amt sondern Anonyme Alkoholiker bedeutet:
Das ist aber eine durchaus gängige Bezeichnung. Google bringt bei der Suche nach "AA-Gruppe" nichts anderes. Mit den Augen rollen

fwo hat folgendes geschrieben:
Das finde ich in einer Gesellschaft, in der immer noch eine Mehrzahl religiös sozialisiert wurde/wird?, bei Menschen in einer Lebenskrise, Alkoholismus ist ein Symptom einer existenziellen Lebenskrise, auch nicht weiter verwunderlich. Autosuggestion passt da auch gut.

btw: Sinnfragen werden zwar gerne als der Ursprung der Religion bezeichnet, ich halte sie aber eher für eine PR-Maßnahme der Kirchen, die behaupten, einen Sinn liefern zu können.

Sehe ich genau so.
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Lebensnebel
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Beitrag(#2173383) Verfasst am: 04.04.2019, 21:38    Titel: Antworten mit Zitat

AA steht natürlich für die Amazonasameise.

Zum Thema Heilwirkung der Religion:
https://www.pro-medienmagazin.de/medien/fernsehen/2010/01/08/ich-bin-vom-scheitel-bis-zur-sohle-protestant-harald-lesch-im-interview/
Zitat:
Was sagen Sie zu dem Argument, Naturwissenschaft und Glaube schlössen sich aus?

"Freund, Du hast keine Ahnung von Naturwissenschaft." Das ist eine Methode, die sehr gut funktioniert, aber die liefert in erster Linie ein Naturbild, kein Weltbild. Gott kann in schwierigen Situationen enorm helfen. Ich habe manchmal den Eindruck, dass jene, die solche Positionen einnehmen, ohne starke Bindungen vor sich hin leben. Aber es gibt einen existenziellen Rand und Grund, und wer den mal berührt hat, vielleicht ohne es zu wollen, der stellt fest, dass die Welt, in der wir leben, ein außerordentlich dünnes Eis ist, und dass wir immer Hilfe brauchen. Wir sind ja in diese Welt hineingeboren, ohne eine Ahnung, woher wir kommen und wohin wir gehen. Über persönliche Erfahrungen lässt sich schwer streiten und diskutieren, wenn sie mal wieder von irgendeiner Atheisten-Gesellschaft gefragt werden, ob man Mitglied werden will. Ich habe mich schon dabei ertappt, wie ich einem gesagt habe: Ach, wissen Sie, wir sind alle lauter arme kleine Würstchen unter anderen armen kleinen Würstchen. Wir versuchen alle, den Kopf irgendwie über Wasser zu halten und sind froh, wenn es einigermaßen funktioniert.


Würstchen-Sein kann erträglicher werden.
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fwo
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Beitrag(#2173388) Verfasst am: 05.04.2019, 01:32    Titel: Antworten mit Zitat

Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
....
Würstchen-Sein kann erträglicher werden.

Für naive Konfirmandenchristen, bei denen die religiöse Sozialisation erfolgreich war. So beschreibt er sich ja selbst.

Da sehe ich auch keinen Widerspruch, weder zu Intelligenz, noch zur Rolle des Naturwissenschaftlers, wenn man sie so ausübt, wie er das tut.

Seine Aussagen stehen auch nicht im Widerspruch zu dem, was ich oben formuliert habe:

Die Religion bietet autosuggestive Methoden zur Bewältigung der Ängste, die sie selbst erzeugt.
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Marcellinus
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Beitrag(#2173395) Verfasst am: 05.04.2019, 08:59    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:

Die Religion bietet autosuggestive Methoden zur Bewältigung der Ängste, die sie selbst erzeugt.

Und sie ist eine unerschöpfliche Quelle für Antworten auf Fragen, die man ohne sie gar nicht hat.
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"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

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Marcellinus
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Beitrag(#2173413) Verfasst am: 05.04.2019, 11:51    Titel: Antworten mit Zitat

Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
AA steht natürlich für die Amazonasameise.

Zum Thema Heilwirkung der Religion:
https://www.pro-medienmagazin.de/medien/fernsehen/2010/01/08/ich-bin-vom-scheitel-bis-zur-sohle-protestant-harald-lesch-im-interview/
Zitat:
Was sagen Sie zu dem Argument, Naturwissenschaft und Glaube schlössen sich aus?

"Freund, Du hast keine Ahnung von Naturwissenschaft." Das ist eine Methode, die sehr gut funktioniert, aber die liefert in erster Linie ein Naturbild, kein Weltbild. Gott kann in schwierigen Situationen enorm helfen. Ich habe manchmal den Eindruck, dass jene, die solche Positionen einnehmen, ohne starke Bindungen vor sich hin leben. Aber es gibt einen existenziellen Rand und Grund, und wer den mal berührt hat, vielleicht ohne es zu wollen, der stellt fest, dass die Welt, in der wir leben, ein außerordentlich dünnes Eis ist, und dass wir immer Hilfe brauchen. Wir sind ja in diese Welt hineingeboren, ohne eine Ahnung, woher wir kommen und wohin wir gehen. Über persönliche Erfahrungen lässt sich schwer streiten und diskutieren, wenn sie mal wieder von irgendeiner Atheisten-Gesellschaft gefragt werden, ob man Mitglied werden will. Ich habe mich schon dabei ertappt, wie ich einem gesagt habe: Ach, wissen Sie, wir sind alle lauter arme kleine Würstchen unter anderen armen kleinen Würstchen. Wir versuchen alle, den Kopf irgendwie über Wasser zu halten und sind froh, wenn es einigermaßen funktioniert.


Würstchen-Sein kann erträglicher werden.

Wobei das Interview mit Lesch fast 10 Jahre alt ist.
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Lebensnebel
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Beitrag(#2173431) Verfasst am: 05.04.2019, 15:35    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
AA steht natürlich für die Amazonasameise.

Zum Thema Heilwirkung der Religion:
https://www.pro-medienmagazin.de/medien/fernsehen/2010/01/08/ich-bin-vom-scheitel-bis-zur-sohle-protestant-harald-lesch-im-interview/
Zitat:
Was sagen Sie zu dem Argument, Naturwissenschaft und Glaube schlössen sich aus?

"Freund, Du hast keine Ahnung von Naturwissenschaft." Das ist eine Methode, die sehr gut funktioniert, aber die liefert in erster Linie ein Naturbild, kein Weltbild. Gott kann in schwierigen Situationen enorm helfen. Ich habe manchmal den Eindruck, dass jene, die solche Positionen einnehmen, ohne starke Bindungen vor sich hin leben. Aber es gibt einen existenziellen Rand und Grund, und wer den mal berührt hat, vielleicht ohne es zu wollen, der stellt fest, dass die Welt, in der wir leben, ein außerordentlich dünnes Eis ist, und dass wir immer Hilfe brauchen. Wir sind ja in diese Welt hineingeboren, ohne eine Ahnung, woher wir kommen und wohin wir gehen. Über persönliche Erfahrungen lässt sich schwer streiten und diskutieren, wenn sie mal wieder von irgendeiner Atheisten-Gesellschaft gefragt werden, ob man Mitglied werden will. Ich habe mich schon dabei ertappt, wie ich einem gesagt habe: Ach, wissen Sie, wir sind alle lauter arme kleine Würstchen unter anderen armen kleinen Würstchen. Wir versuchen alle, den Kopf irgendwie über Wasser zu halten und sind froh, wenn es einigermaßen funktioniert.


Würstchen-Sein kann erträglicher werden.

Wobei das Interview mit Lesch fast 10 Jahre alt ist.


Er hat seine Meinung nicht geändert.
Das ist jünger:
https://www.youtube.com/watch?v=6fziMlDCjRE
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Marcellinus
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Beitrag(#2173437) Verfasst am: 05.04.2019, 17:03    Titel: Antworten mit Zitat

Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Wobei das Interview mit Lesch fast 10 Jahre alt ist.


Er hat seine Meinung nicht geändert.
Das ist jünger:
https://www.youtube.com/watch?v=6fziMlDCjRE

Wobei jetzt die spannende Frage wäre, ob die gleichzeitige Beschäftigung mit „gottfreien“ Naturwissenschaften einerseits und Gottglaube andererseits sich gegenseitig beeinflussen, oder ob, wie er selbst sagt, das eine mit dem anderen nichts zu tun hat.
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smallie
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Beitrag(#2173553) Verfasst am: 06.04.2019, 15:29    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Religion als Plazebo also?

fwo hat folgendes geschrieben:
... Wenn Du dich mit einem niedergelassenen Arzt darüber unterhältst, sagt er nur, dass ihm das ziemlich egal ist, weil seine Patienten ihm sagen, dass ihnen das hilft. Soll er es also nicht verordnen?

Sollen wir Religion verordnen, wenn es hilft? Ein interessantes Dilemma. (Ich würde eher nein sagen.)
....

Dir ist aber hoffentlich klar, dass das Zitieren meiner Beiträge aus anderen Threads nur unter der Bedingung erlaubt ist, dass sie nicht gegen mich benutzt werden. zwinkern

Das kann ja heiter werden, sobald das Leistungsschutzrecht umgesetzt ist. zwinkern


fwo hat folgendes geschrieben:
Zu diesem Thema hier: Dieser Vergleich hat sein Hinkebein an der Stelle, dass die Medizin Placebos gegen Krankheiten verordnet, die sie (die Placebos) nicht selbst verursachen. Das kann man bei der Religion begründet anders sehen.

Wir waren uns oben einig, daß Religion adaptiv ist, wir sind uns einig, daß Religion auch maladaptiv sein kann. Nur: Ein adaptives Placebo oder ein maladaptives Placebo - hmm - dann würde ich über den Placebo-Status noch mal nachdenken.

Deshalb kann ich dem Placebo-Argument nicht viel abgewinnen - ohne es für falsch zu halten. Komplexe Phänomene haben vielschichtige Erklärungen, die sich nicht gegenseitig ausschließen müssen.
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smallie
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Beiträge: 3613

Beitrag(#2173558) Verfasst am: 06.04.2019, 15:40    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

    - Kahneman/Tversky stellen fest, daß Menschen bei bestimmten Fragestellungen oft danebenliegen. Daß die Intuition der Menschen manchmal falsch ist.
    - Gerd Gigerenzer hält dagegen und sagt, diese Art des intuitiv-heuristischen Denkens sei unterm Strich effektiver.


Oh weh, damit bringst du mich in eine unmögliche Lage: Meine Intuition sagt mir nämlich, dass ich besser auf Rationalität setzen soll; stimmt das, was du da sagst, verlangt die Rationalität allerdings, besser der Intuition zu folgen. Du siehst mein Dilemma?

Ein bisschen.

Hab's leider nicht geschafft, Gigerenzers Argumente in einem Absatz verständlich zusammenzufassen. Ein Beispiel, um einen Eindruck zu geben, worum es ungefähr geht.

Zitat:
Homo Heuristicus: Why Biased Minds Make Better Inferences
Gerd Gigerenzer, Henry Brighton - 2009

Drittens, betrachten wir das Problem, Geld in N Fonds zu investieren. Harry Markowitz erhielt den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaft für die optimale Lösung, das mean-variance portfolio. Als er jedoch in seine Altersversorgung investierte, nahm er nicht seine Optimierungs-Strategie, sondern verließ sich stattdessen auf eine simple Heuristik: 1/N, das heißt, verteile das Geld gleich auf jede der N Alternativen. War seine Intuition korrekt?

Eine Studie verglich die 1/N-Regel mit 14 Optimierungsmodellen. Keins der Modelle erzielte konstant bessere Ergebnisse als die einfache Heuristik.


Third, consider the problem of investing money into N funds. Harry Markowitz received the Nobel prize in economicsfor finding the optimal solution, the mean-variance portfolio. When he made his own retirement investments, however, he did not use his optimizing strategy, but instead relied on a simple heuristic: 1 /N, that is, allocate your money equally to each of N alternatives (see Table 2). Was his intuition correct?

... Taking seven investment problems, a study compared the 1 /N rule with 14 optimizing models, including the mean-variance portfolio and Bayesian and non-Bayesian models ... 1 /N, in contrast, does not need any past information. In spite (or because) of this, 1 /N ranked first (out of 15) on certainty equivalent returns, second on turnover, and fifth on the Sharpe ratio, respectively. Even with their complex estimations and computations, none of the optimization methods could consistently earn better returns than this simple heuristic.

http://library.mpib-berlin.mpg.de/ft/gg/GG_Homo_2009.pdf


Unabhängig von Gigerenzer/Brighton:

Intuition und Ratio müssen keine Gegensätze sein. Der vermeintliche Gegensatz scheint mir ein entferntes Echo auf den Körper/Seele-Dualismus zu sein.

Intuition ist für andere Probleme zuständig als die Ratio. Ich würde mich nicht auf meine Intuition verlassen, wenn es darum ginge, eine Flugbahn zum Mond zu berechnen. Bei der Frage, ob ich zum Mond will, allerdings schon.
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Marcellinus
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Beitrag(#2173566) Verfasst am: 06.04.2019, 16:23    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:

Intuition und Ratio müssen keine Gegensätze sein. Der vermeintliche Gegensatz scheint mir ein entferntes Echo auf den Körper/Seele-Dualismus zu sein.

Vielleicht sollte man mit Daniel Kahneman eher von System 1 und 2 sprechen.
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smallie
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Beitrag(#2173690) Verfasst am: 07.04.2019, 14:29    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
....
Würstchen-Sein kann erträglicher werden.

Für naive Konfirmandenchristen, bei denen die religiöse Sozialisation erfolgreich war. So beschreibt er sich ja selbst.

Da sehe ich auch keinen Widerspruch, weder zu Intelligenz, noch zur Rolle des Naturwissenschaftlers, wenn man sie so ausübt, wie er das tut.

Naja. Sätze wie diese halte ich für ziemlich ignorant:

Lesch hat folgendes geschrieben:
Unser christliches Gottesbild ist ja ein sehr personales, dem ich persönlich auch anhänge, weil ich glaube, dass wir Menschen uns nichts anderes vorstellen können als einen personalen Gott. Wir könnten uns keine rumwabernde kosmische Energie vorstellen, die zwar den Kosmos geschaffen hat, aber mit meinem Schicksal gar nichts zu tun hat.

Lesch sollte etwas über den Tellerrand der judäo-christlich-muslimischen Überlieferung schauen. Dann würde er feststellen, daß es Religionen ohne (personalen) Gott gibt.

Außerdem stoße ich mich an der "rumwabernden Energie". Das ist mir zu wabrig. Es geht doch darum, die Regeln dingfest zu machen, nach denen Energie herumwabert. Im Sprachgebrauch von Lesch wären verschiedene Religionen dann auch nur wabernde Energiefelder und man könnte nicht sagen, was die Religionen unterscheidet, was sie gemeinsam haben und warum es zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten immer wieder andere Religionen gab.




fwo hat folgendes geschrieben:
Die Religion bietet autosuggestive Methoden zur Bewältigung der Ängste, die sie selbst erzeugt.

Das heißt, es gibt zwei Klassen von Ängsten?

- die einen werden von Religion erzeugt und bewältigt.
- die anderen gibt es unabhängig von Religion und werden von Religion weder behandelt noch bewältigt.
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smallie
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Beitrag(#2173691) Verfasst am: 07.04.2019, 14:47    Titel: Antworten mit Zitat

Um das Thema nicht ganz aus den Augen zu verlieren:

fwo hat folgendes geschrieben:
@ smallie: Ich versuche es kurz zu machen, indem ich mich auf die für mich wesentlichen Unterschiede konzentriere

Dann mach ich es auch kurz. Pfeifen


Es gibt einen kleinen, aber deutlichen Sexualdiphormismus beim Menschen. Ist er Resultat natürlicher oder sexueller Selektion?

Weiter heißt es, Frauen sein religiöser als Männer. Stimmt das? Falls ja, warum?
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AdvocatusDiaboli
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Beitrag(#2173692) Verfasst am: 07.04.2019, 14:52    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
....
Würstchen-Sein kann erträglicher werden.

Für naive Konfirmandenchristen, bei denen die religiöse Sozialisation erfolgreich war. So beschreibt er sich ja selbst.

Da sehe ich auch keinen Widerspruch, weder zu Intelligenz, noch zur Rolle des Naturwissenschaftlers, wenn man sie so ausübt, wie er das tut.

Naja. Sätze wie diese halte ich für ziemlich ignorant:

Lesch hat folgendes geschrieben:
Unser christliches Gottesbild ist ja ein sehr personales, dem ich persönlich auch anhänge, weil ich glaube, dass wir Menschen uns nichts anderes vorstellen können :als einen personalen Gott. Wir könnten uns keine rumwabernde kosmische Energie vorstellen, die zwar den Kosmos geschaffen hat, aber mit meinem Schicksal gar nichts zu tun hat.

Lesch sollte etwas über den Tellerrand der judäo-christlich-muslimischen Überlieferung schauen. Dann würde er feststellen, daß es Religionen ohne (personalen) Gott gibt.

Außerdem stoße ich mich an der "rumwabernden Energie". Das ist mir zu wabrig. Es geht doch darum, die Regeln dingfest zu machen, nach denen Energie herumwabert. Im Sprachgebrauch von Lesch wären verschiedene Religionen dann auch nur wabernde Energiefelder und man könnte nicht sagen, was die Religionen unterscheidet, was sie gemeinsam haben und warum es zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten immer wieder andere Religionen gab.




fwo hat folgendes geschrieben:
Die Religion bietet autosuggestive Methoden zur Bewältigung der Ängste, die sie selbst erzeugt.

Das heißt, es gibt zwei Klassen von Ängsten?

- die einen werden von Religion erzeugt und bewältigt.
- die anderen gibt es unabhängig von Religion und werden von Religion weder behandelt noch bewältigt.


Nein. Wenn die Religion sich darin als erfolgreich erweist Ängste zu bewältigen, die erst durch sie entstehen oder für die sie konstruiert ist - vor allem und am stärksten: Der Tod - so wird die Religion auch als kompetent erscheinen andere, weniger starke Ängste zu bewältigen. Religion ist ein mächtiger Trostanker, der durch Gebete einen „magischen“ Schutzfaktor bietet, der trotz aller Irrealität stärker ist als alles Menschliche.
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Triggerwarnung: Der toxische Addi hat gepostet. Oh, zu spät, Sie haben das schon gelesen.
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fwo
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Beitrag(#2173695) Verfasst am: 07.04.2019, 15:28    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
...

fwo hat folgendes geschrieben:
Die Religion bietet autosuggestive Methoden zur Bewältigung der Ängste, die sie selbst erzeugt.

Das heißt, es gibt zwei Klassen von Ängsten?

- die einen werden von Religion erzeugt und bewältigt.
- die anderen gibt es unabhängig von Religion und werden von Religion weder behandelt noch bewältigt.

Das ist das, was meine Zuspitzung ausdrückt.
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Beitrag(#2173697) Verfasst am: 07.04.2019, 15:29    Titel: Antworten mit Zitat

AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
...
fwo hat folgendes geschrieben:
Die Religion bietet autosuggestive Methoden zur Bewältigung der Ängste, die sie selbst erzeugt.

Das heißt, es gibt zwei Klassen von Ängsten?

- die einen werden von Religion erzeugt und bewältigt.
- die anderen gibt es unabhängig von Religion und werden von Religion weder behandelt noch bewältigt.


Nein. Wenn die Religion sich darin als erfolgreich erweist Ängste zu bewältigen, die erst durch sie entstehen oder für die sie konstruiert ist - vor allem und am stärksten: Der Tod - so wird die Religion auch als kompetent erscheinen andere, weniger starke Ängste zu bewältigen. Religion ist ein mächtiger Trostanker, der durch Gebete einen „magischen“ Schutzfaktor bietet, der trotz aller Irrealität stärker ist als alles Menschliche.

Religion ist also unmenschlich?

Zitate gerichtet. Mobienne.
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Beitrag(#2173698) Verfasst am: 07.04.2019, 15:41    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Um das Thema nicht ganz aus den Augen zu verlieren:

fwo hat folgendes geschrieben:
@ smallie: Ich versuche es kurz zu machen, indem ich mich auf die für mich wesentlichen Unterschiede konzentriere

Dann mach ich es auch kurz. Pfeifen


Es gibt einen kleinen, aber deutlichen Sexualdiphormismus beim Menschen. Ist er Resultat natürlicher oder sexueller Selektion?

Weiter heißt es, Frauen sein religiöser als Männer. Stimmt das? Falls ja, warum?

Mann, hast Du ein Glück, dass ich gerade keine Zeit habe, nicht mal für den Versuch, mich kurz zu fassen.

Warum schließen sich natürlich und sexuelle Selektion eigentlich aus?

Edukir hat für mich eindeutig gezeigt, dass die männliche Figur eine Anpassung an das Werfen darstellt - und wir können davon ausgehen, dass es damals keine olympischen Spiele gab, um den besten Werfer als obersten Befruchter zu küren. Dann sollten wir davon ausgehen, dass die Frauen an der typisch männlichen Y-Figur die wurfstärksten Männchen und damit erfolgversprechendsten Jäger erkannt haben. Wo ist da das Problem?

Dass Frauen religiöser sind, sagen nach meiner Erinnerung einige Untersuchungen aber da werde ich nochmal nachsehen. Es könnte etwas mit der prinzipiell konservativen Mutterrolle zu tun haben. Es sind auch wesentlich die Frauen, die den Kindern das Sprechen beibringen.
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