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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#2180988) Verfasst am: 15.06.2019, 09:23    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Das sind keine Übersimplifizierungen, sondern die praktischen Folgen, wenn man für so ein Gesetz stimmt.


Ich glaube, das ist nicht zu Ende gedacht. Die praktischen Folgen wären keineswegs unbedingt eine Reduzierung der Beschneidungen.

Die praktische Folge auch nur des Versuchs, ein solches gesetzliches Beschneidungsverbot zu beschließen, hätte einen Riesenaufstand erzeugt von Seiten der Juden ebenso wie von Seiten der Moslems. Ansätze dazu waren ja bereits sichtbar. Beide Gruppen haben einen Zusammenhang hergestellt zwischen dem Recht auf Beschneidung und ihrer Religionsausübung. Das Ergebnis war ein politischer Druck, der für eine deutsche Regierung schlicht nicht auszuhalten ist. Da kann man noch so viele gute Gründe anführen. Vor dem Aufschrei, nun sei zum zweiten Mal jüdisches Leben in Deutschland nicht mehr möglich, wird jede deutsche Regierung einknicken. Das braucht man gar nicht zu bewerten, das ist einfach eine politische Realität.
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"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

Friedrich Nietzsche
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#2180989) Verfasst am: 15.06.2019, 09:26    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Vor dem Aufschrei, nun sei zum zweiten Mal jüdisches Leben in Deutschland nicht mehr möglich, wird jede deutsche Regierung einknicken. Das braucht man gar nicht zu bewerten, das ist einfach eine politische Realität.


Doch, das kann man auch bewerten. Das ist hochmanipulativ, pure emotionale Erpressung.
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#2180990) Verfasst am: 15.06.2019, 10:07    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Vor dem Aufschrei, nun sei zum zweiten Mal jüdisches Leben in Deutschland nicht mehr möglich, wird jede deutsche Regierung einknicken. Das braucht man gar nicht zu bewerten, das ist einfach eine politische Realität.

Doch, das kann man auch bewerten. Das ist hochmanipulativ, pure emotionale Erpressung.

Lesen, Kramer, Lesen! Ich habe nicht geschrieben, daß man das nicht bewerten kann, sondern daß man es nicht muß. Und ja, gerade Erpressungen sind eine hochwirksame politische Realität.
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#2180991) Verfasst am: 15.06.2019, 10:13    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Lesen, Kramer, Lesen! Ich habe nicht geschrieben, daß man das nicht bewerten kann, sondern daß man es nicht muß.


Wärst Du ein wenig klüger, hättest Du wohl verstanden, dass ich dem widersprochen habe.
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fwo
Caterpillar D9



Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 25826
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#2180992) Verfasst am: 15.06.2019, 10:30    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Das sind keine Übersimplifizierungen, sondern die praktischen Folgen, wenn man für so ein Gesetz stimmt.


Ich glaube, das ist nicht zu Ende gedacht. Die praktischen Folgen wären keineswegs unbedingt eine Reduzierung der Beschneidungen.

Die praktische Folge auch nur des Versuchs, ein solches gesetzliches Beschneidungsverbot zu beschließen, hätte einen Riesenaufstand erzeugt von Seiten der Juden ebenso wie von Seiten der Moslems. Ansätze dazu waren ja bereits sichtbar. Beide Gruppen haben einen Zusammenhang hergestellt zwischen dem Recht auf Beschneidung und ihrer Religionsausübung. Das Ergebnis war ein politischer Druck, der für eine deutsche Regierung schlicht nicht auszuhalten ist. Da kann man noch so viele gute Gründe anführen. Vor dem Aufschrei, nun sei zum zweiten Mal jüdisches Leben in Deutschland nicht mehr möglich, wird jede deutsche Regierung einknicken. Das braucht man gar nicht zu bewerten, das ist einfach eine politische Realität.

Es wäre ziemlich unmöglich gewesen, das von heute auf morgen zu verbieten. Da hätte man eine 10-jährige? Frist setzen können, wie man auch das Prügeln durch die Eltern nicht von heute auf morgen verboten hat - wenn ich mich richtig erinnere, bekamen beim Thema Prügel in Bayern sogar die arg gebeutelten Lehrer ein Verlängerungsfrist Lachen

Du hast offensichtlich recht damit, dass diese Regierung das nicht stehen konnte. Dass keine das stehen wird, glaube ich nicht. Ich schätze, dass AfD und Identitäre gerne in diese Bresche springen werden - und sich damit auch noch als Humanisten verkaufen können.
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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step
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Beiträge: 22767
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Beitrag(#2180994) Verfasst am: 15.06.2019, 10:49    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer an zelig hat folgendes geschrieben:
Es geht doch um das Argument, dass ein Verbot der Beschneidung von Jungen dazu führen würde, dass die Beschneidungen im Extremfall in igendwelchen Hinterzimmern unter ungeeigneten Bedingungen durchgeführt werden. Wenn das ein Argument gegen ein Beschneidungsverbot bei Jungen sein soll, dann sehe ich keinen Grund, warum das nicht auch für das Beschneidungsverbot von Mädchen gelten sollte.

Dazu eine Bemerkung: In der Praxis ist es wohl häufig so, daß bei bekanntgewordener akuter Gefahr für ein Mädchen (etwa aus einer somalischstämmigen Familie in Deutschland) dieses Mädchen nicht präventiv von seiner Familie getrennt wird und letztlich auch eine Beschneidungsreise ins Ausland (strafbar) nicht verhindert wird. Es wird meist wohl nur das Jugendamt eingeschaltet, das versucht, die Eltern mittels Aufklärung von dem Plan abzubringen. Die Begründungen für dieses vergleichsweise defensive Vorgehen klingen ganz ähnlich wie in der Diskussion um Knabenbeschneidung - es werden die Konsequenzen für alle Beteiligten abgewogen.

Mangels Beweisen ist eine Verurteilung, etwa nach Beschneidung im Ausland, in D noch nie vorgekommen, soweit mir bekannt.
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step
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Beitrag(#2180995) Verfasst am: 15.06.2019, 11:00    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Ich schätze, dass AfD und Identitäre gerne in diese Bresche springen werden - und sich damit auch noch als Humanisten verkaufen können.

Ja, und als erstes werden bei denen aus Verbotsgegnern Beschneidungsbefürworter und dann Kinderquäler.

zelig hat folgendes geschrieben:
Ich finde es muss unbedingt möglich bleiben, zwischen Verbot, Ablehnung, Tolerierung und Zustimmung zu differenzieren. Und zwar in erster Linie, um überhaupt im Gespräch bleiben zu können.

Sehe ich ebenso. Wenn man solche Differenzierungen nicht macht, kann man zudem gar nicht über komplexere ethische Fragen diskutieren, in denen Abwägungen eine Rolle spielen.
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Kramer
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Beitrag(#2180998) Verfasst am: 15.06.2019, 11:14    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

Sehe ich ebenso. Wenn man solche Differenzierungen nicht macht, kann man zudem gar nicht über komplexere ethische Fragen diskutieren, in denen Abwägungen eine Rolle spielen.


Die Beschneidungsfrage ist nicht komplex. Die Lage ist eigentlich glasklar. Wer etwas anderes suggeriert, tut das auf dem Rücken der betroffenen Kinder und disqualifiziert sich als ernstzunehmender Gesprächspartner.
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Lebensnebel
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Beitrag(#2180999) Verfasst am: 15.06.2019, 11:28    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

Ja, und als erstes werden bei denen aus Verbotsgegnern Beschneidungsbefürworter und dann Kinderquäler.



Verbotsgegner ist der falsche Ausdruck, Zur Erinnerung: Ein Kölner Gericht hatte eine Beschneidung als Körperverletzung gewertet. Kurz danach traten diverse Leute u.a. Volker Beck auf die Bühne, die erklärten, dass dies so nicht gehe und man ein Gesetz brauche, das die Beschneidung ausdrückliuch erlaube.
Beschneidungsbefürworter ist da ein angemessener Ausdruck.
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step
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Beitrag(#2181000) Verfasst am: 15.06.2019, 11:38    Titel: Antworten mit Zitat

Lebensnebel hat folgendes geschrieben:
Beschneidungsbefürworter ist da ein angemessener Ausdruck.

Ein Beschneidungsbefürworter wäre jemand, der es begrüßen würde, wenn mehr Kinder beschnitten würden. So wie ein Abtreibungsbefürworter jemand wäre, der es begrüßen würde, wenn mehr abgetrieben würde.

"Beschneidungserlaubnisbefürworter" würde ich noch durchgehen lassen.
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Kramer
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Beiträge: 30878

Beitrag(#2181002) Verfasst am: 15.06.2019, 11:43    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

Ein Beschneidungsbefürworter wäre jemand, der es begrüßen würde, wenn mehr Kinder beschnitten würden.



Genau das tun doch "Beschneidungserlaubnisbefürworter". Jedes Kind, das aufgrund dieser Erlaubis beschnitten wird, ist ein Kind mehr, das beschnitten wird.
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#2181007) Verfasst am: 15.06.2019, 12:01    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Kramer an zelig hat folgendes geschrieben:
Es geht doch um das Argument, dass ein Verbot der Beschneidung von Jungen dazu führen würde, dass die Beschneidungen im Extremfall in igendwelchen Hinterzimmern unter ungeeigneten Bedingungen durchgeführt werden. Wenn das ein Argument gegen ein Beschneidungsverbot bei Jungen sein soll, dann sehe ich keinen Grund, warum das nicht auch für das Beschneidungsverbot von Mädchen gelten sollte.

Dazu eine Bemerkung: In der Praxis ist es wohl häufig so, daß bei bekanntgewordener akuter Gefahr für ein Mädchen (etwa aus einer somalischstämmigen Familie in Deutschland) dieses Mädchen nicht präventiv von seiner Familie getrennt wird und letztlich auch eine Beschneidungsreise ins Ausland (strafbar) nicht verhindert wird. Es wird meist wohl nur das Jugendamt eingeschaltet, das versucht, die Eltern mittels Aufklärung von dem Plan abzubringen. Die Begründungen für dieses vergleichsweise defensive Vorgehen klingen ganz ähnlich wie in der Diskussion um Knabenbeschneidung - es werden die Konsequenzen für alle Beteiligten abgewogen.

Mangels Beweisen ist eine Verurteilung, etwa nach Beschneidung im Ausland, in D noch nie vorgekommen, soweit mir bekannt.


Immerhin wird etwas getan, wenn es um die Beschneidung von Mädchen geht. Das ist immer noch mehr, als gar nichts zu tun oder Gesetze zu erlassen, die die betroffenen Kinder völlig schutzlos zurück lassen.

Die Begründung - wenn die Angabe zutreffend ist -, dass man die Konsequenzen für alle Beteiligten abgewogen hat, zeigt aber, wie mutlos der Staat auch bei der weiblichen Genitalbeschneidung noch vorgeht. Die Familien scheinen ja in manchen Fällen einen ziemlichen Aufwand nicht zu scheuen, um ihren Töchtern entgegen dem Rat von Behörden, Ärzten und anderen einen erheblichen körperlichen Schaden und intensive Schmerzen zuzufügen. Ich finde, da stellt sich schon die Frage, ob das ein Umfeld ist, in dem Kinder sicher und angstfrei aufwachsen können. Es wurden schon Kinder wegen weniger drastischer Gefahren von ihren Eltern getrennt.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
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Beitrag(#2181011) Verfasst am: 15.06.2019, 12:33    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Die Begründung - wenn die Angabe zutreffend ist -, dass man die Konsequenzen für alle Beteiligten abgewogen hat, zeigt aber, wie mutlos der Staat auch bei der weiblichen Genitalbeschneidung noch vorgeht.

Das zeigt ja erstmal keine Mutlosigkeit, sondern Abwägung. Leider wird auch das häufig verwechselt.

Kramer hat folgendes geschrieben:
Die Familien scheinen ja in manchen Fällen einen ziemlichen Aufwand nicht zu scheuen, um ihren Töchtern entgegen dem Rat von Behörden, Ärzten und anderen einen erheblichen körperlichen Schaden und intensive Schmerzen zuzufügen.

Ja, so etwas kommt vor. Auch wenn ich das persönlich absurd finde, diese Familien glauben fest daran, das Beste für ihre Kinder zu tun. Das hat etwas mit Kultur und Identität zu tun, manche Leute meinen, diese Familien (einschließlich der Töchter) würden noch mehr leiden, wenn wir ihnen die Töchter präventiv wegnähmen.

Kramer hat folgendes geschrieben:
Ich finde, da stellt sich schon die Frage, ob das ein Umfeld ist, in dem Kinder sicher und angstfrei aufwachsen können. Es wurden schon Kinder wegen weniger drastischer Gefahren von ihren Eltern getrennt.

Ich stimme explizit zu, daß man sich diese Frage stellen muß. Es gibt auch gute Argumente für ein offensiveres Vorgehen und ich finde es legitim, dafür zu plädieren. Und ja, die Vorgehenspraxis und oft auch die Gesetzeslage bzw. -auslegung ist teilweise widersprüchlich und irrational. Trotzdem versucht man es derzeit in der Praxis eher defensiv, also mit Aufklärung, Fokus auf die 2. Einwanderergeneration usw.
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#2181013) Verfasst am: 15.06.2019, 12:43    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
Die Begründung - wenn die Angabe zutreffend ist -, dass man die Konsequenzen für alle Beteiligten abgewogen hat, zeigt aber, wie mutlos der Staat auch bei der weiblichen Genitalbeschneidung noch vorgeht.

Das zeigt ja erstmal keine Mutlosigkeit, sondern Abwägung. Leider wird auch das häufig verwechselt.


Nein, ich verwechsele da nichts. Ich treffe eine Bewertung. Die magst Du nicht teilen, aber unterstelle mir deshalb nicht, ich würde irgendetwas verwechseln.

Wenn hier etwas verwechselt dann, dann ist es eher die Haltung, die man als unabhängiger Teilnehmer im politischen Diskurs vertritt mit der Kompromissbereitschaft von Realpolitikern. Kompromissbereitschaft ist erst gefragt, wenn man an den Verhandlungstisch geht, nicht im Vorfeld, wenn es darum geht, die eigene Verhandlungsposition zu bestimmen. Denn wer den Kompromiss schon in seine Forderungen mit einrechnet, erhält am Ende oft weniger, als möglich gewesen wäre. Zumal man ohnehin sehr knauserig mit Kompromissen sein sollte, wenn es um die Grundrechte von Kindern geht.
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zelig
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Beitrag(#2181014) Verfasst am: 15.06.2019, 12:46    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Das sind keine Übersimplifizierungen, sondern die praktischen Folgen, wenn man für so ein Gesetz stimmt.


Ich glaube, das ist nicht zu Ende gedacht. Die praktischen Folgen wären keineswegs unbedingt eine Reduzierung der Beschneidungen.

Nicht von heute auf morgen - deshalb wäre es auch kontraproduktiv, gleich mit Strafen zu arbeiten. Aber auf Dauer wird es sich bemerkbar machen, ob Du weißt, dass die Gesellschaft das, was Du da tust, gutheißt oder missbilligt. Das ist genau das selbe Problem wie bei der Gewalt in der Erziehung. Aber man konnte sich in diesem Fall, der sehr viel weitergeht als eine Maulschelle, nicht einmal zu einer Missbilligung aufraffen.

Diese Kultur vergisst aus der Angst, fremdenfeindlich zu wirken, ihre eigenen Werte und wundert sich dann, wenn andere diese Schwäche nutzen, um diese Werte auf ihre Drecksfahne zu setzen.

Es ist nicht nur schwach, es ist auch aus demokratischer Sicht ausgesprochen dämlich.

btw: mit den praktischen Folgen waren die praktischen Folgen dieses Gesetzes gemeint. Und die bestehen darin, dass sich bei den Beschneidungen nichts geändert hat. Was willst Du da noch zu Ende denken?


Ich glaube, daß der Topos "aus der Angst, fremdenfeindlich zu wirken" insofern ins Leere läuft, als daß die Diskussion bereits in einer Verganenheit anhob, in der er noch nicht existierte.
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Kramer
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Beiträge: 30878

Beitrag(#2181015) Verfasst am: 15.06.2019, 12:49    Titel: Antworten mit Zitat

Ist es nicht die Angst davor, dass die eigenen Kinder zu Fremden werden könnten, die Eltern dazu bringt, ihre Kinder zu beschneiden?
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zelig
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Beitrag(#2181018) Verfasst am: 15.06.2019, 13:04    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Ist es nicht die Angst davor, dass die eigenen Kinder zu Fremden werden könnten, die Eltern dazu bringt, ihre Kinder zu beschneiden?


Letztlich ja. Die Angst darin zu versagen, die eigene Tradition zu vermitteln.
Im Kleinen kennt das fast jede/r. Wir hatten hier auch schon Diskussionen über die gewollte/ungewollte Religiosität von Kindern - in Abweichung von ihren Eltern.

Wahrscheinlich macht es die kulturelle Entwurzelung bei Flüchtlingen zB noch viel dramatischer, wenn ihre Kinder eigene Wege gehen. Irgendwie auch nachvollziehbar, finde ich.
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step
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Beitrag(#2181019) Verfasst am: 15.06.2019, 13:08    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Ist es nicht die Angst davor, dass die eigenen Kinder zu Fremden werden könnten, die Eltern dazu bringt, ihre Kinder zu beschneiden?

Ja, das könnte ein Element sein. Soweit mir bekannt, ist es je nach Kultur unterschiedlich und vielfältig:
- Initiation als vollwertiges Gemeinschaftsmitglied
- Schutz vor Verstoßung durch die Gemeinschaft
- religiöse Gebote (oder was dafür gehalten wird)
- kulturelle Identität, Verpflichtung gegenüber weitergegebenen Traditionen, Vorvätern, Ahnen usw.
- Abgrenzung als Gruppe, speziell bei kleineren Gruppen in der Diaspora
- wirtschaftliche Gründe (Heiratsmarkt, Beschneidereinkünfte etc.)
- patriarchalische Gründe
- (ursprünglich) hygienische Gründe
- ...
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#2181020) Verfasst am: 15.06.2019, 13:16    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Wenn hier etwas verwechselt dann, dann ist es eher die Haltung, die man als unabhängiger Teilnehmer im politischen Diskurs vertritt mit der Kompromissbereitschaft von Realpolitikern. Kompromissbereitschaft ist erst gefragt, wenn man an den Verhandlungstisch geht, nicht im Vorfeld, wenn es darum geht, die eigene Verhandlungsposition zu bestimmen.

Könnte es sein, daß Du schon wieder etwas verwechslst? Unabhängig von Kompromissen in der Realpolitik ist häufig bereits für die Bestimmung der eigenen Position eine Abwägung angezeigt, außer natürlich bei Fundamentalisten. Und die eigene Position ist auch nicht immer dasslebe wie die eigene Verhandlungsposition, aber das muß ich Dir vermutlich nicht erklären zwinkern

Kramer hat folgendes geschrieben:
... Zumal man ohnehin sehr knauserig mit Kompromissen sein sollte, wenn es um die Grundrechte von Kindern geht.

Da wird kaum jemand widersprechen, und ich würde mich tatsächlich als langjährigen Kämpfer für mehr Kinderrechte bezeichnen. Aber slebst da gibt es abzuwägende Fälle, etwa bei den sogenannten "ungeborenen Kindern".
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Kramer
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Beitrag(#2181022) Verfasst am: 15.06.2019, 13:23    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
Ist es nicht die Angst davor, dass die eigenen Kinder zu Fremden werden könnten, die Eltern dazu bringt, ihre Kinder zu beschneiden?


Letztlich ja. Die Angst darin zu versagen, die eigene Tradition zu vermitteln.


Ja, aber vor wem habe die da Angst? Wen, glauben sie, haben sie damit enttäuscht? Zu einem Teil sich selbst, ihre eigenen Erwartungen. Aber wohl auch diejenigen, von denen sie diese Erwartung geerbt haben. Sie haben von ihren Eltern eine Tradition geerbt und mit ihr die Verpflichtung, sie an die nächste Generation weiter zu geben. Wenn diese Tradition sich aber nicht selber trägt, wenn sie Zwangsmassnahmen braucht, um zu überleben, was ist sie dann mehr, als tradierte Angst?
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Kramer
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Beiträge: 30878

Beitrag(#2181024) Verfasst am: 15.06.2019, 13:27    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Unabhängig von Kompromissen in der Realpolitik ist häufig bereits für die Bestimmung der eigenen Position eine Abwägung angezeigt, außer natürlich bei Fundamentalisten.


Wenn es um Menschenrechte geht, bin ich wahrscheinlich so etwas wie ein Fundamentalist. Ich finde das nicht schlimm. Schlimm finde ich Menschen, die das nicht sind.
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Kramer
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Beiträge: 30878

Beitrag(#2181027) Verfasst am: 15.06.2019, 13:38    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
Ist es nicht die Angst davor, dass die eigenen Kinder zu Fremden werden könnten, die Eltern dazu bringt, ihre Kinder zu beschneiden?

Ja, das könnte ein Element sein. Soweit mir bekannt, ist es je nach Kultur unterschiedlich und vielfältig:
- Initiation als vollwertiges Gemeinschaftsmitglied
- Schutz vor Verstoßung durch die Gemeinschaft
- religiöse Gebote (oder was dafür gehalten wird)
- kulturelle Identität, Verpflichtung gegenüber weitergegebenen Traditionen, Vorvätern, Ahnen usw.
- Abgrenzung als Gruppe, speziell bei kleineren Gruppen in der Diaspora
- wirtschaftliche Gründe (Heiratsmarkt, Beschneidereinkünfte etc.)
- patriarchalische Gründe
- (ursprünglich) hygienische Gründe
- ...


Das sind alles keine besonders attraktiven Gründe.
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zelig
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Beiträge: 25404

Beitrag(#2181028) Verfasst am: 15.06.2019, 13:38    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
...ich nehme aber wohlwollend zur Kenntnis, dass Du auch bei Jungen von Verstümmelung sprichst.


Dazu möchte ich noch sagen, daß ich einen beschnittenen Mann, der mit sich im Reinen ist, niemals als verstümmelt bezeichnen würde. Wie siehst du das?
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Beitrag(#2181029) Verfasst am: 15.06.2019, 13:38    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Das sind keine Übersimplifizierungen, sondern die praktischen Folgen, wenn man für so ein Gesetz stimmt.


Ich glaube, das ist nicht zu Ende gedacht. Die praktischen Folgen wären keineswegs unbedingt eine Reduzierung der Beschneidungen.

Nicht von heute auf morgen - deshalb wäre es auch kontraproduktiv, gleich mit Strafen zu arbeiten. Aber auf Dauer wird es sich bemerkbar machen, ob Du weißt, dass die Gesellschaft das, was Du da tust, gutheißt oder missbilligt. Das ist genau das selbe Problem wie bei der Gewalt in der Erziehung. Aber man konnte sich in diesem Fall, der sehr viel weitergeht als eine Maulschelle, nicht einmal zu einer Missbilligung aufraffen.

Diese Kultur vergisst aus der Angst, fremdenfeindlich zu wirken, ihre eigenen Werte und wundert sich dann, wenn andere diese Schwäche nutzen, um diese Werte auf ihre Drecksfahne zu setzen.

Es ist nicht nur schwach, es ist auch aus demokratischer Sicht ausgesprochen dämlich.

btw: mit den praktischen Folgen waren die praktischen Folgen dieses Gesetzes gemeint. Und die bestehen darin, dass sich bei den Beschneidungen nichts geändert hat. Was willst Du da noch zu Ende denken?


Ich glaube, daß der Topos "aus der Angst, fremdenfeindlich zu wirken" insofern ins Leere läuft, als daß die Diskussion bereits in einer Verganenheit anhob, in der er noch nicht existierte.

Damit wird nichts Bewusstes angesprochen, insofern ist es ziemlich egal, ob das als Topos existent war. Die soziologische Veröffentlichung, in der diese Vermutung für bestimmte Haltungen zu Minderheiten ausgesprochen wurde, dürfte auch schon über 10 Jahre alt sein.
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Beitrag(#2181030) Verfasst am: 15.06.2019, 13:39    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
Ist es nicht die Angst davor, dass die eigenen Kinder zu Fremden werden könnten, die Eltern dazu bringt, ihre Kinder zu beschneiden?


Letztlich ja. Die Angst darin zu versagen, die eigene Tradition zu vermitteln.


Ja, aber vor wem habe die da Angst? Wen, glauben sie, haben sie damit enttäuscht? Zu einem Teil sich selbst, ihre eigenen Erwartungen. Aber wohl auch diejenigen, von denen sie diese Erwartung geerbt haben. Sie haben von ihren Eltern eine Tradition geerbt und mit ihr die Verpflichtung, sie an die nächste Generation weiter zu geben. Wenn diese Tradition sich aber nicht selber trägt, wenn sie Zwangsmassnahmen braucht, um zu überleben, was ist sie dann mehr, als tradierte Angst?


Klar ist das alles internalsiert. Das macht es ja so schwierig. Für jeden von uns.
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Beitrag(#2181032) Verfasst am: 15.06.2019, 13:51    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
Ist es nicht die Angst davor, dass die eigenen Kinder zu Fremden werden könnten, die Eltern dazu bringt, ihre Kinder zu beschneiden?

Ja, das könnte ein Element sein. Soweit mir bekannt, ist es je nach Kultur unterschiedlich und vielfältig:
- Initiation als vollwertiges Gemeinschaftsmitglied
- Schutz vor Verstoßung durch die Gemeinschaft
- religiöse Gebote (oder was dafür gehalten wird)
- kulturelle Identität, Verpflichtung gegenüber weitergegebenen Traditionen, Vorvätern, Ahnen usw.
- Abgrenzung als Gruppe, speziell bei kleineren Gruppen in der Diaspora
- wirtschaftliche Gründe (Heiratsmarkt, Beschneidereinkünfte etc.)
- patriarchalische Gründe
- (ursprünglich) hygienische Gründe
- ...


Das sind alles keine besonders attraktiven Gründe.

Aus meiner Sicht ebensowenig. Sie können natürlich trotzdem als sehr starke Treiber empfunden werden.

Daher taugen diese Gründe zwar als kontingente, ernstzunehmende Motivatoren, nicht aber als Argumente in einer universellen, aufgeklärten Ethik (*). Die Frage, wie man diese Motivatoren wegbekommt, ist u.a. eine der Verhältnismäßigkeit der Mittel.

(*) Diese Haltung wird übrigens von bestimmten Denkschulen selbst wiederum als rassistisch angesehen, was allerdings nicht meine Ansicht ist.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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fwo
Caterpillar D9



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Beitrag(#2181033) Verfasst am: 15.06.2019, 13:52    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
Ist es nicht die Angst davor, dass die eigenen Kinder zu Fremden werden könnten, die Eltern dazu bringt, ihre Kinder zu beschneiden?


Letztlich ja. Die Angst darin zu versagen, die eigene Tradition zu vermitteln.


Ja, aber vor wem habe die da Angst? Wen, glauben sie, haben sie damit enttäuscht? Zu einem Teil sich selbst, ihre eigenen Erwartungen. Aber wohl auch diejenigen, von denen sie diese Erwartung geerbt haben. Sie haben von ihren Eltern eine Tradition geerbt und mit ihr die Verpflichtung, sie an die nächste Generation weiter zu geben. Wenn diese Tradition sich aber nicht selber trägt, wenn sie Zwangsmassnahmen braucht, um zu überleben, was ist sie dann mehr, als tradierte Angst?

Ich vermute, dass es genau das Thema ist, das von Alice Miller beackert wurde. Dazu passt auch, dass die heftigste Verteidigung der Mädchenbeschneidung von den beschnittenen Müttern ausging, die doch eigentlich wissen sollten, was sie ihren Töchtern damit antun.

Aber sich an die eigenen kindlichen Qualen zu erinnern, ist zum einen ein sich Zurückversetzen in diese Situation und zum anderen ein Wahrnehmen der Eltern als bedrohlich in dieser Situation, und damit letztlich eine Bedrohung der eigenen Existenz - so Miller frei erinnert.

Was da also bei den Eltern passiert ist ein Selbstschutz durch die Inschutznahme der eigenen Eltern.

Das ist der Mechanismus, mit dem die unterschiedlichsten kindliche Qualen "vererbt" werden - auch die Prügelstrafe wurde/wird ja immer gern damit begründet, dass sie einem selbst ja auch nicht geschadet hätte. Das Eingeständnis des Schadens wäre eine Anklage gegen die Eltern.

Was Du aufzählst, sehe ich als Rationalisierungen zu diesem Thema.
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vrolijke
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Beitrag(#2181034) Verfasst am: 15.06.2019, 13:58    Titel: Antworten mit Zitat

Es gibt Kulturen; und auch in unseren Kulturkreis ist es noch gar nicht so lange her; da ist es unvorstellbar, dass der Staat sich in familiäre Angelegenheiten einmischt. Da haben sich noch nicht alle drann gewöhnt.
Der Staat könnte ruhig mal Stirn zeigen, dass das nun mal Fakt ist.
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Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.

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Kramer
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Beiträge: 30878

Beitrag(#2181035) Verfasst am: 15.06.2019, 14:01    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
...ich nehme aber wohlwollend zur Kenntnis, dass Du auch bei Jungen von Verstümmelung sprichst.


Dazu möchte ich noch sagen, daß ich einen beschnittenen Mann, der mit sich im Reinen ist, niemals als verstümmelt bezeichnen würde. Wie siehst du das?


Ich würde auch einen Ganzkörpertätowierten und -gepiercten, der mit sich im Reinen ist, nicht als verunstaltet bezeichnen. Das ändert aber nichts daran, dass es als Verunstaltung gilt, wenn man so etwas ohne die Einwilligung des Betroffenen an jemanden vornehmen würde. Sollte man das (also so eine Ganzkörperverunstaltung) an Kindern praktizieren, dann wäre denen zu wünschen, dass sie als Erwachsene mit sich im Reinen sind. Zu dem "mit sich im Reinen sein" würde aber für mich auch gehören, dass sie sich nicht als lebendes Beispiel dafür sehen, dass das alles nicht so schlimm und gar kein Problem für andere Betroffene ist.
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Kramer
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Beiträge: 30878

Beitrag(#2181039) Verfasst am: 15.06.2019, 14:18    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:

Ich vermute, dass es genau das Thema ist, das von Alice Miller beackert wurde. Dazu passt auch, dass die heftigste Verteidigung der Mädchenbeschneidung von den beschnittenen Müttern ausging, die doch eigentlich wissen sollten, was sie ihren Töchtern damit antun.


Das ist ein interessanter Aspekt. Die wahrscheinlich stärkste menschliche Bindung ist die zwischen Eltern und ihren Kindern - speziell die zwischen Mutter und Kind. Wenn Stammesführer, Könige, Herrscher, Kleriker usw. es schaffen, dass die Menschen diese Bindung zugunsten ihrer Loyalität gegenüber der Herrscherkaste verraten, dann haben sie wohl das höchstmögliche Mass an Kontrolle über ihre Untertanen erreicht - und zugleich den Grundstein dafür gelegt, dass diese Loyalität auch weiterhin tradiert wird.
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