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Hoffnung für Schrödingers Katze
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
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Beitrag(#2183787) Verfasst am: 17.07.2019, 09:59    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Eine (nützliche) Definition enthält also eine Theorie über die Welt, hier ein Konzept von Temperatur.
Bei messbaren physikalischen Quantitäten mag eine operationale Definition nützlich sein; aber bei einem allgemeinen ontologischen (und nicht physikalischen) Begriff wie "Realität" oder "Wirklichkeit" ist das nicht so, und es sollte auch nicht so sein!

Durch Deine (!) Wahl dieses physikalischen Beispiels mit operationalisierbarer Definition in Deinem Zitat wolltest Du bzw. der Autor suggerieren, daß auch ontologische Begriffe sinnvoll definierbar seien. Diesen Trick verbaust Du nun selbst, indem Du behauptest, Definitionen ontologischer Begriffe seien niemals operational. Damit stehen wir aber wieder da, wo wir vorher standen: Du kannst keine nicht selbstbezügliche Definition davon angeben, was Du unter "real" oder "wirklich" verstehst.

Ich dagegen habe Beispiele gegeben, wie man versuchen kann, "real" zu operationalisieren und damit aus der metaphysischen Sphäre in die wohldefinierte zu holen. Die Alternative wäre, in der Philosophie ganz auf diesen Begriff zu verzichten, außer wenn klar ist, daß es um den intuitiv-naiven Alltagsrealismus geht.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
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Beitrag(#2183791) Verfasst am: 17.07.2019, 10:28    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Die Viele-Welten-Interpretation sieht wie eine physikalische Theorie ohne physikalische Ontologie aus

Das kann man so sehen, stört aber nicht weiter. Im Gegenteil, es ist eine schöne Bestätigung, daß die MWI ontologisch sparsamer ist. Es gibt nur die Wellenfunktion, allerdings ist wahrscheinlich, daß eine fundamentalere Wellenfunktion (oder noch etwas ganz Anderes) zugrundeliegt, da die Raumzeit noch nicht vernünftig quantisisert ist. Wir sicher sehr lustig, dann einen Bohm-Ansatz zu versuchen ... String-Trajektorien, hihi.

Myron hat folgendes geschrieben:
"Given how much branching and chaotic mixing of matter there has been since the Big Bang, the reduced density matrix of any region of space-time would be almost completely uniform at all scales. It will display no notable structure at all."

Das ist doch Quatsch. Abgesehen davon wurde die RDM doch gerade eingeführt, um einen Link zur naiven Ontologie zu schaffen.

Myron hat folgendes geschrieben:
"The Many Worlds theorist is forced to discuss the situation at macroscopic scale without reducing it to microscopics. And the relevant discussion at the macroscopic scale—the structures that are supposed to correspond to data reports—will not be sharply defined, since the decoherent branching structure itself is not."

Verstehe ich nicht. Alles in der Wissenschaft Relevante - z.B. Messergebnisse, Berechnungen usw., sind äquivalent bzw. unabhängig von der Interpretation. Daß ich keine vollständige Kenntnis der gesamten Wellenfunktion habe, ist bei Bohm und Copenhagen nicht anders.
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Myron
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Beiträge: 3387

Beitrag(#2183817) Verfasst am: 17.07.2019, 17:23    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Bei messbaren physikalischen Quantitäten mag eine operationale Definition nützlich sein; aber bei einem allgemeinen ontologischen (und nicht physikalischen) Begriff wie "Realität" oder "Wirklichkeit" ist das nicht so, und es sollte auch nicht so sein!

Durch Deine (!) Wahl dieses physikalischen Beispiels mit operationalisierbarer Definition in Deinem Zitat wolltest Du bzw. der Autor suggerieren, daß auch ontologische Begriffe sinnvoll definierbar seien. Diesen Trick verbaust Du nun selbst, indem Du behauptest, Definitionen ontologischer Begriffe seien niemals operational. Damit stehen wir aber wieder da, wo wir vorher standen: Du kannst keine nicht selbstbezügliche Definition davon angeben, was Du unter "real" oder "wirklich" verstehst.
Ich dagegen habe Beispiele gegeben, wie man versuchen kann, "real" zu operationalisieren und damit aus der metaphysischen Sphäre in die wohldefinierte zu holen. Die Alternative wäre, in der Philosophie ganz auf diesen Begriff zu verzichten, außer wenn klar ist, daß es um den intuitiv-naiven Alltagsrealismus geht.


Realität/Wirklichkeit ist keine (messbare) Quantität, und als allgemeine Definitionstheorie ist der Operationalismus unbrauchbar.

Der allgemeine Unterschied zwischen Definitionen als Teil der Semantik und Kriterien als Teil der Epistemik/Methodik bleibt bestehen.

Außerdem habe ich die Wörter "real" und "wirklich" nicht selbstbezüglich, also zirkulär definiert.

"Etwas Wirkliches ist also nicht bloß ein gemeinter ("intentionaler") Gegenstand unseres Denken oder Vorstellens. Entsprechend ist etwas Unwirkliches nichts weiter als ein bloß gemeinter Gegenstand unseres Denkens oder Vorstellens[, der an/für/in sich nichts ist]." – Myron

Was ist daran "selbstbezüglich"?


Zuletzt bearbeitet von Myron am 17.07.2019, 21:03, insgesamt einmal bearbeitet
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3387

Beitrag(#2183818) Verfasst am: 17.07.2019, 17:28    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Die Viele-Welten-Interpretation sieht wie eine physikalische Theorie ohne physikalische Ontologie aus

Das kann man so sehen, stört aber nicht weiter. Im Gegenteil, es ist eine schöne Bestätigung, daß die MWI ontologisch sparsamer ist. Es gibt nur die Wellenfunktion, allerdings ist wahrscheinlich, daß eine fundamentalere Wellenfunktion (oder noch etwas ganz Anderes) zugrundeliegt, da die Raumzeit noch nicht vernünftig quantisisert ist. Wir sicher sehr lustig, dann einen Bohm-Ansatz zu versuchen ... String-Trajektorien, hihi.


Manche Quantenphysiker sehen vor lauter Mathematik die physische Realität nicht mehr!
Es ist absolut absurd, wenn sie behaupten, dass es gar keine konkrete physische Realität, keine physischen Objekte in einem physischen Raum gäbe, sondern nur ein abstraktes mathematisches Objekt in einem abstrakten mathematischen Raum. Ein reduktiver mathematischer Platonismus in der Physik führt diese ad absurdum!
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step
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Beitrag(#2183870) Verfasst am: 18.07.2019, 09:20    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
"Etwas Wirkliches ist also nicht bloß ein gemeinter ("intentionaler") Gegenstand unseres Denken oder Vorstellens. Entsprechend ist etwas Unwirkliches nichts weiter als ein bloß gemeinter Gegenstand unseres Denkens oder Vorstellens[, der an/für/in sich nichts ist]." – Myron

Was ist daran "selbstbezüglich"?

Stimmt, da ist noch nichts selbstbezüglich. Allerdings sagt es ja nur, was "wirklich" nicht ist. Wenn ich versuche, daraus eine Definition zu basteln, kommt so etwas raus wie: "Wirklichkeit ist etwas, das an/für/in sich etwas ist". Und das wäre dann nichtssagend bzw. selbstbezüglich, je nachdem was "an/für/in sich" genau bedeuten soll. Oder vielleicht bedeutet es ja "komplex und autonom"? zwinkern
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step
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Beitrag(#2183871) Verfasst am: 18.07.2019, 09:36    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Manche Quantenphysiker sehen vor lauter Mathematik die physische Realität nicht mehr!

Deswegen sind Experimente so wichtig.

Myron hat folgendes geschrieben:
Es ist absolut absurd, wenn sie behaupten, dass es gar keine konkrete physische Realität, keine physischen Objekte in einem physischen Raum gäbe, sondern nur ein abstraktes mathematisches Objekt in einem abstrakten mathematischen Raum. Ein reduktiver mathematischer Platonismus in der Physik führt diese ad absurdum!

Schon in vorherigen Beiträgen ist mir aufgefallen, daß der "physikalische Raum" eine besonders unverzichtbare Rolle für Dich zu spielen scheint, ähnlich wie das für Newton oder Kant und auch noch lange danach war. Ich denke, bei der nichtrelativistischen Quantenmechanik ist das evtl. noch haltbar. Aber schon bei der Relativitätstheorie (auch ohne Quanten!) müßtest Du doch die Schwierigkeiten sehen, etwa daß sich Raum und Zeit mischen, daß sie relativ sind, oder gar die fundamentale Kopplung der Raumzeitmetrik an den Energie-Impuls-Tensor.

Vor allem aber frage ich mich, was mit Deinem apriori-Raum passiert, wenn wir in die Größenordnung der Plancklänge vorstoßen bzw. die Raumzeit quantisieren müssen, um die Experimente überhaupt noch erklären zu können. Das wird ja nahezu unweigerlich in näherer Zukunft geschehen, auch wenn wir noch nicht wissen, wie genau.
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Myron
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Beitrag(#2183892) Verfasst am: 18.07.2019, 16:44    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Stimmt, da ist noch nichts selbstbezüglich. Allerdings sagt es ja nur, was "wirklich" nicht ist. Wenn ich versuche, daraus eine Definition zu basteln, kommt so etwas raus wie: "Wirklichkeit ist etwas, das an/für/in sich etwas ist". Und das wäre dann nichtssagend bzw. selbstbezüglich, je nachdem was "an/für/in sich" genau bedeuten soll. Oder vielleicht bedeutet es ja "komplex und autonom"? zwinkern


Das Wirkliche/Reale besteht an/für/in sich in dem Sinne, dass es (sein Dasein&Sosein) nicht davon abhängt, Gegenstand von Gedanken oder Vorstellungen zu sein.

"A real thing is something whose characters are independent of how any representation represents it to be."

"…'real' is a word which I use to denote merely that which is such as it is independently of you or I or any of our community thinking it to be so."

"'realis' and 'realitas' are not ancient words. They were invented to be terms of philosophy in the thirteenth century, and the meaning they were intended to express is perfectly clear. That is real which has such and such characters, whether anybody thinks it to have those characters or not."

"…reality means a certain kind of non-dependence upon thought[.]"

"…the word 'real' was introduced as a technical word (first of law and then of logic) and was so little used before Scotus and so continually by him that it ought to be regarded as his word; and my ethics of terminology will not permit me to give it any other meaning than that it is that whose characters do not at all depend upon what any man or men think that they are."

Charles Peirce: http://www.commens.org/dictionary/term/real
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Myron
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Beiträge: 3387

Beitrag(#2183894) Verfasst am: 18.07.2019, 16:53    Titel: Antworten mit Zitat

"Wenn wir der Viele-Welten-Theorie jedoch zugestehen, dass es zumindest im Prinzip möglich ist, unsere Welt (und viele andere, ähnliche Welten) auf diese Weise in der Wellenfunktion zu verorten, dann können wir auch die Kritik der Everettianer an den Bohmianern nachvollziehen.

Man denke dazu wieder an das Messproblem und Schrödingers Katzen-Experiment. Gemäß der Schrödinger-Gleichung haben wir am Ende des Experimentes auf jeden Fall eine Superposition aus der Wellenfunktion einer toten Katze und der Wellenfunktion einer lebendigen Katze. In der Bohmschen Mechanik führt aber nur eine dieser Wellenanteile die tatsächliche Konfiguration des Systems, die, sagen wir, einer lebendigen Katze entspricht. Das andere Wellenpaket ist leer und kann, dank Dekohärenz und dem effektiven Kollaps, für alle praktischen Zwecke vergessen werden. Auf fundamentaler Ebene ist der leere Wellenanteil – dieWellenfunktion der toten Katze – damit aber nicht aus der Welt; sie entwickelt sich ganz normal weiter gemäß der Schrödinger-Gleichung, wechselwirkt mit einer (leeren) Wellenfunktion des Experimentators und des Labors und des Rests der Welt, ganz so wie sie es täte, wenn sie die den Realzustand beschreiben würde. Für den Everettianer reicht aber die Wellenfunktion einer toten Katze aus, um davon zu sprechen, dass da tatsächlich eine tote Katze ist. Er hält den Bohmianern deshalb vor, dass in ihrer Theorie ebenfalls eine komplette zweite Welt mit einer toten Katze und einem traurigen Experimentator vorhanden ist, auch wenn diese das nicht wahrhaben wollen. (Bohmsche Mechanik ist eine Viele-Welten-Theorie „in einem Zustand chronischer Verleugnung“, lautet ein berühmt gewordener Slogan von David Deutsch.)

Aus Sicht der Bohmschen Mechanik kann man diesen Vorwurf natürlich nicht gelten lassen, denn hier ist es ja entschiedenermaßen die Teilchenkonfiguration im dreidimensionalen Raum und nicht die Wellenfunktion auf dem abstrakten Konfigurationsraum, die eine (unsere) Welt ausmacht. Die Bohmianer werden den Spieß vielmehr umdrehen und den Everettianern vorhalten, dass in deren Theorie schlicht und einfach die lokalen beables im Sinne Bells fehlen, also ontologische Größen, die sich auf lokalisierte Objekte im dreidimensionalen Raum oder in vierdimensionaler Raumzeit beziehen. Die vielen Welten der Everettschen Theorie erscheinen dann als groteske Konsequenz dieser Auslassung.

Wir sehen also, dass hier zwei grundlegend verschiedene Verständnisse einer physikalischen Naturbeschreibung aufeinanderprallen. Dabei ist jedoch eindeutig, dass die Viele-Welten-Theorie die radikalere, revisionistischere Position darstellt, und wir müssen diskutieren, ob es gute Gründe geben kann, diesen radikalen Schritt mitzugehen."


(Dürr, Detlef, und Dustin Lazarovici. Verständliche Quantenmechanik: Drei mögliche Weltbilder der Quantenphysik. Berlin: Springer, 2018. S. 111-2)
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3387

Beitrag(#2183896) Verfasst am: 18.07.2019, 17:03    Titel: Antworten mit Zitat

1. Bohmian Mechanics: https://plato.stanford.edu/entries/qm-bohm/

2. Collapse Theories (GRW theory): https://plato.stanford.edu/entries/qm-collapse/

3. Many-Worlds Interpretation: https://plato.stanford.edu/entries/qm-manyworlds/
(Everett’s Relative-State Formulation: https://plato.stanford.edu/entries/qm-everett/)


———

"Im Sinne einer Konsensfindung, kann man aber darauf verweisen, dass sich Bohm, GRW und Everett in vielen entscheidenden Punkten einig sind. Wenn man diese gemeinsame Botschaft der drei Theorien verinnerlicht, ist man einem kohärenten Verständnis der Quantenmechanik schon ein großes Stück näher.

Alle drei Theorien sind eine „Quantentheorie ohne Beobachter“, d. h., sie liefern eine objektive Naturbeschreibung, in der dem „Beobachter“ keine herausgehobene Rolle zukommt.

Alle drei Theorien beinhalten eine Form von Nichtlokalität, was sie im Sinne des Bellschen Theorems auch müssen, um die Phänomene korrekt zu beschreiben.

Alle drei Theorien sind sich darin einig, dass die Observablen-Operatoren nicht grundlegend sind, sondern ein nützlicher Formalismus zur Buchhaltung der Statistik. Sie machen auch deutlich, warum die „Messgrößen“ i.A. keine vorliegenden Eigenschaften des gemessenen Systems widerspiegeln, sondern durch den Messprozess erst hervorgebracht werden.

In allen drei Theorien müssen wir die Wellenfunktion auf dem Konfigurationsraum ernst nehmen. Das bedeutet auch, dass die „Ortsdarstellung“ immer ausgezeichnet ist, denn am Ende des Tages wollen wir die Wellenfunktion irgendwie auf Objekte beziehen, die im dreidimensionalen physikalischen Raum angesiedelt sind. Vor allem aber ist die Wellenfunktion nicht nur „Information“ oder statistische Buchführung, sondern ein realer physikalischer Freiheitsgrad und zumindest Teil der objektiven Zustandsbeschreibung eines physikalischen Systems. Sie wird bei der Messung oder Präparierung eines Systems verändert. Sie stellt eine reale, physikalische Verbindung zwischen verschränkten Systemen dar. Sie erzeugt in gewissem Sinne die Messwerte, anstatt nur ihre Statistik zu beschreiben. Es gibt derzeit eine große philosophische Debatte über die Metaphysik der Wellenfunktion, aber wir können Quantenmechanik nicht verstehen, ohne die Wellenfunktion in diesem physikalischen Sinne ernst zu nehmen.

Uneinig sind sich die Theorien in der Frage des Zufalls. Das ist bemerkenswert, weil die folkloristische Auffassung im Zufall oder Indeterminismus das entscheidende Novum der Quantenmechanik sieht. Bohmsche Mechanik und die Viele-Welten-Theorie sind aber fundamental deterministisch. Bohmsche Mechanik enthält den „Zufall“ nur im Sinne einer praktischen Unvorhersagbarkeit, nicht aber im Sinne einer prinzipiellen Unbestimmtheit. Kollaps-Theorien wie GRW sind fundamental indeterministisch, enthalten also einen echten, irreduziblen Zufall.

Interessanterweise sind das aber auch jene Theorien, deren Vorhersagen prinzipiell von denen der Standard-Quantenmechanik abweichen. In diesem Sinne könnte man also sagen: Wenn die Quantenmechanik tatsächlich indeterministisch ist, dann ist sie nicht exakt.

Der aktuelle Stand in den Grundlagen der Quantenmechanik ist also folgender: Wenn man den Schutt der letzten hundert Jahre beiseiteräumt, dann bleiben im Großen und Ganzen drei ernst zu nehmende Kandidaten für eine präzise Formulierung der nichtrelativistischen Quantenmechanik übrig. Eine experimentelle Unterscheidung zwischen Theorien mit und ohne spontanem Kollaps ist prinzipiell möglich und könnte in absehbarer Zeit (d. h. zumindest in den nächsten Jahrzehnten) gelingen. Falls wir Belege für den spontanen Kollaps finden, ist GRW – bzw. eine daraus entwickelte, kontinuierliche Kollaps-Theorie – unser bestes Pferd im Stall. Wobei sich spätestens dann die Frage stellt, ob der stochastische Kollaps-Mechanismus tatsächlich ein fundamentales Naturgesetz ist oder doch nur eine effektive Beschreibung, die sich auf eine fundamentalere Theorie zurückführen lässt.

Wenn das Superpositionsprinzip für die Wellenfunktion uneingeschränkt gilt, dann sind Bohmsche Mechanik und die Viele-Welten-Theorie die besten bekannten Alternativen. Bohmsche Mechanik kann man so weit verstehen, dass im Rahmen der nichtrelativistischen Quantenmechanik keine ernsthaften Probleme offen bleiben. Die Viele-Welten-Theorie kann man womöglich auch so weit verstehen, den Autoren dieses Buches ist dies allerdings noch nicht gelungen. Vielleicht konnten wir aber genug Vorarbeit leisten, damit die Leserin oder der Leser selbst zu einem solchen Verständnis gelangt.

Abschließend würden wir aber allen Studierenden der Physik davon abraten, auch die nächsten hundert Jahre mit Debatten über die Grundlagen der nichtrelativistischen Quantenmechanik zu verbringen. Die wichtigen offenen Fragen finden sich heute in der relativistischen Quantenphysik, und vielleicht liegt das große Verdienst der präzisen nichtrelativistischen Theorien letztlich darin, dass sie uns aufzeigen, was die richtigen Fragen sind und wie Ansätze für zukünftige Fortschritte aussehen können."


(Dürr, Detlef, und Dustin Lazarovici. Verständliche Quantenmechanik: Drei mögliche Weltbilder der Quantenphysik. Berlin: Springer, 2018. S. 222-3)
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3387

Beitrag(#2183897) Verfasst am: 18.07.2019, 17:15    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
"…Alle drei Theorien sind sich darin einig, dass die Observablen-Operatoren nicht grundlegend sind, sondern ein nützlicher Formalismus zur Buchhaltung der Statistik. Sie machen auch deutlich, warum die „Messgrößen“ i.A. keine vorliegenden Eigenschaften des gemessenen Systems widerspiegeln, sondern durch den Messprozess erst hervorgebracht werden.…"

(Dürr, Detlef, und Dustin Lazarovici. Verständliche Quantenmechanik: Drei mögliche Weltbilder der Quantenphysik. Berlin: Springer, 2018. S. 222-3)


Daraus folgt nicht – insbesondere nicht in der Bohmschen Mechanik –, dass physische Objekte oder Systeme keine von physikalischen Messprozessen unabhängigen Eigenschaften haben. Sie müssen unabhängige Eigenschaften haben, da kein Ding ohne Eigenschaften existieren kann (und es keine in sich unbestimmten Eigenschaften geben kann).
Die physische Realität ist nicht von der Physik und Physikern abhängig!
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3387

Beitrag(#2183900) Verfasst am: 18.07.2019, 17:24    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Schon in vorherigen Beiträgen ist mir aufgefallen, daß der "physikalische Raum" eine besonders unverzichtbare Rolle für Dich zu spielen scheint, ähnlich wie das für Newton oder Kant und auch noch lange danach war. Ich denke, bei der nichtrelativistischen Quantenmechanik ist das evtl. noch haltbar. Aber schon bei der Relativitätstheorie (auch ohne Quanten!) müßtest Du doch die Schwierigkeiten sehen, etwa daß sich Raum und Zeit mischen, daß sie relativ sind, oder gar die fundamentale Kopplung der Raumzeitmetrik an den Energie-Impuls-Tensor.
Vor allem aber frage ich mich, was mit Deinem apriori-Raum passiert, wenn wir in die Größenordnung der Plancklänge vorstoßen bzw. die Raumzeit quantisieren müssen, um die Experimente überhaupt noch erklären zu können. Das wird ja nahezu unweigerlich in näherer Zukunft geschehen, auch wenn wir noch nicht wissen, wie genau.


Der physikalische Raum, von dem ich spreche, ist kein "apriori-Raum", zumal ich nicht weiß, was das sein soll. Die Physik ist jedenfalls die Wissenschaft der Materie und Energie in Raum und Zeit. Der Raumbegriff ist für sie also grundlegend und unentbehrlich. Selbstverständlich stellt sich dann die Frage nach der Beschaffenheit oder dem Wesen des Raumes: Substanz vs. Struktur, kontinuierlich vs. diskret, endlich vs. unendlich, 3 Dimension vs. >3 Dimensionen, etc.

Wohlgemerkt: Mit "Raum" meine ich den konkreten physikalischen Raum und keinen abstrakten mathematischen Raum!
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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3613

Beitrag(#2183903) Verfasst am: 18.07.2019, 17:31    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Es ist unmöglich, vollständige Information über ein Quantensystem zu erhalten.
Ja, natürlich sehe ich das ebenso. Auch hier: wenn das nicht so wäre, wäre die SG falsch.
Wenn vollständige Information nicht möglich ist, warum wundern wir uns über unerklärte Wahrscheinlichkeiten?

Ich kann nur für mich sprechen: Ich wundere mich nicht über die Wahrscheinlichkeiten, da sie ja durch die Schrödingergleichung erklärt werden bzw. aus ihr folgen.

Das hätte ich kommen sehen müssen und besser formulieren sollen. Etwa so:

smallie hat folgendes geschrieben:
Fakt: wenn ich ein Teilchen durch einen Spalt schicke, kann ich nicht sagen, wo genau es auf einem Schirm dahinter auftrifft. Die Verteilung des Auftreffens läßt sich vorhersagen.


step hat folgendes geschrieben:
Wenn man allerdings die SG bzw. Wellenfunktion künstlich beschnippelt (Kollaps) oder am Teilchenbild festhält (Bohm), dann muß man sich natürlich wundern über die Wahrscheinlickeiten, da diese dann als Extrapostulat wieder eingeführt werden müssen.

Ob die Wellenfunktion kollabiert oder in ein Viel-Welten-Universum entfleucht sieht aus meiner Warte gleich aus.

Gegenvorschlag: alle althergebrachten Interpretationen über Bord werfen und von vorne anfangen.

    - Kopenhagener Interpretation. Damit tut man Bohr unrecht, denke ich. Egal, es ist wie es ist, der Begriff hat sich eingebürgert, Wissenschaftsarchäologie wird daran nicht so schnell etwas ändern. So wie die Kollaps-Rhetorik ist, gefällt sie mir nicht.

    - Bohmsche Mechanik. Passe, weil ich sie zu wenig kenne. Gefällt mir im Zitat von Myron aber auch nicht:


Myron hat folgendes geschrieben:
"Bohm’s theory, a successor to the earlier ‘pilot wave’ interpretation described in De Broglie ([1960]), has become the classical example of a hidden variable theory. According to it, particles do have definite positions and momenta at all times. ...

It is a consequence of the Bohm theory that these initial positions and momenta of the particles are in principle impossible to determine;

(Putnam, Hilary. "A Philosopher Looks at Quantum Mechanics (Again)." [i]British Journal for the Philosophy of Science
56/4 (2005): 615–634. p. 622)


Wenn sich Startbedingungen nicht festlegen lassen, lassen sich auch Endzustände nicht bestimmen. Was bedeutet "definite positions and momenta" dann noch? Eine Bremse, um nicht bei "Alles ist möglich" zu landen? Oder eine Notbremse, um weiterhin klassisch denken zu können?


Reformierte Vorstellungen sehen so aus:

    - Nicht-Lokalität: bei Messung eines von zwei verschränkten Teilchen sieht es aus, als würde das andere merken, daß gemessen wurde. Falls sich Teilchen wie makrospische Teilchen verhalten.

    - Nicht-Realismus: Quantenmechanische Objekte verhalten sich anders als makroskopische. Ihre Eigenschaften sind nicht auf's i-Tüpfelchen festgelegt oder festlegbar.


Damit erscheinen die Vielen-Welten als ein Versuch, klassische Vorstellungen zu retten unter Preisgabe der, ehrm, Unitarität des Universums. Maudlin in Myrons Zitat gefällt mir gut.

    - Viele-Welten: VWI macht gleich zwei Extrapostulate. Sie ist auf ihre Weise nicht-lokal, weil die Parallelwelten nicht lokal sind. Sie ist nicht-real, denn ihre Realität läßt sich nicht bestätigen, weil sie nicht zu unserer Lokalität gehört.

_________________
"There are two hard things in computer science: cache invalidation, naming things, and off-by-one errors."


Zuletzt bearbeitet von smallie am 18.07.2019, 18:29, insgesamt einmal bearbeitet
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3387

Beitrag(#2183906) Verfasst am: 18.07.2019, 18:10    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
- Bohmsche Mechanik. Passe, weil ich sie zu wenig kenne.


Zum Kennenlernen empfehle ich das oben zitierte Buch von Dürr&Lazarovici.

smallie hat folgendes geschrieben:
- Nicht-Realismus: Quantenmechanische Objekte verhalten sich anders als makroskopische. Ihre Eigenschaften sind nicht auf's i-Tüpfelchen festgelegt oder festlegbar. [/list]


Also stattdessen Idealismus?
Physische Objekte als "soziale Konstruktionen" der Physiker?
(Es gibt tatsächlich ein Buch von Andrew Pickering mit dem Titel Constructing Quarks: "The view taken here is that the reality of quarks was the upshot of particle physicists' practice, and not the reverse.")
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3387

Beitrag(#2183921) Verfasst am: 18.07.2019, 21:51    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
- Bohmsche Mechanik. Passe, weil ich sie zu wenig kenne. Gefällt mir im Zitat von Myron aber auch nicht:[/list]

Myron hat folgendes geschrieben:
"Bohm’s theory, a successor to the earlier ‘pilot wave’ interpretation described in De Broglie ([1960]), has become the classical example of a hidden variable theory. According to it, particles do have definite positions and momenta at all times. ...

It is a consequence of the Bohm theory that these initial positions and momenta of the particles are in principle impossible to determine;

(Putnam, Hilary. "A Philosopher Looks at Quantum Mechanics (Again)." [i]British Journal for the Philosophy of Science
56/4 (2005): 615–634. p. 622)


Wenn sich Startbedingungen nicht festlegen lassen, lassen sich auch Endzustände nicht bestimmen. Was bedeutet "definite positions and momenta" dann noch? Eine Bremse, um nicht bei "Alles ist möglich" zu landen? Oder eine Notbremse, um weiterhin klassisch denken zu können?


"Eine Innovation von Bohmscher Mechanik ist, dass die Orte der Bohmschen Teilchen nicht beliebig genau kontrolliert werden können: Die Teilchenorte sind im sogenannten Quantengleichgewicht mit der Wellenfunktion. Das bedeutet, dass, gegeben die Wellenfunktion, uns hier nur typische Anfangswerte zu interessieren brauchen, um die Theorie mit den Phänomenen in Einklang zu bringen."
(S. 80)

"Es ist eine Besonderheit der Quantenmechanik, dass das Typizitätsmaß und die typischen empirischen Verteilungen jeweils durch ein |psi|^2-Maß gegeben sind, erstere bezüglich der universellen, letztere bezüglich der bedingten Wellenfunktion. Das ist ein mathematisch schöner, aber didaktisch unglücklicher Umstand, denn wenn man die Boltzmannsche Argumentation noch nicht verinnerlicht hat, kann es so aussehen, als würde man das richtige (also Bornsche) Maß schon in die Herleitung reinstecken: |psi|^2 rein, |psi|^2 raus, was kann da schon Bedeutendes passiert sein? Deshalb nochmal zur Klärung: P^psi ist ein Typizitätsmaß, dessen Aufgabe es ist, typische Anfangsbedingungen für ein Bohmsches Universum zu definieren. Dieses Maß ist durch die Stationaritätsbedingung eindeutig festgelegt und damit von der Bohmschen Dynamik ausgezeichnet. Für typische Anfangsbedingungen des Universums beschreibt das Bornsche Wahrscheinlichkeitsmaß rho_emp dann empirische Verteilungen inTeilsystemen. Es ist dieses Maß, aus dem die empirischen Vorhersagen der Quantenmechanik folgen. Und die Bornsche Regel in der Form, die rho_emp als Ausdruck der bedingten oder effektiven Wellenfunktion liefert, wurde hier eben nicht postuliert oder „reingesteckt“, sondern bewiesen."
(S. 85)

"Die primäre Rolle der Wellenfunktion in der Bohmschen Mechanik ist nicht Wahrscheinlichkeiten zu berechnen, sondern die Teilchen zu führen. Und weil die Physik die Typizität bestimmt, legt sie auch das Typizitätsmaß fest. Experimentell wurde bisher keine Verletzung der Quantengleichgewichts-Hypothese festgestellt. Deswegen kann man davon ausgehen, dass das Quantengleichgewicht ausnahmslos gilt, also unser Universum ein typisches Bohmsches Universum ist.

Anmerkung 4.9 (Absolute Ungewissheit) Das bedeutet nun aber auch, dass wir eine prinzipielle Unkenntnis des Ortes eines Teilchens haben, wenn dessen (bedingte) Wellenfunktion phi ist. Wir können den Ort eines Teilchens nicht genauer kennen oder kontrollieren, als durch die |phi|^2-Verteilung gegeben ist. Das kann man auch folgendermaßen verstehen: Alle Informationen, die wir über die Teilchenorte haben, müssen irgendwie in der Konfiguration Y des restlichen Universums festgeschrieben sein, sei es auf einem Blatt Papier, im Speicher eines Computers oder in unserem Gehirn. Diese Information ist aber schon berücksichtigt, wenn wir das bedingte Maß bilden. Ist also ein System mit Wellenfunktion phi präpariert, dann können wir nicht mehr über die Teilchenkonfiguration wissen, als durch die |phi|2-Verteilung ausgedrückt wird. Diese prinzipielle Unkenntnis – man spricht von absoluter Ungewissheit (engl. absolute uncertainty) – darf man aber nicht mit einem intrinsischen Zufall verwechseln. Durch das physikalische Gesetz sind die Teilchenorte zu jeder Zeit deterministisch festgelegt."

(S. 85-6)

(Dürr, Detlef, und Dustin Lazarovici. Verständliche Quantenmechanik: Drei mögliche Weltbilder der Quantenphysik. Berlin: Springer, 2018.)
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Myron
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Beitrag(#2183947) Verfasst am: 18.07.2019, 23:32    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Ob die Wellenfunktion kollabiert oder in ein Viel-Welten-Universum entfleucht sieht aus meiner Warte gleich aus.


Wörtlich genommen, ist es ein glatter ontologischer Kategorienfehler, vom "Kollabieren" oder "Kollaps" eines abstrakten mathematischen Objektes wie einer Wellenfunktion zu sprechen; denn in der absolut statischen/undynamischen Welt abstrakter mathematischer Sachen gibt es keinerlei Bewegung, keinerlei Vorgänge oder Ereignisse. Es stellt sich also wieder die ontologische Frage, ob die mathematische Wellenfunktion und ihre "Kollapse" eine physikalische Sache und physikalische Vorgänge in der physikalischen Raumzeit repräsentieren oder nicht – und falls ja, welche.

"[T]he standard recipe does use a mathematical operation that can be called 'collapse of the wavefunction.' But if one asks whether that mathematical operation corresponds to a real physical change in the world itself, the recipe does not say. And practicing physicists do not agree on the answer. Some will refuse to hazard an opinion about it."

(Maudlin, Tim. Philosophy of Physics: Quantum Theory. Princeton, NJ: Princeton University Press, 2019. p. 4)

"The Collapse Of The Wave-Function
Fourscore and seven years ago, Erwin Schrödinger invented wave-functions as a way to describe the behavior of atoms and other small objects. According to the rules of quantum mechanics, the motions of objects are unpredictable. The wave-function tells us only the probabilities of the possible motions. When an object is observed, the observer sees where it is, and the uncertainty of the motion disappears. Knowledge removes uncertainty. There is no mystery here.
Unfortunately, people writing about quantum mechanics often use the phrase "collapse of the wave-function" to describe what happens when an object is observed. This phrase gives a misleading idea that the wave-function itself is a physical object. A physical object can collapse when it bumps into an obstacle. But a wave-function cannot be a physical object. A wave-function is a description of a probability, and a probability is a statement of ignorance. Ignorance is not a physical object, and neither is a wave-function. When new knowledge displaces ignorance, the wave-function does not collapse; it merely becomes irrelevant."

—Freeman Dyson: https://www.edge.org/response-detail/25350
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Myron
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Beitrag(#2183949) Verfasst am: 18.07.2019, 23:44    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Es stellt sich also wieder die ontologische Frage, ob die mathematische Wellenfunktion und ihre "Kollapse" eine physikalische Sache und physikalische Vorgänge in der physikalischen Raumzeit repräsentieren oder nicht – und falls ja, welche.


Roderich Tumulka hat beispielsweise vorgeschlagen, dass die "primitive Ontologie" der GRW-Kollapstheorie in "Blitze" ("flashes") genannten örtlichen Ereignissen in der physikalischen Raumzeit besteht:

"THE FLASH ONTOLOGY
What are tables and chairs made of? To this question, different theories, even different versions of the GRW model, may propose different answers. Classical physics would say particles, described mathematically by their world lines. The objects that the answer describes, whatever it may be, were termed the “primitive ontology” of the theory by Dürr, Goldstein, Zanghì, and Allori [7, 8, 9] and the “local beables” by Bell [10]. To give you concrete examples to think of, let me introduce two possible answers that have been proposed for the GRW model:

A) Not the wave function, but a continuous distribution of matter with density

B) Not the wave function, but discrete “flashes”, i.e., elementary events represented by space-time points. This is a proposal due to Bell [2, 12, 13]. In such a world, matter consists of lots of dots in space-time (see Fig. 1), and “a piece of matter then is a galaxy of such events” (Bell [2]). Such a space-time point X = (R,T) is defined in the GRW model as the center of a wave function collapse."


Roderich Tumulka: Collapse and Relativity (PDF)

"Nun ist aber möglich, auch die GRW-Theorie mit einer Ontologie zu unterlegen, lokalisierten Objekten im physikalischen Raum, deren Konfiguration durch die (kollabierte) Wellenfunktion bestimmt wird und aus denen Messapparate und Katzen und Tische und Stühle bestehen. Diese fundamentalen Objekte sind dann aber nicht mehr Teilchen, die sich auf kontinuierlichen Bahnen bewegen, sondern etwa diskrete Materie-Blitze ('flashes'), die bei einem Kollaps-Ereignis auftauchen, oder Materie-Felder ('Massendichten'), die durch die Wellenfunktion definiert werden."
(S. 43)

"Eine mit den verschiedenen Kollaps-Theorien einhergehende Frage ist: Wovon genau handelt die Theorie eigentlich und was ist die Rolle der Wellenfunktion? In der vorgestellten Version handelt die Theorie über die flashes, d. h., das Universum besteht aus flashes: Ein makroskopischer Körper, etwa ein Stuhl, besteht in einem Moment unserer Wahrnehmung aus einer riesigen Anzahl (Ordnung 10^24) dieser 'Materieblitze', deren Auftrittsorte einen Stuhl ausformen. Die Rolle der Wellenfunktion ist es demnach nicht, Materie zu repräsentieren, sondern die Wahrscheinlichkeiten für das zufällige Auftauchen der flashes zu bestimmen. Diese Art von ontologischer Theorie wird oft mit GRWf bezeichnet."
(S. 104)

(Dürr, Detlef, und Dustin Lazarovici. Verständliche Quantenmechanik: Drei mögliche Weltbilder der Quantenphysik. Berlin: Springer, 2018.)
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step
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Beitrag(#2183975) Verfasst am: 19.07.2019, 09:05    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Das Wirkliche/Reale besteht an/für/in sich in dem Sinne, dass es (sein Dasein&Sosein) nicht davon abhängt, Gegenstand von Gedanken oder Vorstellungen zu sein.

Lassen wir mal die (durchaus nichttriviale) Frage außen vor, ob dies wirklich eine notwendige Bedingung ist / sein sollte, und nehmen an, es sei eine. Mein Punkt ist, daß es jedenfalls keine hinreichende Bedingung sein kann.

Beispielsweise kannst Du mE allein mithilfe dieser Definition nicht entscheiden, ob der Hund, der sich hinter dem Mond versteckt, real ist. Noch weniger natürlich bei den folgenden "Objekten":
- der heilige Geist
- virtuelle Teilchen bei der Paarerzeugung
- ein Spinorfeld
- die Wellenfunktion, die die SG löst
- die Bohm'sche Führungswelle

Unter anderem müßtest Du dieses "unabhängig sein" besser operationalisieren, also z.B. eine Methode angeben, wie man das prüfen kann.
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Marcellinus
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Beitrag(#2183987) Verfasst am: 19.07.2019, 10:17    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Das Wirkliche/Reale besteht an/für/in sich in dem Sinne, dass es (sein Dasein&Sosein) nicht davon abhängt, Gegenstand von Gedanken oder Vorstellungen zu sein.

Lassen wir mal die (durchaus nichttriviale) Frage außen vor, ob dies wirklich eine notwendige Bedingung ist / sein sollte, und nehmen an, es sei eine. Mein Punkt ist, daß es jedenfalls keine hinreichende Bedingung sein kann.

Beispielsweise kannst Du mE allein mithilfe dieser Definition nicht entscheiden, ob der Hund, der sich hinter dem Mond versteckt, real ist. Noch weniger natürlich bei den folgenden "Objekten":
- der heilige Geist
- virtuelle Teilchen bei der Paarerzeugung
- ein Spinorfeld
- die Wellenfunktion, die die SG löst
- die Bohm'sche Führungswelle

Unter anderem müßtest Du dieses "unabhängig sein" besser operationalisieren, also z.B. eine Methode angeben, wie man das prüfen kann.

Wenn du etwas prüfst, ist es notwendig (auch) Teil deiner Gedanken. Natürlich gibt es eine Wirklichkeit unabhängig von unseren Gedanken, aber wir waren noch nie da, nicht einmal auf Besuch! Wir mögen abstrakt feststellen, daß es auch etwas geben muß ohne uns, aber jede positive Aussage darüber hat immer auch mit uns zu tun, und ist damit ein Widerspruch in sich selbst. Jedes unserer Bilder von dieser Welt (und mehr als das haben wir nicht) ist immer notwendig UNSER Bild. Der Rest ist Metaphysik, Glauben, Selbsttäuschung.
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Tarvoc
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Beitrag(#2183989) Verfasst am: 19.07.2019, 10:34    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Natürlich gibt es eine Wirklichkeit unabhängig von unseren Gedanken

Aha. Und woher weißt du das? Mit den Augen rollen
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fwo
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Beitrag(#2183992) Verfasst am: 19.07.2019, 10:40    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Natürlich gibt es eine Wirklichkeit unabhängig von unseren Gedanken

Aha. Und woher weißt du das? Mit den Augen rollen

Er "weiß" es nicht, aber geht davon aus, weil er sich sonst nicht mit uns unterhalten würde. Auch unsere soziale Wirklichkeit hat eine physikalische Ebene.
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Lebensnebel
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Beitrag(#2183993) Verfasst am: 19.07.2019, 10:41    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:


Jedes unserer Bilder von dieser Welt (und mehr als das haben wir nicht) ist immer notwendig UNSER Bild.


Da stecken schon Annahmen drin. Nämlich, dass der Brei der Wirklichkeit sich aufteilen läßt in irgendetwas, das als "wir" bezeichnet werden kann und etwas, das "Nicht-Wir" ist.
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Tarvoc
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Beitrag(#2183995) Verfasst am: 19.07.2019, 10:45    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Natürlich gibt es eine Wirklichkeit unabhängig von unseren Gedanken

Aha. Und woher weißt du das? Mit den Augen rollen

Er "weiß" es nicht, aber geht davon aus, weil er sich sonst nicht mit uns unterhalten würde.

Wieso nicht? Ich kenne erklärte Solipsisten, die in Foren posten. Klingt komisch, is' aver so.
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Marcellinus
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Beitrag(#2183997) Verfasst am: 19.07.2019, 10:48    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Natürlich gibt es eine Wirklichkeit unabhängig von unseren Gedanken

Aha. Und woher weißt du das? Mit den Augen rollen

Weil wir uns regelmäßig an ihr stoßen. Und dann wissen wir zumindest, wie die Wirklichkeit NICHT ist. Allerdings gelingt es manchen Menschen immer wieder, das Scheitern ihrer Theorien an der Wirklichkeit nicht zu bemerken.
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step
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Beitrag(#2183998) Verfasst am: 19.07.2019, 10:49    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
"... Die Bohmianer werden den Spieß vielmehr umdrehen und den Everettianern vorhalten, dass in deren Theorie schlicht und einfach die lokalen beables im Sinne Bells fehlen, also ontologische Größen, die sich auf lokalisierte Objekte im dreidimensionalen Raum oder in vierdimensionaler Raumzeit beziehen. "

Das "Beables"-Konzept geht ja, grob gesagt, so: Mann nimmt die "Observablen" der Quantenphysik und fordert zusätzlich, daß sie kommutieren müssen, also simultane Eigenwerte annehmen können. Ich vermute mal, da bekommt man schon Probleme, wenn man relativistische QFT betreiben will. Die Ontologie hängt dann vom Inertialsystem ab oder es kommt gar noch schlimmer. Eine Frage wäre auch, ob "Teilchen", die nur aus Sicht bestimmter Beobachtersysteme auftauchen, real sind oder nicht.

Myron hat folgendes geschrieben:
"Alle drei Theorien sind eine „Quantentheorie ohne Beobachter“, d. h., sie liefern eine objektive Naturbeschreibung, in der dem „Beobachter“ keine herausgehobene Rolle zukommt."

Ja, wobei bei Kopenhagen durch die Dekohärenztheorie erst später die unschöne Unterscheidung zwischen Quantenobjekt, Beobachter und Umgebung abgemildert wurde.

Myron hat folgendes geschrieben:
"Alle drei Theorien beinhalten eine Form von Nichtlokalität, was sie im Sinne des Bellschen Theorems auch müssen, um die Phänomene korrekt zu beschreiben."

Ja.

Myron hat folgendes geschrieben:
"Alle drei Theorien sind sich darin einig, dass die Observablen-Operatoren nicht grundlegend sind, sondern ein nützlicher Formalismus zur Buchhaltung der Statistik. Sie machen auch deutlich, warum die „Messgrößen“ i.A. keine vorliegenden Eigenschaften des gemessenen Systems widerspiegeln, sondern durch den Messprozess erst hervorgebracht werden.

Auch hier stimme ich zu, siehe allerdings meinen Kommentar zu den "Beables" oben.

Myron hat folgendes geschrieben:
"In allen drei Theorien müssen wir die Wellenfunktion auf dem Konfigurationsraum ernst nehmen. Das bedeutet auch, dass die „Ortsdarstellung“ immer ausgezeichnet ist, denn am Ende des Tages wollen wir die Wellenfunktion irgendwie auf Objekte beziehen, die im dreidimensionalen physikalischen Raum angesiedelt sind."

Das ist bei den drei Interpretationen der einfachen Quantenmechanik tatsächlich so, es ist jedoch nicht fundamental, sondern liegt einzig daran, daß wir die Raumzeit noch nicht quantisieren bzw. die Gravitation getrennt betrachten.

Myron hat folgendes geschrieben:
"Vor allem aber ist die Wellenfunktion nicht nur „Information“ oder statistische Buchführung, sondern ein realer physikalischer Freiheitsgrad und zumindest Teil der objektiven Zustandsbeschreibung eines physikalischen Systems. Sie wird bei der Messung oder Präparierung eines Systems verändert. Sie stellt eine reale, physikalische Verbindung zwischen verschränkten Systemen dar. Sie erzeugt in gewissem Sinne die Messwerte, anstatt nur ihre Statistik zu beschreiben. Es gibt derzeit eine große philosophische Debatte über die Metaphysik der Wellenfunktion, aber wir können Quantenmechanik nicht verstehen, ohne die Wellenfunktion in diesem physikalischen Sinne ernst zu nehmen."

In der Tat. Es wird zunehmend schwierig, die Wellenfunktion physikalisch ernstzunehmen, aber sie ontologisch nur nebenherlaufen zu lassen.

Myron hat folgendes geschrieben:
"... Bohmsche Mechanik und die Viele-Welten-Theorie sind aber fundamental deterministisch. Bohmsche Mechanik enthält den „Zufall“ nur im Sinne einer praktischen Unvorhersagbarkeit, nicht aber im Sinne einer prinzipiellen Unbestimmtheit."

Das ist mE geschwindelt. Bohmsche Mechanik enthält eine prinzipielle Unbestimmtheit in den "von Gott gesetzten" Anfangsbedingungen bzw. im "Quantengleichgewicht", der echte Zufall wird sozusagen auf eine metaphysische Instanz verschoben, die allerdings, anders als bei Copenhagen, nicht in den Meßprozeß eingreift, sondern eher eine Art "initiales Würfeln" ist.

Myron hat folgendes geschrieben:
"Kollaps-Theorien wie GRW sind fundamental indeterministisch, enthalten also einen echten, irreduziblen Zufall."

Ja.

Myron hat folgendes geschrieben:
"... Eine experimentelle Unterscheidung zwischen Theorien mit und ohne spontanem Kollaps ist prinzipiell möglich und könnte in absehbarer Zeit (d. h. zumindest in den nächsten Jahrzehnten) gelingen. "

Ja, siehe dazu auch meinen Eröffnungsbeitrag in diesem Thread.

Myron hat folgendes geschrieben:
"Wenn das Superpositionsprinzip für die Wellenfunktion uneingeschränkt gilt, dann sind Bohmsche Mechanik und die Viele-Welten-Theorie die besten bekannten Alternativen ... im Rahmen der nichtrelativistischen Quantenmechanik ..."

OK, ich habe es etwas verfremdet, aber so wäre es vertretbar zwinkern

Myron hat folgendes geschrieben:
"Abschließend würden wir aber allen Studierenden der Physik davon abraten, auch die nächsten hundert Jahre mit Debatten über die Grundlagen der nichtrelativistischen Quantenmechanik zu verbringen. Die wichtigen offenen Fragen finden sich heute in der relativistischen Quantenphysik, und vielleicht liegt das große Verdienst der präzisen nichtrelativistischen Theorien letztlich darin, dass sie uns aufzeigen, was die richtigen Fragen sind und wie Ansätze für zukünftige Fortschritte aussehen können."

So ist es. Allerdings haben die meisten Physiker diesen Rat eh nicht nötig. Interessant wäre daher, was er Studierenden der Ontologie und Metaphysik empfhielt.

Myron hat folgendes geschrieben:
Die physische Realität ist nicht von der Physik und Physikern abhängig!

Schon wieder so eine Aussage, die als hinreichende Bedingung nicht ausreicht.
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Marcellinus
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Beitrag(#2184000) Verfasst am: 19.07.2019, 10:50    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Natürlich gibt es eine Wirklichkeit unabhängig von unseren Gedanken

Aha. Und woher weißt du das? Mit den Augen rollen

Er "weiß" es nicht, aber geht davon aus, weil er sich sonst nicht mit uns unterhalten würde.

Wieso nicht? Ich kenne erklärte Solipsisten, die in Foren posten. Klingt komisch, is' aver so.

Ja, die Bezeichnung „homo sapiens“ ist bei einigen Exemplaren stark übertrieben. zwinkern
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Beitrag(#2184002) Verfasst am: 19.07.2019, 10:57    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Natürlich gibt es eine Wirklichkeit unabhängig von unseren Gedanken

Aha. Und woher weißt du das? Mit den Augen rollen

Er "weiß" es nicht, aber geht davon aus, weil er sich sonst nicht mit uns unterhalten würde.

Wieso nicht? Ich kenne erklärte Solipsisten, die in Foren posten. Klingt komisch, is' aver so.

Lachen Dann posten die also in einer Art Selbstgespräch mit den anderen Ausgeburten ihres Hirns. Und benutzen dabei eine Technik, die - wenn sie entsprechende Ecken ihrer Vorstellung des Internets aufsuchen, in scheinbar unendlichen Kaskaden von Erklärungen erklärbar zu sein scheint, die sie aber selbst nie erklären können.

Sehr interessant. Mich bewahrt der Unwille, alles was ich so lese, als Ausgeburten meines eigen Hirns zu interpretieren, davor Solipsist zu sein. Außerdem das Problem meiner eigenen Existenz: Wer bin ich, der ich mir mich selbst nur vorstelle?
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Beitrag(#2184007) Verfasst am: 19.07.2019, 11:15    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Natürlich gibt es eine Wirklichkeit unabhängig von unseren Gedanken

Aha. Und woher weißt du das? Mit den Augen rollen

Er "weiß" es nicht, aber geht davon aus, weil er sich sonst nicht mit uns unterhalten würde.

Wieso nicht? Ich kenne erklärte Solipsisten, die in Foren posten. Klingt komisch, is' aver so.

Ja, die Bezeichnung „homo sapiens“ ist bei einigen Exemplaren stark übertrieben. zwinkern

...Solange du das nicht mit einer Antwort auf meine Frage verwechselst, warum du kein Solipsist bist. zwinkern

So wie ich das sehe, willst du den Kuchen gleichzeitig essen und behalten. Echte Solipsisten sind da wenigstens konsequenter im Denken.
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Beitrag(#2184011) Verfasst am: 19.07.2019, 11:18    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Natürlich gibt es eine Wirklichkeit unabhängig von unseren Gedanken

Aha. Und woher weißt du das? Mit den Augen rollen

Er "weiß" es nicht, aber geht davon aus, weil er sich sonst nicht mit uns unterhalten würde.

Wieso nicht? Ich kenne erklärte Solipsisten, die in Foren posten. Klingt komisch, is' aver so.

Lachen Dann posten die also in einer Art Selbstgespräch mit den anderen Ausgeburten ihres Hirns. Und benutzen dabei eine Technik, die - wenn sie entsprechende Ecken ihrer Vorstellung des Internets aufsuchen, in scheinbar unendlichen Kaskaden von Erklärungen erklärbar zu sein scheint, die sie aber selbst nie erklären können.

Sehr interessant. Mich bewahrt der Unwille, alles was ich so lese, als Ausgeburten meines eigen Hirns zu interpretieren, davor Solipsist zu sein. Außerdem das Problem meiner eigenen Existenz: Wer bin ich, der ich mir mich selbst nur vorstelle?


Wenn's dich wirklich interessiert, kannst du dir ja mal die einschlägigen Threads und Beiträge des Users "Pippen" auf Philo-Welt.de ansehen...
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Beitrag(#2184012) Verfasst am: 19.07.2019, 11:22    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
[
...Solange du das nicht mit einer Antwort auf meine Frage verwechselst, warum du kein Solipsist bist. zwinkern

So wie ich das sehe, willst du den Kuchen gleichzeitig essen und behalten. Echte Solipsisten sind da wenigstens konsequenter im Denken.

Solipsismus ist keine argumentierbare Position, sondern maximal ein Selbstgespräch. (hatte auch fwo schon geschrieben, ich aber jetzt erst gelesen). Es lohnt sich nicht darauf einzugehen. Und nein, auch Descartes ist kein Einwand. Wer alles in Frage stellt, nur das eigene Denken nicht, sollte sich fragen, ob nicht auch das eine Täuschung ist. Descartes selbst hatte übrigens eine andere Antwort, aber das ist ein anderes Thema.
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Beitrag(#2184030) Verfasst am: 19.07.2019, 12:51    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Solipsismus ist keine argumentierbare Position, sondern maximal ein Selbstgespräch.

Ja und? Selbst wenn das stimmt, beantwortet das meine Frage, warum du kein Solipsist bist, immer noch kein Bisschen. Es ist auch kein Einwand gegen meinen Vorwurf, deine Position sei inkonsequent. Du meinst anscheinend, daraus eine reine Geschmacksfrage machen zu können. Ich hoffe doch sehr, du hältst "Ich bin kein Solipsist, weil ich nun mal nicht gern Selbstgespräche führe" nicht ernsthaft für ein Argument gegen den Solipsismus.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Es lohnt sich nicht darauf einzugehen.

Auch das ist bestenfalls wieder ein reines Geschmacksargument.
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