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"Ich bin falsch verstanden worden": Falsche Entschuldigungen
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
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Beitrag(#2247154) Verfasst am: 07.04.2021, 21:37    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und - "die vorher keine waren": Beim besten Willen: Ohne vorherige gesellschaftliche und kulturelle Disposition ist die Basis für den Faschismus gar nicht gegeben.

Richtig! Jetzt musst du mir nur noch sagen, wo genau ich das bestritten hätte.

Den Begriff des Kulturellen darfst du übrigens gerne auch mal aus materialistischer Sicht näher bestimmen und erläutern.
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Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 07.04.2021, 21:43, insgesamt 3-mal bearbeitet
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Beitrag(#2247155) Verfasst am: 07.04.2021, 21:41    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Schon gar nicht ist bei Marx die Sprache dem Bewusstsein vor- oder übergeordnet wie bei dir und den Postmodernen.

Die Sprache ist dem Bewusstsein nicht vor- oder übergeordnet, sondern die Sprache ist das wirkliche Bewusstsein, wie es für andere und daher auch für mich erst existiert.

Das steht da. Also in der Deutschen Ideologie. Und ich frage mich wirklich, welches dieser Worte du nicht verstehst. "Wirklich"? "Existiert"? "Ist"?

Du behauptest einen Unterschied zwischen Sprache und Bewusstsein, in dem das Bewusstsein der Sprache vor- oder übergeordnet ist. Marx hingegen behauptet diesen Unterschied nicht nur nicht, sondern er negiert ihn explizit. Denn: "Wie die Individuen ihr Leben äußern, so sind sie." (MEW 3, S. 21) Die Sprache ist eins der fünf Momente der Produktionstätigkeit des Menschen, also ein Moment davon, wie sie ihr Leben äußern.

Du magst Marx wörtlich zitiert haben. Aber dennoch ist das, was du sagst, natürlich nicht das, was Marx sagt. NeinNein

Denn erstens ist das, was du sagst, natürlich nicht das wörtliche Zitat, das du benutzt hast und in dem Sprache das wirkliche Bewusstsein ist, sondern eine Aussage, die Skeptiker besser wiedergibt als du und in der Sprache dem Bewusstsein vor- und übergeordnet ist.
Und zweitens ist das, was Marx sagt, ebenfalls nicht das wörtliche Zitat, sondern ... naja, Skeptiker weiß es jedenfalls besser.

Es ist eine gewisse Erleichterung zu sehen, dass es nicht nur mir so geht.
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Tarvoc
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Beitrag(#2247157) Verfasst am: 07.04.2021, 21:46    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und - "die vorher keine waren": Beim besten Willen: Ohne vorherige gesellschaftliche und kulturelle Disposition ist die Basis für den Faschismus gar nicht gegeben.

Richtig! Jetzt musst du mir nur noch sagen, wo genau ich das bestritten hätte.

Nachtrag dazu: Es wird übrigens vielleicht einigen Leuten aufgefallen sein, dass ich gerade nicht einer derjenigen bin, die Sprache ständig als etwas vom Rest der Welt und der menschlichen Praxis Isoliertes und im luftleeren Raum Stattfindendes betrachten und behandeln, sondern jemand, der alle möglichen Leute immer wieder darauf hinweist, dass man Sprache eben nicht so auffassen kann. Skeptiker ist das aber anscheinend noch nicht aufgefallen.
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tillich (epigonal)
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Beitrag(#2247160) Verfasst am: 07.04.2021, 21:55    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Heinrich Manns Roman handelt eigentlich nicht vom sich entpuppenden Diederich Heßling, sondern von der Gesellschaft und Kultur, in der er sich entpuppt.

Es geht dem Autor nicht primär um den Benimm und die Wortwahl von Heßling.

Insofern ist Heinrich Mann nicht ad-hominem-/personen-orientiert, sondern betreibt Gesellschafts- und Kulturkritik.

Das sollte man verstehen.

Mag ja sein. Aber auch die "Gesellschaft und Kultur, in der er sich entpuppt", bestehen ja in der Materialität der Handlungen konkreter Personen (wobei diese natürlich auch in Sprache bestehen können, vielfach aufeinander bezogen sind und sich materiell niederschlagen). Und wer und was Heßlich ist, zeigt sich in seiner Interaktion mit dieser Gesellschaft und Kultur.

Du aber hattest mir ja vorgeworfen, ich würde mich "nur" auf das "Tun und Sagen" beziehen, um Nazis zu erkennen. Meine Frage besteht immer noch: Auf was denn sonst? Bei der Betrachtung des "Tun und Sagen" auch deren gesellschaftliche Bezogenheit zu beachten, heißt ja nur sie genauer zu betrachten - was ja genau das ist, was ich sage.
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Skeptiker
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Beitrag(#2247161) Verfasst am: 07.04.2021, 21:58    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Schon gar nicht ist bei Marx die Sprache dem Bewusstsein vor- oder übergeordnet wie bei dir und den Postmodernen.

Die Sprache ist dem Bewusstsein nicht vor- oder übergeordnet, sondern die Sprache ist das wirkliche Bewusstsein, wie es für andere und daher auch für mich erst existiert.

Das steht da. Also in der Deutschen Ideologie. Und ich frage mich wirklich, welches dieser Worte du nicht verstehst. "Wirklich"? "Existiert"? "Ist"?

Du behauptest einen Unterschied zwischen Sprache und Bewusstsein, in dem das Bewusstsein der Sprache vor- oder übergeordnet ist. Marx hingegen behauptet diesen Unterschied nicht nur nicht, sondern er negiert ihn explizit. Denn: "Wie die Individuen ihr Leben äußern, so sind sie." (MEW 3, S. 21) Die Sprache ist eins der fünf Momente der Produktionstätigkeit des Menschen, also ein Moment davon, wie sie ihr Leben äußern.


Du magst Marx wörtlich zitiert haben.


Du kannst hier ganze Wände von Marx zitieren und trotzdem einer idealistischen Sprachphilosophie anhängen.
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Beitrag(#2247162) Verfasst am: 07.04.2021, 22:02    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Du kannst hier ganze Wände von Marx zitieren und trotzdem einer idealistischen Sprachphilosophie anhängen.

Zu blöd nur, dass die Philosophie, der ich oder sonst irgendeine Diskussionsteilnehmer anhängen, am Inhalt der Deutschen Ideologie nichts ändert. (Postmodern wäre ich übrigens, wenn ich das bestreiten würde.)

Du überzeugst niemanden davon, dass ich einer "idealistischen Sprachphilosophie" anhänge, solange du es weiterhin nicht mal versuchst. Wobei: Da du nunmal nicht glaubst, dass Sprache auch nur teilursächlich das Bewusstsein bestimmen oder beeinflussen kann (denn das wäre ja postmodern!!), machst du dir wohl einfach gar nicht erst die Mühe, mit sprachlicher Argumentation das Bewusstsein anderer überzeugen zu wollen. Deshalb führst du hier ja auch so oft Selbstgespräche. Lachen
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Beitrag(#2247165) Verfasst am: 07.04.2021, 22:10    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Du kannst hier ganze Wände von Marx zitieren und trotzdem einer idealistischen Sprachphilosophie anhängen.

Meine Güte. Erst mal habe nicht ich Marx zitiert.

Außerdem:

Ich vertrete hier die Auffassung, dass sich die Bedeutung einer Aussage im Feld zwischen Sender und Empfänger, gemeinsamer Sprache und Kontext konstituiert. Du dagegen verweist auf ein "Meinen" des Senders. Was von beidem ist nun wohl eher materialistisch und was eher idealistisch?
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Skeptiker
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Beitrag(#2247166) Verfasst am: 07.04.2021, 22:13    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Heinrich Manns Roman handelt eigentlich nicht vom sich entpuppenden Diederich Heßling, sondern von der Gesellschaft und Kultur, in der er sich entpuppt.

Es geht dem Autor nicht primär um den Benimm und die Wortwahl von Heßling.

Insofern ist Heinrich Mann nicht ad-hominem-/personen-orientiert, sondern betreibt Gesellschafts- und Kulturkritik.

Das sollte man verstehen.


Mag ja sein. Aber auch die "Gesellschaft und Kultur, in der er sich entpuppt", bestehen ja in der Materialität der Handlungen konkreter Personen (wobei diese natürlich auch in Sprache bestehen können, vielfach aufeinander bezogen sind und sich materiell niederschlagen). Und wer und was Heßlich ist, zeigt sich in seiner Interaktion mit dieser Gesellschaft und Kultur.

Du aber hattest mir ja vorgeworfen, ich würde mich "nur" auf das "Tun und Sagen" beziehen, um Nazis zu erkennen. Meine Frage besteht immer noch: Auf was denn sonst? Bei der Betrachtung des "Tun und Sagen" auch deren gesellschaftliche Bezogenheit zu beachten, heißt ja nur sie genauer zu betrachten - was ja genau das ist, was ich sage.


Aus Heßling spricht die Gesellschaft. Er ist sozusagen dessen Bauchpuppe.

Das ist gemeint, wenn man Sprache die Verdinglichung entziehen möchte. Sprache ist nicht nur Sprache, Heßling ist nicht nur Heßling. Was sie sind, kann man eigentlich nur erblicken, wenn man durch sie hindurch blickt auf die gesellschaftlichen (Produktions-)Verhältnisse. Listen!

In einer jener Bemerkungen, die er – »vermutlich im Mai-Juni« und nicht wie in den MEW angenommen wird im März/April (Labica 1997) – 1845 in Brüssel in einem Vokabelheft niederwirft und die als Thesen über Feuerbach bekannt geworden sind, schreibt Marx: »das menschliche Wesen ist kein dem einzelnen Individuum inwohnendes Abstraktum. In seiner Wirklichkeit ist es das ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse« (6. These). Es geht also um eine Bestimmung des »menschlichen Wesens«, und es handelt sich hier um die erste und wichtigste Erwähnung des Ausdrucks EgV bei Marx. Veröffentlicht wurden die ThF (in veränderter Fassung) erst 1888 von Engels im Anhang zu LF (…). In den MEW werden sie der Deutschen Ideologie vorangestellt, die 1845/46 redigiert wurde, aber bis zu ihrer vollständigen Veröffentlichung im Jahre 1932 weitgehend unbekannt blieb. […]

Das Konzept vom EgV [steht] einerseits den atomistischen Theorien gegenüber, denen zufolge das Entstehen einer Gesellschaft autonome und unabhängige Individuen voraussetzt, und andererseits den essentialistischen und idealistischen Theorien, die das soziale Band auf ein universelles ideales ›menschliches Wesen‹ gründen, das zu allen Zeiten allen Menschen innewohnt. Marx lehnt diese Verewigung eines einzigen ideellen Wesens ebenso ab wie jene Robinsonaden, die am Ursprung der Gesellschaft voneinander getrennte Individuen imaginieren, die wie richtige Atome in sich verschlossen und selbstgenügsam sind.


Anders gesagt: Faschisten sind nichts, was von dieser Gesellschaft unabhängig erkannt und diagnostiziert werden kann.

Da Faschismus wie die Gesellschaft auch etwas dynamisches ist, verändern sich auch sprachliche Muster bis hin zu immer größeren Zweideutigkeiten, Mehrdeutigkeiten und Irreführungen.

So enthält die scheinbar *normale* neoliberale Sprachagenda bereits alle faschistischen Keime in sich. Und wie gesagt, diese verändern sich ständig in Farbe und Form, chamäleonartig.

Sprachanalyse als Diagnosemittel ist eine Sache. Als Therapie taugt sie kaum.
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Tarvoc
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Beitrag(#2247168) Verfasst am: 07.04.2021, 22:20    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Das Konzept vom EgV [steht] einerseits den atomistischen Theorien gegenüber, denen zufolge das Entstehen einer Gesellschaft autonome und unabhängige Individuen voraussetzt, und andererseits den essentialistischen und idealistischen Theorien, die das soziale Band auf ein universelles ideales ›menschliches Wesen‹ gründen, das zu allen Zeiten allen Menschen innewohnt.

Gut zitiert. Jetzt müsstest du nur noch nachweisen, dass derjenige, an den sich dein Vorwurf richtet (also in diesem Falle ich), hier im Thead entweder einen Atomismus oder einen Essenzialismus im hier beschriebenen Sinne vertreten hätte.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Anders gesagt: Faschisten sind nichts, was von dieser Gesellschaft unabhängig erkannt und diagnostiziert werden kann.

Völlig richtig. Noch deutlicher: Der Begriff "Faschismus" hätte im Kontext z.B. des mittelalterlichen englischen Feudalsystems oder der geldlosen agrarischen Planwirtschaft der Inkas nicht einmal einen Sinn.

Nun müsstest du nur noch zeigen, dass irgendwer hier im Thread was Gegenteiliges behauptet hätte.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Da Faschismus wie die Gesellschaft auch etwas dynamisches ist, verändern sich auch sprachliche Muster bis hin zu immer größeren Zweideutigkeiten, Mehrdeutigkeiten und Irreführungen.

Ja, das ist eine Richtung, in der die Veränderung gehen kann und gegenwärtig wohl auch tatsächlich geht. Jetzt müsstest du nur noch sagen, wofür genau das ein Argument ist.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Sprachanalyse als Diagnosemittel ist eine Sache. Als Therapie taugt sie kaum.

Zumindest gibst du damit zu, dass sie als Diagnosemittel "eine Sache" ist. Da der Thread hier ohnehin erkennbar Diagnosezwecken dient: Können wir jetzt bitte wieder zum Threadthema zurückkommen?
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Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 07.04.2021, 22:34, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag(#2247170) Verfasst am: 07.04.2021, 22:31    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Anders gesagt: Faschisten sind nichts, was von dieser Gesellschaft unabhängig erkannt und diagnostiziert werden kann.

Da Faschismus wie die Gesellschaft auch etwas dynamisches ist, verändern sich auch sprachliche Muster bis hin zu immer größeren Zweideutigkeiten, Mehrdeutigkeiten und Irreführungen.

Kein Widerspruch. Wer hat denn hier etwas anderes gesagt?

Nur: Am Anfang dieser Teildiskussion hast du gefragt, woran ich denn Nazis erkennen wollte, wenn sie sich "verstellen". Meine Antwort war, dass man auch dann ihr Handeln und Sprechen betrachten müsse, nur eben genauer. Das hieltest du für ein "ein sehr formalistisches Vorgehen, weil weiterhin orientiert an dem was man sieht/hört/wahrnimmt."

Meine Frage besteht immer noch: An was soll man sich denn orientieren, wenn nicht "an dem was man sieht/hört/wahrnimmt"?
Der gesellschaftliche Bezug, auf den du jetzt verweist, kann's ja nicht sein, denn erstens hat man auch von dem (solange man nicht in Idealismus abgleitet) ja auch nichts anderes als das, "was man sieht/hört/wahrnimmt"; und zweitens ist der gesellschaftliche Bezug in meiner Betrachtung ja längst enthalten, da ich zur Ermittlung von Bedeutungen einer Aussage ja immer wieder auf den Kontext, also selbstverständlich auch die gesellschaftlichen Verhältnisse, verweise.

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    Beitrag(#2247245) Verfasst am: 08.04.2021, 20:49    Titel: Antworten mit Zitat

    tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
    Skeptiker hat folgendes geschrieben:
    Anders gesagt: Faschisten sind nichts, was von dieser Gesellschaft unabhängig erkannt und diagnostiziert werden kann.

    Da Faschismus wie die Gesellschaft auch etwas dynamisches ist, verändern sich auch sprachliche Muster bis hin zu immer größeren Zweideutigkeiten, Mehrdeutigkeiten und Irreführungen.

    Kein Widerspruch. Wer hat denn hier etwas anderes gesagt?

    Nur: Am Anfang dieser Teildiskussion hast du gefragt, woran ich denn Nazis erkennen wollte, wenn sie sich "verstellen". Meine Antwort war, dass man auch dann ihr Handeln und Sprechen betrachten müsse, nur eben genauer. Das hieltest du für ein "ein sehr formalistisches Vorgehen, weil weiterhin orientiert an dem was man sieht/hört/wahrnimmt."

    Meine Frage besteht immer noch: An was soll man sich denn orientieren, wenn nicht "an dem was man sieht/hört/wahrnimmt"?
    Der gesellschaftliche Bezug, auf den du jetzt verweist, kann's ja nicht sein, denn erstens hat man auch von dem (solange man nicht in Idealismus abgleitet) ja auch nichts anderes als das, "was man sieht/hört/wahrnimmt"; und zweitens ist der gesellschaftliche Bezug in meiner Betrachtung ja längst enthalten, da ich zur Ermittlung von Bedeutungen einer Aussage ja immer wieder auf den Kontext, also selbstverständlich auch die gesellschaftlichen Verhältnisse, verweise.


      Wir können die Frage verallgemeinern in die Fragen:

      Woran erkennt man Intentionen?

      und

      Woran erkennt man bestimmte Intentionen?

      An Handlungen, sicher. An Aussagen, sicherlich auch.

      Die Zusatzfrage dazu aber ist: Welche Handlungen, welche Aussagen sollen das sein?

      Hast du dafür eine Blacklist, auf der das notiert ist? Ich sage dir, die ist sehr schnell veraltet und falsch.

      Damit entgleitet dir der Gegenstand, weil du extrem formalistisch an die Erkenntnis heran gehst.
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      Beitrag(#2247246) Verfasst am: 08.04.2021, 21:03    Titel: Antworten mit Zitat

      Skeptiker hat folgendes geschrieben:
      Hast du dafür eine Blacklist, auf der das notiert ist? Ich sage dir, die ist sehr schnell veraltet und falsch.

      Ja - da könnte heutiger Faschist/Faschismus vor einen stehen und man erkennt ihn nicht als solchen.

      Allerdings, wenn man heutige Faschisten/Faschismus erkennen würde könnte es sein das einem nicht gefallen würde was/wen man als solchen erkennen würde. Von daher könnte ich es verstehen wenn man nur formal mit alten bekannten Suchmustern sucht und -wenn- dann (nur) Legacy-Faschismus erkennt, aber keinen Neo-Faschismus.
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      Beitrag(#2247247) Verfasst am: 08.04.2021, 21:08    Titel: Antworten mit Zitat

      Tarvoc hat folgendes geschrieben:
      Skeptiker hat folgendes geschrieben:
      Das Konzept vom EgV [steht] einerseits den atomistischen Theorien gegenüber, denen zufolge das Entstehen einer Gesellschaft autonome und unabhängige Individuen voraussetzt, und andererseits den essentialistischen und idealistischen Theorien, die das soziale Band auf ein universelles ideales ›menschliches Wesen‹ gründen, das zu allen Zeiten allen Menschen innewohnt.

      Gut zitiert. Jetzt müsstest du nur noch nachweisen, dass derjenige, an den sich dein Vorwurf richtet (also in diesem Falle ich), hier im Thead entweder einen Atomismus oder einen Essenzialismus im hier beschriebenen Sinne vertreten hätte.


      Marx spricht hier vor allem gegen ein undialektisches und antimaterialistisches Verständnis des menschlichens Wesens, damit implizit auch seiner Sprache und seines Bewusstseins.

      Tarvoc hat folgendes geschrieben:
      Skeptiker hat folgendes geschrieben:
      Anders gesagt: Faschisten sind nichts, was von dieser Gesellschaft unabhängig erkannt und diagnostiziert werden kann.


      Völlig richtig. Noch deutlicher: Der Begriff "Faschismus" hätte im Kontext z.B. des mittelalterlichen englischen Feudalsystems oder der geldlosen agrarischen Planwirtschaft der Inkas nicht einmal einen Sinn.

      Nun müsstest du nur noch zeigen, dass irgendwer hier im Thread was Gegenteiliges behauptet hätte.


      Ich sehe hier im thread niemanden, der überhaupt etwas Substanzielles zu Faschismus sagt. Oder zu Gesellschaftskritik. Statt dessen sehe ich zu meiner Verwunderung von deiner Seite aus den Faschismus durch Sprache begründet.

      Tarvoc hat folgendes geschrieben:
      Skeptiker hat folgendes geschrieben:
      Da Faschismus wie die Gesellschaft auch etwas dynamisches ist, verändern sich auch sprachliche Muster bis hin zu immer größeren Zweideutigkeiten, Mehrdeutigkeiten und Irreführungen.

      Ja, das ist eine Richtung, in der die Veränderung gehen kann und gegenwärtig wohl auch tatsächlich geht. Jetzt müsstest du nur noch sagen, wofür genau das ein Argument ist.


      Das habe ich eben an tillich geschrieben.

      Tarvoc hat folgendes geschrieben:
      Skeptiker hat folgendes geschrieben:
      Sprachanalyse als Diagnosemittel ist eine Sache. Als Therapie taugt sie kaum.

      Zumindest gibst du damit zu, dass sie als Diagnosemittel "eine Sache" ist. Da der Thread hier ohnehin erkennbar Diagnosezwecken dient: Können wir jetzt bitte wieder zum Threadthema zurückkommen?


      Das threadthema hat doch tillich definiert. Und dem geht es, soweit ich ihn verstehe, auch um praktische Schlussfolgerungen aus den Diagnosen.
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      Beitrag(#2247248) Verfasst am: 08.04.2021, 21:17    Titel: Antworten mit Zitat

      Tarvoc hat folgendes geschrieben:
      Skeptiker hat folgendes geschrieben:
      Du kannst hier ganze Wände von Marx zitieren und trotzdem einer idealistischen Sprachphilosophie anhängen.

      Zu blöd nur, dass die Philosophie, der ich oder sonst irgendeine Diskussionsteilnehmer anhängen, am Inhalt der Deutschen Ideologie nichts ändert. (Postmodern wäre ich übrigens, wenn ich das bestreiten würde.)

      Du überzeugst niemanden davon, dass ich einer "idealistischen Sprachphilosophie" anhänge, solange du es weiterhin nicht mal versuchst. Wobei: Da du nunmal nicht glaubst, dass Sprache auch nur teilursächlich das Bewusstsein bestimmen oder beeinflussen kann (denn das wäre ja postmodern!!), machst du dir wohl einfach gar nicht erst die Mühe, mit sprachlicher Argumentation das Bewusstsein anderer überzeugen zu wollen. Deshalb führst du hier ja auch so oft Selbstgespräche. Lachen


      Du bist immer so geistreich, aber leider oft etwas gedankenarm.
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      Beitrag(#2247254) Verfasst am: 08.04.2021, 22:17    Titel: Antworten mit Zitat

      Skeptiker hat folgendes geschrieben:
      Woran erkennt man bestimmte Intentionen?

      Ich verstehe gerade nicht, was du von mir willst.
      Erst scheinst du mir zuzustimmen, ...
      Skeptiker hat folgendes geschrieben:
      An Handlungen, sicher. An Aussagen, sicherlich auch.

      ... dass man Intentionen an Handlungen und Aussagen erkennt (immer die gesellschaftliche Situation, in der diese eine Bedeutung bekommen, mitbetrachtet); wobei ich "erkennen", das sich sehr eindeutig anhört, lieber abschwächen würde darauf, dass man von der Bedeutung einer Handlung oder Aussage auf mutmaßliche Intentionen rückschließen kann.
      (Stimmst du mir auch darin zu, dass man nur Handlungern und Aussagen dafür zur Verfügung hat? Wenn nein, was sonst noch?)

      Dann aber stellst du eine allgemeine Frage ...
      Skeptiker hat folgendes geschrieben:
      Woran erkennt man bestimmte Intentionen?

      ... die ziemlich seltsam, ja sinnlos ist: Wie soll man denn darauf antworten, ohne konkrete Aussagen in konkreten Situationen zu betrachten?
      Es ist ja völlig unmöglich, für jede denkbare Intention (oder auch nur eingeschränkt auf faschistische Intentionen) im Vorhinein klare Marker festzulegen, da ja - wie ich immer wieder betont habe - der Kontext die Bedeutung einer Aussage mitbestimmt und somit in jeder neuen Situation neue Aussagen/ Handlungen eine bestimmte Bedeutung mit einer möglichen entsprechenden Intention haben können.

      Das sagst du sinngemäß dann ja auch selbst:
      Skeptiker hat folgendes geschrieben:
      Hast du dafür eine Blacklist, auf der das notiert ist? Ich sage dir, die ist sehr schnell veraltet und falsch.

      Aber was sollte dann die Frage?

      Anschließend hast du dann, bevor ich überhaupt die Gelegenheit zur Antwort habe, schon eine Bewertung meiner Haltung zu der Frage, ...
      Skeptiker hat folgendes geschrieben:
      Damit entgleitet dir der Gegenstand, ...

      ... so als hätte ich schon auf deine Frage geantwortet, und zwar in dem Sinne, den du dann abgelehnt hast. Die Frage erweist sich also als rhetorische Frage, mittels derer du mir eine Aussage unterschiebst (dass ich sinngemäß eine "Liste" mit Kennzeichen bestimmter Intentionen hätte), die ich aber gar nicht vertreten habe. Wobei diese untergeschobene Haltung auch überhaupt nicht zu meiner bisher vertretenen Position passt (s. das Gebläute oben); vor allem, da ich deiner vorigen Aussage ...
      Skeptiker hat folgendes geschrieben:
      Da Faschismus wie die Gesellschaft auch etwas dynamisches ist, verändern sich auch sprachliche Muster bis hin zu immer größeren Zweideutigkeiten, Mehrdeutigkeiten und Irreführungen.

      ... ja schon ausdrücklich zugestimmt hatte (was du ja sogar zitierst).

      Und aus dieser untergeschobenen Antwort auf die rhetorische Frage ziehst du dann eine Gesamtbewertung meiner Position:
      Skeptiker hat folgendes geschrieben:
      ..., weil du extrem formalistisch an die Erkenntnis heran gehst.

      Und zwar nur aus dieser untergeschobenen Aussage, denn einen anderen Beleg, dass ich "extrem formalistisch an die Erkenntnis heran[ginge]", hast du ja nicht.

      ------------------------------------------------------

      Insgesamt hast du damit ein nahezu perfektes Exempel dafür geliefert, wie du in Diskussionen mit mir vorgehst: Du knüpfst scheinbar an etwas an, was ich gesagt habe; tatsächlich ignorierst du es inhaltlich aber und schiebst mir stattdessen einen Strohmann unter, der zu meiner Position gar nicht passt; und mittels dieses Strohmannes fällst du dann ein Gesamturteil über meine Position. Und wunderbarerweise passt das dann zu dem Urteil, dass du sowieso immer schon hattest.

      Und mit diesem ganzen Verwirrspiel, mit dem du mir einen deinen Vorurteilen genehmen Strohmann unterschiebst, weichst du außerdem meiner Frage aus:
      tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
      Meine Frage besteht immer noch: An was soll man sich denn orientieren, wenn nicht "an dem was man sieht/hört/wahrnimmt"?
      Der gesellschaftliche Bezug, auf den du jetzt verweist, kann's ja nicht sein, denn erstens hat man auch von dem (solange man nicht in Idealismus abgleitet) ja auch nichts anderes als das, "was man sieht/hört/wahrnimmt"; und zweitens ist der gesellschaftliche Bezug in meiner Betrachtung ja längst enthalten, da ich zur Ermittlung von Bedeutungen einer Aussage ja immer wieder auf den Kontext, also selbstverständlich auch die gesellschaftlichen Verhältnisse, verweise.

      Die besteht aber immer noch.
      _________________
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      Beitrag(#2247258) Verfasst am: 08.04.2021, 23:27    Titel: Antworten mit Zitat

      Skeptiker hat folgendes geschrieben:
      Statt dessen sehe ich zu meiner Verwunderung von deiner Seite aus den Faschismus durch Sprache begründet.

      Mit Verlaub: Hör auf, solchen Blech zu reden. Wenn hier jemand reduktionistisch unterwegs ist, dann bin nicht ich das.
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      Beitrag(#2248613) Verfasst am: 23.04.2021, 16:45    Titel: Antworten mit Zitat

      Die Schauspieler-Videos zu Corona-Maßnahmen:
      FAZ hat folgendes geschrieben:
      Und ich entschuldige mich dafür, dass das falsch verstanden werden konnte.
      [...]
      Meret Becker sagte, sie lasse sich impfen, trage Maske, halte Abstand und lasse sich testen, wenn sie mit Menschen in Kontakt trete. Das sei damit nicht gemeint. Dass die Aktion instrumentalisiert werde von der rechten Seite, sei das Letzte, was sie gewollt habe.
      [,,,]
      Wir hätten vielleicht mehr das sagen sollen, was eigentlich gemeint ist“, sagte Becker.

      Revolutionäre Idee.
      Wobei die Videos ja erkennbar ironisch waren - aber die Bedeutung der Ironie zumindest bei den Videos, die ich gesehen habe (alle habe ich mir nicht angeschaut), ja sehr klar in eine ganz andere Richtung ging, als Becker das jetzt gerne hätte.
      _________________
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      Beitrag(#2248616) Verfasst am: 23.04.2021, 17:08    Titel: Antworten mit Zitat

      tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
      Die Schauspieler-Videos zu Corona-Maßnahmen:
      FAZ hat folgendes geschrieben:
      Und ich entschuldige mich dafür, dass das falsch verstanden werden konnte.
      [...]
      Meret Becker sagte, sie lasse sich impfen, trage Maske, halte Abstand und lasse sich testen, wenn sie mit Menschen in Kontakt trete. Das sei damit nicht gemeint. Dass die Aktion instrumentalisiert werde von der rechten Seite, sei das Letzte, was sie gewollt habe.
      [,,,]
      Wir hätten vielleicht mehr das sagen sollen, was eigentlich gemeint ist“, sagte Becker.

      Revolutionäre Idee.
      Wobei die Videos ja erkennbar ironisch waren - aber die Bedeutung der Ironie zumindest bei den Videos, die ich gesehen habe (alle habe ich mir nicht angeschaut), ja sehr klar in eine ganz andere Richtung ging, als Becker das jetzt gerne hätte.

      Um noch einmal kurz reinzugrätschen: Natürlich ist diese Art der Entschuldigung gelegentlich richtig und auch aufrichtig, aber in den meisten Fällen eben doch nur eine Müll-Äußerung.
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      Beitrag(#2250051) Verfasst am: 06.05.2021, 14:16    Titel: Antworten mit Zitat

      Martin Sonneborn spricht im Interview mit t-online über den Empörungsfuror in Zeiten der Corona-Krise, seine Bewertung der "Alles dicht machen"-Aktion – und über die seiner Ansicht nach wenigen Dinge, über die in Deutschland noch alle lachen könne
      https://www.t-online.de/unterhaltung/humor/id_89935914/martin-sonneborn-ueber-einen-witz-denke-ich-jetzt-zwei-mal-nach-.html

      Zitat:
      t-online: Herr Sonneborn, ist die Humorarbeit in Deutschland inzwischen zu einem Minenfeld verkommen, auf dem Comedians, aber auch Schauspieler oder ganze TV-Sender ständig Gefahr laufen, in die Luft gejagt zu werden?

      Martin Sonneborn: Yep, und langsam beginne ich mich über jeden noch so dämlichen Shitstorm zu freuen. Je häufiger und je stärker die werden, desto eher explodiert das Internet und die Menschen kommen hoffentlich halbwegs wieder zur Besinnung. Ansonsten werde ich Twitter leider schließen müssen.




      Zitat:
      Zuletzt war es die Aktion "Alles dicht machen", die anschaulich die Polarisierung der Gesellschaft anhand einer "ironisch" gemeinten Video-Aktion offenbarte. Wie bewerten Sie die Aktion und ihre Folgen?

      Natürlich gab es viel Unfug in den Videos. Aber eine Gesellschaft muss in der Lage sein, anders mit Verstörungen umzugehen – Kernaufgabe von Kunst, Satire, Theater, Schauspielern. Das Ausmaß der zur Schau gestellten Empörung – sogar aus der SPD-Spitze, und deren Witze sind wahrlich nicht besser! – war mir keineswegs sympathischer.


      Zitat:
      ch würde die "Alles dicht machen"-Filme nicht über einen Kamm scheren, es lassen sich sicherlich Merkmale der Satire aufzeigen.

      Haben Sie dafür ein konkretes Beispiel?

      Yep, der Beitrag von Nadine Dubois.

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      Beitrag(#2250101) Verfasst am: 06.05.2021, 22:54    Titel: Antworten mit Zitat

      Wenn er selber meint, dass es viel Unfug in den Videos gegeben habe, weiß ich nicht, was er gegen die Kritik daran einzuwenden hat. Wie ich insgesamt nicht recht weiß, was er mir sagen will.
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      Beitrag(#2250103) Verfasst am: 06.05.2021, 23:41    Titel: Antworten mit Zitat

      Ich ziehe meine Antwort mal in diesen Thread, um den Spaß-Thread nicht weiter zu belasten. Passt mE hier auch ganz gut.

      Bravopunk hat folgendes geschrieben:
      Ich kann dieses moralische Sendungsbewusstsein von PETA nicht ausstehen. Wenn es zudem in einem TV-Spot aus einem kleinen Mädchen kommt, nach dem naiven Motto "Kindermund tut Wahrheit kund" hab ich die Kappe eigentlich schon gleich zwei Mal auf. Wenn dann auch noch von Speziesismus und Mord schwadroniert wird, hat das nicht mehr und nicht weniger als meinen beißendsten Spott verdient. Das Ziel waren also von Anfang an die Moralapostel von PETA und ihr Gebaren, niemand sonst!

      Das habe ich auch so verstanden. Als Reaktion auf das PETA-Zeug einen "dummen Gedanken" zu formulieren, jetzt erst recht und ohne Rücksicht auf das Tierwohl Fleisch essen zu wollen, kann ich völlig nachvollziehen.
      Aber:
      Bravopunk hat folgendes geschrieben:
      Halal kam eigentlich nur als Synonym fürs Schächten ins Spiel. Und das stumpfe Messer als ausdrückliche Hinzufügung zu selbigem, die normalerweise nicht dazu gehört. Sonst hätte ich es als betonten Zusatz in einem Nebensatz getan und dementsprechend hinterm "Halal" ein Komma gesetzt. Das Schächten selbst kam vor, weil es onomatopoetiech schöner klingt als das gewöhnliche Schlachten und außerdem langsames ausbluten erfordert.

      Damit hast du eben als Material für das "ohne Rücksicht auf das Tierwohl" nicht die Art der Fleischproduktion genommen, die hierzulande vorherrscht und dafür wahrhaftig genug Anlass bietet, sondern auffälligerweise - so als wäre das das Paradebeispiel für Tierquälerei - das rituelle muslimische Schlachten; und dazu formulierst du es noch so, als ob noch besondere Grausamkeit typisch dazugehöre. (Wir könnten das noch meinetwegen sprachlich auseinandernehmen.)

      Und eine solche Verzerrung des Schächtens ist nun einmal, in Verbindung mit vorgeschobenem Tierschutz, ein verbreiteter Topos antimuslimischer (und früher antisemitischer) Hetze, den du damit reproduzierst.

      Denn:
      Bravopunk hat folgendes geschrieben:
      Das hat rein gar nichts mit Ressentiments und ihrer Reproduktion zu tun.

      Es mag sein, dass du in deinem nur dir zugänglichen Inneren eigentlich keine Ressentiments gegen Muslime hast. Das weiß ich nicht und ist mir auch egal. Aber wenn eine Aussage ganz exakt einem verbreiteten Topos eines Ressentiments entspricht, reproduziert sie diesen Topos eben. Ist einfach so.
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      Beitrag(#2250104) Verfasst am: 07.05.2021, 00:34    Titel: Antworten mit Zitat

      Hast Recht. Das passt hier echt gut rein. Vor allem, weil du einen Beitrag höher noch so schön betont hast nicht zu wissen, was Sonneborn von dir will, wenn er die Gesellschaft dazu auffordert "anders mit Verstörungen umzugehen". Die deiner Meinung zufolge (unbewusste) Reproduktion von anti-muslimischen Ressentiments ist genau so eine Verstörung, mit der du falsch umgegangen bist. Nämlich mit deinem kleinen moralischen Aufschrei, den du meintest mir um die Ohren hauen zu müssen, weil du in meiner Aussage Ressentiments erkannt hast deren Anfängen es zu wehren galt. Unabhängig davon, ob du das eigentlich Gemeinte wirklich entschlüsselt hattest. Das ist genau das Problem mit der Abbruchkultur: Stets meint der von ihr erwegt und zur Abhilfe allen Übels berufen Gefühlte das Böse zu erkennen, egal worin. Alles ist problematisch, nichts ist gefeit in den strafenden Blicken der immerprüfenden Augen die Probe der Reinheit zu bestehen.

      Ich will nicht sagen, ich hätte meinen Gedanken nicht absichtlich provokant formuliert, denn das ist ja der Sinn des Spotts. Aber die Mithinzufügung muslimischer (oder auch jüdischer) Begriffe und die damit verbundenen Traditionen verstehe ich als Form der Inklusion, eines bunten, vielschichtigen, ja sogar weltoffenen Vokabulars, während sie dir mindestens als Vorstufe zur xenophobischen Hetze erscheint. Die Grenzen zu Spaltung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus können in solchen Scherzen schon mal fließend sein, das gebe ich gerne zu. Aber wer in jedem schwarzen Schaf (oder auch nur welchen mit solchem Humor) gleich den Wolf erkennt, den es auszutreiben gilt, der muss sich nicht wundern, wenn ihm die Herde wegläuft.

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      Beitrag(#2250109) Verfasst am: 07.05.2021, 07:58    Titel: Antworten mit Zitat

      Wilson hat folgendes geschrieben:
      Martin Sonneborn spricht im Interview mit t-online über den Empörungsfuror in Zeiten der Corona-Krise, seine Bewertung der "Alles dicht machen"-Aktion – und über die seiner Ansicht nach wenigen Dinge, über die in Deutschland noch alle lachen könne
      https://www.t-online.de/unterhaltung/humor/id_89935914/martin-sonneborn-ueber-einen-witz-denke-ich-jetzt-zwei-mal-nach-.html

      Zitat:
      t-online: Herr Sonneborn, ist die Humorarbeit in Deutschland inzwischen zu einem Minenfeld verkommen, auf dem Comedians, aber auch Schauspieler oder ganze TV-Sender ständig Gefahr laufen, in die Luft gejagt zu werden?

      Martin Sonneborn: Yep, und langsam beginne ich mich über jeden noch so dämlichen Shitstorm zu freuen. Je häufiger und je stärker die werden, desto eher explodiert das Internet und die Menschen kommen hoffentlich halbwegs wieder zur Besinnung. Ansonsten werde ich Twitter leider schließen müssen.


      Zitat:
      Zuletzt war es die Aktion "Alles dicht machen", die anschaulich die Polarisierung der Gesellschaft anhand einer "ironisch" gemeinten Video-Aktion offenbarte. Wie bewerten Sie die Aktion und ihre Folgen?

      Natürlich gab es viel Unfug in den Videos. Aber eine Gesellschaft muss in der Lage sein, anders mit Verstörungen umzugehen – Kernaufgabe von Kunst, Satire, Theater, Schauspielern. Das Ausmaß der zur Schau gestellten Empörung – sogar aus der SPD-Spitze, und deren Witze sind wahrlich nicht besser! – war mir keineswegs sympathischer.


      Zitat:
      ch würde die "Alles dicht machen"-Filme nicht über einen Kamm scheren, es lassen sich sicherlich Merkmale der Satire aufzeigen.

      Haben Sie dafür ein konkretes Beispiel?

      Yep, der Beitrag von Nadine Dubois.


      Es geht nicht nur um Sonneborn. Satire hat es schon immer schwer gehabt. Entweder sie wurde verboten und ihre Urheber eingekerkert und hingerichtet oder sie wird zensiert oder sie wird einer Umwertung aller Werte (Nietzsche) unterzogen, so dass sie als das Gegenteil dessen erscheint, was sie ist.

      Satire ist natürlich Herrschaftskritik, die auch bei weitem mehr ist als etwa nur Regierungskritik und Kritik an sonstigen Randparametern der Verhältnisse. Gute Satire dringt durchaus schon mal zum Kern von herrschaftlichen Verhältnissen durch.

      Ihr Stilmittel ist im Grunde die Überzeichnung des Bestehenden, so dass dieses gerade in seiner grotesken Übertreibung und Verzerrung umso sichtbarer wird - das ist das satirische Paradox.

      Satire erfindet also keine Realität, sondern zeichnet sie lediglich mit ausgesuchten, besonders grellen Farbtönen nach. Hinter der Verfremdung erkennt man denn bei genauem Hinsehen das Wahre und Schlechte.

      In den Videos der Künstler findet sich selten echte Satire, dafür allerlei Hinweise auf deren soziale und Klassenlage. In Zeiten von Corona haben sie weniger Möglichkeiten, Geld zu verdienen. Das ist der eigentliche Kern ihres Anliegens.

      Gesellschaftskritik als solche steckt selten dahinter, sondern nur die ökonomischen Bedürfnisse einer bestimmten gesellschaftlichen Schicht.

      Dieser eigentliche Kern des Protests ist für sich betrachtet, ja eigentlich legitim.

      Die Begrenztheit eines solchen Protestes liegt allerdings in der fehlenden Verallgemeinerbarkeit desselben aus eben jenem benannten Grunde.

      Insofern würde ich auch wie Sonneborn für einen souveräneren Umgang mit dieser Sache plädieren, aber auf Grundlage einer materiellen Analyse.

      Die Klassengrundlagen der Corona-Querfrontler sind übrigens ein bisschen anders als bei den Künstlern. Die Quertrottels vertreten - auch bei näherem Hinsehen - keine sozialen, sondern ausschließlich asoziale Anliegen, was sie als rechte Bewegung auszeichnet.

      Genau das ist eben die Trennlinie zwischen rechts und links. Ersteres ist asozial, letzteres - and last but not least! - ist sozial. Smilie
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      Beitrag(#2250121) Verfasst am: 07.05.2021, 11:27    Titel: Antworten mit Zitat

      Bravopunk hat folgendes geschrieben:
      Die deiner Meinung zufolge (unbewusste) Reproduktion von anti-muslimischen Ressentiments ist genau so eine Verstörung, mit der du falsch umgegangen bist.

      Meine Meinung zur bewussten oder unbewussten Reproduktion von beleidigenden, ausgrenzenden Stereotypen ist: Sollte man nicht machen, und wenn jemand das macht, sollte man das sagen. Warum das ein "falscher Umgang" damit sei, müsstest du irgendwie begründen.

      Bravopunk hat folgendes geschrieben:
      Nämlich mit deinem kleinen moralischen Aufschrei, den du meintest mir um die Ohren hauen zu müssen, weil du in meiner Aussage Ressentiments erkannt hast deren Anfängen es zu wehren galt. Unabhängig davon, ob du das eigentlich Gemeinte wirklich entschlüsselt hattest. Das ist genau das Problem mit der Abbruchkultur: Stets meint der von ihr erwegt und zur Abhilfe allen Übels berufen Gefühlte das Böse zu erkennen, egal worin. Alles ist problematisch, nichts ist gefeit in den strafenden Blicken der immerprüfenden Augen die Probe der Reinheit zu bestehen.

      Abgesehen von der übertreibenden "Du Gutmensch bist so gemein zu mir und hast mich gar nicht verstanden"-Rhetorik, auf die ich nicht näher eingehen will: Was soll daran falsch sein, auf etwas, das man mit guten ethischen Gründen als falsch beurteilt (hier: die Verwendung ausgrenzender Stereotype), hinzuweisen?

      Bravopunk hat folgendes geschrieben:
      Ich will nicht sagen, ich hätte meinen Gedanken nicht absichtlich provokant formuliert, denn das ist ja der Sinn des Spotts. Aber die Mithinzufügung muslimischer (oder auch jüdischer) Begriffe und die damit verbundenen Traditionen verstehe ich als Form der Inklusion, eines bunten, vielschichtigen, ja sogar weltoffenen Vokabulars, [...]

      Also ... tut mir Leid, aber: Wir haben hier ein Stereotyp, das ...:
      - ein allgemeines gesellschaftliches Problem, nämlich Tierleid in der Fleischproduktion, spezifisch auf die Religion einer Minderheit projiziert;
      - dies mit Falschdarstellungen tut, denn Schächten soll ja gerade schnell und schmerzfrei und das Messer deshalb fehlerlos und scharf sein;
      - dies einer Lust an der Grausamkeit zuschreibt.
      In dieser Kombination wird das Stereotyp für rechtsextremistische, ausgrenzende Hetze benutzt.
      Und dieses Stereotyp hast du exakt reproduziert. Und das soll nun "inklusiv" und "weltoffen" sein?
      Pillepalle

      -------------------------------------

      Zu meiner Jugendzeit gab es die Redewendung "Ich bin doch nicht dein N*", um eine Aufforderung, irgendeine Sache für einen anderen zu tun, zurückzuweisen. Für dich ist das wahrscheinlich auch eine "inklusive" und "wetoffene" Rezeption der Geschichte von Schwarzen in der Sklaverei im alltäglichen Sprachgebrauch ... und nicht etwa selbst rassistisch.
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      Ahriman
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      Beitrag(#2250126) Verfasst am: 07.05.2021, 11:52    Titel: Antworten mit Zitat

      tillich hat folgendes geschrieben:
      Zu meiner Jugendzeit gab es die Redewendung "Ich bin doch nicht dein N*", um eine Aufforderung, irgendeine Sache für einen anderen zu tun, zurückzuweisen. Für dich ist das wahrscheinlich auch eine "inklusive" und "wetoffene" Rezeption der Geschichte von Schwarzen in der Sklaverei im alltäglichen Sprachgebrauch ... und nicht etwa selbst rassistisch.

      Diesen Ausspruch kenn ich auch, aus meiner Schulzeit. So alt ist der. Heute könnte man sagen: "Ich bin doch nicht dein Türke!" in Anbetracht dessen daß die in unserem Land die unangenehmen Arbeiten (z.B. Müllabfuhr) machen. Aber dann kommt bestimmt ein PC-Idiot und meint, das wär ausländerfeindlich.
      Ich hab erst kürzlich wieder hier eine Rüge einstecken müssen, weil ich es unterließ bei einer Bemerkung [ironiemodus][/ironiemodus] hinzuschreiben.
      FGH-User sind sehr humorlos. Das merkt man an den lustigen Threads (Witze, Funpics u.dergl.) - sie sind meist nur traurig. Man muß hier nur "Ks -Ks!" sagen, und gleich bellt die Meute, und ein Admin erhebt den Zeigefinger.
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      Beitrag(#2250127) Verfasst am: 07.05.2021, 12:04    Titel: Antworten mit Zitat

      tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:

      Zu meiner Jugendzeit gab es die Redewendung "Ich bin doch nicht dein N*", um eine Aufforderung, irgendeine Sache für einen anderen zu tun, zurückzuweisen. Für dich ist das wahrscheinlich auch eine "inklusive" und "wetoffene" Rezeption der Geschichte von Schwarzen in der Sklaverei im alltäglichen Sprachgebrauch ... und nicht etwa selbst rassistisch.


      Scheiße, das kommt mir auch gerade bekannt vor! Geschockt
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      kolja
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      Beitrag(#2250129) Verfasst am: 07.05.2021, 13:15    Titel: Antworten mit Zitat

      tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
      Schächten soll ja gerade schnell und schmerzfrei und das Messer deshalb fehlerlos und scharf sein

      Das ist allerdings auch sachlich eher fragwürdig.

      Tierschützer argumentieren, dass das Tier nach dem Aufschneiden der Halsschlagader nicht sofort das Bewusstsein verliert, sondern das Ausbluten durchaus noch ne knappe Minute bewusst erlebt, also sehr wohl mehr leidet als das zB bei einem Bolzenschuss direkt ins Gehirn der Fall wäre.

      Es mag sein, dass das Schächten im historischen Kontext mit der Begründung eingeführt wurde, das Leid zu reduzieren, und möglicherweise war das ja auch im Vergleich zu anderen damals üblichen Schlachtmethoden der Fall. Insofern ist die Unterstellung einer Lust an Grausamkeit sicher falsch. Aber das Argument, dass die Methode gemessen an heute verfügbaren Methoden grausam sei, wird dadurch nicht ungültig.

      Und richtig ist sicher auch, dass die Fokussierung auf den Moment der Tötung den größten Teil des Problems sowieso ausblendet, und aus Tierschutzsicht eher einen Nebenschauplatz darstellt.
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      goedelchen
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      Beitrag(#2250130) Verfasst am: 07.05.2021, 13:25    Titel: Antworten mit Zitat

      kolja hat folgendes geschrieben:
      tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
      Schächten soll ja gerade schnell und schmerzfrei und das Messer deshalb fehlerlos und scharf sein

      Das ist allerdings auch sachlich eher fragwürdig.

      Tierschützer argumentieren, dass das Tier nach dem Aufschneiden der Halsschlagader nicht sofort das Bewusstsein verliert, sondern das Ausbluten durchaus noch ne knappe Minute bewusst erlebt, also sehr wohl mehr leidet als das zB bei einem Bolzenschuss direkt ins Gehirn der Fall wäre.

      Es mag sein, dass das Schächten im historischen Kontext mit der Begründung eingeführt wurde, das Leid zu reduzieren, und möglicherweise war das ja auch im Vergleich zu anderen damals üblichen Schlachtmethoden der Fall. Insofern ist die Unterstellung einer Lust an Grausamkeit sicher falsch. Aber das Argument, dass die Methode gemessen an heute verfügbaren Methoden grausam sei, wird dadurch nicht ungültig.

      Und richtig ist sicher auch, dass die Fokussierung auf den Moment der Tötung den größten Teil des Problems sowieso ausblendet, und aus Tierschutzsicht eher einen Nebenschauplatz darstellt.


      A la bonheur. Das ist völlig richtig, wollte ich gerade auch so mal los werden.

      Das ganze Gehabe um das Schächten zwingt unsere Gerichtsbarkeit in einen Eiertanz. Jeder der 2021 in unsere humanistisch aufgestellten Gesellschaft lebt, könnte/ kann den Gedankengang des strafbewerten Schächtungsverbots in aller Klarheit nachvollziehen.

      Wer unsere Verfasstheit gegenüber religiösen Anwandlungen in unserem Verständnis von Religionsfreiheit ständig in solchen Sachen " belästigt", will eigentlich nicht durch Urteilsfindungen zur Weiterentwicklung in der Sache beitragen (die Sache ist in dem kulturellen, religiösen Verständnis hier gegessen.) , sondern nur Rechte stretchen und abgelegte Auffassung der Gesellschaft unterschieben.
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      Anmeldungsdatum: 05.08.2007
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      Beitrag(#2250132) Verfasst am: 07.05.2021, 14:01    Titel: Antworten mit Zitat

      kolja hat folgendes geschrieben:
      tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
      Schächten soll ja gerade schnell und schmerzfrei und das Messer deshalb fehlerlos und scharf sein

      Das ist allerdings auch sachlich eher fragwürdig.

      Tierschützer argumentieren, dass das Tier nach dem Aufschneiden der Halsschlagader nicht sofort das Bewusstsein verliert, sondern das Ausbluten durchaus noch ne knappe Minute bewusst erlebt, also sehr wohl mehr leidet als das zB bei einem Bolzenschuss direkt ins Gehirn der Fall wäre.

      Es mag sein, dass das Schächten im historischen Kontext mit der Begründung eingeführt wurde, das Leid zu reduzieren, und möglicherweise war das ja auch im Vergleich zu anderen damals üblichen Schlachtmethoden der Fall. Insofern ist die Unterstellung einer Lust an Grausamkeit sicher falsch. Aber das Argument, dass die Methode gemessen an heute verfügbaren Methoden grausam sei, wird dadurch nicht ungültig.

      Die Leute früher hatten kein Bolzenschussgerät und auch keine Elektrozange(oder wie man das nennt), auch nicht unsere heutige Messer.
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      tillich (epigonal)
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      Anmeldungsdatum: 12.04.2006
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      Beitrag(#2250139) Verfasst am: 07.05.2021, 15:03    Titel: Antworten mit Zitat

      kolja hat folgendes geschrieben:
      tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
      Schächten soll ja gerade schnell und schmerzfrei und das Messer deshalb fehlerlos und scharf sein

      Das ist allerdings auch sachlich eher fragwürdig.

      Tierschützer argumentieren, dass das Tier nach dem Aufschneiden der Halsschlagader nicht sofort das Bewusstsein verliert, sondern das Ausbluten durchaus noch ne knappe Minute bewusst erlebt, also sehr wohl mehr leidet als das zB bei einem Bolzenschuss direkt ins Gehirn der Fall wäre.

      Dass die Frage in diesem Punkt umstritten ist, will ich überhaupt nicht bestreiten.

      kolja hat folgendes geschrieben:
      Es mag sein, dass das Schächten im historischen Kontext mit der Begründung eingeführt wurde, das Leid zu reduzieren, [...]

      Glaube ich nicht mal, dass das die zentrale Begründung war. Die religiöse Begründung im Judentum (möglicherweise im Islam auch, aber da bin ich nicht sicher) ist ja, dass das Tier vollständig ausbluten soll, weil das Blut als der zentrale Sitz des Lebens angesehen wird und der Mensch das nicht zu sich nehmen soll.
      Aber jedenfalls sollte und soll die Schlachtung im Rahmen dieser Methode möglichst schnell und schmerzfrei geschehen.

      kolja hat folgendes geschrieben:
      [...], und möglicherweise war das ja auch im Vergleich zu anderen damals üblichen Schlachtmethoden der Fall.

      Möglich. Irgendwo im NT steht als verbotenes Fleisch was von "Ersticktem". Hört sich nicht tierfreundlich an, aber wirkliche AHnung von der damaligen Praxis habe ich nicht.

      kolja hat folgendes geschrieben:
      Und richtig ist sicher auch, dass die Fokussierung auf den Moment der Tötung den größten Teil des Problems sowieso ausblendet, und aus Tierschutzsicht eher einen Nebenschauplatz darstellt.

      Exakt; und daran, dass die Antisemiten und Islamfeinde sich auf diesen Nebenschauplatz konzentrieren und alles andere außer Acht lassen, erkennt man die Heuchelei.

      kolja hat folgendes geschrieben:
      Aber das Argument, dass die Methode gemessen an heute verfügbaren Methoden grausam sei, wird dadurch nicht ungültig.

      Richtig. In einer sachlichen Diskussion kann man das Argument selbstverständlich erwägen. Ich würde es auch begrüßen, wenn die Schächtung mit Betäunbug stattfinden würde (was manche Muslime und Reformjuden ja auch als möglich ansehen). Ist aber hier nicht mein Punkt.

      Mein Punkt ist vielmehr der:
      kolja hat folgendes geschrieben:
      Insofern ist die Unterstellung einer Lust an Grausamkeit sicher falsch.

      Und der islamfeindliche und antisemitische Topos ist eben genau das, dass das Schächten im Vergleich zu anderen Schlachtmethoden ganz besonders grausam sei, dass es auch innerhalb dieser Methode unnötig grausam geschehe und dass es aus Lust an Grausamkeit geschehe. Und diesen Topos sollte man eben nicht reproduzieren, auch wenn man den einen genannten Punkt selbstverständlich diskutieren kann.
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