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Philosophische Gedankenexperimente
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44135

Beitrag(#2260270) Verfasst am: 05.09.2021, 13:11    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Wenn ich etwas über einen logischen Zusammenhang sage, bedeutet das nicht, daß Du es auch gemeint hast.

Es gibt aber nun mal keinen logischen Zusammenhang zwischen dem, was ich gesagt habe, und der Freier-Wille-Thematik. Und du hast hier auch keinen gezeigt. Behaupten kannst du ja viel, wenn der Tag lang ist.

step hat folgendes geschrieben:
Für dieses utilitaristische Szenario wäre es beispielsweise irrelevant, wenn Zeitreisen nicht möglich, oder, auf die Spitze getrieben, nicht bezahlbar wären.

Also was für ein fiktives Szenario irrelevant ist, ist die Frage, wie die Physik der realen Welt das sieht. Das einzig Entscheidende ist, was die Regeln von Zeitreisen im Rahmen dieses fiktiven Szenarios sein sollen. Die Regeln und Prämissen des Szenarios musst du allerdings sehr wohl berücksichtigen, wenn du Schlüsse daraus ziehen willst, weil du sonst einfach überhaupt keine Grundlage für irgendwelche Schlussfolgerungen hast. Übrigens gehört es eigentlich auch zu den Prämissen dieses Szenarios, dass sich keine alternativen Zeitlinien bilden - denn sonst wäre seine ganze Fragestellung von Anfang an sinnlos (wie du selbst bereits dargelegt hast).

(Überhaupt wäre das Szenario vielleicht leichter zu handhaben, wenn man statt der Zeitreise einen Blick in die Zukunft verwenden würde. Damit könnte man sich die Diskussion über die Logik von Zeitreisen innerhalb dieses Szenarios sparen.)
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#2260275) Verfasst am: 05.09.2021, 15:22    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wenn ich etwas über einen logischen Zusammenhang sage, bedeutet das nicht, daß Du es auch gemeint hast.
Es gibt aber nun mal keinen logischen Zusammenhang zwischen dem, was ich gesagt habe, und der Freier-Wille-Thematik.

Selbst wenn es keinen Zusammenhang gäbe, würde es keine Opferrollentaktik rechtfertigen.

Zum Zusammenhang: Meine eigentliche Aussage war ja, daß eine Art moralische Irrelevanz (die Du zuvor fälschlicherweise dem Utilitarismus attestiert hattest) eher dem Determinimus attestiert werden könnte, und zwar egal ob es 1 oder mehrere Pfade und/oder zusätzlichen Zufall gibt. Dann hast Du zwei weitere (aus meiner Sicht falsche) Behauptungen getätigt, nämlich daß (a) jede Entscheidung zu einer Aufspaltung führe, und (b) daß (a) meine Prämisse sei. All dies immer wieder geradezurücken, ist sehr anstrengend und führt auch beim Thema nicht weiter.

Der von mir behauptete Zusammenhang besteht also nicht zwischen Aufspaltung von Zeitlinien und FW (was ebenfalls erstmal von Dir mißverstanden wurde), sondern zwischen einer deterministischen Sicht der Entscheidungssituation und dem FW, was ja auch nichts so Besonderes ist. Also um "echte" moralische Relevanz zu retten, müßte man an einen "echt" Freien Willen glauben. Sogar als Utilitarist. Sollte Dir das nicht einleuchten, können wir es gern als Behauptung so stehen lassen, wäre dann eher etwas für eine klassische FW-Diskussion und wurde dort ja auch schon oft diskutiert.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Das einzig Entscheidende ist, was die Regeln von Zeitreisen im Rahmen dieses fiktiven Szenarios sein sollen.

Sehe ich nicht so, denn es gibt ja vor Ort auch Konsequenzen zu bedenken, die nicht von den Regeln für Zeitreisen abhängen. Aber vielleicht kannst Du ja mal konkret sagen, welche "Regel für Zeitreisen" gelten müßte, damit Deine Entscheidung lauten würde, den kleinen Adolf zu töten. Du wirst ja wohl keinesfalls eine irgendwie utilitaristische Entscheidung fällen ...

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
(Überhaupt wäre das Szenario vielleicht leichter zu handhaben, wenn man statt der Zeitreise einen Blick in die Zukunft verwenden würde. Damit könnte man sich die Diskussion über die Logik von Zeitreisen innerhalb dieses Szenarios sparen.)

Ja, meine Rede. Statt nicht vorhandene oder bestenfalls irrelevante Paradoxien sogar als Argument anzuführen.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#2260276) Verfasst am: 05.09.2021, 15:29    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Meine Logik. Zeitreisen bleiben unmöglich. Sonst wäre schon längst jemand aus der Zukunft gesichtet worden... Wenn, dann nur zum schauen. Eingreifen ausgeschlossen.
Wie gesagt, aus vorgenannten Grund.

Falls aber doch mal jemand von Euch eine Zeitreise in die Vergangenheit machen kann und möchte, empfehle ich dieses Buch:
Ryan North - Wie man unsere Zivilisation wieder aufbaut, wenn man sich mit seiner Zeitmaschine verfahren hat

Es ist, finde ich, lustig zu lesen und man kernt noch was über wichtige zivilisatorische Techniken. Und es ist wohltuend unideologisch (äh sorry ... naiv meinte ich).
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44135

Beitrag(#2260282) Verfasst am: 05.09.2021, 16:09    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wenn ich etwas über einen logischen Zusammenhang sage, bedeutet das nicht, daß Du es auch gemeint hast.
Es gibt aber nun mal keinen logischen Zusammenhang zwischen dem, was ich gesagt habe, und der Freier-Wille-Thematik.

Selbst wenn es keinen Zusammenhang gäbe, würde es keine Opferrollentaktik rechtfertigen.

Also mit anderen Worten: Selbst wenn du mir hier tatsächlich etwas unterstellt hast, rechtfertigt das deiner Meinung nach nicht, dass ich mich gegen diese Unterstellung verwehre. Mehr habe ich ja hier nicht gemacht.
...Tut mir Leid, aber das sehe ich ganz grundsätzlich anders. Aber nun gut. Ich sehe ja, dass das keine absichtliche Unterstellung deinerseits war, sondern irgendeine Art von Missverständnis. Insofern: Schwamm drüber.

step hat folgendes geschrieben:
Der von mir behauptete Zusammenhang besteht also nicht zwischen Aufspaltung von Zeitlinien und FW (was ebenfalls erstmal von Dir mißverstanden wurde), sondern zwischen einer deterministischen Sicht der Entscheidungssituation und dem FW, was ja auch nichts so Besonderes ist.

Ich verlinke einfach nochmal den Beitrag von dir, um den es gerade geht, lasse das aber ansonsten einfach mal so stehen. Kann sich ja jeder selbst ein Urteil bilden.

step hat folgendes geschrieben:
Also um "echte" moralische Relevanz zu retten, müßte man an einen "echt" Freien Willen glauben. Sogar als Utilitarist.

Wenn du glaubst, dass diese ganze Diskussion sowieso gar keine "echte" Relevanz hat, warum ziehst du daraus nicht die naheliegende praktische Konsequenz?

step hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Das einzig Entscheidende ist, was die Regeln von Zeitreisen im Rahmen dieses fiktiven Szenarios sein sollen.

Sehe ich nicht so, denn es gibt ja vor Ort auch Konsequenzen zu bedenken, die nicht von den Regeln für Zeitreisen abhängen.

Ja, sicher auch. Aber eben nicht nur. Oder sind Utilitaristen neuerdings selektiv damit, welche Folgen zu berücksichtigen sind und welche nicht?

step hat folgendes geschrieben:
Aber vielleicht kannst Du ja mal konkret sagen, welche "Regel für Zeitreisen" gelten müßte, damit Deine Entscheidung lauten würde, den kleinen Adolf zu töten.

Nehmen wir mal das mit dem Blick in die Zukunft. Bei dem ganzen ist ja eine ganze Menge zu bedenken: Kann ich mich auf den Blick verlassen? Wir gehen ja davon aus, dass ich das kann. Welche anderen Handlungsoptionen habe ich? Auf ein Kind kann man ja auf vielfältige Weise Einfluss nehmen, und vielleicht wäre es ja schon hilfreich, den jungen Adolf z.B. von Einflüssen fernzuhalten, die ihn auf seinen Lebensweg führten. (Wobei sich hier natürlich die Frage danach stellt, was überhaupt der Zweck der ganzen Übung sein soll - darauf, dass das auf den Aufstieg des NS realistischerweise womöglich gar keinen nennenswerten Einfluss hätte, wurde hier ja schon erwähnt. Für das Experiment gehen wir aber mal davon aus, dass ein Eingreifen hier tatsächlich Veränderungen bewirken würde.) Dafür kann durchaus auch Gewalt legitimiert sein. Gehen wir nun davon aus, dass ich bei jeder möglichen Strategie, die ich überhaupt anwenden kann, schon im Voraus sehe, was nun die Folgen davon jeweils sind? Wenn das Szenario dann so sein sollte, dass wirklich als einzige viable Strategie die Tötung übrigbleibt, dann kann man natürlich zu dem Schluss kommen, dass man das dann eben tun muss. Allerdings bleibt dabei der üble Nachgeschmack, dass es eine epistemische Position voraussetzt, die niemand einnehmen kann. Am Ende lautet dann die Frage, was man tun würde, wenn man allwissend wäre. Die Antwort darauf lautet dann: Menschen betreiben überhaupt nur deshalb Ethik, weil sie es nicht sind. Womit man eigentlich bei Yudkowsky landet (obwohl Yudkowsky in seinem Aufsatz als Stand-In für die Allwissenheit eine fiktive übermenschlich intelligente K.I. verwendet, damit er nicht Gott dazu sagen muss). Die Grundfrage utilitaristischer Moral erweist sich immer wieder als: Was würde ein (wenigstens hinsichtlich der Folgen seines eigenen Handelns) allwissendes Wesen tun? Nur entwickeln wir Menschen nun mal genau deshalb auch nicht-utilitaristische Moralprinzipien, weil wir eben nicht allwissend sind.

step hat folgendes geschrieben:
Du wirst ja wohl keinesfalls eine irgendwie utilitaristische Entscheidung fällen...

Wie kommst du denn darauf? Natürlich kann auch ich im normalen Umfang mit relativer Genauigkeit Folgen meiner Handlungen abwägen. Ich halte das nur nicht für den ultimativen Grund jeder Ethik, u. A. einfach weil das übersieht, wie oft wir Menschen dazu eben gerade nicht hinreichend in der Lage sind. Diese ganzen utilitaristischen Szenarien setzen ja alle ein normalerweise nicht gegebenes Level an Vorwissen oder Voraussicht über die möglichen Handlungsoptionen und ihre Folgen und auch darüber, welche Optionen ausgeschlossen sein sollen, voraus. Mit dem Trolley-Beispiel ist es ja das selbe: Gerade aufgrund seiner Konstruiertheit wird aus sowas ein Meme und das ganze Internet macht sich darüber lustig. Den Menschen zu viel Vorwissen zu unterstellen scheint mir eine notorische Eigenart bei Utilitaristen, und nur deshalb stützen sie sich überhaupt auf solche extrem konstruierten fiktiven Szenarien. Der Utilitarismus ist ja so ziemlich die einzige ethische Position, die mit sowas arbeitet.
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Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 05.09.2021, 16:57, insgesamt 2-mal bearbeitet
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step
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Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#2260290) Verfasst am: 05.09.2021, 16:56    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn es keinen Zusammenhang gäbe, würde es keine Opferrollentaktik rechtfertigen.
Übersetzung: Selbst wenn du mir hier tatsächlich etwas unterstellt hast, rechtfertigt das nicht, dass ich mich dagegen verteidige.

Tja, wieder falsch übersetzt. Selbst wenn es keinen Zusammenhang gäbe, wäre das keine Unterstellung. Und dann brauchst Du auch nicht ständig Dich zu verteidigen, sondern besser eine These.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Dazu reicht es, noch mal zu zitieren, was du tatsächlich geschrieben hattest: ...

Nee, das wird mir jetzt zu blöd, nochmal erklär ichs nicht.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Wenn du nicht glaubst, dass diese Diskussion überhaupt eine Relevanz hat, dann halte dich doch einfach aus ihr heraus.

Du unterstellst mir hier, daß ich die Diskussion irrelevant finde, dabei finde ich nur Dein ursprüngliches Argument der Paradoxie falsch.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Das einzig Entscheidende ist, was die Regeln von Zeitreisen im Rahmen dieses fiktiven Szenarios sein sollen.
Sehe ich nicht so, denn es gibt ja vor Ort auch Konsequenzen zu bedenken, die nicht von den Regeln für Zeitreisen abhängen.

Äh, ja und? Das "auch" ist ja das entscheidende Wort hier.

Äh, ja und? Das "einzig" ist ja das entscheidende Wort hier.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Aber vielleicht kannst Du ja mal konkret sagen, welche "Regel für Zeitreisen" gelten müßte, damit Deine Entscheidung lauten würde, den kleinen Adolf zu töten.

Nehmen wir mal das mit dem Blick in die Zukunft. Bei dem ganzen ist ja eine ganze Menge zu bedenken: Kann ich mich auf den Blick verlassen? Wir gehen ja davon aus, dass ich das kann.

Ja, das war hier nmV sogar vorausgesetzt.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
...

Hier kommt ein langer Abschnitt, aber ohne "Regel für Zeitreisen" - bis auf dieses:

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Am Ende lautet dann die Frage, was man tun würde, wenn man allwissend wäre. ...

Soll das etwa heißen, Du könntest Dich nur entscheiden, wenn Du allwissend wärst? Das wäre offensichtlich Unsinn. Nein, Allwissenheit wäre ein völlig anderes Problem, finde ich - hier ist nicht angenommen, daß man allwissend ist, sondern nur, daß man diese eine zusätzliche Info über die Zukunft mit Hitler hat. In bezug auf was passiert, wenn Du ihn nicht tötest, bist Du auf deine normale Einschätzung und Deine Erinnerung an die Zukunft angewiesen.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
... Das ist quasi notorisch bei Utilitaristen, dass sie den Menschen zu viel Vorwissen unterstellen, ...

Nein, Abwägen von Konsequenzen funktioniert auch mit unvollständigem Wissen. Wenn man allerdings Situationen konstruiert, wo das geringere Übel sehr kompliziert auszumachen ist, wird es immer schwieriger, mit unvollständigem Wissen zu entscheiden. Manche Utilitaristen argumentieren daher, daß es in solchen Situationen tendenziell egal ist, wie man entscheidet. Und seien wir ehrlich, in solchen Situationen scheitern auch deontologische Ethiken, z.B. ein christlicher Arzt ("alle Leben sind unendlich viel wert") in einer Triagesituation.

Und wenn Entscheider völlig uninformiert sind, können sie im Prinzip nur imitieren oder gehorchen. Das gilt aber auch für jede andere Ethik, auch wenn manche dies vertuschen wollen.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
... und nur deshalb stützen sie sich überhaupt auf solche extrem konstruierten fiktiven Szenarien.

Ich will extreme Szenarien hier nicht pushen, aber sie können trotzdem einen gewissen Nutzen haben - etwa um bestimmte vereinbarte Regeln auf den Prüfstand zu stellen. Dabei geht es nicht wirklich um die fiktive Situation (also man glaubt nicht, daß man wirklich mal in das Weichendilemma am Bahnhof kommt), sondern man nutzt diese, um über z.B. die Frage nachzudenken, welche ethische Relevanz Anzahl und Alter der Betroffenen, beispielsweise in der Politik oder medizinischen Versorgung, haben sollte. Oder um entsprechende Fehlkozeptionen überhaupt mal zu bemerken. Aber in den meisten Utilitaristischen Überlegungen geht es um konkrete Alltagssituationen, etwa bei Fragen nach Abtreibung, Sterbehilfe, Militäreinsatz, Tempo 130 usw.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44135

Beitrag(#2260292) Verfasst am: 05.09.2021, 17:00    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Also um "echte" moralische Relevanz zu retten, müßte man an einen "echt" Freien Willen glauben. Sogar als Utilitarist.

Wenn du nicht glaubst, dass diese Diskussion überhaupt eine Relevanz hat, dann halte dich doch einfach aus ihr heraus.

Du unterstellst mir hier, daß ich die Diskussion irrelevant finde, dabei finde ich nur Dein ursprüngliches Argument der Paradoxie falsch.

Ich hab' mal den Satz von dir, auf den sich meine Aussage bezog, wieder eingefügt. Im Übrigen endet damit meine Diskussion mit dir. Auf diesen Mist habe ich ehrlich gesagt keinen Bock mehr. Winke - Winke
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Wolf359
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Anmeldungsdatum: 31.01.2013
Beiträge: 1482

Beitrag(#2260297) Verfasst am: 05.09.2021, 17:23    Titel: Antworten mit Zitat

Howgh, der Fast-ein-Doktor hat gesprochen!

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Beiträge: 44135

Beitrag(#2260299) Verfasst am: 05.09.2021, 19:34    Titel: Antworten mit Zitat

Ugh. Dieser ganze Thread hier ist einfach... ugh. Ich brauch' vielleicht einfach mal wieder 'ne Auszeit vom Forum. Deprimiert
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Beiträge: 15979
Wohnort: Arena of Air

Beitrag(#2260323) Verfasst am: 06.09.2021, 04:14    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Das einzig Entscheidende ist, was die Regeln von Zeitreisen im Rahmen dieses fiktiven Szenarios sein sollen.

Sehe ich nicht so, denn es gibt ja vor Ort auch Konsequenzen zu bedenken, die nicht von den Regeln für Zeitreisen abhängen. Aber vielleicht kannst Du ja mal konkret sagen, welche "Regel für Zeitreisen" gelten müßte, damit Deine Entscheidung lauten würde, den kleinen Adolf zu töten. Du wirst ja wohl keinesfalls eine irgendwie utilitaristische Entscheidung fällen ...

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
(Überhaupt wäre das Szenario vielleicht leichter zu handhaben, wenn man statt der Zeitreise einen Blick in die Zukunft verwenden würde. Damit könnte man sich die Diskussion über die Logik von Zeitreisen innerhalb dieses Szenarios sparen.)

Ja, meine Rede. Statt nicht vorhandene oder bestenfalls irrelevante Paradoxien sogar als Argument anzuführen.


Nicht zuletzt, daß eine ethische Entscheidung dann möglicherweise naturgesetzlich gerechtfertigt würde, also irgendwie dadurch gefiltert, ob das irgendwelche Konsequenzen für die Gegenwart hätte?

Bis auf weiteres kann man allerdings auch nur Entscheidungen aufgrund Gegenwart und Vergangenheit fällen. Und wir beurteilen Äußerungen über die Zukunft im allgemeinen nicht als Beweis für irgendein definitives Wissen, sondern als "Trendextrapolation oder Spinnerei".


Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Du wirst ja wohl keinesfalls eine irgendwie utilitaristische Entscheidung fällen...

Wie kommst du denn darauf? Natürlich kann auch ich im normalen Umfang mit relativer Genauigkeit Folgen meiner Handlungen abwägen. Ich halte das nur nicht für den ultimativen Grund jeder Ethik, u. A. einfach weil das übersieht, wie oft wir Menschen dazu eben gerade nicht hinreichend in der Lage sind. Diese ganzen utilitaristischen Szenarien setzen ja alle ein normalerweise nicht gegebenes Level an Vorwissen oder Voraussicht über die möglichen Handlungsoptionen und ihre Folgen und auch darüber, welche Optionen ausgeschlossen sein sollen, voraus. Mit dem Trolley-Beispiel ist es ja das selbe: Gerade aufgrund seiner Konstruiertheit wird aus sowas ein Meme und das ganze Internet macht sich darüber lustig. Den Menschen zu viel Vorwissen zu unterstellen scheint mir eine notorische Eigenart bei Utilitaristen, und nur deshalb stützen sie sich überhaupt auf solche extrem konstruierten fiktiven Szenarien. Der Utilitarismus ist ja so ziemlich die einzige ethische Position, die mit sowas arbeitet.


Natürlich werden wir das nicht bloß so glauben, sondern Beweise für die Behauptung des Fremden einfordern. Aber wir werden dennoch eher davon ausgehen, daß wir uns in der Situation weit von der (wenn auch weit ausgedehnten "Notwehrsituation") eines "Tyrannenmordes" entfernt befinden, die es rechtfertigen würde, jemanden zu töten. Gerade bei einem Kind geht man ja von einer Erziehbarkeit aus. (In sofern wäre es natürlich wesentlich eher zu rechtfertigen gewesen, im Jahr 1942 Hitler zu töten als 1892.)

Ja gut, das könnte natürlich schiefgehen, angenommen ich rate dem Kind, sich mit irgendetwas Anderem zu beschäftigen, etwa im Teenager-Alter, sich mehr mit Teenager-Sachen zu beschäftigen, aber weil er im Sport nicht gut ist und nicht so bei Mädchen landen kann, wird er darüber zum frustrierten Incel, der irgendwann deswegen in die Nazi-Partei eintritt und dort zum gefeierten Haßredner wird... (also: was, wenn möglicherweise gerade die Intervention bewirkt, daß das eintritt, vor dem gewarnt wurde?)
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Dann bin ich halt bekloppt. Mit den Augen rollen

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Kat
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Beitrag(#2260358) Verfasst am: 06.09.2021, 18:50    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Meine Logik. Zeitreisen bleiben unmöglich. Sonst wäre schon längst jemand aus der Zukunft gesichtet worden...
Wenn, dann nur zum schauen. Eingreifen ausgeschlossen.
Wie gesagt, aus vorgenannten Grund.


Ich denke mal, es reicht völlig, wenn einfach ein Beobachter erscheint und sonst nichts macht um gewaltige Auswirkungen auf die Zukunft auszulösen.

Nehmen wir an, dieser Beobachter sitzt einfach (natürlich in ortsüblicher Kleidung) im Englischen Garten auf einer Parkbank und beobachtet die Leute.

Ein Pärchen hätte sich normalerweise auf genau diese Parkbank gesetzt, was aber nicht geht, da sie ja bereits besetzt ist. Also nimmt das Pärchen die nächste Parkbank. Da wollte sich aber ursprünglich ein Rentner niederlassen, der dann beschließt, stattdessen in ein Cafe zu gehen. Dort geht das Spielchen weiter. Das Ganze dürfte sich innerhalb einiger Stunden auf hunderte von Leuten hochschaukeln.

Jetzt könnte man natürlich sagen: was solls?

Ein Problem ist nun die menschliche Fortpflanzug. Durch die zusätzlichen paar Schritte, die die Menschen nun weiter laufen müssen schütteln sich die Spermien im männlichen Körper neu durch und die Chance, dass beim nächsten Geschlechtsverkehr, sei es am Abend oder nach 20 Jahren das ursprüngliche der 100 Millionen Spermien das Wettrennen zur Eizelle gewinnt ist gleich Null.

Man könnte dies jetzt noch weiterspinnen, aber ich denke, das Ergebnis ist klar.
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step
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Beitrag(#2260405) Verfasst am: 07.09.2021, 19:08    Titel: Antworten mit Zitat

Kat hat folgendes geschrieben:
Ich denke mal, es reicht völlig, wenn einfach ein Beobachter erscheint und sonst nichts macht um gewaltige Auswirkungen auf die Zukunft auszulösen.

Diese Aussage für sich genommen ist ja richtig, ähnlich auch wie ein Schmetterlingsflügelschlag einen Hurrikan auslösen kann. Die Frage ist aber,
1) mit welcher Wahrscheinlichkeit tut er das? und
2) was sind "gewaltige Auswirkungen"?

Ich würde denken, in einem gegebenen Phasenraum kann eine "gewaltige" Auswirkung nur dann mit hoher Wahrscheinlichkeit erzielt werden, wenn der Zustand nah an einer Instabilität (bezüglich dieses Phasenraums) ist.

In den meisten Phasenräumen befinden wir uns aber in halbwegs stabilen Zonen. Zum Beispiel wäre es mit hoher Wahrscheinlichkeit für den Ausgang der Bundetsagswahl irrelevant, wenn ein Schmetterling in China einen Sack Reis umwirft, der genau auf der Kippe stand. Auch wenn sich die Gene von ein paar Leuten anders mischen, ist das (wahrscheinlich) nur aus deren persönlicher Sicht relevant.

Ein Gegenbeispiel wäre etwa der sowjetische Oberst, der in der Kubakrise in Sekunden mit dem Finger am roten Knopf entscheiden mußte. Oder doch nicht?

Eine interessante Frage scheint mir daher, welche und wieviele für uns relevante Phänomene werden von Naturgesetzen bzw. dem Gesetz der großen Zahl dominiert, und welche von singulären Ereignissen mit geringem Energieumsatz an Kipppunkten.
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Kat
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Anmeldungsdatum: 29.04.2011
Beiträge: 1200

Beitrag(#2260410) Verfasst am: 07.09.2021, 20:28    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Kat hat folgendes geschrieben:
Ich denke mal, es reicht völlig, wenn einfach ein Beobachter erscheint und sonst nichts macht um gewaltige Auswirkungen auf die Zukunft auszulösen.

Diese Aussage für sich genommen ist ja richtig, ähnlich auch wie ein Schmetterlingsflügelschlag einen Hurrikan auslösen kann. Die Frage ist aber,
1) mit welcher Wahrscheinlichkeit tut er das? und
2) was sind "gewaltige Auswirkungen"?

Ich würde denken, in einem gegebenen Phasenraum kann eine "gewaltige" Auswirkung nur dann mit hoher Wahrscheinlichkeit erzielt werden, wenn der Zustand nah an einer Instabilität (bezüglich dieses Phasenraums) ist.

In den meisten Phasenräumen befinden wir uns aber in halbwegs stabilen Zonen. Zum Beispiel wäre es mit hoher Wahrscheinlichkeit für den Ausgang der Bundetsagswahl irrelevant, wenn ein Schmetterling in China einen Sack Reis umwirft, der genau auf der Kippe stand. Auch wenn sich die Gene von ein paar Leuten anders mischen, ist das (wahrscheinlich) nur aus deren persönlicher Sicht relevant.

Ein Gegenbeispiel wäre etwa der sowjetische Oberst, der in der Kubakrise in Sekunden mit dem Finger am roten Knopf entscheiden mußte. Oder doch nicht?

Eine interessante Frage scheint mir daher, welche und wieviele für uns relevante Phänomene werden von Naturgesetzen bzw. dem Gesetz der großen Zahl dominiert, und welche von singulären Ereignissen mit geringem Energieumsatz an Kipppunkten.


Naja, mein Beispiel waren ja die Spermien. Beim Samenerguss veranstalten da 100 Milliarden ein Wettrennen zur Eizelle. Da reichen doch minimalste Veränderungen um dafür zu sorgen, dass eine andere Spermie "gewinnt". Nicht nur beim Geschlechtsverkehr, auch schon vorher, wenn die eben im Nebenhoden durch irgendwelche Bewegungen beim Gehen anders durchgemischt werden.

Also ein instabileres System kann ich mir kaum vorstellen.

Aber es bleibt dann ja nicht dabei.

Der durch eine mögliche Befruchtung entstandene Mensch hat dann andere Eigenschaften als der ursprünglich existierende Mensch. Er ärgert seine Mitmenschen anders und führt dabei zu anderen Reaktionen welche dafür sorgen, dass sich bei seinen männlichen Mitmenschen die Spermien wieder anders sortieren. Und das passiert dann bei tausenden von Menschen, bei seinen Klassenkameraden, Arbeitskollegen, Passanten im Oktoberfest die ihm anders ausweichen müssen usw.

Diese ganzen Kontaktpersonen geben dann wieder andere Erbinformationen an ihren Nachwuchs weiter. In der zweiten Generation dürften dies schon Millionen sein usw.

Das ist dann m.E. das Ende der Zeitreisen. Denn eine Zeitmaschine, so sie technisch möglich sein sollte, baut man sicher nicht daheim in der Garage. Da sind dann tausende von Leuten daran beteiligt.
Und mindestens einer dürfte auch auf meine Idee kommen und feststellen, dass diese Zeitreise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit seine eigene Existenz (und die aller seiner Mitmenschen) auslöscht und durch gänzlich andere Personen ersetzt.
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vrolijke
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Anmeldungsdatum: 15.03.2007
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Beitrag(#2260414) Verfasst am: 07.09.2021, 21:55    Titel: Antworten mit Zitat

Kat hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Kat hat folgendes geschrieben:
Ich denke mal, es reicht völlig, wenn einfach ein Beobachter erscheint und sonst nichts macht um gewaltige Auswirkungen auf die Zukunft auszulösen.

Diese Aussage für sich genommen ist ja richtig, ähnlich auch wie ein Schmetterlingsflügelschlag einen Hurrikan auslösen kann. Die Frage ist aber,
1) mit welcher Wahrscheinlichkeit tut er das? und
2) was sind "gewaltige Auswirkungen"?

Ich würde denken, in einem gegebenen Phasenraum kann eine "gewaltige" Auswirkung nur dann mit hoher Wahrscheinlichkeit erzielt werden, wenn der Zustand nah an einer Instabilität (bezüglich dieses Phasenraums) ist.

In den meisten Phasenräumen befinden wir uns aber in halbwegs stabilen Zonen. Zum Beispiel wäre es mit hoher Wahrscheinlichkeit für den Ausgang der Bundetsagswahl irrelevant, wenn ein Schmetterling in China einen Sack Reis umwirft, der genau auf der Kippe stand. Auch wenn sich die Gene von ein paar Leuten anders mischen, ist das (wahrscheinlich) nur aus deren persönlicher Sicht relevant.

Ein Gegenbeispiel wäre etwa der sowjetische Oberst, der in der Kubakrise in Sekunden mit dem Finger am roten Knopf entscheiden mußte. Oder doch nicht?

Eine interessante Frage scheint mir daher, welche und wieviele für uns relevante Phänomene werden von Naturgesetzen bzw. dem Gesetz der großen Zahl dominiert, und welche von singulären Ereignissen mit geringem Energieumsatz an Kipppunkten.


Naja, mein Beispiel waren ja die Spermien. Beim Samenerguss veranstalten da 100 Milliarden ein Wettrennen zur Eizelle. Da reichen doch minimalste Veränderungen um dafür zu sorgen, dass eine andere Spermie "gewinnt". Nicht nur beim Geschlechtsverkehr, auch schon vorher, wenn die eben im Nebenhoden durch irgendwelche Bewegungen beim Gehen anders durchgemischt werden.

Also ein instabileres System kann ich mir kaum vorstellen.

Aber es bleibt dann ja nicht dabei.

Der durch eine mögliche Befruchtung entstandene Mensch hat dann andere Eigenschaften als der ursprünglich existierende Mensch. Er ärgert seine Mitmenschen anders und führt dabei zu anderen Reaktionen welche dafür sorgen, dass sich bei seinen männlichen Mitmenschen die Spermien wieder anders sortieren. Und das passiert dann bei tausenden von Menschen, bei seinen Klassenkameraden, Arbeitskollegen, Passanten im Oktoberfest die ihm anders ausweichen müssen usw.

Diese ganzen Kontaktpersonen geben dann wieder andere Erbinformationen an ihren Nachwuchs weiter. In der zweiten Generation dürften dies schon Millionen sein usw.

Das ist dann m.E. das Ende der Zeitreisen. Denn eine Zeitmaschine, so sie technisch möglich sein sollte, baut man sicher nicht daheim in der Garage. Da sind dann tausende von Leuten daran beteiligt.
Und mindestens einer dürfte auch auf meine Idee kommen und feststellen, dass diese Zeitreise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit seine eigene Existenz (und die aller seiner Mitmenschen) auslöscht und durch gänzlich andere Personen ersetzt.


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Roter Ballon
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Beitrag(#2260515) Verfasst am: 09.09.2021, 01:41    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Quasi der Kobayashi Maru Test moralischer Entscheidungen.
Nicht der aus dem JJAbrahms Clusterfuck Star Trek, wo der Cheater gewinnt.
Sondern der alte Enterprise Picard, der den Test erklärt, als Lehrstunde für Entscheidungsträger, daß selbst dann, wenn alles bestmögliche getan wurde, man trotzdem verliert.

Ääh... dir ist schon klar, dass Kirk auch in der Prime Timeline beim Kobayashi Maru-Test geschummelt hat? Das ist keine Erfindung von Abrams, sondern gerade ein definierender Charakterzug Kirks, dass er nicht an No-Win Szenarien glaubt.

(Das spielt z.B. in Der Zorn des Khan 'ne wichtige Rolle.)


Eigentlich schon,
...hab den Kirk aber gerne vom Tisch haben wollen in einem "Entscheidungsdilemma!"
Da hat er nun wirklich nichts zu suchen.

zumindest visualisiert Der JJA ganz gut wie "Pannen-Kirk" trotz aller Subordination zu so einem prominenten Kommando kommt.

Im wirklichen Leben hätte man ihm wohl mit ner "Schaluppe" abgespeist und an einer abgelegenen Küste Patrouillen fahren lassen.

Nelson hat folgendes geschrieben:
"Never mind maneuvers just go at them!"

vgl. mal mit einem "echten" Seewolf: Thomas Cochrane: Craziest Sea Captain in History
https://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Cochrane,_10._Earl_of_Dundonald


...nur
Habe dann nochmal gegrübelt was es im Thread nun für ein "Entscheidungsdilenmma" sein soll

und BANANAS

es gibt keins ... in keiner Welt ist das Töten von Kindern zu rechtfertigen, egal welche Konstruktionen man sich zusammen fabuliert - wer am Ende auf Selbstjustiz zurückfällt ist halt Bananas.
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Roter Ballon
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Beitrag(#2260516) Verfasst am: 09.09.2021, 02:23    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
(...)
Dann soll er nicht so daherraunen wozu dies und das noch gut sein wird, um am Ende das Ziel der Geschichte zu erfüllen, das er natürlich schon kennt. Ich finde übrigens die ganze HdR Erzählung schlimm. Diese Mischung aus messianisch-leidendem Heldentum, männerbündisch-feudalistischen Ehrkategorien und offenem Rassismus (böse = häßlich = niedere Rasse = abschlachten) ist echt widerlich.


ähh hmm, schaun wir mal...
zeitgenössische Comics: Heroes and Villans
Grimm Märchen: Hexen sind ... äh Hexen?
Wasserspeier an Kirchen, nun eigentlich alle Teufelsfratzen der klerikalen Kunstgeschichte ...

okay dann schlage ich vor, zukünftig alle Ikonografien die stepsche Verwerfungen auslösen durch Barbie und Ken Darstellungen zu ersetzen....
besser?


und übrigens begreift Tolkien Fantasy als Realitätsflucht, sie soll mit gar nichts anderem verglichen werden, nur mit sich selbst.
Da hat er, eine gelungene in sich selbst auflösende Welt geschaffen.
Mit einer mMn schönsten Schöpfungserzählung. In dieser wird die Welt durch Musik erschaffen, Illuvater gibt den Ton vor und die Valar stimmen im Chor dazu, aus diesen Klängen ersteht die Welt. Nur Melkor, der weiseste der Valar, selber nicht fähig etwas Eigenes zu schaffen, kann er dennoch die Melodie so umformen, das der Chor nach und nach sein verfremdetes Thema aufgreift und die Welt droht nach seinen Vorstellungen Gestalt anzunehmen...
Das ist wichtig weil man nur dann versteht, warum das "Böse" aussieht wie es aussieht.
Die Orks sind in Wirklichkeit, von Melkor gefangen gehaltene Elben, geschunden, gefoltert, entstellt und schließlich gebrochene Wesen, die dann Stockholm-Syndrom-mäßig ihrem Meister folgen.
Mit einem erbarmungslosen Haß auf die Unentstellten - frei lebenden Völker Mittelerdes - auf dass diesen das gleiche Schicksal ereile, das Ihnen widerfahren ist.

Das ist dann warum ich High Fantasy besser finde, als der Kitsch auf den bunten Kirchenfenstern mit denen du das wohl verwechselst.

Auch die Verkehrung der Goldenen Regel, "was mir angetan wurde, das sollst auch du erleiden" ist von sich aus so bittere Realität, das ich mir das nur als "Fantasy" anschauen möcht.
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Tarvoc
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Beitrag(#2260518) Verfasst am: 09.09.2021, 05:32    Titel: Antworten mit Zitat

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Mit einer mMn schönsten Schöpfungserzählung. In dieser wird die Welt durch Musik erschaffen, Illuvater gibt den Ton vor und die Valar stimmen im Chor dazu, aus diesen Klängen ersteht die Welt. Nur Melkor, der weiseste der Valar, selber nicht fähig etwas Eigenes zu schaffen, kann er dennoch die Melodie so umformen, das der Chor nach und nach sein verfremdetes Thema aufgreift und die Welt droht nach seinen Vorstellungen Gestalt anzunehmen...

Das ist Textbuch-Katholizismus. zwinkern
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Roter Ballon
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Beitrag(#2260586) Verfasst am: 09.09.2021, 20:12    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Mit einer mMn schönsten Schöpfungserzählung. In dieser wird die Welt durch Musik erschaffen, Illuvater gibt den Ton vor und die Valar stimmen im Chor dazu, aus diesen Klängen ersteht die Welt. Nur Melkor, der weiseste der Valar, selber nicht fähig etwas Eigenes zu schaffen, kann er dennoch die Melodie so umformen, das der Chor nach und nach sein verfremdetes Thema aufgreift und die Welt droht nach seinen Vorstellungen Gestalt anzunehmen...

Das ist Textbuch-Katholizismus. zwinkern


Inwiefern?
…und aus welchem Textbuch?
Erzähl bitte!

Hab das Silmarillion vor 30 Jahren gelesen und das zusammengekratzt, an was ich mich noch erinnere.

Bin kein Kathole und Tolkien hat sich eher an altenglischen Sagen orientiert, zb. Beowulf.
Anders als die in etwa zeitgleich erschienenen Chroniken Narnias – diese wiederum sind gewollt mit christlichem Mystizismus durchzogen.

Naja, außerdem ist der Katholizismus nunmal selbst soetwas wie die Borg der Weltanschauungen, alles wird assimiliert und in regional, folkloristischen Ausprägungen zugelassen.
Bspw.:
In Frankreich wird bei der Priesterausbildung mehr Wert auf Exorzismus gelegt als im deutschsprachigen Raum, angeblich orientiert man sich hier eher an „Christus-„ und „Liebe Gottes“ -Theologie.

Unterschiede:
Bei Tolkien ist das Reich des dunklen Herrschers ein Gebiet in der Welt, nicht etwas getrenntes wie die Hölle.
Erlösung vom Bösen gibt es auch nicht, nur den (Schutz)Kampf gegen die zerstörerischen Horden.
Nach christlichen Vorstellungen kann man die „bösen“ Geister ja austreiben und die Seele retten.
Das geht nicht bei Tolkiens geschundenen und gebrochenen Kreaturen.
Es ist auch kein Erlöser in Sicht – im Gegenteil nach all den Jahrtausenden Kampf, sind es die Elben leid und verlassen Mittelerde. Die Menschen müssen ihr Schicksal nun selbst regeln.

Similarties:
Eigentlich sind es unterm Strich nur die sieben Todsünden die den Verfall zum „Häßlichen“auslösen,
oder eher 6 – weil Wollust kommt in Tolkiens Fantasie nicht vor.


Aber whatever, der Vorteil von Fantasy, sich die zusammenpassenden Versatzstücke zusammenzusuchen, funktioniert halt bei „angeblich“ göttlich inspirierten Inhalten nicht.
Widersprechendes wird hingenommen, die Zeiten ändern sich, wer weiß schon, wann die verstaubesten göttlichen Weisungen doch mal wieder „aktuell“ werden könnten.

So wird zwar für der Auferstehung der Toten Körper gebetet, während doch alle an die Unsterblichkeit der Seele glauben
… ein FantasyAutor hätte hier nicht von der Belebung der Toten, sondern der Wiederbeleibung der Seelen getextet.
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Tarvoc
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Beitrag(#2260591) Verfasst am: 09.09.2021, 21:24    Titel: Antworten mit Zitat

Also ich meinte jetzt nicht das ganze Tolkiensche Werk, sondern spezifisch die Vorstellung der Schöpfung als liturgischem Gesang, die sich u. A. darin ausdrückt, dass die Gesamtheit der Engel als ein Chor bezeichnet wird, oder dass das Reich Gottes als ewiger liturgischer Gesang ohne Unterbrechung vorgestellt wird. Oder auch die ganze Idee der Schöpfung als göttlicher Harmonie (die natürlich durch die Disharmonie der Erbsünde gestört ist). Diese Idee der Schöpfung als Gesang scheint mir im Katholizismus recht tief verwurzelt und findet sich m. W. auch in keiner der mir bekannten heidnischen Mythen und Religionen (außer vielleicht mit sehr viel Wohlwollen in der finnischen Kalevala, die Tolkien sicher auch gekannt hat), also vermutlich in der Tat aus Tolkiens katholischem Erbe stammt. Tolkiens Katholizismus ist gut dokumentiert und dass sich das auch in seinem Werk niederschlägt, ist relativ leicht zu zeigen - so tragen etwa sowohl Aragorn als auch Gandalf messianische Züge und einige ihrer Sätze sind abgewandelte Bibelzitate. Tolkien war allerdings auch kein C. S. Lewis: Seine Bücher sind ganz explizit keine Vehikel zur Verbreitung katholischer Glaubensinhalte und gegen eine solche Verwendung von Literatur hat er sich immer ge- und verwehrt. Zudem sind die heidnischen (u. A. keltischen und nordischen) Einflüsse auf sein Werk ebenfalls nicht wegzuleugnen. Betrachtet man das Werk und die Welt als Ganzes, ist die Sache also ein ganzes Stück komplizierter - aber gerade die Schöpfungsgeschichte Tolkiens scheint mir doch sehr katholisch zu sein.
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Roter Ballon
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Beitrag(#2260722) Verfasst am: 11.09.2021, 08:48    Titel: Antworten mit Zitat

@Tarvoc - äh danke zwinkern

obwohl mir die Gregorianischen Gesänge bekannt sind - und die auch toll anzuhören find.

...habe ich den Schritt zu Tolkiens Erzähl-Hintergrund nicht machen können.
Jetzt scheints ich stolpere ja fast, so nah liegen die beieinander.

Trotzdem!
Die Liturgie kreist eher ums Lobpreisen und Danksagung an den Herrn, weniger um den Schöpfungsakt an sich.
Daran baut sich dann meine mentale Sperre auf, ich versteh diese unterwürfige Lobhudelei nicht,
wirkt so, als hätte der "alte vom Berg" nur deshalb alles Geschaffen, das jemand ihm im Staub liegend huldigt.

Aber, es ist schon ein Wandel da,
...weg von der Furcht vor den Elementaren, die man mit gaben zu besänftigen sucht...
... über ein Dank für ... "Nichts-An-Tun"...
... hin zur Liebe Gottes ...

( Verlegen jetzt hab ich meine Überleitung zurück zum Thema vergessen,
Am Kopf kratzen war dann vielleicht nicht wichtig )
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step
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Beitrag(#2260958) Verfasst am: 15.09.2021, 16:04    Titel: Antworten mit Zitat

Kat hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Eine interessante Frage scheint mir daher, welche und wieviele für uns relevante Phänomene werden von Naturgesetzen bzw. dem Gesetz der großen Zahl dominiert, und welche von singulären Ereignissen mit geringem Energieumsatz an Kipppunkten.
Naja, mein Beispiel waren ja die Spermien. Beim Samenerguss veranstalten da 100 Milliarden ein Wettrennen zur Eizelle. Da reichen doch minimalste Veränderungen um dafür zu sorgen, dass eine andere Spermie "gewinnt". Nicht nur beim Geschlechtsverkehr, auch schon vorher, wenn die eben im Nebenhoden durch irgendwelche Bewegungen beim Gehen anders durchgemischt werden. Also ein instabileres System kann ich mir kaum vorstellen. ... Aber es bleibt dann ja nicht dabei. ... Diese ganzen Kontaktpersonen geben dann wieder andere Erbinformationen an ihren Nachwuchs weiter. In der zweiten Generation dürften dies schon Millionen sein usw.

Dieses System ist nicht unbedingt besonders instabil - das hängt davon ab, wie stark genetisch anders zusammengewürfelte Individuen die Entwicklung der Welt relevant beeinflussen. Die Menschen sind ja doch sehr ähnlich und reagieren oft als Masse bzw. verteilt nach dem Gesetz der großen Zahl. Zum Beispiel ist es für das Auftreten von Vergewaltigungen, Kriegen oder Umweltverschmutzung ziemlich egal, wie zufällig die Gene zusammengewürfelt werden. Möglicherweise sieht es anders aus, als vor sehr langer Zeit eine entscheidende Mutation geschah.

Kat hat folgendes geschrieben:
... eine Zeitmaschine, so sie technisch möglich sein sollte, baut man sicher nicht daheim in der Garage. Da sind dann tausende von Leuten daran beteiligt.

Ja, aber es scheint relativ irrelevant, wer genau daran beteiligt ist.

Kat hat folgendes geschrieben:
Und mindestens einer dürfte auch auf meine Idee kommen und feststellen, dass diese Zeitreise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit seine eigene Existenz (und die aller seiner Mitmenschen) auslöscht und durch gänzlich andere Personen ersetzt.

Wie gesagt, eine solche Auslöschung ist nicht nur keinewegs sicher, sondern meines Erachtens sogar unmöglich. Es wurde auch noch gar kein Mechanismus vorgeschlagen, wie eine solche "Auslöschung" vor sich gehen sollte. Eher schon könnte es sein, daß sich Zeitmaschinen gar nicht oder nur im mikroskopischen Bereich realisieren lassen. Falls aber doch, fänden sich sicher genügend Leute, die es probieren würden, auch wenn die deutsche Ethikkommission vermutlich dagegen plädiert, bis es zu spät ist und die Dinger schon herum"fliegen".
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zelig
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Beitrag(#2260964) Verfasst am: 15.09.2021, 16:47    Titel: Antworten mit Zitat

Ich finde, das Problem liegt auch darin, daß man unter Auslöschung in diesem Kontext zwangsläufig die Vorstellung hat, daß da was war, was dann aber nicht mehr da ist. Man müsste aber korrekt denken, daß, was nicht mehr war, zudem auch niemals gewesen ist. Und das scheint mir unmöglich zu sein.
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Kat
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Beitrag(#2260967) Verfasst am: 15.09.2021, 17:15    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Kat hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Eine interessante Frage scheint mir daher, welche und wieviele für uns relevante Phänomene werden von Naturgesetzen bzw. dem Gesetz der großen Zahl dominiert, und welche von singulären Ereignissen mit geringem Energieumsatz an Kipppunkten.
Naja, mein Beispiel waren ja die Spermien. Beim Samenerguss veranstalten da 100 Milliarden ein Wettrennen zur Eizelle. Da reichen doch minimalste Veränderungen um dafür zu sorgen, dass eine andere Spermie "gewinnt". Nicht nur beim Geschlechtsverkehr, auch schon vorher, wenn die eben im Nebenhoden durch irgendwelche Bewegungen beim Gehen anders durchgemischt werden. Also ein instabileres System kann ich mir kaum vorstellen. ... Aber es bleibt dann ja nicht dabei. ... Diese ganzen Kontaktpersonen geben dann wieder andere Erbinformationen an ihren Nachwuchs weiter. In der zweiten Generation dürften dies schon Millionen sein usw.

Dieses System ist nicht unbedingt besonders instabil - das hängt davon ab, wie stark genetisch anders zusammengewürfelte Individuen die Entwicklung der Welt relevant beeinflussen. Die Menschen sind ja doch sehr ähnlich und reagieren oft als Masse bzw. verteilt nach dem Gesetz der großen Zahl. Zum Beispiel ist es für das Auftreten von Vergewaltigungen, Kriegen oder Umweltverschmutzung ziemlich egal, wie zufällig die Gene zusammengewürfelt werden. Möglicherweise sieht es anders aus, als vor sehr langer Zeit eine entscheidende Mutation geschah.

Kat hat folgendes geschrieben:
... eine Zeitmaschine, so sie technisch möglich sein sollte, baut man sicher nicht daheim in der Garage. Da sind dann tausende von Leuten daran beteiligt.

Ja, aber es scheint relativ irrelevant, wer genau daran beteiligt ist.

Kat hat folgendes geschrieben:
Und mindestens einer dürfte auch auf meine Idee kommen und feststellen, dass diese Zeitreise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit seine eigene Existenz (und die aller seiner Mitmenschen) auslöscht und durch gänzlich andere Personen ersetzt.

Wie gesagt, eine solche Auslöschung ist nicht nur keinewegs sicher, sondern meines Erachtens sogar unmöglich. Es wurde auch noch gar kein Mechanismus vorgeschlagen, wie eine solche "Auslöschung" vor sich gehen sollte. Eher schon könnte es sein, daß sich Zeitmaschinen gar nicht oder nur im mikroskopischen Bereich realisieren lassen. Falls aber doch, fänden sich sicher genügend Leute, die es probieren würden, auch wenn die deutsche Ethikkommission vermutlich dagegen plädiert, bis es zu spät ist und die Dinger schon herum"fliegen".


Also entweder reden wir aneinander vorbei oder ich stehe irgendwie auf der Leitung.

Also nochmal der Reihe nach:

Im Nebenhoden eines Mannes befinden sich etwa 100 Milliarden Spermien.
Die sind nicht irgendwie aufgefädelt oder sonstwie sortiert sondern schwimmen da einfach so rum.
Durch äußerliche Einflüsse, z.B. Bewegung werden diese Spermien neu durchgemischt.
Ein "neues" Ereignis, das indirekt durch den Zeitreisenden ausgelöst wird, z.B. eben ein Umweg zur nächsten Parkbank sorgt für eine "neue" Durchmischung und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dafür, dass beim nächsten (oder übernächsten oder erst in zehn Jahren) Samenerguss ein anderes Spermium den Weg zur Eizelle gewinnt.

Soweit dürften wir uns doch einig sein?

Mein Kinder unterscheiden sich gewaltig. Die haben andere Charaktere, andere Schulbildung und andere Berufe. Und ich denke das ist bei allen Kindern so.

Auch darüber sollten wir uns einig sein?

Diese "anderen" Kinder, die jetzt geboren werden beeinflussen mit ihren anderen Berufen etc. hunderte und tausende andere Mensche. Wie gesagt, ein zuätzlicher Schritt reicht schon zu einer neuen Durchmischung deren Spermien usw.

Besteht auch darüber Einigkeit?

So, falls es daran liegen sollte: ich behaupte nicht, dass diese "anderen" Kinder die Menschheitsgeschichte unbedingt gewaltig verändern müssen. Aber sie sorgen dafür, dass die "ursprünglichen" Kinder nicht geboren werden.

Es ist durchaus möglich, dass dann ein anderer Techniker die Zeitmaschine zusammenschraubt.

Aber der "ursprüngliche" Techniker, mit seiner Haarfarbe, seinen Charakter, seiner Körpergröße etc. hört damit auf zu existieren.

Außer natürlich es bildet sich bei der Zeitreise eine neue, zusätzliche Zeitebene, aber das hatten wir ja m.E. im Laufe der Diskussion schon abgehakt.
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Kat
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Beitrag(#2260968) Verfasst am: 15.09.2021, 17:19    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Ich finde, das Problem liegt auch darin, daß man unter Auslöschung in diesem Kontext zwangsläufig die Vorstellung hat, daß da was war, was dann aber nicht mehr da ist. Man müsste aber korrekt denken, daß, was nicht mehr war, zudem auch niemals gewesen ist. Und das scheint mir unmöglich zu sein.


Auch wenn man sich auf dieses philosophisches Gedankenspiel einlässt weiß doch der Techniker, dass wenn der Cheftechniker jetzt auf den roten Knopf drückt und den Zeireisenden in die Vergangenheit schickt seine (die des Technikers) Existenz endet.

Dass danach ein anderer Techniker an seiner Stelle steht dürfte ihn kaum trösten.
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Tarvoc
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Beitrag(#2260975) Verfasst am: 15.09.2021, 19:58    Titel: Antworten mit Zitat

Kat hat folgendes geschrieben:
Auch wenn man sich auf dieses philosophisches Gedankenspiel einlässt weiß doch der Techniker, dass wenn der Cheftechniker jetzt auf den roten Knopf drückt und den Zeireisenden in die Vergangenheit schickt seine (die des Technikers) Existenz endet.

Eben nicht. Sie endet nicht, sondern sie fängt gar nicht erst an. Genau durch diesen Aspekt deiner Argumentation kam ich ja auf das Thema Paradox.
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Beitrag(#2261002) Verfasst am: 16.09.2021, 05:15    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Kat hat folgendes geschrieben:
Auch wenn man sich auf dieses philosophisches Gedankenspiel einlässt weiß doch der Techniker, dass wenn der Cheftechniker jetzt auf den roten Knopf drückt und den Zeireisenden in die Vergangenheit schickt seine (die des Technikers) Existenz endet.

Eben nicht. Sie endet nicht, sondern sie fängt gar nicht erst an. Genau durch diesen Aspekt deiner Argumentation kam ich ja auf das Thema Paradox.


Ach Du meinst folgendes:

Der Cheftechniker drückt auf den roten Knopf und hört damit auf zu existieren und hat als Konsequenz sogar nie existiert und kann daher auch nicht den roten Knoppf gedrückt haben usw.?

Gut, das ist natürlich eine Abwandlung des Großvater-Paradoxons.

Mir ging es aber eher um die Frage, warum der Cheftechniker überhaupt den Knopf drücken sollte:

Der (gedachte) Cheftechniker existiert ja schließlich. Er hat Frau und Kinder, er ist Mitglied im Kaninchenzuchtverein und hilft in seiner Freizeit ehrenamtlich Migranten bei Behördengängen. Er ißt gerne Steak mit Pommes und gemischten Salat. Er führt ein befriedigendes Leben. Kurzum: Er existiert!

Also warum sollte er diesen gottverdammten Knopf drücken und dafür sorgen dass seine komplette Existenz, samt Frau und Kindern, den Freunden aus den Kaninchenzuchtverein, den Migranten und der hübschen Bedienung im Steakrestaurant, dass all dies aufhört zu existieren?

Und ich sehe da ehrlich gesagt keinen Unterschied dass er in dieser neuen Welt (nach dem Knopfdruck) nie existiert hat. Für ihn sind es doch nur zwei Tatsachen: vor dem Knopfdruck war alles in Ordnung - nach dem Knopfdruck existiert er und die Welt die er kannte nicht mehr.

Was sollte da der Unterschied sein als wenn er von einem Auto überfahren würde und stirbt?
(bis auf die Tatsache, dass dann zumindest die restliche Welt weiter existiert)

Und warum sollten die anderen Techniker zulassen, dass er diesen Knopf drückt, weil er beispielsweise depressiv ist, da sein Kaninchenzuchtverein Pleite gegangen ist?

Warum sollte irgendein Politiker Geld für eine solche Zeitmaschine bewilligen, wenn dieser Politiker den Knopfdruck ebenfalls nicht "überleben" würde. Warum sollte dies ein Konzernchef machen?

Und ich glaube kaum dann es bei dieser Entscheidung eine Rolle spielt, dass dafür dann eben andere Menschen existieren würden. Für Menschen ist eben (von Ausnahmen abgesehen) die eigene Existenz das Hauptargument.
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Beitrag(#2261003) Verfasst am: 16.09.2021, 07:42    Titel: Antworten mit Zitat

Kat hat folgendes geschrieben:
Und ich sehe da ehrlich gesagt keinen Unterschied dass er in dieser neuen Welt (nach dem Knopfdruck) nie existiert hat.

Wieso denn nach dem Knopfdruck? Wir reden hier über Zeitreisen. Die Wirkung des Knopfdrucks tritt ja nicht zeitlich nach dem Knopfdruck ein, sondern vor ihm. Also wenn der Mann den Knopf drückt, dann hat er schon vor dem Knopfdruck nicht existiert. Damit stellt sich natürlich die Frage, wie er den Knopf überhaupt gedrückt haben kann. Und deshalb hat Step Recht damit, dass keine nachträgliche Auslöschung stattfinden kann. Wie hätte man sich diese auch bitte vorzustellen?
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Beitrag(#2261007) Verfasst am: 16.09.2021, 09:06    Titel: Antworten mit Zitat

Klar, darum ist es ja ein Paradoxon!

Oder kennst du eine Lösungsmöglichkeit?

Bis natürliche auf die Theorie, dass bei einer Zeitreise ein neues Universum entsteht und sich alle Änderungen nur dort auswirken.

Aber dann hättest du statt des Problems, wie eine "Auslöschung" funktionieren soll das Problem, wo die Energie etc. herkommt, um ein neues Universum zu schaffen und wie die exakte Kopie des Universum hergestellt werde kann (Unschärferelation)
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Beitrag(#2261013) Verfasst am: 16.09.2021, 09:54    Titel: Antworten mit Zitat

Vor Gericht, auf hoher See, und vor Paradoxien ist man in Gottes Hand.


Sorry. : )
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Beitrag(#2261019) Verfasst am: 16.09.2021, 12:46    Titel: Antworten mit Zitat

Kat hat folgendes geschrieben:
Oder kennst du eine Lösungsmöglichkeit?

Für Zeitreisen? Nö. Das Mehrweltenmodell ist wenigstens logisch konsistent. Ebenso die Idee, dass Zeitreisen zwar möglich sind, aber nur geschlossene Schleifen produzieren, d.h. die Vergangenheit nicht wirklich ändern können. Beide Alternativen machen Zeitreisen allerdings für utilitaristische Gedankenexperimente völlig untauglich.
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Beitrag(#2261046) Verfasst am: 16.09.2021, 20:24    Titel: Antworten mit Zitat

Kat hat folgendes geschrieben:
... Besteht auch darüber Einigkeit?

Absolut.

Kat hat folgendes geschrieben:
ich behaupte nicht, dass diese "anderen" Kinder die Menschheitsgeschichte unbedingt gewaltig verändern müssen.

OK, gut zu wissen. Das war mein (einer) Punkt - es ging ja zu Beginn u.a. um die Frage, wie ähnlich die Geschichte verlaufen wäre, wenn jemand den kleinen Adolf aus dem Verkehr gezogen hätte. Ich finde, daß ist eine interessante Frage, bzw. allgemeiner, wo sich instabile Gebiete des gesellschaftlichen Phasenraums befinden. Und ob jemand, der sich dessen bewußt wäre oder dort sogar eingreifen kann, eine entsprechend billiardenfach erhöhte moralische Verantworung hätte. Unsere heutige Moral basiert ja eher auf dem Gesetz der großen Zahl (aka Vertrauen darauf und Vorsorge dafür, daß sich die meisten an bekannte Regeln halten).

Kat hat folgendes geschrieben:
Aber der "ursprüngliche" Techniker, mit seiner Haarfarbe, seinen Charakter, seiner Körpergröße etc. hört damit auf zu existieren. Außer natürlich es bildet sich bei der Zeitreise eine neue, zusätzliche Zeitebene, aber das hatten wir ja m.E. im Laufe der Diskussion schon abgehakt.

Naja, abgehakt ... zwinkern - jedenfalls ist es wohl unmöglich, daß diese "Auslöschung" geschehen kann, zumindest jenseits des Quantenmaßstabes.
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