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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#131187) Verfasst am: 28.05.2004, 22:59 Titel: Erfolg als Religion |
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Bin grade mal über EKD gesurft. (Immerhin mein Brötchengeber.) In einem Beitrag über die sogenannte Barmer Erklärung habe ich folgenden Passus gefunden:
Huber unter www.EKD.de hat folgendes geschrieben: | Die Barmer Theologische Erklärung kann man Huber zufolge als Auslegung des ersten Gebots verstehen. Dieses Gebot, «Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir», werde zum Beispiel auch da verletzt, wo der persönliche Besitz oder der wirtschaftliche Erfolg wie ein Götze verehrt wird. |
Das brachte mich zum Grübeln. Das erste Gebot hat für mich keine Gültigkeit. Also lassen wir's mal beiseite. Aber ist nicht was dran an der Vorstellung, dass persönlicher Besitz und wirtschaftlicher Erfolg einen quasi-religiösen Status erlangt haben?
Es kommt mir z.B. oft so vor, als ob bei neuen Erfindungen, Initiativen oder Ideen weniger diskutiert wird, ob sie sinnvoll oder von gesellschaftlichem Nutzen sind, sondern ob sie Aussicht auf Erfolg haben. Ist eine Idee nicht marktfähig, so ist sie auch nicht diskussionswürdig. Wenn eine Idee oder Erfindung am Markt erfolgreich ist, erübrigt sich jede Diskussion über ihren Sinn und Wert. Die Leute kaufen es, also muss es einen Wert haben. Bleibt als Diskussionsgegenstand eigentlich nur noch die Marktfähigkeit selbst.
Und ist es nicht so, dass in einschlägigen TV-Shows der Erfolg selbst gefeiert wird; dass ein Personenkult um den erfolgreichen aufgebaut wird? Ist es nicht so, dass Fans häufig eine irrationale Heilsvorstellung mit ihren erfolgreichen Idolen verbinden? Ich denke z.B. an den Brauch, Stars zu berühren und die entsprechenden Körperteile dann nicht mehr zu waschen. Das wirkt auf mich wie ein archaischer religiöser Ritus.
Könnte man nicht auch behaupten, dass die Werbewelt Erlösung von allen Übeln und ein Paradies auf Erden durch Konsum verspricht? Sind die TV-Spots von dreckigen Hemdkrägen und Superhausfrauen nicht so etwas wie moderne Gleichnisse? Und nehmen die frohen Botschaften der Werbung nicht ähnlich viel Zeit in Anspruch wie die täglichen Gebete eines frommen Muslime?
Keine dieser Bemerkungen kann ich mit statistischen Daten untermauern. Sie sind spekulativ gedacht. Was haltet ihr von der Vorstellung, wirtschaftlicher Erfolg und persönlicher Besitz hätten eine gewisse Heiligkeit oder einen quasi-religiösen Status erreicht? Haltet ihr das für einen wünschenswerten Zustand oder würdet ihr auch diese "neuen Götter" gerne loswerden?
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joseph.sebaldus dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 293
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(#131198) Verfasst am: 28.05.2004, 23:22 Titel: |
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Ich könnte mir vorstellen, dass dies auch eine Absage an bestimmte Richtungen innerhalb des christlichen Glaubens sein soll:
So viel ich weiss, gibt es die folgende Ansicht im schwäbischen Pietismus:
Das geht aus von der Prädestinationslehre, die besagt, dass Gott bereits von Anbeginn an festgelegt hat, wer erretet wird, und wer nicht. Viele schwäbische Pietisten sind nun der Meinung, dass Gott bereits in diesem Leben sichtbare Zeichen an den Auswerählten tut, und zwar, indem er ihnen für unermüdlichen Fleiss und Arbeitseifer sichtbaren Wohlstand gibt. Gott selbst verherrlicht sich damit in dem Wohlstand der Fleissigen.
Diese Ansicht ist mir druchaus begenget, über ihre theologischen Wurzel weiss ich aber nicht viel.
Eine andere Richtung ist das "Evangelium des Wohlstandes", das bei Charismatikern eine gewisse Verbreitung hat. Auch z.B. der wohl berühmteste charismatische Prediger Benny Hinn hat sich zeitweise dazu bekannt. Diese Richtung geht davon aus, dass Gott alle wiedergeborenen Christen in materieller Hinsicht versorgt. Sie gehen auch davon aus, dass eher ein Reicher in den Himmel kommt, als ein Kamel druch ein Nadelöhr, sprich dass die Bibel nicht gegen die reichen sage, an keiner Stelle. Und sie gehen davon aus, dass man als wiedergeborener Christ im Gebet Gott um alles bitte darf, auch um viel Geld oder teure Autos, und Gott wird es einem eventuell auch geben.
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