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Malone auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 02.09.2004 Beiträge: 5269
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(#1538851) Verfasst am: 13.09.2010, 02:36 Titel: Versuch einer Gemeinschaftsdefintion: Was macht gute Spiele aus? |
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In Ermangelung einer besseren Definition einigen wir uns doch zunächst einmal - solange kein stichhaltiger Einwand erfolgt - auf die in der Wikipedia aufgeführte:
Zitat: | Eine weithin anerkannte Definition für Spiel stammt von dem niederländischen Kulturanthropologen Johan Huizinga. In seinem Hauptwerk Homo ludens schreibt er:
„Spiel ist eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen von Zeit und Raum nach freiwillig angenommenen, aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird, ihr Ziel in sich selber hat und begleitet wird von einem Gefühl der Spannung und Freude und einem Bewusstsein des ‚Andersseins‘ als das ‚gewöhnliche Leben‘.“ – Huizinga: 1938/1991, S. 37
Im Umkehrschluss sind Tätigkeiten eines Menschen oder eines Tieres kein Spiel, sondern Ernst, wenn sie erzwungen oder zweckgebunden sind. In diesen Fällen dienen die Tätigkeiten unmittelbar der Existenzsicherung, Pflichterfüllung, Notdurft, Suchtbefriedigung, Schadensabwendung oder Schmerzvermeidung. Es kann aber auch einen (notwendigen) heiligen Ernst des Spieles geben: Das Spiel enthält dann kultische und religiöse Züge. Es gibt jedoch keine genauen Abgrenzungen, so wie beim Lernspiel, das dem Zweck des Lernens dient, aber dennoch spielerisch sein soll. |
Es geht uns ja auch in erster Linie darum, was ein gutes Spiel eigentlich ausmacht. Die Kriterien dafür sind höchst subjektiver Natur und so geht es erstmal darum, diese zu sammeln. Eine Art Brainstorming, um die daraus gewonnenen Informationen nach und nach zu verdichten.
Die Idee zu diesem Thread kam mir auf einem Spieleabend, wo ich per Mehrheitsentschluss genötigt wurde, Mensch ärgere dich nicht zu spielen. Meine Abneigung bereits im Vornherein bestand in der Kenntnis bzw. Annahme, dass dieses Spiel zu glücksabhängig sei. Was sich auch völlig bestätigte: am Ende konnte ich nur noch würfeln und ziehen. Oder eben nicht mehr ziehen, wenn keine entsprechende Zahl kam. Es war völlig stupide, und ein wenig zum Verdruss meiner Kombattanten habe ich den Interessantheitsgrad des Spiels mit Schrauben sortieren verglichen. Die Mitspieler hingegen fanden das Geschehen amüsant, was meinerseits auf komplettes Unverständnis stieß. Denn wie zum Teufel kann man bei einem beinahe völligen Glücksspiel Ehrgeiz entwickeln? Es hängt ja nicht von eigenen Geschick ab, ob man gewinnt, und in diesem Fall ging es ja nicht mal um einen Einsatz.
Dabei kristallieren sich für mich zwei ganz wesentliche Punkte heraus, die zudem miteinander verknüpft sind:
1. ich muss Entscheidungen treffen können. Wenn das Geschehen nur vom Zufall abhängt, kann ich nichts von mir selbst einbringen. Es sind dann keine Fähigkeiten relevant, aufgrund derer ich meine Entscheidungen treffe.
2. ich muss etwas gewinnen können. Etwas ist natürlich ein sehr vielseitig interpretierbarer Begriff. Zweifelsohne macht er nur dann Sinn, wenn ich ihm einen Wert beimesse. Das kann, ganz schnöde, Geld sein. Roulette hängt, zumindest nachdem man gesetzt hat, auch nur vom Glück ab, aber je nach dem Verhältnis von Einsatz und möglichem Gewinn, ist es spannend.
Neben den rein materiellen Werten, und nun kommen wir zu der erwähnten Verknüpfung, kann natürlich auch ein ideeller Wert einem Gewinn beigemessen werden. Das ist, in den meisten Fällen, der Sieg. Der wiederum nur dann wirklich Sinn ergibt im Hinblick auf die eingebrachten Fähigkeiten und den Wettbewerb mit Anderen. Und diese anderen Spieler wiederum sollten eine Herausforderung darstellen, also über annähernd entsprechende Fertigkeiten verfügen. Gegner, von denen man weiß das sie leicht zu besiegen sind, sind in jedem Fall spannungsvermindernd und fördern die Langeweile. Gleichwohl kann sich ein Spieler mit bloßen Sparringspartnern vergnügen, in dem er sich einfach an seinen Fähigkeiten ergötzt oder das Gefühl der Überlegenheit genießt.
Gut, ich habe jetzt ein paar sehr subjektive Stichworte eingebracht, auf denen sich hoffentlich aufbauen lässt. Spontan fällt mir noch die Alternativrealität ein, in die sich Spieler gerne versenken. Ich will es nicht gleich als Realitätsflucht bezeichnen, da der Begriff mit Angst in Verbindung gebracht wird und demzufolge eine wertende Konnotation hat. Für mich persönlich ist die fiktive Spielwelt aber nicht so wichtig.
Ich rege diese Gemeinschaftsdefinition in mehreren Foren an, um möglichst viel heterogenes Material zu bekommen. Alles weitere findet dann bei Ars Regendi statt, die Ergebnisse, so wir zu etwas Nennenswerten kommen werden, veröffentliche ich aber auch in den anderen Foren.
Also, was ist die Essenz eines guten Spieles?
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Woici ist vollkommen humorlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 7437
Wohnort: Em Schwobaländle
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(#1538914) Verfasst am: 13.09.2010, 11:09 Titel: |
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es kann keine allgemeingültige definition eines guten spieles geben, zu subjektiv sind die anforderungen jedes einzelnen.
selbst mensch ärgere dich nicht kann sehr wohl taktisch gespielt werden, auch wenn es vom glücksfaktor abhängig ist.
quasi alle kartenspiele haben einen glücksfaktor und können trotzdem taktisch gespielt werden.
roulette halte ich wiederum, wie lotto, nicht wirklich für ein spiel. hier geht es alleine um den schnöden mamon und die hoffnung, seinen einsatz zu vermehren.
andere leben in rollen- oder strategiespielen auf, die fast gar keinen glücksfaktor beinhalten
ich denke tatsächlich, "gutes spiel" kann nur jeder für sich selbst definieren, da die anforderungen und erwartungen sehr stark voneinander abweichen können.
_________________ eigentlich bin ich ein ganz netter... und wenn ich freunde hätte, könnten die das auch bestätigen.
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Loke der Lästerer
Anmeldungsdatum: 01.09.2010 Beiträge: 723
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(#1538935) Verfasst am: 13.09.2010, 12:30 Titel: |
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Ich denke schon, dass bei einem Spiel der Glücksfaktor hoch sein darf und es trotzdem Spaß machen kann.
Du kannst doch nicht dem Begriff Spiel "Mensch ärgere dich nicht" entziehen, nur weil es dir nicht gefällt. Wie du gesehen hast, haben deine Kombattanten ja auch viel Spaß daran gehabt, obwohl da so viel Glück dabei ist.
Ich halte die Wikipedia-Definition schon für ganz gut. Ein Spiel ist für mich was Freiwilliges, was ich gern mache und dabei Spaß habe, aber trotzdem keine Alltagsbeschäftigung ist.
Bei "I wanna be the guy" ist Spaß wohl eher Ehrgeiz und nicht Spaß im "normalen" Sinn.
Bei "Mensch ärgere dich nicht" kommt der Spaß ja nicht nur durch den Wettbewerb mit den Anderen, sondern weil es eine Gruppenbeschäftigung ist und man da immer zusammen lachen kann.
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Norm registrierter User
Anmeldungsdatum: 12.02.2007 Beiträge: 8149
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(#1538972) Verfasst am: 13.09.2010, 14:38 Titel: Re: Versuch einer Gemeinschaftsdefintion: Was macht gute Spiele aus? |
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Malone hat folgendes geschrieben: |
2. ich muss etwas gewinnen können. Etwas ist natürlich ein sehr vielseitig interpretierbarer Begriff. Zweifelsohne macht er nur dann Sinn, wenn ich ihm einen Wert beimesse. Das kann, ganz schnöde, Geld sein. Roulette hängt, zumindest nachdem man gesetzt hat, auch nur vom Glück ab, aber je nach dem Verhältnis von Einsatz und möglichem Gewinn, ist es spannend.
Neben den rein materiellen Werten, und nun kommen wir zu der erwähnten Verknüpfung, kann natürlich auch ein ideeller Wert einem Gewinn beigemessen werden. Das ist, in den meisten Fällen, der Sieg. Der wiederum nur dann wirklich Sinn ergibt im Hinblick auf die eingebrachten Fähigkeiten und den Wettbewerb mit Anderen. Und diese anderen Spieler wiederum sollten eine Herausforderung darstellen, also über annähernd entsprechende Fertigkeiten verfügen. Gegner, von denen man weiß das sie leicht zu besiegen sind, sind in jedem Fall spannungsvermindernd und fördern die Langeweile. Gleichwohl kann sich ein Spieler mit bloßen Sparringspartnern vergnügen, in dem er sich einfach an seinen Fähigkeiten ergötzt oder das Gefühl der Überlegenheit genießt. | Hier im Spiele-Unterforum gibt es Spiele bei denen es keine Gewinner gibt und dennoch werden sie gerne gespielt. Und etwas (über das Spiel hinaus) gewinnen zu können trfft auch oft wenn es einen oder merhere Gewinner gibt nicht zu. Und bei Kinderspielen gibt es z.B. die Version wo die Spieler als Gemeinschaft gewinnen oder verlieren können.
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moecks registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.03.2009 Beiträge: 4560
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(#1538987) Verfasst am: 13.09.2010, 15:22 Titel: Re: Versuch einer Gemeinschaftsdefintion: Was macht gute Spiele aus? |
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Malone hat folgendes geschrieben: |
Die Idee zu diesem Thread kam mir auf einem Spieleabend, wo ich per Mehrheitsentschluss genötigt wurde, Mensch ärgere dich nicht zu spielen. Meine Abneigung bereits im Vornherein bestand in der Kenntnis bzw. Annahme, dass dieses Spiel zu glücksabhängig sei. |
Jetzt mal nur auf den Bereich Spieleabend bezogen ist mir folgendes aufgefallen:
Wichtig für solch ein Spiel ist das Verhältnis zwischen Glücksfaktor und Strategiefaktor.
Ist der Strategiefaktor zu hoch, wie z.B. bei Schach, wird sich sehr schnell eine mögliche strategische Überlegenheit herausstellen und der Spaß am Spiel geht wohl verloren (insbesondere für den unterlegenen Spieler).
Ist der Glücksfaktor zu hoch, wie z.B. bei Mensch ärgere dich nicht oder das Würfelspiel Kniffel fühlen sich viele Spieler schnell gelangweilt. Mir geht es da wie dir.
Spiele, bei denen es auf beides ankommt, sind für einen Spieleabend am besten geeignet.
Ein Paradebeispiel für solch ein Spiel ist Poker. Auf dauer gewinnt der strategisch besser Spieler, aber im Einzelfall kann ein unterlegener Spieler durchaus auch einmal gewinnen.
Du kannst ja mal bei dem Inqspiel hier im Forum reinschauen, dieses ist von den beiden Faktoren her in der Regel auch recht ausgeglichen und einigen hier scheint das durchaus auch dauerhaft spaß zu machen.
Einen weiteren Vorteil hat diese Art von Spiel ebenfalls. Als Sieger kann man sich immer rühmen die bessere Strategie gehabt zu haben, wärend man als Verlierer immer noch sagen kann das einem selbst das Glück gefehlt hat. So kann jeder sein Gesicht wahren.
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