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Antidepressiva wirkungsloser und gefährlicher als gedacht
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Zamis
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Beitrag(#148393) Verfasst am: 10.07.2004, 20:34    Titel: Antidepressiva wirkungsloser und gefährlicher als gedacht Antworten mit Zitat

Die Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI-Präparate), zu denen auch der Kassenschlager Prozac gehört, geraten unter Beschuss. Sie scheinen wirkungsloser und gefährlicher zu sein als bislang angenommen. Zudem sollen die Pharmahersteller Anzeichen dafür, daß ihre Medikamente sogar suizidal und aggressiv machen, unter Verschluss gehalten haben.

Telepolis-Artikel hat folgendes geschrieben:
(...)Doch der Lack ist ab: Seit den 90er-Jahren häufen sich Berichte darüber, dass mit SSRI-Präparaten behandelte Patienten gewalttätig werden oder sogar Selbstmord begehen. Auch die Wirksamkeit der Wunderdrogen steht zunehmend in Frage. Großbritannien hat im vergangenen Jahr gehandelt – zumindest, was Kinder und Jugendliche betrifft: Die UK Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency hatte im April 2003 ein Expertengremium eingesetzt, das Sicherheit und Effizienz dieser Medikamentengruppe überprüfen sollte. Dazu wurde die Pharma-Industrie aufgefordert, Produktdaten einzureichen. Gut ein halbes Jahr später zeigten die Ergebnisse Konsequenzen: Alle Produkte außer Prozac wurden für unter 18-Jährige verboten. Die Begründung: Wirksamkeit kaum nachweisbar, Risiken dafür umso höher.

Auch bei Erwachsenen waren die Resultate nicht besser: Das britische National Institute for Clinical Excellence (NICE) nahm 1.000 veröffentlichte Studien unter die Lupe. Das Urteil: Bei leichten Formen von Depressionen wirken SSRI im Durchschnitt so gut wie Placebos.(...)


http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/lis/17812/1.html
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Nergal
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
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Beitrag(#148399) Verfasst am: 10.07.2004, 20:59    Titel: Antworten mit Zitat

Das halte ich nicht gerade für sehr aussagekräftig, Prozac, und der Umgang damit in Amerika, ist sicher nicht das Übliche, deshalb aber alle SSRI Präparate zu verteufeln ist, so denke ich, voreilig.
Weitere Untersuchungen sind nötig, das Verbot aber ist gerechtfertigt.
Dass das Ganze im New Scientist (und Heisse) steht stellt die glaubwürdigkeit der Sache natürlich auch nicht in ein besseres Licht.
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Meloneneis
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Anmeldungsdatum: 31.07.2003
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Beitrag(#148400) Verfasst am: 10.07.2004, 21:01    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Zamis,

ich kenne mich auf dem Gebiet nicht wirklich aus. Aber ich habe mal gehört, dass sich Menschen während einer schweren Depression kaum umbringen. Für einen Selbstmord braucht es ganz schön viel Initiative und dafür ist man wohl während einer Depression viel zu antriebslos. Mit den Aggressionen könnte es ähnlich sein. Falls das Antidepressivum zu mehr Selbstmord führt, könnte es auch sein, dass das Mittel sehr wohl wirkt, aber natürlich nicht mit dem erhofften Ergebnis. So in der Art: "Operation gelungen, Patient tot".
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Tarvoc
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Beitrag(#148401) Verfasst am: 10.07.2004, 21:02    Titel: Antworten mit Zitat

Also, ich bin da sehr stark auf der Leary-Linie, der gesagt hat, die meisten Psychopharmaka seien hochgefährlich (er sagte glaub' ich sowas wie "gefährlicher als LSD jemals sein könnte").
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"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Meloneneis
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Anmeldungsdatum: 31.07.2003
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Beitrag(#148402) Verfasst am: 10.07.2004, 21:03    Titel: Antworten mit Zitat

vielleicht sollte man das Zeugs ja nicht gerade wie Bonbons schlucken, sondern nur in Kombination mit einer Psychotherapie und unter ärztlicher Aufsicht?
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Heike N.
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Beitrag(#148404) Verfasst am: 10.07.2004, 21:09    Titel: Antworten mit Zitat

Meloneneis hat folgendes geschrieben:
ich kenne mich auf dem Gebiet nicht wirklich aus. Aber ich habe mal gehört, dass sich Menschen während einer schweren Depression kaum umbringen. Für einen Selbstmord braucht es ganz schön viel Initiative und dafür ist man wohl während einer Depression viel zu antriebslos.


Eine Depression bewirkt, dass der Mensch das Leben als sinnlos und sich als nutzlos erlebt. Ein Schnitt durch die Pulsadern ist da fix getan und kostet nicht viel. Möglicherweise mag das bei nicht allen Auswirkungen von Depressionen so sein, bei einigen aber sicherlich.
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Beitrag(#148406) Verfasst am: 10.07.2004, 21:11    Titel: Antworten mit Zitat

Meloneneis hat folgendes geschrieben:
vielleicht sollte man das Zeugs ja nicht gerade wie Bonbons schlucken, sondern nur in Kombination mit einer Psychotherapie und unter ärztlicher Aufsicht?


Psychopharmaka sind verschreibungspflichtig und werden demzufolge nur unter ärtzlicher Aufsicht genommen im Zuge einer Therapie.
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Nergal
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Beitrag(#148407) Verfasst am: 10.07.2004, 21:13    Titel: Antworten mit Zitat

Fände ich schon merkwürdig wenn die moderne Medizin bisher nichts entwickelt hätte das wirksam gegen Depressionen hilft, was ist mit all den leuten die davon geheilt wurden?
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Meloneneis
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Beitrag(#148410) Verfasst am: 10.07.2004, 21:16    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Heike,

ich schätze mal, es kommt auf die schwere der Depression an. Aber ich glaube, ein "erfolgreicher" Selbstmord ist tatsächlich nicht so einfach zu bewerkstelligen. Da braucht es schon eine gewisse Planung und Know how. Sonst versaut man bloß ein bisschen den Badezimmerboden und findet sich in der Psychiatrie wieder.
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Heike N.
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Beitrag(#148412) Verfasst am: 10.07.2004, 21:21    Titel: Antworten mit Zitat

Meloneneis hat folgendes geschrieben:
ich schätze mal, es kommt auf die schwere der Depression an. Aber ich glaube, ein "erfolgreicher" Selbstmord ist tatsächlich nicht so einfach zu bewerkstelligen. Da braucht es schon eine gewisse Planung und Know how. Sonst versaut man bloß ein bisschen den Badezimmerboden und findet sich in der Psychiatrie wieder.


Es war ja nicht die Frage, ob ein Selbsttötungsversuch erfolgreich ist oder nicht, sondern ob er tatsächlich passiert und wann. Und in der Hinsicht kann ich leider seit Jahren entsprechende Erfahrungen bei meiner Freundin sammeln, die keinen unternimmt, wenn es ihr besser geht und letztens noch einen fast erfolgreichen während einer Krise. Deprimiert
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Meloneneis
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Beitrag(#148413) Verfasst am: 10.07.2004, 21:21    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Psychopharmaka sind verschreibungspflichtig und werden demzufolge nur unter ärtzlicher Aufsicht genommen im Zuge einer Therapie.


Naja, da muss ich wohl korrigieren: unter fachärztlicher Aufsicht und in Kombination mit einer kompetenten Therapie. Das ist gerade in Deutschland nicht immer gegeben. Ich habe schon erlebt, dass eine Freundin ein Mittel gegen Psychosen! vom Hausarzt verschrieben bekam, weil sie starke Schmwerzen hatte und er sie für "eingebildet" hielt. Ein paar Tage später hat man in der Klinik dann die tatsächliche Ursache der Schmerzen entdeckt und sie fachgerecht behandelt.
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Heike N.
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Beitrag(#148415) Verfasst am: 10.07.2004, 21:26    Titel: Antworten mit Zitat

Meloneneis hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Psychopharmaka sind verschreibungspflichtig und werden demzufolge nur unter ärtzlicher Aufsicht genommen im Zuge einer Therapie.


Naja, da muss ich wohl korrigieren: unter fachärztlicher Aufsicht und in Kombination mit einer kompetenten Therapie. Das ist gerade in Deutschland nicht immer gegeben. Ich habe schon erlebt, dass eine Freundin ein Mittel gegen Psychosen! vom Hausarzt verschrieben bekam, weil sie starke Schmwerzen hatte und er sie für "eingebildet" hielt. Ein paar Tage später hat man in der Klinik dann die tatsächliche Ursache der Schmerzen entdeckt und sie fachgerecht behandelt.


Tja, die Blüten der Humanmediziner. skeptisch
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Meloneneis
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Beitrag(#148416) Verfasst am: 10.07.2004, 21:28    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Es war ja nicht die Frage, ob ein Selbsttötungsversuch erfolgreich ist oder nicht, sondern ob er tatsächlich passiert und wann. Und in der Hinsicht kann ich leider seit Jahren entsprechende Erfahrungen bei meiner Freundin sammeln, die keinen unternimmt, wenn es ihr besser geht und letztens noch einen fast erfolgreichen während einer Krise.


Naja, warum sollte jemand, dem es gerade gut geht, auch einen Selbstmordversuch unternehmen? Ich stelle ja auch nur Vermutungen an und weiß nichts genaues. Aber könnte es nicht sein, dass jemand, der sehr schwer depressiv ist, ein Antidepressivum nimmt, das die Depression zwar soweit mildert, dass er wieder in einem gewissen Maße handlungsfähig wird? Wenn das Mittel nicht gut genug hilft, falsch dosiert ist etc. muss es ihm deshalb ja noch lange nicht wieder "gut" gehen.
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Zamis
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Beitrag(#148418) Verfasst am: 10.07.2004, 21:31    Titel: Antworten mit Zitat

Nergal hat folgendes geschrieben:
Das halte ich nicht gerade für sehr aussagekräftig, Prozac, und der Umgang damit in Amerika, ist sicher nicht das Übliche, deshalb aber alle SSRI Präparate zu verteufeln ist, so denke ich, voreilig.
Weitere Untersuchungen sind nötig, das Verbot aber ist gerechtfertigt.
Dass das Ganze im New Scientist (und Heisse) steht stellt die glaubwürdigkeit der Sache natürlich auch nicht in ein besseres Licht.


Newsletter der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (Fachausschuss der Bundesärztekammer) vom 25.03.2004:
http://www.akdae.de/49/938_2004_053.html

Stellungnahme der
Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie,
Psychosomatik und Psychotherapie e.V. :
http://www.dgkjp.de/SSRI-1.pdf
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Heike N.
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 26138
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Beitrag(#148420) Verfasst am: 10.07.2004, 21:42    Titel: Antworten mit Zitat

Meloneneis hat folgendes geschrieben:
Naja, warum sollte jemand, dem es gerade gut geht, auch einen Selbstmordversuch unternehmen? Ich stelle ja auch nur Vermutungen an und weiß nichts genaues. Aber könnte es nicht sein, dass jemand, der sehr schwer depressiv ist, ein Antidepressivum nimmt, das die Depression zwar soweit mildert, dass er wieder in einem gewissen Maße handlungsfähig wird? Wenn das Mittel nicht gut genug hilft, falsch dosiert ist etc. muss es ihm deshalb ja noch lange nicht wieder "gut" gehen.


OK, ich bin selber nicht depressiv und kann demzufolge auch nur unzulänglich nachvollziehen, was ein Depressiver empfindet. Ich habe es so erklärt bekommen, dass die Medikamente die Spitzen rausnehmen und die Situation erträglich machen. "Gut gehen" war vielleicht der falsche Ausdruck.

Aber es gibt durchaus unterschiedliche Arten von Depressionen. Bei manchen kommt es wirklich nur schubweise, manche leben permanent damit. Die Medikamentation muss demzufolge auch anders aussehen.

Im Übrigen gibt es wohl auch die Möglichkeit, Stoffwechsel reduzierende Medikamente zu geben (keine Ahnung, wie da was genau funktioniert). Meine Freundin beschrieb es als "hilfreich". Die Nebenwirkungen sind allerdings (wie bei anderen Psychopharmaka) enorm.
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max
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Anmeldungsdatum: 18.07.2003
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Beitrag(#148426) Verfasst am: 10.07.2004, 22:13    Titel: Antworten mit Zitat

Meloneneis hat folgendes geschrieben:
Aber könnte es nicht sein, dass jemand, der sehr schwer depressiv ist, ein Antidepressivum nimmt, das die Depression zwar soweit mildert, dass er wieder in einem gewissen Maße handlungsfähig wird?

Dies halte ich für sehr unwahrscheinlich. Bei der Einnahme von Antidepressiva wird zwar gewarnt, dass zu Beginn der Einnahme eine erhöhte Selbstmordgefahr besteht, da die Wirkung erst verzögert einsetzt, aber es ist nicht so, dass Depressive allgemein handlungsunfähig sind und durch die Einnahme die Gefahr steigt. Wenn ich die Zahlen richtig im Kopf habe, gehören die verschiedenen Formen der Depressionen zu den Krankheiten, an denen jedes Jahr in der BRD Tausende (durch Selbstmord) sterben. Deshalb kann ich nur raten dringend eine Behandlung zu beginnen oder Freunden dringend zu einer Behandlung zu raten. Die Märchen, dass heutige Antidepressiva wirkungslos oder gar gefährlich werden, sind sicher deutlich gefährlicher als die Medikamente, da sie verhindern, dass sich ein Kranker helfen lässt.

Ach und übrigens: Prozac wirkt durchaus gegen Depressionen, was ich aus erster, zweiter und dritter Hand bestätigen kann. Die Medikamente bewirken, dass die Grundstimmung gehoben wird. Das bedeutet nicht, dass es einem hervorragend geht, sondern nur, dass eben nicht die Depression der Normalzustand ist. Und eine Depression als Normalzustand kann einen natürlich in den Selbstmord treiben, da dies über längere Zeit (was bei der Krankheit normal ist) kaum aushaltbar ist.
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Babyface
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Beitrag(#148448) Verfasst am: 10.07.2004, 23:17    Titel: Antworten mit Zitat

So weit hergeholt finde ich die Argumentation von Meloneneis eigentlich nicht. Man weiss schon, dass das Suizidrisiko insbesondere bei depressiven suizidalen Patienten ansteigt, wenn sie aus einem Stimmungstief komen und der Antrieb wieder stärker wird. Allerdings wäre das ein Effekt, den man auch bei psychologischer, nicht-medikamentöser Intervention beobachten müsste. Es ist natürlich schwierig einzuschätzen, ob und wie das in der vorliegenden Studie kontrolliert wurde. Natürlich ist das kein Grund, da gebe ich max vollkommen recht, überhaupt nicht zu therapieren, da Depressive ein besonders hohes Suizidrisiko aufweisen, das bei unbehandelter Depression über einen längeren Zeitraum bestehend wesentlich fataler wäre. Die Frage ist eben, wann eine medikamentöse Therapie, die ja auch sehr unangenehme Nebenwirkungen hat, indiziert ist. Studien kommen da teilweise zu recht widersprüchlichen Ergebnissen bzgl. der kurzfristigen Behandlungserfolge im Vergleich zu den kognitiven Verhaltenstherapien. Einige Studien finden hier eine Überlegenheit der medikamentösen Behandlung (insbesondere der selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer), andere konnten diese Überlegenheiten nicht mal bei schwerer Depression nachweisen. Als gesichert gilt allerdings die langfristige Überlegenheit der Kognitiven VT gegenüber der rein medikamentösen Therapie, die höhere Abbruchraten wegen Nebenwirkungen und häufige Rückfälle nach Absetzung der Medikamente aufweist. Eine psychologische Behandlung scheint daher als die Basis für eine Therapieplanung immer geboten.
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Heike N.
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
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Beitrag(#148449) Verfasst am: 10.07.2004, 23:22    Titel: Antworten mit Zitat

Und wieder finde ich es enorm klasse, einen Psycho-Onkel im Forum zu haben, der sich einfach mit der Materie auskennt und dazu noch so einen Vertrauen erweckenden und optimistischen Avatar hat. Mr. Green
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
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Beitrag(#148452) Verfasst am: 10.07.2004, 23:38    Titel: Antworten mit Zitat

Nergal hat folgendes geschrieben:
Fände ich schon merkwürdig wenn die moderne Medizin bisher nichts entwickelt hätte das wirksam gegen Depressionen hilft, was ist mit all den leuten die davon geheilt wurden?


Dazu müsste man erst einmal verstehen, warum manche Menschen depressiv werden.

Im übrigen denke ich, dass Depression durchaus eine angemessene Reaktion sein kann. Wenn sich ein Mensch in einer aussichtslosen Lebenssituation befindet, dann finde ich es zynisch, seine nachvollziehbare Reaktion darauf als krankhaft einzustufen.
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
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Beitrag(#148453) Verfasst am: 10.07.2004, 23:42    Titel: Antworten mit Zitat

Heike N. hat folgendes geschrieben:
OK, ich bin selber nicht depressiv und kann demzufolge auch nur unzulänglich nachvollziehen, was ein Depressiver empfindet. Ich habe es so erklärt bekommen, dass die Medikamente die Spitzen rausnehmen und die Situation erträglich machen. "Gut gehen" war vielleicht der falsche Ausdruck.


Ich wurde einige Zeit mit trizyklischen Antidepressive behandelt. Davon ging es mir nicht gut sondern gar nicht. An meiner Situation veränderte sich im Grunde nichts, nur war mir das völlig egal. Immerhin konnte ich so wieder studieren, aber das war mir auch egal. Die Wochen vergingen wie im Fluge. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich nur noch ans Schlafen dachte. Dann habe ich das Zeug schlagartig abgesetzt.
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Nav
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Beitrag(#148454) Verfasst am: 10.07.2004, 23:43    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Nergal hat folgendes geschrieben:
Fände ich schon merkwürdig wenn die moderne Medizin bisher nichts entwickelt hätte das wirksam gegen Depressionen hilft, was ist mit all den leuten die davon geheilt wurden?


Dazu müsste man erst einmal verstehen, warum manche Menschen depressiv werden.

Im übrigen denke ich, dass Depression durchaus eine angemessene Reaktion sein kann. Wenn sich ein Mensch in einer aussichtslosen Lebenssituation befindet, dann finde ich es zynisch, seine nachvollziehbare Reaktion darauf als krankhaft einzustufen.


Es geht um Leidminderung. Und auch Zahnschmerzen sind eine nachvollziehbare Reaktion auf Karies - dennoch ist es nicht zynisch, diese zu behandeln. zwinkern

Im übrigen sind Depressionen oft eine Störung der Gehirnchemie.
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Heike N.
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Beitrag(#148455) Verfasst am: 10.07.2004, 23:44    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Im übrigen denke ich, dass Depression durchaus eine angemessene Reaktion sein kann. Wenn sich ein Mensch in einer aussichtslosen Lebenssituation befindet, dann finde ich es zynisch, seine nachvollziehbare Reaktion darauf als krankhaft einzustufen.


Hmm... es gibt durchaus genetisch bedingte Depressionen, die lediglich einen Auslöser benötigen, um sich präsent zu machen.

Krankhaft ist es insofern, dass wir zwischen "depressiver Phase" und "Depression" unterscheiden müssen.
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Wygotsky
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Beitrag(#148456) Verfasst am: 10.07.2004, 23:46    Titel: Antworten mit Zitat

max hat folgendes geschrieben:
Deshalb kann ich nur raten dringend eine Behandlung zu beginnen oder Freunden dringend zu einer Behandlung zu raten.


Ein Problem ist, dass es zu wenig Psychiater in Deutschland gibt. Als ich mich endlich entschlossen hatte, einen aufzusuchen, musste ich 3 Monate lang auf meine erste Sprechstunde warten. Das ist offenbar in D ganz normal.
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Wygotsky
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Beitrag(#148461) Verfasst am: 10.07.2004, 23:50    Titel: Antworten mit Zitat

Heike N. hat folgendes geschrieben:
Psychopharmaka sind verschreibungspflichtig und werden demzufolge nur unter ärtzlicher Aufsicht genommen im Zuge einer Therapie.


Oft genug sind die Psychopharmaka die einzige Therapie. Als ich mich irgendwann weigerte, weiter Medikamente zu schlucken, und eine andere Therapieform verlangte, war das ein ziemlicher Kampf. Ich vermute, dass eine Gesprächstherapie wesentlich teurer ist als ein paar Pillen. Jedenfalls versuchte mein Arzt mich bei jeder Sitzung zu überreden, wieder Medikamente zu nehmen.
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Heike N.
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Beitrag(#148464) Verfasst am: 10.07.2004, 23:54    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Psychopharmaka sind verschreibungspflichtig und werden demzufolge nur unter ärtzlicher Aufsicht genommen im Zuge einer Therapie.


Oft genug sind die Psychopharmaka die einzige Therapie. Als ich mich irgendwann weigerte, weiter Medikamente zu schlucken, und eine andere Therapieform verlangte, war das ein ziemlicher Kampf. Ich vermute, dass eine Gesprächstherapie wesentlich teurer ist als ein paar Pillen. Jedenfalls versuchte mein Arzt mich bei jeder Sitzung zu überreden, wieder Medikamente zu nehmen.


Ich möchte mal dreist behaupten, dass eine solche Vorgehensweise nicht die Regel ist. Du scheinst eine depressive Phase gehabt zu haben. Jemandem mit einer wirklichen Depression wird eine Gesprächstherapie alleine kaum helfen. Bestimmte Dinge kann man nicht wegdiskutieren. Versuch das mal mit einem Familienvater, der dreimal im Jahr für einen Monat vor Angst bewegungsunfähig im Sessel sitzt (authentischer Fall) und nicht in der Lage ist, mehr als elementare Dinge (zum Klo gehen, ins Bett gehen) zu meistern.
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frajo
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Beiträge: 11440

Beitrag(#148475) Verfasst am: 11.07.2004, 00:09    Titel: Antworten mit Zitat

Heike N. hat folgendes geschrieben:
Und wieder finde ich es enorm klasse, einen Psycho-Onkel im Forum zu haben, der sich einfach mit der Materie auskennt und dazu noch so einen Vertrauen erweckenden und optimistischen Avatar hat. Mr. Green


ich bin mehr für eine ganzheitliche sicht der dinge, die gewisse wichtige aspekte nicht einfach verdrängt:

Babyface hat folgendes geschrieben:
Ich kann mir Situationen vorstellen, in denen dieses Prinzip zur Anwendung kommt und es ethisch vetretbar oder sogar geboten wäre, einen Menschen zu töten. Daher kann ich eine Unethik der Folter, die demselben Zweck dienen kann aber nicht muss, per se unter bestimmten Prämissen (siehe das Ausgangsposting von Fragesteller) nicht ableiten, wohl aber der Ablehnung ihrer Institutionalisierung zustimmen und ihre Bestrafung selbst bei Erfüllung jener Prämissen fordern. Diese Forderung begründet sich wiederum utilitaristisch (Missbrauchsgefahr; Unsicherheit der Prämissen; im Gegensatz zu Gefängnisstrafen mglw. gesellschaftsverrohende Signalwirkung etc.). Folter nicht zu bestrafen, wäre somit unethisch. Das hat aber die paradoxe Konsequenz, dass ich mich als Individuum nicht unethisch verhalten muss, wenn ich den Entführer meines Sohnes foltere, um sein Leben zu retten, solange ich die Konsequenzen, dafür von der Gesellschaft bestraft zu werden, zu tragen bereit bin.
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#148476) Verfasst am: 11.07.2004, 00:14    Titel: Antworten mit Zitat

Heike N. hat folgendes geschrieben:
Ich möchte mal dreist behaupten, dass eine solche Vorgehensweise nicht die Regel ist.


Das hoffe ich doch sehr.

Heike hat folgendes geschrieben:
Du scheinst eine depressive Phase gehabt zu haben.


Ein paar Jahre dauerte diese Phase schon. Und ich glaube nicht, dass ich es meinem Psychiater zu verdanken habe, dass ich da wieder rausgekommen bin.

Heike hat folgendes geschrieben:
Jemandem mit einer wirklichen Depression wird eine Gesprächstherapie alleine kaum helfen. Bestimmte Dinge kann man nicht wegdiskutieren. Versuch das mal mit einem Familienvater, der dreimal im Jahr für einen Monat vor Angst bewegungsunfähig im Sessel sitzt (authentischer Fall) und nicht in der Lage ist, mehr als elementare Dinge (zum Klo gehen, ins Bett gehen) zu meistern.


Es gibt auch Fälle, in denen ein Mensch durch Psychopharmaka befähigt wird, eine ihn krankmachende Lebenssituation dauerhaft auszuhalten. Wenn in solchen Fällen Medikamente die einzige Behandlung bleiben, wird das vielleicht nie erkannt.

Ich bin nicht grundsätzlich gegen Psychopharmaka. Es gibt Menschen, denen sie helfen und die sie nehmen wollen. Das finde ich in Ordnung. Aber wenn jemand keine Medikamente nehmen will und um andere Hilfe bittet, dann muss das auch OK sein. Vor allem, da Medikamente nicht die einzige Behandlungsform sind.
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rabenkrähe
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Beitrag(#148528) Verfasst am: 11.07.2004, 03:26    Titel: Antworten mit Zitat

Anti-Depressiva haben schon mal den Sinn, für sehr viel Umsatz zu sorgen, also für Beschäftigung, also für Einkommen.....

In der Praxis sollten Psychopharmaka, insbesondere auch Anti-Depressiva grundsätzlich nur eingesetzt werden, um zu stabilisieren und eine psychotherapeutische Behandlung vorzubereiten oder zu begleiten.

Das gilt natürlich nicht für Psychosen und schizoide Störungskreise, bei denen vielfach Medikamente dauerhaft verabreicht werden müssen.
Dann allerdings Neuroleptika und keine Anti-Depressiva,mit denen heute regelrecht hausiert wird und die auch in Angst-, Zwangs- und sonstigen Störungsbehandlungen zum Einsatz kommen, keineswegs "nur" bei Schwermut.

bin rabenkrähe Anbetung des lila Einhorns
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#148529) Verfasst am: 11.07.2004, 03:29    Titel: Antworten mit Zitat

rabenkrähe hat folgendes geschrieben:
Anti-Depressiva haben schon mal den Sinn, für sehr viel Umsatz zu sorgen, also für Beschäftigung, also für Einkommen.....


Andere Therapien könnten auch für Umsatz, Beschäftigung und Einkommen sorgen. Es ist halt die Frage, wer die bessere Lobby hat. Im Moment anscheinend die Leute, die Pillen pressen.
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narziss
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Beitrag(#148532) Verfasst am: 11.07.2004, 04:15    Titel: Antworten mit Zitat

Hm ich wüsste zu gerne wie es ist nichts zu fühlen.
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