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Parteilos

 
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narziss
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 21939

Beitrag(#177608) Verfasst am: 11.09.2004, 02:06    Titel: Parteilos Antworten mit Zitat

Manchmal kriegt man in Meldungen zu lesen, dass irgendein Politiker parteilos ist. Solche Leute finden sich zumeist aber nur in der Kommunal- selten in der Landes- und mW zumindest in der letzten Zeit nicht in der Bundespolitik.

Aber wo stehen diese Leute politisch? Ist das Spektrum zersplittert oder kann man die Parteilosen gut einem politischen Lager zuordnen, die aber wegen einiger Reibungspunkte nicht der ihnen nahestehenden Partei beitreten?
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rabenkrähe
Gast






Beitrag(#177610) Verfasst am: 11.09.2004, 02:49    Titel: Antworten mit Zitat

Die Parteilosen kommen ja nicht einfach so in ihre Ämter, sie werden hineingewählt.
Und da werden die jeweils Regierenden schon drauf achten, daß sie nur solche aufstellen, die auch in ihrem Sinne entscheiden und sich verhalten.

Daß das auf kommunale Ebene viel häufiger vorkommt, ist doch naheliegend, weil dort einfach die Sachbezogenheit der Entscheidungen im Vordergrund steht, je höher die Entscheidungsebene in Ländern oder Bund wird, desto mehr spielen taktische Fragen und Machtkalkül eine Rolle.

Ich finde, daß parteilose grundsätzlich viel mehr berücksichtigt werden sollten. Ganz besonders in Ministerien, in denen fachliche Kenntnis von besonderer Bedeutung ist.

bin rabenkrähe Anbetung des lila Einhorns
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Sermon
panta rhei



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 18430
Wohnort: Sine Nomine

Beitrag(#177621) Verfasst am: 11.09.2004, 08:18    Titel: Re: Parteilos Antworten mit Zitat

narziss hat folgendes geschrieben:
Manchmal kriegt man in Meldungen zu lesen, dass irgendein Politiker parteilos ist.


Wenn es in der Bundespolitik ganz selten mal Minister ohne Parteizugehoerigkeit gab, dann handelte es sich entweder um anderweitig prominente Persoenlichkeiten, ganz besondere Experten, oder um Situationen, in denen beispielsweise ein Bundeskanzler Wert darauf legt, eine Position mit einer Person zu besetzen, welche eben keine (inner)parteiliche Hausmacht besitzt und somit in der Funktion voellig von ihm abhaengt.

Ganz extrem wird jedoch die Problematik der "Expertokratie" bei den Komissionen deutlich, welche die Regierung Schroeder fuer viel Geld eingesetzt hat: eine sehr interessenbezogene Politik (fulminante Steuergeschenke fuer die Reichen gerieren Mindereinnahmen des Staates ("leere Kassen"), welche einen Abbau des Sozialstaates 'rechtfertigen') wird als vermeintlich voellig alternativlos dargestellt und somit politische Verantwortung hinter einem angeblichen "Sachzwang" versteckt.

Parteilose Bewerber bei Bundestagswahlen als Einzelkandidaten in Direktwahlkreisen sind regelmaeszig voellig chancenlos. Der ehemalige CDU-OB von Bonn musste dies nach seiner Parteikarriere als parteiloser Einzelbewerber in einem Achtungserfolg erfahren.

Auch die Tatsache, dasz es im Gegensatz dazu einigen parteilosen Bewerbern bei Kommunalwahlen gelingt, sehr erfolgreich zu sein, darf nicht darueber hinwegtaeuschen, dasz auch dort die meisten parteilosen Kandidaten nicht mal in eine Stichwahl kommen.

Wenn aber die Kommune ausreichend klein ist und mindestens eine der groszen Parteien keine sonderlich ueberzeugende Kandidatur aufweist, es vielleicht ueberparteiliche Bestrebungen gibt, sich auf einen gemeinsam unterstuetzten Kandidaten zu verstaendigen, oder lokal ein parteilose Person als besonders qualifiziert bekannt ist, dann schlaegt die Stunde der Chancen fuer parteilose Kandidaten. So wurde beispielsweise 1999 in der Kleinstadt Luenen (noerdlich von Dortmund) der fruehere Stadtdirektor nicht von der SPD zum Kandidaten fuer den hauptamtlichen Buergermeister (durch eine Kommunalreform waren zuvor die Funktionen von Ratsspitze und Verwaltungsspitze in NRW zusammengelegt worden) aufgestellt worden, sondern eine aus Parteisicht verdiente Frau ohne Verwaltungserfahrung. Der erboste Verwaltungsexperte trat als parteiloser Kandidat an und gewann die Wahl deutlich.

Die Chancen fuer parteilose Kandidaten ist dort groszer, wo es bereits "freie Waehlergemeinschaften" gibt. Durch den Wegfall der 5%-Huerde bei den Kommunalwahlen in NRW sind solche Gruppierungen vielerorts neu - und mancherorts gleich in verschiedenen Varianten - entstanden. Insofern aber die Wahrnehmung von Rechten allenfalls durch Fraktionsstatus moeglich ist und die groszen Fraktionen wesentlich bestimmen, ob die Kleinen in Ausschuessen vertreten sind, koennen Einzelmitglieder des Rates bzw. politische Abgeordnetengruppen ohne Fraktionsstatus ihre Waehler nicht gleichberechtigt vertreten.

Ueberhaupt besteht die Ratsarbeit im Wesentlichen darin, an wenig spannenden Gremiensitzungen teilzunehmen und zu deren Vorbereitung dicke Verwaltungsvorlagen zu lesen, zu verstehen und die getarnten Schwachstellen zu finden - und das kontinuierlich fuer 5 Jahre. Notorisch kommt hierzu von gewaehlten Rechtspopulisten keine serioese Arbeit.

Die oft gut funktionierenden Waehlergemeinschaften in Sueddeutschland sind zumeist Zusammenschluesse von eher wohlsituierten Buergern, die bei Bundestagswahl zum Potential der Unionsparteien gehoeren, auf der kommunalen Ebene aber ueber "freie Waehlergemeinschaften" einen viel direkteren Einflusz ausueben koennen, als ueber Parteien. Auch muss man somit nie fuer Politik auf Landes- und Bundesebene geradestehen, denn viele Waehler differenzieren dabei bezueglich Parteivertretern nicht.

Oft sind die "Freien Waehlergemeinschaften" aber auch recht kurzfristige Zusammenschluesse, die staerker als Parteien an Einzelpersonen und Einzelsachfragen haengen. Der Politikansatz ist pragmatisch, nicht programmatisch - und oft populistisch! Der Charme eines leichteren Zuganges zu Politik ohne Parteikarriere wird manchmal durch intransparente und informelle Strukturen konterkariert. Auch kann die Egozentrik von Einzelpersonen hierin viel dominanter werden, als in korrigierenden Parteistrukturen.

Insofern es auf der kommunalen Ebene keine staatliche Wahlkampffinanzierung gibt, stehen die "Freien Waehler" in besonderer Weise vor der Frage der Finanzierung, da sie ja nicht aus Ueberschuessen von Landtags- , Bundestags- und Europawahlen etwas ansparen konnten.
Dies staerkt die Rolle von finanzstarken Einzelmitgliedern und von Sponsoren. Die Liste "Buerger fuer Hagen" eines ehemaligen SPD-Ratsmitgliedes, wird beispielsweise im Wesentlichen von diesem selbst (Unternehmer) und von dessen Freunden aus der lokalen Wirtschaft finanziert. Und so liest sich deren duerres Programm auch als Lobbypolitik fuer spezielle Interessen. Derlei oft uebersehene Realien stehen in krassem Gegensatz zu dem Image der vermeintlich groeszeren Buergernaehe der "Freien".

Insofern die Partizipation der Buerger dort am niedrigsten ist, wo es um lokale Politik geht, ist dort der Einflusz der Engagierten ueberproportional hoch. Und da liegt dann auch die Crux der "Freien Waehler": die Rahmenbedingungen werden den Kommunen auf ganz anderen Ebenen gesetzt. Unter den Rahmenbedingungen der finanziellen Aushungerung der Kommunen haben Lokalpolitiker - die bislang gerne mit Prestigeprojekten prunken mochten - jedoch nur noch zu entscheiden, wem sie wagen, im "Streichkonzert" weh zu tun. Bereits vor den Wahlen werden Versprechungen gemacht, die maechtige Lobby der Verwaltung eher nicht im Besitzstand anzutasten. Beibt also nur, zu entscheiden, welche der schwachen Gruppen es am Meisten trifft: Drogensuechtige, Obdachlose, Sozialhifeempfaenger usw. Kurzfristige Mittelkuerzungen werden nicht im Hinblick auf Folgewirkungen untersucht.

Ausfuehrliche schriftliche Programme legen immer weniger Parteien und Listen bei Kommunalwahlen lokal vor. Es interessieren sich aber auch immer weniger Waehler dafuer, was wirklich hinter einer Wahlgruppierung steckt. Und die Mehrheit der Wahlberechtigten nimmt an den Kommunalwahlen womoeglich schon gar nicht mehr teil.
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Nordseekrabbe
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Beitrag(#177816) Verfasst am: 11.09.2004, 22:44    Titel: Re: Parteilos Antworten mit Zitat

Sermon hat folgendes geschrieben:

Die Chancen fuer parteilose Kandidaten ist dort groszer, wo es bereits "freie Waehlergemeinschaften" gibt.


In der Kommunalpolitik meiner Kleinstadt gibt es eine Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, die allerdings kein Mitglied von der Partei Bündnis 90/Die Grünen ist, und auch keiner anderen Partei angehört - also parteilos ist.
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panta rhei



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Beitrag(#177819) Verfasst am: 11.09.2004, 22:51    Titel: Re: Parteilos Antworten mit Zitat

Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Sermon hat folgendes geschrieben:

Die Chancen fuer parteilose Kandidaten ist dort groszer, wo es bereits "freie Waehlergemeinschaften" gibt.


In der Kommunalpolitik meiner Kleinstadt gibt es eine Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, die allerdings kein Mitglied von der Partei Bündnis 90/Die Grünen ist, und auch keiner anderen Partei angehört - also parteilos ist.


Das ist wieder was voellig anderes. Sie wurde - wiewohl kein Parteimitglied - von der Partei fuer die Parteiliste aufgestellt. Das hat nichts mit parteilosen Einzelbewerbern und nichts mit "Freien Waehlergemeinschaften" zu tun, sondern ist das Konzept der "offenen Liste".
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Beitrag(#178059) Verfasst am: 12.09.2004, 19:30    Titel: Antworten mit Zitat

Wir hatten mal für 2 Legislaturperioden einen parteilosen (aber der ÖVP nahestehenden) Justizminister (Michalek). Gerade in der Position halte ich das für sinnvoll.

Sollte Rot - Grün hier kommen (was wahrscheinlich ist), dann fände ich es toll, wenn die sich Dr. Heide Schmidt als parteilosen Justizministerin holen würden. Im Gespräch war das ja auch schon mal.
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