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Darwin contra Darwinismus
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zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25404

Beitrag(#1177087) Verfasst am: 10.01.2009, 16:46    Titel: Darwin contra Darwinismus Antworten mit Zitat

In einem lesenswerten Beitrag zum Darwin-Jahr schreibt Jürgen Neffe in der ZEIT:
Zitat:

[...]
Darwins Schatten überragt seinen Namen um genau fünf Buchstaben: ismus. Sie trennen Wissenschaft von Weltanschauung, Idee von Ideologie, Biologie von Biologismus.
[...]
Im gängigen Sprachgebrauch jedoch steht Darwinismus für Sozialdarwinismus, für Ellbogen und das Recht des Stärkeren im allgegenwärtigen Verdrängungswettbewerb. Wer jemand anderen einen Darwinisten nennt, meint das in der Regel nicht freundlich.
[...]
Für den Freiburger Neurobiologen Joachim Bauer ist »der Darwinismus mittlerweile zu einer Art Albtraum geworden«. Der Physiker und Zivilisationsforscher Freeman Dyson ruft »das Ende des Darwinschen Zeitalters« aus. Und Jürgen Habermas erklärt die »sozialdarwinistisch enthemmte Weltpolitik« zum Ausläufermodell.
[...]
Wenn man so will, geht Darwins Dilemma auf Geburtsfehler seiner Theorie zurück, ohne die sie im 19. Jahrhundert nicht hätte entstehen können. Nachdem er anhand fossiler und moderner Arten deren Wandelbarkeit durch Evolution erkennt, vergleicht er den evolutionären Vorgang mit der Züchtung von Pflanzen und Tieren. Die Modifizierung von Arten sei nichts anderes als gesteuerte, beschleunigte Evolution. Kollegen weisen Darwin darauf hin, dass künstliche und natürliche »Zuchtwahl« sich grundlegend unterscheiden. Bei der einen wird mit (menschlichem) Wissen und Willen bewusst ein Ziel angesteuert, der anderen fehlen Ziel und ordnende Hand – wenn nicht, wie von Verfechtern eines »Intelligent Design«, der Schöpfer durch die Hintertür ins Spiel gebracht wird.
[...]
Darwin überträgt den malthusischen struggle for existence auf die Natur. So steht die ökonomische Analyse des Manchester-Kapitalismus gewissermaßen Modell für die Theorie biologischer Evolution – vom Konkurrenzkampf, jeder gegen jeden, über die Selektionsmechanismen des Marktes bis zur Entstehung neuer Nischen oder Produkte.
[...]
Hier liegt die Ursache für Darwins blinden Fleck: Er verkennt die Macht der kulturellen Evolution, die sich spätestens mit der Sesshaftwerdung des Menschen über die biologische Evolution zu erheben begann.
[...]
Die fünf Buchstaben seines Schattens haben ihren Ursprung in einer Tautologie, dem survival of the fittest. Den Kampf ums Dasein, sagt er, überleben die Tauglichsten, korrekter gesagt, die am besten Angepassten. Oder als tautologische Beschreibung des Status quo: Sieger ist, wer gesiegt hat. Die Formel gehört zu den folgenreichsten, die je ein Forscher zu Papier gebracht hat. Sie geht allerdings nicht auf Darwin zurück, sondern auf den Soziologen Herbert Spencer – und damit wiederum auf ein Gesellschaftsmodell.
[...]
Darwin übernimmt die Sprechweise vom survival of the fittest erst ein paar Jahre später. In seinem Hauptwerk taucht sie erstmals in der fünften Auflage 1869 auf. Da schreibt er bereits an seinem Nachfolgebuch über Die Abstammung des Menschen. Darin äußert er sich, in Anlehnung an Malthus, auch politisch: »Alle sollten sich des Heiratens enthalten, welche ihren Kindern die größte Armut nicht ersparen können. Die Armut ist nicht nur ein Übel, sondern führt auch zu ihrer eigenen Vergrößerung.«
[...]
Schuld im Sinne von Vorsatz trifft Darwin nicht. Anders als Haeckel betrachtet er Menschen aller Hautfarben als Vertreter einer Art – und kämpft zeitlebens gegen Sklaverei als Besitz eines Menschen durch einen anderen.
[...]
Heute wissen wir, dass der Begriff »Rasse«, wie ihn Züchter benutzen, auf Menschen übertragen, keinen Sinn ergibt. Unsere Spezies ist trotz Eugenik und Rassenwahn kein Resultat gezielter Züchtung. Eher entsprechen wir alle Promenadenmischungen, die sich innerhalb einer Population individuell mehr unterscheiden können als von Kontinent zu Kontinent.
[...]
Niemand wird die herausragende Rolle von (angeborenen) Instinkten für das menschliche Handeln bestreiten. Wir sind ja nicht sexuell erregt oder erleben bei Gefahr Adrenalinschübe, weil uns das jemand beigebracht hat. Aber deshalb gleich zu behaupten, wir seien die Marionetten jener Gene, die sich bei unseren frühesten Vorfahren als vorteilhaft durchgesetzt haben, verleugnet den Einfluss von Zivilisation und Kultur.
[...]
Genau dies machte im Prinzip der britische Biologe Richard Dawkins, als er 1976 die Debatte mit seiner gleichermaßen originellen wie gefährlichen Hypothese vom »egoistischen Gen« zuspitzte. »Wir sind Überlebensmaschinen – Roboter, die blind darauf programmiert sind, diese egoistischen kleinen Moleküle zu erhalten, die gemeinhin als Gene bekannt sind.« Damit folgte Dawkins direkt dem Gedanken des survival of the fittest: Die Gene, die uns formen, haben sich gegen alle anderen Konkurrenten durchgesetzt. Sie »kämpfen« gegeneinander in Form der Organismen, deren Eigenschaften sie bestimmen.
[...]
Damit verliert ein weiterer Bereich der Theorie, auf den sich der Sozialdarwinismus stützt, an Bedeutung: Fortschritt sei vor allem ein Resultat der Konkurrenz unter Individuen. Heute wird in biologischen Systemen eher Kooperation als bestimmendes Prinzip angesehen, und zwar auf jeder Entwicklungsstufe:
[...]
Darwin verstand Kooperation nicht als Gegensatz zur natürlichen Auslese, sondern als ihr Resultat. In der ultradarwinistischen Lesart von Dawkins hat sich das Ganze nur auf die Stufe der Gene verlagert. Auch Zusammenhalt und Altruismus gehen in seinem Weltbild letztendlich auf egoistische Motive zurück. Dass sich seine Hypothese trotz zunehmender Kritik aus der Fachwelt weiterhin großer Popularität erfreut, hat wiederum mit einem Spiegelphänomen zu tun: In ihr erkennt sich jener Teil der Gesellschaft wieder, der sich aufseiten der Sieger sieht und das Gedankengut des Sozialdarwinismus als natürliche Rechtfertigung seiner Privilegien benutzt.
[...]

http://www.zeit.de/2009/02/N-Darwin-Biografie

Ich habe mich sehr über den Artikel Neffes gefreut, da er einige wesentliche Fragen anspricht, deren unterschiedliche Beantwortung, auch hier im Forum, immer wieder Anlass zu Diskussionen geben. Die Evolutionstheorie befindet sich an einem Schnittpunkt mehrerer Bereiche, die das Selbstbild des Menschen berühren. Auch wenn man nicht ernsthaft leugnen kann, daß die Entstehung und Entwicklung des Menschen evolutionären Gesetzmäßigkeiten unterworfen ist, so wäre das Bild eines gesteuerten Objekts ohne Autonomie, aber vor allem: ohne Recht auf Selbstbestimmung, falsch.
_________________
Es gibt kein richtiges Leben im falschen.


Zuletzt bearbeitet von zelig am 10.01.2009, 16:48, insgesamt einmal bearbeitet
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narziss
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 21939

Beitrag(#1177091) Verfasst am: 10.01.2009, 16:47    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Heute wissen wir, dass der Begriff »Rasse«, wie ihn Züchter benutzen, auf Menschen übertragen, keinen Sinn ergibt. Unsere Spezies ist trotz Eugenik und Rassenwahn kein Resultat gezielter Züchtung. Eher entsprechen wir alle Promenadenmischungen, die sich innerhalb einer Population individuell mehr unterscheiden können als von Kontinent zu Kontinent.
Tun Hunderassen das nicht vielleicht auch?
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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#1177109) Verfasst am: 10.01.2009, 17:04    Titel: Antworten mit Zitat

narziss hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Heute wissen wir, dass der Begriff »Rasse«, wie ihn Züchter benutzen, auf Menschen übertragen, keinen Sinn ergibt. Unsere Spezies ist trotz Eugenik und Rassenwahn kein Resultat gezielter Züchtung. Eher entsprechen wir alle Promenadenmischungen, die sich innerhalb einer Population individuell mehr unterscheiden können als von Kontinent zu Kontinent.
Tun Hunderassen das nicht vielleicht auch?


Es gibt zwischen gewissen modernen Hunderassen, die total anders aussehen und krasse Größenunterschiede haben, oft keinen feststellbaren genetischen Unterschied. Ältere Hunderassen kann man untereinander genetisch einwandfrei unterscheiden (d.h. sie unterscheiden sich untereinander weniger stark, als relativ zu anderen Rassen). Der Begriff "Rasse" wird also auf Hunde oft ebenso falsch angewandt, wie auf Menschen, wenn Rasse so definiert ist, dass alle Mitglieder einer Rasse ein identisches Genom haben.
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narziss
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 21939

Beitrag(#1177112) Verfasst am: 10.01.2009, 17:08    Titel: Antworten mit Zitat

Argaith hat folgendes geschrieben:
narziss hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Heute wissen wir, dass der Begriff »Rasse«, wie ihn Züchter benutzen, auf Menschen übertragen, keinen Sinn ergibt. Unsere Spezies ist trotz Eugenik und Rassenwahn kein Resultat gezielter Züchtung. Eher entsprechen wir alle Promenadenmischungen, die sich innerhalb einer Population individuell mehr unterscheiden können als von Kontinent zu Kontinent.
Tun Hunderassen das nicht vielleicht auch?


Es gibt zwischen gewissen modernen Hunderassen, die total anders aussehen und krasse Größenunterschiede haben, oft keinen feststellbaren genetischen Unterschied. Ältere Hunderassen kann man untereinander genetisch einwandfrei unterscheiden (d.h. sie unterscheiden sich untereinander weniger stark, als relativ zu anderen Rassen). Der Begriff "Rasse" wird also auf Hunde oft ebenso falsch angewandt, wie auf Menschen, wenn Rasse so definiert ist, dass alle Mitglieder einer Rasse ein identisches Genom haben.
Aber ein wirklich identisches Genom von mehr als 2 Mitgliedern finden wir doch bei keiner Spezies oder?

(wenn wir jetzt mal die allerkleinsten Viecher rauslassen)
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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#1177116) Verfasst am: 10.01.2009, 17:12    Titel: Antworten mit Zitat

narziss hat folgendes geschrieben:
Argaith hat folgendes geschrieben:
narziss hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Heute wissen wir, dass der Begriff »Rasse«, wie ihn Züchter benutzen, auf Menschen übertragen, keinen Sinn ergibt. Unsere Spezies ist trotz Eugenik und Rassenwahn kein Resultat gezielter Züchtung. Eher entsprechen wir alle Promenadenmischungen, die sich innerhalb einer Population individuell mehr unterscheiden können als von Kontinent zu Kontinent.
Tun Hunderassen das nicht vielleicht auch?


Es gibt zwischen gewissen modernen Hunderassen, die total anders aussehen und krasse Größenunterschiede haben, oft keinen feststellbaren genetischen Unterschied. Ältere Hunderassen kann man untereinander genetisch einwandfrei unterscheiden (d.h. sie unterscheiden sich untereinander weniger stark, als relativ zu anderen Rassen). Der Begriff "Rasse" wird also auf Hunde oft ebenso falsch angewandt, wie auf Menschen, wenn Rasse so definiert ist, dass alle Mitglieder einer Rasse ein identisches Genom haben.
Aber ein wirklich identisches Genom von mehr als 2 Mitgliedern finden wir doch bei keiner Spezies oder?

(wenn wir jetzt mal die allerkleinsten Viecher rauslassen)


Ja, selbst Klone sind ja nicht exakt gleich. Die Definition muss also auf einem Vergleich der Variation innerhalb der Gruppe mit der anderer Gruppen beruhen. Allerdings bezieht sich das auf das klassische Gen-Modell, das ja seit etwa 10 Jahren sich in einer Revolution befindet. Rasse ist vermutlich hauptsächlich ein Gegenstand der Epigenetik.
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narziss
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 21939

Beitrag(#1177121) Verfasst am: 10.01.2009, 17:15    Titel: Antworten mit Zitat

Wie genau sieht die Definition "Rasse" denn aus?

Selbst "Art" ist teilweise schwammig definiert.
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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#1177127) Verfasst am: 10.01.2009, 17:21    Titel: Antworten mit Zitat

Die Definitionen in Zucht und Zoologie sind unterschiedlich und freilich auch dort nur Hilfsmittel. Eine saubere genetische Defintion gibt es glaube ich gar nicht. "Art" ist allerdings ein eindeutiger Begriff, da Mitglieder einer Art untereinander notwendigerweise fortpflanzungsfähig sein müssen.
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Wolf
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Anmeldungsdatum: 23.08.2004
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Beitrag(#1177130) Verfasst am: 10.01.2009, 17:23    Titel: Antworten mit Zitat

Argaith hat folgendes geschrieben:
Die Definitionen in Zucht und Zoologie sind unterschiedlich und freilich auch dort nur Hilfsmittel. Eine saubere genetische Defintion gibt es glaube ich gar nicht. "Art" ist allerdings ein eindeutiger Begriff, da Mitglieder einer Art untereinander notwendigerweise fortpflanzungsfähig sein müssen.

Gilt auch die Umkehrung?
wikipedia hat folgendes geschrieben:
Eine allgemeingültige Definition der Art oder Spezies ist bislang nicht gelungen, vielmehr existieren in der Biologie verschiedene Art-Konzepte, die zu sich überschneidenden, aber nicht identischen Klassifikationen führen.

_________________
Trish:(
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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#1177132) Verfasst am: 10.01.2009, 17:24    Titel: Antworten mit Zitat

Da bin ich jetzt überfragt. So hatte ich's jedenfalls in der Schule gelernt.
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narziss
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 21939

Beitrag(#1177138) Verfasst am: 10.01.2009, 17:27    Titel: Antworten mit Zitat

Immerhin kann man das Wort "Art" sehr schnell erklären und viele gute Beispiele in der Natur finden.

Bei Rasse wird beides schwierig.
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zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25404

Beitrag(#1177164) Verfasst am: 10.01.2009, 17:48    Titel: Antworten mit Zitat

narziss hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Heute wissen wir, dass der Begriff »Rasse«, wie ihn Züchter benutzen, auf Menschen übertragen, keinen Sinn ergibt. Unsere Spezies ist trotz Eugenik und Rassenwahn kein Resultat gezielter Züchtung. Eher entsprechen wir alle Promenadenmischungen, die sich innerhalb einer Population individuell mehr unterscheiden können als von Kontinent zu Kontinent.
Tun Hunderassen das nicht vielleicht auch?

Diese Frage setzt, gemessen an der Ausrichtung des Artikels, einen falschen Schwerpunkt.
Menschen sind kulturelle Wesen, deren selbst-Bestimmung jedoch individuell nicht auf diese Tradierung festgelegt ist. Ein christlich sozialisierter Mitteleuropäer kann sich, unabhängig von seiner genetischen Abstammung, als Thaoist verstehen. In diesem Sinne sind wir Promenadenmischungen. Das trifft auf Hunderassen eben nicht zu.
Es empfiehlt sich übrigens den Artikel vollständig zu lesen.
_________________
Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Wolf
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Anmeldungsdatum: 23.08.2004
Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause

Beitrag(#1177167) Verfasst am: 10.01.2009, 17:50    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:

Diese Frage setzt, gemessen an der Ausrichtung des Artikels, einen falschen Schwerpunkt.
Menschen sind kulturelle Wesen, deren selbst-Bestimmung jedoch individuell nicht auf diese Tradierung festgelegt ist. Ein christlich sozialisierter Mitteleuropäer kann sich, unabhängig von seiner genetischen Abstammung, als Thaoist verstehen. In diesem Sinne sind wir Promenadenmischungen. Das trifft auf Hunderassen eben nicht zu.
Es empfiehlt sich übrigens den Artikel vollständig zu lesen.
Lachen
_________________
Trish:(
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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#1177177) Verfasst am: 10.01.2009, 18:11    Titel: Antworten mit Zitat

Die Rassenwertung erfolgte vor der Entdeckung des Chromosoms und auch vor Darwin kulturell. Wissenschaftliche Fortschritte sind in das europäische Überlegenheitsgefühl lediglich hineingewachsen und ergänzten es.
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caballito
zänkisches Monsterpony



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 12112
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Beitrag(#1177202) Verfasst am: 10.01.2009, 18:46    Titel: Antworten mit Zitat

Argaith hat folgendes geschrieben:
Die Definitionen in Zucht und Zoologie sind unterschiedlich und freilich auch dort nur Hilfsmittel. Eine saubere genetische Defintion gibt es glaube ich gar nicht. "Art" ist allerdings ein eindeutiger Begriff, da Mitglieder einer Art untereinander notwendigerweise fortpflanzungsfähig sein müssen.

Das Problem ist, dass "alle Mitgleider sind untereinander fortpflanzungsfähig" in sich nicht stimmig ist. Stichwort z.B. "Ringspezies".
_________________
Die Gedanken sind frei.

Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#1177207) Verfasst am: 10.01.2009, 18:55    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
Argaith hat folgendes geschrieben:
Die Definitionen in Zucht und Zoologie sind unterschiedlich und freilich auch dort nur Hilfsmittel. Eine saubere genetische Defintion gibt es glaube ich gar nicht. "Art" ist allerdings ein eindeutiger Begriff, da Mitglieder einer Art untereinander notwendigerweise fortpflanzungsfähig sein müssen.

Das Problem ist, dass "alle Mitgleider sind untereinander fortpflanzungsfähig" in sich nicht stimmig ist. Stichwort z.B. "Ringspezies".


Zitat:
Ein klassisches Beispiel sind Möwen (Gattung Larus), welche entlang des Polarkreises eine Ringspezies bilden. Die Silbermöwe (Larus argentatus), die vornehmlich in Großbritannien lebt, kann sich mit der Kanadamöwe (Larus smithsonianus) paaren; diese kann sich mit der Ostsibirienmöwe (Larus vegae) paaren, diese sich wieder mit der Birula-Möwe (Larus vegae birulai), diese wiederum mit der Tundramöwe (Larus heuglini), diese mit der Sibirischen Heringsmöwe (?) und diese wiederum mit der gewöhnlichen Heringsmöwe (Larus fuscus). Die letztgenannte Heringsmöwe paart sich trotz Überschneidung des Lebensraums jedoch nicht mit der Silbermöwe, da sie genetisch zu unterschiedlich ist – also bilden alle genannten Möwenarten eine Ringspezies. Eine genetische Studie zeigte allerdings, dass die Situation noch komplizierter ist als hier beschrieben.[3]


http://de.wikipedia.org/wiki/Ringspezies

lustig.
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narziss
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 21939

Beitrag(#1177219) Verfasst am: 10.01.2009, 19:13    Titel: Antworten mit Zitat

Weiterhin schwierig: Fortpflanzung in freier Wildbahn oder künstlich?

Einige Tiere haben Paarungsrituale, die jeweils inkompatibel sind. Eine künstliche Befruchtung kann allerdings trotzdem möglich sein.
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kolja
der Typ im Maschinenraum
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Anmeldungsdatum: 02.12.2004
Beiträge: 16631
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Beitrag(#1177241) Verfasst am: 10.01.2009, 19:28    Titel: Antworten mit Zitat

Was er über Dawkins schreibt hat aber eher Strohmann-Charakter.
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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#1177256) Verfasst am: 10.01.2009, 19:42    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Was er über Dawkins schreibt hat aber eher Strohmann-Charakter.


Ja, er verfehlt den eigentlichen Blödsinn Dawkins vollkommen. Ich sehe aber in diesem ganzen Artikel eine Ansammlung von Gedanken, die mehr oder weniger interessant sind und die aber, in einem Scheinzusammenhang verschmierend, auf die Grundierung einer gefühlt unheilvollen Reflektion über die Psyche des 20. Jahrhunderts geklatscht werden. Gefällt mir nicht so besonders.
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Artanis
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Anmeldungsdatum: 13.12.2008
Beiträge: 259

Beitrag(#1177273) Verfasst am: 10.01.2009, 20:03    Titel: Antworten mit Zitat

Zeit hat folgendes geschrieben:
Genau dies machte im Prinzip der britische Biologe Richard Dawkins, als er 1976 die Debatte mit seiner gleichermaßen originellen wie gefährlichen Hypothese vom »egoistischen Gen« zuspitzte. »Wir sind Überlebensmaschinen – Roboter, die blind darauf programmiert sind, diese egoistischen kleinen Moleküle zu erhalten, die gemeinhin als Gene bekannt sind.« Damit folgte Dawkins direkt dem Gedanken des survival of the fittest: Die Gene, die uns formen, haben sich gegen alle anderen Konkurrenten durchgesetzt. Sie »kämpfen« gegeneinander in Form der Organismen, deren Eigenschaften sie bestimmen.

Also ich bin mir ziemlich sicher, dass Dakwins gegen diese Unterstellung hier in seinem Buch am Ende so einige relativierende Bemerkungen fallen lässt, indem er sich den Begriff des Mems zurecht bastelt.
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Skeptiker
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Anmeldungsdatum: 14.01.2005
Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville

Beitrag(#1177275) Verfasst am: 10.01.2009, 20:05    Titel: Re: Darwin contra Darwinismus Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
In einem lesenswerten Beitrag zum Darwin-Jahr schreibt Jürgen Neffe in der ZEIT:
Zitat:

[...]
Darwins Schatten überragt seinen Namen um genau fünf Buchstaben: ismus. Sie trennen Wissenschaft von Weltanschauung, Idee von Ideologie, Biologie von Biologismus.
[...]
Im gängigen Sprachgebrauch jedoch steht Darwinismus für Sozialdarwinismus, für Ellbogen und das Recht des Stärkeren im allgegenwärtigen Verdrängungswettbewerb. Wer jemand anderen einen Darwinisten nennt, meint das in der Regel nicht freundlich.
[...]
Für den Freiburger Neurobiologen Joachim Bauer ist »der Darwinismus mittlerweile zu einer Art Albtraum geworden«. Der Physiker und Zivilisationsforscher Freeman Dyson ruft »das Ende des Darwinschen Zeitalters« aus. Und Jürgen Habermas erklärt die »sozialdarwinistisch enthemmte Weltpolitik« zum Ausläufermodell.
[...]
Wenn man so will, geht Darwins Dilemma auf Geburtsfehler seiner Theorie zurück, ohne die sie im 19. Jahrhundert nicht hätte entstehen können. Nachdem er anhand fossiler und moderner Arten deren Wandelbarkeit durch Evolution erkennt, vergleicht er den evolutionären Vorgang mit der Züchtung von Pflanzen und Tieren. Die Modifizierung von Arten sei nichts anderes als gesteuerte, beschleunigte Evolution. Kollegen weisen Darwin darauf hin, dass künstliche und natürliche »Zuchtwahl« sich grundlegend unterscheiden. Bei der einen wird mit (menschlichem) Wissen und Willen bewusst ein Ziel angesteuert, der anderen fehlen Ziel und ordnende Hand – wenn nicht, wie von Verfechtern eines »Intelligent Design«, der Schöpfer durch die Hintertür ins Spiel gebracht wird.
[...]
Darwin überträgt den malthusischen struggle for existence auf die Natur. So steht die ökonomische Analyse des Manchester-Kapitalismus gewissermaßen Modell für die Theorie biologischer Evolution – vom Konkurrenzkampf, jeder gegen jeden, über die Selektionsmechanismen des Marktes bis zur Entstehung neuer Nischen oder Produkte.
[...]
Hier liegt die Ursache für Darwins blinden Fleck: Er verkennt die Macht der kulturellen Evolution, die sich spätestens mit der Sesshaftwerdung des Menschen über die biologische Evolution zu erheben begann.
[...]
Die fünf Buchstaben seines Schattens haben ihren Ursprung in einer Tautologie, dem survival of the fittest. Den Kampf ums Dasein, sagt er, überleben die Tauglichsten, korrekter gesagt, die am besten Angepassten. Oder als tautologische Beschreibung des Status quo: Sieger ist, wer gesiegt hat. Die Formel gehört zu den folgenreichsten, die je ein Forscher zu Papier gebracht hat. Sie geht allerdings nicht auf Darwin zurück, sondern auf den Soziologen Herbert Spencer – und damit wiederum auf ein Gesellschaftsmodell.
[...]
Darwin übernimmt die Sprechweise vom survival of the fittest erst ein paar Jahre später. In seinem Hauptwerk taucht sie erstmals in der fünften Auflage 1869 auf. Da schreibt er bereits an seinem Nachfolgebuch über Die Abstammung des Menschen. Darin äußert er sich, in Anlehnung an Malthus, auch politisch: »Alle sollten sich des Heiratens enthalten, welche ihren Kindern die größte Armut nicht ersparen können. Die Armut ist nicht nur ein Übel, sondern führt auch zu ihrer eigenen Vergrößerung.«
[...]
Schuld im Sinne von Vorsatz trifft Darwin nicht. Anders als Haeckel betrachtet er Menschen aller Hautfarben als Vertreter einer Art – und kämpft zeitlebens gegen Sklaverei als Besitz eines Menschen durch einen anderen.
[...]
Heute wissen wir, dass der Begriff »Rasse«, wie ihn Züchter benutzen, auf Menschen übertragen, keinen Sinn ergibt. Unsere Spezies ist trotz Eugenik und Rassenwahn kein Resultat gezielter Züchtung. Eher entsprechen wir alle Promenadenmischungen, die sich innerhalb einer Population individuell mehr unterscheiden können als von Kontinent zu Kontinent.
[...]
Niemand wird die herausragende Rolle von (angeborenen) Instinkten für das menschliche Handeln bestreiten. Wir sind ja nicht sexuell erregt oder erleben bei Gefahr Adrenalinschübe, weil uns das jemand beigebracht hat. Aber deshalb gleich zu behaupten, wir seien die Marionetten jener Gene, die sich bei unseren frühesten Vorfahren als vorteilhaft durchgesetzt haben, verleugnet den Einfluss von Zivilisation und Kultur.
[...]
Genau dies machte im Prinzip der britische Biologe Richard Dawkins, als er 1976 die Debatte mit seiner gleichermaßen originellen wie gefährlichen Hypothese vom »egoistischen Gen« zuspitzte. »Wir sind Überlebensmaschinen – Roboter, die blind darauf programmiert sind, diese egoistischen kleinen Moleküle zu erhalten, die gemeinhin als Gene bekannt sind.« Damit folgte Dawkins direkt dem Gedanken des survival of the fittest: Die Gene, die uns formen, haben sich gegen alle anderen Konkurrenten durchgesetzt. Sie »kämpfen« gegeneinander in Form der Organismen, deren Eigenschaften sie bestimmen.
[...]
Damit verliert ein weiterer Bereich der Theorie, auf den sich der Sozialdarwinismus stützt, an Bedeutung: Fortschritt sei vor allem ein Resultat der Konkurrenz unter Individuen. Heute wird in biologischen Systemen eher Kooperation als bestimmendes Prinzip angesehen, und zwar auf jeder Entwicklungsstufe:
[...]
Darwin verstand Kooperation nicht als Gegensatz zur natürlichen Auslese, sondern als ihr Resultat. In der ultradarwinistischen Lesart von Dawkins hat sich das Ganze nur auf die Stufe der Gene verlagert. Auch Zusammenhalt und Altruismus gehen in seinem Weltbild letztendlich auf egoistische Motive zurück. Dass sich seine Hypothese trotz zunehmender Kritik aus der Fachwelt weiterhin großer Popularität erfreut, hat wiederum mit einem Spiegelphänomen zu tun: In ihr erkennt sich jener Teil der Gesellschaft wieder, der sich aufseiten der Sieger sieht und das Gedankengut des Sozialdarwinismus als natürliche Rechtfertigung seiner Privilegien benutzt.
[...]

http://www.zeit.de/2009/02/N-Darwin-Biografie

Ich habe mich sehr über den Artikel Neffes gefreut, da er einige wesentliche Fragen anspricht, deren unterschiedliche Beantwortung, auch hier im Forum, immer wieder Anlass zu Diskussionen geben. Die Evolutionstheorie befindet sich an einem Schnittpunkt mehrerer Bereiche, die das Selbstbild des Menschen berühren. Auch wenn man nicht ernsthaft leugnen kann, daß die Entstehung und Entwicklung des Menschen evolutionären Gesetzmäßigkeiten unterworfen ist, so wäre das Bild eines gesteuerten Objekts ohne Autonomie, aber vor allem: ohne Recht auf Selbstbestimmung, falsch.


Kannst ja mal erinnern, was step dazu sagt. Cool

Der Physikalismus hat mit so einem Firlefanz wie Autonomie und Selbstbestimmung jedenfalls noch weniger am Hut als Dawkins.

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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#1177297) Verfasst am: 10.01.2009, 20:33    Titel: Antworten mit Zitat

Artanis hat folgendes geschrieben:
Zeit hat folgendes geschrieben:
Genau dies machte im Prinzip der britische Biologe Richard Dawkins, als er 1976 die Debatte mit seiner gleichermaßen originellen wie gefährlichen Hypothese vom »egoistischen Gen« zuspitzte. »Wir sind Überlebensmaschinen – Roboter, die blind darauf programmiert sind, diese egoistischen kleinen Moleküle zu erhalten, die gemeinhin als Gene bekannt sind.« Damit folgte Dawkins direkt dem Gedanken des survival of the fittest: Die Gene, die uns formen, haben sich gegen alle anderen Konkurrenten durchgesetzt. Sie »kämpfen« gegeneinander in Form der Organismen, deren Eigenschaften sie bestimmen.

Also ich bin mir ziemlich sicher, dass Dakwins gegen diese Unterstellung hier in seinem Buch am Ende so einige relativierende Bemerkungen fallen lässt, indem er sich den Begriff des Mems zurecht bastelt.


Ja, stimmt. Eigentlich wurstet er schon ordentlich mit sozialen Kategorieen herum, zumal er gerade mit seinem Mem die Trennung von sozialer Konkurrenz und Konkurrenz auf molekulargenetischer Ebene auf ganz einzigartige Weise zerschwurbelt Lachen
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Artanis
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Anmeldungsdatum: 13.12.2008
Beiträge: 259

Beitrag(#1177342) Verfasst am: 10.01.2009, 21:56    Titel: Antworten mit Zitat

Argaith hat folgendes geschrieben:
Artanis hat folgendes geschrieben:
Zeit hat folgendes geschrieben:
Genau dies machte im Prinzip der britische Biologe Richard Dawkins, als er 1976 die Debatte mit seiner gleichermaßen originellen wie gefährlichen Hypothese vom »egoistischen Gen« zuspitzte. »Wir sind Überlebensmaschinen – Roboter, die blind darauf programmiert sind, diese egoistischen kleinen Moleküle zu erhalten, die gemeinhin als Gene bekannt sind.« Damit folgte Dawkins direkt dem Gedanken des survival of the fittest: Die Gene, die uns formen, haben sich gegen alle anderen Konkurrenten durchgesetzt. Sie »kämpfen« gegeneinander in Form der Organismen, deren Eigenschaften sie bestimmen.

Also ich bin mir ziemlich sicher, dass Dakwins gegen diese Unterstellung hier in seinem Buch am Ende so einige relativierende Bemerkungen fallen lässt, indem er sich den Begriff des Mems zurecht bastelt.


Ja, stimmt. Eigentlich wurstet er schon ordentlich mit sozialen Kategorieen herum, zumal er gerade mit seinem Mem die Trennung von sozialer Konkurrenz und Konkurrenz auf molekulargenetischer Ebene auf ganz einzigartige Weise zerschwurbelt Lachen

Du scheinst ja einiges gegen Dawkin zu haben. Darf man erfahren, warum und wogegen speziell? (Bin hier noch nicht so lange und habe dementsprechend nicht mitbekommen, ob du dazu schon vorher etwas detailierteres geschrieben hast.)
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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
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Beitrag(#1177345) Verfasst am: 10.01.2009, 22:01    Titel: Antworten mit Zitat

Mich stört es vor allem, dass seine weitgehend substanzlose Spekulation über Meme unverdienten Einzug in die aktuelle Paradigmenbildung gehalten hat. Als atheistischen Aggressor gegen den amerikanischen Puritanismus schätze ich Dawkins durchaus.
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jagy
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Beiträge: 7275

Beitrag(#1177777) Verfasst am: 11.01.2009, 13:34    Titel: Re: Darwin contra Darwinismus Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
In einem lesenswerten Beitrag zum Darwin-Jahr schreibt Jürgen Neffe in der ZEIT:
Zitat:

[...]
Darwins Schatten überragt seinen Namen um genau fünf Buchstaben: ismus. Sie trennen Wissenschaft von Weltanschauung, Idee von Ideologie, Biologie von Biologismus.
[...]
Im gängigen Sprachgebrauch jedoch steht Darwinismus für Sozialdarwinismus, für Ellbogen und das Recht des Stärkeren im allgegenwärtigen Verdrängungswettbewerb. Wer jemand anderen einen Darwinisten nennt, meint das in der Regel nicht freundlich.


Sorry, aber das ist doch Quatsch! Sodzialdarwinismus steht für Sozialdarwinismus. Darwinismus ist für mich einfach nur eine "Ehrerweisung", indem man Darwins bahnbrechende Evolutionstheorie auch mit seinem Namen bezeichnet.
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step
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Wohnort: Germering

Beitrag(#1177789) Verfasst am: 11.01.2009, 13:47    Titel: Re: Darwin contra Darwinismus Antworten mit Zitat

jagy hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
In einem lesenswerten Beitrag zum Darwin-Jahr schreibt Jürgen Neffe in der ZEIT:
Zitat:
[...]
Darwins Schatten überragt seinen Namen um genau fünf Buchstaben: ismus. Sie trennen Wissenschaft von Weltanschauung, Idee von Ideologie, Biologie von Biologismus.
[...]
Im gängigen Sprachgebrauch jedoch steht Darwinismus für Sozialdarwinismus, für Ellbogen und das Recht des Stärkeren im allgegenwärtigen Verdrängungswettbewerb. Wer jemand anderen einen Darwinisten nennt, meint das in der Regel nicht freundlich.

Sorry, aber das ist doch Quatsch! Sodzialdarwinismus steht für Sozialdarwinismus. Darwinismus ist für mich einfach nur eine "Ehrerweisung", indem man Darwins bahnbrechende Evolutionstheorie auch mit seinem Namen bezeichnet.

Sehe ich anders, "Darwinismus" wird leider meist nicht in der Bedeutung "Evolutionstheorie" verwendet, sondern mit einer Konnotation der gnadenlosen, intentionalen Selektion. Die meisten Leute wissen z.B. gar nicht, was Darwin mit "survival of the fittest" gemeint hat.

Es gibt übrigens im Fernsehen derzeit kurze allgemeinverständliche Spots mit Erklärungen der ET (ich glaube 3sat oder ARTE?), die sind ziemlich gut und notwendig.
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neinguar
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Beiträge: 3088

Beitrag(#1177885) Verfasst am: 11.01.2009, 15:45    Titel: Re: Darwin contra Darwinismus Antworten mit Zitat

Ich stimme step zu.

jagy hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:

Zitat:

[...]
Im gängigen Sprachgebrauch jedoch steht Darwinismus für Sozialdarwinismus, für Ellbogen und das Recht des Stärkeren im allgegenwärtigen Verdrängungswettbewerb. Wer jemand anderen einen Darwinisten nennt, meint das in der Regel nicht freundlich.


Sorry, aber das ist doch Quatsch! Sodzialdarwinismus steht für Sozialdarwinismus. Darwinismus ist für mich einfach nur eine "Ehrerweisung", indem man Darwins bahnbrechende Evolutionstheorie auch mit seinem Namen bezeichnet.


Im gängigen Sprachgebrauch wird das tatsächlich oft zumindest vermischt bzw. die Begriffe in einer Weise gebraucht, als ob Sozialdarwinismus eine logische, konsequente Weiterführung des Darwinismus sei.
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Artanis
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Beiträge: 259

Beitrag(#1177905) Verfasst am: 11.01.2009, 16:11    Titel: Antworten mit Zitat

Argaith hat folgendes geschrieben:
Mich stört es vor allem, dass seine weitgehend substanzlose Spekulation über Meme unverdienten Einzug in die aktuelle Paradigmenbildung gehalten hat. Als atheistischen Aggressor gegen den amerikanischen Puritanismus schätze ich Dawkins durchaus.

Hmmm... gut. Ob man das nun Dawkins ankreiden sollte oder denen, die diese Sichtweise aufgenommen haben, ist so eine Sache. Denn wenn ich das richtig verstanden habe, war diese Mem-Idee in "Das egoistische Gen" von ihm nur als Relativierung der "Allmacht" der Gene gedacht.


step hat folgendes geschrieben:
Die meisten Leute wissen z.B. gar nicht, was Darwin mit "survival of the fittest" gemeint hat.

Das ist wirklich ein Problem. Vielleicht sollte man, um dies zu ändern, damit anfangen bereits kleine Kinder mit einem richtigen Verständnis der Evolutionstheorie zu indoktrinieren. zwinkern
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Skeptiker
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Beitrag(#1177978) Verfasst am: 11.01.2009, 17:55    Titel: Re: Darwin contra Darwinismus Antworten mit Zitat

jagy hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
In einem lesenswerten Beitrag zum Darwin-Jahr schreibt Jürgen Neffe in der ZEIT:
Zitat:

[...]
Darwins Schatten überragt seinen Namen um genau fünf Buchstaben: ismus. Sie trennen Wissenschaft von Weltanschauung, Idee von Ideologie, Biologie von Biologismus.
[...]
Im gängigen Sprachgebrauch jedoch steht Darwinismus für Sozialdarwinismus, für Ellbogen und das Recht des Stärkeren im allgegenwärtigen Verdrängungswettbewerb. Wer jemand anderen einen Darwinisten nennt, meint das in der Regel nicht freundlich.


Sorry, aber das ist doch Quatsch! Sodzialdarwinismus steht für Sozialdarwinismus. Darwinismus ist für mich einfach nur eine "Ehrerweisung", indem man Darwins bahnbrechende Evolutionstheorie auch mit seinem Namen bezeichnet.


Yepp! Genau das habe ich auch gedacht. Daumen hoch!

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Argáiþ
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Beiträge: 12486

Beitrag(#1177986) Verfasst am: 11.01.2009, 18:00    Titel: Antworten mit Zitat

Artanis hat folgendes geschrieben:

Hmmm... gut. Ob man das nun Dawkins ankreiden sollte oder denen, die diese Sichtweise aufgenommen haben, ist so eine Sache. Denn wenn ich das richtig verstanden habe, war diese Mem-Idee in "Das egoistische Gen" von ihm nur als Relativierung der "Allmacht" der Gene gedacht.


Da könntest du Recht haben. Aber so eitel, wie der sich manchmal aufführt, sollte er sich seiner Verantwortung bewusst sein, aber was solls. Irgendwoher kommt immer irgend ein Mist.

Zitat:

Das ist wirklich ein Problem. Vielleicht sollte man, um dies zu ändern, damit anfangen bereits kleine Kinder mit einem richtigen Verständnis der Evolutionstheorie zu indoktrinieren. zwinkern


ich antworte jetz mal: Ja, ich denke, dass es letztendlich nicht anders gehen wird, alss durch eine gegenläufige Indoktrination. Das heisst nicht, dass ich mich dazu durchgerungen habe, soetwas als Prgramm zu akzeptieren, wenn seine Umsetzung anstünde.
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evohum
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Beiträge: 464
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Beitrag(#1178082) Verfasst am: 11.01.2009, 19:02    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
In einem lesenswerten Beitrag zum Darwin-Jahr schreibt Jürgen Neffe in der ZEIT:
...
http://www.zeit.de/2009/02/N-Darwin-Biografie

Ich habe mich sehr über den Artikel Neffes gefreut, da er einige wesentliche Fragen anspricht, deren unterschiedliche Beantwortung, auch hier im Forum, immer wieder Anlass zu Diskussionen geben. Die Evolutionstheorie befindet sich an einem Schnittpunkt mehrerer Bereiche, die das Selbstbild des Menschen berühren. Auch wenn man nicht ernsthaft leugnen kann, daß die Entstehung und Entwicklung des Menschen evolutionären Gesetzmäßigkeiten unterworfen ist, so wäre das Bild eines gesteuerten Objekts ohne Autonomie, aber vor allem: ohne Recht auf Selbstbestimmung, falsch.


Hmmm.

Neffes Artikel in der ZEIT ist mir seltsam schwammig (wie hier schon erwähnt; und bissl einseitig z.B. bzgl. Soziobiologie); viel besser gefiel mir seine 3-teilige Reihe in GEO (11/08-01/09).

Irgendwie erscheint mir der ZEIT-Artikel so, als sei die Evolutionsbiologie auf dem Stand von vor 150 Jahren stehen geblieben (und Dawkins auf dem Stand seines ersten größeren Buches); "Kutschera" finde ich in dem Beitrag nicht.

Ganz aktuelle Empfehlung dazu (auch für in Bio nicht ganz so Beschlagene + flüssig zu lesende gut 300 S.):
Ulrich Kutschera
Tatsache Evolution
Was Darwin nicht wissen konnte

(dtv Jan. 2009, knapp 15 EUR)

Dort wird mit einigen Irrtümern aufgeräumt (Darwin kannte z.B. 'Mutation' oder 'DNA' nicht und nannte seine Theorie nicht Evolutionstheorie) und eine entsprechende Entwicklung der 150 J. gezeigt.
Das geht am Rande bis Soziobiologie (der Darwin entstellende und nicht von ihm stammende Sozial-Darwinismus wird erwähnt).
Kulturelle Evolution ist nicht Gegenstand des Buches, sondern 'nur' die biologische - das aber sehr gut.
Kreationisten fehlen (natürlich!) nicht.
Nette Seitenblicke (auf Mozart & Beethoven).
Am Ende Vorstellung der aktuellsten Weiterentwicklung (Synade-Modell der Makroevolution).

Empfehlung bzgl Dawkins:
Der blinde Uhrmacher (schon 20 Jahre alt, 2008 neu aufgelegt, aber immer wieder gut)
Geschichten vom Ursprung des Lebes (2008, engl. Original 2004; knapp 1000 S. über diverse Arten, bes. für Biologen)

Nebenbei: Der Art-Begriff ist, je nach Taxonomie-System, in Diskussion.
Und: Evolutionsbiologie is' eigentlich nix für Kinder, allenfalls in grober Verkürzung.

evohum grüßt!

EDIT:
Zum Darwin-Jahr:

3SAT 12. und 14.-16.1.09, jeweils ab 20:15 (unterschiedliche Längen):
Themenwoche (Gerd Scobel moderiert)

Der Darwin Code

Beginnt mit Wdhlg. vom 'Kaplan des Teufels?' (Terra X von letzter Woche), bietet dann aber offenbar auch rel. Neues, z.B. Epigenetik.
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"Jesus ist gekommen, um uns zu sagen, dass er uns alle im Paradies haben will und dass die Hölle, von der man in unserer Zeit so wenig spricht, existiert und ewig ist für jene, die ihre Augen vor seiner Liebe verschließen." Papst Benedikt XVI, 26.03.2007

Das Grundgesetz verbürgt die Religionsfreiheit, das 1. Gebot verurteilt sie.

Glaubst Du noch oder denkst Du schon?

...und sie bewegt sich doch!


Zuletzt bearbeitet von evohum am 11.01.2009, 22:00, insgesamt einmal bearbeitet
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