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kungfutius registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.08.2004 Beiträge: 454
Wohnort: köln
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(#196678) Verfasst am: 20.10.2004, 14:32 Titel: Die Politik heute |
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Was z.Z. hinter den Kulissen der Politik passiert, deutet auch auf eine gewaltige Veränderung hin.
Das ist eindeutig die Agonie der Demokratie, die wir erleben dürfen. So nämlich, wie sich die politische Landschaft verändert, so verändert sich auch die Politik (= das Regieren). Zu einem agieren die Parteien nicht mehr im Sinn ihrer Programme. Wer würde sich früher vorstellen können, dass sich die Grünen für die Atomenergie aussprechen dürfen, oder dass die Sozis knallhart und offensichtlich die Sachen mit dem Kapital und gegen der Arbeiter und Gewerkschaften machen? (Die Sozis sollen sich gelegentlich ihres nächsten Parteitages lieber umbenennen: von SPD zu KPD. Das `K` hat natürlich nichts mit Kommunismus zu tun, sondern mit Kapital – Kapitalistische Partei Deutschlands.) Wie Schiffe in der schweren See so laviert die Politik zwischen Volk und Kapital, zwischen Fortschritt und Reaktion, zwischen Hierarchie und Mitbestimmung und passt sich dem Augenblick, der Situation und der Machtlage an. Allen voran freilich die Grünen mit ihrem genialen Machtimer Yoshi.
Das ist so als verschwinden die klassischen Parteien von der Bildfläche, verwandeln sich in ad hoc Gebilden aus Interessen und Kräften. Es läuft darum darauf hinaus, dass auch der Politiker des klassischen Sinns verschwindet, der dem Volk aufs Maul schaut. Er wird abgelöst von dem Machtmanager, so wie z.B. Fischer und seine Machtbande schon eindeutig ausschliesslich abgebrühte Machtmanager sind. Das könnte vielleicht so weit gehen, dass die Parteien der Zukunft keine Ansammlungen von gleichgesinnten Politiker sind, sondern Gruppierungen von Machtmanager, die sich nach der augenblicklichen Lage und gemäss ihren Fähigkeiten zusammentun, um dieses oder jenes Problem zu lösen. Vielleicht werden die Parteien bald die Politiker so einkaufen, wie die Fussballklubs ihre Spieler.
Mag sogar sein, dass der smarte Merz, der sich gerade von seinen Ämtern bei der CDU verabschiedet hatte, bald wieder in der ersten Reichstagliga spielt – diesmal im Grünen Dress mit Helaba als Sponsor...
Der Merz ist nämlich noch viel zu jung, und auch noch viel zu klug, um die grosse Politik sein zu lassen.
Heute gibt es so eine kleine Nachricht
(hier: http://de.news.yahoo.com/041020/286/499qe.html)
wo Merz Schröders Standhaftigkeit über den grünen Klee lobt. Das ist natürlich
zunächst ein Schuss in Richtung der lieben Angela, aber das könnte ebenso gut der Versuch einer Connection in die rotgrüne Richtung sein. Natürlich nicht wg. des `standhaften Schröders`, sondern wg. den noch viel standhafteren Joschka. Merz ist viel zu klug, um sich für den SPD-Wrack zu interessieren. (Die Sozis haben ausgedient, das Kapital benutzt sie noch, um das Volk kraft ihrer alten Autorität möglichst cool `zurück` in die Realität zu bringen, sobald das erledigt ist, werden die Sozis wie eine alte Unterhose weggeworfen. In der Zukunft hat das Volk [= die Sozis] ohnehin überhaupt nicht mehr zu sagen.) Vielmehr würde er sich für die Grünen interessieren, denn da ist die Zukunft. So könnte Merz bald (nach einer gewissen Karenz- und Anpassungszeit, sagen wir) zu den Grünen überwechseln. Der Joschka würde sich bestimmt nur freuen, so einen Politkönner in seinem Team zu haben.
Dass Merz den Schröder lobt, dass ist kein Wunder: Merz ist eben ein Politiker und kann schon tiefgehende Komplimente machen. Dieser geht natürlich auf Joschkas Adresse. Sowohl Merz wie Joschka wissen nämlich, dass der Schröder nur darum standhaft sein darf, weil Joschka hinter ihm steht.
kungfutius
_________________ rede, damit ich dich sehe!
sokrates
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#196689) Verfasst am: 20.10.2004, 14:39 Titel: Re: Die Politik heute |
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kungfutius hat folgendes geschrieben: | Das 'K' hat natürlich nichts mit Kommunismus zu tun, sondern mit Kapital – Kapitalistische Partei Deutschlands. |
Das wäre eigentlich sehr schwachsinnig, da Kapitalismus keine politische Ideologie, sondern ein gesellschaftlicher Zustand ist. Die zugehörige Ideologie wäre der (Neo-)Liberalismus.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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sascha bekennender magnusfe-Fan
Anmeldungsdatum: 30.08.2004 Beiträge: 1449
Wohnort: Bremen
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(#196693) Verfasst am: 20.10.2004, 14:44 Titel: Re: Die Politik heute |
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kungfutius hat folgendes geschrieben: | Vielleicht werden die Parteien bald die Politiker so einkaufen, wie die Fussballklubs ihre Spieler. | Gute Idee. Ich meine jetzt ernsthaft, das gäbe wenigstens richtig Wettbewerb, und ökonomischer wärs vielleicht auch Da müsste dann nur auch ein anderes Gehaltssystem für die Politiker her.
Ich war aber zum Beispiel auch bei dieser Bundespräsidentenwahl nicht damit einverstanden, dass die so gewählt werden. Ich bin dafür, den Bundespräsidenten in Zukunft per Casting-Show zu wählen. Mit Hugo-Egon Balder, Jeanette Biedermann und Dieter Bohlen als Jury.
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Stefan auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 03.08.2004 Beiträge: 6217
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(#197122) Verfasst am: 20.10.2004, 21:38 Titel: Re: Die Politik heute |
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kungfutius hat folgendes geschrieben: | ...
Das ist eindeutig die Agonie der Demokratie, die wir erleben dürfen. So nämlich, wie sich die politische Landschaft verändert, so verändert sich auch die Politik (= das Regieren). Zu einem agieren die Parteien nicht mehr im Sinn ihrer Programme. Wer würde sich früher vorstellen können, dass sich die Grünen für die Atomenergie aussprechen dürfen, oder dass die Sozis knallhart und offensichtlich die Sachen mit dem Kapital und gegen der Arbeiter und Gewerkschaften machen? |
Volle Zustimmung,
das Schlimme ist, das man es nicht ändern kann, jedenfalls nicht an der Wahlurne. Es gibt keine Alternative, alle vier großen Parteien sind gleich (geworden)
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rabenkrähe Gast
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(#197226) Verfasst am: 21.10.2004, 03:11 Titel: |
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Seit Schmidt wird in Deutschland Politik nur noch verwaltet und nicht mehr gestaltet. Das wird auch nicht mehr anders werden. Die eigentliche Macht haben die Lobbyisten, die selbige auch gnadenlos umsetzen. Wer keine Lobby hat, ist in diesem System verloren, er wird nicht berücksichtigt.
Eine gewisse Macht haben noch die Medien, die indes zunehmend von der Macht mißbraucht wurden und werden.
Und die einzige Chance dagegen ist die Bereitschaft jeden Einzelnens, sich einzusetzen und zu engagieren, eine Lobby für vernachlässigtes zu schaffen.
bin rabenkrähe
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#197295) Verfasst am: 21.10.2004, 10:19 Titel: |
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rabenkrähe hat folgendes geschrieben: | Und die einzige Chance dagegen ist die Bereitschaft jeden Einzelnens, sich einzusetzen und zu engagieren, eine Lobby für vernachlässigtes zu schaffen. |
Nein, die einzige Chance dagegen ist die Intelligenzsteigerungs-(R)Evolution.
Nee, aber jetzt mal total undogmatisch gesprochen: Du willst eine Lobby gründen? Na dann. Ohne Kohle und ohne Einfluss wünsche ich dir dabei viel Spaß.
Das ist eben das Teuflische an domestizierten Primatenspielchen: Man braucht Macht, um noch mehr Macht zu erlangen, und wenn man keine Macht hat, dann kann man auch nicht mehr Macht bekommen.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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