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Rassismus?!
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Tarvoc
would prefer not to.



Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44089

Beitrag(#2283928) Verfasst am: 13.07.2022, 13:52    Titel: Antworten mit Zitat

Flat hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Weiß ich nicht, meine telepathischen PSI-Fähigkeiten des Gedankenlesens sind wohl nicht stark genug ausgebildet, um "zugrunde liegende Denkmuster" erkennen zu können.

Etwas Empathie reicht hier eigentlich.

Ich weiß, was du meinst, aber etwas Empathie reicht natürlich nicht als Begründung dafür aus, zwischen verschiedenen empirisch unterschiedlichen Formen von Diskriminierung nicht mehr zu unterscheiden bzw. die Unterschiede zu ignorieren.
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Flat
ich war's nicht



Anmeldungsdatum: 17.06.2008
Beiträge: 614

Beitrag(#2283930) Verfasst am: 13.07.2022, 13:57    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:

Ich weiß, was du meinst, aber etwas Empathie reicht natürlich nicht als Begründung dafür aus, zwischen verschiedenen empirisch unterschiedlichen Formen von Diskriminierung nicht mehr zu unterscheiden bzw. die Unterschiede zu ignorieren.


Wieso ist Dir hier eigentlich die Differenzierung so wichtig?

Nimm doch mal LGBTQIA+ (wird auch immer länger). Da fasst man nicht ohne Grund verschiedene diskriminierte Gruppen zusammen.
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Tarvoc
would prefer not to.



Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44089

Beitrag(#2283931) Verfasst am: 13.07.2022, 14:10    Titel: Antworten mit Zitat

Flat hat folgendes geschrieben:
Wieso ist Dir hier eigentlich die Differenzierung so wichtig?

Nimm doch mal tillichs Beispiel und es sollte schnell klar werden, warum es bei realen Diskriminierungssituationen wichtig ist, zu differenzieren, warum jemand diskriminiert wird - nämlich mindestens weil davon auch die konkrete Art der Diskriminierung abhängt, und zwar oft so grundsätzlich, dass man Letzteres nicht mehr richtig erkennt oder sogar ganz aus dem Blick verliert, wenn man Ersteres ignoriert. Und das kann auch in der Praxis von extremem Nachteil für Versuche sein, dagegen vorzugehen.

Flat hat folgendes geschrieben:
Nimm doch mal LGBTQIA+ (wird auch immer länger). Da fasst man nicht ohne Grund verschiedene diskriminierte Gruppen zusammen.

Verstehe das Beispiel nicht so ganz. Gerade in der LGBTQIA+-Bewegung wird durchaus detailliert thematisiert, wie sich die Diskriminierungen gegen die verschiedenen Gruppen und im Resultat deren verschiedene Diskriminierungserfahrungen voneinander unterscheiden. Ich käme z. B. als bisexueller Mann, der meistens für straight gehalten wird, nie auf die Idee, zu behaupten, ich hätte die selben Probleme oder Diskriminierungserfahrungen wie z. B. eine Trans-Frau, oder wie eine Intersex-Person, oder auch nur wie ein schwuler Mann.

Also das ist halt auch eine Bedeutung des Wortes Empathie: Von den eigenen spezifischen Formen von Diskriminierungserfahrungen so weit abstrahieren zu können, dass man verstehen lernt, dass andere Diskriminierte völlig anderen Formen von Diskriminierung unterliegen können und daher andere Erfahrungen machen als man selbst - und dass man dagegen unter Umständen auch ganz anders vorgehen muss als gegen die eigene Diskriminierung.
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zelig
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Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25404

Beitrag(#2283934) Verfasst am: 13.07.2022, 14:47    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Also das ist halt auch eine Bedeutung des Wortes Empathie: Von den eigenen spezifischen Formen von Diskriminierungserfahrungen so weit abstrahieren zu können, dass man verstehen lernt, dass andere Diskriminierte völlig anderen Formen von Diskriminierung unterliegen können und daher andere Erfahrungen machen als man selbst - und dass man dagegen unter Umständen auch ganz anders vorgehen muss als gegen die eigene Diskriminierung.
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Bravopunk
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Beitrag(#2283935) Verfasst am: 13.07.2022, 14:55    Titel: Antworten mit Zitat

Bravopunk hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Bravopunk hat folgendes geschrieben:
Ich bin zu je einem Viertel Sorbe und Böhme und zu mindestens einem weiteren Viertel Zigeuner. Alles historisch unterdrückte, diskriminierte, verfolgte und vertriebene Gruppen.

Wurdest du denn schon deswegen diskriminiert?

Deswegen nicht.



Mir fällt gerade ein, dass das gar nicht stimmt. Ich wurde bereits einmal aufgrund meiner Herkunft und meiner Hautfarbe diskriminiert, als ich in London einem Bettler mal kein Feuer gegeben habe, als er danach fragte. Da nannte er mich nämlich "Fucking Kraut".

Wenn man tief genug pullt findet jeder irgendeine Anekdote wie diese. Schulterzucken
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tillich (epigonal)
hat Spaß



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Beitrag(#2283936) Verfasst am: 13.07.2022, 14:57    Titel: Antworten mit Zitat

Flat hat folgendes geschrieben:
Etwas Empathie reicht hier eigentlich.

Empathie ist Mist.
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Bravopunk
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Beitrag(#2283957) Verfasst am: 14.07.2022, 05:50    Titel: Antworten mit Zitat

Vielleicht verdeutlicht ein Beispiel (vermutlich nicht -.-) was ich an "PoC" so untauglich finde Opfern rassistischer Diskriminierung zu helfen und sie zu entdiskriminieren. Ganz im Gegenteil finde ich, dass dieses Beispiel schön zeig(en könnte)t, wie die rassistische Diskriminierung dadurch nur noch stärker wird. Es handelt sich dabei um eine Art Überschrift für einen Zeitungsartikel, der zwei mögliche Formen annimmt:

1. "Karl Mustermann, ein PoC, wurde auf der Arbeit rassistisch diskriminiert."

2. "Karl Mustermann wurde auf der Arbeit rassistisch diskriminiert."

Das "ein PoC" in der ersten Variante fügt nur seine Eingruppierung in eine bestimmte Kategorie Mensch hinzu. Die Diskriminierung bleibt dieselbe und auch ihre Art bleibt unmissverständlich. Aber Karl Mustermann wird eben zusätzlich noch das Prädikat "nicht weiß (oder ein Ire aus dem 19. Jahrhundert)" verliehen. Was den Rassismus in meinen Augen eben unterstützt und nicht bekämpft.
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Flat
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Beitrag(#2283962) Verfasst am: 14.07.2022, 07:37    Titel: Antworten mit Zitat

Wie schwierig das Thema ist, zeigt auch das Beispiel Obama.

Obama wurde von der schwarzen US-Community als erster schwarzer Präsident gefeiert.

Obamas Vater ist schwarz, seine Mutter weiß.

Damit gilt er auch unter Schwarzen als schwarz. Hier wird die rassistische These, dass ein schwarzer Vorfahr dazu führt, dass man als schwarz gilt, übernommen.

Eigentlich könnte man ihn mit gleicher Berechtigung als weiß bezeichnen.


PS: Ich schreibe hier schwarz, weil das 'black' nun mal die US-Selnbstbeschreibung dieser Bevölkerungsgruppe ist, siehe z.B. Blacklivesmetter
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Tarvoc
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Beiträge: 44089

Beitrag(#2283995) Verfasst am: 14.07.2022, 15:21    Titel: Antworten mit Zitat

Flat hat folgendes geschrieben:
Obamas Vater ist schwarz, seine Mutter weiß.

Wow, was für eine Überraschung! Es ist beinahe so, als hätte das Label "schwarz" (zumindest letzten Endes) überhaupt nichts damit zu tun, welche Eltern man hat, sondern damit, wie man gesellschaftlich gesehen wird. Dass Obama keineswegs nur von der schwarzen Community als schwarz gesehen wird, sondern von der amerikanischen Gesellschaft als Ganzer, kannst du übrigens ganz einfach feststellen, indem du dir z. B. die Reaktionen der extremen Rechten auf seine Präsidentschaft ansiehst.
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wolle
Anti-Theist und Welt-Verbesserer



Anmeldungsdatum: 23.03.2015
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Beitrag(#2284059) Verfasst am: 15.07.2022, 19:25    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Flat hat folgendes geschrieben:
Etwas Empathie reicht hier eigentlich.

Empathie ist Mist.

Empathie ist essentiell für eine funktionierende, auf Toleranz aufbauende Gesellschaft.
https://de.wikipedia.org/wiki/Empathie schrieb:
Zitat:
Empathie bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, Empfindungen, Emotionen, Gedanken, Motive und Persönlichkeitsmerkmale einer anderen Person zu erkennen, zu verstehen und nachzuempfinden.[1][2] Ein damit korrespondierender allgemeinsprachlicher Begriff ist Einfühlungsvermögen.

Zur Empathie wird gemeinhin auch die Fähigkeit zu angemessenen Reaktionen auf Gefühle anderer Menschen gezählt, zum Beispiel Mitleid, Trauer, Schmerz und Hilfsbereitschaft aus Mitgefühl.[3] Die neuere Hirnforschung legt allerdings eine deutliche Unterscheidbarkeit des empathischen Vermögens vom Mitgefühl nahe.[4][5]

Wäre jeder hinreichend empathisch, so gäbe es keinen Rassismus, denn man könnte sich auch in die (beliebig farbige) Haut eines beliebigen Menschen hinein versetzen und würde die Beweggründe des Gegenüber so nachvollziehen, dass Hass keinen Platz hätte.
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http://www.un.org/en/ga/72/presskit/pdf/full_kit72_en.pdf
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tillich (epigonal)
hat Spaß



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Beiträge: 21760

Beitrag(#2284078) Verfasst am: 16.07.2022, 12:19    Titel: Antworten mit Zitat

wolle hat folgendes geschrieben:
Wäre jeder hinreichend empathisch, so gäbe es keinen Rassismus, denn man könnte sich auch in die (beliebig farbige) Haut eines beliebigen Menschen hinein versetzen und würde die Beweggründe des Gegenüber so nachvollziehen, dass Hass keinen Platz hätte.

Auch wer noch so empathisch ist, kann sich aber einfach nicht in die Haut jedes beliebigen Menschen versetzen. Das ist zu viel. Aber ein sehr empathischer Mensch kann es vollkommen unerträglich finden, wenn in seiner Sichtweite Leute erschossen werden, und deswegen Beschwerdebriefe an den KZ-Kommandanten schreiben, dass er das doch gefälligst anderswo machen soll. Oder höchst empathische Menschen können es auch so absolut in ihrem eigenen Gefühlsleben nachvollziehen, wie schlimm es ist, wenn Menschen aus einen anderen Gruppe schlimme Dinge mit Menschen aus der eigenen Gruppe tun (oder angeblich tun, Lügen reichen völlig), dass ihr Gefühlsleben es absolut okay findet, sich mit allen Mitteln dagegen zu "wehren". Oder Leute mit richtig großer Empathie können es auch so richtig geil finden, den Schmerz anderer mitzuerleben.

Um richtig zu handeln, braucht man vor allem Reflexionsfähigkeit und eben nicht besonders große Empathie.

(Kommt aus einer Buchbesprechung in der Zeitung oder im Radio. Muss mal gucken, ob ich's wiederfinde.)
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tillich (epigonal)
hat Spaß



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Beitrag(#2284081) Verfasst am: 16.07.2022, 12:39    Titel: Antworten mit Zitat

Relativ schnell das Buch gefunden:

https://en.wikipedia.org/wiki/Against_Empathy
https://krautreporter.de/4420-wenn-empathie-dich-fies-und-ungerecht-macht
https://scienceblogs.de/bloodnacid/2017/04/27/buchempfehlung-against-empathy-von-p-bloom/?all=1

Aus dem letzten Link:
Zitat:
Empathie, so Bloom, verengt unseren moralischen Fokus auf bestimmte Personen im Hier und Jetzt, um die wir uns dann verstärkt kümmern. Dabei verlieren wir aber die längerfristigen Konsequenzen unserer Handlung aus den Augen und schotten uns ab gegen das Leid derjenigen, die sich nicht in unserer empathischen Reichweite befinden. Empathie ist also voreingenommen (biased) und sie nötigt uns provinzielle bis gar rassistische Reflexe auf.


Ich finde das überzeugend, denn meiner Wahrnehmung nach arbeiten gerade rechte, rassistische Kampagnen gerne mit Appellen an die Empathie.

Die Unterscheidung von Empathie und Mirtgefühl, die Bloom macht, findet sich ja übriegens auch in wolles Wikipedia-Zitat.
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Tarvoc
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Beiträge: 44089

Beitrag(#2284087) Verfasst am: 16.07.2022, 13:28    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Empathie, so Bloom, verengt unseren moralischen Fokus auf bestimmte Personen im Hier und Jetzt, um die wir uns dann verstärkt kümmern.

Das verkürzt aber den Empathiebegriff begrifflich auf die rein gefühlsmäßige (Mit-)Affektion. Ich habe Empathie eigentlich immer als die Fähigkeit verstanden, von der eigenen Situation und den eigenen Interessen zu abstrahieren und sich in die Positionen und Lebenssituationen anderer hineinzuversetzen.

[edit] Womöglich haben wir es hier sowas wie einer Sprachbarriere zwischen Englisch und Deutsch zu tun:

Wikipedia hat folgendes geschrieben:
With this understanding, Bloom describes empathy as feeling what others feel whereas compassion is "simply caring for people, [and] wanting them to thrive".

Das deutsche "Mit-Gefühl" ist eigentlich sehr viel näher an "feeling what others feel" als "Empathie", worauf ja z. B. schon Nietzsche aufmerksam gemacht hat. Im englischen "com-passion" klingt das zwar auch noch an, geht aber dadurch etwas unter, dass es sich um eine lateinische Fremdwortkombination handelt.
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tillich (epigonal)
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Beiträge: 21760

Beitrag(#2284088) Verfasst am: 16.07.2022, 14:15    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Empathie, so Bloom, verengt unseren moralischen Fokus auf bestimmte Personen im Hier und Jetzt, um die wir uns dann verstärkt kümmern.

Das verkürzt aber den Empathiebegriff begrifflich auf die rein gefühlsmäßige (Mit-)Affektion. Ich habe Empathie eigentlich immer als die Fähigkeit verstanden, von der eigenen Situation und den eigenen Interessen zu abstrahieren und sich in die Positionen und Lebenssituationen anderer hineinzuversetzen.

Ja, er macht bewusst diese Unterscheidung. Laut wolles Link wird das ja auch durch Hirnforschung gestützt:
https://de.wikipedia.org/wiki/Empathie schrieb:
Zitat:
Die neuere Hirnforschung legt allerdings eine deutliche Unterscheidbarkeit des empathischen Vermögens vom Mitgefühl nahe.


Tarvoc hat folgendes geschrieben:
[edit] Womöglich haben wir es hier sowas wie einer Sprachbarriere zwischen Englisch und Deutsch zu tun:

Wikipedia hat folgendes geschrieben:
With this understanding, Bloom describes empathy as feeling what others feel whereas compassion is "simply caring for people, [and] wanting them to thrive".

Das deutsche "Mit-Gefühl" ist eigentlich sehr viel näher an "feeling what others feel" als "Empathie", worauf ja z. B. schon Nietzsche aufmerksam gemacht hat. Im englischen "com-passion" klingt das zwar auch noch an, geht aber dadurch etwas unter, dass es sich um eine lateinische Fremdwortkombination handelt.

Jein. Im Englischen ist es ein direktes Lehnwort, im Deutschen eine Lehnübersetzung. Dieser Unterschied in der Behandlung philosophisch-psychologischer Begriffe aus dem Lateinischen in der Volkssprache ist m.W. relativ typisch, insbesondere in der spätmittelalterlichen Mystik wurden im Deutschen viele Begriffe so behandelt. Das bedeutet aber m.E. nicht unbedingt, dass das Begriffsverständnis und der Bedeutungsumfang zwingend anders wären.

Eher sind mMn schon die griechischen bzw. lateinischen Begriffe selbst durch die Vorsilben abgrenzbar: Beim "Hinein-Fühlen" (En-Pathie) würde dann das rationale Beurteilen zugunsten der Übernahme der Gefühle zurücktreten, beim "Mit-Fühlen" (Con-Passio/ Syn-Pathie) kämen Verstehen der Gefühle und rationale Beurteilung zusammen.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44089

Beitrag(#2284101) Verfasst am: 16.07.2022, 16:19    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Empathie, so Bloom, verengt unseren moralischen Fokus auf bestimmte Personen im Hier und Jetzt, um die wir uns dann verstärkt kümmern.

Das verkürzt aber den Empathiebegriff begrifflich auf die rein gefühlsmäßige (Mit-)Affektion. Ich habe Empathie eigentlich immer als die Fähigkeit verstanden, von der eigenen Situation und den eigenen Interessen zu abstrahieren und sich in die Positionen und Lebenssituationen anderer hineinzuversetzen.

Ja, er macht bewusst diese Unterscheidung. Laut wolles Link wird das ja auch durch Hirnforschung gestützt:
https://de.wikipedia.org/wiki/Empathie schrieb:
Zitat:
Die neuere Hirnforschung legt allerdings eine deutliche Unterscheidbarkeit des empathischen Vermögens vom Mitgefühl nahe.

Das scheint mir aber die genau umgekehrte Verwendung dieser beiden Ausdrücke zu sein wie die, die Bloom vorschlägt. Bzw. es ist die, die ich verwende: Mitgefühl als bloß emotionale Affektion, Empathie als kognitives Vermögen.

Das zeigt sich ja auch schön im nächsten Satz:

Wikipedia hat folgendes geschrieben:
Grundlage der Empathie ist die Selbstwahrnehmung – je offener eine Person für ihre eigenen Emotionen ist, desto besser kann sie auch die Gefühle anderer deuten[6] – sowie die Selbsttranszendenz, um egozentrische Geisteshaltungen überwinden zu können.[7]


Ich bin ja nicht gegen die Unterscheidung der beiden Begriffe. Ich meine nur, dass man im Verhältnis zu Blooms Verwendung die Bedeutungen der beiden Worte genau umdrehen muss (bzw. das sprachlich plausibler wäre).
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AlexJ
Supermarktoverlord



Anmeldungsdatum: 11.04.2008
Beiträge: 2344
Wohnort: Köln

Beitrag(#2284415) Verfasst am: 20.07.2022, 18:21    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
AlexJ hat folgendes geschrieben:
Bezeichnung wie People of Colour oder Mohr werden nicht wegen des Bezuges zur bzw. der Kategorisierung von Rasse/Ethnie oder Phänotyp rassistisch, sondern gegebenenfalls, weil die Bezeichnung sich nicht schlicht auf die Kategorisierung beschränkt.

Der Begriff "People of Color" ist bisher überhaupt noch nicht rassistisch geworden, und es ist für mich auch nicht abzusehen, dass er das in nächster Zeit würde. Pfeifen Der Ausdruck bezeichnet übrigens auch nicht eine bestimmte Hautfarbe.


Hab, gerade erst mitbekommen, dass ich zitiert wurde. Sorry für die späte Antwort.

Richtig. Der Begriff "People of Color" ist bisher allgemein noch nicht rassistisch geworden, auch wenn ich nicht überrascht wäre, wenn es bereits in bestimmten rassistischen Kreisen als Bezeichnung für bestimmte rassistische/linke Stereotypen miss-braucht wird.
Gerade weil dieser Begriff (noch) nicht rassistisch geladen ist, ist es ein gutes Beispiel als Kontrast zum rassistisch geladenen Begriff "Mohr". Ich sehe aber das mein Gebrauch hier unklar ist. Hab wohl durch zu viele Edits für Unklarheit gesorgt.
Zur Klarheit wäre wohl Folgendes besser gewesen:

Bezeichnung wie People of Colour oder Mohr werden gegebenenfalls (also wenn sie es sind) nicht wegen des Bezuges zur bzw. der Kategorisierung von Rasse/Ethnie oder Phänotyp rassistisch, sondern weil die Bezeichnung sich nicht schlicht auf die Kategorisierung beschränkt.
Die Bezeichnung Mohr war im Gegensatz zur Bezeichnung People of Colour zuletzt eng an einem bestimmten historischen Stereotyp gebunden, der sich nicht auf Rasse/Ethnie oder Phänotyp beschränkte und durchaus einen rassistischen Charakter hatte. Wegen des zugehörigen rassistischen Stereotyps ist die Bezeichnung Mohr rassistisch oder steht zumindest in verdacht rassistisch zu sein.
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wolle
Anti-Theist und Welt-Verbesserer



Anmeldungsdatum: 23.03.2015
Beiträge: 3891

Beitrag(#2284456) Verfasst am: 22.07.2022, 14:08    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Oder höchst empathische Menschen können es auch so absolut in ihrem eigenen Gefühlsleben nachvollziehen, wie schlimm es ist, wenn Menschen aus einen anderen Gruppe schlimme Dinge mit Menschen aus der eigenen Gruppe tun (oder angeblich tun, Lügen reichen völlig), dass ihr Gefühlsleben es absolut okay findet, sich mit allen Mitteln dagegen zu "wehren". Oder Leute mit richtig großer Empathie können es auch so richtig geil finden, den Schmerz anderer mitzuerleben.

Natürlich würde Lüge oder Propaganda die Empathie der Menschen Missbrauchen.
Betrachtet man Empathie als Fähigkeit/ Werkzeug des Gehirns, so kann dieses Werkzeug immer manipuliert/ missbraucht werden.
Dieser Missbrauch ist aber ein Werkzeug der Kommunikation im Rahmen einer Massen-Manipulation der Propaganda.
Die Möglichkeit des Missbrauchs kann aber nicht die Empathie generell in Misskredit bringen.

Soziopathen/ Serienmörder, die Befriedigung am Schmerz des Gegenübers suchen, haben meist keine oder sehr geringe Empathie.
Ausnahmen wären:
1) Der Rächer, der eigene Verletzungen durch Verletzung des Gegenübers zu kompensieren versucht (was meist nur kurzfristig gelingt)
2) Der Dominus, der beim Sado-Maso Schmerzen zufügt, die aber beim masochistischen Gegenüber akzeptiert oder abgesprochen sind und so auch beim Gegenüber zum Lustgewinn beitragen
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Anmeldungsdatum: 23.03.2015
Beiträge: 3891

Beitrag(#2284594) Verfasst am: 27.07.2022, 01:02    Titel: Antworten mit Zitat

https://www.berliner-zeitung.de/news/antisemitismus-gasstreit-mit-ungarn-viktor-orban-empoert-mit-holocaust-vergleich-li.250368 schrieb:
Zitat:
Überdies tätigte Orbán offenbar rassistische Aussagen: Länder, in denen sich Europäer mit Nichteuropäern „vermischten“, seien keine Staaten mehr. Demgegenüber gebe es das Karpatenbecken, wo sich europäische Völker wie Ungarn, Rumänen, Slowaken und andere miteinander vermischten. „Wir sind bereit, uns miteinander zu vermischen, aber wir wollen nicht zu Gemischtrassigen werden“, sagte Orbán.

Alle europäischen Völker haben sich über Jahrtausende vermischt.
Das zu beklagen, ist allerdings Rassismus.
Die Absicht, nicht zu "Gemischtrassigen" werden zu wollen, ist ebenso rassistisch wie absurd.
Dass Orbán wegen einer "Vermischung" Ländern die Staatlichkeit abspricht, ist zusätzlich absurd.
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Tarvoc
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Beitrag(#2284880) Verfasst am: 31.07.2022, 13:33    Titel: Antworten mit Zitat

Weil's hier besser hinpasst als in den Ursprungsthread:

Bravopunk hat folgendes geschrieben:
"Vorteil" klingt in Bezug auf die Unterschiede zwischen weißen und schwarzen Menschen und ihren Lebensumständen, um einiges sinnvoller als "Privileg".

Was genau ist da begrifflich der Unterschied?
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Beitrag(#2284885) Verfasst am: 31.07.2022, 16:14    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Weil's hier besser hinpasst als in den Ursprungsthread:

Bravopunk hat folgendes geschrieben:
"Vorteil" klingt in Bezug auf die Unterschiede zwischen weißen und schwarzen Menschen und ihren Lebensumständen, um einiges sinnvoller als "Privileg".

Was genau ist da begrifflich der Unterschied?


"Privileg" klingt nach einem Recht, dass man hat, weil es einem von der Obrigkeit verliehen wurde. "Vorteil" klingt lediglich nach einer willkürlichen Gunst, z. B. im Sport, wo man schneller laufen kann, weil man längere Beine hat. Das passt auf Hautfarben besser, weil die einem ja nicht durch ein Recht zugesprochen wurde, sondern man ist einfach damit geboren worden. Ebenso wie der Ort, der Stand und die Gesellschaft, in die man geboren wurde.
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Beitrag(#2284890) Verfasst am: 31.07.2022, 17:36    Titel: Antworten mit Zitat

Bravopunk hat folgendes geschrieben:
Das passt auf Hautfarben besser, weil die einem ja nicht durch ein Recht zugesprochen wurde, sondern man ist einfach damit geboren worden. Ebenso wie der Ort, der Stand und die Gesellschaft, in die man geboren wurde.

Ach so, also der Stand (der ja in unserer Gesellschaft nicht zuletzt vom Eigentum an Kapital abhängt!) wird also auch gar nicht durch das Recht garantiert. Sorry, wusste ich gar nicht. Mit den Augen rollen

...Natürlich sind das alles Privilegien. Es handelt sich ja nicht um in der Welt herumliegende neutrale Fakta, sondern im Kontext sämtlich um Ergebnisse menschlichen Handelns. Selbst der Ort der Geburt kann überhaupt nur deshalb ein Vorteil oder Nachteil sein, weil wir eine Form von Gesellschaft haben, in der überhaupt verschiedene Orte miteinander in Konkurrenz stehen (und unsere Gesellschaft schon deshalb keine uneingeschränkte Mobilität erlauben kann). Und das hat sehr wohl auch mit rechtlichen Strukturen zu tun. Und das ist jetzt auch nur das am wenigsten offensichtliche Beispiel. Nicht dass jedes gesellschaftliche Machtungleichgewicht und ihm entsprechende Vorrechtsverhältnis überhaupt unmittelbar formalrechtlich kodiert wäre oder das auch nur sein müsste. Das einfachste und einsichtigste Beispiel ist das der ökonomischen Privilegien: Jeder hat formaljuristisch das gleiche Eigentumsrecht, aber da nicht jeder das gleiche Eigentum hat, ist natürlich Bill Gates gegenüber einem Obdachlosen diesbezüglich privilegiert. Überhaupt gibt es in einer menschlichen Gesellschaft überhaupt keine Vorteile oder Nachteile, die nicht selbst wieder damit zu tun haben, wie die Menschen insgesamt ihre Gesellschaft überhaupt gestalten. Ein systematisch vorkommender gesellschaftlicher Vorteil ist ein Privileg. Die beiden Begriffe sind absolut synonym. Der einzige Unterschied ist, dass das eine Wort Leute verunsichert und hoffentlich zu kritischem Nachdenken über Verhältnisse anregt und der andere eher fürs persönliche Wohlfühlen geeignet ist. Aber das ist kein begrifflicher Unterschied.
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Bravopunk
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Beitrag(#2284912) Verfasst am: 01.08.2022, 08:24    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Bravopunk hat folgendes geschrieben:
Das passt auf Hautfarben besser, weil die einem ja nicht durch ein Recht zugesprochen wurde, sondern man ist einfach damit geboren worden. Ebenso wie der Ort, der Stand und die Gesellschaft, in die man geboren wurde.

Ach so, also der Stand (der ja in unserer Gesellschaft nicht zuletzt vom Eigentum an Kapital abhängt!) wird also auch gar nicht durch das Recht garantiert. Sorry, wusste ich gar nicht. Mit den Augen rollen

...Natürlich sind das alles Privilegien. Es handelt sich ja nicht um in der Welt herumliegende neutrale Fakta, sondern im Kontext sämtlich um Ergebnisse menschlichen Handelns. Selbst der Ort der Geburt kann überhaupt nur deshalb ein Vorteil oder Nachteil sein, weil wir eine Form von Gesellschaft haben, in der überhaupt verschiedene Orte miteinander in Konkurrenz stehen (und unsere Gesellschaft schon deshalb keine uneingeschränkte Mobilität erlauben kann). Und das hat sehr wohl auch mit rechtlichen Strukturen zu tun. Und das ist jetzt auch nur das am wenigsten offensichtliche Beispiel. Nicht dass jedes gesellschaftliche Machtungleichgewicht und ihm entsprechende Vorrechtsverhältnis überhaupt unmittelbar formalrechtlich kodiert wäre oder das auch nur sein müsste. Das einfachste und einsichtigste Beispiel ist das der ökonomischen Privilegien: Jeder hat formaljuristisch das gleiche Eigentumsrecht, aber da nicht jeder das gleiche Eigentum hat, ist natürlich Bill Gates gegenüber einem Obdachlosen diesbezüglich privilegiert. Überhaupt gibt es in einer menschlichen Gesellschaft überhaupt keine Vorteile oder Nachteile, die nicht selbst wieder damit zu tun haben, wie die Menschen insgesamt ihre Gesellschaft überhaupt gestalten. Ein systematisch vorkommender gesellschaftlicher Vorteil ist ein Privileg. Die beiden Begriffe sind absolut synonym. Der einzige Unterschied ist, dass das eine Wort Leute verunsichert und hoffentlich zu kritischem Nachdenken über Verhältnisse anregt und der andere eher fürs persönliche Wohlfühlen geeignet ist. Aber das ist kein begrifflicher Unterschied.


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Beitrag(#2284917) Verfasst am: 01.08.2022, 10:18    Titel: Antworten mit Zitat

Bravopunk hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Bravopunk hat folgendes geschrieben:
Das passt auf Hautfarben besser, weil die einem ja nicht durch ein Recht zugesprochen wurde, sondern man ist einfach damit geboren worden. Ebenso wie der Ort, der Stand und die Gesellschaft, in die man geboren wurde.

Ach so, also der Stand (der ja in unserer Gesellschaft nicht zuletzt vom Eigentum an Kapital abhängt!) wird also auch gar nicht durch das Recht garantiert. Sorry, wusste ich gar nicht. Mit den Augen rollen

...Natürlich sind das alles Privilegien. Es handelt sich ja nicht um in der Welt herumliegende neutrale Fakta, sondern im Kontext sämtlich um Ergebnisse menschlichen Handelns. Selbst der Ort der Geburt kann überhaupt nur deshalb ein Vorteil oder Nachteil sein, weil wir eine Form von Gesellschaft haben, in der überhaupt verschiedene Orte miteinander in Konkurrenz stehen (und unsere Gesellschaft schon deshalb keine uneingeschränkte Mobilität erlauben kann). Und das hat sehr wohl auch mit rechtlichen Strukturen zu tun. Und das ist jetzt auch nur das am wenigsten offensichtliche Beispiel. Nicht dass jedes gesellschaftliche Machtungleichgewicht und ihm entsprechende Vorrechtsverhältnis überhaupt unmittelbar formalrechtlich kodiert wäre oder das auch nur sein müsste. Das einfachste und einsichtigste Beispiel ist das der ökonomischen Privilegien: Jeder hat formaljuristisch das gleiche Eigentumsrecht, aber da nicht jeder das gleiche Eigentum hat, ist natürlich Bill Gates gegenüber einem Obdachlosen diesbezüglich privilegiert. Überhaupt gibt es in einer menschlichen Gesellschaft überhaupt keine Vorteile oder Nachteile, die nicht selbst wieder damit zu tun haben, wie die Menschen insgesamt ihre Gesellschaft überhaupt gestalten. Ein systematisch vorkommender gesellschaftlicher Vorteil ist ein Privileg. Die beiden Begriffe sind absolut synonym. Der einzige Unterschied ist, dass das eine Wort Leute verunsichert und hoffentlich zu kritischem Nachdenken über Verhältnisse anregt und der andere eher fürs persönliche Wohlfühlen geeignet ist. Aber das ist kein begrifflicher Unterschied.


Sehe ich anders. Aber da kommen wir auf keinen grünen Zweig. Schulterzucken


Ich ebenso.

"Privileg" ist lt. Wikipedia "Ein Privileg ... ist ein Vorrecht, das einer einzelnen Person oder einer Personengruppe zugeteilt wird."

Ein Beispiel:

Klaus ist gegenüber Peter beim Marathonlauf im Vorteil, da sich Peter seit seiner Jugend jeden Tag eine Schachtel Zigaretten reinzieht.

Aber ist Klaus jetzt gegenüber Peter Privilegiert, da er Nichtraucher ist?
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Alchemist
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Beitrag(#2284919) Verfasst am: 01.08.2022, 10:26    Titel: Antworten mit Zitat

Kat hat folgendes geschrieben:
Bravopunk hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Bravopunk hat folgendes geschrieben:
Das passt auf Hautfarben besser, weil die einem ja nicht durch ein Recht zugesprochen wurde, sondern man ist einfach damit geboren worden. Ebenso wie der Ort, der Stand und die Gesellschaft, in die man geboren wurde.

Ach so, also der Stand (der ja in unserer Gesellschaft nicht zuletzt vom Eigentum an Kapital abhängt!) wird also auch gar nicht durch das Recht garantiert. Sorry, wusste ich gar nicht. Mit den Augen rollen

...Natürlich sind das alles Privilegien. Es handelt sich ja nicht um in der Welt herumliegende neutrale Fakta, sondern im Kontext sämtlich um Ergebnisse menschlichen Handelns. Selbst der Ort der Geburt kann überhaupt nur deshalb ein Vorteil oder Nachteil sein, weil wir eine Form von Gesellschaft haben, in der überhaupt verschiedene Orte miteinander in Konkurrenz stehen (und unsere Gesellschaft schon deshalb keine uneingeschränkte Mobilität erlauben kann). Und das hat sehr wohl auch mit rechtlichen Strukturen zu tun. Und das ist jetzt auch nur das am wenigsten offensichtliche Beispiel. Nicht dass jedes gesellschaftliche Machtungleichgewicht und ihm entsprechende Vorrechtsverhältnis überhaupt unmittelbar formalrechtlich kodiert wäre oder das auch nur sein müsste. Das einfachste und einsichtigste Beispiel ist das der ökonomischen Privilegien: Jeder hat formaljuristisch das gleiche Eigentumsrecht, aber da nicht jeder das gleiche Eigentum hat, ist natürlich Bill Gates gegenüber einem Obdachlosen diesbezüglich privilegiert. Überhaupt gibt es in einer menschlichen Gesellschaft überhaupt keine Vorteile oder Nachteile, die nicht selbst wieder damit zu tun haben, wie die Menschen insgesamt ihre Gesellschaft überhaupt gestalten. Ein systematisch vorkommender gesellschaftlicher Vorteil ist ein Privileg. Die beiden Begriffe sind absolut synonym. Der einzige Unterschied ist, dass das eine Wort Leute verunsichert und hoffentlich zu kritischem Nachdenken über Verhältnisse anregt und der andere eher fürs persönliche Wohlfühlen geeignet ist. Aber das ist kein begrifflicher Unterschied.


Sehe ich anders. Aber da kommen wir auf keinen grünen Zweig. Schulterzucken


Ich ebenso.

"Privileg" ist lt. Wikipedia "Ein Privileg ... ist ein Vorrecht, das einer einzelnen Person oder einer Personengruppe zugeteilt wird."

Ein Beispiel:

Klaus ist gegenüber Peter beim Marathonlauf im Vorteil, da sich Peter seit seiner Jugend jeden Tag eine Schachtel Zigaretten reinzieht.

Aber ist Klaus jetzt gegenüber Peter Privilegiert, da er Nichtraucher ist?


Aber das Beispiel passt doch überhaupt nicht zu der Erklräung, die Tarvoc ausführlich beschrieben hat. Und ebensowenig passt es zu dem zitierten Satz von wiki.
Klaus körperlicher Vorteil ist kein "Vorrecht, dass ihm zugeteilt wird".
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Beitrag(#2284927) Verfasst am: 01.08.2022, 11:44    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ein systematisch vorkommender gesellschaftlicher Vorteil ist ein Privileg. Die beiden Begriffe sind absolut synonym. Der einzige Unterschied ist, dass das eine Wort Leute verunsichert und hoffentlich zu kritischem Nachdenken über Verhältnisse anregt und der andere eher fürs persönliche Wohlfühlen geeignet ist. Aber das ist kein begrifflicher Unterschied.

Nein, die Begriffe sind nicht synonym; das sieht man schon daran, dass du "systematisch vorkommender, gesellschaftlicher Vorteil" schreibst - es git also auch noch andere Vorteile. Über die "systematisch vorkommenden, gesellschaftlichen Vorteile" kann man sagen (wie in der Wiki-Definition), dass sie "zugeteilt werden". Das trifft aber nicht auf alle Vorteile zu.

Der rauchende Marathonläufer zB hat zweifellos einen Nachteil, aber er wurde ihm nicht zugeteilt (außer, man spricht auch über geselschaftliche Verhaltensnormen bzgl. Drogenkonsum), sondern er hat ihn selbst verursacht; Nichtrauchen ist daher ein Vorteil, aber kein Privileg.
Ein Blinder kann visuelle Informationen nicht nutzen; das ist ein Nachteil (auch wenn der teilweise durch Maßnahmen der Barrierefreiheit ausgeglichen werden kann). Demgegenüber hat ein Sehender einen Vorteil. Auch der wurde ihm aber nicht gesellschaftlich zugeteilt (von Fragen der Gesundheitsversorgung abgesehen), sondern er hat ihn von Natur aus (eine gesellschaftliche Zuteilung wäre die Frage, ob solche Unteschiede irgendwie ausgeglichen werden).

Und genau deshalb - hier bin ich wieder bei dir - ist das Wort "Vorteil" "eher fürs persönliche Wohlfühlen geeignet" durch seine entzung wird die gesellschaftliche Dimension ausgeblendet und naturalisiert oder sogar in die "Eigenverantwortung" abgeschoben.

Das Wort "Privileg" dagegen "verunsichert und [regt] hoffentlich zu kritischem Nachdenken über Verhältnisse an", wie du schreibst, weil es eben beinhaltet, dass Privilegien Vorteile sind, die gesellschaftlich hergestellt werden. Das ist natürlich unangenehm zu hören, dass die eigene Stellung Vorteile mit sich bringt, die mir nicht von Natur aus zukommen oder durch meine Verdienste erreicht wurden, sondern die ich von der Gesellschaft zugeteilt bekommen habe. Wie etwa den, dass kreative Leistungen "meiner Leute" (und also potenziell meine eigenen) auch anerkannt werden und nicht einfach so von anderen enteignet werden können.
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Kat
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Beitrag(#2284929) Verfasst am: 01.08.2022, 12:01    Titel: Antworten mit Zitat

Alchemist hat folgendes geschrieben:
Kat hat folgendes geschrieben:
Bravopunk hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Bravopunk hat folgendes geschrieben:
Das passt auf Hautfarben besser, weil die einem ja nicht durch ein Recht zugesprochen wurde, sondern man ist einfach damit geboren worden. Ebenso wie der Ort, der Stand und die Gesellschaft, in die man geboren wurde.

Ach so, also der Stand (der ja in unserer Gesellschaft nicht zuletzt vom Eigentum an Kapital abhängt!) wird also auch gar nicht durch das Recht garantiert. Sorry, wusste ich gar nicht. Mit den Augen rollen

...Natürlich sind das alles Privilegien. Es handelt sich ja nicht um in der Welt herumliegende neutrale Fakta, sondern im Kontext sämtlich um Ergebnisse menschlichen Handelns. Selbst der Ort der Geburt kann überhaupt nur deshalb ein Vorteil oder Nachteil sein, weil wir eine Form von Gesellschaft haben, in der überhaupt verschiedene Orte miteinander in Konkurrenz stehen (und unsere Gesellschaft schon deshalb keine uneingeschränkte Mobilität erlauben kann). Und das hat sehr wohl auch mit rechtlichen Strukturen zu tun. Und das ist jetzt auch nur das am wenigsten offensichtliche Beispiel. Nicht dass jedes gesellschaftliche Machtungleichgewicht und ihm entsprechende Vorrechtsverhältnis überhaupt unmittelbar formalrechtlich kodiert wäre oder das auch nur sein müsste. Das einfachste und einsichtigste Beispiel ist das der ökonomischen Privilegien: Jeder hat formaljuristisch das gleiche Eigentumsrecht, aber da nicht jeder das gleiche Eigentum hat, ist natürlich Bill Gates gegenüber einem Obdachlosen diesbezüglich privilegiert. Überhaupt gibt es in einer menschlichen Gesellschaft überhaupt keine Vorteile oder Nachteile, die nicht selbst wieder damit zu tun haben, wie die Menschen insgesamt ihre Gesellschaft überhaupt gestalten. Ein systematisch vorkommender gesellschaftlicher Vorteil ist ein Privileg. Die beiden Begriffe sind absolut synonym. Der einzige Unterschied ist, dass das eine Wort Leute verunsichert und hoffentlich zu kritischem Nachdenken über Verhältnisse anregt und der andere eher fürs persönliche Wohlfühlen geeignet ist. Aber das ist kein begrifflicher Unterschied.


Sehe ich anders. Aber da kommen wir auf keinen grünen Zweig. Schulterzucken


Ich ebenso.

"Privileg" ist lt. Wikipedia "Ein Privileg ... ist ein Vorrecht, das einer einzelnen Person oder einer Personengruppe zugeteilt wird."

Ein Beispiel:

Klaus ist gegenüber Peter beim Marathonlauf im Vorteil, da sich Peter seit seiner Jugend jeden Tag eine Schachtel Zigaretten reinzieht.

Aber ist Klaus jetzt gegenüber Peter Privilegiert, da er Nichtraucher ist?


Aber das Beispiel passt doch überhaupt nicht zu der Erklräung, die Tarvoc ausführlich beschrieben hat. Und ebensowenig passt es zu dem zitierten Satz von wiki.
Klaus körperlicher Vorteil ist kein "Vorrecht, dass ihm zugeteilt wird".


Tarvorc hatte geschrieben, dass die Begriffe "Vorteil" und "Privileg" absolut synonym sind.

Dieser Meinung bin ich eben nicht, wie ich mit dem Beispiel des Marathonlaufs versucht habe zu verdeutlichen.

Klaus ist zwar im Vorteil, da er Nichtraucher ist, aber er ist deswegen nicht Privilegiert, da ihm kein Privileg zugeteilt wurde.
Also sind die beiden Begriffe eben nicht "absolut synonym"
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Alchemist
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Beitrag(#2284930) Verfasst am: 01.08.2022, 12:08    Titel: Antworten mit Zitat

Kat hat folgendes geschrieben:
Alchemist hat folgendes geschrieben:
Kat hat folgendes geschrieben:
Bravopunk hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Bravopunk hat folgendes geschrieben:
Das passt auf Hautfarben besser, weil die einem ja nicht durch ein Recht zugesprochen wurde, sondern man ist einfach damit geboren worden. Ebenso wie der Ort, der Stand und die Gesellschaft, in die man geboren wurde.

Ach so, also der Stand (der ja in unserer Gesellschaft nicht zuletzt vom Eigentum an Kapital abhängt!) wird also auch gar nicht durch das Recht garantiert. Sorry, wusste ich gar nicht. Mit den Augen rollen

...Natürlich sind das alles Privilegien. Es handelt sich ja nicht um in der Welt herumliegende neutrale Fakta, sondern im Kontext sämtlich um Ergebnisse menschlichen Handelns. Selbst der Ort der Geburt kann überhaupt nur deshalb ein Vorteil oder Nachteil sein, weil wir eine Form von Gesellschaft haben, in der überhaupt verschiedene Orte miteinander in Konkurrenz stehen (und unsere Gesellschaft schon deshalb keine uneingeschränkte Mobilität erlauben kann). Und das hat sehr wohl auch mit rechtlichen Strukturen zu tun. Und das ist jetzt auch nur das am wenigsten offensichtliche Beispiel. Nicht dass jedes gesellschaftliche Machtungleichgewicht und ihm entsprechende Vorrechtsverhältnis überhaupt unmittelbar formalrechtlich kodiert wäre oder das auch nur sein müsste. Das einfachste und einsichtigste Beispiel ist das der ökonomischen Privilegien: Jeder hat formaljuristisch das gleiche Eigentumsrecht, aber da nicht jeder das gleiche Eigentum hat, ist natürlich Bill Gates gegenüber einem Obdachlosen diesbezüglich privilegiert. Überhaupt gibt es in einer menschlichen Gesellschaft überhaupt keine Vorteile oder Nachteile, die nicht selbst wieder damit zu tun haben, wie die Menschen insgesamt ihre Gesellschaft überhaupt gestalten. Ein systematisch vorkommender gesellschaftlicher Vorteil ist ein Privileg. Die beiden Begriffe sind absolut synonym. Der einzige Unterschied ist, dass das eine Wort Leute verunsichert und hoffentlich zu kritischem Nachdenken über Verhältnisse anregt und der andere eher fürs persönliche Wohlfühlen geeignet ist. Aber das ist kein begrifflicher Unterschied.


Sehe ich anders. Aber da kommen wir auf keinen grünen Zweig. Schulterzucken


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"Privileg" ist lt. Wikipedia "Ein Privileg ... ist ein Vorrecht, das einer einzelnen Person oder einer Personengruppe zugeteilt wird."

Ein Beispiel:

Klaus ist gegenüber Peter beim Marathonlauf im Vorteil, da sich Peter seit seiner Jugend jeden Tag eine Schachtel Zigaretten reinzieht.

Aber ist Klaus jetzt gegenüber Peter Privilegiert, da er Nichtraucher ist?


Aber das Beispiel passt doch überhaupt nicht zu der Erklräung, die Tarvoc ausführlich beschrieben hat. Und ebensowenig passt es zu dem zitierten Satz von wiki.
Klaus körperlicher Vorteil ist kein "Vorrecht, dass ihm zugeteilt wird".


Tarvorc hatte geschrieben, dass die Begriffe "Vorteil" und "Privileg" absolut synonym sind.

Dieser Meinung bin ich eben nicht, wie ich mit dem Beispiel des Marathonlaufs versucht habe zu verdeutlichen.

Klaus ist zwar im Vorteil, da er Nichtraucher ist, aber er ist deswegen nicht Privilegiert, da ihm kein Privileg zugeteilt wurde.
Also sind die beiden Begriffe eben nicht "absolut synonym"


Da stimme ich dir zu. Wenn du es so schreibst.
Allerdings schrieb Tarvoc nicht Vorteil=Privileg, sondern
systematisch vorkommender gesellschaftlicher Vorteil = Privileg


Klaus Vorteil beim Laufen als Nichtraucher ist nunmal kein systematisch vorkommender gesellschaftlicher Vorteil
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Bravopunk
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Beitrag(#2284931) Verfasst am: 01.08.2022, 12:10    Titel: Antworten mit Zitat

Kat hat folgendes geschrieben:
Alchemist hat folgendes geschrieben:
Kat hat folgendes geschrieben:
Bravopunk hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Bravopunk hat folgendes geschrieben:
Das passt auf Hautfarben besser, weil die einem ja nicht durch ein Recht zugesprochen wurde, sondern man ist einfach damit geboren worden. Ebenso wie der Ort, der Stand und die Gesellschaft, in die man geboren wurde.

Ach so, also der Stand (der ja in unserer Gesellschaft nicht zuletzt vom Eigentum an Kapital abhängt!) wird also auch gar nicht durch das Recht garantiert. Sorry, wusste ich gar nicht. Mit den Augen rollen

...Natürlich sind das alles Privilegien. Es handelt sich ja nicht um in der Welt herumliegende neutrale Fakta, sondern im Kontext sämtlich um Ergebnisse menschlichen Handelns. Selbst der Ort der Geburt kann überhaupt nur deshalb ein Vorteil oder Nachteil sein, weil wir eine Form von Gesellschaft haben, in der überhaupt verschiedene Orte miteinander in Konkurrenz stehen (und unsere Gesellschaft schon deshalb keine uneingeschränkte Mobilität erlauben kann). Und das hat sehr wohl auch mit rechtlichen Strukturen zu tun. Und das ist jetzt auch nur das am wenigsten offensichtliche Beispiel. Nicht dass jedes gesellschaftliche Machtungleichgewicht und ihm entsprechende Vorrechtsverhältnis überhaupt unmittelbar formalrechtlich kodiert wäre oder das auch nur sein müsste. Das einfachste und einsichtigste Beispiel ist das der ökonomischen Privilegien: Jeder hat formaljuristisch das gleiche Eigentumsrecht, aber da nicht jeder das gleiche Eigentum hat, ist natürlich Bill Gates gegenüber einem Obdachlosen diesbezüglich privilegiert. Überhaupt gibt es in einer menschlichen Gesellschaft überhaupt keine Vorteile oder Nachteile, die nicht selbst wieder damit zu tun haben, wie die Menschen insgesamt ihre Gesellschaft überhaupt gestalten. Ein systematisch vorkommender gesellschaftlicher Vorteil ist ein Privileg. Die beiden Begriffe sind absolut synonym. Der einzige Unterschied ist, dass das eine Wort Leute verunsichert und hoffentlich zu kritischem Nachdenken über Verhältnisse anregt und der andere eher fürs persönliche Wohlfühlen geeignet ist. Aber das ist kein begrifflicher Unterschied.


Sehe ich anders. Aber da kommen wir auf keinen grünen Zweig. Schulterzucken


Ich ebenso.

"Privileg" ist lt. Wikipedia "Ein Privileg ... ist ein Vorrecht, das einer einzelnen Person oder einer Personengruppe zugeteilt wird."

Ein Beispiel:

Klaus ist gegenüber Peter beim Marathonlauf im Vorteil, da sich Peter seit seiner Jugend jeden Tag eine Schachtel Zigaretten reinzieht.

Aber ist Klaus jetzt gegenüber Peter Privilegiert, da er Nichtraucher ist?


Aber das Beispiel passt doch überhaupt nicht zu der Erklräung, die Tarvoc ausführlich beschrieben hat. Und ebensowenig passt es zu dem zitierten Satz von wiki.
Klaus körperlicher Vorteil ist kein "Vorrecht, dass ihm zugeteilt wird".


Tarvorc hatte geschrieben, dass die Begriffe "Vorteil" und "Privileg" absolut synonym sind.

Dieser Meinung bin ich eben nicht, wie ich mit dem Beispiel des Marathonlaufs versucht habe zu verdeutlichen.

Klaus ist zwar im Vorteil, da er Nichtraucher ist, aber er ist deswegen nicht Privilegiert, da ihm kein Privileg zugeteilt wurde.
Also sind die beiden Begriffe eben nicht "absolut synonym"


So ist es. Außerdem finde ich die Aussage, dass "Vorteil" ein bequemes Wort ist und "Privileg" mehr zum Denken anregt, ziemlich entlarvend. Das wirkt nämlich so, als würd es bei der Betitelung gesellschaftlicher Ungerechtigkeit nur darum gehen und nicht darum sie korrekt zu benennen. Aber, wie gesagt: Da kommen wir nicht auf einen grünen Zweig.
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Beitrag(#2284932) Verfasst am: 01.08.2022, 12:27    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ein systematisch vorkommender gesellschaftlicher Vorteil ist ein Privileg. Die beiden Begriffe sind absolut synonym. Der einzige Unterschied ist, dass das eine Wort Leute verunsichert und hoffentlich zu kritischem Nachdenken über Verhältnisse anregt und der andere eher fürs persönliche Wohlfühlen geeignet ist. Aber das ist kein begrifflicher Unterschied.

Nein, die Begriffe sind nicht synonym; das sieht man schon daran, dass du "systematisch vorkommender, gesellschaftlicher Vorteil" schreibst - es git also auch noch andere Vorteile. Über die "systematisch vorkommenden, gesellschaftlichen Vorteile" kann man sagen (wie in der Wiki-Definition), dass sie "zugeteilt werden". Das trifft aber nicht auf alle Vorteile zu.

Der rauchende Marathonläufer zB hat zweifellos einen Nachteil, aber er wurde ihm nicht zugeteilt (außer, man spricht auch über geselschaftliche Verhaltensnormen bzgl. Drogenkonsum), sondern er hat ihn selbst verursacht; Nichtrauchen ist daher ein Vorteil, aber kein Privileg.
Ein Blinder kann visuelle Informationen nicht nutzen; das ist ein Nachteil (auch wenn der teilweise durch Maßnahmen der Barrierefreiheit ausgeglichen werden kann). Demgegenüber hat ein Sehender einen Vorteil. Auch der wurde ihm aber nicht gesellschaftlich zugeteilt (von Fragen der Gesundheitsversorgung abgesehen), sondern er hat ihn von Natur aus (eine gesellschaftliche Zuteilung wäre die Frage, ob solche Unteschiede irgendwie ausgeglichen werden).

Und genau deshalb - hier bin ich wieder bei dir - ist das Wort "Vorteil" "eher fürs persönliche Wohlfühlen geeignet" durch seine entzung wird die gesellschaftliche Dimension ausgeblendet und naturalisiert oder sogar in die "Eigenverantwortung" abgeschoben.

Das Wort "Privileg" dagegen "verunsichert und [regt] hoffentlich zu kritischem Nachdenken über Verhältnisse an", wie du schreibst, weil es eben beinhaltet, dass Privilegien Vorteile sind, die gesellschaftlich hergestellt werden. Das ist natürlich unangenehm zu hören, dass die eigene Stellung Vorteile mit sich bringt, die mir nicht von Natur aus zukommen oder durch meine Verdienste erreicht wurden, sondern die ich von der Gesellschaft zugeteilt bekommen habe. Wie etwa den, dass kreative Leistungen "meiner Leute" (und also potenziell meine eigenen) auch anerkannt werden und nicht einfach so von anderen enteignet werden können.

Ja, von mir aus.

Oder anders gesagt: Die gesellschaftlicher Ungleichheit bzw. Ungleichbehandlung und ihre Folgen auf Grundlage der Hautfarbe in diesem Sinne als bloßen "Vorteil" statt als Privileg zu bezeichnen impliziert entweder, dass man unterstellt, die Schwarzen (und zwar jeder einzelne von ihnen!) hätten sich diese willentlich selbst zugefügt wie der Raucher in dem Beispiel... oder dass man ihre Benachteiligung für biologisch angeboren hält. In beiden Fällen outet sich derjenige, der sowas sagt, als entweder zu blöd oder denkfaul, um die eigenen Behauptungen zu Ende zu denken, oder als Rassist.
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Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 01.08.2022, 12:38, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag(#2284933) Verfasst am: 01.08.2022, 12:38    Titel: Antworten mit Zitat

Bravopunk hat folgendes geschrieben:
Außerdem finde ich die Aussage, dass "Vorteil" ein bequemes Wort ist und "Privileg" mehr zum Denken anregt, ziemlich entlarvend. Das wirkt nämlich so, als würd es bei der Betitelung gesellschaftlicher Ungerechtigkeit nur darum gehen und nicht darum sie korrekt zu benennen.

Aha. Der Zweck der korrekten Benennung eines gesellschaftlichen Missstands besteht also für dich darin, dass die Leute möglichst nicht darüber nachdenken. Okay, das erklärt natürlich einiges. Mit den Augen rollen
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