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Das PISA-Problem
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RdC
Zyniker



Anmeldungsdatum: 25.11.2004
Beiträge: 740

Beitrag(#222274) Verfasst am: 01.12.2004, 14:16    Titel: Das PISA-Problem Antworten mit Zitat

Sowohl Deutschland und Österreich rutschen immer weiter nach hinten bei den PISA-Studien, was ist das Problem?

Meiner Meinung nach fehlt in den Schulen einfach die Kontrolle. Die Schüler werden von den Lehrern kontrolliert und die Lehrer von niemanden.

Es ist für einen Lehrer der einfachere Weg das Niveau so weit zu senken dass alle ohne Anstrengung mitkommen (= kein Stress mehr am Elternsprechtag, auch weniger Anstrengung für den Lehrer)

In den meisten Ländern gibt es zumindest bei dem Abitur / der Matura offizielle Fragen, die geheim sind und somit zumindest am Abschluss eine gewisse Kontrolle bereitstellen (es ist zwar eigentlich schon zu spät, trotzdem werden sowohl Schüler als auch Lehrer sich bemühen den Stoff durchzunehmen)

Aber bei uns stellen die Lehrer die Fragen bei der mittleren Reife - das Ergebnis: Die Lehrer legen sich ihre Latte selbst (= niedrig)

Meiner Meinung nach wäre es dringend notwendig regelmäßige (z.B. jährliche oder halbjährliche) Prüfungen von externen Prüfern durchzuführen.

Ein weiterer großer Vorteil wäre, dass Lehrer und Schüler nicht mehr gegeneinander sondern miteinander arbeiten, sie sind sozusagen "auf der selben Seite".

Natürlich lassen sich so auch unfähige Lehrer entlassen.
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Wolf
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Anmeldungsdatum: 23.08.2004
Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause

Beitrag(#222284) Verfasst am: 01.12.2004, 14:30    Titel: Antworten mit Zitat

Ich hab jede Woche eine Schularbeit oder einen schriftlichen Test(entspricht glaub ich der deutschen Klausur) zusätzlich zu anderen normalen (mündlichen) Prüfungen(die teilweise an der Grenze der Legalität sind). Ich denke ich hätte genug Stress, wenn ich soviel lernen würde, wie gewollt ist und sämtliche Hausübungen machen würde.
_________________
Trish:(
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RdC
Zyniker



Anmeldungsdatum: 25.11.2004
Beiträge: 740

Beitrag(#222290) Verfasst am: 01.12.2004, 14:49    Titel: Antworten mit Zitat

modorok hat folgendes geschrieben:
Ich hab jede Woche eine Schularbeit oder einen schriftlichen Test(entspricht glaub ich der deutschen Klausur) zusätzlich zu anderen normalen (mündlichen) Prüfungen(die teilweise an der Grenze der Legalität sind). Ich denke ich hätte genug Stress, wenn ich soviel lernen würde, wie gewollt ist und sämtliche Hausübungen machen würde.


Das liegt doch nur daran dass Du Glück/Pech mit den Lehrern hast.

Ich kann mir nicht vorstellen dass du es gut findest dass die Menge die man lernt nur von dem Glück abhängt welchen Lehrer man in den jeweiligen Fach bekommt.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44651

Beitrag(#222355) Verfasst am: 01.12.2004, 17:37    Titel: Re: Das PISA-Problem Antworten mit Zitat

RdC hat folgendes geschrieben:
Sowohl Deutschland und Österreich rutschen immer weiter nach hinten bei den PISA-Studien, was ist das Problem?


Dieses hier habe ich dazu bereits an anderer Stelle geschrieben, die Informationen, auf die ich mich beziehe, stammen aus der Ausgabe von "Die Zeit" vom 25.11.2004.
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"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#222368) Verfasst am: 01.12.2004, 18:06    Titel: Re: Das PISA-Problem Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
RdC hat folgendes geschrieben:
Sowohl Deutschland und Österreich rutschen immer weiter nach hinten bei den PISA-Studien, was ist das Problem?


Dieses hier habe ich dazu bereits an anderer Stelle geschrieben, die Informationen, auf die ich mich beziehe, stammen aus der Ausgabe von "Die Zeit" vom 25.11.2004.

Der Autor des Artikels ist der Ansicht, dass ein überzeugter Linker den Islam nicht als Problem sehen darf und Integrationsprobleme als Einzelfäle abtun muss. Links = Vogelstrauß? Mit den Augen rollen

Der Aspekt des Rummels um die PISA-Studie, der in die altbekannte Werteverfalls-Diskussion einstimmt, wo dann uralte Schubladenkonzepte und Idiotien aufgewärmt werden, gefällt mir auch nicht. Denn IQ und Wortschatz steigen meines Wissens ungebrochen.

Österreich ist im Gegensatz zu Deutschland diesmal aber wirklich abgestürzt, so man den Medien glauben schenken darf.

Aber der direkte Vergleich zwischen den einzelnen Ländern ist ohnehin problematisch. Man sehe sich nur Finnland an:
CIA Factbook hat folgendes geschrieben:

Finn 93%, Swede 6%, Sami 0.11%, Roma 0.12%, Tatar 0.02%

Da gibt es offenbar gar keine Minderheiten, die nicht aus der Region stammen. Wenn alle eine einheimische Sprache sprechen, dann ist es natürlich einfacher.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44651

Beitrag(#222373) Verfasst am: 01.12.2004, 18:14    Titel: Re: Das PISA-Problem Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Der Autor des Artikels ist der Ansicht, dass ein überzeugter Linker den Islam nicht als Problem sehen darf und Integrationsprobleme als Einzelfäle abtun muss. Links = Vogelstrauß? Mit den Augen rollen


Können wir das per PN besprechen?

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Der Aspekt des Rummels um die PISA-Studie, der in die altbekannte Werteverfalls-Diskussion einstimmt, wo dann uralte Schubladenkonzepte und Idiotien aufgewärmt werden, gefällt mir auch nicht.


Mir auch nicht.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Denn IQ und Wortschatz steigen meines Wissens ungebrochen.


Ist das so? Aber es bestätigt einige meiner Theorien auf's Genaueste...
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#222379) Verfasst am: 01.12.2004, 18:28    Titel: Re: Das PISA-Problem Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Der Autor des Artikels ist der Ansicht, dass ein überzeugter Linker den Islam nicht als Problem sehen darf und Integrationsprobleme als Einzelfäle abtun muss. Links = Vogelstrauß? Mit den Augen rollen


Können wir das per PN besprechen?

Ach der Artikel ist also von dir. Lachen

Was du grundsätzlich übersiehst, ist, dass es ganz einfach nicht zur (politischen) Kultur Deutschlands und Österreichs gehört, auf das Positive hinzuweisen. So funktioniert bei uns die Selbstkritik und ohne diese Selbstkritik würde sich nichts verbessern.

Da fällt mir ein witziger Vergleich zwischen amerikanischen, deutschen und japanischen Managern ein.

Wenn ein amerikanischer Manager einen Mitarbeiter kritisiert, dann verpackt er die Kritk (das Fleisch) immer in einer Hülle von Lob (Brot). Beim japanischen Manager ist es nur Brot. Beim Deutschen nur Fleisch.

Über das, womit wir zufrieden sind, verlieren wir halt keine Worte. Mir gefällt diese direkte Art. Allerdings bin ich auch hier aufgewachsen. Dein Artikel enthält übrigens auch nichts aus deiner Sicht Positives über das Thema (den Diskurs zur PISA-Studie).


Zuletzt bearbeitet von Sokrateer am 01.12.2004, 18:35, insgesamt einmal bearbeitet
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DerManfred
ranglos



Anmeldungsdatum: 11.06.2004
Beiträge: 1082
Wohnort: Wien

Beitrag(#222381) Verfasst am: 01.12.2004, 18:34    Titel: Re: Das PISA-Problem Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Der Autor des Artikels ist der Ansicht, dass ein überzeugter Linker den Islam nicht als Problem sehen darf und Integrationsprobleme als Einzelfäle abtun muss. Links = Vogelstrauß? Mit den Augen rollen


Können wir das per PN besprechen?

Ach der Artikel ist also von dir. Lachen

Was du grundsätzlich übersiehst, ist, dass es ganz einfach nicht zur (politischen) Kultur Deutschlands und Österreichs gehört auf das Positive hinzuweisen. So funktioniert bei uns die Selbstkritik und ohne diese Selbstkritik würde sich nichts verbessern.

Da fällt mir ein witziger Vergleich zwischen amerikanischen, deutschen und japanischen Managern ein.

Wenn ein amerikanischer Manager einen Mitarbeiter kritisiert, dann verpackt er die Kritk (das Fleisch) immer in einer Hülle von Lob (das Brot). Beim japanischen Manager ist es nur Brot. Beim Deutschen nur Fleisch.

Über das, womit wir zufrieden sind, verlieren wir halt keine Worte. Mir gefällt diese direkte Art. Allerdings bin ich auch hier aufgewachsen. Dein Artikel enthält übrigens auch nichts aus deiner Sicht Positives über das Thema (den Diskurs zur PISA-Studie).


Damit wir wissen worüber diskutiert wird:
http://www.mpib-berlin.mpg.de/pisa/PISA_im_Ueberblick.pdf

und dann sollten wir über die ergebnisse diskutieren....
Smilie
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44651

Beitrag(#222388) Verfasst am: 01.12.2004, 18:51    Titel: Re: Das PISA-Problem Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Über das, womit wir zufrieden sind, verlieren wir halt keine Worte. Mir gefällt diese direkte Art.


Es gibt einen Unterschied zwischen Offenheit bezüglich Fehlern und Panikmache! Und es gibt einen Unterschied zwischen Optimismus und Kritiklosigkeit!

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Allerdings bin ich auch hier aufgewachsen.


Ich bin auch hier aufgewachsen (ich nehme an, du meinst mit "hier" die BRD). Sehr glücklich

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Dein Artikel enthält übrigens auch nichts aus deiner Sicht Positives über das Thema (den Diskurs zur PISA-Studie).


Der Sinn dieses Satzes erschließt sich mir irgendwie nicht. Schulterzucken
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44651

Beitrag(#222389) Verfasst am: 01.12.2004, 18:52    Titel: Antworten mit Zitat

Scheiße, ich hab' noch nicht wieder ein Programm, das PDFs öffnen kann...
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RdC
Zyniker



Anmeldungsdatum: 25.11.2004
Beiträge: 740

Beitrag(#222390) Verfasst am: 01.12.2004, 18:52    Titel: Re: Das PISA-Problem Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:

Österreich ist im Gegensatz zu Deutschland diesmal aber wirklich abgestürzt, so man den Medien glauben schenken darf.

Aber der direkte Vergleich zwischen den einzelnen Ländern ist ohnehin problematisch. Man sehe sich nur Finnland an:
CIA Factbook hat folgendes geschrieben:

Finn 93%, Swede 6%, Sami 0.11%, Roma 0.12%, Tatar 0.02%

Da gibt es offenbar gar keine Minderheiten, die nicht aus der Region stammen. Wenn alle eine einheimische Sprache sprechen, dann ist es natürlich einfacher.


Das mag schon sein, dass das einen gewissen Einfluß/Anteil am Problem hat, totzdem ist das Hauptproblem noch immer mangelnde Kontrolle.

Warum sollte ein Lehrer überhaupt wissen vermitteln wenn er es sich auch einfacher machen kann?
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#222407) Verfasst am: 01.12.2004, 19:57    Titel: Re: Das PISA-Problem Antworten mit Zitat

RdC hat folgendes geschrieben:
Das mag schon sein, dass das einen gewissen Einfluß/Anteil am Problem hat, totzdem ist das Hauptproblem noch immer mangelnde Kontrolle.

Warum sollte ein Lehrer überhaupt wissen vermitteln wenn er es sich auch einfacher machen kann?


England führt zentrale Prüfungen am Ende der Mittel- und Oberstufe durch. Ich sehe die Vorteile, es gibt aber auch Nachteile. Einer ist, dass im Unterricht nur noch auf die Prüfungen hingearbeitet wird. Es gibt in England Schulen, in denen der Rektor es den Englischlehrern untersagt, mit den Schüler Theaterprojekte durchzuführen, weil man sich schlechte Ergebnisse beim GCSE-Examen nicht leisten könne. Theater spielen verschlechtert also die Sprachkompetenz. Aha. In diesem Zusammenhang ist es interessant zu wissen, dass auch die Laborschule Bielefeld am Pisa-Test teilgenommen hat, und zwar mit sehr guten Ergebnissen. Hier setzt man auf gemeinsamen, projektorientierten Unterricht. Ich finde es interessant, dass im Zusammenhang mit den schlechten Pisa-Ergebnissen in Deutschland gerne über Kontrolle und Selektion geredet wird, aber wenig über Unterricht, Didaktik und Pädagogik. Ich frage mich auch, was externe Leistungskontrollen in Schulen bringen sollen, in denen Lehrer von ihren Schülern im Unterricht geschlagen werden. Die Vorstellung, dass die Schüler auf einmal im Unterricht mitarbeiten, weil sie ja sonst bei einer externen Leistungskontrolle durchfallen könnten, halte ich für naiv. Ich kenne und kannte genug Haupt- und Sonderschüler, denen sehr wohl klar war, dass sie wahrscheinlich keinen Schulabschluss erlangen würden, externe Prüfungen hin oder her. Darunter waren Jungs, die sich höchst erstaunt gaben, dass Körperverletzung in Deutschland verboten ist, und mit Gefängnis bestraft werden kann. O-Ton: "Das kann überhaupt nicht sein. Bei mir in der Schule wird jeden Tag einer zusammengeschlagen. Dann müssten wir ja alle im Knast sitzen." Vielleicht wäre es nützlich, wenn Schulen keine rechtsfreien Räume mehr wären. Vielleicht könnte sich mancher Schüler besser auf den Unterricht konzentrieren, wenn er sich keine Gedanken darüber machen müsste, wie er die nächste Pause oder den Heimweg überstehen kann. Die Sonderschulen haben übrigens bei Pisa gar nicht erst mitgemacht. Im Spitzenland Finnland gibt es in den ersten 8 Jahren keine Noten. Eigentlich müsste das all denen zu denken geben, die Leistungskontrollen für den Königsweg zur Bildung halten. Die deutsche Pisa-Diskussion ist unglaublich provinziell. Statt zu schauen, was im Ausland gut funktioniert, beschäftigen sich unsere Bildungspolitiker schwerpunktmäßig mit Pisa-E, dem innerdeutschen Vergleich. Die innerdeutsch guten Ergebnisse von Bayern sollen dann als Beweis dafür herhalten, dass man dort bildungspolitisch auf dem richtigen Weg ist. Und wenn dann doch jemand ins Ausland schaut, pickt er sich das raus, was ihm ideologisch in den Kram passt. Da wird dann auch schon mal behauptet, größere Klassen hätten keine negativen Auswirkungen, da Südkorea auch große Klassen habe. Faszinierend finde ich auch, dass mehr oder weniger offen vermutet wird, die Faulheit der Lehrer sei Ursache für unser schlechtes Abschneiden. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass wir uns mit Lernstandserhebungen befassen, statt endlich für vernünftige Zustände an unseren Schulen zu sorgen. Ich empfehle allen Kontrollfanatikern, einmal in einer Hauptschule ihrer Nachbarschaft aufs Klo zu gehen. Wir Deutschen scheinen zu glauben, dass Lehrer um so besser arbeiten, je mehr Geringschätzung man ihnen entgegenbringt. Nach meiner Erfahrung hören Kinder in vielen Familien, dass ihr unfähiger Lehrer für ihre Schulprobleme verantwortlich ist. Kein Wunder, wenn die im Unterricht wenig darauf geben, was ihr Lehrer sagt. Es geht in Deutschland gar nicht mehr darum, ob ein Lehrer im Unterricht viel durchnimmt oder lieber eine ruhige Kugel schiebt. In zahllosen Klassen sind die Lehrer den größten Teil der Stunden damit beschäftigt, den Lärmpegel wenigstens vorrübergehend so weit zu senken, dass eine mündliche Verständigung mit der Klasse möglich wird.
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Sokrateer
souverän



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Beitrag(#222421) Verfasst am: 01.12.2004, 20:16    Titel: Re: Das PISA-Problem Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Allerdings bin ich auch hier aufgewachsen.


Ich bin auch hier aufgewachsen (ich nehme an, du meinst mit "hier" die BRD). Sehr glücklich

So weit kommts noch! Nein, ich bin kein Piefkistani, sondern vielmehr Wiener. Wir nörgeln und meckern auch andauernd, nehmen's aber mit Galgenhumor. zwinkern

Tarvoc hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Dein Artikel enthält übrigens auch nichts aus deiner Sicht Positives über das Thema (den Diskurs zur PISA-Studie).


Der Sinn dieses Satzes erschließt sich mir irgendwie nicht. Schulterzucken

Welche positiven Aspekte siehst du an der aktuellen Debatte um das Schulsystem? Mir gefällt die Diskussion sehr gut, da grundsätzlich diskutiert wird, wie man das Schulsystem umkrempeln kann und was von den skandinavischen Ländern gelernt werden kann.

Da widerspreche ich übrigens RdC. Ich bezweifle, dass lediglich die Einführung einer Kontrolle etwas verändert. In Österreich müssen die schriftlichen Maturafragen der Lehrer von der Behörde abgesegnet werden soweit ich weiß. Außerdem sitzt bei der Prüfung ein Direktor von einer anderen Schule dabei, der Einfluß auf die Benotung nehmen kann.

In dem Zusammenhang wird auch immer das lustige Gschichtl von einem Russisch-Lehrer erzählt, der den Schülern empfahl bei der Prüfung im Zweifel die Wochentage auf russisch zu aufzuzählen. Die zuständige Aufsichtsperson würde das ohnehin nicht merken. Bis eines Tages einer dann doch russisch konnte .....
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Wolf
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Beitrag(#222461) Verfasst am: 01.12.2004, 20:52    Titel: Antworten mit Zitat

RdC hat folgendes geschrieben:
modorok hat folgendes geschrieben:
Ich hab jede Woche eine Schularbeit oder einen schriftlichen Test(entspricht glaub ich der deutschen Klausur) zusätzlich zu anderen normalen (mündlichen) Prüfungen(die teilweise an der Grenze der Legalität sind). Ich denke ich hätte genug Stress, wenn ich soviel lernen würde, wie gewollt ist und sämtliche Hausübungen machen würde.


Das liegt doch nur daran dass Du Glück/Pech mit den Lehrern hast.

Ich kann mir nicht vorstellen dass du es gut findest dass die Menge die man lernt nur von dem Glück abhängt welchen Lehrer man in den jeweiligen Fach bekommt.

Nein, aber mehr Prüfüngen führen zu nichts, wenn die von dir vorgeschlagenen Prüfungen eingeführt werden sollten, dann müßten andere Prüfungen abgeschaft werden. Auch wenn ich diese(von dir vorgeschlagenen) Prüfungen nicht schlecht heiße könnte ich mir vorstellen, dass zumindest in der ersten Testphase Projekte darunter leiden könnten, da die Zeit dazu fehlt, was nicht an der Idee selbst liegen mag, sondern weil sie von irgendeinem Bürokratenheini umgesetzt würde und die grundsetzlich alles ein bisschen verwursteln. Also die Idee ist nicht schlecht: aber es müssen andere Prüfungen dafür abgeschafft werden und es muss noch Zeit für Stoff auserhalb des Lehrplanes bzw Projekten bleiben.
Zur Pisastudie nun ich zweifle zwar nicht, dass die Skandinavier das bessere Schulsystem haben, aber ihr Lesevorteil läst sich auch dadurch erklären, dass im ihr Fernseh fast ausschlielich auf Englisch mit UNTERTITELN läuft.
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Tarvoc
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Beitrag(#222481) Verfasst am: 01.12.2004, 21:19    Titel: Re: Das PISA-Problem Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Welche positiven Aspekte siehst du an der aktuellen Debatte um das Schulsystem?


Da ich Dissoziierer bin, sind mir die positiven Aspekte des "Meckerns" durchaus bekannt:
1. Es könnte zu einer erhöhten Arbeitsbereitschaft von Schülern und Lehrern führen.
2. Es könnte zu schon ewig fälligen Schulsystem-Reformen führen.

Da in Deutschland aber im Moment ohnehin eine depressive Stimmung herrscht, könnten auch die gegenteiligen Effekte eintreten: Die Schüler und Lehrer könnten massiv demotiviert werden und die Politiker sich in ewig langen Schwachsinnsreformen verlieren.

Wogegen ich mich wehre, ist nicht die kritische Betrachtungsweise, sondern die überzogene Panikmache. Es werden Informationen schlichtweg verschwiegen oder falsch wiedergegeben, um die Depressionsstimmung noch mehr zu befriedigen - siehe die vier herausgestellten Punkte, die ich in dem Link nenne.
Wenn man einem Schüler sagt, dass er schlecht ist und sich mehr anstrengen muss, dann wird er das meist auch tun. Wenn man aber einem Schüler nach mehr oder weniger erfolgreicher Verbesserung sagt, er sei immer noch ein Verlierer, der nichts hin bekäme, dann wird ihn das eher demotivieren!

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Mir gefällt die Diskussion sehr gut, da grundsätzlich diskutiert wird, wie man das Schulsystem umkrempeln kann und was von den skandinavischen Ländern gelernt werden kann.


Das habe ich auch als positiven Effekt bemerkt.
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Der unbekannte Gott
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Wohnort: Das alte Europa

Beitrag(#222558) Verfasst am: 01.12.2004, 23:34    Titel: Antworten mit Zitat

Vielleicht gehen die Einzelleistungen ja immer mehr auseinander: Die wenigen, die überhaupt noch irgendetwas machen, werden immer intelligenter, alle anderen immer dümmer...
Vielleicht...

Das Problem sind nicht die Dummen Menschen, sondern ihre relative Anzahl.
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"Unwissenden scheint, wer Weises sagt, nicht klug zu sein." (Euripides)
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#222564) Verfasst am: 01.12.2004, 23:43    Titel: Antworten mit Zitat

Der unbekannte Gott hat folgendes geschrieben:
Vielleicht gehen die Einzelleistungen ja immer mehr auseinander: Die wenigen, die überhaupt noch irgendetwas machen, werden immer intelligenter, alle anderen immer dümmer...
Vielleicht...

Das Problem sind nicht die Dummen Menschen, sondern ihre relative Anzahl.


Unser selektives Schulwesen wird ja gerne mit der Behauptung verteidigt, die Begabten hätten Anspruch auf bestmögliche Förderung, die ihnen nur in der leistungshomogenen Gruppe eines Gymnasiums zuteil werden könne. Wenn das wahr wäre, müssten deutsche Gymnasien bei PISA Spitzenleistungen liefern. Tatsächlich sind die Leistungen zufriedenstellend aber nicht überragend. Auch Begabtenförderung bekommen andere Länder besser hin.
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Wolf
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Anmeldungsdatum: 23.08.2004
Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause

Beitrag(#222571) Verfasst am: 01.12.2004, 23:52    Titel: Antworten mit Zitat

Der unbekannte Gott hat folgendes geschrieben:
Vielleicht gehen die Einzelleistungen ja immer mehr auseinander: Die wenigen, die überhaupt noch irgendetwas machen, werden immer intelligenter, alle anderen immer dümmer...
Vielleicht...

Das Problem sind nicht die Dummen Menschen, sondern ihre relative Anzahl.

Ich sehe das Problem eher in der sehr späten Spezialisierung, als in der Dummheit. Auch wenn Dummheit gedeihen mag, in der 6,7Klasse wird sie meist aussortiert.
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RdC
Zyniker



Anmeldungsdatum: 25.11.2004
Beiträge: 740

Beitrag(#222602) Verfasst am: 02.12.2004, 01:22    Titel: Re: Das PISA-Problem Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:

England führt zentrale Prüfungen am Ende der Mittel- und Oberstufe durch. Ich sehe die Vorteile, es gibt aber auch Nachteile. Einer ist, dass im Unterricht nur noch auf die Prüfungen hingearbeitet wird. Es gibt in England Schulen, in denen der Rektor es den Englischlehrern untersagt, mit den Schüler Theaterprojekte durchzuführen, weil man sich schlechte Ergebnisse beim GCSE-Examen nicht leisten könne. Theater spielen verschlechtert also die Sprachkompetenz. Aha.


Das ist kein Nachteil weil man natürlich auch Fächer wie Bildnerische Erziehung, Musikerziehung usw. hat, wo man keine Prüfungen braucht und wo man solche Projekte auch einbauen kann.

Zitat:
In diesem Zusammenhang ist es interessant zu wissen, dass auch die Laborschule Bielefeld am Pisa-Test teilgenommen hat, und zwar mit sehr guten Ergebnissen. Hier setzt man auf gemeinsamen, projektorientierten Unterricht.


In solchen Schulen kommen hochmotivierte Lehrer und Schüler zusammen, das läßt sich meineserachtens nicht auf alle Schulen umlegen.

Aber wenn die dort so gut sind sollten auch externe Prüfungen kein Problem sein.

Ganz im Gegenteil: Externe Prüfungen erlauben auch eine objektive Beurteilung von neuen/anderen Unterrichtsmethoden, was ja sonst unmöglich ist!

Du bringst das beste Beispiel, führst du doch die PISA-Studie an (die auch eine externe Prüfung ist)! Ohne externe Prüfung hätte niemand eine Ahnung wie gut die Projektschule Bielefeld denn nun wirklich ist.

Zitat:
Ich finde es interessant, dass im Zusammenhang mit den schlechten Pisa-Ergebnissen in Deutschland gerne über Kontrolle und Selektion


Ja wo denn?

Ich habe noch in keinen öffentlichem Medium (Fernsehen, Zeitung) etwas positives über Kontrolle und Selektion gehört, im Gegenteil, es wird ständig über Integrationsschulen, Abschaffung von allen Noten und auch die Abschaffung des "Sitzenbleibens" (= das genaue Gegenteil der Selektion) geredet (zumindest hier in Österreich, aber was ich so von den deutschen Medien mitbekomme ist es in DE ähnlich)

Ich würde gerne wissen wovon du überhaupt redest.

Hat es in den letzten 10 Jahren irgendeine pro-Selektions und/oder pro-Kontrolle Forderung überhaupt gegeben?

Die Forderungen, von denen ich in AT gehört habe sind:

- Abschaffen des Sitzenbleibens (= contra Selektion)
- Abschaffen von Noten (= noch weniger Kontrolle)
- Mehr integration von geistig Behinderten (selbstverständlich ohne Kontrolle der Leistungen)

Also nochmal:

Von welchen Forderungen redest du überhaupt?

Zitat:
geredet wird, aber wenig über Unterricht, Didaktik und Pädagogik.


Genau das ist der Denkfehler.

Unterricht, Didaktik und Pädagogik kann von der Politik nicht verordnet werden, diese Dinge sind in einer politischen Diskussion also OFFTOPIC.

Du schreibst ja selber dass man durch die PISA-Studie neue Unterrichtsmethoden mit den herkömmlichen vergleichen kann.

Ohne Standards und ohne Kontrolle kann man nichts vergleichen und jeder pädagogischer Versuch ist ein Schuß ins dunkle.

Zitat:
Ich frage mich auch, was externe Leistungskontrollen in Schulen bringen sollen, in denen Lehrer von ihren Schülern im Unterricht geschlagen werden.


Das sind nun wirklich Einzelfälle - Aber stimmt, das hat mit externer Leistungskontrolle nichts zu tun, die Leistungskontrolle wird da nichts bringen (aber auch nichts schaden, weils ja ein davon unabhängiges Problem ist)

Zitat:
Die Vorstellung, dass die Schüler auf einmal im Unterricht mitarbeiten, weil sie ja sonst bei einer externen Leistungskontrolle durchfallen könnten, halte ich für naiv. Ich kenne und kannte genug Haupt- und Sonderschüler, denen sehr wohl klar war, dass sie wahrscheinlich keinen Schulabschluss erlangen würden, externe Prüfungen hin oder her.


Externe Prüfungen würden jedenfalls das Problem einmal vor Augen führen.
Problemerkennung ist der erste Weg zur Problembeseitigung.

Ohne externe Überprüfung gibt es aber nicht mal eine Problemerkennung und auch keine Skala an der man Initiativen messen kann.

Wenn z.B. heute eine Schule durch irgendwelche neuen Methoden die Schüler doch motivieren kann, dann würde das heute wohl kaum mehr als lokale Berühmtheit erlangen. Andere Lehrer und Schulen wäre es relativ egal.

Mit externen Kontrollen gäbe es aber eine Motivation sich die Erfolge einer Schule genauer anzusehen und gute Ideen usw. eventuell zu übernehmen.

Ohne Kontrolle ist das unmöglich und alles geht so weiter wie bisher.

Zitat:
Darunter waren Jungs, die sich höchst erstaunt gaben, dass Körperverletzung in Deutschland verboten ist, und mit Gefängnis bestraft werden kann. O-Ton: "Das kann überhaupt nicht sein. Bei mir in der Schule wird jeden Tag einer zusammengeschlagen. Dann müssten wir ja alle im Knast sitzen." Vielleicht wäre es nützlich, wenn Schulen keine rechtsfreien Räume mehr wären. Vielleicht könnte sich mancher Schüler besser auf den Unterricht konzentrieren, wenn er sich keine Gedanken darüber machen müsste, wie er die nächste Pause oder den Heimweg überstehen kann.


Das sind ebenfalls Probleme, die nur indirekt damit zu tun haben.

Zitat:
Die Sonderschulen haben übrigens bei Pisa gar nicht erst mitgemacht. Im Spitzenland Finnland gibt es in den ersten 8 Jahren keine Noten. Eigentlich müsste das all denen zu denken geben, die Leistungskontrollen für den Königsweg zur Bildung halten. Die deutsche Pisa-Diskussion ist unglaublich provinziell. Statt zu schauen, was im Ausland gut funktioniert, beschäftigen sich unsere Bildungspolitiker schwerpunktmäßig mit Pisa-E, dem innerdeutschen Vergleich. Die innerdeutsch guten Ergebnisse von Bayern sollen dann als Beweis dafür herhalten, dass man dort bildungspolitisch auf dem richtigen Weg ist. Und wenn dann doch jemand ins Ausland schaut, pickt er sich das raus, was ihm ideologisch in den Kram passt.


So wie du Finnland?

Zitat:
Da wird dann auch schon mal behauptet, größere Klassen hätten keine negativen Auswirkungen, da Südkorea auch große Klassen habe. Faszinierend finde ich auch, dass mehr oder weniger offen vermutet wird, die Faulheit der Lehrer sei Ursache für unser schlechtes Abschneiden. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass wir uns mit Lernstandserhebungen befassen, statt endlich für vernünftige Zustände an unseren Schulen zu sorgen. Ich empfehle allen Kontrollfanatikern, einmal in einer Hauptschule ihrer Nachbarschaft aufs Klo zu gehen. Wir Deutschen scheinen zu glauben, dass Lehrer um so besser arbeiten, je mehr Geringschätzung man ihnen entgegenbringt. Nach meiner Erfahrung hören Kinder in vielen Familien, dass ihr unfähiger Lehrer für ihre Schulprobleme verantwortlich ist. Kein Wunder, wenn die im Unterricht wenig darauf geben, was ihr Lehrer sagt. Es geht in Deutschland gar nicht mehr darum, ob ein Lehrer im Unterricht viel durchnimmt oder lieber eine ruhige Kugel schiebt. In zahllosen Klassen sind die Lehrer den größten Teil der Stunden damit beschäftigt, den Lärmpegel wenigstens vorrübergehend so weit zu senken, dass eine mündliche Verständigung mit der Klasse möglich wird.


Was schlägst du als Lösung vor?

Woran willst du messen ob eine neue Methode erfolgreich ist oder nicht?

Ich habe nämlich auch das Gefühl dass sich manche das herauspicken was ihnen in den Kram passt und sich gegen jede Kontrolle querlegen - aus Angst dass das was sie da wollen vielleicht doch nicht so funktioniert wie sie glauben.
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RdC
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Anmeldungsdatum: 25.11.2004
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Beitrag(#222603) Verfasst am: 02.12.2004, 01:36    Titel: Antworten mit Zitat

modorok hat folgendes geschrieben:

Nein, aber mehr Prüfüngen führen zu nichts, wenn die von dir vorgeschlagenen Prüfungen eingeführt werden sollten, dann müßten andere Prüfungen abgeschaft werden.


Ich hatte in den Hauptfächern 3 Schularbeiten pro Semester, wenn man eine davon extern durchführt würde sich die Anzahl nicht ändern.

Zitat:
Auch wenn ich diese(von dir vorgeschlagenen) Prüfungen nicht schlecht heiße könnte ich mir vorstellen, dass zumindest in der ersten Testphase Projekte darunter leiden könnten, da die Zeit dazu fehlt, was nicht an der Idee selbst liegen mag, sondern weil sie von irgendeinem Bürokratenheini umgesetzt würde und die grundsetzlich alles ein bisschen verwursteln. Also die Idee ist nicht schlecht: aber es müssen andere Prüfungen dafür abgeschafft werden und es muss noch Zeit für Stoff auserhalb des Lehrplanes bzw Projekten bleiben.
Zur Pisastudie nun ich zweifle zwar nicht, dass die Skandinavier das bessere Schulsystem haben, aber ihr Lesevorteil läst sich auch dadurch erklären, dass im ihr Fernseh fast ausschlielich auf Englisch mit UNTERTITELN läuft.


Naja, England Australien, Kanada und Irland sind auch weit vorne.
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RdC
Zyniker



Anmeldungsdatum: 25.11.2004
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Beitrag(#222604) Verfasst am: 02.12.2004, 01:41    Titel: Re: Das PISA-Problem Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:

Da widerspreche ich übrigens RdC. Ich bezweifle, dass lediglich die Einführung einer Kontrolle etwas verändert. In Österreich müssen die schriftlichen Maturafragen der Lehrer von der Behörde abgesegnet werden soweit ich weiß. Außerdem sitzt bei der Prüfung ein Direktor von einer anderen Schule dabei, der Einfluß auf die Benotung nehmen kann.


Und weil sehr oft "Hinweise" gegeben werden, welcher Stoff kommt und manchmal die Schüler die Fragen schon vorher verraten bekommen ist das wirklich eine wunderbare Möglichkeit sich selbst zu belügen und zu betrügen. (Ja, ich hab' selbst Matura in Österreich gemacht)

Das ist keine Kontrolle und selbst wenn es eine wäre, wäre es bei der Matura schon zu spät.

Zitat:
In dem Zusammenhang wird auch immer das lustige Gschichtl von einem Russisch-Lehrer erzählt, der den Schülern empfahl bei der Prüfung im Zweifel die Wochentage auf russisch zu aufzuzählen. Die zuständige Aufsichtsperson würde das ohnehin nicht merken. Bis eines Tages einer dann doch russisch konnte .....


Ja von genau solchen Zuständen rede ich...

Bei einer externen Prüfung müssen natürlich auch die Fragen von extern kommen und auch extern beurteilt werden. Eigentlich hatte ich das als selbstverständlich vorausgesetzt.
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Shadaik
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Beitrag(#222790) Verfasst am: 02.12.2004, 17:16    Titel: Antworten mit Zitat

Interessantes Lehrstück über Polemik(Faktum):

PISA I: Deutschland schneidet schlehcter ab als je zuvor (es gab nie zuvor eine PISA-Studie)
PISA II: Deutschland wird immer schlechter in der PISA-Studie (Deutschland steht mW in PISA II genau da, wo es in PISA I auch stand)
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Wygotsky
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Beitrag(#223250) Verfasst am: 03.12.2004, 18:41    Titel: Antworten mit Zitat

RdC hat folgendes geschrieben:
Ich hatte in den Hauptfächern 3 Schularbeiten pro Semester, wenn man eine davon extern durchführt würde sich die Anzahl nicht ändern.


In England laufen die zentralen Prüfungen anders ab. Was du während des Schuljahres machst, ist wurscht. Die Schule verleiht dir keine Qualifikation, und somit sind auch deine Leistungen im Unterricht irrelevant. Relevant ist einzig und allein deine Leistung in der zentralen Prüfung am Ende Schulzeit. Es ist eine andere Art des Lernens. Du informierst dich, was in der Prüfung drankommen kann, und nach welchen Kriterien gewertet wird. Und genau das kloppst du dir in die Birne. Wenn du ein cleverer Typ bist, weißt du auch, welche Standpunkte du besser nicht vertrittst, auch wenn du sie argumentativ gut belegen kannst. Mit einer gewissen Portion Zynismus kann man das sogar als nützliche Vorbereitung für die spätere Arbeitswelt betrachten.
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Wygotsky
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Beitrag(#223253) Verfasst am: 03.12.2004, 18:47    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Interessantes Lehrstück über Polemik(Faktum):

PISA I: Deutschland schneidet schlehcter ab als je zuvor (es gab nie zuvor eine PISA-Studie)
PISA II: Deutschland wird immer schlechter in der PISA-Studie (Deutschland steht mW in PISA II genau da, wo es in PISA I auch stand)


Interessant ist die Behauptung, diesmal sei auch die vorschulische Bildung im Rahmen der Pisa-Studie untersucht worden. Wenn man das als Laie hört, könnte man meinen, die Kompetenzen deutscher Vorschulkinder seien im Rahmen der Pisa-Studie untersucht und international verglichen worden. Natürlich hat so etwas nicht stattgefunden. Die "Analyse" läuft etwa auf dem Niveau "andere Länder geben soundsoviel Geld für vorschulische Bildung aus und Deutschland nur soundsoviel". Ob deutsche Vorschulkinder besser oder schlechter gebildet sind als Kinder in anderen Ländern, und was überhaupt gemeinsame Grundlage für einen solchen Vergleich sein könnte, das weiß kein Mensch.
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Wygotsky
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Beitrag(#223289) Verfasst am: 03.12.2004, 21:09    Titel: Antworten mit Zitat

RdC hat folgendes geschrieben:
Das ist kein Nachteil weil man natürlich auch Fächer wie Bildnerische Erziehung, Musikerziehung usw. hat, wo man keine Prüfungen braucht und wo man solche Projekte auch einbauen kann.


Im Klartext: Projektarbeit und musische Bildung sind ganz nett, aber eigentlich keine richtige Bildung, denn mit Qualifikationen und Berufszugängen honorieren wir nur das, was im Rahmen zentraler Prüfungen abfragbar ist.

RdC hat folgendes geschrieben:
In solchen Schulen kommen hochmotivierte Lehrer und Schüler zusammen, das läßt sich meineserachtens nicht auf alle Schulen umlegen.


Die Laborschule Bielefeld ist eine Gesamtschule. Von einer handverlesenen Schülerschaft kann keine Rede sein. Dass die Lehrer, die dort arbeiten, sich hinsichtlich ihrer Motivation von anderen Lehrern unterscheiden, kann schons sein. Man könnte in diesem Zusammenhang aber einmal die Frage stellen, warum diese hochmotivierten Lehrer an dieser Schule arbeiten wollen und nicht an einer Regelschule.

RdC hat folgendes geschrieben:
Aber wenn die dort so gut sind sollten auch externe Prüfungen kein Problem sein.


Sind sie auch nicht. Die Pisa-Studie hat ja festgestellt, das sie gut sind. Nur sind sie eben nicht dadurch gut, dass sie geprüft wurden, sondern dadurch, wie sie arbeiten. Genau darüber wird aber nicht geredet, sondern über Prüfungen und Kontrollen. Wer hat denn bitte schon einmal von der Laborschule Bielefeld gehört? Was nützen gute Leistungen eigentlich, wenn sie totgeschwiegen werden und nicht als Vorbild für andere dienen sollen?

RdC hat folgendes geschrieben:
Ganz im Gegenteil: Externe Prüfungen erlauben auch eine objektive Beurteilung von neuen/anderen Unterrichtsmethoden, was ja sonst unmöglich ist!

Du bringst das beste Beispiel, führst du doch die PISA-Studie an (die auch eine externe Prüfung ist)! Ohne externe Prüfung hätte niemand eine Ahnung wie gut die Projektschule Bielefeld denn nun wirklich ist.


Ja. Nur geht es an dieser Stelle nicht weiter. Nun müssten wir eigentlich darüber diskutieren, welche Strukturen und Methoden gute Ergebnisse liefern, und uns bemühen, so zu arbeiten wie die Erfolgreichen. Tatsächlich läuft es in D darauf hinaus, alles beim Alten zu belassen, aber schärfer und extern zu kontrollieren. Externe Prüfungen sind die Diagnose und nicht die Therapie.

RdC hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Ich finde es interessant, dass im Zusammenhang mit den schlechten Pisa-Ergebnissen in Deutschland gerne über Kontrolle und Selektion


Ja wo denn?

Ich habe noch in keinen öffentlichem Medium (Fernsehen, Zeitung) etwas positives über Kontrolle und Selektion gehört, im Gegenteil, es wird ständig über Integrationsschulen, Abschaffung von allen Noten und auch die Abschaffung des "Sitzenbleibens" (= das genaue Gegenteil der Selektion) geredet (zumindest hier in Österreich, aber was ich so von den deutschen Medien mitbekomme ist es in DE ähnlich)

Ich würde gerne wissen wovon du überhaupt redest.


Zum Beispiel davon, dass man darüber nachdenkt, externe Prüfungen am Ende der Schulzeit einzuführen, aber eben am selektiven Schulwesen, am Sitzenbleiben, an früher Benotung, großen Klassen, Unterrichtsausfall, überalterten Lehrerkollegien und zahlreichem anderen Blödsinn festhält, weil dies "bewährte Strukturen" seien. Pisa hat gezeigt, dass diese Strukturen sich eben nicht bewähren.

Zum Beispiel daran, dass jetzt in NRW sogenannte Lernstandserhebungen durchgeführt werden. Die Korrektur der Tests wurde den Lehrern aufgehalst. Es genügt aber nicht, einfach nur zu ermitteln, wieviele Aufgaben der Schüler korrekt gelöst hat, nein, die Fehler der Schüler müssen nach einem komplizierten System klassifiziert werden, so dass pro Test, Fach und Schüler locker 2 Stunden Korrekturzeit anfallen. All das soll angeblich helfen, die Probleme an unseren Schulen genauer zu diagnostizieren. Als wüsste man nicht, woran es liegt, dass deutsche Schüler schlechte Leistungen erbringen.

Die OECD hat Empfehlungen gegeben, wie Deutschland sein Bildungssystem reformieren sollte, um in Zukunft besser abzuschneiden. Die setzen wir aber nicht um, sondern wir diskutieren um Leistungsmessung. Leistungsmessung ist keine Bildung. Bildung findet nicht dort statt, wo etwas gemessen wird, sondern wo Menschen etwas lehren und lernen. Genau darüber reden wir aber nicht.

Und das ist auch kein Wunder, denn unsere Entscheidungsträger betrachten Bildung als lästigen Kostenfaktor und nicht als Investition.

Wären Deutschlands Schüler bei gleichen Leistungen im oberen Drittel der Pisa-Studie gelandet, hätten sich alle gegenseitig die Schultern geklopft.

RdC hat folgendes geschrieben:
Hat es in den letzten 10 Jahren irgendeine pro-Selektions und/oder pro-Kontrolle Forderung überhaupt gegeben?


Wie denn? Deutschland ist Weltmeister im frühen Selektieren und Benoten.

RdC hat folgendes geschrieben:
Die Forderungen, von denen ich in AT gehört habe sind:
- Abschaffen des Sitzenbleibens (= contra Selektion)
- Abschaffen von Noten (= noch weniger Kontrolle)
- Mehr integration von geistig Behinderten (selbstverständlich ohne Kontrolle der Leistungen).

Also nochmal:

Von welchen Forderungen redest du überhaupt?


In Deutschland käme noch die Forderung nach Abschaffung des selektiven Schulwesen dazu und die nach einer Verlagerung der Bildungsinvestitionen von der gymnasialen Oberstufe in die Grundschule. Merkwürdigerweise wird im Zusammenhang mit der Pisa-Studie immer wieder davon geredet, die vorschulische Bildung zu verbessern, obwohl die Kompetenzen von Vorschulkindern im Rahmen der Pisa-Studie gar nicht erfasst wurden.

Sinnvolle Forderungen werden in letzter Zeit in der Tat häufig gestellt. Die entscheidende Frage ist: Was passiert tatsächlich?

Beispiel: NRW publiziert eine Bildungsvereinbarung für den Vorschulbereich und ein Schulfähigkeitsprofil. (Die beiden sind übrigens nicht aufeinander abgestimmt.) Nun steht in der Bildungsvereinbarung durchaus sinnvolles drin, was im Kindergarten stattfinden sollte, und in guten Einrichtungen auch längst stattfindet. Ich habe in den letzten Jahren in solch einer Einrichtung gearbeitet. Abgesehen davon, dass meine Landesregierung Papier bedruckt hat, was Kinder im Kindergarten lernen sollen, hat sie:
- Die Zuschüsse für Sachkosten und Materialien gekürzt. Nächstes Jahr werden sie wieder gekürzt.
- Es gibt Stundenkürzungen beim Personal.
- Die Gruppen müssen zunehmend Wickelkinder aufnehmen, ohne dass dieser Mehraufwand in irgendeiner Form berücksichtigt wird. Statt Bildungsarbeit zu leisten, verbringe ich nun den größten Teil meiner Zeit mit pflegerischen Tätigkeiten.
- Die offene Ganztagsschule eingeführt, die durch Schließung der bislang vorhandenen Kinderhorte und Schulkinderhäuser finanziert werden soll. Für Horte und Schulkinderhäuser galt das Kindertagesstättengesetz, das gewisse Qualitätsstandards vorschrieb. Diese erst vor wenigen Jahren eingeführten Standards werden durch die offene Ganztagsschule unterlaufen. Ich kenne ein Schulkinderhaus, das demnächst mit dem selben Personal die vierfache Anzahl Kinder betreuen soll, nur dass es dann offene Ganzstagsschule heißen wird, denn als Schulkinderhaus wäre so etwas ungesetzlich. Die offenen Ganzstagsschulen sind aber Grundschulen. An weiterführenden Schulen passiert nichts.
- Es gibt eine Reihe von Änderungen in der Grundschule: Zum Beispiel die flexible Schuleingangsphase, bei der ein Kind die ersten 2 Schuljahre je nach individuellem Vermögen in 1-3 Jahren durchlaufen kann. Nun hat die IGLU-Studie ergeben, dass die Leistungen deutscher Grundschüler im internationalen Vergleich ganz gut sind. Unsere Probleme beginnen offenbar in der weiterführenden Schule. Genau dort wird aber nichts geändert.

RdC hat folgendes geschrieben:
Zitat:
geredet wird, aber wenig über Unterricht, Didaktik und Pädagogik.


Genau das ist der Denkfehler.

Unterricht, Didaktik und Pädagogik kann von der Politik nicht verordnet werden, diese Dinge sind in einer politischen Diskussion also OFFTOPIC.


Die Politik kann Einfluss auf die Lehrerausbildung nehmen, also zum Beispiel darauf, ob Lehramtsstudenten überhaupt praxisrelevante Dinge lernen. Sie bestimmt zum Beispiel, ob Referendare noch im eigentlichen Sinne ausgebildet werden, oder ob sie als Billiglehrer sofort "bedarfsdeckenden Unterricht" geben. Die Politik bestimmt die Einstellungspraxis, also zum Beispiel, ob junge Absolventen überhaupt in den Schuldienst gehen können, oder ob die Kollegien veralten. Sie bestimmt, welche Aufgaben ein Lehrer neben Unterrichten, Vorbereiten, Nachbereiten und Korregieren noch übernehmen muss. Sie bestimmt, ob an Schulen Hilfskräfte eingesetzt werden, die den Lehrer entlasten, so dass er für seine eigentlichen Aufgaben mehr Zeit hat. Sie bestimmt ob es Personalreserven gibt, so dass es nicht zu massiven Unterrichtsausfällen kommen muss. Sie bestimmt, ob Schulgebäude renoviert und saniert werden können, oder ob Schüler in Containern und Barracken unterrichtet werden. Sie bestimmt, ob Schüler an ihrer Schule die Möglichkeit haben, eine Toilette aufzusuchen. Sie bestimmt die Schulformen, die gesamte Struktur des Systems, die Bildungsinhalte, die Form in der Abschlüsse verliehen werden und die Arbeitsverträge der Lehrer. Sie bestimmt, ob Schule eine Halbtagsveranstaltung ist, bei der Eltern als unbezahlte Hilfslehrer eingeplant werden (bisheriger Status quo), ob Schule am Nachmittag freizeitpädaogische Angebote macht, die freilich von den Eltern bezahlt werden müssen (die neue Offene Ganztagsschule und angebliche Lösung für PISA), oder ob echte Ganztagsschulen eingeführt werden, wie es in den meisten Ländern der Fall ist. Sie bestimmt, ob Defizite in Form von schlechten Noten den Eltern mitgeteilt werden, auf dass sie privat Nachhilfe finanzieren, oder ob leisungsschwache Schüler im Rahmen der Ganztagsschule gezielt gefördert werden, wie das in Finnland durch eigens dafür angestellte Lehrkräfte geschieht. Sie bestimmt, wieviele Schüler in einer Klasse zusammengepfercht werden müssen. Sie bestimmt, ob Schüler im Unterricht mit neuen Medien arbeiten können, oder der Zugang zu Computer und Internet vom elterlichen Geldbeutel abhängt. Sie bestimmt, ob alle Grundschüler Englischunterricht erhalten, oder nur diejenigen, deren Eltern eine besondere Gebühr dafür bezahlen. (Ja, du hast richtig gelesen. Fahr mal nach Bad Honnef/NRW.) Sie bestimmt, ob der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz tatsächlich eingelöst wird, oder ob man Eltern zumutet, prozessieren zu müssen, um vielleicht ein paar abzuschrecken. Sie bestimmt, ob vorschulische Erziehung eine Aufgabe des Staates ist, oder im großen Stil an kirchliche Einrichtungen delegiert wird, die für einen lächerlichen Trägeranteil von 20% bevorzugt getaufte Kinder aufnehmen, so dass Migrantenkinder in den wenigen städtischen Einrichtungen kaserniert werden, wo deutsche Kinder eine Minderheit sind. Sie bestimmt ob Kindertagesstätten die Mittel erhalten, um Brandschutzbestimmungen einhalten zu können. Sie bestimmt, ob Tagesgruppen für erziehungsschwierige Kinder ihre Heizung reparieren dürfen, oder ihre Kinder im Winter wochenlang frieren lassen müssen. Sie bestimmt, ob die Betreuung und Bildung von Kindern unter 3 von Fachkräften erledigt wird, oder ob sie Billiglösungen fördert, bei denen Qualifikationen im Schnelldurchgang genügen. Sie bestimmt, ob Erzieher an der Fachhochschule studieren, oder ob sie eine Ausbildung machen müssen, die zwar so lange dauert wie ein universitäres Vollstudium aber formal nicht einmal Abiturniveau erreicht. Sie bestimmt, welchen Anteil pädagogische Themen an der Lehrerausbildung haben, oder ob man sich durch jahrelangen Einstellungsstopp in eine Situation manövriert, in der man im Schnelldurchgang Absolventen anwerben muss, deren Studium ausschließlich fachwissenschaftlich war. Sie bestimmt, welche Mittel Lehrer überhaupt einsetzen dürfen, um beispielsweise Mobbing, Erpressungen, sexuelle Nötigung oder Körperverletzung unter Schülern zu stoppen, ganz zu schweigen von der Herstellung einer gewissen Disziplin und Konzentration, ohne die kein Unterricht stattfinden kann. Sie bestimmt, ob bei Anzeigen von Lehrern gegen Schüler, die ihnen gegenüber gewalttägig geworden sind, überhaupt eine Strafverfolgung stattfindet, oder ob Staatsanwaltschaften angewiesen werden, solche Verfahren möglichst einzustellen. Sie bestimmt, was die Polizei und Justiz mit einem Jugendlichen anstellen dürfen, der ausländische Mitschüler mit einer Gaspistole bedroht oder sie halbtot prügelt. Sie bestimmt indirekt, wieviel Zeit eine alleinerziehende Mutter oder auch eine Familie nach konservativem Wunschbild noch für die Erziehung ihrer Kinder aufwenden kann, nachdem die Notwendigkeiten der Unterhaltssicherung erfüllt sind. Sie bestimmt indirekt, ob der Lehrerberuf für begabte junge Menschen eine attraktive Karriereoption ist oder die Absolventen ihn nur widerwillig ergreifen, weil sie gerade nichts anderes gefunden haben. Sie bestimmt indirekt, ob Schule ein Raum ist, in dem junge Menschen sich sicher und wertgeschätzt fühlen können. Sie bestimmt indirekt, ob Schülern der Eindruck entsteht, dass eine gute Bildung erhebliche Anstrengungen wert ist, oder ob sie eher glauben, dass sie so oder so wenig Chancen haben.

Das alles sind Dinge, die die Politik machen kann, und in vielen Ländern auch macht. Das alles halte ich für dringlicher, als neue Mechanismen einzuführen, um den miesen Status quo zu dokumentieren. Natürlich kann man auch gerne zentrale Prüfungen einführen. Ich habe selbst jahrelang unter solchen Bedingungen gelernt und bin bestens damit zurechtgekommen.

RdC hat folgendes geschrieben:
Du schreibst ja selber dass man durch die PISA-Studie neue Unterrichtsmethoden mit den herkömmlichen vergleichen kann.

Ohne Standards und ohne Kontrolle kann man nichts vergleichen und jeder pädagogischer Versuch ist ein Schuß ins dunkle.


Es ist schon längst nicht mehr dunkel. Wir wissen, dass unsere Ergebnisse mies sind. Wir wissen, wie die guten Leute arbeiten. Wir haben konkrete Empfehlung, was wir ändern sollen. Die Diagnose ist gelaufen und bewährte Therapien stehen zur Verfügung. Nur passen den Entscheidungsträgern die Therapien nicht in den Kram.

RdC hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Ich frage mich auch, was externe Leistungskontrollen in Schulen bringen sollen, in denen Lehrer von ihren Schülern im Unterricht geschlagen werden.

Das sind nun wirklich Einzelfälle - Aber stimmt, das hat mit externer Leistungskontrolle nichts zu tun, die Leistungskontrolle wird da nichts bringen (aber auch nichts schaden, weils ja ein davon unabhängiges Problem ist).

In deutschen Hauptschulen sind das leider keine Einzelfälle. Im übrigen ist es nur die Spitze des Eisberges. Auf jeden Schüler, der seinen Lehrer schlägt, kommen mehrere, die ihn bedrohen. Auf jeden von denen mehrere, die ihn beleidigen. Auf jeden von denen mehrere, die es einen Scheißdreck interessiert, wenn der Lehrer sie auffordert, einmal ruhig zu sein, damit er ihnen etwas mitteilen kann. Die Einhaltung minimaler Klassenraum- und Schulregeln ist ein großes Problem an deutschen Schulen. Damit hängt auch der gesundheitsschädliche Lärmpegel zusammen, der in deutschen Klassenzimmern immer wieder gemessen wird. Unter diesem Bedingungen sollen junge Menschen kognitiv anspruchsvolle Tätigkeiten verrichten.

RdC hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Die Vorstellung, dass die Schüler auf einmal im Unterricht mitarbeiten, weil sie ja sonst bei einer externen Leistungskontrolle durchfallen könnten, halte ich für naiv. Ich kenne und kannte genug Haupt- und Sonderschüler, denen sehr wohl klar war, dass sie wahrscheinlich keinen Schulabschluss erlangen würden, externe Prüfungen hin oder her.


Externe Prüfungen würden jedenfalls das Problem einmal vor Augen führen.
Problemerkennung ist der erste Weg zur Problembeseitigung.

Ohne externe Überprüfung gibt es aber nicht mal eine Problemerkennung und auch keine Skala an der man Initiativen messen kann.

Wenn z.B. heute eine Schule durch irgendwelche neuen Methoden die Schüler doch motivieren kann, dann würde das heute wohl kaum mehr als lokale Berühmtheit erlangen. Andere Lehrer und Schulen wäre es relativ egal.

Mit externen Kontrollen gäbe es aber eine Motivation sich die Erfolge einer Schule genauer anzusehen und gute Ideen usw. eventuell zu übernehmen.

Ohne Kontrolle ist das unmöglich und alles geht so weiter wie bisher.


Wenn gute Einrichtungen an der Skala gemessen werden und gute Leistungen bringen, dann kommen Leute wie du und sagen, dass es nicht an den Methoden und Strukturen liegt, sondern an den motivierten Lehrern und Schülern, dass man daraus nichts lernen kann, stattdessen einfach nur den alten Mist mit schärferen Kontrollen durchführen soll, und alles wird besser. Wozu dann überhaupt messen, wenn sowieso von vorneherein feststeht, dass wir nichts ändern wollen?

RdC hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Darunter waren Jungs, die sich höchst erstaunt gaben, dass Körperverletzung in Deutschland verboten ist, und mit Gefängnis bestraft werden kann. O-Ton: "Das kann überhaupt nicht sein. Bei mir in der Schule wird jeden Tag einer zusammengeschlagen. Dann müssten wir ja alle im Knast sitzen." Vielleicht wäre es nützlich, wenn Schulen keine rechtsfreien Räume mehr wären. Vielleicht könnte sich mancher Schüler besser auf den Unterricht konzentrieren, wenn er sich keine Gedanken darüber machen müsste, wie er die nächste Pause oder den Heimweg überstehen kann.


Das sind ebenfalls Probleme, die nur indirekt damit zu tun haben.


Die chaotischen und zum Teil menschenunwürdigen Bedingungen, unter denen Schüler ihren Schulalltag erleben müssen, sollen sich nur indirekt auf den Lernerfolg auswirken? Wenn das vorherrschende Meinung ist, frage ich mich wirklich, was Leistungsmessungen und Vergleiche noch bringen sollen.

RdC hat folgendes geschrieben:
So wie du Finnland?


Finnland hat gute Ergebnisse vorzuweisen. Auf dieser Grundlage vorzuschlagen, die dort erfolgreichen Methoden zu übernehmen, halte ich nicht für ideologisch argumentiert sondern für common sense.

RdC hat folgendes geschrieben:
Was schlägst du als Lösung vor?


Ich denke, dass dürfte inzwischen klarer geworden sein. Abschauen bei denen, die gute Leistungen bringen.

RdC hat folgendes geschrieben:
Woran willst du messen ob eine neue Methode erfolgreich ist oder nicht?


1. Reformen machen. 10 Jahre warten. Dann mit einer neuen Pisa-Studie diejenigen Kinder testen, die das neue System durchlaufen haben. Dann ist man schlauer. Dauert dir zu lange? Nun, das ist eben das Problem im Bildungswesen. Schulbildung spielt sich nun einmal über mehrere Jahre ab. Wenn ich wissen will, ob ich eine gescheite Schulstruktur habe, dann muss ich mir die Leute anschauen, die sie durchlaufen haben. Pisa ist insofern eine sehr sinnvolle Sache.
2. Da es verschiedene Länder gibt, die unterschiedlich arbeiten, findet ja eine Art internationales Experiment in Schulpädagogik statt. Diejenigen, die hier gut abschneiden, machen vermutlich ein paar Sachen richtig. Nun kann man natürlich argumentieren, dass auch andere Faktoren die Pisa-Ergebnisse beeinflussen können. Nur - wenn wir nicht bereit sind zuzugeben, dass die Art wie Schule organisiert ist, und wie dort gearbeitet wird, mit guten Ergebnissen zu tun hat, dann brauchen wir nichts messen und studieren. Dann brauchen wir im Zusammenhang mit Bildung über Schule gar nicht mehr zu reden.
3. Ich wünsche mir externe Prüfungen nach englischem Vorbild.

RdC hat folgendes geschrieben:
Ich habe nämlich auch das Gefühl dass sich manche das herauspicken was ihnen in den Kram passt und sich gegen jede Kontrolle querlegen - aus Angst dass das was sie da wollen vielleicht doch nicht so funktioniert wie sie glauben.


Genau das Gefühl habe ich auch.

Ich habe nichts gegen Kontrolle an sich. Ich begrüßte ausdrücklich die Kontrolle und vor allem den internationalen Vergleich, der mit Pisa stattgefunden hat, und hoffentlich auch in Zukunft stattfindet. Ich habe nur etwas dagegen, wenn man kontrolliert und kontrolliert, aber in der Sache nichts ändert, sondern lieber noch mal kontrolliert. Es reicht mir nicht, dass die Inkompetenz unserer Schüler statistisch erfasst und aufwendig verwaltet wird. Die Idee hinter der Forderung nach mehr Kontrolle ist ja leider nicht, dass man Feedback darüber erhält, was gut funktioniert, denn genau danach will man sich ja nicht richten. Die eigentliche Idee ist, dass man Druck machen will, Druck auf die Lehrer auf Schüler. Die sollen aus Angst vor schlechten Noten besser lehren und lernen, obwohl sich die Rahmenbedingungen durch Einsparungen und immer mehr Bürokratie kontinuierlich verschlechtern. Ich würde mir wünschen, dass endlich einmal etwas zu Gunsten der Kinder geändert wird.
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#223352) Verfasst am: 03.12.2004, 22:40    Titel: Antworten mit Zitat

Das hier noch einmal als Beispiel für die Belanglosigkeiten, die hier in D im Zusammenhang mit Schule diskutiert werden, während wir gleichzeitig Migrantenkinder im Hauptschulghetto kasernieren, und uns dann wundern, dass sie kein gutes Deutsch lernen.
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
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Beitrag(#223556) Verfasst am: 04.12.2004, 16:22    Titel: Antworten mit Zitat

Hier noch ein Beispiel für eine Deutsche Schule, die bei Pisa hervorragend abgeschnitten hat.
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Shadaik
evolviert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
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Wohnort: MG

Beitrag(#224344) Verfasst am: 06.12.2004, 12:43    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Das hier noch einmal als Beispiel für die Belanglosigkeiten, die hier in D im Zusammenhang mit Schule diskutiert werden, während wir gleichzeitig Migrantenkinder im Hauptschulghetto kasernieren, und uns dann wundern, dass sie kein gutes Deutsch lernen.

Ich kann immer nur die Ergebnisse einer unveröffentlichten Studie im Rahmen meines Studiums anführen, in der die Ausländerkinder besseres Deutsch sprachen als die Deutschen.

Vemruteter Grund: Während die Deutschen durch einen normalen ungeplanten Spracherwerb gingen haben die Immigrantenkinder hierfür mehr oder wneiger intensiven Unterricht erhalten.
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#224557) Verfasst am: 06.12.2004, 18:24    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Ich kann immer nur die Ergebnisse einer unveröffentlichten Studie im Rahmen meines Studiums anführen, in der die Ausländerkinder besseres Deutsch sprachen als die Deutschen.

Vemruteter Grund: Während die Deutschen durch einen normalen ungeplanten Spracherwerb gingen haben die Immigrantenkinder hierfür mehr oder wneiger intensiven Unterricht erhalten.


Den Befund an sich kann ich glauben. Den vermuteten Grund nicht.
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DerManfred
ranglos



Anmeldungsdatum: 11.06.2004
Beiträge: 1082
Wohnort: Wien

Beitrag(#224856) Verfasst am: 07.12.2004, 08:26    Titel: Antworten mit Zitat

Warum bei uns im Ösi Land der Absturz schon vorprogrammiert war:
Unsere Unterrichtsministerin Gehrer (seit 7 jahren im Amt) meinte die politischen parteien sollten eine "UNAUFGEREGTE" Argh diskussion um die notwendigen reformen beginnen. Tja... bei diesen Deutschkenntnissen der obersten bildungswächterin wunderts eigentlich nicht......
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