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Tschechien - eine religionsfreie Zone?

 
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Autor Nachricht
Frank
registrierter User



Anmeldungsdatum: 31.07.2003
Beiträge: 6643

Beitrag(#312155) Verfasst am: 06.07.2005, 14:43    Titel: Tschechien - eine religionsfreie Zone? Antworten mit Zitat

http://www.radio.cz/de/artikel/52707
Radio Prag hat folgendes geschrieben:

...
Das Statistische Amt hat im Zuge der letzten Volkszählung etwas weniger als 3,3 Mio. Christen gezählt, was knapp 30% der tschechischen Bevölkerung ausmacht. Dabei handelt es sich aber um Christen auf dem Papier, wie Daniel Herman, Sprecher der Tschechischen Bischofskonferenz, herausstellt:
"Praktizierende Christen bilden nur etwa fünf Prozent der Gesamtbevölkerung, d.h. sonntags kommen etwa 500 000 Leute in die Kirchen. Man kann nicht sagen, dass die Tschechen bei uns a priori dagegen sind. Die Leute suchen eine vertikale Dimension des Lebens. Das bedeutet aber nicht, dass sie sich mit einer Kirche oder einer Religionsgemeinschaft identifizieren."
Bereiche wie die katholische Caritas beispielsweise werden sehr gut angenommen, was sich nicht zuletzt darin äußert, dass sie landesweit vertreten ist. Auch die Seelsorge an schulischen und militärischen Einrichtungen, in Gefängnissen und bei der Polizei findet Anklang. Aber die klassische Seelsorge trifft auf Widerstände. Doch was ist der Grund dafür, dass Tschechien mit seinen knapp 30% getauften Christen die atheistische Hochburg Europas ist?
...
Mit seiner Vermutung, dass die Zahl der Christen in Tschechien seit der Samtenen Revolution im Jahre 1989 tendenziell steigt, liegt er falsch. Zumindest, wenn man den Ergebnissen der Volkszählungen Glauben schenken kann: Zwischen 1991 und 2001 ist die Zahl der gläubigen Frauen um 25% und die der Männer um 30% zurückgegangen. Auch die These, dass das kommunistische Regime die christliche Gesinnung der hiesigen Bevölkerung zu Nichte gemacht hat, ist keine hinreichende Erklärung. Schließlich leben in der Slowakei fast doppelt so viele Christen wie in Tschechien. Und die Slowakei blickt ebenfalls auf eine kommunistische Vergangenheit zurück.
"Ich weiß nicht, warum das so ist. Schließlich gab es dort ja auch den Kommunismus. Ich weiß auf diese Frage wirklich keine Antwort."
...
"Ich glaube, dass der Beginn dieser Säkularisierung in der Zeit der Hussitenkriege liegt. Also, es gab die katholische Kirche und die protestantische Kirche, die nebeneinander existierten. Aber dann, vor allem nach der Schlacht am Weißen Berg im Jahre 1620, hat eine Rekatholisierung eingesetzt. Die katholische Kirche hat sich damals stark mit dem Staat identifiziert. Einerseits war es natürlich zumindest kurzfristig gut für die Kirche, wenn sie vom Staat gefördert wurde. Aber gleichzeitig hat dadurch eine Entfremdung des einfachen Volkes von der Kirche begonnen, da beispielsweise die Bischöfe allesamt aus aristokratischen Familien stammten."
Dieser Entfremdungsprozess setzt sich auch nach der Gründung der Ersten Tschechoslowakischen Republik im Jahre 1918 fort ...


Im Vergleich mit den Tschechen leben die Deutschen noch im finsteren religiösen Mittelalter.

siehe auch: Hinter steinernen Kulissen: Religiosität in Tschechien schwach ausgeprägt
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Yamato
Teeist



Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore

Beitrag(#312166) Verfasst am: 06.07.2005, 15:13    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, dafür bewundere ich die Tschechen.
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Hannibal
Freiheitskämpfer



Anmeldungsdatum: 07.11.2003
Beiträge: 5062
Wohnort: Wien

Beitrag(#312253) Verfasst am: 06.07.2005, 19:44    Titel: Antworten mit Zitat

In Polen ist historisch leider genau das Gegenteil eingetreten. Zwar fand auch dort eine Reformation statt, aber die Katholiken gewannen schnell wieder die Kontrolle, weil die Protestanten nicht die Mehrheit erreichten, selbst untereinander zersplittert waren und die Herrscher schließlich katholisch blieben. Polen ist ein katholisches Land gewesen, welches schließlich fast nur von Staaten mit anderen Staatskirchen umgeben waren. Im Westen die protestantischen Preußen und im Osten die orthodoxen Russen. Als Polen aufgeteilt wurde, waren zwar auch die katholischen Habsburger daran beteiligt, aber die bei weitem größten Regionen Polens fielen unter nichtkatholische Herrschaft. Dann kam es immer wieder zu Aufständen.

Der Nationale Gedanken ist mit der katholischen Konfession verschmolzen. Das ging dann einige Jahrhunderte lang. Im zweiten Weltkrieg wurde Polen von antiklerikaler Fremdherrschaft besetzt. Obwohl der Vatican den NS offiziell unterstützte, war die katholische Kirche in Polen natürlich mit dem lokalen Widerstand verbündet und wurde damit noch populärer. Die stalinistische Herrschaft nach dem zweiten Weltkrieg wurde von einem lockeren Regime ersetzt, welches trotz seiner Milde (viel) zu unpopulär war, um die Bevölkerung sekularer zu machen und andererseits war dieses Regime nicht hart genug, um die Religion aus der Bevölkerung zu verdrängen - im Gegenteil.

Das Regime wurde indirekt zu einem Förderer des heutigen streng-katholischen polnischen Staates. Die polnische Bevölkerung wurde gegen den Kommunismus durch die Kirche unterstützt und als der Papst Pole wurde und Polen noch während des Regimes besuchen durfte, wurde er zur Symbolfigur der Freiheit Polens. Der polnische Widerstandsführer, Lech Walesa war ebenfalls ein katholischer Fundi, der im demokratischen Polen erster President wurde. In der eigentlich verständlichen Abneigung zu sozialistischen Ideen, gewann auch die 'chrstliche Partei' die ersten Wahlen, die zusammen mit dem ultrakonservativen Presidenten den klerikalen Kurs des heutigen polnischen Staates einschlug.

Heute ist in Polen die Kirche sehr stark. So ist die Abtreibung in Polen verboten. Der neue Staat pumpt masenweise Geld in neue Kirchenbauten und für die Kirche. Alle polnischen medien, die ich bisher sah, sind eindeutig prokirchlich...
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