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Gesell, Freigeld, Freiwirtschaft

 
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Keyser Soze
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Anmeldungsdatum: 05.05.2005
Beiträge: 25

Beitrag(#302535) Verfasst am: 08.06.2005, 16:57    Titel: Gesell, Freigeld, Freiwirtschaft Antworten mit Zitat

Ich habe mich seit einiger Zeit ein wenig mit der Thematik beschäftigt (erst über Internet, werde mich aber demnächst mal mit Literatur eindecken) und würde gerne wissen, was ihr davon haltet. Ist Freiwirtschaft das goldige Dritte zwischen dem heutigen System und dem Kommunismus oder haltet ihr es für Mumpitz?

Auf freiwirtschaftskritischen Seiten (z.B. http://www.liberalismus.at/Texte/freiwirtschaft.php ) ist mir vor allem die Argumentearmut aufgefallen. Daneben ist aber auch eines der Grundprobleme des Internets aufgetaucht: die mangelnde Verlässlichkeit von Quellen. Auf Pro-Seiten wird immer wieder das Wunder von Wörgl als Beispiel für das Funktionieren der Freiwirtschaft genannt, auf der gelinkten Seite steht dagegen:

Zitat:
Besagte Gemeinde führte ihre eigene kontrollierte Inflation durch - damit war plötzlich etwas Steuergeld in der Gemeindekasse, ohne dass die Bürger die neue Steuer bemerkten. Mit diesem Geld - ganze öS12.000 - konnte die Gemeinde natürlich kleine, kurzfristige Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen finanzieren. Ein Wunder für Arme, wahrlich! Der verbliebene positive Effekt war eher psychologischer Natur, die Bürger mochten zwar leichtgläubig sein, aber blieben doch überwiegend beim gewohnten, nationalen Geld - der Umsatz des "Schwundgeldes" blieb verschwindend gering, die Bürger nutzten es klugerweise hauptsächlich zur Begleichung von Steuerschulden.


Wem soll man nun glauben? Hat jemand von euch wirklich fundierte Angaben dazu?

Falls es hier Freiwirtschaftsanhänger gibt, ein paar kritische Fragen meinerseits:

Verstärkt die Freiwirtschaft nicht noch den sinnlosen Konsum, den wir heute schon zur Genüge haben (man spricht nicht umsonst von einer Konsumgesellschaft)? Ich stell mir das so vor, wenn jeweils Ende des Monates (oder des Jahres oder was auch immer) das Geld an Wert einbüsst strömt dann alles in die Kaufhäuser und alle kaufen was sie halt gerade sehen, Hauptsache sie haben ihr Geld ausgegeben. Ok, wahrscheinlich würden dann einfach jeden Monat gegen Ende hin die Preise ansteigen - mit dem entsprechenden administrativen Aufwand und der Gefahr, dass sie oben bleiben. Allgemein habe ich das Gefühl, dass durch die Besserstellung der Verteiler gegenüber den Konsumenten die Preise steigen würden, was zu einer verminderten Kaufkraft der letzteren führte. Um noch einmal auf den Konsumzwang zu kommen, dieser hat natürlich auch entsprechend negative ökologische Folgen, dabei wird von den Freiwirtschaftleren sogar behauptet, ihr System würde die Umwelt schonen. Weshalb das? Gerade den unteren Einkommensschichten wird durch das System auch das sparen auf etwas erschwert, das jenseits ihres monatlichen Einkommens liegt (und das ist kein "Geld horten"). Darauf kann man natürlich entgegnen, dass es durch die praktisch nicht mehr vorhandenen Zinsen nicht mehr nötig sein wird, Geld zu sparen. Das birgt aber wieder für viele die Gefahr der Schuldenfalle. Die Problematik gibt es ja schon heute, und wenn die Kreditnehmer gegenüber den Sparern erst noch bevorteilt werden, hat es keinen Sinn mehr zu sparen - mit der erwähnten Gefahr, insbesondere für Jugendliche.
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Malone
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Anmeldungsdatum: 02.09.2004
Beiträge: 5269

Beitrag(#302660) Verfasst am: 08.06.2005, 22:25    Titel: Antworten mit Zitat

Ich bin so eine Art Freiwirtschaftsgnostiker zwinkern Prinzipiell halte ich den Gedanken des Wertzerfalls des Geldes für sehr gut, normale Güter, die es als Tauschmittel ersetzen soll, unterliegen ja auch der Vergänglichkeit. Wenn es sich quasi aus sich selbst heraus vermehren kann, zieht es in der Tat den Druck des Wirtschaftswachstums nach sich, das aber im Gegensatz zur Geldmenge nur abnehmend wachsen kann. Zu Deiner Frage: mittlere und geringe Einkommen würde die Geldgebühr kaum treffen.

Ärgerlich ist, wie auf der Kritikerseite erwähnt, das Argument des Zinseszinses. Dies enthüllt bei vielen Anhängern der Freiwirtschaft, dass sie nicht logisch zu denken in der Lage sind, wodurch die gute Idee stark in Mitleidenschaft gezogen wird.
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Malone
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Anmeldungsdatum: 02.09.2004
Beiträge: 5269

Beitrag(#324035) Verfasst am: 08.08.2005, 12:50    Titel: Antworten mit Zitat

Wir hatten in der Kinderprinzengarde eine Diskussion über das Thema. Hier mein Fazit:

Tja, als ich die Begründung dagegen schreiben wollte, bin ich auf die Begründung dafür gestoßen...

Ich wollte zunächst so argumentieren: jeder der Geld hat, würde bei einer Geldgebühr versuchen es los zu werden und anderweitig anzulegen. Man würde also quasi auf andere "Zahlungsmittel" ausweichen, Gold oder Aktien etc. Nunja, aber nehmen wir mal an, dies gelänge allen Menschen: das Geld bliebe ja erhalten und würde dann bei einer Person landen. Diese wäre dann in der Tat bereit, ihr Geld quasi zinsfrei zu verleihen, bei 2% Geldverfall also beispielsweise zum Nullzinsniveau. Damit wäre der Gegenwert für seinen Konsumverzicht und das Risiko des Verleihens genauso gedeckt wie bisher bei positivem Zins. Gesamtwirtschaftlich gäbe es in der Tat eine positive Auswirkung, genau die von Joe angesprochene: keine Zinsbelastung der Produkte oder (Staats)Haushalte. Man stelle sich nur mal den Etat des Bundes vor ohne die drückende Zinslast....

Allerdings gibt es selbst einer rein hypothetischen weltweiten Umsetzung ein großes Problem, das zu Gsells Zeiten nicht gegeben war. Das nicht materielle Geld, also zum Beispiel Giralgeld. So wie die Humanwirtschaftspartei vorschlägt, nur Bargeld gebührenpflichtig zu machen, ist jedenfalls in der Tat Quatsch, denn die größere Geldmenge macht heutzutage das Giralgeld aus, auf das leicht ausgewichen werden könnte und das sehr viel schwieriger mit Gebühren zu belegen ist. Aber letztlich wäre auch das möglich, es müsste nur beim Entstehen mit einen Zeitstempel versehen werden.

Tja kurzum, wenn man sich die Vorschläge mal anhand einer kleinen, überschaubaren Gesellschaft exemplarisch verdeutlicht, und aller Komplexität des Geldwesens zum Trotz die vielen Aspekte ausblendet, die sich als belanglos erweisen (viele bleiben ja bei der Begründung der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der Zinsen hängen, um die es aber gar nicht geht, bzw. die weiterhin existieren aber nur die Geldgebühr ausgleichen würden) kommt man durchaus zu einem positiven Schluss!

Wie groß der Stellenwert der Freiwirtschaft ist, als Allheilmittel oder eine mögliche Maßnahme unter vielen, sei dahingestellt. In meinen Augen löst sie nicht die mit der Kapitalakkumulation und Maschinenkonkurrenz einhergehenden Probleme, aber sie würde in der Tat Linderung bedeuten...
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Norbert
registrierter User



Anmeldungsdatum: 31.08.2003
Beiträge: 216
Wohnort: Lörrach

Beitrag(#324119) Verfasst am: 08.08.2005, 14:43    Titel: Re: Gesell, Freigeld, Freiwirtschaft Antworten mit Zitat

Keyser Soze hat folgendes geschrieben:
Ich habe mich seit einiger Zeit ein wenig mit der Thematik beschäftigt (erst über Internet, werde mich aber demnächst mal mit Literatur eindecken) und würde gerne wissen, was ihr davon haltet. Ist Freiwirtschaft das goldige Dritte zwischen dem heutigen System und dem Kommunismus oder haltet ihr es für Mumpitz?

Auf freiwirtschaftskritischen Seiten (z.B. http://www.liberalismus.at/Texte/freiwirtschaft.php ) ist mir vor allem die Argumentearmut aufgefallen. Daneben ist aber auch eines der Grundprobleme des Internets aufgetaucht: die mangelnde Verlässlichkeit von Quellen. Auf Pro-Seiten wird immer wieder das Wunder von Wörgl als Beispiel für das Funktionieren der Freiwirtschaft genannt, auf der gelinkten Seite steht dagegen:

Zitat:
Besagte Gemeinde führte ihre eigene kontrollierte Inflation durch - damit war plötzlich etwas Steuergeld in der Gemeindekasse, ohne dass die Bürger die neue Steuer bemerkten. Mit diesem Geld - ganze öS12.000 - konnte die Gemeinde natürlich kleine, kurzfristige Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen finanzieren. Ein Wunder für Arme, wahrlich! Der verbliebene positive Effekt war eher psychologischer Natur, die Bürger mochten zwar leichtgläubig sein, aber blieben doch überwiegend beim gewohnten, nationalen Geld - der Umsatz des "Schwundgeldes" blieb verschwindend gering, die Bürger nutzten es klugerweise hauptsächlich zur Begleichung von Steuerschulden.


Wem soll man nun glauben? Hat jemand von euch wirklich fundierte Angaben dazu?

Falls es hier Freiwirtschaftsanhänger gibt, ein paar kritische Fragen meinerseits:

Verstärkt die Freiwirtschaft nicht noch den sinnlosen Konsum, den wir heute schon zur Genüge haben (man spricht nicht umsonst von einer Konsumgesellschaft)? Ich stell mir das so vor, wenn jeweils Ende des Monates (oder des Jahres oder was auch immer) das Geld an Wert einbüsst strömt dann alles in die Kaufhäuser und alle kaufen was sie halt gerade sehen, Hauptsache sie haben ihr Geld ausgegeben.


Lösungsvorschlag:

Du könntest dein Geld zur Bank bringen, gegen eine kleine Gebühr, diese verleiht wiederum dein Geld, ebenfalls gegen Gebühr (kein Zinseszins).
Oder du verleihst es direkt deinem Nachbarn, damit der sich einen Computer kaufen kann oder einen Traktor und hast so ein Wertaufbewahrungsmittel.


Keyser Soze hat folgendes geschrieben:
Um noch einmal auf den Konsumzwang zu kommen, dieser hat natürlich auch entsprechend negative ökologische Folgen, dabei wird von den Freiwirtschaftleren sogar behauptet, ihr System würde die Umwelt schonen.


Die Geldmenge (und dadurch auch die Ausgaben), welche durch nicht geleistete Arbeit (Zinseszins) derzeit im Umlauf ist, ist um ein vielfaches höher als die Geldmenge welche durch geleistete Arbeit entsteht.
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