Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen |
Autor |
Nachricht |
helen registrierter User
Anmeldungsdatum: 29.10.2007 Beiträge: 4
|
(#852839) Verfasst am: 04.11.2007, 13:20 Titel: Philosphie -- wodurch sind wir determiniert? |
|
|
ich bin auf der suche nach einem gutem beispiel wodurch wir eigentlich determiniert sind und ich meine determiniert auf alle möglichen arten wie z.B biologisch, physiologiswch, psychisch, kognitiv, etc... und würde gerne wissen wie ein kompatibilist oder ein libertarian darüber denkt!
|
|
Nach oben |
|
 |
step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
|
(#852873) Verfasst am: 04.11.2007, 14:07 Titel: Re: philosphie -- wodurch sind wir determiniert? |
|
|
helen hat folgendes geschrieben: | ich bin auf der suche nach einem gutem beispiel wodurch wir eigentlich determiniert sind und ich meine determiniert auf alle möglichen arten wie z.B biologisch, physiologiswch, psychisch, kognitiv, etc... und würde gerne wissen wie ein kompatibilist oder ein libertarian darüber denkt! |
Ein Kompatibilist behauptet, daß die Mischung aus Determiniertheit und Zufälligkeit der physikalischen Welt nicht im Widerspruch stehe zu der Annahme einer Handlungsfreiheit des Menschen. Er meint also, beides sei kompatibel. Kompatibilisten versuchen diesen Widerspruch zu überwinden durch verschidene Ansätze, z.B.:
- einen Körper-Geist Dualismus (Bewußtsein ist über-physikalisch)
- eine Spezialdefinition von "Freier Wille", z.B. damit sei nur das Gefühl der Handlungsfreiheit gemeint, oder damit sei gemeint, daß es verschiedene Möglichkeiten gebe, die nicht von vornherein physikalsich verboten sind, oder damit sei gemeint, daß verschiedene Menschen sich in der ansonsten vergleichbaren Situation verschieden verhalten würden, o.ä.
- eine Theorie des Quantenbewußtseins, also die Behauptung, im Gehirn seien Quantenüberlagerungen on Entscheidungszuständen wesentlich.
- einen bedargfslogischen Ansatz, z.B. es müsse einen freien Willen geben, denn wie sollen wir sonst Verbrecher bestrafen usw.
Jedenfalls sind das die mir bekanntesten Figuren.
Ich persönlich habe noch kein kompatibilistisches Argument gehört, das dazu taugt, obige Widerspruch aufzulösen, und bin deshalb der Ansicht, daß unser Gehirn unser personales Selbst konstruiert und unseren determinierten (oder im Extremfall zufälligen) Handlungen zuvor eine Präferenz und nachträglich eine Absicht zuweist. Zu deisem Thema hatten wir ja hier schon viele ausführliche threads.
"libertarian" ist meines Wissen keine deterministisch relevante Kategorie, sondern bezeichnet jemand, der ein relativ weitgehendes Verständnis individueller Rechte hat. Es ist also eher eine ethische Kategorie. EIn libertarian kann im Extremfall sogar Determinist sein.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
|
|
Nach oben |
|
 |
AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
|
(#852891) Verfasst am: 04.11.2007, 14:48 Titel: |
|
|
Ich tät dazu sagen das es echten Determinismus m.E. nicht gibt.
Zwar bin ich der Überzeugung das es keinen Zufall gibt, weil m.E.
die kausale Kette eines jeden Ereignisses zweifel - und lückenlos ist.
Daraus eine Vorherbestimmtheit abzuleiten würde aber den freien Willen
außen vor lassen.
Letzterer wiederum ist für mich persönlich zweifellos, da ich ihn in vielfältigsten
Selbstversuchen zumindest auf mich bezogen nachgewiesen habe,
indem ich gezielte Entscheidungen traf, welche gezielt nicht dem entsprachen,
was ich im Regelfall und ohne Experimentieranspruch entschieden hätte.
Die pauschal interessanteste Erfahrung dabei war, das man mit solchem Verhalten,
eine "neue"/andere kausale Kette in Gang setzt - welche allem widerspricht, was man
im "Normalfall" erlebt hätte.
Allerdings schießt diese Kette einen auch relativ schnell aus dem bisherigen gesellschaftlichen
Umfeld,
lässt aber gleichzeitig auch neue Umfelder und Horizonte erschließen.
Die Annahme von Determinismus resultiert daher m.E. daraus, das Menschen im Regelfall,
eher eine dem Umfeld angepasste Entscheidung wählen, womit der theoretisch mögliche freie
Wille im üblichen gesellschaftlichen Alltag weitestgehend ausgeschaltet ist.
Das wiederum macht kausale Ketten zumindest pauschal betrachtet durchaus auch
berechen- und vorhersehbar.
Auch persönlich war zu beobachten das ich nach dem Abstecher in die totale Freiwilligkeit
aus gesellschaftlichen Erwägungen wieder in die ursprüngliche kausale Kette eingebogen bin.
Das ändert aber nichts daran das es jederzeit möglich ist freiwillige unangepasste Entscheidungen
zu treffen und damit der progammierten Entwicklung ein Ende und den gleichzeitigen Beginn einer
neuen kausalen Kette zu geben.
Determinismus ist so gesehn nur relevant sofern Menschen ihren freien Willen nicht >>> benutzen,
was ich als Regelfall bezeichnen würde.
_________________ Augen auf dann kann nichts passieren
|
|
Nach oben |
|
 |
Einsiedler registrierter User
Anmeldungsdatum: 01.03.2007 Beiträge: 1435
|
(#852912) Verfasst am: 04.11.2007, 15:26 Titel: |
|
|
AXO hat folgendes geschrieben: | Ich tät dazu sagen das es echten Determinismus m.E. nicht gibt.
Zwar bin ich der Überzeugung das es keinen Zufall gibt, weil m.E.
die kausale Kette eines jeden Ereignisses zweifel - und lückenlos ist.
Daraus eine Vorherbestimmtheit abzuleiten würde aber den freien Willen
außen vor lassen. |
Vorherbestimmtheit ist etwas anderes als Vorherbestimmbarkeit.
Das Fehlen letzterer ist kein Widerspruch zum Determinismus.
(Allerdings stellt sich prinzipiell die Frage, ob Determinismus überhaupt falsifizierbar ist.)
AXO hat folgendes geschrieben: | [Freier Wille] wiederum ist für mich persönlich zweifellos, da ich ihn in vielfältigsten
Selbstversuchen zumindest auf mich bezogen nachgewiesen habe,
indem ich gezielte Entscheidungen traf, welche gezielt nicht dem entsprachen,
was ich im Regelfall und ohne Experimentieranspruch entschieden hätte. |
Das (wie auch Deine folgenden Argumente) ist kein Beweis für die Existenz eines freien Willens.
Ich hege allerdings (wie oben) grundsätzliche Zweifel, ob das Konzept "freier Wille" überhaupt
bewiesen oder widerlegt werden kann. Ich wüßte keine falsifizierbare Aussage dazu.
|
|
Nach oben |
|
 |
helen registrierter User
Anmeldungsdatum: 29.10.2007 Beiträge: 4
|
(#852924) Verfasst am: 04.11.2007, 15:43 Titel: |
|
|
doch wodurch werden wir genau in unserem täglichen leben determiniert?
und werden wir es denn überhaupt ?
der kompatibilist ist der meinung, wie auch schon gesagt, dass freiheit und determinismus mit einander vereinbar sind. er entscheidet nur zwischen zwanghaften verhalten, bei dem man von präferenzen geleitet ist und dem zufälligen verhalten, bei dem sich eine person auch anders entscheiden hätte können, als sie tatsächlich hat. also hängt alles davon ab, wie sich eine person in der situation seiner entscheidung entschieden hat - ob aufgrund eigener kontrolle oder aufgrund von zwängen oder reflexen.
der libertarian vertritt die ansicht, dass wenn wir frei sind, dann kann die welt nicht determiniert sein.
vielleicht fällt euch ja ein beispiel ein, an dem man die sicht des kompatibilist oder des libertarian gut erklären kann.
|
|
Nach oben |
|
 |
AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
|
(#852938) Verfasst am: 04.11.2007, 16:07 Titel: |
|
|
Einsiedler hat folgendes geschrieben: | AXO hat folgendes geschrieben: | Ich tät dazu sagen das es echten Determinismus m.E. nicht gibt.
Zwar bin ich der Überzeugung das es keinen Zufall gibt, weil m.E.
die kausale Kette eines jeden Ereignisses zweifel - und lückenlos ist.
Daraus eine Vorherbestimmtheit abzuleiten würde aber den freien Willen
außen vor lassen. |
Vorherbestimmtheit ist etwas anderes als Vorherbestimmbarkeit.
Das Fehlen letzterer ist kein Widerspruch zum Determinismus.
(Allerdings stellt sich prinzipiell die Frage, ob Determinismus überhaupt falsifizierbar ist.) |
Was vorherbestimmt wäre, muß entsprechend auch vorher"bestimm"bar sein.
Vorherbstimmbar im Sinne von vorherSEH/SAGbar.
Vorherbestimmen im Wortsinn und Vorherbestimmtheit tät sich ja ausschließen.
Unter der Vorrausetzung das der freie Wille nicht benutzt wird, scheint mit beides durchaus gegeben.
Was nicht gleichbedeutend damit ist, das Mensch auch alle Parameter zugänglich bzw. die Datenmenge
verarbeitbar wäre um auch tatsächlich vorherzusagen.
Zitat: |
AXO hat folgendes geschrieben: | [Freier Wille] wiederum ist für mich persönlich zweifellos, da ich ihn in vielfältigsten
Selbstversuchen zumindest auf mich bezogen nachgewiesen habe,
indem ich gezielte Entscheidungen traf, welche gezielt nicht dem entsprachen,
was ich im Regelfall und ohne Experimentieranspruch entschieden hätte. |
Das (wie auch Deine folgenden Argumente) ist kein Beweis für die Existenz eines freien Willens.
Ich hege allerdings (wie oben) grundsätzliche Zweifel, ob das Konzept "freier Wille" überhaupt
bewiesen oder widerlegt werden kann. Ich wüßte keine falsifizierbare Aussage dazu. |
Simples Beispiel ->>> wenn ich z.b. in einer Stadt von A nach B gelangen möchte und bis zu nem
gewissen Punkt, den dazu üblichen Weg benutze,
mich aber an einem Punkt völlig unmotivert entscheide davon abzubiegen und einem anderen
zum Erreichen des Zieles scheinbar unsinnigen Weg wähle - was wäre das anderes als freiwillig?
(wobei Sinnigkeit und Unsinnigkeit der verschiedenen Wege ausschließlich gesellschaftlich geprägt ist - Zeit, Strecke, Termine, Verabredungen, Erwartungshaltung anderer usw.)
_________________ Augen auf dann kann nichts passieren
|
|
Nach oben |
|
 |
step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
|
(#852939) Verfasst am: 04.11.2007, 16:09 Titel: |
|
|
helen hat folgendes geschrieben: | doch wodurch werden wir genau in unserem täglichen leben determiniert? und werden wir es denn überhaupt ? |
Ja, werden wir. Zum Beispiel beim Frühstück. Da steht Erdbeermarmelade und Aprikosenkonfitüre. Du überlegst, was Du wählst, und entscheidest Dich für Erdbeer. Alle Schritte dabei laufen nach bestem Wissen naturgesetzlich ab:
- die Ausgangssituation
- die Wahrnehmung der zwei Möglichkeiten
- die Bewertung dieser Möglichkeiten durch Dein Gehirn mittels zuvor gespeicherten Präferenzen
- die Steuerung der Handlung
- die nachträgliche Bewertung und Sinngebung der Handlung
Ein Determinist würde zwar nicht unbedingt behaupten, daß man die Entsheidung vorher hätte berechnen können, aber doch, daß sie im wesentlichen rein kausal und naturgesetzlich abläuft, auch der Präferenzvergleich, und deswegen nicht von einem "freien Willen" gesprochen werden kann. Das Gefühl, man hätte - wenn man gewollt hätte - auch anders entscheiden können, ist aus seiner Sicht entweder tautologisch oder falsch: Entweder hätte man nicht anders entscheiden können, weiß das aber nicht, oder man hätte anders entscheiden müssen (z.B. bei anderen Ausgangsbedingungen).
Ein Kompatibilist dagegen würde vielleicht behaupten, die Tatsache, daß es überhaupt gespeicherte Präferenzen und Entscheidungsmechanismen im Gehirn gibt, bezeichne er als "freien Willen".
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
|
|
Nach oben |
|
 |
AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
|
(#852941) Verfasst am: 04.11.2007, 16:12 Titel: |
|
|
helen hat folgendes geschrieben: | doch wodurch werden wir genau in unserem täglichen leben determiniert?
und werden wir es denn überhaupt ?
|
sollte die Frage nicht vielleicht lauten, wodurch werden wir NICHT determiniert?
Schau Dir doch einfach Deinen üblichen Tagesablauf an und setze jede Handlung
in Bezug zu ihren Auslösern.
Im Regelfall wirst Du so gut wie keine Freiwilligkeit feststellen.
Vielleicht wenn Du Hunger hast und trotzdem darauf verzichtest zu essen,
obwohl es dafür keine rationale Begründung (Zeitdruck weil Du ne Verabredung hast,
Nichts zu essen da, weil Du nicht eingekauft hast usw.) gibt.
Aber wer macht das schon?
_________________ Augen auf dann kann nichts passieren
|
|
Nach oben |
|
 |
step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
|
(#852943) Verfasst am: 04.11.2007, 16:14 Titel: |
|
|
AXO hat folgendes geschrieben: | Simples Beispiel ->>> wenn ich z.b. in einer Stadt von A nach B gelangen möchte ... mich aber an einem Punkt völlig unmotivert entscheide davon abzubiegen und einem anderen ... Weg wähle - was wäre das anderes als freiwillig? |
Was meinst Du denn mit "unmotiviert"? Daß Dir die kausalen Determinaten dieser Handlung nicht bewußt sind? Aber letztlicch haben doch rein physikalische Zusammenhänge in Deinem Gehirn, zusammen mit Wahrnehmungen, auf naturgesetzliche Weise Deine Entscheidung zur Folge gehabt, oder was sonst?
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
|
|
Nach oben |
|
 |
AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
|
(#852944) Verfasst am: 04.11.2007, 16:16 Titel: |
|
|
step hat folgendes geschrieben: | helen hat folgendes geschrieben: | doch wodurch werden wir genau in unserem täglichen leben determiniert? und werden wir es denn überhaupt ? |
Ja, werden wir. Zum Beispiel beim Frühstück. Da steht Erdbeermarmelade und Aprikosenkonfitüre. Du überlegst, was Du wählst, und entscheidest Dich für Erdbeer. Alle Schritte dabei laufen nach bestem Wissen naturgesetzlich ab:
- die Ausgangssituation
- die Wahrnehmung der zwei Möglichkeiten
- die Bewertung dieser Möglichkeiten durch Dein Gehirn mittels zuvor gespeicherten Präferenzen
- die Steuerung der Handlung
- die nachträgliche Bewertung und Sinngebung der Handlung
Ein Determinist würde zwar nicht unbedingt behaupten, daß man die Entsheidung vorher hätte berechnen können, aber doch, daß sie im wesentlichen rein kausal und naturgesetzlich abläuft, auch der Präferenzvergleich, und deswegen nicht von einem "freien Willen" gesprochen werden kann. Das Gefühl, man hätte - wenn man gewollt hätte - auch anders entscheiden können, ist aus seiner Sicht entweder tautologisch oder falsch: Entweder hätte man nicht anders entscheiden können, weiß das aber nicht, oder man hätte anders entscheiden müssen (z.B. bei anderen Ausgangsbedingungen).
Ein Kompatibilist dagegen würde vielleicht behaupten, die Tatsache, daß es überhaupt gespeicherte Präferenzen und Entscheidungsmechanismen im Gehirn gibt, bezeichne er als "freien Willen". |
freier Wille wäre m.E. z.B. zum Fisch zu greifen obwohl der "Entscheidungsprozess" Richtung Erdbeermarmelade schon beendet ist.
_________________ Augen auf dann kann nichts passieren
|
|
Nach oben |
|
 |
AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
|
(#852946) Verfasst am: 04.11.2007, 16:28 Titel: |
|
|
step hat folgendes geschrieben: | AXO hat folgendes geschrieben: | Simples Beispiel ->>> wenn ich z.b. in einer Stadt von A nach B gelangen möchte ... mich aber an einem Punkt völlig unmotivert entscheide davon abzubiegen und einem anderen ... Weg wähle - was wäre das anderes als freiwillig? |
Was meinst Du denn mit "unmotiviert"? Daß Dir die kausalen Determinaten dieser Handlung nicht bewußt sind? Aber letztlicch haben doch rein physikalische Zusammenhänge in Deinem Gehirn, zusammen mit Wahrnehmungen, auf naturgesetzliche Weise Deine Entscheidung zur Folge gehabt, oder was sonst? |
sofern man aber zugrunde legt, das selbst die irrationalsten Entscheidungen bis ins kleinste Glied von der
Kette von kausalen Determinaten abhängt,
dann GIBT es real gar keine Entscheidungen und so gesehn auch keine >>> SCHULD.
Ich sag nicht das Du Unrecht hast - meine aber das selbst ein Killer zu jedem Zeitpunkt die
Möglichkeit hat freiwillig den Abzugsfinger zu stoppen und die Knarre einzustecken.
Wäre das anders müßte man augenblicklich sämtliche Strafverfolgung einstellen.
_________________ Augen auf dann kann nichts passieren
|
|
Nach oben |
|
 |
step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
|
(#852951) Verfasst am: 04.11.2007, 16:39 Titel: |
|
|
AXO hat folgendes geschrieben: | ... dann GIBT es real gar keine Entscheidungen und so gesehn auch keine >>> SCHULD. |
So ist es, man kann zwar Verantwortung einfordern, aber eigentlich keine Schuld mehr zuweisen. Höchstens Schuld im Sinne von "Rückzahlungsdruck" könnte es noch geben.
AXO hat folgendes geschrieben: | Ich sag nicht das Du Unrecht hast - meine aber das selbst ein Killer zu jedem Zeitpunkt die Möglichkeit hat freiwillig den Abzugsfinger zu stoppen und die Knarre einzustecken. |
Nein, das sehe ich anders. Wir sprechen immer dann von "Möglichkeit", wenn wir zuwenig wissen, um es korrekt vorherzusagen.
AXO hat folgendes geschrieben: | Wäre das anders müßte man augenblicklich sämtliche Strafverfolgung einstellen. |
Man dürfte Leute nur noch einsperren, wenn sie eine Gefahr in der Zukunft darstellen.
Übrigens führst Du hier in Ansätzen genau die bedarfslogische Variante des Kompatibilismus vor, die ich oben bereits erwähnte:
step hat folgendes geschrieben: | - einen bedargfslogischen Ansatz, z.B. es müsse einen freien Willen geben, denn wie sollen wir sonst Verbrecher bestrafen usw. |
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
|
|
Nach oben |
|
 |
Niemand chinesisches Zimmer
Anmeldungsdatum: 22.10.2007 Beiträge: 354
|
(#852953) Verfasst am: 04.11.2007, 16:42 Titel: |
|
|
Nur weil es keine Schuld gibt heisst das nicht, das Strafverfolgungen überflüssig wären.Man kann einen Täter auch dann bestrafen wenn man ihm unterstellt er habe nicht anders handeln können als er gehandelt hat.
_________________ Die Lage ist hoffnungslos,aber nicht ernst.
Zuletzt bearbeitet von Niemand am 04.11.2007, 16:51, insgesamt einmal bearbeitet |
|
Nach oben |
|
 |
step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
|
(#852954) Verfasst am: 04.11.2007, 16:45 Titel: |
|
|
Niemand hat folgendes geschrieben: | Man kann einen Täter auch dann bestrafen wenn man ihm unterstellt er habe nicht anders handeln können als er gehandelt hat. |
Das ist richtig, allerdings muß man sich dann eine neue ethische Rechtfertigung für die Strafe überlegen, da Vergeltung ja nicht mehr zählt. Man könnte es z.B. mit "Abschreckung Dritter" versuchen.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
|
|
Nach oben |
|
 |
Niemand chinesisches Zimmer
Anmeldungsdatum: 22.10.2007 Beiträge: 354
|
(#852955) Verfasst am: 04.11.2007, 16:49 Titel: |
|
|
step hat folgendes geschrieben: | Niemand hat folgendes geschrieben: | Man kann einen Täter auch dann bestrafen wenn man ihm unterstellt er habe nicht anders handeln können als er gehandelt hat. |
Das ist richtig, allerdings muß man sich dann eine neue ethische Rechtfertigung für die Strafe überlegen, da Vergeltung ja nicht mehr zählt. Man könnte es z.B. mit "Abschreckung Dritter" versuchen. |
Oder mit der Verhinderung weiterer Straftaten durch den "Täter".Natürlich würde bei den Bestrafenden ein ungutes Gefühl zurückbleiben,aber auf Strafe kann man meines Erachtens nicht verzichten.
_________________ Die Lage ist hoffnungslos,aber nicht ernst.
|
|
Nach oben |
|
 |
AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
|
(#852957) Verfasst am: 04.11.2007, 16:54 Titel: |
|
|
step hat folgendes geschrieben: |
AXO hat folgendes geschrieben: | Ich sag nicht das Du Unrecht hast - meine aber das selbst ein Killer zu jedem Zeitpunkt die Möglichkeit hat freiwillig den Abzugsfinger zu stoppen und die Knarre einzustecken. |
Nein, das sehe ich anders. Wir sprechen immer dann von "Möglichkeit", wenn wir zuwenig wissen, um es korrekt vorherzusagen. |
was mir in diesem Fall gegeben scheint
Zitat: |
AXO hat folgendes geschrieben: | Wäre das anders müßte man augenblicklich sämtliche Strafverfolgung einstellen. |
Man dürfte Leute nur noch einsperren, wenn sie eine Gefahr in der Zukunft darstellen. |
Was aber nie zweifelfrei beweisbar wäre
Ich hab da gestern z.B. nebenher nen Film gesehn, wo ne Psychologin versucht herauszufinden
ob der Mörder nochmal töten würde.
Dieser, welcher den Mörder von seiner Frau und seinem Kind getötet hatte, wiederum verneinte
eindeutig mit der Begründung das Frau und Kind ja tot sind - nicht nochmal getötet werden können
und somit die Ursache für seine Tat nicht wiederholbar ist.
Zitat: |
Übrigens führst Du hier in Ansätzen genau die bedarfslogische Variante des Kompatibilismus vor, die ich oben bereits erwähnte:
|
unabsichtlich
Ich versuch ja nicht Determinismus und freien Willen in Einklang zu bringen,
sondern sage das letzerer von jeder freiwilligen Entscheidung unterbrochen und
in andere Bahnen gelenkt wird.
Determinismus ist m.E. der Leiter und der freie Wille der Schalter welcher einer Weiche
ähnlich die jeweiligen Leiter verlinkt.
Auch meine ich das die von Dir genannten physikalischen Abläufe im Gehirn im Entscheidungsfall
eben dazu dienen das dieser Schalter zur Verfügung steht. Was nicht erklärt was letztlich den
Ausschlag gibt - den Schalter betätigt - ja ich weiß
_________________ Augen auf dann kann nichts passieren
|
|
Nach oben |
|
 |
Einsiedler registrierter User
Anmeldungsdatum: 01.03.2007 Beiträge: 1435
|
(#852961) Verfasst am: 04.11.2007, 16:58 Titel: |
|
|
AXO hat folgendes geschrieben: | Einsiedler hat folgendes geschrieben: | Vorherbestimmtheit ist etwas anderes als Vorherbestimmbarkeit.
Das Fehlen letzterer ist kein Widerspruch zum Determinismus.
(Allerdings stellt sich prinzipiell die Frage, ob Determinismus überhaupt falsifizierbar ist.) |
Was vorherbestimmt wäre, muß entsprechend auch vorher"bestimm"bar sein.
Vorherbstimmbar im Sinne von vorherSEH/SAGbar. |
Das hängt davon ab, wie man Determinismus definiert. Ich verstehe darunter die Annahme,
daß alles nur so passieren kann (und damit so passieren muß), wie es tatsächlich passiert
(unabhängig von einer Vorhersagbarkeit). Da diese Annahme nicht falsifizierbar ist, gehört
sie wohl eher in den Bereich der Spekulation.
|
|
Nach oben |
|
 |
AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
|
(#852962) Verfasst am: 04.11.2007, 16:58 Titel: |
|
|
Niemand hat folgendes geschrieben: | Nur weil es keine Schuld gibt heisst das nicht, das Strafverfolgungen überflüssig wären.Man kann einen Täter auch dann bestrafen wenn man ihm unterstellt er habe nicht anders handeln können als er gehandelt hat. |
Strafe als solche hat beim Ausschluß von Freiwilligkeit keinen Nutzen - es sei denn man wollte sie als gesellschaftlichen Racheakt betrachten.
Effektiver wäre sowiesokausale Ketten in Gang zu setzen, welche der Verhinderung von Straftaten
dienen,
indem man kausale Ketten, welche dazu führen unterbricht.
_________________ Augen auf dann kann nichts passieren
|
|
Nach oben |
|
 |
AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
|
(#852963) Verfasst am: 04.11.2007, 17:02 Titel: |
|
|
Niemand hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Niemand hat folgendes geschrieben: | Man kann einen Täter auch dann bestrafen wenn man ihm unterstellt er habe nicht anders handeln können als er gehandelt hat. |
Das ist richtig, allerdings muß man sich dann eine neue ethische Rechtfertigung für die Strafe überlegen, da Vergeltung ja nicht mehr zählt. Man könnte es z.B. mit "Abschreckung Dritter" versuchen. |
Oder mit der Verhinderung weiterer Straftaten durch den "Täter".Natürlich würde bei den Bestrafenden ein ungutes Gefühl zurückbleiben,aber auf Strafe kann man meines Erachtens nicht verzichten. |
Wie sollte man durch ne Gefängnisstrafe eine zukünftige Straftat verhindern, welche der Täter
aufgrund kausaler Zusammenhänge begeht welche nicht seinem Einfluß unterliegen - eventuell
sogar durch die Unterbrechung seines gesellschaftlichen Lebens durch Gefängnisaufenthalt bedingt
sind?
Zwang ist schließlich entgegengesetzte Freiwilligkeit - unterbricht bzw. ändert die ursprünglichen
kausalen Zusammenhänge aber nicht minder als eine freiwillige Entscheidung.
_________________ Augen auf dann kann nichts passieren
|
|
Nach oben |
|
 |
AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
|
(#852964) Verfasst am: 04.11.2007, 17:05 Titel: |
|
|
Einsiedler hat folgendes geschrieben: | AXO hat folgendes geschrieben: | Einsiedler hat folgendes geschrieben: | Vorherbestimmtheit ist etwas anderes als Vorherbestimmbarkeit.
Das Fehlen letzterer ist kein Widerspruch zum Determinismus.
(Allerdings stellt sich prinzipiell die Frage, ob Determinismus überhaupt falsifizierbar ist.) |
Was vorherbestimmt wäre, muß entsprechend auch vorher"bestimm"bar sein.
Vorherbstimmbar im Sinne von vorherSEH/SAGbar. |
Das hängt davon ab, wie man Determinismus definiert. Ich verstehe darunter die Annahme,
daß alles nur so passieren kann (und damit so passieren muß), wie es tatsächlich passiert
(unabhängig von einer Vorhersagbarkeit). Da diese Annahme nicht falsifizierbar ist, gehört
sie wohl eher in den Bereich der Spekulation. |
sorry - ein festgeschriebenes Programm ist ja wohl zumindest theoretisch auch auslesbar,
völlig unabhängig davon ob Mensch die Möglichkeit hat es auch tatsächlich auszulesen.
_________________ Augen auf dann kann nichts passieren
|
|
Nach oben |
|
 |
zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
|
(#852965) Verfasst am: 04.11.2007, 17:06 Titel: Re: philosphie -- wodurch sind wir determiniert? |
|
|
helen hat folgendes geschrieben: | ich bin auf der suche nach einem gutem beispiel wodurch wir eigentlich determiniert sind und ich meine determiniert auf alle möglichen arten wie z.B biologisch, physiologiswch, psychisch, kognitiv, etc... und würde gerne wissen wie ein kompatibilist oder ein libertarian darüber denkt! |
Was wir tun und was wir denken wird durch viele Faktoren bestimmt.
Wer Determinist ist, sagt jedoch, daß alles determiniert ist. Und zwar dergestalt, daß unsere Lebenswelt einen komplett illusionären Charakter erhält.
Es gibt gute Gründe für einen deterministischen Standpunkt. Aber eben Gründe, keine Ursachen.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
|
|
Nach oben |
|
 |
Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
|
(#852966) Verfasst am: 04.11.2007, 17:06 Titel: die können alle nichts dafür |
|
|
Niemand hat folgendes geschrieben: | AXO hat folgendes geschrieben: | dann GIBT es real gar keine Entscheidungen und so gesehn auch keine >>> SCHULD.
Ich sag nicht das Du Unrecht hast - meine aber das selbst ein Killer zu jedem Zeitpunkt die
Möglichkeit hat freiwillig den Abzugsfinger zu stoppen und die Knarre einzustecken.
Wäre das anders müßte man augenblicklich sämtliche Strafverfolgung einstellen. |
Nur weil es keine Schuld gibt heisst das nicht, das Strafverfolgungen überflüssig wären.Man kann einen Täter auch dann bestrafen wenn man ihm unterstellt er habe nicht anders handeln können als er gehandelt hat. |
Zumal die Richter ja gar nicht anders können, als Verbrecher zu bestrafen.
Strafe ohne Schuld wäre somit die Folge eines richterlichen Zwangshandelns. Auch Krieg ohne Grund wäre die Folge eines Zwangshandelns.
Die können halt alle nichts dafür.
Die Richter auch nicht. Die bestrafen einfach weiter, auch wenn man sie mahnt, die Verbrecher doch als in dubio zu betrachten.
Und diejenigen, welche die Richter ausbilden und einsetzen und diejenigen, welche die Ausbilder und Einsetzer ausbilden und einsetzen - die können auch alle nichts dafür.
Selbst diejenigen, die nur darüber nachdenken, ob es Determinismus gibt und dann zu ihren determinismus-bejahenden Schlüssen kommen, haben nicht unbedingt Recht - es sei denn, sie können niemals nichts dafür, dass sie an den Determinismus glauben.
Wenn kein Determinist etwas dafür kann, dass er an den Determinismus glaubt, weil das Denken und Schlussfolgern jedes Deterministen ebenso zwangsläufig ist wie jedes andere Denken und Schlussfolgern, dann wäre das ein guter Beweis für Determinismus.
- Voraus gesetzt, der Determinismus allen Denken und Schlussfolgerns, ja sogar alles Ausbildens und Einsetzens - ach was sage ich! - allen menschlichen und androidenhaften Tuns wäre wahr.
Was aber, wenn nicht ...-?
fragt nur mal so: - der Skeptiker
_________________ °
K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
|
|
Nach oben |
|
 |
AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
|
(#852967) Verfasst am: 04.11.2007, 17:13 Titel: Re: die können alle nichts dafür |
|
|
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Niemand hat folgendes geschrieben: | AXO hat folgendes geschrieben: | dann GIBT es real gar keine Entscheidungen und so gesehn auch keine >>> SCHULD.
Ich sag nicht das Du Unrecht hast - meine aber das selbst ein Killer zu jedem Zeitpunkt die
Möglichkeit hat freiwillig den Abzugsfinger zu stoppen und die Knarre einzustecken.
Wäre das anders müßte man augenblicklich sämtliche Strafverfolgung einstellen. |
Nur weil es keine Schuld gibt heisst das nicht, das Strafverfolgungen überflüssig wären.Man kann einen Täter auch dann bestrafen wenn man ihm unterstellt er habe nicht anders handeln können als er gehandelt hat. |
Zumal die Richter ja gar nicht anders können, als Verbrecher zu bestrafen.
Strafe ohne Schuld wäre somit die Folge eines richterlichen Zwangshandelns. Auch Krieg ohne Grund wäre die Folge eines Zwangshandelns.
Die können halt alle nichts dafür.
Die Richter auch nicht. Die bestrafen einfach weiter, auch wenn man sie mahnt, die Verbrecher doch als in dubio zu betrachten.
Und diejenigen, welche die Richter ausbilden und einsetzen und diejenigen, welche die Ausbilder und Einsetzer ausbilden und einsetzen - die können auch alle nichts dafür.
Selbst diejenigen, die nur darüber nachdenken, ob es Determinismus gibt und dann zu ihren determinismus-bejahenden Schlüssen kommen, haben nicht unbedingt Recht - es sei denn, sie können niemals nichts dafür, dass sie an den Determinismus glauben.
Wenn kein Determinist etwas dafür kann, dass er an den Determinismus glaubt, weil das Denken und Schlussfolgern jedes Deterministen ebenso zwangsläufig ist wie jedes andere Denken und Schlussfolgern, dann wäre das ein guter Beweis für Determinismus.
- Voraus gesetzt, der Determinismus allen Denken und Schlussfolgerns, ja sogar alles Ausbildens und Einsetzens - ach was sage ich! - allen menschlichen und androidenhaften Tuns wäre wahr.
Was aber, wenn nicht ...-?
fragt nur mal so: - der Skeptiker |
nun nicht wenige der von Dir genannten gesellchaftlichen Gepflogenheiten sind m.E. tatsächlich
auf Determinismus zurückzuführen,
gerade da wo sie sich zweifelsfrei als unwirksam oder gar schädlich erwiesen haben.
Sich des freien Willen zu bedienen und eine gesellschaftlich legitimierte kausale Kette zu unterbrechen,
ist immerhin mit gewissen Anstrengungen verbunden.
Also geht alles seinen deterministischen Gang - egal wie irrsinnig der ist - obwohl er jederzeit
zu unterrechen wäre.
_________________ Augen auf dann kann nichts passieren
|
|
Nach oben |
|
 |
Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
|
(#852968) Verfasst am: 04.11.2007, 17:14 Titel: |
|
|
Die Frage nach dem Verhältnis der Freiheit zur Determiniertheit ist im Grunde die Frage nach dem Verhältnis von Freiheit und Welt. Und die Frage nach der Freiheit des "Willens" ist die Frage nach dem Verhältnis von Freiheit und (eigener) Tat. Mein Vorschlag wäre folgender: Man betrachte Freiheit als die Übereinstimmung des eigenen Willens mit dem eigenen Handeln einerseits und der erlebten Welt andererseits. Freiheit ist dann nicht das Gegenteil von Determiniertheit, sondern ihre ultimative Realisierung. Und es gibt dann auch keine Freiheit des Willens, sondern eine Freiheit des Handelns in Übereinstimmung mit dem Willen. Der Streit "Willensfreiheit vs. Determiniertheit" käme gar nicht auf. Und eine "Entscheidung" wäre dann nur der Versuch des Gehirns (oder wessen auch immer), in einer bestimmten Situation eine Strategie zu finden, den Willen mit dem eigenen Handeln und mit der Welt in Übereinstimmung zu bringen. Eine "Entscheidung" hätte dann sozusagen den Charakter eines Experiments und das würde nichts anderes sagen, als dass unser Handeln letztlich sozusagen immer experimentell ist (und das ist nicht einfach zufällig so). Eine andere Besonderheit meines Vorschlages wäre, dass nach dieser Deutung Unfreiheit mit Leid, Freiheit hingegen mit Freude einhergeht. Das wäre mein Vorschlag zu diesem Thema.
Beispiele habe ich hier schon mal gebracht.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
|
|
Nach oben |
|
 |
step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
|
(#852974) Verfasst am: 04.11.2007, 17:21 Titel: |
|
|
Einsiedler hat folgendes geschrieben: | Das hängt davon ab, wie man Determinismus definiert. Ich verstehe darunter die Annahme, daß alles nur so passieren kann (und damit so passieren muß), wie es tatsächlich passiert (unabhängig von einer Vorhersagbarkeit). |
Ja, so ähnlich würde ich das auch definieren.
Einsiedler hat folgendes geschrieben: | Da diese Annahme nicht falsifizierbar ist, gehört sie wohl eher in den Bereich der Spekulation. |
Wieso nicht falsifizierbar? Es reicht doch aus, daß die besten derzeitigen Theorien für die Welt, die uns umgibt, genau das aussagen. Es gibt keine Hinweise, daß im Gehirn irgendetwas abläuft, das nicht durch die QED beschrieben wird. Also gut, für "alles" würde ich das vielleicht nicht ausdehnen, aber auf alles Bekannte.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
|
|
Nach oben |
|
 |
AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
|
(#852977) Verfasst am: 04.11.2007, 17:30 Titel: |
|
|
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ...Eine andere Besonderheit meines Vorschlages wäre, dass nach dieser Deutung Unfreiheit mit Leid, Freiheit hingegen mit Freude einhergeht. Das wäre mein Vorschlag zu diesem Thema.... |
Den experimentellen Charakter des Lebens würde ich sofern es hauptsächlich auf Freiwilligkeit basiert
unterschreiben.
Sofern man die Welt aber nüchtern betrachtet, versuchen Menschen hauptsächlichst Experimente
zu vermeiden und begeben sich in die Unfreiheit der deterministischen gesellschaftlichen Abläufe,
welche ihnen die Entscheidungen weitestgehend abnimmt und dafür den Anschein von Sicherheit bietet.
Aus dem von Dir genannten Bestreben das eigene Verhalten mit der Welt in Einklang zu bringen,
resultiert somit die Abfindung mit Determinismus.
Was Leid und Freude betrifft stimme ich Dir komplett zu.
Die meißten Menschen träumen oft ihr Leben lang von etwas was sie gern tun würden, wenn sie frei entscheiden "dürften"
wie sie wirklich wollen = Freude.
Indem sie sich aber nicht aus der Unfreiheit des gesellschaftlichen Determinismus lösen verbringen
sie die größten Teile ihres Lebens in >>> Leid.
_________________ Augen auf dann kann nichts passieren
|
|
Nach oben |
|
 |
Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
|
(#852986) Verfasst am: 04.11.2007, 17:39 Titel: |
|
|
AXO hat folgendes geschrieben: | Sofern man die Welt aber nüchtern betrachtet, versuchen Menschen hauptsächlichst Experimente zu vermeiden. |
Der Versuch, Experimente zu vermeiden, hat selbst experimentellen Charakter.
AXO hat folgendes geschrieben: | [...] begeben sich in die Unfreiheit der deterministischen gesellschaftlichen Abläufe. |
Falsch verstanden. Ich spanne keine Opposition auf zwischen Determiniertheit und Freiheit. Und es gibt kein Außerhalb gesellschaftlicher Determiniertheit.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 04.11.2007, 17:43, insgesamt 2-mal bearbeitet |
|
Nach oben |
|
 |
step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
|
(#852988) Verfasst am: 04.11.2007, 17:41 Titel: |
|
|
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Man betrachte Freiheit als die Übereinstimmung des eigenen Willens mit dem eigenen Handeln einerseits und der erlebten Welt andererseits. |
Es wäre demnach Freiheit, wenn das reale Geschehen mit den eigenen Präferenzen übereinstimmt. Im Prinzip gefällt mir das, allerdings würde das ja auch den Fall abdecken, wo man eine triviale Präferenz hat, etwa wenn ein Halbverhungerter ein angebotenes Nahrungsmittel ergreift und isst. Er fühlt sich dabei sicher nicht besonders frei, trotzdem ist die Handlung befriedigend.
Ich denke, es muß noch dazukommen, daß man glaubt, das Präferenzmodul des eigenen Gehirns treffe eine knappe, aber informationsbasierte Entscheidung.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ... Und eine "Entscheidung" wäre dann nur der Versuch des Gehirns (oder wessen auch immer), in einer bestimmten Situation eine Strategie zu finden, den Willen mit dem eigenen Handeln und mit der Welt in Übereinstimmung zu bringen. |
Das würde der Determinist unterschreiben, denn der "Versuch" läuft ja ebenso determiniert ab.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Eine "Entscheidung" hätte dann sozusagen den Charakter eines Experiments und das würde nichts anderes sagen, als dass unser Handeln letztlich sozusagen immer experimentell ist (und das ist nicht einfach zufällig so). |
Auch hier wird Dir vermutlich fast jeder zustimmen, denn natürlich kann das Gehirn erst später auswerten, ob die Simulation der Zukunft, die die Präferenzwahl begleitete, ein hinreichend genaues Modell der tatsächlich eintretenden Entscheidungsfolgen war.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Eine andere Besonderheit meines Vorschlages wäre, dass nach dieser Deutung Unfreiheit mit Leid, Freiheit hingegen mit Freude einhergeht. Das wäre mein Vorschlag zu diesem Thema. |
Auch hier wieder tendenziell Zustimmung. Aber auch hier gilt, daß der Kompatibilismus nur gerettet wird, indem mit der Bewertung der Kausalität als Determinante an einer Stelle in der Kette einfach aufgehört wird.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
|
|
Nach oben |
|
 |
jawajedi_0x72 dem reptilienhirn auf der spur
Anmeldungsdatum: 08.07.2006 Beiträge: 35
|
(#852997) Verfasst am: 04.11.2007, 17:47 Titel: |
|
|
Zitat: | - die Ausgangssituation
- die Wahrnehmung der zwei Möglichkeiten
- die Bewertung dieser Möglichkeiten durch Dein Gehirn mittels zuvor gespeicherten Präferenzen
- die Steuerung der Handlung
- die nachträgliche Bewertung und Sinngebung der Handlung |
Ja, aber der Algorithmus, der da abläuft ist sich doch dieser 5 Punkte auch bewusst (manchmal zumindest) und kann die Schleife dann noch ein paar mal durchlaufen (das ist natürlich vereinfacht). Ich denke aus diesem Hase und Igel Spiel ergeben sich fundiertere Entscheidungen, im Gegensatz zu Reflexen bzw. dem Nachschauen in Tabellen. Auf die Art der Informationsverarbeitung kommt es imho an und die ist beim Augentierchen, Fliege, Hund oder Mensch jeweils etwas anders.
Ich setze jedenfalls 50$ gegen die Komplett-Deterministen und spekuliere darauf, dass sich später einmal eine Lösung des Problems nach dem Motto "Unterschiedliche Informationsverarbeitung führt zu qualitativen Unterschieden bei der Entscheidungsfindung" ergibt. Nur weil bei Amöbe und Mensch die Naturgesetze gelten, sind deren Entscheidungen nicht gleichwertig.
|
|
Nach oben |
|
 |
Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
|
(#852999) Verfasst am: 04.11.2007, 17:48 Titel: |
|
|
step hat folgendes geschrieben: | Im Prinzip gefällt mir das, allerdings würde das ja auch den Fall abdecken, wo man eine triviale Präferenz hat, etwa wenn ein Halbverhungerter ein angebotenes Nahrungsmittel ergreift und isst. |
Nach meiner Überlegung wäre er das wohl. Auf jeden Fall frei von Hunger. Aber vielleicht hast du da gar nicht so unrecht...
step hat folgendes geschrieben: | Ich denke, es muß noch dazukommen, daß man glaubt, das Präferenzmodul des eigenen Gehirns treffe eine knappe, aber informationsbasierte Entscheidung. |
Schwierig. Es gibt Fälle, in denen ich auch von Freiheit reden würde, in denen dieser Glaube jedoch unmaßgeblich ist. Mir fällt nur momentan kein Beispiel ein.
step hat folgendes geschrieben: | Das würde der Determinist unterschreiben, denn der "Versuch" läuft ja ebenso determiniert ab. |
Es gibt jedenfalls nichts innerhalb meines Modells, das dagegen spräche, dass er ebenso determiniert abläuft.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 04.11.2007, 17:53, insgesamt 7-mal bearbeitet |
|
Nach oben |
|
 |
|