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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#105856) Verfasst am: 20.03.2004, 18:30 Titel: |
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Eifellady hat folgendes geschrieben: | Also im Grunde, dass Unvermögen der Menschen nicht erkennen zu wollen, dass das Leben im Grunde sinnlos ist? Aber wenn das so ist, warum haben wir dann das Bedürfnis uns zu vermehren oder weiterzuentwickeln? |
Weil nur eine Art, die zufällig dieses Bedürfnis hat, sich heute diese Frage stellen könnte.
Eifellady hat folgendes geschrieben: | Sollen wir nicht erkennen, dass es sinnlos ist? |
"Sollen" suggeriert fälschlicherweise, daß es beabsichtigt sei.
Eifellady hat folgendes geschrieben: | Eine Art Schutzmechanismus- damit wir dem Leben nicht gleich ein Ende setzen? Oder nicht das Bedürfnis haben, uns zu vermehren? |
Ja, so in etwa. Der Mensch kann sich auch besser aufs Fressen, Kinderzeugen und Kämpfen konzentieren, wenn er die unerklärlichen Dinge wegschiebt
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Woici ist vollkommen humorlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 7437
Wohnort: Em Schwobaländle
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(#105876) Verfasst am: 20.03.2004, 18:44 Titel: |
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Eifellady hat folgendes geschrieben: | Woici hat folgendes geschrieben: |
Unerklärliche, aber direkt erfahrbare Dinge... der Wind, die Wellen waren Dinge die man sich nicht erklären konnte, die aber da waren... also muss es jemanden geben, der Wind macht, der Wellen macht und der Bltze schleudert, denn eine Erfahrung hatten auch diese Menschen schon gemacht... es passiert nichts ohne dass es eine Ursache hat... wenn ich die Ursache nicht erkennen kann, dann mache ich eben einen unsichtbaren Gott zur Ursache und schon habe ich eine Erklärung... |
Nun gut- aber mit der Erklärung durch einen Gott schafft sich der Mensch doch im Grunde wieder eine neue Unbekannte.
Warum akzeptiert der Mensch dann einfach nicht, diese unerklärlichen Dinge anzunehmen und sich nicht noch eine weitere Unbekannte aufzuerlegen, deren *Sichtbarkeit* dann gar nicht mehr gegeben ist- während die Entstehung von Blitz und Donner zwar unerklärlich, aber etwas war, dass man sah und fühlte? |
diese Frage würde ich gerne an Dich weiter reichen... ICH glaube ja nicht an ein übernatürliches Wesen... warum brauchst Du mit aller Gewalt einen imaginären Haltegriff?
Zitat: | Zitat: | das göttliche steckt nicht im Menschen, aber das Bedürfnis, allem eine Erklärung abzuringen. Wenn jetzt die Kenntnisse nicht ausreichen eine natürliche Erklärung zu finden, dann bietet sich ein unsichtbarer, unfassbarer Gott förmlich dazu an... das ist ja auch noch heute zu beobachten... wo spielt denn ein Gott noch eine Rolle? Doch ausschliesslich da, wo die Wissenschaft noch keine oder für manche unzureichende Erklärungen bieten kann.
Und wenn morgen nachgewiesen werden könnte, dass es kein Leben nach dem Tod mehr gibt, wäre auch diese Domäne den Göttern entrissen... |
Wenn der Mensch das Bedürfnis hat, allem eine Erklärung abzuringen, warum dann mit einer weiteren Unbekannten? |
siehe oben...
Zitat: | Zitat: |
und aus welchem Grund? Weil sie mit aller Gewalt jetzt und sofort eine Erklärung für etwas haben wollen, für das es im Augenblick keine Erklärung gibt oder wo sie die Erklärungen der Wissenschaftler einfach nicht glauben wollen... und da ist es vollkommen schnuppe ob man sich dann auf die Esoterik, auf Sterndeuterei oder den Katholizismus stürzt... die Intention ist überall die gleiche und überall ist es (wie praktisch) nicht beweisbar... |
Aber warum ist der Mensch so? Warum will er immer mit Gewalt alles sofort wissen? Oder eine Erklärung dafür haben? Warum kann er nicht abwarten? |
wenn er nicht so wäre wie er ist, würden wir uns hier und jetzt nicht mit diesem Medium unterhalten...
Zitat: | Zitat: |
es ist keine Sehnsucht nach einem Gott sondern die Sehnsucht allem eine Ursache zuweisen zu können oder das Unvermögen das Leben als das zu betrachten was es ist... eine endliche Existenz auf diesem Planeten... |
Also im Grunde, dass Unvermögen der Menschen nicht erkennen zu wollen, dass das Leben im Grunde sinnlos ist?
Aber wenn das so ist, warum haben wir dann das Bedürfnis uns zu vermehren oder weiterzuentwickeln? |
weil Arten die dieses Bedürfnis nicht haben, noch in der ersten Generation ausgestorben wären... Ohne das Bedürfnis sich zu vermehren, kein Leben...
Zitat: | Sollen wir nicht erkennen, dass es sinnlos ist? |
das impliziert dass jemand ein interesse daran haben könnte uns dies zu verheimlichen... dem ist aber nicht so... ausserdem ist es nicht sinnlos sondern dient der erhaltung der Art... und biologisch gesehen ist das Individuum praktisch völlig irrelevant...
Zitat: | Eine Art Schutzmechanismus- damit wir dem Leben nicht gleich ein Ende setzen? Oder nicht das Bedürfnis haben, uns zu vermehren? |
das Bedürfnis sich zu vermehren ist kein intellektuelles Bedürfnis sondern ein biologisches Bedürfnis auf das Du relativ wenig Einfluss hast... ohne dieses Bedürfnis...siehe oben...
Zitat: | Zitat: | und dafür hast Du natürlich auch irgendwelche Nachweise? Bin ich unvollständig weil ich diesen imaginären Haltegriff nicht benötige? |
Natürlich habe ich keine Nachweise. Es ergibt sich aus den Gedanken, die ich vorher schon geäußert habe.
Wenn du sagst, du kommst ohne den Haltegriff aus, dann ist es genau das was ich schon zu Beginn meinte- warum haben die Menschen nicht einfach akzeptiert - und tun es immer noch nicht- dass *es ist wie es ist* und haben sich eine Erklärung gesucht? |
vieleicht weil manche Menschen zu schwach sind oder zu wenig Selbstbewustsein haben?
Zitat: | ´
Wie man das Wirken durch den Meschen nennt, ist eigentlich ohne Bedeutung. Wenn du sagst, ich brauche diesen *Haltegriff* nicht um mein Leben zu leben, dann ist das eine Art Erkenntnis.
Es ist ein Annehmen deines Lebens, die Art wie du mit deinen Mitmenschen umgehst.
Oft wird von Kirchenvertretern oder von Gläubigen gesagt, Moral und Sitte- gar Überleben sei nur mit einer bestimmten Religion möglich.
Dieser Ansicht bin ich nicht. Denn der Glauben oder die Religion ist meiner Ansicht nach nur eine Äußerung von ähnlichen Aspekten, die Menschen eine Basis zu einer Gemeinschaft geben, die in bestimmten Dingen einen Sinn sehen.
Deshalb kann ich zu keiner Religion oder zu keiner Glaubens - oder auch Nichtglaubensrichtung sagen, sie sei richtig oder falsch.
Es ist einfach eine Grundlage, deren ethischen oder/und sozialen Aspekte ich als die für mich richtigen erachte. | [/quote]
und dazu brauchst Du eine Mitgliedsschaft in einer Religionsgemeinschaft?
_________________ eigentlich bin ich ein ganz netter... und wenn ich freunde hätte, könnten die das auch bestätigen.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#105909) Verfasst am: 20.03.2004, 19:04 Titel: |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Für die weltweite Ausbildung von Religionen vermute ich weniger weniger biologische Ursachen
...
Insgesamt betrachte ich Religionen als eine Nebenwirkung eben jener geistigen Fähigkeiten und Anlagen ... |
Hmm :kopfkratz: |
Hab ich mich unklar ausgedrückt? |
Ja. Ist die Ausbildung von Religion (Glauben?) nun eine Nebenwirkung biologischer Anlagen oder nicht?
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#105934) Verfasst am: 20.03.2004, 19:32 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Wygotsky hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Für die weltweite Ausbildung von Religionen vermute ich weniger weniger biologische Ursachen
...
Insgesamt betrachte ich Religionen als eine Nebenwirkung eben jener geistigen Fähigkeiten und Anlagen ... |
Hmm :kopfkratz: |
Hab ich mich unklar ausgedrückt? |
Ja. Ist die Ausbildung von Religion (Glauben?) nun eine Nebenwirkung biologischer Anlagen oder nicht?
gruß/step |
OK, ich sehe, wo das Problem liegt. Die Frage ist, was man als biologische Anlage betrachten möchte. Meine Haarfarbe sehe ich zum Beispiel als biologische Anlage, da sie auf der DNA codiert ist. Meine Haare sind ohne mein Zutun blond. Aber bei anderen menschlichen Eigenschaften ist das nicht so eindeutig. Wie steht es z.B. mit der Sprache? Gewiss basiert die Fähigkeit zum Spracherwerb auf biologischen Eigenschaften. Wenn ein Kind aber in einer sprachfreien Umgebung aufwächst, wird es keine Sprache erwerben. Auch Rechnen kann man nicht von Geburt an. Trotzdem kann man experimentell nachweisen, dass einfache Additionen schon kurz nach der Geburt möglich sind. Hier liegt dann die Vermutung nahe, dass diese rudimentäre Mathematik bereits bei der Geburt verdrahtet ist, als eine Art Wissensbasis, auf der der weitere mathematische Wissenserwerb aufbauen kann.
Die Frage für mich ist nun: Gibt es eine rudimentäre Theologie, eine Art primitiver Gottesvorstellung, mit der ein Mensch zur Welt kommt. Falls ja, dann würde ich dieses theologische Wissen vor aller Erfahrung als biologische Ursache der Religion begreifen.
Oder ist es vielmehr so, dass der Mensch sich aufgrund bestimmter biologischer Anlagen in einer existentiellen Situation wiederfindet, in der er primitive religiöse Vorstellungen erfinden muss, um seine Bedürfnisse zu befriedigen. In diesem Fall hätte Religion zwar eine biologische Grundlage, aber der Zusammenhang wäre indirekter.
Ein gutes Bild für das, was ich im Sinn habe, ist das Laufenlernen. Bei einem Reh ist diese Fähigkeit bereits vor der Geburt fest verdrahtet. Das Reh kommt zur Welt, richtet sich kurz danach mit zittrigen Beinen auf und läuft. Nun wenig Feintuning ist nötig, damit das Laufen funktioniert. Beim Menschen ist das offenbar anders organisiert. Zwar ist auch er biologisch aufs Laufen ausgelegt und muss früher oder später beim Laufen landen, aber im Gegensatz zum Reh muss er das Laufen für sich erfinden und erlernen. Dabei durchlaufen über 90% der Menschen eine festgelegte Folge von Phasen des Laufenlernens. Es gibt aber einige wenige Prozent Kinder, die das Laufen auf anderem Wege erfinden, letztlich aber beim gleichen Ergebnis landen.
Man könnte die Metapher des Laufenlernens noch weiter führen. Am Anfang krabbeln wir. Dann lernen wir zunehmend zu laufen und das Laufen befriedigt immer mehr Bedürfnisse besser als das Krabbeln. Trotzdem war das Krabbeln ein notwendiger Übergang. Und hin und wieder gibt es Situationen, in denen wir (oft widerwillig) auf den Krabbelmodus zurückgreifen müssen, weil Laufen hier nicht funktioniert. Ich vermute, so ähnlich verhält es sich mit dem wissenschaftlichen Denken und der Religion.
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sophotourasp entartet, zersetzend, unerwünscht
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 183
Wohnort: zimmer 11
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(#105936) Verfasst am: 20.03.2004, 19:35 Titel: |
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die meisten hier werden meine theorie sowiso wieder ablehnen, deshalb fasse ich mich kurz
das menschliche denken besteht ja bekanntlich auf dem logischen UND dem kreativen teil. im heutigen weltbild, der gewünschten wissenschaftlichen denkweise und auch in unserem alltag wird das kreative unterdrückt.
das kreative denken lässt uns sehr viel grössere dinge überblicken als das logische denken, aber leider nur schrecklich ungenau.
wenn sich das kreative denken befreien muss, kann es am anfang sehr groteske formen annehmen
in den ursprünglichen religionen wiedersprechen sich logisches und kreatives nicht, denn beides denken ist ähnlich weit entwickelt. heute sind wir logisch sehr weit, kreativ aber noch in der krabbelgruppe.
_________________ ich wünsche, ich hätte auf meine Mutter gehört, als ich noch klein war
Wieso, was hat sie dir denn gesagt?
Ich weiß es nicht, ich hab nicht zugehört
Oh
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#105937) Verfasst am: 20.03.2004, 19:36 Titel: |
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Beim Menschen sind die körperlichen Funktionen unterentwickelt, damit die geistigen besser zum tragen kommen. Babies haben anfangs noch nen sehr großen Kopf. Ich denke, dass das Laufenlernen kein reiner LErnprozess sondern auch ein Kraftakt ist. Ein baby hat wie gesagt nen Kopf der im vergleich zum Körper und somit auch den Beinen viel zu groß ist. Die mangelnde Erfahrung ist vermutlich weniger wichtig.
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katarakt Gewässer
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 62
Wohnort: Wien
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(#105951) Verfasst am: 20.03.2004, 20:01 Titel: |
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sophotourasp hat folgendes geschrieben: | das menschliche denken besteht ja bekanntlich auf dem logischen UND dem kreativen teil. im heutigen weltbild, der gewünschten wissenschaftlichen denkweise und auch in unserem alltag wird das kreative unterdrückt. |
Denkst du, Kreativität hätte bei der Entstehung von Evolutions- und Relativitätstheorie keinen Anteil gehabt? Wissenschaftliches Denken und K. sind nicht notwendigerweise Gegensätze.
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#105953) Verfasst am: 20.03.2004, 20:05 Titel: |
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narziss hat folgendes geschrieben: | Beim Menschen sind die körperlichen Funktionen unterentwickelt, damit die geistigen besser zum tragen kommen. Babies haben anfangs noch nen sehr großen Kopf. Ich denke, dass das Laufenlernen kein reiner LErnprozess sondern auch ein Kraftakt ist. Ein baby hat wie gesagt nen Kopf der im vergleich zum Körper und somit auch den Beinen viel zu groß ist. Die mangelnde Erfahrung ist vermutlich weniger wichtig. |
Gute Idee, aber es stimmt nicht.
Im Mutterleib schwimmt der Fötus im Fruchtwasser und befindet sich quasi in einem Zustand der Schwerelosigkeit. In den ersten Wochen und Monaten hat er viel Platz. Und in dieser Zeit probiert er bereits Bewegungen aus. Das Bewegungsrepertoire von Föten ist empirisch gut erfasst. (Übrigens wird zu diesem Zeitpunkt sogar das Atmen "geübt". Mit Fruchtwasser.) Gegen Ende der Schwangerschaft wird es in der Gebärmutter immer enger. Daher kann der Fötus sein Bewegungsrepertoire nicht mehr zeigen. Nach der Geburt spürt der Säugling zum ersten Mal die brutale Gewalt der Schwerkraft, die ihn zu Boden presst. Wenn man das Bewegungsrepertoire im Uterus kennt, erkennt man ziemlich gut, welche Bewegungen er auszuführen versucht, aber mangels Kraft nicht mehr ausführen kann. In diesem Punkt hast du mit deiner Vermutung also genau ins Schwarze getroffen.
Für die weitere Entwicklung des Bewegungsverhaltens werden nun die Reflexe entscheidend. Auch die sind ziemlich gut erfasst. Eine wichtige Rolle spielt zum Beispiel der Saugreflex, der gleichzeitig als Verstärker wirkt. Wenn das Kind zufällig etwas in den Mund bekommt, wird der Saugreflex ausgelöst, was vermutlich als lustvoll empfunden wird. Man kann sich leicht vorstellen, dass Bewegungen, die den Saugreflex ausgelöst haben, nun statistisch häufiger auftreten. Das ist im Prinzip ganz normales Lernen durch operante Konditionierung. Es gibt aber keine Anhaltspunkte dafür, dass ein komplexes Bewegungsmuster wie das Laufen koordinativ bereits verfügbar wäre und nur aus Kraftmangel noch nicht ausgeführt werden kann. Im Gegenteil ist gut erfasst, wie verschiedene Bewegungsabläufe aufeinander aufbauen und zunehmend komplexere Formen erlauben, die schließlich auf einem Hauptpfad und einigen Nebenpfaden beim Laufen landen. Gerade die Tatsache, dass das Laufen nicht von allen Kindern auf derselben Route erreicht wird, ist ein guter Hinweis darauf, dass diese Fähigkeit wirklich erlernt werden muss, ganz im Gegensatz zu vielen Tieren.
Wir haben also beim Menschen nicht nur die körperliche Besonderheit, dass der Kopf im Vergleich zum Körper sehr schwer ist und der ganze Mensch quasi als Frühgeburt zur Welt kommt. Wesentlich ist vielmehr, dass auch neuronale Strukturen im Vergleich zu anderen Tieren viel weniger festgelegt sind. Fähigkeiten, die wir in jedem Fall brauchen werden, müssen wir im Gegensatz zu anderen Tieren mühsam lernen. Welchen adaptiven Nutzen das hat, kann man nur raten. Ich vermute, es ist der Preis für ein Gehirn, das im Prinzip jeden Scheiß lernen kann.
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sophotourasp entartet, zersetzend, unerwünscht
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 183
Wohnort: zimmer 11
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(#105958) Verfasst am: 20.03.2004, 20:22 Titel: |
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katarakt hat folgendes geschrieben: | sophotourasp hat folgendes geschrieben: | das menschliche denken besteht ja bekanntlich auf dem logischen UND dem kreativen teil. im heutigen weltbild, der gewünschten wissenschaftlichen denkweise und auch in unserem alltag wird das kreative unterdrückt. |
Denkst du, Kreativität hätte bei der Entstehung von Evolutions- und Relativitätstheorie keinen Anteil gehabt? Wissenschaftliches Denken und K. sind nicht notwendigerweise Gegensätze. | leider wird in der wissenschaftlichen welt alles an rationalen massstäben gemessen. was in keinen massstab passt wird automatische "unglaubwürdig". so behält das logische immer das steuer in der hand. unbestritten haben die denkmuster die heute auf der erde üblich sind uns an den rand des letzten abgrunds gebracht.
auffallen ist auch, dass die rationalen jahrhunderte unseren planeten beinahe zerstört haben. mehr rationalität als heute kann imho nicht erreicht werden, alle bemühungen in diese richtung können den denkmusterwechsel höchstens verzögern. die rationalität kann eine globale kriese wie sie augenblicklich entsteht nicht überleben, rationalität auf der heutigen ebene funktioniert nicht ohne konsum und luxus.
(vergl: wenn es den menschen (materiell) schlecht geht laufen sie in die kirche)
_________________ ich wünsche, ich hätte auf meine Mutter gehört, als ich noch klein war
Wieso, was hat sie dir denn gesagt?
Ich weiß es nicht, ich hab nicht zugehört
Oh
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#105963) Verfasst am: 20.03.2004, 20:28 Titel: |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Die Frage für mich ist nun: Gibt es eine rudimentäre Theologie, eine Art primitiver Gottesvorstellung, mit der ein Mensch zur Welt kommt. Falls ja, dann würde ich dieses theologische Wissen vor aller Erfahrung als biologische Ursache der Religion begreifen.
Oder ist es vielmehr so, dass der Mensch sich aufgrund bestimmter biologischer Anlagen in einer existentiellen Situation wiederfindet, in der er primitive religiöse Vorstellungen erfinden muss, um seine Bedürfnisse zu befriedigen. In diesem Fall hätte Religion zwar eine biologische Grundlage, aber der Zusammenhang wäre indirekter. |
OK, so ist es verständlicher.
Ich hatte ja schon auf die Unterscheidung zwischen Religion / Gottesvorstellung einerseits und Glaubensfähigkeit / Spiritualität andererseits hingewiesen. Ich denke nicht, daß Religion oder gar ein Gottesbild vorgeprägt sind. Aber sie fallen auf biologisch fruchtbaren Boden, weil die Gehirnstruktur Pseudovervollständigungen und Personifizierungen begrüßt.
Mir ist wichtig, Behauptungen entgegenzutreten, das gesamte System Glauben, Spiritualität, Religion, Gottesvorstellung sei von bösen Ausbeutern erdacht, um es harmlosen Jungwissenschaftlern zwangsweise einzutrichtern, damit sie besser instrumentalisiert werden können.
Diese Ausnutzung gibt es zwar, aber sie ist nicht Ursache des Glaubens (eher schon die Folge )
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#105967) Verfasst am: 20.03.2004, 20:37 Titel: |
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sophotourasp hat folgendes geschrieben: | leider wird in der wissenschaftlichen welt alles an rationalen massstäben gemessen. was in keinen massstab passt wird automatische "unglaubwürdig". so behält das logische immer das steuer in der hand. unbestritten haben die denkmuster die heute auf der erde üblich sind uns an den rand des letzten abgrunds gebracht.
auffallen ist auch, dass die rationalen jahrhunderte unseren planeten beinahe zerstört haben. mehr rationalität als heute kann imho nicht erreicht werden, alle bemühungen in diese richtung können den denkmusterwechsel höchstens verzögern. die rationalität kann eine globale kriese wie sie augenblicklich entsteht nicht überleben, rationalität auf der heutigen ebene funktioniert nicht ohne konsum und luxus.
(vergl: wenn es den menschen (materiell) schlecht geht laufen sie in die kirche) |
Es könnte tatsächlich sein (obwohl ich das nicht glaube), daß es für das Ziel "Überleben möglichst vieler Spezies" oder für das Ziel "Überleben der menschlichen Spezies" günstiger wäre, wenn wir weniger wüßten oder an den Buschgeist glauben würden. Vielleicht ist es auch günstiger, Menschen zu foltern oder zu essen, oder wenigstens die Frau ihrer natürlichen Bestimmung wieder zuzuführen.
Wer recht hat, heilt nicht unbedingt am besten.
gruß/step
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#105970) Verfasst am: 20.03.2004, 20:41 Titel: |
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Ich denke dass Glauben letzlich immer negativ ist.
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#105971) Verfasst am: 20.03.2004, 20:46 Titel: |
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Inwiefern?
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#105972) Verfasst am: 20.03.2004, 20:50 Titel: |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Inwiefern? | Das wäre wohl nen eigenen Thread wert.
Ich behaupte, dass der Glaube letzlich nichts positives liefert und durch finanzielle Leistungen an eine Insititution Geld verschlingt. Die strenge Erziehung die dazu führt, dass der Glaube nicht ausstirbt wäre schädlich.
Allerdings müsste dazu gezeigt werden, dass Glauben nicht von ganz alleine entsteht und genau das ist hier der Punkt. Wenn ich was wissen will, dann mach ich gerne n paar threads auf lese was in jedem geschrieben wurde und füge dann alles zusammen.
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sophotourasp entartet, zersetzend, unerwünscht
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 183
Wohnort: zimmer 11
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(#105973) Verfasst am: 20.03.2004, 20:51 Titel: |
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narziss hat folgendes geschrieben: | Ich denke dass Glauben letzlich immer negativ ist. | du denkst das nicht nur, du glaubst, der glaube sei etwas negatives
_________________ ich wünsche, ich hätte auf meine Mutter gehört, als ich noch klein war
Wieso, was hat sie dir denn gesagt?
Ich weiß es nicht, ich hab nicht zugehört
Oh
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Volker Bekennender Atheist
Anmeldungsdatum: 29.07.2003 Beiträge: 190
Wohnort: Würzburg
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(#105975) Verfasst am: 20.03.2004, 20:52 Titel: |
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Ich erlaube mir mal, ein Posting aus einem anderen Forum hier nochmal zu veröffentlichen. Mir war die Frage gestellt worden, warum ich trotz früherer persönlicher Gotteserfahrung nicht mehr an Gott glaube. Dies war meine Antwort:
Ich hatte zunächst in der Kirche das überwältigende Gefühl einer persönlichen Präsenz. Ich habe dies (später) nicht einfach hingenommen und mir gesagt "Das muss Gott sein". Ich wollte wissen woher das kommt.
Zunächst war mir bei der Beschäftigung mit dem Spiritismus aufgefallen, wie leicht sich Menschen täuschen bei der Beschäftigung mit dem eigenen Selbst. Diese Bereitschaft sich über sich selbst zu täuschen ist so weit verbreitet, dass es darüber eine Fülle an psycholgischen Versuchen gibt, die das bestätigen. Das bedeutet, wenn ich ein Erlebnis habe, welches kein anderer hat, dann bin ich ganz besonders anfällig für Täuschungen.
Stell' Dir vor, Du bist in einem Raum und siehst dort eine rosa Ratte umherhuschen. Aber kein anderer außer Dir sieht das. Hast Du nun eine rosa Ratte gesehen oder nicht? Existiert sie wirklich? Das gilt aber nicht nur für äußere Wahrnehmungen, sondern ebenfalls für die Wahrnehmung unserer selbst. Mehr noch, eine Täuschung können wir nur schwer von einer realen Wahrnehmung unterscheiden, wenn uns eine fehlerkorrigierende Instanz fehlt. Im Fall der Ratte haben wir sie - andere Menschen. Und auch wenn die nicht da sind, so können wir nach Spuren suchen oder der Ratte selbst. Wir können uns durch andere Evidenzen davon überzeugen, ob es sich nun um eine Täuschung handelt oder nicht.
Bei inneren Erlebnissen fehlt uns dieser korrigierende Faktor. Machen wir einen Fehler, so haben wir keine Chance, herauszufinden, ob wir uns getäuscht haben oder nicht. Dies macht jede innere Wahrnehmung anfälliger für Täuschungen als jede äußere Wahrnehmung. Und es gibt überhaupt keinen Grund, anzunehmen, innere Wahrnehmungen seien irgendwie "besser" oder "konkreter" oder "immuner" gegen Täuschung als innere Empfindungen. Im Gegenteil, da uns generell jeder korrigierende Faktor fehlt, ist es sogar viel wahrscheinlicher, dass wir uns täuschen.
Woher kommt die (relative) Verlässlichkeit unserer Sinneswahrnehmung? Wieso können wir ihr vertrauen, trotz aller Sinnestäuschungen, die immer noch vorkommen? Weil ein Mensch in grauer Vorzeit, dessen Sinneswahrnehmung sehr unzuverlässig war, relativ schnell Beute eines Räubers wurde und daher mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit zu unseren Vorfahren gehörte.
Für innere Wahrnehmungen gilt dies auch zum Teil - Schmerzempfinden, Gleichgewichtssinn, sensorische Wahrnehmung unserer Körperlage etc. Ein Mensch ohne Schmerzempfinden hatte früher nur eine sehr geringe Überlebenschance (selbst heute werden solche Menschen nicht alt) und gehört daher kaum zu unseren Vorfahren.
Und jetzt kommt es: Nehmen wir die Wahrnehmung der Präsenz eines anderen Agenten (= willentlich handelnden Wesens) ohne dass ein Körper vorhanden ist, was meist als Gotteserfahrung bezeichnet wird. Ich bezeichne dies als Wahrnehmung eines intentionalen Agentens ohne körperliche Evidenz. Wenn wir den Körper eines anderen Menschen sehen, schließen wir ganz auotmatisch darauf, dass es sich um einen intentionalen (= willentlich handelnden) Agenten handelt.
Aber die Wahrnehmung eines intentionalen Agenten, ohne gleichzeitig einen Körper zu sehen, hat evolutionäre Vorteile!
Wie das? Das menschliche Genom wurde in einer Zeit geprägt, als Menschen sowohl Jäger als auch Beute für Räuber waren. Menschen sind körperlich schwach und langsam, gegen einen angreifenden Wolf hat ein Mensch alleine kaum eine Chance. Woran erkennt man einen potenziell angreifenden Räuber? Nicht an seiner körperlichen Präsenz. Wenn man einen Wolf oder Bären sieht, dann ist es meist zu spät. Folglich muss man ihn wahrnehmen können, bevor man seinen Körper sieht. Dies geschieht anhand kleinster Bewegungen von Gräsern, Zweigen von Sträuchern etc. Bereits aus den kleinsten Abweichungen von der natürlichen, nicht-intentionalen Bewegungen durch den Wind und subtilsten Geräuschen musste man daraus schließen können, dass es sich um einen anschleichenden Räuber handelt. Wer das nicht konnte, wurde leicht zur Beute eines tierischen oder menschlichen Jägers und gehörte daher kaum zu unseren Vorfahren.
Was bietet nun größere Vorteile? Die Erkennung eines intentionalen Agentens nur genau dann, wenn es auch tatsächlich einen gibt, oder die Erkennung auch dann, wenn da nichts ist? Es gibt bei dieser Erkennung drei Möglichkeiten:
- 1. Erkennung eines intentionalen Agentens, wenn dort auch tatsächlich einer ist (richtiger Alarm).
- 2. Erkennung eines intentionalen Agentens, wenn dort keiner ist (falscher Alarm).
- 3. Erkennung keines intentionalen Agentens, wenn dort einer ist (fehlender Alarm).
1. ist unkritisch, 2. ist auch relativ unkritisch (Vorsicht und Abwehrhaltung, wenn diese "eigentlich" nicht geboten ist), aber 3. ist kritisch, weil es leicht tödlich enden kann. Wenn man 1. anstrebt und versucht, 2. zu vermeiden, nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass 3. einen umbringt. Besser also, man nimmt 2. (falschen Alarm) in Kauf, weil dies ungefährlicher ist.
Wir sind also empfindlicher gegenüber der Wahrnehmung von Intentionalität, als es faktisch geboten ist. Mangelnde Sensitivität ist ein Selektionsnachteil, wer zu empfindlich war, konnte überleben, wer zu wenig empfindlich war, wurde kaum zu unseren Vorfahren. Wer extrem überreagierte, starb vermutlich jung an Stress, hatte aber noch eine größere Chance, zu unseren Vorfahren zu zählen.
Folglich ist die Wahrnehmung einer geistigen Präsenz (= eines intentionalen Agentens, eines von uns unabhängigen Willens), wenn da keine ist, uns angeboren, eine genetische Prädisposition.
Wir müssen nun kaum noch befürchten, Opfer eines Räubers zu werden, aber diese Veranlagung ist immer noch da. Die persönliche Gotteserfahrung ist ein Ausdruck dieser Veranlagung! Nur haben wir nicht mehr gelernt, dies als potenziellen Angriff eines Räubers zu interpretieren, dies wurde ersetzt durch die kulturelle Interpretation der Anwesenheit eines Geistes oder eben eines Gottes. Aus diesem Grund finden wir in allen menschlichen Kulturen die Annahme, es gäbe Geister und Gespenster und Götter, also geistige Wesen ohne einen Körper. Diese Annahme ist eher ein Selektionsvorteil, eher selten ein Selektionsnachteil für unsere Vorfahren gewesen und wirkt auch noch in uns fort. Eine Täuschung ist also hoch wahrscheinlich.
Der Standard-Einwand lautet nun, dass auch wenn es sich um eine Täuschung handeln könnte, könnte es doch wahr sein. Aber dieser Einwand ist sehr, sehr schwach, weil nichts auf das Gegenteil hindeutet, nämlich die, dass es Geister ohne Körper tatsächlich gibt.
Es gibt also für die persönliche Gotteserfahrung eine rein naturalistische Erklärung von hoher Plausibilität und Wahrscheinlichkeit, während für die supernaturalistische Erklärung weder Plausibilität noch Wahrscheinlichkeit sprechen, weil dies im Gegensatz zu unserer gesamten menschlichen Erfahrung steht. Und von zwei Annahmen, die miteinander konkurrieren, fährt man statistisch gesehen erheblich besser, wenn man die wahrscheinlichere, plausiblere und mehr mit unserer Erfahrung korrespondierende Annahme akzeptiert und die andere verwirft.
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Soweit meine Erklärung. Sie ist insofern verkürzend, weil die Menschen nicht gleich an Gott geglaubt haben, sondern zunächst an Geister, vor allem die Geister der Urahnen. Mit der Zeit wurden daraus Super-Urahnen, die die Naturgewalten beeinflussten, dann schließlich anthropomorphe Götter, die wiederum zu einem Super-Gott zusammengefasst wurden.
Interessant ist, dass diese Geister völlig anthropomorph waren. Sie hatten zunächst alle Eigenschaften, die Menschen auch hatten, bis auf den Körper. Ferner stammt die Idee der Urahnen, die als Geister weiterleben, noch von einem weiteren angeborenen Vorurteil ab - dem er konstanten, unveränderlichen Persönlichkeit. Wir selbst empfinden uns als unveränderlich, weil die Änderung unseres Selbst so unmerklich geschieht. Auch von anderen Menschen nehmen wir normalerweise an, dass sie dieselben sind, wenn wir ihnen am nächsten Tag wieder begegnen.
Es gibt sogar ein Hirnteil, der für diese Illusion der Konstanz verantwortlich ist. Wird dieser Hirnteil beschädigt (durch Blutung, einen Tumor oder einen Unfall), so erlebt der so Geschädigte seinen nahen Angehörigen als irgendwie fremd, was dazu führt, dass er abstruse paranoide Vorstellungen entwickelt, etwa die, dass Außerirdische den Platz der nahen Verwandten und Bekannten eingenommen haben, oder dass diese von fremden Geistern besessen sind.
Wenn wir nun eine tote Person sehen, so wird unser gesamtes Wissen über diese Person aktiviert, inklusive der Erinnerungen an unserel letzten Interaktionen mit dieser Person, inklusive der Idee der überdauernden Konstanz dieser Person. Es ist also vollkommen natürlich, diese Personenkonstanz nicht nur im Körper zu sehen, sondern in einem diesem Körper innewohnenden Substanz oder Essenz. Oder, anders gesagt, der Idee einer Seele.
Hier treffen also zwei genetische Veranlagungen zusammen - die Erkennung von Intentionalität, die nicht an einen Körper gebunden ist, sowie die Idee der Essenz einer Person. Von da aus ist es nur ein kleiner Schritt zur Idee, dass diese Essenz auch den Tod überdauert.
Das erklärt auch, dass die Idee der Seele und des Weiterlebens von Urahnen auf der Welt so weit verbreitet ist, dass man kaum eine Kultur findet, die diese Idee nicht vetritt. Der Glaube an das Weiterleben der Ahnen ist sogar weiter verbreitet als der Glauben an einen oder mehrere Götter. Anders gesagt, die Grundlagen der Religion entstammen genetischen Vorurteilen, weswegen sie auch so hartnäckig sind.
Noch eine weitere Vorstellung, die sich damit mischt. Dazu ein kleines Gedankenexperiment: Stelle Dir vor, Du gehst durch einen Wald. Versuche, Dir das plastisch vorzustellen als eine Art Kino im Kopf. Du kommst auf eine Lichtung, auf der sich ein kleiner See mit einem Wasserfall befindet. Du setzt Dich an den See und lässt die Beine ins Wasser baumeln ...
Hast Du das getan?
Okay, dann zu meiner Frage: Wie hast Du Dich selbst gesehen? Durch Deine Augen oder wie im Kino aus der Perspektive einer dritten Person?
70% aller Menschen sagen letzteres. Sie haben ihren eigenen Körper von außen gesehen, wie ein Geist über der Szene schwebend. Folglich ist die Vorstellung eines Geistes ohne Körper eine uns sehr vertraute Vorstellung. Wir sehen uns selbst als einen Geist mit einem Körper als "Anhängsel". Daher die Vorstellung, wir seien beides, Körper und Geist.
Man kann mittels weiterer Experimente diese These noch mehr erhärten, was jetzt zu weit führen würde. Am besten hat dies Boyer 2002 ausgeführt. Daher halte ich Religion für ein natürliches, angeborenes Verständnis unser selbst.
_________________ Die erste Sünde der Menschheit war Glauben, ihre erste Tugend war Zweifel.
Zuletzt bearbeitet von Volker am 20.03.2004, 20:57, insgesamt einmal bearbeitet |
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#105974) Verfasst am: 20.03.2004, 20:52 Titel: |
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sophotourasp hat folgendes geschrieben: | narziss hat folgendes geschrieben: | Ich denke dass Glauben letzlich immer negativ ist. | du denkst das nicht nur, du glaubst, der glaube sei etwas negatives  |
Im Gegensatz zu einem Gläubigen kann ich aber auch Argumente bringen.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#105978) Verfasst am: 20.03.2004, 20:57 Titel: |
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narziss hat folgendes geschrieben: | Ich denke dass Glauben letzlich immer negativ ist. |
Negativ für das Überleben der Spezies?? Wenn Du hierfür eine saubere Begründung geben könntest, könnte ich evtl. mein funktionalistisches Dilemma entsorgen.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#105980) Verfasst am: 20.03.2004, 20:58 Titel: |
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Volker hat folgendes geschrieben: | Daher halte ich Religion für ein natürliches, angeborenes Verständnis unser selbst. |
Man sollte aber doch eher sagen, dass ein natürliches, angeborenes Verständnis Religionen begünstigt.
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#105981) Verfasst am: 20.03.2004, 20:59 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | narziss hat folgendes geschrieben: | Ich denke dass Glauben letzlich immer negativ ist. |
Negativ für das Überleben der Spezies?? Wenn Du hierfür eine saubere Begründung geben könntest, könnte ich evtl. mein funktionalistisches Dilemma entsorgen. |
Negativ für das Individuum.
Aber technischer Fortschritt ist vermutlich schon wichtig für den Fortbestand der Menschheit. Und der geht meist mit Glaubensverlust einher.
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Volker Bekennender Atheist
Anmeldungsdatum: 29.07.2003 Beiträge: 190
Wohnort: Würzburg
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(#105982) Verfasst am: 20.03.2004, 21:01 Titel: |
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Metaphysischer Glauben ist eine Form des Umgangs mit Ungewissheit, bietet daher also auch Überlebensvorteile und ist nicht immer negativ.
_________________ Die erste Sünde der Menschheit war Glauben, ihre erste Tugend war Zweifel.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#105983) Verfasst am: 20.03.2004, 21:03 Titel: |
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Für Interessierte: Ergänzend zu den neuropsychologisch geprägten Teilen von Volkers posting empfehle ich "Denken/Fühlen/Handeln" von Gerhard Roth, wenngleich etwas trocken ist es doch ziemlich gut und auch für Nichtneurologen verständlich.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Zuletzt bearbeitet von step am 20.03.2004, 21:04, insgesamt einmal bearbeitet |
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Volker Bekennender Atheist
Anmeldungsdatum: 29.07.2003 Beiträge: 190
Wohnort: Würzburg
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(#105984) Verfasst am: 20.03.2004, 21:04 Titel: |
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narziss hat folgendes geschrieben: | Volker hat folgendes geschrieben: | Daher halte ich Religion für ein natürliches, angeborenes Verständnis unser selbst. |
Man sollte aber doch eher sagen, dass ein natürliches, angeborenes Verständnis Religionen begünstigt. |
Ich denke eher, dass beides so miteinander verwoben ist, dass man es nicht klar voneinander trennen kann. Aber prinzipiell meinte ich das so, wie Du gesagt hast: Unsere angeborenen Ideen liefern die Grundlage, auf der sich Religion entwickeln kann. Diese Grundlagen haben handfeste evolutionäre Vorteile, und die Religion ist ein Seiteneffekt dieser Vorteile.
_________________ Die erste Sünde der Menschheit war Glauben, ihre erste Tugend war Zweifel.
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#105986) Verfasst am: 20.03.2004, 21:06 Titel: |
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narziss hat folgendes geschrieben: | Ich behaupte, dass der Glaube letzlich nichts positives liefert und durch finanzielle Leistungen an eine Insititution Geld verschlingt. Die strenge Erziehung die dazu führt, dass der Glaube nicht ausstirbt wäre schädlich. |
Du beziehst dich offenbar ausschließlich auf den religiösen Glauben. Ich dachte, du meinst, dass jedes Glauben schädlich sei. Das würde ich bestreiten, weil man oft erst durch den Glauben zum Wissen gelangt. Ein Wissenschaftler, der eine bestimmte Theorie beweisen möchte, braucht schon aus motivationalen Gründen den Glauben, dass ihm dies gelingen wird. Viele Glaubensannahmen sind nötig, um überhaupt systematisch nach Wissen suchen zu können.
Aber auch im sozialen Bereich spielt der Glauben eine große Rolle. Warum haben Menschen z.B. Rechte? Wissenschaftlich beweisen kann man das nicht. Ich glaube aber, dass Menschen gewisse Rechte haben sollten. Dieser Glaube ist für mein Weltbild sehr wichtig.
Eine weitere wichtige Glaubensüberzeugung für mich ist die Nichtexistenz Gottes. Wie sollte man die empirisch beweisen. Nein, ohne Glauben geht es einfach nicht.
Auch beim religiösen Glauben würde ich abstreiten, dass er grundsätzlich negativ ist. Religiöser Glaube kann positive und negative Aspekte haben. Genauso wie es Menschen gibt, die aus religiöser Überzeugung töten, gibt es andere, die aus religiöser Überzeugung Leben retten. Es gibt Menschen, die im religiösen Glauben Glück und Erfüllung finden. Ich sehe nicht ein, was daran negativ sein soll.
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#105989) Verfasst am: 20.03.2004, 21:16 Titel: |
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Glauben im alltäglichen Sinne und religiösen Sinne verwenden nunmal denselben Begriff was zu Verwirrungen führen kann. Und in diesem Falle meinte ich den religiösen Glauben.
Wieso es für dich so wichtig ist, dass es keinen Gott gibt weiß ich nicht.
Hast du Angst dass er dich bespannert?
Wenn es denn einen Gott gäbe, dann wäre er vielleicht so dumm dass er garnichts gerichtetes vollbringen kann, so dass man nicht von einem Leben nach dem Tod ausgeht. Zumindest in unsere Welt greift er nicht ein.
Wenn er wirklich allwissend gütig blablabla wäre, dann würde er schon nichts schlimmes tun. Und über Gefühle verfügt er wohl auch nicht. Wir erleben sie als was alltägliches, aber sie haben sich durch die Evolution entwickelt, so dass man wohl auch ausschließen kann, dass er Lust am Quälen von Seelen hat. Von daher finde ich das nicht so wichtig.
Was ich sonst so darüber denke werde ich nochmal an anderer Stelel darlegen.
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#105991) Verfasst am: 20.03.2004, 21:21 Titel: |
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Bespannert zu werden, wäre mir in der Tat unangenehm. Meine Privatsphäre ist mir sehr wichtig.
Warum mein Glaube an die Nichtexistenz Gottes wichtig für mich ist:
- Es gibt keinen Masterplan. Meine Existenz dient keinem Zweck. Bei Bedürfnis nach Zwecken muss ich selbst befriedigen. Diese Vorstellung ist mir liebgeworden.
- Ebenso muss ich Maßstäbe für mein Handeln selbst entwickeln oder zumindest im Diskurs mit anderen.
- Ich schätze die Endlichkeit meines Lebens. Ein Gott könnte auf die Idee kommen, mich mit einem Leben nach dem Tod ausstatten zu wollen.
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#105994) Verfasst am: 20.03.2004, 21:39 Titel: |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Bespannert zu werden, wäre mir in der Tat unangenehm. Meine Privatsphäre ist mir sehr wichtig.
Warum mein Glaube an die Nichtexistenz Gottes wichtig für mich ist:
- Es gibt keinen Masterplan. Meine Existenz dient keinem Zweck. Bei Bedürfnis nach Zwecken muss ich selbst befriedigen. Diese Vorstellung ist mir liebgeworden.
- Ebenso muss ich Maßstäbe für mein Handeln selbst entwickeln oder zumindest im Diskurs mit anderen.
- Ich schätze die Endlichkeit meines Lebens. Ein Gott könnte auf die Idee kommen, mich mit einem Leben nach dem Tod ausstatten zu wollen. |
Aber ich denke, dass ein Gott nur deistisch aktiv wäre. Dass er über Intelligenz verfügt ist wohl auch nicht sehr wahrscheinlich. Wenn er dumm ist, dann musst du dich im Badezimmer genausowenig vor Gott fürchten wie vor einem kleinen Silberfischchen was deine Privatsphäre angeht.
Einem mäßig intelligenten Gott könntest du vielleicht beibringen, dass du kein Leben nach dem Tode willst. Wenn er ne Turingmaschine ist kannst du ihm immer mehr beibringen. Und wenn er allwissend ist, dann respektiert er deinen Wunsch nach Tod gerne. naja Theodizee magst du nciht, aber für mich wäre dass dann schon ein Argument gegen einen Gott mit gewissen Eigenschaften. Aber auch sonst weißt nichts auf ein planvoll erschaffenes Universum hin, wieso dann ein planvoll erschaffenes Leben nach dem Tod?
außerdem: wenn du nie von einem Gott erfahren würdest könntest du auch keine Angst vor ihm haben.
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#106015) Verfasst am: 20.03.2004, 22:18 Titel: |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: |
Auch beim religiösen Glauben würde ich abstreiten, dass er grundsätzlich negativ ist. Religiöser Glaube kann positive und negative Aspekte haben. Genauso wie es Menschen gibt, die aus religiöser Überzeugung töten, gibt es andere, die aus religiöser Überzeugung Leben retten. Es gibt Menschen, die im religiösen Glauben Glück und Erfüllung finden. Ich sehe nicht ein, was daran negativ sein soll. |
"Auch ohne Religionen können gute Menschen Gutes und böse Menschen Böses tun, aber dass gute Menschen böses tun, das vermag nur die Religion"
Steven Weinberg
Ich denke, dass die Menschen die aus dem Glauben heraus Leben retten auch ohne den Glauben Leben retten würden. Und Atheisten können ebenfalls schlimme verbrecher sein, so wie Stalin. Außerdem glaube ich auch nicht, dass die Religionen ein wirkliches Glücksgefühl hervorrufen.
Ich denke, dass die Optimisten sowieso glücklich durchs Leben gehen egal ob mit oder ohne Religion und dass die Pessimisten einfach so unglücklich sind, oder ihr Unglück darauf schieben, dass sich Gott nicht um sie kümmert.
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#106052) Verfasst am: 20.03.2004, 23:12 Titel: |
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narziss hat folgendes geschrieben: | Wygotsky hat folgendes geschrieben: |
Auch beim religiösen Glauben würde ich abstreiten, dass er grundsätzlich negativ ist. Religiöser Glaube kann positive und negative Aspekte haben. Genauso wie es Menschen gibt, die aus religiöser Überzeugung töten, gibt es andere, die aus religiöser Überzeugung Leben retten. Es gibt Menschen, die im religiösen Glauben Glück und Erfüllung finden. Ich sehe nicht ein, was daran negativ sein soll. |
"Auch ohne Religionen können gute Menschen Gutes und böse Menschen Böses tun, aber dass gute Menschen böses tun, das vermag nur die Religion"
Steven Weinberg
Ich denke, dass die Menschen die aus dem Glauben heraus Leben retten auch ohne den Glauben Leben retten würden. |
Da mag was dran sein. Erinnert mich ein bisschen an Deutschland nach dem 2. Weltkrieg. Da waren zahlreiche Nazis im Westen wie im Osten ganz schnell wieder auf entsprechenden Pöstchen. Was die wohl mit ihren politischen Überzeugungen angestellt haben?
Jedoch: Was ein einzelner als beglückend, notwendig oder erfüllend empfindet, darf nicht von anderen vorgeschrieben werden. Daher darf es keine Zwangsmissionierung geben, weder in Richtung Religion noch in Richtung Atheismus.
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#106055) Verfasst am: 20.03.2004, 23:19 Titel: |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: |
Jedoch: Was ein einzelner als beglückend, notwendig oder erfüllend empfindet, darf nicht von anderen vorgeschrieben werden. Daher darf es keine Zwangsmissionierung geben, weder in Richtung Religion noch in Richtung Atheismus. |
Sofern die Religionen nicht irgendwie selbst unmenschlich sind und die Menschen auch wirklich nur glücklich machen natürlich. Aber ich glaube, dass sich nur noch eine verschwindende Minderheit von Menschen für einen Glauben entscheidet wenn die Religionen erstmal weg sind und die Kinder nicht religiös erzogen werden.
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