Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen |
Autor |
Nachricht |
Malcolm Ekelpaket
Anmeldungsdatum: 25.07.2007 Beiträge: 1231
Wohnort: Hamburg
|
(#1085520) Verfasst am: 13.09.2008, 03:28 Titel: Warum überhaupt Kritik? |
|
|
Im Kritikthread ist von meiner Seite aus ein Thema aufgekommen, das ich dort nicht weiterführen wollte, weil es mit dem Grundthema: "Was ist Kritik" eigentlich nichts zu tun hat. Also nicht "was ist Kritik?" ist das Thema, sondern warum überhaupt Kritik?
Grundsätzlich kann man ja auf dem Standpunkt stehen, daß man jedermann seine Weltanschauung lassen sollte. Warum einem Christen sein Christentum madig machen, solange er sich darin wohl zu fühlen scheint? Warum einem Esoteriker seine Esoterik versauern, solange er sich glücklich darin fühlt? Und warum - sorry liebe Mitforianer - manchem hier reichlich vertretenen "Ich glaube was ich sehe" oder "Ich glaube an den gesunden Menschenverstand" Atheisten mit "Erkenntnistheorie" oder "Quantenphysik" kommen, wenn er sich in seinem einfachen Weltbild offensichtlich sehr zuhause fühlt?
Also dann: Warum Kritik? Wann ist denn Kritik notwendig? Kritik ist zweifellos notwendig, wenn der zu kritisierende in die Rechte anderer eingreift. Wenn ein Christ die Rechte der Homosexuelle beschneiden will, so ist er in diesem Punkt zu kritisieren. Wie weit muß diese Kritik gehen? Kann sie rein auf einer Ebene der Argumentation ablaufen, die Religion gar nicht tangiert? Muß sie Religion teilweise in Frage stellen? Muß sie Religion ganz in Frage stellen?
Was erhoffe ich mit meiner Kritik zu erreichen? Ja erreichen möchte ich, daß sich jemand auf den Boden allgemeiner Menschenrechte zurückzieht, wozu für mich persönlich die Rechte der Schwulen ganz sicher dazu gehören. Womit erreiche ich dieses Ziel?
Eines ist auf jeden Fall wahr: Zu glauben, daß, wenn man erst recht verstanden hat, was Kritik ist, auch schon automatisch über die rein praktische Seite der Kritik Bescheid zu wissen glaubt, hielte ich für einen Irrglauben. Gar nichts weiß man. Man tappt im Dunklen herum.
Eines ist mir auf jeden Fall zuwider: Eine Überheblichkeit, die weder einen Respekt vor der Menschlichkeit noch auch für die Intelligenz eines anderen aufbringt. Dann macht man wirklich Menschen zu "Schießbudenfiguren" und das sollte nicht sein. Das ist zum Beispiel etwas, was mich an diesem Forum gelegentlich sehr nervt, diese wahnsinnige Überheblichkeit, die den Splitter im fremden Auge sieht, aber den Balken im eigenen nicht bemerkt.
_________________ Ohne die Musik wäre das Leben ein Irrtum.
"Das beste, was du weißt, kannst du den Buben doch nicht sagen." ( Goethe)
|
|
Nach oben |
|
 |
fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26444
Wohnort: im Speckgürtel
|
(#1085524) Verfasst am: 13.09.2008, 06:17 Titel: Re: Warum überhaupt Kritik? |
|
|
Da ich im Moment eh nicht schlafe:
Malcolm hat folgendes geschrieben: | ....
Grundsätzlich kann man ja auf dem Standpunkt stehen, daß man jedermann seine Weltanschauung lassen sollte. Warum einem Christen sein Christentum madig machen, solange er sich darin wohl zu fühlen scheint? Warum einem Esoteriker seine Esoterik versauern, solange er sich glücklich darin fühlt? Und warum - sorry liebe Mitforianer - manchem hier reichlich vertretenen "Ich glaube was ich sehe" oder "Ich glaube an den gesunden Menschenverstand" Atheisten mit "Erkenntnistheorie" oder "Quantenphysik" kommen, wenn er sich in seinem einfachen Weltbild offensichtlich sehr zuhause fühlt?..... |
Wo Du gleich selbst die Überheblichkeit in die Diskussion bringst - Wie kommst Du darauf, dass die "Ich glaube was ich sehe"-Atheisten weniger von Erkenntnistheorie und Quantenphysik verstehen als Du, so dass es überhaupt lohnen könne, ihnen "damit zu kommen"?
Malcolm hat folgendes geschrieben: | Eines ist mir auf jeden Fall zuwider: Eine Überheblichkeit, die weder einen Respekt vor der Menschlichkeit noch auch für die Intelligenz eines anderen aufbringt. Dann macht man wirklich Menschen zu "Schießbudenfiguren" und das sollte nicht sein. Das ist zum Beispiel etwas, was mich an diesem Forum gelegentlich sehr nervt, diese wahnsinnige Überheblichkeit, die den Splitter im fremden Auge sieht, aber den Balken im eigenen nicht bemerkt. |
Soviel dazu und nun zur Frage.
Diese Kritik ist leider nötig, weil religiöse Menschen in ihrem religösen Wahn/Auftrag üblicherweise versuchen, nicht nur selbst nach den Regeln ihrer Religion zu leben, sondern diese Regeln, anstatt sie einfach zu befolgen, über die Gesetzgebung für alle verbindlich zu machen. Da religiöse Kulturen i.A. nicht wirklich auf der Ebene des Diskurses streiten, sondern sich der Mitgliedschaft ihrer Kinder und anderer Opfer über psychotechnische Methoden versichern, ist dieses Vorgehen in der Summe für den Ungläubigen durchaus bedrohlich. Die von dir so verwundert aufgenommene Kritik ist also ganz schlicht Folge eines Missionierungsgebotes, dem ich in der Demokratie meine eigene Missionierung gegenüberstellen muss, um auch den indirekten Kirchenstaat zu verhindern. Das ist ganz schlicht Selbstverteidigung.
Besonders gut zu sehen ist diese Thematik übrigens in der Diskussion um den &218, sie zieht sich jedoch durch den ganzen Staat. Im Moment aktuell ist das Thema Religionsunterricht an den Schulen - siehe auch das in Landesverfassungen verankerte (schulische) Erziehungsziel Gottesfurcht.
fwo.
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
|
|
Nach oben |
|
 |
Malcolm Ekelpaket
Anmeldungsdatum: 25.07.2007 Beiträge: 1231
Wohnort: Hamburg
|
(#1085597) Verfasst am: 13.09.2008, 12:13 Titel: |
|
|
Hallo FWO,
ich sehe die Rolle der Kirchen bekanntlich positiver. Gut, vielleicht sollte in mancher Hinsicht auch einfach mal ein klarer Schnitt gemacht werden. Was soll ein "Gotteslästerungsparagraph", der nicht mehr angewendet wird ( oder doch?), jedenfalls praktisch keine Rolle mehr spielt, aber wie ein Relikt in die modernen Zeiten herein reicht? Den Staat ganz grundsätzlich auf eine säkulare, vielleicht besser noch auch laizistische Ebene zu stellen, würde ich durchaus begrüßen, da sind wir einer Meinung.
Wie man trotzdem sieht, wird die Frage: "Warum Kritik" jeder für sich anders beantworten, das heißt, es werden sich vielleicht irgendwelche Allgemeinplätze als Grundlage finden lassen, aber wenn man die Sachlage verschieden analysiert, kommt man trotzdem zu ganz verschiedenen Antworten.
Mission und Gegenmission? Schon recht, dagegen habe ich auch nichts, weder gegen die Mission noch die Gegenmission. Das heißt ich bin eigentlich ganz froh, daß die Mission in dieser Gesellschaft was die großen Amtskirchen betrifft, nur auf ganz bestimmten Ebenen abläuft. Wenn Du dann ganz pauschal von einer atheistischen Gegenmission gegen die christliche Mission redest, finde ich das falsch. Ich kann nur sagen, ich bin vor einiger Zeit auf der Straße von irgendwelchen Mynarektypen oder so etwas angesprochen worden, die mir Flugblätter in die Hand drückten, wo etwas über die böse Kirche stand. Und dazu muß ich dann sagen: Die katholische oder evangelische Kirche macht das nicht, Dich einfach auf der Straße anzuquatschen, um Dir irgendeine weltanschauliche Meinung überzustülpen.
Insofern würde ich im Verhältnis von christlicher Mission und atheistischer Gegenmission doch sehr dafür plädieren, daß sich die Gegenmission in ihren Methoden nicht auf das Niveau einer christlichen Dreckssekte begeben sollte. Nicht mal die Jehovas Zeugen quatschen Dich so plump auf der Straße an ( dafür machen sie Hausbesuche), aber Atheisten machen es offensichtlich. Findest Du das richtig?
Ich finde dies falsch, es untergräbt das kulturelle Niveau, das wir in dieser Hinsicht erreicht haben. Ich fühlte mich von diesen "Christentumskritikern", die da in Hamburg an einem sehr belebeten Punkt standen, einfach nur belästigt.
Ansonsten teile ich natürlich Deine Auffassung, die die Kirchen auf Sekten reduziert, die mit Psychotricks arbeitet, keineswegs. So einfach kann man es sich nicht machen, so anscheinend offensichtlich richtig dies Dir auch vorkommen mag. Ich habe selber ja im Thread "Warum ich ein religionsfreundlicher Christ bin" dazu versucht, Antworten zu geben, es ist schade, daß die Diskussion da allzuschnell in andere Regionen abgedriftet ist. Wahrscheinlich bist Du jetzt der Meinung, daß die "Psychotricks" der katholischen Kirche bei mir immer noch wirken.
Aber selbst, wenn ich Deine Meinung teilen würde, wäre mir dieses "wir müssen gegen die Religion arbeiten, sonst arbeitet die Religion gegen uns" entschieden zu einfach. Plump die Leute anzumachen, daß sie keine Christen mehr sein sollen, wie dies ja teilweise offensichtlich geschieht, halte ich für entschieden kontraproduktiv. Wichtiger erschiene mir, unsere kulturellen Errungenschaften zu verteidigen. Dazu gehört es für mich als Atheist, daß ich mich nicht unter das Niveau der Kirchen begeben werde, um Leute zum Atheismus zu bekehren. Ich werde mich nicht in die Fußgängerzone stellen - denn die Kirche tut es so plump ja auch nicht; ich registriere, daß die Kirche nicht plump gegen die Ungläubigen wetter, also sehe ich auch keinen Grund, gegen die Kirche und die Gläubigen zu wettern. Ich betrachte das als kulturelle Errungenschaften, die ich verteidige, indem ich meinen Unglauben weder aggressiv noch aufdringlich vertrete. Insofern sehe ich für meine Person auch keine Notwendigkeit gegen die Kirche zu missionieren. Und sollte die atheistische Gegenmission zu den plumpsten Mitteln greifen wie Straßenmission oder auch aggressiven Plakaten, soll sie sich nicht wundern, daß auf Dauer gesehen die Kirchen dann auch nicht weniger zimperlich reagieren werden. Und das Ergebnis eines solchen "Kulturkampfes" wird wohl sein, daß der Belästigungen dann wohl kein Ende mehr sein würde und wir entschieden "kulturell zurückfallen". Kann alles passieren.
_________________ Ohne die Musik wäre das Leben ein Irrtum.
"Das beste, was du weißt, kannst du den Buben doch nicht sagen." ( Goethe)
|
|
Nach oben |
|
 |
step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
|
(#1085634) Verfasst am: 13.09.2008, 13:15 Titel: |
|
|
Unter rationalen Menschen ist Kritik auch ein erfolgreiches Mittel der gegenseitigen Prüfung von Einstellungen zum Zweck der Absicherung/Verwerfung oder der Verbesserung.
Wenn ich also die theologische Haltung eines Gläubigen kritisiere, so hoffe ich immer auch auf eine "rationale" Antenne und eine inhaltliche Auseinandersetzung, evtl. auch bei Dritten.
Generell setze ich mich für eine Gesellschaft ein, die auf den Werten der Aufklärung, des kritischen Rationalismus und der freiheitlichen Grundwerte basiert. Auch dies erfordert Kritik. Ein Hauptaspekt dabei ist, zumindest in unserer Konkordatsgesellschaft oder auch in islamischen Staaten, der Kampf gegen die politische Privilegierung eines speziellen Aberglaubens, verbunden mit moralischen und ökonomischen Nachteilen für mich und die Meinen.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
|
|
Nach oben |
|
 |
fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26444
Wohnort: im Speckgürtel
|
(#1085929) Verfasst am: 13.09.2008, 21:29 Titel: |
|
|
Malcolm hat folgendes geschrieben: | .......
Ansonsten teile ich natürlich Deine Auffassung, die die Kirchen auf Sekten reduziert, die mit Psychotricks arbeitet, keineswegs. So einfach kann man es sich nicht machen, so anscheinend offensichtlich richtig dies Dir auch vorkommen mag. Ich habe selber ja im Thread "Warum ich ein religionsfreundlicher Christ bin" dazu versucht, Antworten zu geben, es ist schade, daß die Diskussion da allzuschnell in andere Regionen abgedriftet ist. Wahrscheinlich bist Du jetzt der Meinung, daß die "Psychotricks" der katholischen Kirche bei mir immer noch wirken.
...... |
Vielsagend, dass hier aus dem religionsfreindlichen Atheisten unbewusst ein religionsfreundlicher Christ wird.
Ich mache keine Unterschied zwischen Sekten und Kirchen - die treiben es alle so weit, wie man sie lässt - zu welchen Gehirnwäschen die RKK auch heute noch im Stande ist, kannst Du am Opus Dei erkennen, und an den bezeichnenderweise wieder zu Ehren kommenden Exorzismen. Aber das ist nur das offensichtliche Extrem.
Was ich mit Psychotricks meine, ist wenn Papa oder der Pastor kleinen Kindern was vom großen Gott erzählt, der alles sieht und - allerdings das nur vielleicht - dann je nachdem straft oder auch einmal hilft. Dieser Gott tritt dann im Unbewussten an die Stelle des kleinkindlichen Vaters, wer von dem weg will, muss also gleichzeitig genau diesen in Frage stellen, für Kleinkinder fast unmöglich und so funktioniert diese Loslösung auch beim Erwachsenen in der Regel nur, wenn Vater es aus Versehen früh genug geschafft hatte, sich selbst zu entzaubern. Bei denen, bei denen die Eltern mit dieser Gottesimplantation versagen, wird über Staatsverträge versucht, die Kinder in der Schule einzufangen usw..
Was die Missionierung angeht: Leute die mich mit so etwas anschwätzen sind mir grundsätzlich zuwider, egal aus welcher Richtung. Meine Missionierung geht so, dass ich, wenn ich Zeit habe, diese Gespräch annehme, ein wenig zuhöre, um auf Lücken zu warten, und in diese Lücken hinein Fragen stelle. Und diese Fragen sind in der Regel geeignet, tief zu verunsichern - normalerweise verlassen diese Leute mich fluchtartig, obwohl ich freundlich bleibe.
Und es macht mir ein gewisses Vergnügen, zwei kleine respektlose Heiden so lange in den Religionsunterricht zu schicken und Fragen stelle zu lassen (nicht meine, ihre - ich ermuntere allerdings) bis es dem Pastor irgendwann zu bunt wird. Noch nichts pasisert, nur als Ärgernis sind sie bereits offiziell.
Meine Missionierung besteht also darin, im öffentlichen Raum meinen Unglauben immer dann laut zu leben, wenn ich mich außerhalb von Kirchen von Kirchen eingeengt fühle. Und ansonsten spotte ich leise, aber vernehmlich. Ein beliebtes Konfirmationsgeschenk von mir ist z.B. ein Gutschein für die Gebühren, die bei einem Kirchenaustritt fällig werden.
Und ich ertrage es feundlich, wenn es Menschen gibt, die ein derartiges Verhalten als hasserfüllt bezeichnen - ich kann sie auch gut verstehen, denn aus ihrer Sicht bin ich gottlos, evtl vom Teufel besessen - da ist hasserfüllt nur ein anders Wort dafür, wenn jemand meint, die Liebe gepachtet zu haben.
fwo
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
|
|
Nach oben |
|
 |
ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
|
(#1086006) Verfasst am: 13.09.2008, 23:28 Titel: Re: Warum überhaupt Kritik? |
|
|
Malcolm hat folgendes geschrieben: |
Also dann: Warum Kritik? Wann ist denn Kritik notwendig? Kritik ist zweifellos notwendig, wenn der zu kritisierende in die Rechte anderer eingreift. Wenn ein Christ die Rechte der Homosexuelle beschneiden will, so ist er in diesem Punkt zu kritisieren. Wie weit muß diese Kritik gehen? Kann sie rein auf einer Ebene der Argumentation ablaufen, die Religion gar nicht tangiert? Muß sie Religion teilweise in Frage stellen? Muß sie Religion ganz in Frage stellen? |
Ich denke, es ist eine Frage, ob man Dialog will, oder ob man missionieren will. Dialog setzt die Bereitschaft zum Zuhören voraus. Der Andere könnte ja auch recht haben.
Beim Missionieren ist das so eine Sache. Setzt es zwingend voraus, dass der andere nicht recht haben könnte? Meistens ist es wohl so. Aber warum? Wenn mir irgend eine Sache wichtig ist, z.B. Klimaschutz, und ich habe verstanden, dass es wichtig ist, dafür etwas zu tun, dann mag ich es als meine Mission betrachten, andere Menschen von der Notwendigkeit des Klimaschutzes zu überzeugen und sie zum Handeln motivieren. Heißt das aber, dass die Skeptiker nicht vielleicht ooch recht haben könnten? Dass ich mich jedem Argument verschließen muss? Wohl kaum. Ich glaube aber, dass die vorliegenden Erkenntnisse ausreichen, etwas zur Verbesserung zu unternehmen.
Ist das grundsätzlich anders bei weltanschaulichen Fragen?
Malcolm hat folgendes geschrieben: | Was erhoffe ich mit meiner Kritik zu erreichen? Ja erreichen möchte ich, daß sich jemand auf den Boden allgemeiner Menschenrechte zurückzieht, wozu für mich persönlich die Rechte der Schwulen ganz sicher dazu gehören. Womit erreiche ich dieses Ziel? |
Sehr cool nachgedacht ... da bist du in diesem Forum wohl wirklich eine Ausnahme. Denn hier sind schon viele Missionare eine speziellen Sorte versammelt.
Malcolm hat folgendes geschrieben: | Eines ist auf jeden Fall wahr: Zu glauben, daß, wenn man erst recht verstanden hat, was Kritik ist, auch schon automatisch über die rein praktische Seite der Kritik Bescheid zu wissen glaubt, hielte ich für einen Irrglauben. Gar nichts weiß man. Man tappt im Dunklen herum. |
Nun, wenn man bereit zum Dialog ist, kann man durchaus kritische Punkte klar beim Namen benennen. Ich denke, das Christentum hat Kritik bitter nötig. Denn durch die Geschichte hindurch haben sich tendenziell immer wieder Fehlentwicklungen eingestellt und es gab viele Reformationen. Was aber sind diese anders als Kritik an dem, was sich eben eingestellt hat?
Kritik ist dann konstruktiv, wenn sie sich gegen echte Schwächen und Mängel wendet. Dabei ist es völlig unerheblich, ob die Kritik aus den eigenen Reihen in Form der Selbstkritik kommt, oder ob es Kritik von Außenstehenden ist. Es ist es legitim, sich gegen unberechtigte Kritik zu wehren. Aber berechtigte Kritik sollte zum Nachdenken führen.
Malcolm hat folgendes geschrieben: | Eines ist mir auf jeden Fall zuwider: Eine Überheblichkeit, die weder einen Respekt vor der Menschlichkeit noch auch für die Intelligenz eines anderen aufbringt. Dann macht man wirklich Menschen zu "Schießbudenfiguren" und das sollte nicht sein. Das ist zum Beispiel etwas, was mich an diesem Forum gelegentlich sehr nervt, diese wahnsinnige Überheblichkeit, die den Splitter im fremden Auge sieht, aber den Balken im eigenen nicht bemerkt. |
Im Grunde trifft es nicht die "Schießbudenfiguren", wenn sich antiklerikale Zirkel selbst beweihräuchern, sondern dieses ganz normale Sektierergehabe ist eben eine Selbst-Degradierung. Eigentlich nur bedauerlich.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
|
|
Nach oben |
|
 |
Agnost dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 12.11.2006 Beiträge: 5618
|
(#1086024) Verfasst am: 13.09.2008, 23:45 Titel: |
|
|
step hat folgendes geschrieben: | Unter rationalen Menschen ist Kritik auch ein erfolgreiches Mittel der gegenseitigen Prüfung von Einstellungen zum Zweck der Absicherung/Verwerfung oder der Verbesserung.
Wenn ich also die theologische Haltung eines Gläubigen kritisiere, so hoffe ich immer auch auf eine "rationale" Antenne und eine inhaltliche Auseinandersetzung, evtl. auch bei Dritten.
Generell setze ich mich für eine Gesellschaft ein, die auf den Werten der Aufklärung, des kritischen Rationalismus und der freiheitlichen Grundwerte basiert. Auch dies erfordert Kritik. Ein Hauptaspekt dabei ist, zumindest in unserer Konkordatsgesellschaft oder auch in islamischen Staaten, der Kampf gegen die politische Privilegierung eines speziellen Aberglaubens, verbunden mit moralischen und ökonomischen Nachteilen für mich und die Meinen. |
Kritik heisst auf deutsch übersetz im wesentlichen Wahl.
Wählen kann ich aber nur, wenn ich nicht total determiniert bin.
Das setzt zumindest einen "Bedingt Freien Willen" voraus,
Wären wir, wie du ja beredt immer wieder darlegst, total determiniert, dann wäre Kritik ein illusionärer Luxus, da eh passsiert was passiert.
Agnost
|
|
Nach oben |
|
 |
Chinasky dirty ol' man
Anmeldungsdatum: 27.03.2006 Beiträge: 1264
Wohnort: Hoher Norden
|
(#1086111) Verfasst am: 14.09.2008, 04:21 Titel: |
|
|
Agnost hat folgendes geschrieben: |
Kritik heisst auf deutsch übersetz im wesentlichen Wahl. |
Nein, nicht, wenn man wikipedia trauen darf:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kritik
Agnost hat folgendes geschrieben: | Wählen kann ich aber nur, wenn ich nicht total determiniert bin. |
Hier ist das Problem-Wort "total". Was verstehst Du unter totaler Determiniertheit, gibt es auch eine partielle Determiniertheit, und falls ja, in welchem Grade ließe sich das feststellen? Meiner Meinung nach kann man wählen, während man determiniert ist. Dann wählt man eben aufgrund der biologischen und biografischen Prädispositionen.
Agnost hat folgendes geschrieben: |
Wären wir, wie du ja beredt immer wieder darlegst, total determiniert, dann wäre Kritik ein illusionärer Luxus, da eh passsiert was passiert. |
Warum folgt das eine aus dem anderen? Was genau verstehst Du hier unter "illusionärem" Luxus? Wäre Kritik Luxus, oder wäre sie illusionär? Gäbe es dann Leute, die sich die Kritik (den Luxus) leisten könnten und andere, die aufgrund irgendwelcher Armut (welcher?), die sich keine Kritik leisten könnten?
Übrigens baut freilich Deine gesamte Argumentation auf der gewagten These auf, Kritik sei mit "Wahl" zu übersetzen. Im obigen Link findet sich hingegen folgende, mir auch viel einleuchtendere Definition:
"Kritik bezeichnet heute ganz allgemein eine prüfende Beurteilung nach begründetem Maßstab, die mit der Abwägung von Wert und Unwert einer Sache einhergeht."
_________________ Still confused - but on a higher level.
Mein Zeugs auf deviantart
|
|
Nach oben |
|
 |
Malcolm Ekelpaket
Anmeldungsdatum: 25.07.2007 Beiträge: 1231
Wohnort: Hamburg
|
(#1086115) Verfasst am: 14.09.2008, 06:16 Titel: |
|
|
fwohlgemuth hat folgendes geschrieben: |
Was die Missionierung angeht: Leute die mich mit so etwas anschwätzen sind mir grundsätzlich zuwider, egal aus welcher Richtung. Meine Missionierung geht so, dass ich, wenn ich Zeit habe, diese Gespräch annehme, ein wenig zuhöre, um auf Lücken zu warten, und in diese Lücken hinein Fragen stelle. Und diese Fragen sind in der Regel geeignet, tief zu verunsichern - normalerweise verlassen diese Leute mich fluchtartig, obwohl ich freundlich bleibe.
Und es macht mir ein gewisses Vergnügen, zwei kleine respektlose Heiden so lange in den Religionsunterricht zu schicken und Fragen stelle zu lassen (nicht meine, ihre - ich ermuntere allerdings) bis es dem Pastor irgendwann zu bunt wird. Noch nichts pasisert, nur als Ärgernis sind sie bereits offiziell.
Meine Missionierung besteht also darin, im öffentlichen Raum meinen Unglauben immer dann laut zu leben, wenn ich mich außerhalb von Kirchen von Kirchen eingeengt fühle. Und ansonsten spotte ich leise, aber vernehmlich. Ein beliebtes Konfirmationsgeschenk von mir ist z.B. ein Gutschein für die Gebühren, die bei einem Kirchenaustritt fällig werden.
Und ich ertrage es feundlich, wenn es Menschen gibt, die ein derartiges Verhalten als hasserfüllt bezeichnen - ich kann sie auch gut verstehen, denn aus ihrer Sicht bin ich gottlos, evtl vom Teufel besessen - da ist hasserfüllt nur ein anders Wort dafür, wenn jemand meint, die Liebe gepachtet zu haben.
fwo |
Ich würde Dein Benehmen nicht als "haßerfüllt" kennzeichnen. Eher würde ich sie als die fröhliche Offenheit eines Atheisten sehen. Das Problem, daß ich darin sehe, ist, daß es dieser Haltung an Respekt mangelt. Du solltest Menschen wirklich respektieren. Ein Gutschein für einen Kirchenaustritt als Konformationsgeschenk zeigt für mich eine grundsätzlich respektlose Haltung. Was ist Respekt? Respekt beruht auf einem Respekt für die Haltung anderer. Ein Gutschein für einen Kirchenaustritt als Konformationsgeschenk ist da genauso wie zu einem Vegetariertreffen zu gehen, und einen Restaurantgutschein für ein Schweineschnitzel mitzubringen. So etwas macht man nicht. Dabei kannst du den Vegetarismus für eine völlig alberne Sache halten - das bleibt dir unbenommen, aber das gibt dir nicht das Recht, einen Vegetarier zu veralbern oder gar auf einen Affront zu zielen.
Ich weiß auch nicht, warum Du Deine Kinder in den Religionsunterricht schickst, wenn Du sie ansonsten atheistisch erziehst, letzlich nur, damit sie den Religionsunterricht stören, was Du offensichtlich für eine großartige Sache hälst.
Eine gesunde Respektlosigkeit ist sicher genauso wichtig wie ein gesunder Respekt. Wenn Du Deine Kinder in einem Sinne erziehst, daß sie es lernen, alles in Frage zu stellen, ist dagegen nichts zu sagen, aber wenn sie für Menschen anderer Weltanschauung überhaupt keinen Respekt aufbringen, ist das eine üble Sache. Übrigens ist auch ein Religionslehrer ein Lehrer und als solcher eine Respektsperson.
Allerdings muß ich auch sagen, daß dieses Forum kaum dazu angetan ist, hier einen solchen Respekt zu lernen. Religion ist im übrigen ein durchaus vielschichtiges Phänomen: Es gibt die Schafe, die Leithammel, vieles was dazwischen kreucht und fleucht, und auch Menschen wie ich, die dem Phänomen Religion durchaus auch Liebe entgegenbringen ( Abscheu allerdings teilweise auch).
Im übrigen hat es Religionen immer gegeben, üble Religionen, bessere Religionen und vor diesem Hintergrund sind sie zu würdigen. Ich denke wenn Du Deine Kinder in absoluter Respektlosigkeit erziehst, dann erziehst Du sie zu gesellschaftlicher Isolation und politischer Naivität. Keinesfalls erziehst Du sie zu kritischen Menschen, weil zur Kritik an Menschen weit mehr gehört als die Kritik an den Weltanschauungen, die sie teilen oder auch nur anscheinend teilen. Man muß als Mensch auch lernen, eine Gesellschaft "zu lesen". Auf diesem Wege erlangt man Reife. Manches Verhalten eines Menschen wird einem erst später klar. Blanke Respektlosigkeit auf dem Boden irgendeiner Kritik dagegen erzieht Menschen nur zu sozialen Analphabeten. Und Respekt zeigt sich gerade auch da, wo es anscheinend gar keinen Grund für einen Respekt gibt. Auch der einfachste Mensch will irgendwo auch respektiert werden, auch in seinen Ansichten.
Allerdings muß man auch sagen, daß Kirchen sich schwer von dem Gedanken verabschieden, in dieser Gesellschaft die gesellschaftliche Norm zu setzen. Das mag man kritisieren, aber Fehlverhalten von anderen gibt einem nicht das Recht, zu eigenem Fehlverhalten. Abgesehen davon gibt es auch ein Fehlverhalten, daß auf einer gewissen Einfalt beruht. Willst Du Dich auf Deine Einfalt berufen?
Und nochmal gesagt: Du kannst das Christentum tausendmal albern finden, Du solltest aber der Tatsache einmal ins Gesicht sehen, daß es durchaus Menschen gibt, die Dir intellektuell durchaus nicht unterlegen sind, die dem Christentum etwas abzugewinnen vermögen. Allein dieses sollte Dir einen gewissen Mindestrespekt vor der Religion als solcher vermitteln.
Gruß Martin
_________________ Ohne die Musik wäre das Leben ein Irrtum.
"Das beste, was du weißt, kannst du den Buben doch nicht sagen." ( Goethe)
|
|
Nach oben |
|
 |
Domingo ungläubig
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 1167
Wohnort: Westkanada
|
(#1086116) Verfasst am: 14.09.2008, 06:22 Titel: |
|
|
Agnost hat folgendes geschrieben: | Kritik heisst auf deutsch übersetz im wesentlichen Wahl.
|
Kritik heißt auf deutsch übersetzt "Beurteilung". Noch genauer heißt das Wort: das Trennen (von Richtig und Falsch).
Domingo (Gräzist)
|
|
Nach oben |
|
 |
ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
|
(#1086120) Verfasst am: 14.09.2008, 08:28 Titel: |
|
|
Agnost hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Unter rationalen Menschen ist Kritik auch ein erfolgreiches Mittel der gegenseitigen Prüfung von Einstellungen zum Zweck der Absicherung/Verwerfung oder der Verbesserung.
Wenn ich also die theologische Haltung eines Gläubigen kritisiere, so hoffe ich immer auch auf eine "rationale" Antenne und eine inhaltliche Auseinandersetzung, evtl. auch bei Dritten.
Generell setze ich mich für eine Gesellschaft ein, die auf den Werten der Aufklärung, des kritischen Rationalismus und der freiheitlichen Grundwerte basiert. Auch dies erfordert Kritik. Ein Hauptaspekt dabei ist, zumindest in unserer Konkordatsgesellschaft oder auch in islamischen Staaten, der Kampf gegen die politische Privilegierung eines speziellen Aberglaubens, verbunden mit moralischen und ökonomischen Nachteilen für mich und die Meinen. |
Kritik heisst auf deutsch übersetz im wesentlichen Wahl.
Wählen kann ich aber nur, wenn ich nicht total determiniert bin.
Das setzt zumindest einen "Bedingt Freien Willen" voraus,
Wären wir, wie du ja beredt immer wieder darlegst, total determiniert, dann wäre Kritik ein illusionärer Luxus, da eh passsiert was passiert. |
Im wesentlichen stimme ich dir zu, aber deine Argumentation ist nicht schlüssig. Denn Kritik heißt eben Unterscheidung und nicht Wahl. Allerdings ist eine Kritik im Determinismus inhaltlich bedeutungslos, denn wenn etwas so ist wie es notwendig ist, gibt es keinen Grund dies zu bewerten. Sicher muss man entgegen der deterministischen Ontogenese des Sachverhaltes weitere Bewertungskriterien heranziehen. Die Kritik wäre dann ein weiterer Faktor für die künftige Entwicklung.
Das Problem ist aber, dass im Determinismus zwei Ebenen zerfallen. Auf der inhaltlichen Ebene führt der Kritiker Gründe an und appelliert an Einsicht und Logik. Diese sind aber auf der ontologischen Ebene völlig beliebig. Denn hier müsste der Kritiker so denken wie er denkt. Die Bestimmungsgründe seines Denkens sind darin aber in Genetik, Sozialisation, und vieler anderer Faktoren, z.B. was er aß, wie er schlief uvm. abhängig.
Im Determinismus ist darum der Inhalt der Kritik weitgehend unwichtig, denn der Kritiker hat demnach keine Wahl etwas so oder anders zu denken. er muss so denken wie er denkt und hat lediglich die Illusion, eine Wahl zu haben.
Deswegen ist der Determinist auch inhärent 'schizofren': Während er auf inhaltlicher Ebene handelt als sei er nicht determiniert, prozessiert er inhaltliche Gründe. Auf ontologischer Ebene hält er jeden Schritt für sequenziell notwendig und glaubt, dass er eben so handeln muss wie er es tut. Die Kritik wäre zwingender Weise das was sie ist. Und darum ist es aus ontologscher Sich völlig egal, was einer denkt oder kritisiert: Es hat inhaltlich keine Bedeutung.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
|
|
Nach oben |
|
 |
step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
|
(#1086140) Verfasst am: 14.09.2008, 10:17 Titel: |
|
|
@Agnost, ballancer: oje, ...
Daß die Kritik des Kritikers durch seine geprägten Präferenzen und Erlebnisse determiniert ist, macht sie nicht weniger wirkungsvoll. Daß sie bei vielen Leuten dennoch nicht ankommt, liegt wiederum an deren Fixierung.
Es stimmt auch nicht, daß es bei einer unitären Zeitentwicklung keinen Grund gäbe, etwas zu bewerten. Im Gegenteil: Körper mit Gehirnen, die zwischen vorgestellten (!) Möglichkeiten determiniert entscheiden, sind erfolgreicher.
Ebenso unsinnig ist die Behauptung, daß der Inhalt der Kritik unwichtig sei, weil der Kritiker keine Wahl habe. Ebenso könnte man behaupten, der Inhalt der Relativitätstheorie sei unsinning, weil die Experimente keine andere Wahl lassen als diese Theorie.
Zur Ontologie schließlich äußere ich mich hier besser mal gar nicht.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
|
|
Nach oben |
|
 |
fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26444
Wohnort: im Speckgürtel
|
(#1086187) Verfasst am: 14.09.2008, 11:24 Titel: |
|
|
Malcolm hat folgendes geschrieben: | ......
Ich weiß auch nicht, warum Du Deine Kinder in den Religionsunterricht schickst, wenn Du sie ansonsten atheistisch erziehst, letzlich nur, damit sie den Religionsunterricht stören, was Du offensichtlich für eine großartige Sache hälst. .... |
Der primäre Grund ist Allgemeinbidung - man vesteht sehr viele Sprachbilder nicht, wenn man nicht die in der jeweiligen Kultur gängigen Märchen kennt, mit denen das Gros der Kinder aufwächst, und das geht von den Gebrüdern Grimm und Hans Christian Andersen, die im Deutschunterricht abgehandelt werden, bis zur Bibel.
Die Herstellung dieser Sprachfähigkeit hat die Schule zu leisten, und wenn das im Religionsunterricht stattfindet, schicke ich meine Kinder auch in den Religionsunterricht. Die Störung ist also nicht Zweck, wird aber nicht billigend, sondern beklustigt in Kauf genommen. Die Tatsache, dass diese Störung von anderen Kindern gerne aufgenommen wird, zeigt allerdings, dass ich mit diesem Traditionsbruch nicht alleine bin.
Was die Respektsperson Lehrer angeht - meine Kinder wachsen nicht antiautoritär auf. Allerdings kann es passieren, dass sie Zweifel oder Unglauben lauter aüßern als üblich - das betrifft allerdings nicht nur den Religionsunterricht. Was sie nicht kennen, ist Wahrheit als Verordnung.
Was den Respekt angeht.... Ich bin selbst religiös erzogen worden, habe mich jedoch irgendwann im Alter zwischen 8 und 12 entschieden, dass ich diesen Kram für Blödsinn halte. Was weder meinen Vater (ein duchaus hochintellektueller Mensch) abhielt, mich mit unter Anwendung körperlicher Gewalt in den Konfrmationsunterricht zu bringen (Drohung hat nicht gereicht), noch den Pastor, diesen Heiden zu konfirmieren (er wusste davon.) Mein Vater war auch im Kirchenvorstand.
"Wer sich nicht bewegt, merkt seine fesseln nicht" hat mal jemand gesagt. Meine Erfahrung ist nicht, dass das Christentum Respekt vor Heiden zeigt, und wenn Du dir die Geschichte ansiehst, wird dieser Respekt erst gefordert, seit man nicht mehr die Macht hat, ihn zu erzwingen. Daran, ihn selbst auchhaben zu sollen, haben die Kirchen nie gedacht.
Auch in der Gegenwart wirst Du übrigens kaum fündig, wenn Du in offiziellen Verlautbarungen der Kirche den Respekt vor dem Unglauben suchst. Der setzt immer nur da ein, wo der Unglaube organisiert als konkurrierende Kirche auftritt, sich also als Glaube an etwas anderes äußert. Die Forderung nach Respekt ist mir nicht unbekannt, ist mir aber zu einseitig gemeint.
fwo
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
|
|
Nach oben |
|
 |
step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
|
(#1086196) Verfasst am: 14.09.2008, 11:40 Titel: |
|
|
@fwohlgemuth: Klasse Beitrag, auch wenn ich das mit dem RU anders sehe!
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
|
|
Nach oben |
|
 |
Agnost dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 12.11.2006 Beiträge: 5618
|
(#1086200) Verfasst am: 14.09.2008, 11:56 Titel: |
|
|
step hat folgendes geschrieben: | @Agnost, ballancer: oje, ...
Daß die Kritik des Kritikers durch seine geprägten Präferenzen und Erlebnisse determiniert ist, macht sie nicht weniger wirkungsvoll. Daß sie bei vielen Leuten dennoch nicht ankommt, liegt wiederum an deren Fixierung.
Es stimmt auch nicht, daß es bei einer unitären Zeitentwicklung keinen Grund gäbe, etwas zu bewerten. Im Gegenteil: Körper mit Gehirnen, die zwischen vorgestellten (!) Möglichkeiten determiniert entscheiden, sind erfolgreicher.
Ebenso unsinnig ist die Behauptung, daß der Inhalt der Kritik unwichtig sei, weil der Kritiker keine Wahl habe. Ebenso könnte man behaupten, der Inhalt der Relativitätstheorie sei unsinning, weil die Experimente keine andere Wahl lassen als diese Theorie.
Zur Ontologie schließlich äußere ich mich hier besser mal gar nicht. |
Du merkst gar nicht, dass du Rindsfilet in Hamburger verwandelst.
Das gefettete kannst du nur behaupten aber nicht beweisen.
Fatalistische Religionsgeschwurbel
Agnost
|
|
Nach oben |
|
 |
step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
|
(#1086206) Verfasst am: 14.09.2008, 12:04 Titel: |
|
|
Agnost hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Es stimmt auch nicht, daß es bei einer unitären Zeitentwicklung keinen Grund gäbe, etwas zu bewerten. Im Gegenteil: Körper mit Gehirnen, die zwischen vorgestellten (!) Möglichkeiten determiniert entscheiden, sind erfolgreicher. | Das gefettete kannst du nur behaupten aber nicht beweisen. |
Oh doch, etwa mithilfe eines Experiments, in dem ein Lebewesen mit einfachem Gehirn, z.B. ein Regenwurm, sich aufgrund z.B. einer chemischen Konzentration für eine von 2 möglichen Richtungen entscheidet.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
|
|
Nach oben |
|
 |
Danol registrierter User
Anmeldungsdatum: 02.04.2007 Beiträge: 3027
|
(#1086231) Verfasst am: 14.09.2008, 12:45 Titel: |
|
|
Da ich gerade kaum Zeit habe, antworte ich hier nur auf die Eingangsfrage und lasse den Rest, der hier geschrieben ist, mal außen vor - entschuldigt bitte.
Warum denn nun Kritik?
Zunächst einmal weil es ohne Kritik in einer menschlichen Gesellschaft keinerlei Entwicklungsmöglichkeiten gibt. Nur durch Kritik hat man die Möglichkeit, schwächen jedweder Art in bestehenden Weltbildern zu entdecken. Inhumanes Handeln und Predigen diverser Religionen wird erst durch Kritik aufgedeckt und zurückgedrängt, Diktaturen fürchten die Kritik nicht zuletzt deshalb weil sie die Menschen aus der Obrigkeitsfreundlichen passivität holt.
Natürlich kann man sich, wie in Deinem Beispiel mit dem Homosexuellen, darauf beschränken, die konkrete Tat zu kritisieren; dabei macht man allerdings einen schwerwiegenden Fehler: Man lässt die Ursache der Tat unangetastet, d.h. man erringt eventuell in einem konkreten Fall eine besserung, sorgt aber durch die Selbsteinschränkung der Kritik dafür, das weiter die Möglichkeit zur kritisierten Inhumanität besteht. Würde man auf gewissermaßen 'Fundamentalkritik' an der Religion verzichten, verurteilt man die Kritik zu einer letztlich irrelevanten Sysiphusarbeit. Wie schon gesagt wird dabei auch die Entwicklung zu einer Gesellschaft, die auf einem humaneren Fundament ruht, verzögert bzw. ganz aufgehalten.
Desweiteren braucht man die Kritik, um in der Wissenschaft zu Erkenntnissen zu kommen - und diese Erkenntnisse stehen oft im Wiederspruch zur Religion und wurden daher oft von ihr bekämpft. Kritik in der Wissenschaft kann daher durchaus mit Kritik an der Religion einhergehen, siehe z.B. Galileo der mit seiner Kritik an der damals herrschenden Astronomischen Lehrmeinung auch die Kirche automatisch mit in die Schusslinie der Kritik zog. Starre Denkmuster wie z.B. die Religion verhindern den Erkenntnisgewinn und sind daher zu kritisieren. Beschränkt man sich auch hier auf den konkreten Einzellfall, verkommt das kritisieren wieder zur Sysiphusarbeit.
Zu guter letzt hält die Religion ihren Anhängern, auch wenn diese sich dessen nicht bewusst sind, Entwicklungs- und Denkmöglichkeiten und damit unter Umständen die Möglichkeit zu einem erfüllteren Leben abseits religiöser Dogmatik, vor. Religion in ihrer immer noch, wenn auch nicht in Mitteleuropa, vorrherschenden Form arbeitet über Indoktrination und über die Selbstzensur des Denkens, sie verhindert also in erster Linie die Entwicklung ihrer Anhänger zu selbstbestimmten, mpndigen Menschen, in letzter Konsequenz bedeutet das: Religion hindert gläubige Menschen an der Ausübung ihrer Menschenrechte. Wenn man diese Rechte als das Grundprinzip einer freien Gesellschaft annerkennt und nicht die Freiheit selbst in Frage stellen will, muss man auch für sie einstehen und sie gegen auf ihre Abschaffung gerichteten Bewegungen verteidigen, sei es nur mit Kritik. In Anbetracht des zunehmenden Fundamentalismus in den USA und im nahen Osten ist das nötiger denn je, aber auch hierzulande gibt es da z.B. im Religionsunterricht, in den Konkordatslehrstühlen oder im noch gültigen Reichskonkordat noch ausreichend Angriffsfläche die man nutzen sollte, wenn man in einer Gesellschaft selbstbestimmter freier Menschen leben will. Wenn man das nicht will, muss man hier auch nichts kritisieren.
|
|
Nach oben |
|
 |
Malcolm Ekelpaket
Anmeldungsdatum: 25.07.2007 Beiträge: 1231
Wohnort: Hamburg
|
(#1086251) Verfasst am: 14.09.2008, 13:37 Titel: |
|
|
Hallo Danol,
Deiner Grundthese, daß man mittels Kritik zur Mündigkeit gelangt, kann ich nur sehr eingeschränkt folgen. Meine ganze Lebenserfahrung steht dem wirklich ganz grundlegend entgegen. Daß man gar nicht kritisieren sollte, weil das "eh nichts bringt" sage ich auch nicht.
Wenn man aber so etwas sagt, dann kommt sehr schnell das moralische Argument, daß man einen Großteil der Menschen als "unmündige Kinder" betrachtet. Aber das ist eben nur ein bloßes moralisches Argument. Also diese Umkehrung des naturalistischen Fehlschlusses ist heute sehr verbreitet. Daß man von einer Moral auf die Wirklichkeit schließt. Diese Argumentation begegnete mir erst vor kurzem in der Rassismusdebatte. "Es ist unmoralisch, Schwarze als Menschen zweiter Klasse zu bezeichnen, also sind Schwarze gleichwertig". Worauf ich dann antwortete, daß ich eine bloß moralische Argumentation zugunsten eines Faktums für sehr gefährlich halte. Schwarze aus bloß moralischen Argumenten für gleichwertige Menschen zu halten, heißt in einem gefährlichen geistigen Vakuum zu operieren.
Aber dies nur nebenbei. Man komme mir jedenfalls nicht mit Moral, wenn es darum geht, wie Menschen sind und welches "Mündigkeitspotential" sie haben. Ich glaube, das "Mündigkeitspotential" von vielen Menschen ist äußerst gering. Zumal dann, wenn solche "zur Mündigkeit erziehen" Vorstellungen im Grunde durchaus paternalistisch sind. Schon alleine, daß viele Menschen einfach unmündig sind, obwohl sie doch in Wahrheit alle Möglichkeiten haben, sich der Unmündigkeit zu entziehen, stimmt mich sehr pessimistisch. Hier sind doch einige Christen und Muslime aufgelaufen, wie viele von denen habt ihr eigentlich zur Mündigkeit "bekehrt"?
Ich glaube im Grunde nicht, daß die Menschen heute mündiger sind als vor 200 Jahren, sie sind nur freier. Und bei sehr vielen Menschen hat ein gewisses Gefühl für Freiheit durchaus Platz gegriffen. Leute lassen sich heute nicht mehr einfach alles vorschreiben. Aber das heißt nicht, daß sie mündiger geworden sind, sie sind nur freier geworden. Auch freier zu manchem Blödsinn. Der eine ist halt religiös, der andere esoterisch, der dritte verspielt sein Vermögen bei Glücksspielen, der vierte arbeitet so viel, daß er seine andere Umwelt gar nicht mehr wahrnimmt, der fünfte ist gar nicht religiös, haßt aber die Schwulen, der sechste erliegt völlig dem Körperwahn und sein ganzes Denken kreist nur darum, gut auszusehen usw. usw.
Kritik? Ja, ist notwendig. Aber mit einem realistischen Ausblick auf Menschen, wie sie sind und nicht, wie man sie gerne hätte. Argumentation? Vielen Menschen ist Deine Argumentation einfach "unsympathisch" und das ist für sie schon ein Argument.
Insofern verteidige ich alle drei meiner im Ausgangsposting genannten Kritikalternativen. Fundamentale Kritik am Christentum? Ja, aber nur für den, der dafür erreichbar ist ( das heißt grundsätzlich für alle, aber Du wirst schnell feststellen, daß das bei vielen nichts bringt) Eingeschränkte Kritik am Christentum? Ja, und hier ist es durchaus wertvoll, daß es Menschen gibt, die die Religion "von innen" kritisieren. Kritik, die die Religion "ausklammert" und durchaus nur von der Sache her argumentiert? Durchaus notwendig. Gerade "das Heilige" sollte man hier ausklammern. Viele Menschen sind doch gar nicht mehr erreichbar, wenn Du ihr "Heiligstes" angreifst. Sie sind dann empört und halten jedes Wort, das Du sagst für das Wort des Antichristen. Und damit verschenkst Du die Möglichkeit, auf menschlichen und sachlichen Ebenen zu diskutieren, wo sie durchaus noch erreichbar wären.
Gruß Martin
_________________ Ohne die Musik wäre das Leben ein Irrtum.
"Das beste, was du weißt, kannst du den Buben doch nicht sagen." ( Goethe)
Zuletzt bearbeitet von Malcolm am 14.09.2008, 13:44, insgesamt einmal bearbeitet |
|
Nach oben |
|
 |
Abraham registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2008 Beiträge: 5
|
(#1086255) Verfasst am: 14.09.2008, 13:42 Titel: |
|
|
Warum Kritik?
Weil wir sonst unter einer Diktatur der Kirche leben müßten. Lest mal die Diskussionen auf Jesus.de mit, und auch Kommentare auf Nachrichten. Sie vertreten die Auffassung, dass Kirche und Staat nicht mehr getrennt sein dürfen. Sie wollen Einfluß auf die Politik nehmen und möglichkerweise die Politik komplett bestimmen oder gar einen "Gottesstaat" errichten. Sie mischen sich in die privaten und intimen Angelegenheiten von Frauen ein und betrachten Frauen als Leibeigene, die nicht selbst über ihren Körper und was darin geschieht bestimmen dürfen.
Vor allem die Evangelikalen treten missionieren sehr aggressiv, auch in den islamischen Ländern Nordafrikas. In Nigeria haben die Evangelikalen mit ihrer Missioniererei sogar derart für Unruhen gesorgt, dass die Regierung einschreigen mußte.
Die meisten Religionen sind extrem intolerant und meinen, weil in irgendwelchen Pamphleten aus der Steinzeit ein Missionsauftrag drinne steht, dass sie alles und jeden missionieren und in ihrem Sinne "umdrehen" müssen.
Daher dürfen wir niemals müde werden immer wieder zu kritisieren und Zweifel zu äußern.
|
|
Nach oben |
|
 |
fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26444
Wohnort: im Speckgürtel
|
(#1086270) Verfasst am: 14.09.2008, 14:13 Titel: |
|
|
Was mir vorhin nicht aufgefallen ist:
Malcolm hat folgendes geschrieben: | .......
Eine gesunde Respektlosigkeit ist sicher genauso wichtig wie ein gesunder Respekt. Wenn Du Deine Kinder in einem Sinne erziehst, daß sie es lernen, alles in Frage zu stellen, ist dagegen nichts zu sagen, aber wenn sie für Menschen anderer Weltanschauung überhaupt keinen Respekt aufbringen, ist das eine üble Sache. Übrigens ist auch ein Religionslehrer ein Lehrer und als solcher eine Respektsperson.
Allerdings muß ich auch sagen, daß dieses Forum kaum dazu angetan ist, hier einen solchen Respekt zu lernen...... |
Ich halte die Gleichsetzung, die Du implizit äußerst
fehlender Respekt vor einer Weltsicht = fehlender Respekt vor der Person, die sie hat,
für falsch. Ich glaube schon, dass ich einen gewissen Respekt vor mir selbst habe, trotzdem stelle ich mein eigenes Weltbild regelmäßig in Frage. Der Respekt vor der andern Person äußert sich, wenn ich mir die Frage stelle, ob der andere es verkraften kann oder gar muss, wenn ich an seinen Grundlagen säge - übrigens, und da bin ich nicht ganz konform mit dem Threadtitel, sehe ich hier Fragen als effektiver als Kritik.
Die respektlose Frage in der Sache ist eben kein ad Hominem sondern eine Frage in der Sache, auch, wenn die Sache dem anderen Religion ist. Und es liegt an der Qualität der Antwort, wie groß der Respekt vor dieser Person danach noch ist.
Du hast dieses Thema selbst oben zur Sprache gebracht: Dies hier ist ein Punkt, bei dem ich deine Argumentation in der Sache tatsächlich nicht ernst nehme, sondern auf eine erfolgreiche christliche Sozialisation zurückführe.
Außerdem hege ich den Verdacht, dass der Respekt, der an dieser Stelle eingefordert wird, genau das ist, was sich als Erziehungsziel Gottesfurcht in einigen Länderverfassungen niedergeschlagen hat. Nur, (jetzt wiederhole ich mich leider - aber ich finde die Stelle nicht so schnell) wer wirklich der Meinung ist, dass es keinen Gott gibt, dem bleibt nur die Wahl, ihn für eine Marotte anderer Leute zu halten. Vor Marotten hat man keine Respekt oder Ehrfurcht oder Furcht (Wenn man Furcht haben muss, bezeiche ich es nicht mehr als Marotte, sondern als Wahn). Da ist es Zeichen meines Respekts, nicht auf jeden, von dem ich annehme oder weiß, dass er religiös ist, gleich zuzugehen und auf seine Marotte anzusprechen. Ich halte mich auch aus Gebetshäusern heraus. Aber jemand, der mich im öffentlichen Raum mit seinem Gott belästigt, muss es ertragen können, dass ich in Gelächter ausbreche. (Schulunterricht ist übrigens auch öffentlicher Raum.)
Zum Forum als Ort der Erziehung zum Respekt. Dies ist ein Ort der lustvollen Auseinandersetzung. Der Respekt, der hier gefordert und dessen Fehlen auch geahndet wird, ist weder die Gottesfurcht, noch der Respekt vor Meinungen.
fwo
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
|
|
Nach oben |
|
 |
Malcolm Ekelpaket
Anmeldungsdatum: 25.07.2007 Beiträge: 1231
Wohnort: Hamburg
|
(#1086296) Verfasst am: 14.09.2008, 15:06 Titel: |
|
|
Hallo FWO,
ich gebe Dir grundsätzlich recht. Oder doch auch wieder nicht. Ich weiß es schlicht nicht. Du unterscheidest Respekt für eine Person und für eine Weltsicht. Schon richtig.
Ich gebe Dir grundsätzlich recht, daß es eine Religiösität gibt - und sie ist die wesentliche, alles andere ist nur Wischiwaschi - die in besonderer Weise auf "Respekt" besteht. Und die höchst beleidigt ist, wenn dieser "Respekt" fehlt. Diese Haltung ist sehr fragwürdig, weil sich hinter dem, was "Respekt" genannt wird, einfach der Unwille verbirgt, überhaupt eine Infragestellung ihrer "Weltsicht" an sich heran kommen zu lassen oder gar zuzulassen.
Sagen wir mal so: Ich hatte mich bei Dir über bestimmte Dinge geärgert - Du hast darauf nicht reagiert - und in diesem Punkt hatte ich den Begriff "Respekt" eingeführt. Das hätte ich vielleicht nicht machen sollen, weil ich mir vorstellen kann, daß manche Atheisten in diesem Zusammenhang darauf allergisch reagieren.
Ich persönlich nehme auf religiöse Gefühle Rücksicht. Rücksicht ist für mich viel wichtiger als Respekt. Wenn ich offen sein soll, habe ich für gewisse religiöse Gefühle überhaupt keinen Respekt. Erfolgreiche religiöse Sozialisation? Mag sein. Zuweilen neige ich immer noch dazu, aus christlicher Perspektive zu argumentieren. Und natürlich ist die Tatsache, daß ich mich in diesem Forum Atheist nenne, nur Tarnung, in Wirklichkeit bete ich jeden Tag mindestens drei Vaterunser.
Ich habe den Eindruck gewonnen, daß die Religion vielen Menschen in gewissen Lebenssituationen weiterhilft. Diese Auffassung nur meiner "christlichen Sozialisation" zuzuschreiben, hielte ich für ein bißchen zu kurz gegriffen. Du mußt sie nicht teilen, Gott bewahre, aber ich wehre mich immer gegen dieses Argument ( und Du bist da nicht der erste), in mir einen "Restchristen" zu sehen. Bei einem Menschen, der einer Sache freundlich gegenüber steht, färbt diese Sache immer ein bißchen auf ihn ab. Das ist nicht ungewöhnlich. Aber das bedeutet noch nicht, daß man die Sache teilt.
In meiner Persönlichkeit "christliche Restbestände" auffinden zu wollen, fände ich eher langweilig. Was soll das? Nicht im Traum glaube ich an die Hölle, den lieben Gott oder "die Sünde". Trotzdem gibt es manches an der Religion, was ich durchaus mag. Ist man damit als Atheist disqualifiziert? Ach das wäre doch langweilig.
Gruß Martin
_________________ Ohne die Musik wäre das Leben ein Irrtum.
"Das beste, was du weißt, kannst du den Buben doch nicht sagen." ( Goethe)
|
|
Nach oben |
|
 |
yxyxyx dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 04.01.2008 Beiträge: 1552
|
(#1086366) Verfasst am: 14.09.2008, 16:38 Titel: Kritik |
|
|
Kritik heißt ja nur: Betrachtung
ds Wort hat ähnlich wie andere (z.B. Diskriminierung) einen negativen Sinnwandel durchgemacht, da Betrachtung Trugbilder, die man sich vielleicht gemacht hat, aber auf die man nicht verzichten will, enttarnt.
Leider ist aber vielen (auch hier im Forum) der Unterscheid von Kritik, Polemik und purem "Ressentimentieren" nicht geläufig!
|
|
Nach oben |
|
 |
fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26444
Wohnort: im Speckgürtel
|
(#1086460) Verfasst am: 14.09.2008, 19:07 Titel: |
|
|
Malcolm hat folgendes geschrieben: | ......
Ich habe den Eindruck gewonnen, daß die Religion vielen Menschen in gewissen Lebenssituationen weiterhilft. Diese Auffassung nur meiner "christlichen Sozialisation" zuzuschreiben, hielte ich für ein bißchen zu kurz gegriffen. Du mußt sie nicht teilen, Gott bewahre, aber ich wehre mich immer gegen dieses Argument ( und Du bist da nicht der erste), in mir einen "Restchristen" zu sehen. Bei einem Menschen, der einer Sache freundlich gegenüber steht, färbt diese Sache immer ein bißchen auf ihn ab. Das ist nicht ungewöhnlich. Aber das bedeutet noch nicht, daß man die Sache teilt.
In meiner Persönlichkeit "christliche Restbestände" auffinden zu wollen, fände ich eher langweilig. Was soll das? Nicht im Traum glaube ich an die Hölle, den lieben Gott oder "die Sünde". Trotzdem gibt es manches an der Religion, was ich durchaus mag. Ist man damit als Atheist disqualifiziert? Ach das wäre doch langweilig.
Gruß Martin |
Hinten angefangen: Ich finde es überhaupt nicht langweilig, die Reste meiner christlichen Sozialisation noch herauszufinden - sie sagen nicht nur etwas über mich, sie sagen mir auch ertwas darüber, wie Religionen arbeiten:
Z.B. das Thema Gottesfurcht. Ich habe meinen Vater schon erwähnt - meine Mutter war erheblich schlichter und kam aus einem kleinen Dorf im Westerwald, in dem Gottesfurcht noch weitergegeben wurde. Die war meiner Mutter direkt anzusehen, wenn "Gott gelästert" wurde und als Kleinkind muss ich diesen Angstreflex teilweise übernommen haben. Wenn ich darauf achte, kann ich noch heute diese Angst meiner Mutter bei bestimmten Themen in mir nachspüren - ich bin heute 54. Wie mag das bei anderen sein, die sich nicht bereits im Kinderalter gefühlsmäßig von ihren Eltern getrennt haben? Die sich nicht so sehr von ihren Gefühlen trennen können, dass sie sie von außen wahrnehmen? Es ist wahrscheinlich genau diese Angst, die durch Spott (z.B. Mohammed-Karikaturen) hervorgerufen wird, was dem Spott dann die Qualität eines Angriffs gibt, der wiederum mit einer höchst aggressive "Selbstverteidigung" beantwortet wird.
Und - dieses Verhalten wird von Kirchenvätern gefördert und benutzt.
Womit wir dann bei der anderen Sache wären - Religion als Hilfe. Je länger ich mir das betrachte, um so mehr komme ich zur Überzeugung, dass die Religion Hilfe bei genau den Gebrechen ist, die sie selbst erzeugt. Wenn das so ist, dann ist allerdings die Vermutung, dass jemand der Religion als Hilfe empfindet, bereits hinreichend von ihr verbogen ist, zumindest folgerichtig.
Dazu passt gut: "Ist man damit als Atheist disqualifiziert?" Ich weiß nicht, wie man sich als Atheist qualifiziert - weder gibt es ein Glaubensbekenntnis für Atheisten, noch einen Katechsimus, noch eine Taufe oder Konfirmation. Übrigens auch keinen Klerus. Man kann auch nicht exkommuniziert werden, oder disqualifiziert. Wo dieser Ausdruck allenfalls passte, das wäre ein fake, das aufgedeckt würde. Was treibt dich dazu, diese Formulierung zu wählen und was impliziert sie?
Respekt: Malcolm hat folgendes geschrieben: | ......
Sagen wir mal so: Ich hatte mich bei Dir über bestimmte Dinge geärgert - Du hast darauf nicht reagiert - und in diesem Punkt hatte ich den Begriff "Respekt" eingeführt. ........ |
Das tut mir leid. War das in einem anderen Thread? In diesem hier benutzt Du das Wort Respekt bereits in der Eröffnung.
Rücksicht / Respekt: Das habe ich nicht ganz verstanden - inwieweit unterscheidet sich das von dem, was ich oben im Umgang mit Personen formuliert habe?
fwo
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
|
|
Nach oben |
|
 |
Caroline Phantastin
Anmeldungsdatum: 14.09.2008 Beiträge: 21
Wohnort: Schweiz
|
(#1086531) Verfasst am: 14.09.2008, 20:18 Titel: |
|
|
Malcolm hat folgendes geschrieben: | Eines ist mir auf jeden Fall zuwider: Eine Überheblichkeit, die weder einen Respekt vor der Menschlichkeit noch auch für die Intelligenz eines anderen aufbringt. Dann macht man wirklich Menschen zu "Schießbudenfiguren" und das sollte nicht sein. Das ist zum Beispiel etwas, was mich an diesem Forum gelegentlich sehr nervt, diese wahnsinnige Überheblichkeit, die den Splitter im fremden Auge sieht, aber den Balken im eigenen nicht bemerkt. |
Wie schön, dass das mal jemand schreibt. Dies ist nämlich auch eine Erfahrung, die ich mittlerweile mit einigen Atheisten an meiner Schule gemacht habe. Kaum sage ich etwas à la "Aber könnte es vielleicht nicht doch –?" werden verbal die Fäuste geballt. Da fühlt man sich beinahe so, als hätte man "IDIOTIN" auf der Stirn geschrieben stehen, nur weil man die Existenz eines höheren Wesens in Erwägung zieht. Schöne Welt ist das, in der man an nichts mehr glauben darf … Die Arroganz der Atheisten ist manchmal (Manchmal, wohlgemerkt! Nicht, dass mir hier gleich alle vor Empörung die Bude einrennen ) fast schon ausgeprägter als die der von ihnen verteufelten Theisten.
Ich weiss ja nicht, wie das mit dem deutschen Religionsunterricht abläuft, in der Schweiz zumindest vermittelt diese Unterrichtseinheit ab einer bestimmten Klassenstufe auch den Überblick über andere Religionsströmungen als das Christentum, wobei der Atheismus nicht ausgeklammert wird. Einer der Lehrer in unseren Dorf, ein leidenschaftlicher Kirchenschaffender, befasst sich hin und wieder gerne mit dem Thema, kann auch herzhaft über religionskritische Witze lachen. Der Gute verfügt also trotz seiner starken Verbundenheit zum Christentum über einen relativ differenzierten Blick.
Was ich damit sagen will: Es ist einfach, die Religion als den Grund allen Leids zu definieren, einfach doch leider ausgesprochen kindisch. Klar hat das Christentum einiges an Scheisse gebaut. Das tut es noch heute, will ich gar nicht bestreiten. Aber Atheisten neigen manchmal (!) dazu, das volle Scheinwerferlicht auf all die Schattenseiten zu richten, aber das Gute, sinnvoll Produktive einfach auszuklammern. Eine sachliche Argumentation über den Unsinn der Götteridee kann ich verstehen und akzeptieren. Wenn aber alle Gläubigen als ahnungslose, hexenverbrennende und schwulenhassende Spinner tituliert werden, dann kann ich das nur teilweise nachvollziehen. Wir befinden uns nicht mehr im Mittelalter, die Religion hat sich inzwischen entwickelt und tut es noch heute. Wie sie das tut – das ist natürlich eine andere Frage, die auf jeden Fall mit kritischem Blick beobachtet werden muss. Dass Religion nur üble Wurzeln treibt, das kann und werde ich jedoch nicht glauben.
fwohlgemuth hat folgendes geschrieben: | Und ansonsten spotte ich leise, aber vernehmlich. Ein beliebtes Konfirmationsgeschenk von mir ist z.B. ein Gutschein für die Gebühren, die bei einem Kirchenaustritt fällig werden.
Und ich ertrage es feundlich, wenn es Menschen gibt, die ein derartiges Verhalten als hasserfüllt bezeichnen - ich kann sie auch gut verstehen, denn aus ihrer Sicht bin ich gottlos, evtl vom Teufel besessen […] |
Ein derartiges Verhalten ist weder gottlos noch teuflisch – es ist einfach nur dreist. Wenn man sich aus diesem Grunde beleidigt fühlt, hat das überhaupt nichts mit dem christlichen Glauben zu tun. Respekt vor einer Person verlangt auch Respekt vor seiner Lebensweise. In Anwesenheit eines Schwulen kann ich auch nicht gegen die Homosexualität wettern, mit der Entschuldigung, es sei ja nicht persönlich gemeint.
_________________ Ich mag mich.
|
|
Nach oben |
|
 |
step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
|
(#1086538) Verfasst am: 14.09.2008, 20:24 Titel: |
|
|
Caroline hat folgendes geschrieben: | Ich weiss ja nicht, wie das mit dem deutschen Religionsunterricht abläuft, in der Schweiz zumindest vermittelt diese Unterrichtseinheit ab einer bestimmten Klassenstufe auch den Überblick über andere Religionsströmungen als das Christentum, wobei der Atheismus nicht ausgeklammert wird. |
Was ist denn das offizielle Ziel des schweizerischen RU?
In D ist das Ziel des RU jedenfalls auch, die Schüler in den Denkweisen und Gebetsgesten der jeweiligen Konfession zu erziehen, trotz Seitenblicke auf andere Religionen und Religionsgeschichte ist es also eindeutig Ideologieunterricht, ähnlich wie wenn man etwa statt Politikunterricht CSU- oder Kommunismus-Untericht geben würde, in dem dann auch andere politische Strömungen erwähnt würden.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
|
|
Nach oben |
|
 |
Caroline Phantastin
Anmeldungsdatum: 14.09.2008 Beiträge: 21
Wohnort: Schweiz
|
(#1086553) Verfasst am: 14.09.2008, 20:39 Titel: |
|
|
step hat folgendes geschrieben: | Was ist denn das offizielle Ziel des schweizerischen RU? |
Da überfragst du mich. Ich glaube aber, dass sich das Ziel unseres Systems nicht so sehr von dem Deutschlands unterscheidet. Du würdest unseres wohl ebenfalls "Ideologieunterricht" nennen, da der inhaltliche Schwerpunkt definitiv beim Christentum liegt. Wobei ich als Zwölftklässlerin eine Stunde besuche, die offiziell Religionsunterricht heisst, sich aber viel eher kritisch mit der medialen Präsentation von Glaubensrichtungen auseinander setzt. Das heisst, es werden Fragen behandelt wie: Fusst diese oder jene Behauptung tatsächlich auf eine religiöse Überzeugung, oder aber wurde der Sinn vollkommen verdreht?
Was die unteren Klassen betrifft, hast du aber wahrscheinlich recht. Bis hin zur sechsten (EDIT: vierten) Klasse kann ich mich nämlich kaum entsinnen, etwas anderes als das Christentum behandelt zu haben.
_________________ Ich mag mich.
Zuletzt bearbeitet von Caroline am 14.09.2008, 21:15, insgesamt einmal bearbeitet |
|
Nach oben |
|
 |
GL11 dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 01.09.2008 Beiträge: 1057
|
(#1086559) Verfasst am: 14.09.2008, 20:42 Titel: |
|
|
Caroline hat folgendes geschrieben: | Malcolm hat folgendes geschrieben: | Eines ist mir auf jeden Fall zuwider: Eine Überheblichkeit, die weder einen Respekt vor der Menschlichkeit noch auch für die Intelligenz eines anderen aufbringt. Dann macht man wirklich Menschen zu "Schießbudenfiguren" und das sollte nicht sein. Das ist zum Beispiel etwas, was mich an diesem Forum gelegentlich sehr nervt, diese wahnsinnige Überheblichkeit, die den Splitter im fremden Auge sieht, aber den Balken im eigenen nicht bemerkt. |
Wie schön, dass das mal jemand schreibt. Dies ist nämlich auch eine Erfahrung, die ich mittlerweile mit einigen Atheisten an meiner Schule gemacht habe. Kaum sage ich etwas à la "Aber könnte es vielleicht nicht doch –?" werden verbal die Fäuste geballt. Da fühlt man sich beinahe so, als hätte man "IDIOTIN" auf der Stirn geschrieben stehen, nur weil man die Existenz eines höheren Wesens in Erwägung zieht. Schöne Welt ist das, in der man an nichts mehr glauben darf … Die Arroganz der Atheisten ist manchmal (Manchmal, wohlgemerkt! Nicht, dass mir hier gleich alle vor Empörung die Bude einrennen ) fast schon ausgeprägter als die der von ihnen verteufelten Theisten.
Ich weiss ja nicht, wie das mit dem deutschen Religionsunterricht abläuft, in der Schweiz zumindest vermittelt diese Unterrichtseinheit ab einer bestimmten Klassenstufe auch den Überblick über andere Religionsströmungen als das Christentum, wobei der Atheismus nicht ausgeklammert wird. Einer der Lehrer in unseren Dorf, ein leidenschaftlicher Kirchenschaffender, befasst sich hin und wieder gerne mit dem Thema, kann auch herzhaft über religionskritische Witze lachen. Der Gute verfügt also trotz seiner starken Verbundenheit zum Christentum über einen relativ differenzierten Blick.
Was ich damit sagen will: Es ist einfach, die Religion als den Grund allen Leids zu definieren, einfach doch leider ausgesprochen kindisch. Klar hat das Christentum einiges an Scheisse gebaut. Das tut es noch heute, will ich gar nicht bestreiten. Aber Atheisten neigen manchmal (!) dazu, das volle Scheinwerferlicht auf all die Schattenseiten zu richten, aber das Gute, sinnvoll Produktive einfach auszuklammern. Eine sachliche Argumentation über den Unsinn der Götteridee kann ich verstehen und akzeptieren. Wenn aber alle Gläubigen als ahnungslose, hexenverbrennende und schwulenhassende Spinner tituliert werden, dann kann ich das nur teilweise nachvollziehen. Wir befinden uns nicht mehr im Mittelalter, die Religion hat sich inzwischen entwickelt und tut es noch heute. Wie sie das tut – das ist natürlich eine andere Frage, die auf jeden Fall mit kritischem Blick beobachtet werden muss. Dass Religion nur üble Wurzeln treibt, das kann und werde ich jedoch nicht glauben.
fwohlgemuth hat folgendes geschrieben: | Und ansonsten spotte ich leise, aber vernehmlich. Ein beliebtes Konfirmationsgeschenk von mir ist z.B. ein Gutschein für die Gebühren, die bei einem Kirchenaustritt fällig werden.
Und ich ertrage es feundlich, wenn es Menschen gibt, die ein derartiges Verhalten als hasserfüllt bezeichnen - ich kann sie auch gut verstehen, denn aus ihrer Sicht bin ich gottlos, evtl vom Teufel besessen […] |
Ein derartiges Verhalten ist weder gottlos noch teuflisch – es ist einfach nur dreist. Wenn man sich aus diesem Grunde beleidigt fühlt, hat das überhaupt nichts mit dem christlichen Glauben zu tun. Respekt vor einer Person verlangt auch Respekt vor seiner Lebensweise. In Anwesenheit eines Schwulen kann ich auch nicht gegen die Homosexualität wettern, mit der Entschuldigung, es sei ja nicht persönlich gemeint. |
Obwohl ich religiösen Themen gegenüber aufgeschlossen bin und selbst eine spirituelle Sicht auf die Welt habe, mag ich so Äußerungen trotzdem nicht (gefettet). Natürlich kann Vieles möglich sein und jeder sollte glauben, was er braucht, um glücklich zu sein. Aber wenn jemand so tun will, als wenn seine persönliche Sicht einen objektiven, allgemeingültigen Status einnehmen könnte, geht mir auch etwas der Deckel hoch.
Ganz anders ist es, wenn jemand sagt, "na ich persönlich glaube ja...". Da sagt jemand lediglich etwas über seine Person und das ist ja auch interessant. Das ist wie, "ich mag Schokopudding".
Sobald es aber um das geht, was sein kann, müssen wir uns an Fakten halten. Wenn wir dafür nämlich das Feingefühl verlieren, versinkt unsere Gesellschaft in Unwissenschaftlichkeit oder gar in Wissenschaftsfeindlichkeit. Unsere Gesellschaft hat schon genug Probleme dadurch, dass die Religionen bzw. das Christentum einen hohen Status bei uns genießen.
Es ist unglaublich, dass wieder sowas wie "Schöpfungslehre im Bio-Unterricht" diskutiert bzw. ja von manchem Politiker sogar gefordert wurde/ wird. Das kann nur passieren, weil die Toleranz den Religionen ein bisschen übertrieben wird. Wenn man da nicht knallhart bleibt, haben wir irgendwann amerikanische Verhältnisse.
Deswegen: Ein "Es könnte doch aber sein..." gibt es nicht
|
|
Nach oben |
|
 |
Caroline Phantastin
Anmeldungsdatum: 14.09.2008 Beiträge: 21
Wohnort: Schweiz
|
(#1086608) Verfasst am: 14.09.2008, 21:03 Titel: |
|
|
GL11 hat folgendes geschrieben: | Deswegen: Ein "Es könnte doch aber sein..." gibt es nicht |
Ehm… Doch!
Das, was du da fabrizierst, ist nichts weiter als Wortklauberei. Aber ich formuliere meinen obigen Satz gerne für dich um: "Ich glaube, es könnte sein, dass …" Ich habe nicht vor, irgend jemanden von der Richtigkeit meiner Ideen zu überzeugen, das will ich auch gar niemandem zumuten. Die beste Freundin der Wissenschaft bin ich übrigens nicht, insofern hast du nicht ganz unrecht.
_________________ Ich mag mich.
|
|
Nach oben |
|
 |
GL11 dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 01.09.2008 Beiträge: 1057
|
(#1086631) Verfasst am: 14.09.2008, 21:16 Titel: |
|
|
Caroline hat folgendes geschrieben: | GL11 hat folgendes geschrieben: | Deswegen: Ein "Es könnte doch aber sein..." gibt es nicht |
Ehm… Doch!
Das, was du da fabrizierst, ist nichts weiter als Wortklauberei. Aber ich formuliere meinen obigen Satz gerne für dich um: "Ich glaube, es könnte sein, dass …" Ich habe nicht vor, irgend jemanden von der Richtigkeit meiner Ideen zu überzeugen, das will ich auch gar niemandem zumuten. Die beste Freundin der Wissenschaft bin ich übrigens nicht, insofern hast du nicht ganz unrecht. |
Nö, mit Wortklauberei hat das nichts zu tun. Man kann auch im objektiven Sinne "es könnte aber sein..." sagen. Es geht schlicht darum, wie es gemeint ist. Wenn Du stets alles im subjektiven Sinne meinst und Dich entsprechend ausdrückst, ist alles i.O.
Aber weshalb bist Du nicht "die beste Freundin der Wissenschaft"? Was hast Du denn an dieser auszusetzen?
|
|
Nach oben |
|
 |
Caroline Phantastin
Anmeldungsdatum: 14.09.2008 Beiträge: 21
Wohnort: Schweiz
|
(#1086673) Verfasst am: 14.09.2008, 21:34 Titel: |
|
|
GL11 hat folgendes geschrieben: | Es geht schlicht darum, wie es gemeint ist. Wenn Du stets alles im subjektiven Sinne meinst und Dich entsprechend ausdrückst, ist alles i.O. |
Da würde ich lieber die Sätze besonders hervorheben, die ich nicht subjektiv meine, die sind wohl seltener. Ich finde es nur unendlich mühsam, immer Dinge wie "Meiner Meinung nach" oder "Ich persönlich finde" an den Satzanfang heften zu müssen.
GL11 hat folgendes geschrieben: | Aber weshalb bist Du nicht "die beste Freundin der Wissenschaft"? Was hast Du denn an dieser auszusetzen? |
Huch, das ist jetzt ebenfalls eine sehr persönliche Angelegenheit. Mal schauen, ob ich mich da nicht verzettle. Als erstes muss ich vielleicht einräumen, dass ich mich mit dem Begriff "Wissenschaft" viel zu weit gefasst habe. Ich beziehe mich hier nämlich vor allem auf die Naturwissenschaften, die sich einfach nicht mit meiner künstlerisch-schaffenden Natur vereinbaren lassen. Ich hasse sie keineswegs, ich weiss ihre Erzeugnisse zu schätzen und zu würdigen. Nur ihre Arbeitsweise liegt mir nicht, vor allem aber die Tatsache, dass sich einige Wissenschaftler einbilden, ihre Erkenntnisse seien absolut und unfehlbar. Allein der Blick, den mir naturwissenschaftlich interessierte Schüler zuwerfen, nur weil ich mich "absurderweise" mit Literatur und Musik beschäftige – da könnte ich glatt an den Wänden hoch gehen.
Man merkt, das ist sehr emotionales Gefilde, weshalb ich meinen Groll an dieser Stelle auch nicht weiter ausführen will. Zumal dieser ohnehin meilenweit am Thema vorbei geht.
_________________ Ich mag mich.
|
|
Nach oben |
|
 |
|