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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#146055) Verfasst am: 05.07.2004, 21:45 Titel: |
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Hi Martin!
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Meine Sicht der Dinge ist folgende: Wie ich Thomas (pers. comm.) schrieb, hängt sich die Diskussion regelmäßig an der Frage auf, ob Atheisten Letztbegründungen vertreten, also einen "starken Naturalismus" favorisieren, wonach es definitiv keine übernatürlichen Entitäten geben kann. Und das ist genau der billige Trick der Theisten: Es wird so getan, als würden Atheisten eine solche weltanschauliche Gegenposition vertreten, quasi eine "Gott-existiert-definitiv-nicht"-Mentalität. Das würde aber voraussetzen, daß jemand behauptet, Gott widerlegt zu haben oder prinzipiell widerlegen zu können. Das Groteske ist, daß es sich in den Augen der Atheisten (so sie keinen starken Naturalismus vertreten) genau anders herum verhält: Die Existenzhypothese Gottes ist prinzipiell nicht widerlegbar, also rational unentscheidbar und eben gerade deshalb auch nicht rational diskursfähig.
Weshalb also der Atheismus, der im Grunde nichts anderes einnimmt, als eine indifferente Position zum Theismus, derart angefeindet wird, verstehe ich nicht. Hier hat IMAO Kanitscheider recht: Der Begriff "Agnostizismus" klingt nur weicher und ist daher halt etwas leichter verdaulich. Man möchte den Theisten nicht "weh" tun und die intellektuellen Spannungen verringern. Man sollte aber nicht das Argument der Theisten übernehmen, wonach A-Theismus automatisch "Anti-Theismus" (im Sinne einer Widerlegungsabsicht der Gotthypothese) bedeutet. Das "Widerlegung" unliebsamer Gegenpositionen überläßt man naturgemäß den Theisten. Insofern besteht von vorne herein in epistemologischer Hinsicht eine asymmetrische Ausgangssituation zwischen Theismus/Atheismus: Theisten behaupten etwas - A-Theisten behaupten dieses "etwas" nicht. |
Eine 'indifferente' Position wie der Agnostizismus kann doch gleichwohl auch im Sinne einer Letztbegründungen vertreten werden. Von der Begründungswertigkeit her gesehen, ist ein 'vielleicht' eine genauso starke Aussage wie etwa 'ja' oder 'nein'. Ich finde Begriffe wie Letztbegründungen unbrauchbar. Was soll den das aussagen?!
Es scheint mir auch sinnvoll, sich über den Begriff Entitäten zu unterhalten; was z. B. soll denn das sein: "Übernatürlichen Entitäten "?
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#146232) Verfasst am: 06.07.2004, 09:16 Titel: |
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Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Aber anders: In der SciFi-Literatur wird gern das Thema Zeitreise aufgegriffen, dabei kommt es dann mitunter zu interessanten Überlegungen hinsichtlich der (unbeabsichtigten) Folgen von Eingriffen in die Vergangenheit. Ähnliche Effekte würden dann auch bei "übernatürlichen" Eingriffen zu verzeichnen sein. Und natürlich vice versa. Als Theodizee-Problem formuliert: Wie würde die Welt aussehen, wenn es Gott geben würde, er sich aber umbringt? - q.e.d. |
Großartig, endlich wieder eine typisch sokratisch-nebulös-gefragt-um-drei-Ecken-Denk-Aufgabe von Lamarck |
Na, die sokratische Ironie ist die schlechteste nicht. - Aber nebulös?
Wie wäre denn z. B. die Antwort, "... es würde sich rein gar nichts ändern" ... ?
Gleich wie die Antwort zu dieser Frage auch lauten mag (es lassen sich ja zudem diverse Szenarien durchspielen), sie führt letztlich zu zwei sich ausschließenden Optionen: Entweder "Wissen". - Oder "Glaube". Aber nachdem "Wissen" offenbar möglich ist ... . |
Und, was hatte Deine Ausgangsfrage nun intendiert? War es nun der unendliche Regress, auf den Du angespielt hast oder der Schmetterlingseffekt,...?
BTW, die Sache mit den Schwinghangler war nicht bös' gemeint. Einfach a glois Späßle am Rande...
Wollte mal testen, ob Du Vollmer auch wirklich gelesen hast
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#146238) Verfasst am: 06.07.2004, 09:32 Titel: |
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Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | (...) Weshalb also der Atheismus, der im Grunde nichts anderes einnimmt, als eine indifferente Position zum Theismus, derart angefeindet wird, verstehe ich nicht. Hier hat IMAO Kanitscheider recht: Der Begriff "Agnostizismus" klingt nur weicher und ist daher halt etwas leichter verdaulich. Man möchte den Theisten nicht "weh" tun und die intellektuellen Spannungen verringern. Man sollte aber nicht das Argument der Theisten übernehmen, wonach A-Theismus automatisch "Anti-Theismus" (im Sinne einer Widerlegungsabsicht der Gotthypothese) bedeutet. Das "Widerlegung" unliebsamer Gegenpositionen überläßt man naturgemäß den Theisten. Insofern besteht von vorne herein in epistemologischer Hinsicht eine asymmetrische Ausgangssituation zwischen Theismus/Atheismus: Theisten behaupten etwas - A-Theisten behaupten dieses "etwas" nicht. |
Eine 'indifferente' Position wie der Agnostizismus kann doch gleichwohl auch im Sinne einer Letztbegründungen vertreten werden. Von der Begründungswertigkeit her gesehen, ist ein 'vielleicht' eine genauso starke Aussage wie etwa 'ja' oder 'nein'. Ich finde Begriffe wie Letztbegründungen unbrauchbar. Was soll den das aussagen?! |
Was ich meinte war, daß die Methodologien ihre Geltungsgrenzen haben. Niemand kann mit empirisch-wissenschaftlichen Mitteln prüfen, ob es eine "Überwelt" gibt. Daher kann niemand behaupten, Gott existiere definitiv nicht. Wer das behauptet, unternimmt den Versuch einer Letztbegründung im Sinne einer streng logischen Widerlegung der "Gotthypothese". Das ist aufgrund der Fallibilität des Wissens einfach nicht möglich.
Ich habe übrigens keine Probleme mit dem Atheismus, der die Grenzen seiner Erkenntnisfähigkeit kennt (und komm' mir jetzt ja nicht mit dem radikalen Konstruktivismus ). Es wär' aber trotzdem ganz interessant zu erfahren, warum Du Dich als Atheist bezeichnest und nicht als Agnostiker. Wer hat Deiner Meinung nach unter welchen Voraussetzungen recht? Kanitscheider (zählt also nur die Methodologie)? Oder doch eher Thomas? Oder ist der Streit nur ein Scheinproblem bzw. ein Kampf um Worte?
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Es scheint mir auch sinnvoll, sich über den Begriff Entitäten zu unterhalten; was z. B. soll denn das sein: "Übernatürlichen Entitäten "? |
Götter, Dämonen, Geister, Kobolde, Teufels Großmutter... was auch immer.
Grüße
Martin
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#149533) Verfasst am: 13.07.2004, 02:10 Titel: |
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Hi Martin!
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Aber anders: In der SciFi-Literatur wird gern das Thema Zeitreise aufgegriffen, dabei kommt es dann mitunter zu interessanten Überlegungen hinsichtlich der (unbeabsichtigten) Folgen von Eingriffen in die Vergangenheit. Ähnliche Effekte würden dann auch bei "übernatürlichen" Eingriffen zu verzeichnen sein. Und natürlich vice versa. Als Theodizee-Problem formuliert: Wie würde die Welt aussehen, wenn es Gott geben würde, er sich aber umbringt? - q.e.d. |
Großartig, endlich wieder eine typisch sokratisch-nebulös-gefragt-um-drei-Ecken-Denk-Aufgabe von Lamarck |
Na, die sokratische Ironie ist die schlechteste nicht. - Aber nebulös?
Wie wäre denn z. B. die Antwort, "... es würde sich rein gar nichts ändern" ... ?
Gleich wie die Antwort zu dieser Frage auch lauten mag (es lassen sich ja zudem diverse Szenarien durchspielen), sie führt letztlich zu zwei sich ausschließenden Optionen: Entweder "Wissen". - Oder "Glaube". Aber nachdem "Wissen" offenbar möglich ist ... . |
Und, was hatte Deine Ausgangsfrage nun intendiert? War es nun der unendliche Regress, auf den Du angespielt hast oder der Schmetterlingseffekt,...?
BTW, die Sache mit den Schwinghangler war nicht bös' gemeint. Einfach a glois Späßle am Rande...
Wollte mal testen, ob Du Vollmer auch wirklich gelesen hast |
Du kennst doch sicherlich den Sketch mit den kunstvoll gestapelten Konservendosen, der zusammenfällt, wenn eine Konserve herausgezogen wird? - Nehmen wir also an, Du wärst eine Konserve und der Stapel das Universum. Der Stapel müßte also einstürzen, wenn die göttliche Hand hier entsprechend einwirkt ... .
Cheers,
Lamarck
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#149540) Verfasst am: 13.07.2004, 02:36 Titel: |
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Hi Martin!
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | (...) Weshalb also der Atheismus, der im Grunde nichts anderes einnimmt, als eine indifferente Position zum Theismus, derart angefeindet wird, verstehe ich nicht. Hier hat IMAO Kanitscheider recht: Der Begriff "Agnostizismus" klingt nur weicher und ist daher halt etwas leichter verdaulich. Man möchte den Theisten nicht "weh" tun und die intellektuellen Spannungen verringern. Man sollte aber nicht das Argument der Theisten übernehmen, wonach A-Theismus automatisch "Anti-Theismus" (im Sinne einer Widerlegungsabsicht der Gotthypothese) bedeutet. Das "Widerlegung" unliebsamer Gegenpositionen überläßt man naturgemäß den Theisten. Insofern besteht von vorne herein in epistemologischer Hinsicht eine asymmetrische Ausgangssituation zwischen Theismus/Atheismus: Theisten behaupten etwas - A-Theisten behaupten dieses "etwas" nicht. |
Eine 'indifferente' Position wie der Agnostizismus kann doch gleichwohl auch im Sinne einer Letztbegründungen vertreten werden. Von der Begründungswertigkeit her gesehen, ist ein 'vielleicht' eine genauso starke Aussage wie etwa 'ja' oder 'nein'. Ich finde Begriffe wie Letztbegründungen unbrauchbar. Was soll den das aussagen?! |
Was ich meinte war, daß die Methodologien ihre Geltungsgrenzen haben. Niemand kann mit empirisch-wissenschaftlichen Mitteln prüfen, ob es eine "Überwelt" gibt. Daher kann niemand behaupten, Gott existiere definitiv nicht. Wer das behauptet, unternimmt den Versuch einer Letztbegründung im Sinne einer streng logischen Widerlegung der "Gotthypothese". Das ist aufgrund der Fallibilität des Wissens einfach nicht möglich.
Ich habe übrigens keine Probleme mit dem Atheismus, der die Grenzen seiner Erkenntnisfähigkeit kennt (und komm' mir jetzt ja nicht mit dem radikalen Konstruktivismus ). Es wär' aber trotzdem ganz interessant zu erfahren, warum Du Dich als Atheist bezeichnest und nicht als Agnostiker. Wer hat Deiner Meinung nach unter welchen Voraussetzungen recht? Kanitscheider (zählt also nur die Methodologie)? Oder doch eher Thomas? Oder ist der Streit nur ein Scheinproblem bzw. ein Kampf um Worte? |
Ich sehe keine prinzipiellen Grenzen der Erkenntnisfähigkeit - die Aussage "nicht beweisbar" ist schließlich auch eine Erkenntnis. Bei dialektischem Vorgehen habe ich auf der einen Seite das Theodizee-Problem, actio <> reactio etc.; als Antithese habe ich als Gottesbeweis nur einen dumpfen Zweifel. So what?
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Es scheint mir auch sinnvoll, sich über den Begriff Entitäten zu unterhalten; was z. B. soll denn das sein: "Übernatürlichen Entitäten "? |
Götter, Dämonen, Geister, Kobolde, Teufels Großmutter... was auch immer. |
Ich will ja jetzt wirklich nicht mit dem Radikalen Konstruktivismus kommen, aber Entitäten sind doch hier Konstrukte, oder?
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#149586) Verfasst am: 13.07.2004, 09:54 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Es scheint mir auch sinnvoll, sich über den Begriff Entitäten zu unterhalten; was z. B. soll denn das sein: "Übernatürlichen Entitäten "? | Götter, Dämonen, Geister, Kobolde, Teufels Großmutter... was auch immer. |
Eine Großmutter kann nicht übernatürlich sein, sonst wäre sie keine Großmutter.
Und auch Götter sind nur solange scheinbar als "übernatürlich" vorstellbar, wie man sich um eine Definition des Begriffs drückt.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#149600) Verfasst am: 13.07.2004, 10:46 Titel: |
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Hi step,
step hat folgendes geschrieben: |
Und auch Götter sind nur solange scheinbar als "übernatürlich" vorstellbar, wie man sich um eine Definition des Begriffs drückt.
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in meinem Weltbild ist dann der _Begriff_ 'natürlich' (qua Konzept), ob aber der _Gegenstand_ (sollte es ihn überhaupt geben) dadurch 'natürlich' wird, scheint mir eine offene Frage zu sein. Es sei denn, Du definierst 'Welt' als _begrifflich_ gefasste Welt. Dann 'gibt' es selbstverständlich nichts 'übernatürliches'.
Das ist aber eine etwas problematische Ontologie.
BTW, Du hast Martin Neukamm ein paar Dinge über Deine Ontologie geschrieben, die ich zwar inhaltlich teile, aber mit einer anderen Begründung als Du. Ich fürchte, dass Du, wie lange Zeit üblich, unter 'Ontologie' eine _letzt_begründete Weltsicht verstehst. Mahner und Bunge verstehen darunter 'nur' die reflektierte Darlegung dessen, was die Grundlage eines bestimmten Systems darstellt.
Ich weiß, dass 'Ontologie' daher in 'gewissen Kreisen' einen ganz schlechten Ruf hat:
In dem Bild siehst Du die Menschen, die eine Vorlesung bei Bohr besuchten. In der ersten Reihe sitzen Menschen wie Bohr, Heisenberg, Pauli, Gamow. Beachte die Trompete und die kleine Kanone. Sobald der Redner irgendetwas 'metaphysisches' sagte, traten die in Aktion.
Ich kann gut verstehen, dass Menschen, die so sozialisiert wurden, Probleme haben, die Grundlagen ihres Weltbilds zu reflektieren, weil das genuin 'Metaphysik' ist.
Grüßle
Thomas
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#149953) Verfasst am: 13.07.2004, 21:00 Titel: |
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Hi Thomas,
nettes Bild
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Und auch Götter sind nur solange scheinbar als "übernatürlich" vorstellbar, wie man sich um eine Definition des Begriffs drückt. | in meinem Weltbild ist dann der _Begriff_ 'natürlich' (qua Konzept), ob aber der _Gegenstand_ (sollte es ihn überhaupt geben) dadurch 'natürlich' wird, scheint mir eine offene Frage zu sein. | Über einen vermuteten Gegenstand können wir nichts sagen außer mit Begriffen, Regeln, Simulationen. Alles, worüber wir also sinnvoll etwas sagen können, und sei es eine unüberprüfte Aussage, ist gleich natürlich.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Es sei denn, Du definierst 'Welt' als _begrifflich_ gefasste Welt. Dann 'gibt' es selbstverständlich nichts 'übernatürliches'. |
Ja. Wobei ich nicht etwa die "echte Welt" als _begrifflich_ gefasste Welt definiere, sondern ich sehe nur ein, daß die fassbare Welt eben die begrifflich fassbare Welt ist.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Das ist aber eine etwas problematische Ontologie. |
Hmm ... ist das nicht einfach die Wahrnehmung einer Beschränkung?
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | BTW, Du hast Martin Neukamm ein paar Dinge über Deine Ontologie geschrieben, die ich zwar inhaltlich teile, aber mit einer anderen Begründung als Du. Ich fürchte, dass Du, wie lange Zeit üblich, unter 'Ontologie' eine _letzt_begründete Weltsicht verstehst. |
Ja, das hatten wir ja schon. Wenn M&B unter Ontologie nicht wie allgemein üblich die Lehre vom Sein des Seins, von den letzten Dingen und den Dingen an sich verstehen, dann sollten sie vielleicht ein anderes Wort benutzen.
In der Diskussion mit Martin ging es aber um die klassische Ontologie, jedenfalls in den gebrachten Vollmer-Zitaten. Es ging um die Verklärung des Mutes, der angeblich zur Metaphysik des Realismus gehört, um den "Erklärungswert" und die "Wahrheit" des Realismus.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Ich kann gut verstehen, dass Menschen, die so sozialisiert wurden, Probleme haben, die Grundlagen ihres Weltbilds zu reflektieren, weil das genuin 'Metaphysik' ist. |
Naja, ebenso könnte ich sagen, metaphysisch sozialisierte Menschen geben ungern ihre Letztbegründungen auf.
Sein Weltbild, insbesondere die wissenschaftliche Methode, kann man zudem sehr wohl ohne Letztbegründungen reflektieren.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#150326) Verfasst am: 14.07.2004, 18:38 Titel: |
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Hi step,
step hat folgendes geschrieben: |
nettes Bild :lol: |
ich wollte es Dir schon immer mal posten, fand es aber leider nicht mehr. Irgendwann kam ich altmodischer Mensch auf die Idee, google zu bemühen ;-/
Leider fehlt mir immer noch der genaue Hintergrund für die Trompete und die Kanone. Ich bin mir zwar sicher, dass ich das inhaltlich korrekt wiedergegeben habe, aber leider musste ich schon öfters feststellen, dass sich Bücher, wenn sie unbeobachtet im Schrank stehen, umschreiben. Irgendwie steht dann dort etwas vollkommen Anderes als ich in Erinnerung hatte. Ich bin immer noch am Suchen ...
step hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Und auch Götter sind nur solange scheinbar als "übernatürlich" vorstellbar, wie man sich um eine Definition des Begriffs drückt. | in meinem Weltbild ist dann der _Begriff_ 'natürlich' (qua Konzept), ob aber der _Gegenstand_ (sollte es ihn überhaupt geben) dadurch 'natürlich' wird, scheint mir eine offene Frage zu sein. |
Über einen vermuteten Gegenstand können wir nichts sagen außer mit Begriffen, Regeln, Simulationen. Alles, worüber wir also sinnvoll etwas sagen können, und sei es eine unüberprüfte Aussage, ist gleich natürlich. |
Wie gesagt, in _meinem_ Weltbild ist das etwas sehr stark restringiert. Ich stimme allerdings mit Dir überein, dass jemand, sollte er _behaupten_, dass er irgendetwas von irgendwas Übernatürlichem weiß, _beweispflichtig_ ist. Soweit ich informiert bin, hat das noch niemand geschafft.
Allerdings gilt der alte Theologenspruch: die Abwesenheit eines Beweises ist nicht der Beweis der Abwesenheit.
step hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Es sei denn, Du definierst 'Welt' als _begrifflich_ gefasste Welt. Dann 'gibt' es selbstverständlich nichts 'übernatürliches'. |
Ja. Wobei ich nicht etwa die "echte Welt" als _begrifflich_ gefasste Welt definiere, sondern ich sehe nur ein, daß die fassbare Welt eben die begrifflich fassbare Welt ist. |
Darauf können wir uns einigen. Ich gehe aber noch einen Schritt weiter: die Welt _für_uns_ ist möglicherweise nicht die Welt _an_sich_.
step hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Das ist aber eine etwas problematische Ontologie. |
Hmm ... ist das nicht einfach die Wahrnehmung einer Beschränkung? |
Natürlich. In etwa die, auf die ich meinen Agnostizismus gründe ;-)
Aber in der Terminologie von Mahner / Bunge ist das eben eine _Ontologie_.
step hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | BTW, Du hast Martin Neukamm ein paar Dinge über Deine Ontologie geschrieben, die ich zwar inhaltlich teile, aber mit einer anderen Begründung als Du. Ich fürchte, dass Du, wie lange Zeit üblich, unter 'Ontologie' eine _letzt_begründete Weltsicht verstehst. |
Ja, das hatten wir ja schon. Wenn M&B unter Ontologie nicht wie allgemein üblich die Lehre vom Sein des Seins, von den letzten Dingen und den Dingen an sich verstehen, dann sollten sie vielleicht ein anderes Wort benutzen. |
Stimmt. Ich bin mit Mahner genau über diesen Punkt auch schon mal gestolpert. Erst nach einiger Zeit fiel uns auf, dass ich unter 'Ontologie' in etwa das verstand, was Du ablehnst.
step hat folgendes geschrieben: | In der Diskussion mit Martin ging es aber um die klassische Ontologie, jedenfalls in den gebrachten Vollmer-Zitaten. Es ging um die Verklärung des Mutes, der angeblich zur Metaphysik des Realismus gehört, um den "Erklärungswert" und die "Wahrheit" des Realismus. |
Klar. Und hier sind wir beide uns vermutlich einiger als Du und Martin. Die Argumentation von Vollmer erinnert mich ein wenig an Küng aus 'Existiert Gott?'. Da hat Küng immer betont, dass man Gott nicht beweisen kann, aber immer wieder gefragt, was denn nun erklärbar wäre, _falls_ es einen Gott gäbe. So in etwa scheint mir das in manchen Auffassungen mit der 'Welt an sich' zu sein. Nur dann macht 'Annäherung an die Wahrheit' bzw. 'partielle Wahrheit' einen Sinn. Wenn Mahner meinen Ausdruck 'zeitkernige Gültigkeit' an dessen Stelle setzen würde, wäre das für mich ein innerer Reichsparteitag mit Fackelzug.
step hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Ich kann gut verstehen, dass Menschen, die so sozialisiert wurden, Probleme haben, die Grundlagen ihres Weltbilds zu reflektieren, weil das genuin 'Metaphysik' ist. |
Naja, ebenso könnte ich sagen, metaphysisch sozialisierte Menschen geben ungern ihre Letztbegründungen auf.
Sein Weltbild, insbesondere die wissenschaftliche Methode, kann man zudem sehr wohl ohne Letztbegründungen reflektieren.
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Ich vermute, dass hier wirklich zwei Ebenen durcheinander gehen. Wie Du gehe ich davon aus, dass eine Letztbegründung weder nötig geschweige denn möglich ist. Ich halte es aber für sehr wesentlich, die Grundlagen des eigenen Weltbilds, auf der ja letztendlich auch die zu verwendende Methodologie beruht, möglichst explizit und konsistent darzustellen. Vielleicht sollten man dazu nicht 'Ontologie' sagen, obwohl der Begriff an sich äußerst treffend ist.
Grüßle
Thomas
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pyrrhon registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.05.2004 Beiträge: 8770
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(#150345) Verfasst am: 14.07.2004, 19:27 Titel: |
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Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Leider fehlt mir immer noch der genaue Hintergrund für die Trompete und die Kanone. |
Mich erinnert das an den Wiener Kreis, wo Otto Neurath genau diese Rolle einnahm: Jedesmal, wenn etwas Metaphysisches gesagt wurde, rief er "Metaphysik!". Als diese Zwischenrufe einmal so oft kamen, dass es schon störte, einigten sie sich, dass er nur mehr "M!" rief. Schließlich hatte er genug und schlug vor, immer dann "M!" zu rufen, wenn etwas Nicht-Metaphysisches gesagt wird.
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#150358) Verfasst am: 14.07.2004, 20:40 Titel: |
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Hi,
ich möchte zur Problematik der Ontologie hier mal drei Grafiken zur Diskussion stellen (letztere hat einen technischen Hintergrund):
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#150360) Verfasst am: 14.07.2004, 20:42 Titel: |
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Hi Thomas,
[...]
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | In der Diskussion mit Martin ging es aber um die klassische Ontologie, jedenfalls in den gebrachten Vollmer-Zitaten. Es ging um die Verklärung des Mutes, der angeblich zur Metaphysik des Realismus gehört, um den "Erklärungswert" und die "Wahrheit" des Realismus. |
Klar. Und hier sind wir beide uns vermutlich einiger als Du und Martin. Die Argumentation von Vollmer erinnert mich ein wenig an Küng aus 'Existiert Gott?'. Da hat Küng immer betont, dass man Gott nicht beweisen kann, aber immer wieder gefragt, was denn nun erklärbar wäre, _falls_ es einen Gott gäbe. So in etwa scheint mir das in manchen Auffassungen mit der 'Welt an sich' zu sein. Nur dann macht 'Annäherung an die Wahrheit' bzw. 'partielle Wahrheit' einen Sinn. |
Verzeih', aber mir kommt Deine Argumentation gerade recht inkonsistent vor: Auf der einen Seite betonst Du gegenüber Step immer wieder, daß sich im Zeitalter der postpositivistischen Wissenschaft die wirklich interessanten Fragen nur stellen und untersuchen lassen, wenn man unbewiesene Prämissen bzw. hypothetische Elemente gelten läßt, die über das deskriptiv Erfaßbare hinausgehen. Und das alles soll bei den philosphischen Rahmenprämissen (ontologischer Naturalismus und Realismus) auf einmal nicht mehr gelten? Warum argumentierst Du hier auf einmal positivistisch?
Ich denke, man sollte zwei Ebenen auseinanderhalten: (Deskriptive) Epistemologie und Methodologie. Die epistemologische Tatsache, daß wir die "Wahrheit" nicht kennen und letztlich "nichts wissen können", steht doch nicht mit der Tatsache im Widerspruch, daß die Wissenschaft auf einen hypothetischen Realismus rekurrieren kann und muß, wonach es eine Welt gibt, die wir (partiell) erkennen können. Nocheinmal: Das ist eine heuristische Prämisse, gegen die man nicht epistemologisch argumentieren kann. Nur darum geht es mir.
BTW, Du schreibst an anderer Stelle zu Poppers Lösung des Induktionsproblems:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Nein, muss man nicht. Die Annäherung an die Wahrheit kommt durch die Zunahme an empirischem Gehalt zustande. |
Auch wenn Popper das sagt, ist das schlicht und ergreifend falsch. Denk daran, dass wir _kein_ tertium comparationis haben und dass uns die Natur nur 'negativ' antwortet. Selbst wenn wir uns der Wahrheit annähern, _wissen_ wir nicht, dass wir das tun. |
Auch hier scheinst Du wieder beide Ebenen zu vermengen, denn Du scheinst zu vergessen, daß Popper - wie ich ihn ein paar Seiten vorher zitiert habe - zwei Lösungen vorgestellt hatte:
Zitat: | Das logisch-methodologische Problem der Induktion ist nicht unlösbar, sondern es wurde in meinem Buch (negativ) gelöst: (a) Negative Lösung. Wir können Theorien nicht rechtfertigen, weder als wahr noch als wahrscheinlich. Diese und die folgende Lösung sind vereinbar: (b) Positive Lösung. Wir können die Bevorzugung von Theorien rechtfertigen, im Lichte ihrer Bewährung, d.h. des momentanen Standes der kritischen Diskussion der konkurrierenden Theorien unter dem Gesichtspunkt der Wahrheitsnähe |
Demnach ist Lösung (a) das, was Du einmal als epistemologischen Agnostizismus bezeichnet hast und Lösung (b) das, was man als pragmatischen Realismus bezeichnen könnte. Als solcher hat er mit dem, was Du als "Letztbegründung" bezeichnest, gar nichts zu tun, sondern er rekurriert nur das, über das wir uns AFAIK schon einmal einig waren: Auf methodologische Prinzipien, wie Erklärungsmacht, heuristischen Wert etc. Und über Vollmer weißt Du doch auch, daß er nicht so restringiert argumentiert und meint, den Realismus formallogisch beweisen zu können. Waren wir in diesen Fragen nicht schon einmal viel weiter?...
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Wenn Mahner meinen Ausdruck 'zeitkernige Gültigkeit' an dessen Stelle setzen würde, wäre das für mich ein innerer Reichsparteitag mit Fackelzug. |
Auch das kann ich ehrlich gesagt nicht einordnen. Kein Mensch stellt einen wissenschaftlichen Wertekanon auf, um das, was er mit dessen Hilfe an neuem Wissen schöpft, in Erwartung dessen, was morgen kommt gedanklich wieder in die Tonne zu hauen. Sonst wär' im übrigen auch eine schrittweise Wissenskumulation gar nicht möglich.
Grüße
Martin
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#150410) Verfasst am: 14.07.2004, 22:00 Titel: |
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Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Und, was hatte Deine Ausgangsfrage nun intendiert? War es nun der unendliche Regress, auf den Du angespielt hast oder der Schmetterlingseffekt,...? |
Du kennst doch sicherlich den Sketch mit den kunstvoll gestapelten Konservendosen, der zusammenfällt, wenn eine Konserve herausgezogen wird? - Nehmen wir also an, Du wärst eine Konserve und der Stapel das Universum. Der Stapel müßte also einstürzen, wenn die göttliche Hand hier entsprechend einwirkt ... . |
Ich sehe Dein Argument, bin mir aber nicht sicher, ob das Ergebnis wirklich zwingend ist. Es gibt ja in allen nichtlinear rückgekoppelten Systemen nicht nur Zustände, die aufgrund kleinster Störungen ins Chaos abdriften, sondern auch "Inseln der Stabilität". Der Schöpfer weiß in seiner Allmacht natürlich, wo sich diese befinden und handelt dann entsprechend.
Im übrigen braucht sich der Schöpfer in seiner Allmacht den innerweltlichen Gesetzen gar nicht zu beugen. Wenn der Stapel mit den Konservendosen droht, einzufallen, setzt er - bildlich gesprochen - das Gravitationsgesetz einfach solange außer Kraft, bis die Dosen umsortiert worden sind. Wenn sich aufgrund seines "Pfuschwerks" dann alle Sonnen zu roten Riesen aufblähen und die Erde verschlingen sollten, erschafft er kurzerhand Arten, die im Innern der Sonne leben und sich von Wasserstoffplasma ernähren können. Natürlich würden diese dann ebenso über diese "wunderbare Feinabstimmung" der Naturgesetze staunen, wie wir das tun...
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#150422) Verfasst am: 14.07.2004, 22:16 Titel: |
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Hi Lamarck,
[...]
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Ich habe übrigens keine Probleme mit dem Atheismus, der die Grenzen seiner Erkenntnisfähigkeit kennt (und komm' mir jetzt ja nicht mit dem radikalen Konstruktivismus ). Es wär' aber trotzdem ganz interessant zu erfahren, warum Du Dich als Atheist bezeichnest und nicht als Agnostiker. Wer hat Deiner Meinung nach unter welchen Voraussetzungen recht? Kanitscheider (zählt also nur die Methodologie)? Oder doch eher Thomas? Oder ist der Streit nur ein Scheinproblem bzw. ein Kampf um Worte? |
Ich sehe keine prinzipiellen Grenzen der Erkenntnisfähigkeit - die Aussage "nicht beweisbar" ist schließlich auch eine Erkenntnis. Bei dialektischem Vorgehen habe ich auf der einen Seite das Theodizee-Problem, actio <> reactio etc.; als Antithese habe ich als Gottesbeweis nur einen dumpfen Zweifel. So what? |
Ich meinte die Frage anders. Niemand behauptet mehr als Du, daß wir nichts wissen können. Wir sehen also die Welt nicht, wie sie wirklich ist. Wer das behauptet, kann aber die Existenz Gottes nicht atheistisch verleugnen, sondern muß agnostisch unentschieden bleiben. (Du erinnerst Dich noch daran, daß ich Dir empfohlen habe, Dein Avatar zu ändern? Andererseits hast Du Recht, wenn Du vom methodologischen Standpunkt aus (quasi aus der "heuristisch" einzig sinnvollen Position heraus) behauptest, Gott existiere nach dem bisherigen Kenntnisstand nicht.
Was also gilt? Siegt die Methodologie über die Epistemologie bzw. der Pragmatismus über den Agnostizismus? Und hier könnte ich (unverschämt wie ich bin) gleich weiterfragen: Warum siegt in der Existenzfrage Gottes die Vernunft (Methodologie), in der Frage "RK oder Realismus" dagegen nicht?
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Es scheint mir auch sinnvoll, sich über den Begriff Entitäten zu unterhalten; was z. B. soll denn das sein: "Übernatürlichen Entitäten "? |
Götter, Dämonen, Geister, Kobolde, Teufels Großmutter... was auch immer. |
Ich will ja jetzt wirklich nicht mit dem Radikalen Konstruktivismus kommen, aber Entitäten sind doch hier Konstrukte, oder? |
Nun, ein Supernaturalist vermutet hinter den hypothetischen Elementen reale (diesmal allerding immaterielle) Entitäten...
Grüße
Martin
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#150462) Verfasst am: 15.07.2004, 00:00 Titel: |
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Hi Martin,
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: |
Klar. Und hier sind wir beide uns vermutlich einiger als Du und Martin. Die Argumentation von Vollmer erinnert mich ein wenig an Küng aus 'Existiert Gott?'. Da hat Küng immer betont, dass man Gott nicht beweisen kann, aber immer wieder gefragt, was denn nun erklärbar wäre, _falls_ es einen Gott gäbe. So in etwa scheint mir das in manchen Auffassungen mit der 'Welt an sich' zu sein. Nur dann macht 'Annäherung an die Wahrheit' bzw. 'partielle Wahrheit' einen Sinn. |
Verzeih', aber mir kommt Deine Argumentation gerade recht inkonsistent vor: Auf der einen Seite betonst Du gegenüber Step immer wieder, daß sich im Zeitalter der postpositivistischen Wissenschaft |
ich benutze diesen Ausdruck nicht.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | die wirklich interessanten Fragen nur stellen und untersuchen lassen, wenn man unbewiesene Prämissen bzw. hypothetische Elemente gelten läßt, die über das deskriptiv Erfaßbare hinausgehen. |
Eigentlich habe ich mit step nicht über Wissenschafts_theorie_ sondern eher über allgemeinere Dinge gesprochen.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Und das alles soll bei den philosphischen Rahmenprämissen (ontologischer Naturalismus und Realismus) auf einmal nicht mehr gelten? Warum argumentierst Du hier auf einmal positivistisch? |
Ich tue das überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil. Du darfst nur die Diskursebenen nicht durcheinanderbringen.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Ich denke, man sollte zwei Ebenen auseinanderhalten: (Deskriptive) Epistemologie und Methodologie. |
Genau. Tue das, lies meine Postings an step, ich denke, dann wird vieles klarer.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Die epistemologische Tatsache, daß wir die "Wahrheit" nicht kennen und letztlich "nichts wissen können", steht doch nicht mit der Tatsache im Widerspruch, daß die Wissenschaft auf einen hypothetischen Realismus rekurrieren kann und muß, wonach es eine Welt gibt, die wir (partiell) erkennen können. |
Genau. Hier sind wir uns doch einig, dass man das als _Hypothese_ tun sollte.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Nocheinmal: Das ist eine heuristische Prämisse, gegen die man nicht epistemologisch argumentieren kann. Nur darum geht es mir. |
Tue ich das irgendwo? Es sei denn, _Du_ machst den Fehler, heuristisch gegen Epistemologie angehen zu wollen.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | BTW, Du schreibst an anderer Stelle zu Poppers Lösung des Induktionsproblems: |
Eigentlich habe ich zu Poppers 'Lösung' des Induktionsproblems inhaltlich gar nichts geschrieben.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Nein, muss man nicht. Die Annäherung an die Wahrheit kommt durch die Zunahme an empirischem Gehalt zustande. |
Auch wenn Popper das sagt, ist das schlicht und ergreifend falsch. Denk daran, dass wir _kein_ tertium comparationis haben und dass uns die Natur nur 'negativ' antwortet. Selbst wenn wir uns der Wahrheit annähern, _wissen_ wir nicht, dass wir das tun. |
Auch hier scheinst Du wieder beide Ebenen zu vermengen, denn Du scheinst zu vergessen, daß Popper - wie ich ihn ein paar Seiten vorher zitiert habe - zwei Lösungen vorgestellt hatte:
Zitat: | Das logisch-methodologische Problem der Induktion ist nicht unlösbar, sondern es wurde in meinem Buch (negativ) gelöst: (a) Negative Lösung. Wir können Theorien nicht rechtfertigen, weder als wahr noch als wahrscheinlich. Diese und die folgende Lösung sind vereinbar: (b) Positive Lösung. Wir können die Bevorzugung von Theorien rechtfertigen, im Lichte ihrer Bewährung, d.h. des momentanen Standes der kritischen Diskussion der konkurrierenden Theorien unter dem Gesichtspunkt der Wahrheitsnähe |
Demnach ist Lösung (a) das, was Du einmal als epistemologischen Agnostizismus bezeichnet hast und Lösung (b) das, was man als pragmatischen Realismus bezeichnen könnte. Als solcher hat er mit dem, was Du als "Letztbegründung" bezeichnest, gar nichts zu tun, sondern er rekurriert nur das, über das wir uns AFAIK schon einmal einig waren: Auf methodologische Prinzipien, wie Erklärungsmacht, heuristischen Wert etc. |
Wir sind uns hier doch vollkommen einig. Mein Punkt ist, dass es keinen _Beweis_ für _Wahrheits_nähe gibt. Und dass das eigentlich Hose wie Jacke ist.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Und über Vollmer weißt Du doch auch, daß er nicht so restringiert argumentiert und meint, den Realismus formallogisch beweisen zu können. Waren wir in diesen Fragen nicht schon einmal viel weiter?... :cry: |
Natürlich. Deshalb wundere ich mich sehr über Deine Zeilen.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Wenn Mahner meinen Ausdruck 'zeitkernige Gültigkeit' an dessen Stelle setzen würde, wäre das für mich ein innerer Reichsparteitag mit Fackelzug. |
Auch das kann ich ehrlich gesagt nicht einordnen. Kein Mensch stellt einen wissenschaftlichen Wertekanon auf, um das, was er mit dessen Hilfe an neuem Wissen schöpft, in Erwartung dessen, was morgen kommt gedanklich wieder in die Tonne zu hauen. |
Das ist eine Aussage über (Deine?) Psyche und ansonsten das, was mir Mahner freundlicherweise als 'fallacia de velle ad esse' übersetzt hat.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Sonst wär' im übrigen auch eine schrittweise Wissenskumulation gar nicht möglich. |
Der Knackpunkt ist 'Wissen'. Wenn Du Erkenntnis wie üblich als dreiwertige Relation betrachtest (A erkennt B als C) wäre vermutlich 'Wissen', wenn C partiell isomorph zu B wäre (letztendlich 'adaequatio'). Dass so etwas möglich ist, konnte IMAO noch niemand zeigen. Denk daran, dass all unser 'Wissen' theoriegeleitet ist. Könnte sein, dass wir morgen irgendwas herausfinden (beispielsweise, dass Naturkonstanten besser als 'Variablen' bezeichnet werden sollten), das die ganze Akkumulation als obsolet erscheinen lässt, weil sich die Rahmentheorie geändert hat.
Grüßle
Thomas
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#150464) Verfasst am: 15.07.2004, 00:02 Titel: |
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Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: |
ich möchte zur Problematik der Ontologie hier mal drei Grafiken zur Diskussion stellen (letztere hat einen technischen Hintergrund): |
sorry, auch nach einem kurzen Besuch auf der Site, von der diese Bilder sind: die Bilder sind, ohne Erklärung, bestenfalls 'flatus imaginis'. Was soll man daraus lernen? Worüber soll man da diskutieren? Was willst Du uns damit sagen?
Grüßle
Thomas
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#150470) Verfasst am: 15.07.2004, 00:18 Titel: |
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Hi Martin!
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Und, was hatte Deine Ausgangsfrage nun intendiert? War es nun der unendliche Regress, auf den Du angespielt hast oder der Schmetterlingseffekt,...? |
Du kennst doch sicherlich den Sketch mit den kunstvoll gestapelten Konservendosen, der zusammenfällt, wenn eine Konserve herausgezogen wird? - Nehmen wir also an, Du wärst eine Konserve und der Stapel das Universum. Der Stapel müßte also einstürzen, wenn die göttliche Hand hier entsprechend einwirkt ... . |
Ich sehe Dein Argument, bin mir aber nicht sicher, ob das Ergebnis wirklich zwingend ist. Es gibt ja in allen nichtlinear rückgekoppelten Systemen nicht nur Zustände, die aufgrund kleinster Störungen ins Chaos abdriften, sondern auch "Inseln der Stabilität". Der Schöpfer weiß in seiner Allmacht natürlich, wo sich diese befinden und handelt dann entsprechend.
Im übrigen braucht sich der Schöpfer in seiner Allmacht den innerweltlichen Gesetzen gar nicht zu beugen. Wenn der Stapel mit den Konservendosen droht, einzufallen, setzt er - bildlich gesprochen - das Gravitationsgesetz einfach solange außer Kraft, bis die Dosen umsortiert worden sind. Wenn sich aufgrund seines "Pfuschwerks" dann alle Sonnen zu roten Riesen aufblähen und die Erde verschlingen sollten, erschafft er kurzerhand Arten, die im Innern der Sonne leben und sich von Wasserstoffplasma ernähren können. Natürlich würden diese dann ebenso über diese "wunderbare Feinabstimmung" der Naturgesetze staunen, wie wir das tun... |
Der Begriff 'Wechselwirkung' reicht schon. Ein göttliches Wesen könnte also nicht nach Gutdünken operieren, sondern muß auf die dann doch begrenzten Fähigkeiten Rüchsicht nehmen? - Da geht es mir nicht anders. Also dann wegen des Theodizee-Problems besser gar nicht eingreifen: Never touch a running System!
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#150488) Verfasst am: 15.07.2004, 01:48 Titel: |
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Hi Martin!
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Ich habe übrigens keine Probleme mit dem Atheismus, der die Grenzen seiner Erkenntnisfähigkeit kennt (und komm' mir jetzt ja nicht mit dem radikalen Konstruktivismus ). Es wär' aber trotzdem ganz interessant zu erfahren, warum Du Dich als Atheist bezeichnest und nicht als Agnostiker. Wer hat Deiner Meinung nach unter welchen Voraussetzungen recht? Kanitscheider (zählt also nur die Methodologie)? Oder doch eher Thomas? Oder ist der Streit nur ein Scheinproblem bzw. ein Kampf um Worte? |
Ich sehe keine prinzipiellen Grenzen der Erkenntnisfähigkeit - die Aussage "nicht beweisbar" ist schließlich auch eine Erkenntnis. Bei dialektischem Vorgehen habe ich auf der einen Seite das Theodizee-Problem, actio <> reactio etc.; als Antithese habe ich als Gottesbeweis nur einen dumpfen Zweifel. So what? |
Ich meinte die Frage anders. Niemand behauptet mehr als Du, daß wir nichts wissen können. Wir sehen also die Welt nicht, wie sie wirklich ist. Wer das behauptet, kann aber die Existenz Gottes nicht atheistisch verleugnen, sondern muß agnostisch unentschieden bleiben. (Du erinnerst Dich noch daran, daß ich Dir empfohlen habe, Dein Avatar zu ändern? Andererseits hast Du Recht, wenn Du vom methodologischen Standpunkt aus (quasi aus der "heuristisch" einzig sinnvollen Position heraus) behauptest, Gott existiere nach dem bisherigen Kenntnisstand nicht.
Was also gilt? Siegt die Methodologie über die Epistemologie bzw. der Pragmatismus über den Agnostizismus? Und hier könnte ich (unverschämt wie ich bin) gleich weiterfragen: Warum siegt in der Existenzfrage Gottes die Vernunft (Methodologie), in der Frage "RK oder Realismus" dagegen nicht? |
An anderer Stelle hast Du erwähnt, wie ich die 'Dinge' (sic!) sehe. - War gar nicht mal so schlecht ... .
Die 'Frage' ist also, ob überhaupt irgendeine 'Frage' beantwortet werden kann. Nun ist aber offenbar 'Wissen' (= beantwortete Fragen) möglich. Dahinter stecken dann noch Begriffe wie 'Wahrheit' bzw. 'Zweifel' ("falsches" 'Wissen'); aber genaugenommen ist das die gleiche Liga.
Wenn Du allein schon trotz des Theodizee-Problems agnostisch unentschieden bleibst, dann könntest Du auch genausogut allen Fragen gegenüber unentschieden bleiben. Ein "bisheriger Kenntnisstand" wird dir da auch in der allerfernsten Zukunft nicht das Geringste nützen: Der "Kenntnisstand" wäre immer gleich Null. Und eine 'Erkenntnislehre' hängt doch mit der zugehörigen 'Erkenntnismethode' wechselseitig zusammen. Und das aus meiner Sicht hierzu bisher beste Werkzeug (sic!) ist der Radikale Konstruktivismus zusammen mit einer radikalkonstruktivistisch modifizierten Evolutionären Erkenntnistheorie.
Nehmen wir an, die Erbsen in den erwähnten Konserven des Stapels wären ein System von Konstrukten. Der Radikale Konstruktivist vermutet, daß sich Systeme hinreichend analog verhalten. Der Hypothetische Realist glaubt, die Erbsen wären das Universum ... .
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Es scheint mir auch sinnvoll, sich über den Begriff Entitäten zu unterhalten; was z. B. soll denn das sein: "Übernatürlichen Entitäten "? |
Götter, Dämonen, Geister, Kobolde, Teufels Großmutter... was auch immer. |
Ich will ja jetzt wirklich nicht mit dem Radikalen Konstruktivismus kommen, aber Entitäten sind doch hier Konstrukte, oder? |
Nun, ein Supernaturalist vermutet hinter den hypothetischen Elementen reale (diesmal allerding immaterielle) Entitäten... |
Hypothetisch? - Real?? - Du bist also Supernaturalist???
Cheers,
Lamarck
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#150489) Verfasst am: 15.07.2004, 01:57 Titel: |
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Hi Thomas!
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: |
ich möchte zur Problematik der Ontologie hier mal drei Grafiken zur Diskussion stellen (letztere hat einen technischen Hintergrund): |
sorry, auch nach einem kurzen Besuch auf der Site, von der diese Bilder sind: die Bilder sind, ohne Erklärung, bestenfalls 'flatus imaginis'. Was soll man daraus lernen? Worüber soll man da diskutieren? Was willst Du uns damit sagen? |
Der "flatus" ist ausreichend. Nachdem es verschiedene Vorstellungen über Ontologie(n) gibt, ist es sicher sinnvoll, dies mal zu visualisieren. Bist Du z. B. mit diesen " imaginis" einverstanden?
Cheers,
Lamarck
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#150530) Verfasst am: 15.07.2004, 08:26 Titel: |
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Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: |
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: |
ich möchte zur Problematik der Ontologie hier mal drei Grafiken zur Diskussion stellen (letztere hat einen technischen Hintergrund): |
sorry, auch nach einem kurzen Besuch auf der Site, von der diese Bilder sind: die Bilder sind, ohne Erklärung, bestenfalls 'flatus imaginis'. Was soll man daraus lernen? Worüber soll man da diskutieren? Was willst Du uns damit sagen? |
Der "flatus" ist ausreichend. Nachdem es verschiedene Vorstellungen über Ontologie(n) gibt, ist es sicher sinnvoll, dies mal zu visualisieren. Bist Du z. B. mit diesen " imaginis" einverstanden? |
keine Ahnung, weil ich einfach nicht verstehe, was das soll. Das ist in etwa so, als würdest Du das Bild aus dem Senckenberg-Museum über Evolution, das Du mir mal gemailt hast, im Rahmen einer Diskussion über Evolution einfach posten. Kein Mensch könnte etwas Sinnvolles dazu sagen außer 'hübsch gemalte Viecher'.
Ich sehe nur ein paar Begriffe in irgendwelchen Kästchen irgendwie durch Linien verbunden. Null Schnallung, was uns der Autor damit sagen möchte.
Grüßle
Thomas
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#150650) Verfasst am: 15.07.2004, 12:28 Titel: |
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Hi Thomas,
[...]
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Die epistemologische Tatsache, daß wir die "Wahrheit" nicht kennen und letztlich "nichts wissen können", steht doch nicht mit der Tatsache im Widerspruch, daß die Wissenschaft auf einen hypothetischen Realismus rekurrieren kann und muß, wonach es eine Welt gibt, die wir (partiell) erkennen können. |
Genau. Hier sind wir uns doch einig, dass man das als _Hypothese_ tun sollte. |
Genau. Das Problem ist, daß Du Dich mehrmals über den ontologischen Realismus sowie dessen Begriff der "partiellen Wahrheit" echauffiert und denjenigen Menschen, die ihn gebrauchen, unterstellt hast, sie verträten damit irgendwelche absurden "Letztbegründungen" und unreflektierten Weltbilder. Das ist in dieser Form einfach nicht richtig. Denn Du scheinst dabei zu vergessen, daß es sich hier um eine methodologisch begründete Annahme handelt, die ebenso hypothetisch vertreten wird, wie der z.B. der Naturalismus, den wir gegen Evolutionsgegner verteidigen. Das ist alles.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Nocheinmal: Das ist eine heuristische Prämisse, gegen die man nicht epistemologisch argumentieren kann. Nur darum geht es mir. |
Tue ich das irgendwo? |
Kann sein, daß ich Dir Unrecht tue, aber der Eindruck entstand. Auch das, was Du mir gemailt hast, trug mit dazu bei. (Ich antworte Dir privat dazu noch ausführlicher).
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Es sei denn, _Du_ machst den Fehler, heuristisch gegen Epistemologie angehen zu wollen. |
Natürlich nicht. Ich wollte nur deutlich machen, daß nicht jeder, der von "partieller Wahrheit" und "approximativ richtiger Erkenntnis" spricht, diese Sätze als bewiesene, unrevidierbaren Tatsache verficht. Man kann diese Begriffe, wie ich finde, ebenso heuristisch rechtfertigen, wie den Naturalismus. Dazu brauche ich den Ausdruck "zeitkernig gültiges Wissen" nicht.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Und über Vollmer weißt Du doch auch, daß er nicht so restringiert argumentiert und meint, den Realismus formallogisch beweisen zu können. Waren wir in diesen Fragen nicht schon einmal viel weiter?... |
Natürlich. Deshalb wundere ich mich sehr über Deine Zeilen. |
Wie gesagt, es entstand der Eindruck, daß Du den epistemologischen Grundsatz "Wir können nichts wissen" gegen den hypothetischen (ontologischen/epistemologischen) Realismus ausspielen bzw. die methodologisch gerechtfertigten Prämissen "von außen" angreifen wolltest. Du hast mir ersteres per eMail sogar explizit geschrieben und betont, daß Du den pragmatisch-methodologisch vertretenen Realismus ablehnst, den Mahner und Vollmer vertreten.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Sonst wär' im übrigen auch eine schrittweise Wissenskumulation gar nicht möglich. |
Der Knackpunkt ist 'Wissen'. Wenn Du Erkenntnis wie üblich als dreiwertige Relation betrachtest (A erkennt B als C) wäre vermutlich 'Wissen', wenn C partiell isomorph zu B wäre (letztendlich 'adaequatio'). Dass so etwas möglich ist, konnte IMAO noch niemand zeigen. Denk daran, dass all unser 'Wissen' theoriegeleitet ist [...] |
Wie gesagt, Du rennst bei mir offene Türen ein. Es geht um etwas anderes: Wird der hypothetische Realismus von den methodologischen Prinzipien der Wissenschaft erzwungen, ja oder nein?
Grüße
Martin
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#150654) Verfasst am: 15.07.2004, 12:40 Titel: |
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Hi Martin,
[ übereinstimmungshalber gesnippt ]
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Wird der hypothetische Realismus von den methodologischen Prinzipien der Wissenschaft erzwungen, ja oder nein? |
nein. Sie ist damit kompatibel.
Und dazu noch was:
Ontologie I : 'klassische Seinslehre' im Sinne von _letztbegründeter_ Auffassung
Ontologie II : Reflexion (z.B. die von Mahner / Bunge) über die Struktur der Welt, die zu der verwendeten Methodik passt
Ontologie I <> Ontologie II
Auch wenn im Vorwort oder sonst in Büchern explizit auf den _Hypothesen_Charakter verwiesen wird, liest sich der Rest des Werkes oft so, als würde von Tatsachen gesprochen. Kann sein, dass man den Hypothesencharakter deshalb ab und an übersieht.
Es ist also kein Problem, Deine Ontologie II zu teilen, ohne davon auszugehen, dass das eine Ontologie I ist.
Grüßle
Thomas
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#150669) Verfasst am: 15.07.2004, 13:22 Titel: |
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Hi Thomas,
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Wird der hypothetische Realismus von den methodologischen Prinzipien der Wissenschaft erzwungen, ja oder nein? |
nein. Sie ist damit kompatibel. |
Ok, das reicht zur Not auch...
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Und dazu noch was:
Ontologie I : 'klassische Seinslehre' im Sinne von _letztbegründeter_ Auffassung
Ontologie II : Reflexion (z.B. die von Mahner / Bunge) über die Struktur der Welt, die zu der verwendeten Methodik passt
Ontologie I <> Ontologie II
Auch wenn im Vorwort oder sonst in Büchern explizit auf den _Hypothesen_Charakter verwiesen wird, liest sich der Rest des Werkes oft so, als würde von Tatsachen gesprochen. Kann sein, dass man den Hypothesencharakter deshalb ab und an übersieht.
Es ist also kein Problem, Deine Ontologie II zu teilen, ohne davon auszugehen, dass das eine Ontologie I ist. |
Ja, Du hast recht - der Begriffswirrwarr stiftet mehr Verwirrung als er nützt. Hauptsache wir sind uns einig, daß Vollmer, Mahner, Popper, Du und ich nur "Ontologie II" vertreten.
Grüße
Martin
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#150866) Verfasst am: 15.07.2004, 18:57 Titel: |
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Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Was also gilt? Siegt die Methodologie über die Epistemologie bzw. der Pragmatismus über den Agnostizismus? Und hier könnte ich (unverschämt wie ich bin) gleich weiterfragen: Warum siegt in der Existenzfrage Gottes die Vernunft (Methodologie), in der Frage "RK oder Realismus" dagegen nicht? |
An anderer Stelle hast Du erwähnt, wie ich die 'Dinge' (sic!) sehe. - War gar nicht mal so schlecht ... . |
Nun, ich kapiere wohl, wie Du die Dinge siehst. Ich halte Deine Weltsicht nur nicht unbedingt für die rationalste aller denkbaren...
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Die 'Frage' ist also, ob überhaupt irgendeine 'Frage' beantwortet werden kann. Nun ist aber offenbar 'Wissen' (= beantwortete Fragen) möglich. Dahinter stecken dann noch Begriffe wie 'Wahrheit' bzw. 'Zweifel' ("falsches" 'Wissen'); aber genaugenommen ist das die gleiche Liga.
Wenn Du allein schon trotz des Theodizee-Problems agnostisch unentschieden bleibst, dann könntest Du auch genausogut allen Fragen gegenüber unentschieden bleiben. Ein "bisheriger Kenntnisstand" wird dir da auch in der allerfernsten Zukunft nicht das Geringste nützen: Der "Kenntnisstand" wäre immer gleich Null. Und eine 'Erkenntnislehre' hängt doch mit der zugehörigen 'Erkenntnismethode' wechselseitig zusammen. Und das aus meiner Sicht hierzu bisher beste Werkzeug (sic!) ist der Radikale Konstruktivismus zusammen mit einer radikalkonstruktivistisch modifizierten Evolutionären Erkenntnistheorie. |
Siehst Du, genau das macht Deine "Lösung" zu einer windschiefen Angelegenheit, wenn sie sich auch auf die Methodologie niederschlägt: Niemand treibt Wissenschaft, wenn er davon ausgeht den "Erkenntnistand Null" zu haben und den "Erkenntnisstand Null" zu behalten. Er könnte dann ja viel bequemer arbeiten und z.B. "Alchimie" betreiben, Passiancen legen und im Gebet oder durch Traumdeuterei erfragen, "was die Welt in Innersten zusammenhält". Alle Vorgehensweisen wären methodologisch gleichwertig - und gleich belanglos. Um mit Feyerabend zu sprechen: "anything goes". Daher kann der kritische aber rationale Wissenschaftler gar nicht anders, als den (hypothetischen) Grundsatz "Wir können nichts wissen" als hübsche Randbedingung zur Kenntnis zu nehmen... - um sie links im Rindstein liegen zu lassen und den konstruktivistisch angehauchten Philosophen zu überlassen
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Nehmen wir an, die Erbsen in den erwähnten Konserven des Stapels wären ein System von Konstrukten. Der Radikale Konstruktivist vermutet, daß sich Systeme hinreichend analog verhalten. Der Hypothetische Realist glaubt, die Erbsen wären das Universum |
Oder anders: Nehmen wir an, die Erbsen in den erwähnten Konserven wären ein System bestehend aus materiellen Entiäten, kurz: Umwelt genannt. Der hypothetische Realist vermutet, daß er mit dem System in Wechselwirkung steht und daher die Konserven und Erbsen partiell richtig erkennt. Der radikale Konstruktivist glaubt, er stünde mit einem Konstrukt in Wechselwirkung.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Es scheint mir auch sinnvoll, sich über den Begriff Entitäten zu unterhalten; was z. B. soll denn das sein: "Übernatürlichen Entitäten "? |
Götter, Dämonen, Geister, Kobolde, Teufels Großmutter... was auch immer. |
Ich will ja jetzt wirklich nicht mit dem Radikalen Konstruktivismus kommen, aber Entitäten sind doch hier Konstrukte, oder? |
Nun, ein Supernaturalist vermutet hinter den hypothetischen Elementen reale (diesmal allerding immaterielle) Entitäten... |
Hypothetisch? - Real?? - Du bist also Supernaturalist??? |
Für mich stehen hinter diesen hypothetisierten Elementen keine realen Bezugsobjekte. Ganz einfach deshalb, weil es weder ein Theorem gibt, das für ihre Existenz spricht, noch ein empirisches Moment. Das ist bei denjenigen Elementen, denen ich einen ontologischen Status zuweise, grundlegend anders, und die Vorgehensweise entspricht einfach der üblichen hypothetico-deduktiven Methode.
BTW, ist die Umwelt, mit der Du in Wechselwirkung stehst, nun ein Konstrukt oder eine Entität?
Grüße
Martin
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#150889) Verfasst am: 15.07.2004, 19:26 Titel: |
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Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Und, was hatte Deine Ausgangsfrage nun intendiert? War es nun der unendliche Regress, auf den Du angespielt hast oder der Schmetterlingseffekt,...? |
Du kennst doch sicherlich den Sketch mit den kunstvoll gestapelten Konservendosen, der zusammenfällt, wenn eine Konserve herausgezogen wird? - Nehmen wir also an, Du wärst eine Konserve und der Stapel das Universum. Der Stapel müßte also einstürzen, wenn die göttliche Hand hier entsprechend einwirkt ... . |
Ich sehe Dein Argument, bin mir aber nicht sicher, ob das Ergebnis wirklich zwingend ist. Es gibt ja in allen nichtlinear rückgekoppelten Systemen nicht nur Zustände, die aufgrund kleinster Störungen ins Chaos abdriften, sondern auch "Inseln der Stabilität". Der Schöpfer weiß in seiner Allmacht natürlich, wo sich diese befinden und handelt dann entsprechend.
Im übrigen braucht sich der Schöpfer in seiner Allmacht den innerweltlichen Gesetzen gar nicht zu beugen. Wenn der Stapel mit den Konservendosen droht, einzufallen, setzt er - bildlich gesprochen - das Gravitationsgesetz einfach solange außer Kraft, bis die Dosen umsortiert worden sind. Wenn sich aufgrund seines "Pfuschwerks" dann alle Sonnen zu roten Riesen aufblähen und die Erde verschlingen sollten, erschafft er kurzerhand Arten, die im Innern der Sonne leben und sich von Wasserstoffplasma ernähren können. Natürlich würden diese dann ebenso über diese "wunderbare Feinabstimmung" der Naturgesetze staunen, wie wir das tun... |
Der Begriff 'Wechselwirkung' reicht schon. Ein göttliches Wesen könnte also nicht nach Gutdünken operieren, sondern muß auf die dann doch begrenzten Fähigkeiten Rüchsicht nehmen? - Da geht es mir nicht anders. Also dann wegen des Theodizee-Problems besser gar nicht eingreifen: Never touch a running System! |
Wie gesagt, das ist nur ein weltimmanenter Aspekt und daher kein logisch gültiges Argument, was die Belange einer "Übernatur" angeht. In der Physik verhält es sich übrigens analog: Du kannst mit logischen Argumenten und Gedankenexperimenten wunderschön zeigen, daß sich Geschwindigkeiten beliebig addieren lassen müssen. Und trotzdem bist Du mit der Logik aufgeschmissen, sobald Du relativistische Phänomene vor Dir hast. Ganz einfach deshalb, weil hier Deine Anschauung an ihre Grenzen stößt.
In derselben Weise kannst Du problemlos zeigen, daß die Existenz eines jeden Dings (so es nicht schon immer existiert hat), verursacht worden sein muß. Da der Kosmos zweifellos existiert und auch begonnen hat, zu existieren, läßt sich daraus also logisch ableiten, daß es eine "außerweltliche Ursache" gegeben haben muß! Aber auch hier versagt jede Logik, weil das Kausalitätsprinzip einfach nur den Ablauf der klassischen Welt beschreibt, so daß es zweifelhaft ist, ob es im Anfang von Raum und Zeit überhaupt Gültigkeit besitzt. Du siehst: Der Schöpfer läßt sich in seiner Allmacht nicht so einfach in die Karten schauen, wie sich das mancher gerne vorstellt...
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#150894) Verfasst am: 15.07.2004, 19:46 Titel: |
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Martin hat folgendes geschrieben: | Wie gesagt, das ist nur ein weltimmanenter Aspekt und daher kein logisch gültiges Argument, was die Belange einer "Übernatur" angeht. |
Dies ist mE ein typisch scholastischer Fehlschluß: Zuerst einen Begriff erfinden (Tranzendenz, Übernatürliches), der etwas beschreiben soll, das per definitionem nicht von der Logik, Wissenschaft usw. erreichbar ist, und dann über seine Belange, seine Allmacht, seine Strategien usw. spekulieren. Man selbst kann so jeden Scheiß sagen, alles was der Gegner sagt, fällt dagegen unter "beschränkt".
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#151083) Verfasst am: 16.07.2004, 02:37 Titel: |
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Hi Thomas!
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: |
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: |
ich möchte zur Problematik der Ontologie hier mal drei Grafiken zur Diskussion stellen (letztere hat einen technischen Hintergrund): |
sorry, auch nach einem kurzen Besuch auf der Site, von der diese Bilder sind: die Bilder sind, ohne Erklärung, bestenfalls 'flatus imaginis'. Was soll man daraus lernen? Worüber soll man da diskutieren? Was willst Du uns damit sagen? |
Der "flatus" ist ausreichend. Nachdem es verschiedene Vorstellungen über Ontologie(n) gibt, ist es sicher sinnvoll, dies mal zu visualisieren. Bist Du z. B. mit diesen " imaginis" einverstanden? |
keine Ahnung, weil ich einfach nicht verstehe, was das soll. Das ist in etwa so, als würdest Du das Bild aus dem Senckenberg-Museum über Evolution, das Du mir mal gemailt hast, im Rahmen einer Diskussion über Evolution einfach posten. Kein Mensch könnte etwas Sinnvolles dazu sagen außer 'hübsch gemalte Viecher'.
Ich sehe nur ein paar Begriffe in irgendwelchen Kästchen irgendwie durch Linien verbunden. Null Schnallung, was uns der Autor damit sagen möchte. |
Okay, dann direkter. Es ist ja kein Geheimnis, dass ich den Begriff 'Ontologie' gern versenken möchte. An anderer Stelle wurde ja schon zwischen Ontologie I & II unterschieden und die Ablehnung der Ontologie I stößt offenbar auf allgemeine Zustimmung. Meine Frage nun an Dich: Zu was kann uns die Ontologie II (außer als Bastelhilfe ) nützlich sein? - Gelingt uns damit durch eine bessere Heuristik eine tiefere Erkenntnis?
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#151090) Verfasst am: 16.07.2004, 03:20 Titel: |
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Hi Martin!
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Was also gilt? Siegt die Methodologie über die Epistemologie bzw. der Pragmatismus über den Agnostizismus? Und hier könnte ich (unverschämt wie ich bin) gleich weiterfragen: Warum siegt in der Existenzfrage Gottes die Vernunft (Methodologie), in der Frage "RK oder Realismus" dagegen nicht? |
An anderer Stelle hast Du erwähnt, wie ich die 'Dinge' (sic!) sehe. - War gar nicht mal so schlecht ... . |
Nun, ich kapiere wohl, wie Du die Dinge siehst. Ich halte Deine Weltsicht nur nicht unbedingt für die rationalste aller denkbaren... |
Wie könnte diese Frage entschieden werden? - Viabilität?
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Die 'Frage' ist also, ob überhaupt irgendeine 'Frage' beantwortet werden kann. Nun ist aber offenbar 'Wissen' (= beantwortete Fragen) möglich. Dahinter stecken dann noch Begriffe wie 'Wahrheit' bzw. 'Zweifel' ("falsches" 'Wissen'); aber genaugenommen ist das die gleiche Liga.
Wenn Du allein schon trotz des Theodizee-Problems agnostisch unentschieden bleibst, dann könntest Du auch genausogut allen Fragen gegenüber unentschieden bleiben. Ein "bisheriger Kenntnisstand" wird dir da auch in der allerfernsten Zukunft nicht das Geringste nützen: Der "Kenntnisstand" wäre immer gleich Null. Und eine 'Erkenntnislehre' hängt doch mit der zugehörigen 'Erkenntnismethode' wechselseitig zusammen. Und das aus meiner Sicht hierzu bisher beste Werkzeug (sic!) ist der Radikale Konstruktivismus zusammen mit einer radikalkonstruktivistisch modifizierten Evolutionären Erkenntnistheorie. |
Siehst Du, genau das macht Deine "Lösung" zu einer windschiefen Angelegenheit, wenn sie sich auch auf die Methodologie niederschlägt: Niemand treibt Wissenschaft, wenn er davon ausgeht den "Erkenntnistand Null" zu haben und den "Erkenntnisstand Null" zu behalten. Er könnte dann ja viel bequemer arbeiten und z.B. "Alchimie" betreiben, Passiancen legen und im Gebet oder durch Traumdeuterei erfragen, "was die Welt in Innersten zusammenhält". Alle Vorgehensweisen wären methodologisch gleichwertig - und gleich belanglos. Um mit Feyerabend zu sprechen: "anything goes". Daher kann der kritische aber rationale Wissenschaftler gar nicht anders, als den (hypothetischen) Grundsatz "Wir können nichts wissen" als hübsche Randbedingung zur Kenntnis zu nehmen... - um sie links im Rindstein liegen zu lassen und den konstruktivistisch angehauchten Philosophen zu überlassen |
Wovon sprichst Du hier?
[Einleitung - Methode - Ergebnisse - Diskussion ]
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Nehmen wir an, die Erbsen in den erwähnten Konserven des Stapels wären ein System von Konstrukten. Der Radikale Konstruktivist vermutet, daß sich Systeme hinreichend analog verhalten. Der Hypothetische Realist glaubt, die Erbsen wären das Universum. |
Oder anders: Nehmen wir an, die Erbsen in den erwähnten Konserven wären ein System bestehend aus materiellen Entiäten, kurz: Umwelt genannt. Der hypothetische Realist vermutet, daß er mit dem System in Wechselwirkung steht und daher die Konserven und Erbsen partiell richtig erkennt. Der radikale Konstruktivist glaubt, er stünde mit einem Konstrukt in Wechselwirkung. |
Falsch. Der HR ist die Konserve und die 'materiellen Entitäten' sind hypothetische Rübchen. Die Rübchen sind zwar weder eßbar noch zu sehen, dafür sind sie Realität. Der RK dagegen vermutet, wenn keine Rübchen vorhanden sind, hat sie auch nicht Teufels Großmutter.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Es scheint mir auch sinnvoll, sich über den Begriff Entitäten zu unterhalten; was z. B. soll denn das sein: "Übernatürlichen Entitäten "? |
Götter, Dämonen, Geister, Kobolde, Teufels Großmutter... was auch immer. |
Ich will ja jetzt wirklich nicht mit dem Radikalen Konstruktivismus kommen, aber Entitäten sind doch hier Konstrukte, oder? |
Nun, ein Supernaturalist vermutet hinter den hypothetischen Elementen reale (diesmal allerding immaterielle) Entitäten... |
Hypothetisch? - Real?? - Du bist also Supernaturalist??? |
Für mich stehen hinter diesen hypothetisierten Elementen keine realen Bezugsobjekte. Ganz einfach deshalb, weil es weder ein Theorem gibt, das für ihre Existenz spricht, noch ein empirisches Moment. Das ist bei denjenigen Elementen, denen ich einen ontologischen Status zuweise, grundlegend anders, und die Vorgehensweise entspricht einfach der üblichen hypothetico-deduktiven Methode. |
Welche Theoreme oder empirischen Momente hast Du denn zum Agnostizismus?
Ein Objekt wird also genau dann und nur dann 'real' wenn es von einem Konstrukt (= Theorem) getragen wird. Andererseits ist ein Objekt genau dann und nur dann nicht 'real', wenn es ebenfalls von einem Konstrukt (= ontologischer Status) getragen wird. Ich halte Deine Weltsicht jetzt nicht unbedingt für die rationalste aller denkbaren...
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | BTW, ist die Umwelt, mit der Du in Wechselwirkung stehst, nun ein Konstrukt oder eine Entität? |
Es gibt nur Konstrukte. - Alles andere ist Anthropozentrismus (oder Teufels Großmutter).
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#151092) Verfasst am: 16.07.2004, 03:42 Titel: |
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Hi Martin!
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Und, was hatte Deine Ausgangsfrage nun intendiert? War es nun der unendliche Regress, auf den Du angespielt hast oder der Schmetterlingseffekt,...? |
Du kennst doch sicherlich den Sketch mit den kunstvoll gestapelten Konservendosen, der zusammenfällt, wenn eine Konserve herausgezogen wird? - Nehmen wir also an, Du wärst eine Konserve und der Stapel das Universum. Der Stapel müßte also einstürzen, wenn die göttliche Hand hier entsprechend einwirkt ... . |
Ich sehe Dein Argument, bin mir aber nicht sicher, ob das Ergebnis wirklich zwingend ist. Es gibt ja in allen nichtlinear rückgekoppelten Systemen nicht nur Zustände, die aufgrund kleinster Störungen ins Chaos abdriften, sondern auch "Inseln der Stabilität". Der Schöpfer weiß in seiner Allmacht natürlich, wo sich diese befinden und handelt dann entsprechend.
Im übrigen braucht sich der Schöpfer in seiner Allmacht den innerweltlichen Gesetzen gar nicht zu beugen. Wenn der Stapel mit den Konservendosen droht, einzufallen, setzt er - bildlich gesprochen - das Gravitationsgesetz einfach solange außer Kraft, bis die Dosen umsortiert worden sind. Wenn sich aufgrund seines "Pfuschwerks" dann alle Sonnen zu roten Riesen aufblähen und die Erde verschlingen sollten, erschafft er kurzerhand Arten, die im Innern der Sonne leben und sich von Wasserstoffplasma ernähren können. Natürlich würden diese dann ebenso über diese "wunderbare Feinabstimmung" der Naturgesetze staunen, wie wir das tun... |
Der Begriff 'Wechselwirkung' reicht schon. Ein göttliches Wesen könnte also nicht nach Gutdünken operieren, sondern muß auf die dann doch begrenzten Fähigkeiten Rüchsicht nehmen? - Da geht es mir nicht anders. Also dann wegen des Theodizee-Problems besser gar nicht eingreifen: Never touch a running System! |
Wie gesagt, das ist nur ein weltimmanenter Aspekt und daher kein logisch gültiges Argument, was die Belange einer "Übernatur" angeht. In der Physik verhält es sich übrigens analog: Du kannst mit logischen Argumenten und Gedankenexperimenten wunderschön zeigen, daß sich Geschwindigkeiten beliebig addieren lassen müssen. Und trotzdem bist Du mit der Logik aufgeschmissen, sobald Du relativistische Phänomene vor Dir hast. Ganz einfach deshalb, weil hier Deine Anschauung an ihre Grenzen stößt.
In derselben Weise kannst Du problemlos zeigen, daß die Existenz eines jeden Dings (so es nicht schon immer existiert hat), verursacht worden sein muß. Da der Kosmos zweifellos existiert und auch begonnen hat, zu existieren, läßt sich daraus also logisch ableiten, daß es eine "außerweltliche Ursache" gegeben haben muß! Aber auch hier versagt jede Logik, weil das Kausalitätsprinzip einfach nur den Ablauf der klassischen Welt beschreibt, so daß es zweifelhaft ist, ob es im Anfang von Raum und Zeit überhaupt Gültigkeit besitzt. Du siehst: Der Schöpfer läßt sich in seiner Allmacht nicht so einfach in die Karten schauen, wie sich das mancher gerne vorstellt... |
Ich sehe nicht, warum bei relativistischen Phänomenen 'Logik' nicht mehr greifen soll! Auch mit "außerweltlichen Ursachen" wäre ich vorsichtig. Auch Zeit ist 'nur' eine Dimension. Warum soll sie in der Nähe des Urknalls unbedingt gerichtet sein?
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#151109) Verfasst am: 16.07.2004, 07:25 Titel: |
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Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: |
Es gibt nur Konstrukte. - Alles andere ist Anthropozentrismus (oder Teufels Großmutter). |
was verstehst Du unter 'gibt'? Was 'gäbe' es noch, falls keine Menschen mehr da wären? Ist für Dich 'esse est percipi'?
Du kannst meinethalben sagen, dass es _für_uns_ nur das 'gibt', was wir in Form von Konstrukten im Hirn haben. Dass diese 'Welt für mich' auch die 'Welt an sich' ist, scheint mir so nicht erklärbar zu sein. Für mich wäre das Anthropozentrismus pur: es 'gibt' nur, was wir _Menschen_ konstruieren.
Die _Annahme_ einer an sich seienden Welt, die dafür sorgt, dass wir solche Konstrukte bilden können, scheint mir wesentlich plausibler zu sein, als auf der Ebene der Konstrukte stehen zu bleiben.
Grüßle
Thomas
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