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Würdest Du Dich unter den unten beschriebenen Umständen beamen lassen? |
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Weiss nicht |
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Ist mir egal |
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Ich interpretiere das Problem anders und schreibe dazu einen Beitrag |
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Stimmen insgesamt : 87 |
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#646872) Verfasst am: 24.01.2007, 10:43 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Hm, das ist nicht ganz richtig, bzw. gilt eigentlich nur für unsere (westliche) Kultur. In Japan zum Beispiel ist die Sichtweise vielleicht etwas anders, dort gibt es hölzerne Schreine, die schon seit 1500 Jahren im Abstand von 20 Jahren abgerissen und originalgetreu wieder neu aufgebaut werden. Dadurch bekommen sie eine Art Ewigkeitscharakter; obwohl das Originalsubstrat permant erneuert wurde, blieb das Wesen des Schreins erhalten. Das finde ich eine interessante Vorgehensweise, die von unserer sehr unterschiedlich ist: bei uns besteht Denkmalschutz meist darin, die Originalsubstanz zu erhalten. |
Danke für den Hinweis. Soweit mich mein geringes Wissen über metaphysische Konzepte japanischer [hier daoistischer(?)] Herkunft nicht täuscht, ist die Beseelung von Gegenständen tatsächlich sehr verbreitet. Dafür habe ich viel Sympathie übrig.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#646888) Verfasst am: 24.01.2007, 11:42 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Für Dich spielt es -falls ich Dich richtig verstehe- eine Rolle, weil Du durch die zeitlich geregelte Abfolge eine Kontinuität gewahrt siehst, welche wiederum die Integrität -nach Deiner Meinung- des Wesens unberührt ließe. Du machst Dir Gedanken über die bruchfreie Abfolge der Erinnerungen. |
So ungefähr. Die Person ist kein unwandelbares Ding, welches irgendwie "wesensgleich" in der Zeit fortexistiert. Sie konstituiert sich in jeder Sekunde neu, indem sie auf eine sich kontinuierlich erweiternde Folge von Bewusstseinszuständen zurückblickt.
Vielleicht sollte ich noch darauf hinweisen, dass das "Wesen" nicht bereits dann "unberührt" geblieben wäre, wenn ein neues Gehirn mit gleichen Erinnerungen konstruiert wurde. (Bin mir nicht sicher, aber so klingt es bei Dir.) Das "Wesen" der Person entwickelt und verändert sich natürlich durch sämtliche Umwelteinflüsse und auch durch interne Gehirnprozesse permanent weiter, und nur wenig davon ist der bewussten Erinnerung zugänglich. Daher bliebe das "Wesen" natürlich nur dann "unberührt", wenn ein bis ins Detail funktional identisches Gehirn rekonstruiert würde.
zelig hat folgendes geschrieben: | Aber diese Bruchfreiheit ist unvollständig, da es einen räumlichen Sprung gibt. Ferner spielt es keine Rolle, weil relativ zum Original immer eine Diskontinuiät entsteht. Die geht weit über die übliche Vorstellung von panta rhei hinaus. |
Ich sehe nicht, warum das wesentlich sein sollte. Einen zeitlichen Sprung erlebe ich jeden Morgen beim Aufstehen, und würde man mich im Schlaf an einen anderen Ort bringen, wäre das auch ein räumlicher Sprung. Es würde für meine Innenperspektive keinen Unterschied machen (es sei denn, ich würde mich meinen Originalatomen besonders verbunden fühlen).
kolja hat folgendes geschrieben: | wo genau ist der Unterschied, wenn ich ein Kind zeuge, welches nicht gezeugt worden wäre, wenn ein anderes Kind nicht gestorben wäre? |
zelig hat folgendes geschrieben: | Ich sehe -was die Beweggründe angeht- keinen prinzipiellen Unterschied. Ich halte es für einen Fehler, zu glauben, man könne einen Ersatz zeugen. |
Das sehe ich genauso. Trotzdem halte ich diese Motivation an sich noch nicht für verwerflich. Ich würde mich eher wie Du darum sorgen, ob es negative Auswirkungen auf das Kind hätte, z.B. weil es mit einer durch das verstorbene Kind vorgegebenen Erwartungshaltung konfrontiert würde. Ob bereits das Wissen über die Ursachen der eigenen (Er)Zeugung ein Problem darstellen würde, finde ich schwierig zu beurteilen. Immerhin gibt es (neben dem Tod eines früheren Kindes) noch tausend andere Anlässe, über die sich rückblickend sagen ließe, "wenn X nicht passiert wäre, dann wäre ich mglw. nicht hier."
Was diese Backup-Szenarien angeht (auch @Sehwolf und AP) ... wenn eine Person nach dem Backup noch (bewusst) weiterlebt, dann betrachte ich sie ab diesem Zeitpunkt als eine Fortentwicklung, die nicht mehr identisch ist mit der Person, die aus dem Backup rekonstruiert werden könnte! Die Nach-dem-Backup-Person stürbe bei einem Unfall unwiderruflich und ließe sich auch nicht mehr rekonstruieren. Daher würde ich mich nach (!) einem Backup auch nicht wirklich sicherer fühlen, im Gegenteil, ich würde befürchten, dass man sich weniger Mühe gibt, mich zu retten ...
Sehwolf hat folgendes geschrieben: | Ich hatte es schlicht so verstanden, dass es dieses Recht auf Duplizierung in deinem Szenario einfach nicht gibt, sondern dass man sogar ausdrücklich auf eine Duplizierung verzichten muss, um überhaupt in den Genuss dieses Transportmittels zu kommen. |
Es war anders gemeint. Wenn durch eine Fehlfunktion das Originalsubstrat "erwacht", hat man unabsichtlich dupliziert und darf natürlich keine der beiden Personen töten. Aber daraus, das eine Duplikation versehentlich passieren kann, erwächst kein Anspruch auf eine Duplikation.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#646974) Verfasst am: 24.01.2007, 14:36 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | Was diese Backup-Szenarien angeht (auch @Sehwolf und AP) ... wenn eine Person nach dem Backup noch (bewusst) weiterlebt, dann betrachte ich sie ab diesem Zeitpunkt als eine Fortentwicklung, die nicht mehr identisch ist mit der Person, die aus dem Backup rekonstruiert werden könnte! Die Nach-dem-Backup-Person stürbe bei einem Unfall unwiderruflich und ließe sich auch nicht mehr rekonstruieren. |
Du siehst doch die Person als Funktion über die Zeit an. Wenn die Person von ihrem Substrat völlig unabhängig gesehen werden könnte und ein Backup zurückgespielt werden könnte, dann müsste es doch relativ egal sein, welches Backup nun zurückgespielt würde. Du würdest doch in Deiner Sichtweise nur einen Tag oder einen Monat verlieren, je nachdem, von wann das Backup wäre.
Warum sollte die "Nach-dem-Backup-Person" so wichtig sein? Man kann ja durchaus auch heutzutage einen Blackout haben und ein paar Tage seines Lebens völlig vergessen. Deswegen wäre man ja immer noch die gleiche Person.
Wenn Du Dich also als Kopie beamen lassen würdest, dürfte es eigentlich für Dich keinen fundamentalen Unterschied machen, ob Du Dich an ein paar Sekunden oder Minuten deines Lebens noch erinnern könntest oder nicht. Und auch wäre es doch für Dich im Falle Deines Todes besser, wenn die Person, die Du vor 10 Tagen warst, wiederhergestellt würde, als wenn Du gar nicht wiederhergestellt würdest, oder?
kolja hat folgendes geschrieben: | Daher würde ich mich nach (!) einem Backup auch nicht wirklich sicherer fühlen, im Gegenteil, ich würde befürchten, dass man sich weniger Mühe gibt, mich zu retten ... |
Nein, warum sollte man auch, wenn Dein Körper dann stark verletzt wäre? Man würde einfachheitshalber ein Backup wiederherstellen, das den kolja von vor 10 Tagen abbildet. Du hättest dann eben 10 Tage Deines Lebens verloren, die Du einfach als Folge des Unfalls abbuchen könntest.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#647023) Verfasst am: 24.01.2007, 15:40 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Du siehst doch die Person als Funktion über die Zeit an. |
Ich verstehe nicht, was Du damit meinst, bzw. es erscheint mir zu unpräzise. Hast Du dieses hier gelesen?
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wenn die Person von ihrem Substrat völlig unabhängig gesehen werden könnte und ein Backup zurückgespielt werden könnte, dann müsste es doch relativ egal sein, welches Backup nun zurückgespielt würde. Du würdest doch in Deiner Sichtweise nur einen Tag oder einen Monat verlieren, je nachdem, von wann das Backup wäre. |
Bitte präzise bleiben (im Sinne des verlinkten Beitrags): aus wessen Sicht wäre das egal? Aus Sicht der Person nach dem Backup: Nein, die würde ihr Sterben erleben. Aus Sicht der restaurierten Person: Ja.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Warum sollte die "Nach-dem-Backup-Person" so wichtig sein? |
Sie wäre sich selbst vmtl. ziemlich wichtig, sie würde ihr Sterben nicht erleben wollen ...
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Man kann ja durchaus auch heutzutage einen Blackout haben und ein paar Tage seines Lebens völlig vergessen. |
Auch ein sehr unangenehmer Gedanke, trotzdem kein Sterbeerlebnis. Selbst dann noch nicht wirklich vergleichbar. Was mir widerfährt, verändert mich, auch wenn ich mich nicht bewusst daran erinnern kann. Außerdem kann ich hoffen, dass die verschütteten Erinnerungen noch irgendwie in meinem Substrat stecken.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wenn Du Dich also als Kopie beamen lassen würdest, dürfte es eigentlich für Dich keinen fundamentalen Unterschied machen, ob Du Dich an ein paar Sekunden oder Minuten deines Lebens noch erinnern könntest oder nicht. Und auch wäre es doch für Dich im Falle Deines Todes besser, wenn die Person, die Du vor 10 Tagen warst, wiederhergestellt würde, als wenn Du gar nicht wiederhergestellt würdest, oder? |
Auch hier wieder: aus wessen Perspektive?
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Zuletzt bearbeitet von kolja am 24.01.2007, 16:12, insgesamt einmal bearbeitet |
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#647076) Verfasst am: 24.01.2007, 16:11 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | Hast Du dieses hier gelesen? |
Ja, ich habe das gelesen. Der entscheidende Satz daraus ist folgender:
kolja hat folgendes geschrieben: | In diesem Sinne kann das Gehirn, bevor es sich beamen lässt, sagen: "Ich werde auf der anderen Seite ankommen, ohne zu sterben" - weil es darauf vertraut, dass nach dem Kopieren nur die Kopie weitere Ich-Zustände erzeugen wird! |
Warum sollte es hier für den Vorgang an sich (mal unabhängig von ethischen Überlegungen) eine Rolle spielen, ob das Original getötet wird oder nicht? Das verstehe ich noch nicht. Warum sollte etwas "ankommen", wenn ein Individuum getötet wird, aber nicht "ankommen", wenn es nicht getötet wird?
kolja hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wenn die Person von ihrem Substrat völlig unabhängig gesehen werden könnte und ein Backup zurückgespielt werden könnte, dann müsste es doch relativ egal sein, welches Backup nun zurückgespielt würde. Du würdest doch in Deiner Sichtweise nur einen Tag oder einen Monat verlieren, je nachdem, von wann das Backup wäre. |
Bitte präzise bleiben (im Sinne des verlinkten Beitrags): aus wessen Sicht wäre das egal? Aus Sicht der Person nach dem Backup: Nein, die würde ihr Sterben erleben. Aus Sicht der restaurierten Person: Ja. |
Wie aber unterscheidet sich das nun von dem Beamen? Dort wird doch gleichfalls ein Individuum getötet?
kolja hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wenn Du Dich also als Kopie beamen lassen würdest, dürfte es eigentlich für Dich keinen fundamentalen Unterschied machen, ob Du Dich an ein paar Sekunden oder Minuten deines Lebens noch erinnern könntest oder nicht. Und auch wäre es doch für Dich im Falle Deines Todes besser, wenn die Person, die Du vor 10 Tagen warst, wiederhergestellt würde, als wenn Du gar nicht wiederhergestellt würdest, oder? |
Auch hier wieder: aus wessen Perspektive? |
Die Frage ist eben: gibt es nach dem Klonen zwei Individuen oder geht das eine Individuum auf das andere über? Da ich glaube, dass es zwei unterschiedliche Individuen geben wird, spielt es auch keine besondere Rolle für mich, ob das neue Individuum nun zu 100% mit dem alten Individuum übereinstimmt oder nicht. Das ist eigentlich für beide Individuen unerheblich.
Irgendwie verstehe ich wahrscheinlich Deinen Standpunkt noch nicht so richtig.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#647101) Verfasst am: 24.01.2007, 16:34 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Warum sollte etwas "ankommen", wenn ein Individuum getötet wird, aber nicht "ankommen", wenn es nicht getötet wird? |
Die Frage ist schon falsch gestellt, denn es gibt nichts "Unteilbares", was in der Zeit kontinuierlich weiterexistiert, oder an diesem Ort bleiben bzw. an einem anderen Ort ankommen könnte. Es gibt nur eine endlose Folge von Bewusstseinszuständen, wie Bilder in einem Film, wobei jeder neue Zustand kausal aus den vorangehenden Zuständen entsteht. Diese Abfolge kann immer erst rückblickend (!) als unsere kontinuierliche Identität interpretiert werden.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wie aber unterscheidet sich das nun von dem Beamen? Dort wird doch gleichfalls ein Individuum getötet? |
Es wird verhindert, dass ein Bewusstseinszustand mit der Perspektive "ich wurde nicht gebeamt und bin immer noch auf der Erde" entsteht.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Irgendwie verstehe ich wahrscheinlich Deinen Standpunkt noch nicht so richtig. |
Wie ich in diesem Thread merke, ist das sehr schwer zu vermitteln ...
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
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(#647183) Verfasst am: 24.01.2007, 17:46 Titel: |
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Vielleicht hilft eine Illustration ... bitte nicht physikalisch all zu ernst nehmen, sondern eher als gedankliche Hilfe. Ich will den in unserem Gehirn ablaufenden fortschreitenden Prozess mit dem Umfallen einer Reihe von Domino-Steinen vergleichen.
Die Person ist weder ein einzelner Stein noch die Reihe von Steinen, die Person ist der Prozess des Umfallens, sozusagen die "Welle", die durch die Reihe von Steinen voranschreitet. Bisher kennen wir es nicht anders, als dass dieser Prozess immer linear verläuft. So wie immer ein Stein den nächsten umstößt, ist in unserem Gehirn ein Bewusstseinszustand kausal mit dem nächsten verknüpft. (-> 1)
Aber hat diese Prozess eine Identität? Was ist, wenn die Reihe verzweigt? (-> 2) Ist eine von den beiden Wellen mit der ursprünglichen Welle identisch und die andere nicht? Was ist, wenn die Welle über einen komplizierten Mechanismus weitervermittelt und an anderer Stelle fortgesetzt wird? (-> 3) Ist die neue Welle identisch mit der alten Welle? Und macht es dafür einen Unterschied, ob die Welle in der alten Reihe fortgesetzt wird oder nicht?
Das Konzept der "Identität" erweist sich hier als unbrauchbar, und bei Lichte betrachtet ist es mit unserem Identitätsgefühl genauso. Wir fühlen uns als die Person, an deren Historie wir uns erinnern, wobei unser Gehirn dieses Gefühl immer nur im Blick auf die Vergangenheit durchführen kann. Dies würde aber genauso funktionieren, wenn die kausale Kette vom aktuellen Bewusstseinszustand zu den früheren Zuständen über einen komplizierten Mechanismus (Beamen) vermittelt worden wäre.
Start kontraintuitiv ist lediglich die Tatsache, dass der Satz "ich werde xy erleben" sich im Falle einer Verdoppelung auf inkomensurable Erlebnisse verschiedener "Fortsetzungen" von uns beziehen kann, wir sind es ja gewohnt, das wir nur einmal in der Zukunft "fortgesetzt" werden. Das würde uns zwar einen Knoten im Kopf bescheren, aber wir würden es nie erleben, denn wenn die Erlebnisse eintreten, sind die Perspektiven schon unabhängig.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#647288) Verfasst am: 24.01.2007, 19:25 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | Das Konzept der "Identität" erweist sich hier als unbrauchbar, |
Ja, das ist richtig. Es ist vielleicht ein Sprachproblem, das übrigens auch bei Theseus' Schiff zum Tragen kommt. Es gibt keine Identität, sondern Prozesse. Wir sagen trotzdem, etwas sei identisch, wenn es nicht zu große Abweichungen zu seinem vorherigen Zustand hat und das führt dann zu einem Paradoxon wie z.B. bei Theseus' Schiff.
Ich verstehe aber Deine Folgerungen daraus noch nicht.
Du würdest Dich beamen lassen, wenn es nur ein überlebendes Ich gäbe, d.h. Du würdest der Tötung Deines aktuellen Körpers zustimmen, wenn es einen neuen Körper irgendwo anders mit Deinen bisherigen Erlebnissen gäbe. Es bliebe aber natürlich trotzdem eine Tötung, eben eine Tötung auf Verlangen.
Warum aber macht es für Dich einen prinzipiellen Unterschied, ob Deinem neuen Ich ein paar Sekunden, Minuten, Stunden oder Tage Deines alten Ichs fehlen? Das wäre Dir doch sicherlich in Deinem neuen Körper egal.
Und was der prinzipielle Unterschied zum Zurückspielen eines (zurückliegenden) Backups bei einem sehr schweren Unfall wäre, habe ich auch noch nicht begriffen. Auch in diesem Falle wärest Du doch wieder genauso Du, wie Du es beim Beamen wärst, oder? Präziser: Du wärest das Du zum Zeitpunkt des Backups, Dir würden also die Erlebnisse und Weiterentwicklungen seit diesem Zeitpunkt fehlen. Aber warum wäre das so wichtig? Wenn Du beamen akzeptierst, müsstest Du eigentlich doch auch diese Möglichkeit gut finden, die Dich körperlich unversehrt, lediglich geistig ein wenig jünger, neu erzeugt. Warum bist Du dann nicht ebenso mit Deiner Tötung einverstanden wie beim Beamen?
Oder noch anders gefragt: nehmen wir an, Du lässt ein Backup machen und fällst sofort danach in Ohnmacht. Du bist nicht mehr zu retten und wirst mithilfe Deines Backups kopiert. Wäre das dann irgendwie besser als die Herstellung der Kopie nachdem Du noch andere Erlebnisse hattest und wenn ja, warum?
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#647384) Verfasst am: 24.01.2007, 20:57 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Du würdest Dich beamen lassen, wenn es nur ein überlebendes Ich gäbe, d.h. Du würdest der Tötung Deines aktuellen Körpers zustimmen, wenn es einen neuen Körper irgendwo anders mit Deinen bisherigen Erlebnissen gäbe. Es bliebe aber natürlich trotzdem eine Tötung, eben eine Tötung auf Verlangen. |
"Ich werde getötet" sage ich dann, wenn ich fürchten muss, dass es keine kausalen Nachfolger meines jetzigen Bewusstseinszustandes mehr geben wird. Unter der Voraussetzung, dass ich vor dem Einscannen bewusstlos sein werde und nach dem Einscannen nur einmal das Bewusstsein wiedererlangen werde, und zwar am Zielort, sehe ich darin keine Tötung.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Warum aber macht es für Dich einen prinzipiellen Unterschied, ob Deinem neuen Ich ein paar Sekunden, Minuten, Stunden oder Tage Deines alten Ichs fehlen? Das wäre Dir doch sicherlich in Deinem neuen Körper egal. |
Vielleicht würde ich mich fragen, wie es meinem Zwilling in dieser Zeit ergangen ist ... aber das ist überhaupt nicht der Punkt!
Bevor ich in den Transporter einsteige, bewerte ich alle potentiellen kausalen Nachfolger meines aktuellen Bewusstseinszustandes daraufhin, ob ich sie erleben oder vermeiden will. Solange ich noch nicht eingescannt wurde, gehören dazu nicht nur die erhofften Bewusstseinszustände am Zielort, sondern auch auch die Bewusstseinszustände des Originalkörpers, falls dieser nach dem Einscannen ungeplant zu Bewusstsein kommt! Natürlich will ich alles vermeiden, was dazu führen könnte, das zukünftige Bewusstseinszustände von mir der Tötung ins Auge sehen. Also steige ich nur in den Transporter, wenn mir versichert wird, dass ich nur am Zielort das Bewusstsein wiedererlange, und für den Fehlerfall, in dem ich auch am Ursprungsort wieder zu Bewusstsein komme, muss man mir versichern, mich nicht zu töten.
Klären sich damit für Dich auch die Unstimmigkeiten bzgl. des Backup-Szenarios?
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Tapuak registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.02.2006 Beiträge: 1264
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(#647409) Verfasst am: 24.01.2007, 21:56 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Wenn der Mensch als ein auf seine Funktionen reduzierbares Wesen gedacht wird, macht man es zum Objekt. Was in anderen Diskussionen ja bereits deutlich wurde, da behauptet wurde, der Begriff Subjekt sei obsolet. Er beruhe auf einer Selbsttäuschung. Dagegen ist für mich die Zubilligung des Status Subjekt ein aktiver Vorgang, den ich für unverzichtbar halte. Bevor der Mensch in seiner Gesamtheit für vermessbar gehalten und daher auf seine Funktionalitäten reduzierbar wird, erwarte ich grundsätzlich das Anerkenntnis seiner Unberührbarkeit - Integrität - Menschenwürde - nenneswieduwillst. Das Individuum darf nicht zum Objekt schrumpfen, wenn man nicht Gefahr laufen will, daß es dann auch auf ein Objekt gesellschaftlicher Willkür reduziert wird. Ich erwarte dies von einer Gesellschaft. In unserer ist dies im Grundgesetz gegeben (aber nicht ausreichend praktiziert). |
Das ist doch letztlich Sprachspielerei, oder? Dass du einen Menschen als "Subjekt" und nicht als "Objekt" bezeichnet sehen willst, ändert absolut nichts daran, wie er tatsächlich beschaffen ist. Ich bezeichne Menschen auch als "Subjekte", aber aus reiner Konvention, und nicht, weil ich damit irgendwelche angeblichen metaphysischen Eigenschaften impliziere ("Unberührbarkeit" usw, was auch immer damit gemeint sein soll). Wenn ich davon ausgehe, daß Menschen materielle Wesen sind, behandle ich sie deswegen nicht schlechter. Man braucht keine Magie, um Lebewesen vernünftig zu behandeln.
Nach meiner Meinung ist es sogar wesentlich hilfreicher, die tatsächlichen Eigenschaften von Lebewesen zu ergründen, anstatt ihnen rein spekulativ irgendwelche Eigenschaften anzudichten. Tatsächliche Eigenschaften sind m.E. jedenfalls eine solidere Basis für die Konstruktion von Regeln für ein erträgliches Zusammenleben als solche Regeln, die auf idealistischer Spekulation beruhen.
Ich verprügele keine Leute. Ich unterlasse das aber nicht, weil die Leute über eine intrinsische "Unberührbarkeit" verfügen, sondern weil ihnen das Verprügeln Schmerzen und Leid zufügt und ich zudem nicht in einer Gesellschaft leben will, in der gegenseitiges Verprügeln erwünscht ist. Warum also spekulieren, wenn es auch einfacher geht?
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Sehwolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 26.03.2006 Beiträge: 10077
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(#647430) Verfasst am: 24.01.2007, 22:24 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Sehwolf hat folgendes geschrieben: | b) Ethische Probleme sind eher in leichtfertigen Anfertigen von Kopien zu erwarten. Sozusagen um die Zeit zurückzudrehen, kann ich "mich" jederzeit in den Menschen zurückverwandeln, der ich heute morgen um 6.00 Uhr noch war, um mir eine negative Erfahrung/Erinnerung zu ersparen. |
Es gibt ja nun zwei unterschiedliche Kopiervorgänge in diesem Thread: 1. der von Kramer, der eine materielle 1 zu 1 - Kopie beschreibt und 2. der erweiterte von zelig, der davon ausgeht, es sei eine strukturelle Kopie möglich. Dieser zweite Kopiervorgang würde (wenn ich das richtig verstehe) Kopien (Backups) zu jedem Zeitpunkt ermöglichen und aus jedem Backup könnte wieder ein Mensch konstruiert werden.
Wäre das tatsächlich so möglich, dann bräuchten wir eine ganz andere Ethik, es fällt mir auch schwer, die möglichen Konsequenzen zu überblicken. | Ziemlich am Anfang dieses Threads habe ich schon mal versucht das zu thematisieren. Diese andere notwendige Ethik würde nämlich mM erst die Notwenidgkeit des Kopierverbotes (in Kramers Szenario) hervorrufen. Zusammen mit dem Szenario von zelig könnte diese Kopier-Ethik so aussehen:
1. Technische Vorkehrungen stellen sicher, dass beim Transport keine Personen dupliziert werden.
2. Tödliche verunglückte Personen können (Patientenverfügung notwendig!) repliziert werden. Dies muss unmittelbar und mit der neusten Vorlage geschehen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich glaube, wir müssten dann ein ganz neues Gesellschaftsmodell entwickeln. Unsere heutigen Kategorien würden nicht mehr greifen. | Nur wenn man Kopien prinzipiell zulässt.
Zuletzt bearbeitet von Sehwolf am 24.01.2007, 22:39, insgesamt einmal bearbeitet |
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Sehwolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 26.03.2006 Beiträge: 10077
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(#647446) Verfasst am: 24.01.2007, 22:39 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | - Die unhinterfragte Beschaffenheit der Hifskonstruktion Backup
- Der Unterschied zwischen der Diskontinuität die von einem Koma verursacht wird zur Diskontinuität die zwischen einem Original und einem Duplikat besteht.
Es hängt beides zusammen.
Das Backup wurde bisher als gegeben vorausgesetzt. Aber ich habe meine Zweifel, ob alle Beteiligten sich dasselbe unter einem Backup vorstellen. Daher meine Frage: Ist das Backup eine statische Zustandsbeschreibung einer Person zu einem definierten Zeitpunkt? Kann man es also als eine Art Buch betrachten, welches das Komplette Wissen über eine Person beinhaltet | ja so verstehe ich das. Eine Anleitung Moleküle und Atome (oder noch ein paar Ebenen darunter) so zusammen zu bauen, dass der fraglich Mensch dabei wieder entsteht.
zelig hat folgendes geschrieben: | Diejenigen, die diese Ansicht über das Backup vertreten, sind Neoidealisten. | Du bist eigentlich kein Mensch sondern eine Etikettiiermaschine
zelig hat folgendes geschrieben: | Sie halten in Wirklichkeit die Idee von etwas für das Etwas selber. | Nein. "Etwas" selbst ist etwas mehr als eine Idee von Etwas. Ein Apfelkuchenrezept kann ich nicht essen, Den Apfelkuchen, den ich mit Hilfe der Anleitung backe, hingegen schon.
zelig hat folgendes geschrieben: | Wenn jemand ein Legohaus nach einer Anleitung baut, würde er es niemals für identisch mit dem Haus auf der Abbildung in der Anleitung halten. | Wieso sollten Legohaus und Anleitung identisch sein? Wer behauptet das?
zelig hat folgendes geschrieben: | Warum also bei dem Menschenduplikat? Ausserdem entsteht bei der Konstruktion des Duplikats zwingend eine Displatzierung räumlicher und zeitlicher Art. | Das bestreitet niemand. Beim Beamen ist diese räumliche Displatzierung sogar der eigentlich Zweck der ganzen Sache.
zelig hat folgendes geschrieben: | Vielleicht gibt es auch die Vorstellung von einem dynamischen Backup. Das Backup würde gespeichert, könnte sich aber weiterentwickeln. Mit dieser Vorstellung vermeidet man das Problem der Displatzierung, würde aber den Anspruch auf Duplizierung aufgeben, da das neue Wesen sich vom Original wegentwickeln würde. | Nein. Das Backup kann sich nicht entwickeln, erst wenn das Backup auf einen "Rohling" geschrieben wurde, kann sich etwas entwicklen. Dann haben wir wieder einen Menschen.
zelig hat folgendes geschrieben: | Wie aber grundsätzlich der Unterschied zwischen dem Backup und der Konstruktion beschrieben wird, ist eine bisher unbesprochene Frage. | Das ist die eigentliche Frage.
zelig hat folgendes geschrieben: | Jedoch, egal welcher NAtur das Backup sein soll, es besteht ein prinzipieller Unterschied zum Koma-Patienten. Der Koma-Patient bleibt immer Herr K, gleichgültig wie die Brüche _innerhalb_ seiner Persönlichkeit geartet sind. Niemand käme auf die Idee Herrn K. einen neuen Namen zu geben, wenn er unter Amnesie litt. Herr K kann zehn Jahre im Koma liegen, seine Persönlichkeit könnte sich nach dem Erwachen vollständig verändert haben. Er wäre immer noch Herr K. Er wäre nach dem Erwachen nicht K1. Auf die Idee, das Koma könnte ein gleichgelagertes Problem sein wie die Konstruktion eines Duplikats, kann man meines Erachtens nur kommen, wenn man das Individuum auf seine bewußten Prozesse reduziert. Die vegetativen und organischen Funktionen arbeiten aber mehr oder minder stark weiter (ich rede hier ausdrücklich nicht vom Gehirntoten). Nach meiner Vorstellung entsteht beim Koma-Patienten also keine Diskontinuität. Objektiv auch keine räumliche oder zeitliche Displatzierung. Darin unterscheidet sich der Koma-Patient vom Backup. | Denk mal an Anmesie, Split-Brain oder an den Film Memento. Natürlich handelt es sich bei einem solchen Patienten noch um die gleiche Person, dieser ist aber nicht mehr die gleiche Persönlichkeit wie vor dem Unfall. Hingegen könnte man sagen: Die Kopie der verunglückten Person, die von einem Backup vom Unfallmorgen gezogen wird, ist zwar nicht die gleiche Person, dafür aber die gleiche Persönlichkeit.
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Sehwolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 26.03.2006 Beiträge: 10077
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(#647464) Verfasst am: 24.01.2007, 22:55 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | Was diese Backup-Szenarien angeht (auch @Sehwolf und AP) ... wenn eine Person nach dem Backup noch (bewusst) weiterlebt, dann betrachte ich sie ab diesem Zeitpunkt als eine Fortentwicklung, die nicht mehr identisch ist mit der Person, die aus dem Backup rekonstruiert werden könnte! Die Nach-dem-Backup-Person stürbe bei einem Unfall unwiderruflich und ließe sich auch nicht mehr rekonstruieren. Daher würde ich mich nach (!) einem Backup auch nicht wirklich sicherer fühlen, im Gegenteil, ich würde befürchten, dass man sich weniger Mühe gibt, mich zu retten ... | Natürlich, diese Gefahr besteht. "Leichtfertiges Anfertigen einer Kopie" wäre natürlich auch durch Dritte möglich.
Außerdem nochmal: Wenn das Backup nur einige wenige Stunden zurückliegt wäre es mM vertretbar von einem hinreichend genauen Abbild zu sprechen. Was kann einen Menschen an einem durchschnittlichen" Tag so grundlegend verändert haben, außer Zb ein tödlicher Unfall. Wenn also eine solche Technik zur Verfügung stünde, würde man sich mM dafür entscheiden, die Auswirkungen tödlicher Unfälle im Rahmen der vorhandenen technischen Möglichkeiten zu revidieren. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass man das dann ganz schlicht "nur" als eine Wiederbelebung betrachtet.
Zuletzt bearbeitet von Sehwolf am 24.01.2007, 23:05, insgesamt einmal bearbeitet |
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#647469) Verfasst am: 24.01.2007, 22:58 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | "Ich werde getötet" sage ich dann, wenn ich fürchten muss, dass es keine kausalen Nachfolger meines jetzigen Bewusstseinszustandes mehr geben wird. Unter der Voraussetzung, dass ich vor dem Einscannen bewusstlos sein werde und nach dem Einscannen nur einmal das Bewusstsein wiedererlangen werde, und zwar am Zielort, sehe ich darin keine Tötung. |
Oh, vielleicht ist es eine Definitionsfrage. Ich sehe darin immer noch eine Tötung auf Verlangen.
kolja hat folgendes geschrieben: | Bevor ich in den Transporter einsteige, bewerte ich alle potentiellen kausalen Nachfolger meines aktuellen Bewusstseinszustandes daraufhin, ob ich sie erleben oder vermeiden will. Solange ich noch nicht eingescannt wurde, gehören dazu nicht nur die erhofften Bewusstseinszustände am Zielort, sondern auch auch die Bewusstseinszustände des Originalkörpers, falls dieser nach dem Einscannen ungeplant zu Bewusstsein kommt! Natürlich will ich alles vermeiden, was dazu führen könnte, das zukünftige Bewusstseinszustände von mir der Tötung ins Auge sehen. Also steige ich nur in den Transporter, wenn mir versichert wird, dass ich nur am Zielort das Bewusstsein wiedererlange, und für den Fehlerfall, in dem ich auch am Ursprungsort wieder zu Bewusstsein komme, muss man mir versichern, mich nicht zu töten. |
Hm, man müsste Dir doch lediglich versichern, Dich erneut zu fragen, ob Du Dein "altes" Ich aufgeben willst oder nicht. Eigentlich hat sich aber nichts für Dich geändert, oder? Es gibt nun eine Kopie von Dir und Du könntest mit dem selben Grunde wie vorher (Dir reicht das Wissen um eine hinreichend exakte Kopie von Dir) Deiner Tötung zustimmen. Ich sehe noch nicht, wieso ein kurzes Wiederaufwachen hier einen prinzipiellen Unterschied machen sollte. Wieso würdest Du dann Deine ursprüngliche Intention - nämlich an einen anderen Ort transportiert zu werden - ändern wollen? Eigentlich wäre es doch sogar besser für Dich, Dich zu vergewissern, dass die Kopie erfolgreich erzeugt wurde. Für die Kopie macht es auch keinen Unterschied, ob Du noch einmal aufwachst oder nicht. Sie bleibt davon völlig unberührt.
kolja hat folgendes geschrieben: | Klären sich damit für Dich auch die Unstimmigkeiten bzgl. des Backup-Szenarios? |
Nee, noch nicht so ganz. Du hast einen schweren Unfall gehabt und lässt Dich sozusagen in eine etwas ältere Instanz deiner selbst beamen. Dazu wirst Du bewusstlos gemacht und getötet, genauso wie beim Beamen auch. Gleichzeitig wird die Kopie zum Leben erweckt. Es gibt dann - aber nur von außen gesehen! - einen kleinen Sprung in Deiner ansonsten kontinuierlichen Existenz. Davon merkst Du als Kopie aber nichts, sondern bekommst es nur nachträglich erzählt.
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#647509) Verfasst am: 24.01.2007, 23:31 Titel: |
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Meine Variante von Koljas Dominobeispiel:
Die Kästchen sind alles Ich-Erlebnisse eines normalen, bisher nicht kopierten Menschen. Kopiert man diesen Menschen, ohne das Original zu töten, ergibt sich folgendes Bild:
Die Folge der Ich-Ereignisse für das Original nach dem Kopieren unterscheidet sich nicht von der Folge der Ich-Ereignisse in Beispiel 1. Die Kopie erlebt eigene Ich-Erlebnisse, die - was die Innenperspektive betrifft - sich für das Orignal nicht von Ich-Erlebnissen eines x-beliebigen anderen Menschen unterscheiden.
Die Frage ist nun, was passiert, wenn man das Original beim Kopiervorgang tötet. Wirkt sich die Tötung so aus, dass der Zustand aus Beispiel 1 wieder hergestellt wird?
Oder passiert nicht viel eher das hier?
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Zuletzt bearbeitet von Kramer am 24.01.2007, 23:32, insgesamt einmal bearbeitet |
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#647510) Verfasst am: 24.01.2007, 23:31 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Hm, man müsste Dir doch lediglich versichern, Dich erneut zu fragen, ob Du Dein "altes" Ich aufgeben willst oder nicht. |
Da müsste man schon das andere Ich selber fragen, findet Du nicht?
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Eigentlich wäre es doch sogar besser für Dich, Dich zu vergewissern, dass die Kopie erfolgreich erzeugt wurde. |
Ist es so schwer zu verstehen, dass die Zukunftsperspektiven eines Bewusstseins vor dem Einscannen und eines nach dem Einscannen am Ursprungsort ungeplant entstandenen Bewusstseins völlig unterschiedliche sind? Ersteres plant, dass nur am Zielort eine Reihe von ihm kausal nachfolgenden Bewusstseinzuständen entstehen wird. Zweiteres stellt jedoch überrascht fest, dass dieser Plan nicht aufgegangen ist. Es würde seiner Tötung ins Auge sehen, denn (und jetzt kommt der Knackpunkt!) die am Zielort schon existierende parallele Reihe von Bewusstseinszuständen wird niemals sein kausaler Nachfolger sein.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nee, noch nicht so ganz. Du hast einen schweren Unfall gehabt und lässt Dich sozusagen in eine etwas ältere Instanz deiner selbst beamen. Dazu wirst Du bewusstlos gemacht und getötet, genauso wie beim Beamen auch. Gleichzeitig wird die Kopie zum Leben erweckt. Es gibt dann - aber nur von außen gesehen! - einen kleinen Sprung in Deiner ansonsten kontinuierlichen Existenz. Davon merkst Du als Kopie aber nichts, sondern bekommst es nur nachträglich erzählt. |
Wenn Du überlegst, wo die Kausalkette von Bewusstseinszuständen entlangläuft, dürftest Du mein Problem damit verstehen ....
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#647516) Verfasst am: 24.01.2007, 23:34 Titel: |
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@Kramer, Du hast mein Copyright verletzt ...
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#647525) Verfasst am: 24.01.2007, 23:43 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Hm, man müsste Dir doch lediglich versichern, Dich erneut zu fragen, ob Du Dein "altes" Ich aufgeben willst oder nicht. |
Da müsste man schon das andere Ich selber fragen, findet Du nicht? |
Ja, selbstverständlich. Das meinte ich auch, habe mich missverständlich ausgedrückt (mit "Dich zu fragen" meinte ich das "alte" Ich und nicht das "neue" Ich).
kolja hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Eigentlich wäre es doch sogar besser für Dich, Dich zu vergewissern, dass die Kopie erfolgreich erzeugt wurde. |
Ist es so schwer zu verstehen, dass die Zukunftsperspektiven eines Bewusstseins vor dem Einscannen und eines nach dem Einscannen am Ursprungsort ungeplant entstandenen Bewusstseins völlig unterschiedliche sind? Ersteres plant, dass nur am Zielort eine Reihe von ihm kausal nachfolgenden Bewusstseinzuständen entstehen wird. Zweiteres stellt jedoch überrascht fest, dass dieser Plan nicht aufgegangen ist. Es würde seiner Tötung ins Auge sehen, denn (und jetzt kommt der Knackpunkt!) die am Zielort schon existierende parallele Reihe von Bewusstseinszuständen wird niemals sein kausaler Nachfolger sein. |
Ja, das ist schwer zu verstehen, warum die kausale Nachfolge so wichtig sein soll. Ich verstehe es immer noch nicht. Muss ich wohl noch darüber nachdenken.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#647562) Verfasst am: 25.01.2007, 00:22 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ja, das ist schwer zu verstehen, warum die kausale Nachfolge so wichtig sein soll. |
Weil es das ist, was derzeit mein Ich-Erleben prägt.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich verstehe es immer noch nicht. Muss ich wohl noch darüber nachdenken. |
Am besten abends kurz vor dem Einschlafen: werde "Ich" es sein, der da morgen erwacht, oder wird das neue "Ich" nur das Gefühl haben, ich zu sein, weil es sich an heute abend erinnern kann?
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#647571) Verfasst am: 25.01.2007, 00:41 Titel: |
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Kramer hat sich immer noch nicht mit dem Multiversum befasst.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44647
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(#647586) Verfasst am: 25.01.2007, 00:53 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | Werde "Ich" es sein, der da morgen erwacht? |
Wenn man deinen Vergleich des "Ich" mit der Welle der umfallenden Dominosteine aufnimmt, dann lautet die Antwort: Ja.
Es wird nicht der selbe Dominostein sein, aber du bist ja auch nicht der Dominostein, sondern die Welle des Umfallens.
kolja hat folgendes geschrieben: | Die Person ist weder ein einzelner Stein noch die Reihe von Steinen, die Person ist der Prozess des Umfallens. |
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#647601) Verfasst am: 25.01.2007, 01:16 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ja, das ist schwer zu verstehen, warum die kausale Nachfolge so wichtig sein soll. |
Weil es das ist, was derzeit mein Ich-Erleben prägt.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich verstehe es immer noch nicht. Muss ich wohl noch darüber nachdenken. |
Am besten abends kurz vor dem Einschlafen: werde "Ich" es sein, der da morgen erwacht, oder wird das neue "Ich" nur das Gefühl haben, ich zu sein, weil es sich an heute abend erinnern kann? |
Hm, ich glaube, Du verstehst noch nicht, was ich meine. Was ich nicht verstehe, ist, warum für dich die Kontinuität der bewussten Zustände so wichtig ist.
Wir haben, glaube ich, keinen Dissens in der Frage, ob es Identität überhaupt gibt. "Echte" Identität gibt es nämlich nicht. Alles fließt, ich bin nie derselbe wie in einem beliebigen vorherigen Moment.
Das, was mich ausmacht, sind aber nicht nur die bewussten Zustände, bzw. die Kontinuität der bewussten Zustände. Wenn ich schlafe, dann bin ich nicht bewusst, aber mein Gehirn arbeitet trotzdem weiter, indem ich z.B. träume oder auch, wenn ich nicht träume, ändere ich mich durch sonstige körperliche Vorgänge. Ich ändere mich also permanent, nicht nur dann, wenn ich bewusst bin. Der Schlaf ist daher nicht eine zu vernachlässigende Unterbrechung meines Ichs, sondern hat einen wesentlichen Einfluss darauf. Das Ich nach 2 Stunden Schlaf ist ein anderes als das Ich nach 8 Stunden Schlaf.
Du scheinst aber nun nur auf die Abfolge der bewussten Zustände abzuheben und schon wenn diese Abfolge nicht gestört wird, würdest Du dem Beamen zustimmen. Sobald sich aber Erzeugung der Kopie und Tötung des Originals auch nur ein bisschen überlappen, ist die Kopie unterschiedlich zum Original zum Zeitpunkt von dessen Zerstörung. Das scheint Dir aber unwichtig zu sein, sondern wichtig ist Dir nur eine (nur von außen erkennbare) bruchlose Kontinuität des Ich-Empfindens. Das verstehe ich nicht. Wenn eine Kontinuität so wichtig ist, (was ich auch schon nicht verstehe - wenn ich einen nicht zu großen Blackout habe, bin ich ja immer noch ich), dann müsste es aber eine Kontinuität der gesamten Person sein und nicht nur des Bewusstseins, oder?
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Mario Hahna aktiviert
Anmeldungsdatum: 04.04.2005 Beiträge: 9607
Wohnort: München
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(#647636) Verfasst am: 25.01.2007, 01:53 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | @Kramer, Du hast mein Copyright verletzt ...  |
Der Hollyaward geht an kolja!
Herzlichen Glückwunsch!
_________________ Wer nichts weiß, glaubt alles.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#647659) Verfasst am: 25.01.2007, 02:59 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Das, was mich ausmacht, sind aber nicht nur die bewussten Zustände, bzw. die Kontinuität der bewussten Zustände. Wenn ich schlafe, dann bin ich nicht bewusst, aber mein Gehirn arbeitet trotzdem weiter, indem ich z.B. träume oder auch, wenn ich nicht träume, ändere ich mich durch sonstige körperliche Vorgänge. Ich ändere mich also permanent, nicht nur dann, wenn ich bewusst bin. Der Schlaf ist daher nicht eine zu vernachlässigende Unterbrechung meines Ichs, sondern hat einen wesentlichen Einfluss darauf. Das Ich nach 2 Stunden Schlaf ist ein anderes als das Ich nach 8 Stunden Schlaf. |
Ich würde Träume eher als (eingeschränkt) bewusste Phasen betrachten, schließlich werden Träume erlebt, aber ansonsten stimme ich Dir durchaus zu, was die Relevanz der Gehirnprozesse im Schlaf angeht.
Dennoch ändert das nichts an meiner Betrachtung des hypothetischen Beamens. Um es kurz mit einem plakativen Beispiel zu illustrieren: wenn ich hunderprozentig sicher wüsste, dass ich bald in eine tiefen, traumlosen Schlaf fallen werde, aus dem ich bis zu meinem natürlichen Tod nie mehr erwachen werde, dann kann es mir auch egal sein, wenn man mich im Schlaf schon früher tötet. Damit will ich sagen: sämtliche unbewussten Prozesse in meinem Gehirn sind für mich nur von Bedeutung, wenn sie Einfluss auf mein späteres bewusstes Erleben haben könnten.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Du scheinst aber nun nur auf die Abfolge der bewussten Zustände abzuheben und schon wenn diese Abfolge nicht gestört wird, würdest Du dem Beamen zustimmen. Sobald sich aber Erzeugung der Kopie und Tötung des Originals auch nur ein bisschen überlappen, ist die Kopie unterschiedlich zum Original zum Zeitpunkt von dessen Zerstörung. |
Das ist mir durchaus klar, ich bin bisher nur nicht darauf eingegangen, um die Darstellung nicht noch weiter zu verkomplizieren ...
Ich sehe den Verlust unbewusster Historie aber - wie zuvor begründet - nicht per se als Problem. Das "Ich" auf der richtigen Verzweigung würde ein Substrat haben, welches die komplette unbewusste Historie durchlaufen hat, und die unbewusste Historie auf der falschen Verzweigung wäre mir nicht wichtig, da ich dort ohnehin kein "Ich" erwachen lassen will.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wenn eine Kontinuität so wichtig ist, (was ich auch schon nicht verstehe - wenn ich einen nicht zu großen Blackout habe, bin ich ja immer noch ich), dann müsste es aber eine Kontinuität der gesamten Person sein und nicht nur des Bewusstseins, oder? |
Die linear und kausal verknüpfte Folge von Bewusstseinszuständen ist mir nur deswegen so wichtig, weil ich unter allen Umständen das Entstehen einer zweiten bewussten Perspektive (ein "Ich" auf der falschen Verzweigung) verhindern will, welches denken könnte, "ich werde gleich tot sein!"
Du hast schon recht, dass der Verlust der Erinnerung an bewusste Phasen (Blackouts) nichts all zu Außergewöhnliches ist. (Allerdings habe ich da noch die Kontinuität der unbewussten Prozesse als Trost.) Aber selbst wenn kein wesentlicher Unterschied bestünde, zwischen der Perspektive eines "Ich" auf der falschen Verzweigung, und der Situation, "ich bin gerade so blau, an diesen Augenblick werde ich mich morgen nicht mehr erinnern", würde ich mich nicht darauf verlassen wollen, dass ich dies in der konkreten Situation auch als so problemlos empfinden würde. Ich würde auf Nummer sicher gehen und diese Situation lieber vermeiden wollen.
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#647670) Verfasst am: 25.01.2007, 04:10 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | Ich sehe den Verlust unbewusster Historie aber - wie zuvor begründet - nicht per se als Problem. Das "Ich" auf der richtigen Verzweigung würde ein Substrat haben, welches die komplette unbewusste Historie durchlaufen hat, und die unbewusste Historie auf der falschen Verzweigung wäre mir nicht wichtig, da ich dort ohnehin kein "Ich" erwachen lassen will. |
Woher nimmst Du die Gewissheit, dass Dein Ich dort erwachen wird, wo Du es willst? Sobald man Dein Ausgangssubstrat nicht tötet, wirst Du in Deinem Ausgangssubstrat erwachen und das Zielsubstrat als unabhängiges Individuum empfinden. Noch deutlicher wird das, wenn Du beim Kopiervorgang bei Bewusstsein bleibst. Du kannst dann die Geburt Deines "Zwillings" bewusst erleben. Selbst wenn Du dann immer noch im Zielsubstrat erwachen möchtest, es wird nicht gehen, egal wie sehr Du das willst.
Warum sollte sich daran etwas ändern, wenn man Dich bewusstlos gemacht und getötet hätte? Man bewirkt keine Wunder, indem man Menschen bewusstlos macht und tötet. Der Zeitspanne X, in der Dein Ausgangssubstrat stirbt und das Zielsubstrat erwacht ist keine magische Zeitspanne. Vor allem ist der Tod des Ausgangssubstrats kein Ereignis, das eine kausale Auswirkung auf das Zielsubstrat hat. Ob man das Ausgangssubstrat für 10 Millisekunden, 10 Sekunden, 10 Minuten, 10 Stunden oder 10 Tage im bewusstlosen Zustand am Leben erhält, ist für das Zielsubtrat und den Erfolg des Beamens nach Deiner Argumentation unerheblich. Wichtig ist nur, dass das Ausgangssubstrat keine zukünftigen Ich-Erlebnisse mehr hat. Du behauptest, dass Dein Ich im Zielsubtrat weiterleben wird, wenn das Ausgangssubstrat keine zukünftigen Ich-Erlebnisse mehr hat.
Ok, gehen wir mal davon aus, dass es eine kleine technische Panne gibt, wegen der das Ausgangssubstrat erst nach 10 Minuten vernichtet werden kann. Das Zielsubstrat erwacht aber bereits direkt nach der Ankunft am Zielort, sagen wir mal eine halbe Minute nach dem Transport
Fall 1: Das Ausgangssubstrat wird nach 10 Minuten vernichtet, hatte also keine zukünftigen Ich-Erlebnisse mehr. Eine unerhebliche Panne ohne weitere Folgen. Dein Zielsubstrat trinkt inzwischen einen Kaffee am Zielort.
Fall 2: Nach 5 Minuten erwacht das Ausgangssubstrat wegen einer weiteren Panne. Dein Zielsubstrat ist gerade auf dem Weg in die Cafeteria am Zielort. Die Frage ist: Wo bist Du jetzt? Bis eben gab es nur ein bewusstes Ich von Dir, dass auf dem Weg zur Cafeteria war. Und das wäre auch Dein einziges Ich geblieben, wenn das Ausgangssubstrat nicht erwacht wäre. Dein "Ich" hat sich für 4,5 Minuten am Zielort befunden und Du meinst, das wäre das einzig wahre Ich, das Ich, in dem Deine zukünftigen Ich-Zustände auf befriedigende Art und Weise weiter existieren. Nun erwacht am Ausgangsort Dein Ich im Ausgangssubstrat. Mit diesem Ich ist nichts anderes passiert, als dass es gescannt wurde und kurzzeitig bewusstlos war. Und für das Zielsubstrat ist erstmal gar nichts passiert, das es bemerken könnte.
Wenn Du Recht haben solltest, müsste dieses Ich aus einem Traum erwachen, der mit den Erlebnissen des Substrats am Zielort identisch ist. Dann müsstest Du aber erklären, wie die Ereignisse an einem entfernten Ort zeitgleich die Träume eines Bewusstlosen beeinflusssen können. Sollte aber das Originalsubstrat nur den Eindruck haben, dass der Beamvorgang gescheitert ist, dann hat das Originalsubstrat noch gelebt, als das Zielsubstrat schon eigene Ich-Erlebnisse hatte und die Ich-Erlebnisse des Zielsubtrats waren in den vergangenen 4 Minuten keine Ich-Erlebnisse des Ausgangssubstrats und sie wären auch nicht zu Ich-Erlebnissen des Ausgangssubtrats geworden, wenn man das Ausgangssubstrat in 5 Minuten getötet hätte. Das Ausgangssubstrat war zu jedem Zeitpunkt, als das Zielsubstrat sich schon bewusst am Zielort befunden hat, potentiell zu eigenen unabhängigen Ich-Zuständen fähig. Da Du aber davon ausgehst, dass Du ohnehin schon glücklich im Zielsubstrat weiterexistierst, müsstest Du begründen können, was sich an diesem glücklichen Umstand direkt ändert, wenn Dein Originalsubstrat wieder zu Bewusstsein kommt.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#647729) Verfasst am: 25.01.2007, 10:26 Titel: |
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Kramer hat folgendes geschrieben: | Woher nimmst Du die Gewissheit, dass Dein Ich dort erwachen wird, wo Du es willst? |
Es gibt kein "Ich", welches jetzt hier ist, und später entweder hier oder dort sein muss, das kommt uns nur so vor. Würde man mittels einer hypothetischen Kopiertechnik diesen Prozess (in meiner Illustration: "die Welle") verzweigen lassen, dann gäbe es zwei "Ich". Aus einer zeitlich vor der Verzweigung liegenden Perspektive wäre es sinnlos zu sagen, "ich werde dieses Ich sein", oder "ich werde jenes Ich sein", beides wäre gleichermaßen falsch. Im Falle einer Verzweigung erweist sich die semantische Form "ich werde dort erwachen" als unbrauchbar, da sie sich eigentlich auf zwei verschiedene zukünftige "Ichs" beziehen muss. Das kommt uns ziemlich widersinnig vor, die Form des Satzes und unsere Intuition eines "unteilbaren Ichs" stehen uns im Weg, und wir können uns auch nicht vorstellen, in Zukunft "zwei Ichs gleichzeitig zu sein". Das liegt aber nur daran, weil unser Ich-Gefühl, unser Gefühl "die Zeit fließt an mir vorbei", immer erst im Rückblick auf eine lineare Abfolge von Bewusstseinszuständen entsteht.
Das Problem, welches Du mir mit Deiner Geschichte nahebringen willst, basiert lediglich auf dieser Intuition eines "unteilbaren Ichs".
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Roter Ballon Lifted
Anmeldungsdatum: 22.12.2006 Beiträge: 2631
Wohnort: München
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(#648247) Verfasst am: 26.01.2007, 02:24 Titel: |
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uffz sorry Seite 13 pack ich nicht mehr.
sitz nun schon den ganzen Tag am Thread ... und nu bin ich müd.
also ich muß Kramers Instinkt 100% Recht geben, und zeligs Argumente auch sehr, die haben mir jetzt aber argumentativ das Wasser bissi abgegraben.
Ich wollt nur erwähnen das bisher die Erwähnung eines Trägermediums nicht genug Rechnung getragen worden ist, erst so halbscharig mit aufkommen des Backup-Szenarios.
Um vom Ursprungs"Ich" zum "dislozierten-Ich" zu gelangen brauchts immer ein geeignetes Trägermedium. Die Eigenschaften dieses Mediums, incl auch die vorstellbaren Manipulationen verändern aber zusätzlich das Gedankenexperiment.
Kramer hat das auch so ähnlich mal mit einem "magischen Ritus" zu erklären versucht, eben weil zu dem damaligen Zeitpunkt der Beamvorgang noch als instantan dargestellt wurde.
Das kann so aber nicht funktionieren.
Das klingt vielleicht jetzt nur nach einem technischen Einwand, ist aber ein ziemlich unumstößlicher Fakt aller menschlichen Aktivitäten. Das eine menschengemachte Zustandsänderung nur mit dem geeigneten Werkzeug realsierbar ist.
(womit dann auch gleich die Eigenschftsmerkmale des angesprochenen Backups zusammenlaufen)
(und nebenbei: bei einem "Quantendurchgang" ergäbe sich dann schlicht das Problem von Original und Kopie nicht)
Die Verwendung von Werkzeugen setzt dann aber auch eine Antizipierung der "Beamsituation" voraus = die bewußte Motivation zum Vorgang = der natürlich im Original "eingescant" und somit auf die Kopie übertragen wurde
(Ebenso plötzlich aufkommende Zweifel am Vorgang wegen der unausweichlichen Löschung = dieser Angstzustand wird eben auch unmittelbar als Präposition in das "Erneuerte-Ich" mitgeliefert = Psychotisches Erwachen.
Das Transportmittel hat zudem selbstverständlich eine 100% Todesrate.
... und dann kommt eben noch der Rattenschwanz an Probleme mit dem Trägermedium an sich dazu.
Ist das Medium denn dann autonom, vorprogrammiert, kann der Benutzer die Einstellungen selbst machen oder ist er abhängig von einem "Operator"?
Also ursprünglich wollt ich schlicht anmerken, das der Beamvorgang dann immer einen Zeitpunkt als Matrize hinterlegt. Es ist dann also zusätzlich eine Matrize an "Ich-Informationen" vorhanden und eben nicht nur ein Original und dann die Kopie.
Original => Matrize => Kopie.
_________________ ____________________
ertrage die Clowns!
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#648252) Verfasst am: 26.01.2007, 02:58 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | Würde man mittels einer hypothetischen Kopiertechnik diesen Prozess (in meiner Illustration: "die Welle") verzweigen lassen, dann gäbe es zwei "Ich". Aus einer zeitlich vor der Verzweigung liegenden Perspektive wäre es sinnlos zu sagen, "ich werde dieses Ich sein", oder "ich werde jenes Ich sein", beides wäre gleichermaßen falsch. |
Nein. Wenn ich mich zeitlich vor dem Kopiervorgang auf der Erde befinde und meine Kopie auf dem Mars materialisiert wird, dann werde ich weiter auf der Erde bleiben und anschliessend mit meiner Kopie auf dem Mars mit dem Zukunftshandy über des Wetter auf dem Mars reden können. Wenn ich davon weiss, dass ich kopiert werden. Sollte man mich ohne mein Wissen kopieren, wird sich an meinem Leben überhaupt nichts ändern. Es wird zwar sich zwar eine Kopie von mir unvermittelt auf dem Mars wiederfinden, die nicht weiss, wie sie dort hingekommen ist. Aber davon werde ich nichts mitbekommen. Es wird keine physikalische Veränderung an meinem Ausgangssubstrat stattfinden, die in irgendeinem kausalen Zusammenhang mit der Materialisierung meiner Kopie auf dem Mars steht. Ob meine Kopie auf dem Mars, auf der Venus oder gar nicht zustande kommt, ändert nichts daran, was mit mir auf der Erde passiert. Solange ich bei Bewusstsein bin und kontinuierliche Bewusstseinszustände erlebe, werde ich auf der Erde bleiben. Und kein Naturgesetz wird in diesem Fall etwas daran ändern, dass ich weiterhin kontinuierliche Bewusstseinszustände erlebe, solange man mich nicht bewusstlos macht. Du musst jetzt begründen, warum eine künstliche Herbeiführung einer Bewusstlosigkeit in der Lage sein soll, die Naturgesetze ausser Kraft zu setzen und das Geschehen am Zielort im Gegensatz zum Verzicht auf die Bewusstlosigkeit einen rückwirkenden kausalen Effekt auf das Geschehen am Ausgangsort haben soll.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44647
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(#648303) Verfasst am: 26.01.2007, 09:59 Titel: |
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Kramer hat folgendes geschrieben: | Wenn ich mich zeitlich vor dem Kopiervorgang auf der Erde befinde und meine Kopie auf dem Mars materialisiert wird, dann werde ich weiter auf der Erde bleiben und anschliessend mit meiner Kopie auf dem Mars mit dem Zukunftshandy über des Wetter auf dem Mars reden können. |
Der, der mit deiner Kopie telefoniert... das bist nicht du!
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#648309) Verfasst am: 26.01.2007, 10:19 Titel: |
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Kramer hat folgendes geschrieben: | [...] werde ich weiter auf der Erde bleiben [...] |
"Du" wirst nirgendwo "bleiben". "Du" bist nur ein für einen Sekundenbruchteil existierender Ordnungszustand der Materie in Deinem Gehirn. Natürlich kannst Du meine Erklärungen, wie aus dieser fließenden Folge von Zuständen ein Ich-Gefühl entsteht, ignorieren, und an Deiner Intuition eines "kontinuierlichen Ich" festhalten. Damit setzt Du aber eine metaphysische Prämisse. Du kannst basierend auf dieser Prämisse nicht gegen mein Szenario argumentieren, welches auf einer Erklärung aufbaut, in der diese Prämisse nicht vorkommt, Du argumentierst vielmehr daran vorbei.
Kramer hat folgendes geschrieben: | Du musst jetzt begründen, warum eine künstliche Herbeiführung einer Bewusstlosigkeit in der Lage sein soll, die Naturgesetze ausser Kraft zu setzen [...] |
Nein, das muss ich überhaupt nicht. Ich muss lediglich zeigen, dass Du in Deiner Argumentation
- ein "kontinuierliches Ich" als Prämisse verwendest, ohne eine Erklärung dafür zu haben;
- meine Erklärung des Kontinuitäts-Gefühl ohne solche Prämissen auskommt.
_________________ Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
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